04. Servicewßste Einzelhandel Kann ich Sie helfen? Alles muss raus Resterampe 2.0 – eine Diskussion Die Trends im Stakkato Leise war gestern Andrea Rosso denkt nach Erwachsen werden
04.2010 E 6,90
Feat.
davee littl r m Cove auf de
Alexa Chung with Jon K and Gaspard M www.pepejeans.com
editorial
Kleine Nachlese
Berlin hat sich als feste Größe im weltweiten Messekalender etabliert. Neben der Show braucht die Branche jetzt vor allem eines: Umsatz.
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aben Ihnen nach Berlin auch die Füße geschmerzt? Sicherlich, denn die Fülle von Events dort sucht ihresgleichen. Jeder, der auch nur entfernt in dem Business zu tun hat, sollte die erste Juliwoche in der Hauptstadt nicht verpasst haben. Doch mit jeder Show, die dort läuft, ist es noch wichtiger, die Wirtschaftlichkeit auf den Prüfstand zu stellen. Die Strahlkraft von Berlin ist hoch, die Kaufkraft gering. „Arm aber sexy“, hat es Oberbürermeister Klaus Wowereit treffend bemerkt – man ist zwar pleite, feiert dafür die schönsten Partys. Nur lebt die Branche nicht vom Feiern alleine, selbst wenn man zwischenzeitlich glauben könnte, wir seien alle im Eventgeschäft. Doch es gibt wenig Grund, zu meckern: Laut BTE hat der deutsche Handel im ersten Halbjahr ein kleines Plus von drei Prozent eingefahren, ähnlich sieht es in der Industrie aus. Pessimismus passt also nicht in die Zeit. Allen Unkenrufen zum Trotz wird noch Geld auf dem
Auf dem cover
dave little
europäischen Kontinent verdient. Warum der „Umsatzbringer Europa“ eine Chance hat, erfahren Sie ab Seite 20. Schöne Produkte gibt es genug, das haben die Kollektionen auf den Messen bewiesen. Eine Übersicht der Key-Trends haben wir Ihnen ab Seite 60 vorbereitet. Dennoch scheitert es oft am „weichen Faktor Mensch“, wenn Kunden nicht kaufen. Welche Strategien dagegen helfen, lesen Sie unter „Kann ich Sie helfen“ (Seite 26). Wenn gar nichts mehr hilft, weil das Lager voll ist, ist guter Rat teuer. „Wohin mit den Restanten?“, haben wir in unserem Round-Table-Gespräch in Düsseldorf gefragt und eine Menge Antworten erhalten (ab Seite 34). „Alles muss raus“, war das Stichwort, sollte aber nicht zu Ihrem Leitmotiv werden: Denn wer zu früh reduziert, den bestraft bekanntermaßen der Ertrag. Viel Vergnügen beim Lesen wünscht Ihnen Ihr x-ray Team
„Es macht keinen Sinn, etwas zu erschaffen, das mit der heutigen Technologie jeder schaffen könnte.“ Dave Little (Coverinterview ab Seite 40)
Ein Künstler im klassischen Sinn
Für das aktuelle Cover Artwork für x-ray nahm sich der Londoner Künstler Dave Little eine Menge Zeit. Jedes Detail malte er von Hand. So entstand eine Art antike Landkarte, die die Welt der Mode mit Berlin als Zentrum darstellt. Eine Botschaft, die nach den vergangenen Messetagen dort wohl jeder unterschreiben würde. Warum die Stadt so eine kreative Energie hat, dass sie inzwischen diese dominante Führungsrolle einnimmt, erklärt Dave Little im Coverinterview ab Seite 40. „Ich wollte etwas erschaffen, dass Sie noch nie auf dem Cover hatten“, lautete sein Anspruch an sich selbst. Das Ergebnis lässt sich in seinem Kunstwerk noch einmal bis ins kleinste Detail erforschen. Warum er sich als Künstler im klassischen Sinn versteht und nichts von Kunst hält, die sich mithilfe moderner Technologien produzieren lässt, lesen Sie im Interview. Ein inspirierendes Gespräch, der den modernen Ansatz von Kunst und Design kritisch hinterfragt.
Inhalt
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ABSOLUTE 26 Kann ich Sie helfen? Im Handel gilt es ein massives Personalproblem zu lösen
Editorial
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so läuft’s 20 Umsatzbringer Europa? Good old Europe ist wieder lukrativ für die Branche 24 Der Schuh aus dem Drucker Technologie von morgen: 3-D-Printing ist auf dem Vormarsch 26 Kann ich Sie helfen? Im Handel gilt es ein massives Personalproblem zu lösen 30 These jeans were made for sneakers... Adidas präsentiert seine neue Denimrange mit Originals Blue 32 Kunst, Cannes, Apps Replay hat einen progressiven Weg eingeschlagen lass uns reden 34 Alles muss raus! Problem der Restposten: Experten diskutieren im Round Table Talk 40 Sorry, ich bin kein Street Artist! Dave Little designte das aktuelle Cover von x-ray 44 „Uns geht die Puste nicht aus!“ Desigual hält an seinem straffen Zeitplan fest 46 Erwachsen, aber nicht älter geworden Andrea Rosso denkt über die letzten elf Jahre 55DSL nach
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46 Erwachsen, aber nicht älter geworden Andrea Rosso denkt über die letzten elf Jahre 55DSL nach
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mode 48 Finden wir gut 52 Just Basic Fashion Report 60 Trends Das zeigten die Messen für Frühjahr/Sommer 2011 72 Das war Berlin! Highlights der Modewoche 73 Stoffe zum Vernaschen Köstliche Alternativen zu Plastik & Co. vor ort 74 Retailnews 76 Anhaltender Wandel Civilist, Berlin 78 Pures Sneakershandwerk Sutrinum, Münster 80 Hauptsache nicht gewöhnlich Le Shop, Bonn 81 Von der Buchbar zum Sneakershop Butterweich, Mainz 82 „Bunte Luftballons brauchen wir nicht“ Ozone, Bielefeld 84 I skate HH Mantis, Hamburg
Just Basic Fashion Report
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und dann wäre da noch…
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Impressum
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BREAD & BUTTER tradeshow for selected brands
AIRPORT BERLIN-TEMPELHOF 19.– 21. JANUARY 2011 www.breadandbutter.com
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01 Belowzero mit erster Sommerkollektion. 02 Patrick Mohr designt für Not Just a Label. 03 Christopher Shannon für Eastpak.
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01 Belowzero Sommerliche Expansion Mitte Mai brachte die Schweizer Marke Belowzero erstmalig eine Sommerkollektion auf den Markt. Mit dem neuen Segment Earth erweitert der Funktionsspezialist seine Produktrange und positioniert sich dadurch als Ganzjahresmarke. Funktion in Kombination mit Style steht bei der neuen Kollektion an erster Stelle. Modische T-Shirts, Hosen, Shorts, Sweatshirts und Hoodies gibt es ebenso wie funktionelle, wasserdichte Windjacken, Softshells und Fleeces. Earth umfasst rund 50 Teile für Damen und Herren, die gesamte Kollektion ist als modulares Konzept angelegt, das von verschiedenen Key-Looks ausgeht. www.belowzero.ch
02 Not Just a Label Patrick Mohr designt T-Shirts Die drei Designer Patrick Mohr, Aoi Kotsuhiroi und Spon Diogo wurden exklusiv eingeladen, für die Plattform Not Just a Label eine eigene T-Shirt-Kollektion aus Biobaumwolle zu designen. Not Just a Label versteht sich als Plattform, die sich zum Ziel gesetzt hat, weltweit neue Designer und Avantgardemode zu präsentieren sowie Nachwuchsdesigner auf ihrem Weg in das Business zu unterstützen. Die aktuelle Designkooperation stellt insgesamt vier verschiedene Designs vor, ein Tanktop und ein T-Shirt gestaltete der Münchner Designer Patrick Mohr. Die T-Shirts sind seit dem 23. Juni für 65 Euro über den Onlineshop von Not Just a Label erhältlich. www.notjustalabel.com, www.patrickmohr.net
03 Eastpak Kooperation mit Christopher Shannon Bereits die zweite Taschen- und Rucksackkollektion in Folge launchte Eastpak in Zusammenarbeit mit dem Designer Christopher Shannon. Nachdem sich bereits die erste Linie der Kooperationspartner im Frühjahr/ Sommer 2010 erfolgreich verkauft hatte, wurde sogleich eine weitere in Auftrag gegeben. Die aktuelle Palette ist farbenfroher, zusätzlich wurde mit Texturen und Finishes experimentiert. „Wir wollten die Kollektion der letzten Saison weiterentwickeln, ohne uns dabei zu stark zu wiederholen“, so Shannon. Während der London Fashion Week präsentierte der Jungdesigner die neuen Designs. Die Kollektion Frühjahr/Sommer 2010 liegt derzeit bei führenden Händlern in Deutschland auf, darunter Thomas I-Punkt in Hamburg oder Kastner & Öhler in Österreich. www.eastpak.com
© 2010 adidas AG. adidas, the Trefoil logo and the 3-Stripes mark are registered trademarks of the adidas Group.
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Phil Wildbore und Miles Gray (links) – das Duo hinter Monkee Genes. Die neue Modesuchmaschine Empora. Dickies startet in Deutschland. Die Bluezone stellt den Relaunch vor.
04 Monkee Genes No Blood, No Sweat, No Tears Die 2006 von Phil Wildbore gegründete Marke Monkee Genes hat sich von Anfang an einem klaren Ziel verschrieben: eine hochwertige Jeanskollektion ökologisch und fair zu produzieren. Die 25-jährige Erfahrung – Wildbore hatte in den 1980er-Jahren die Marke Road Jeans erfolgreich gelauncht – beeinflusste ihn positiv wie negativ: sein ausgefeiltes Jeans-Know-how auf der einen Seite, die Frustration über gängige Produktionspraktiken auf der anderen. Als weltweit erste Jeansmarke erhielt Monkee Genes ein Zertifikat der Soil Association und wurde mit dem GOTS-Siegel (Global Organic Textile Standard) ausgezeichnet. Nachdem die Marke bereits in führenden Imageläden in England und Europa gut aufgestellt ist, verstärkt sie nun ihr Engagement auf dem deutschen Markt. Prestigekunden wie Ludwig Beck in München und Cramer & Co in Nürnberg stehen bereits fest. Miles Gray, bis Dezember 2009 CEO der Ben Sherman Group, kam vor kurzem als neuer Investor und Vorstand ins Unternehmen. An der Seite seines langjährigen Freundes Phil Wildbore möchte er die Expansion in Deutschland aktiv vorantreiben. www.monkeegenes.co.uk
05 EMPORA Neue Modesuchmaschine Die Idee einer allumfassenden Suchmaschine für Modemarken und Stores setzte als Erster die Plattform The Labelfinder erfolgreich um. Jetzt kommt mit Empora ein neues Portal hinzu, das mit ganz großen Kalibern aufwartet: Empora will eine sinnvolle Alternative zu Google darstellen, bezogen auf das Themengebiet Mode, versteht sich. Im Gegensatz zu Google hat Empora sein Konzept allerdings von vornherein auf direkte Umsätze ausgerichtet: Die Site ist eine Kombination aus Suchmaschine und Onlineshop. Sie durchsucht Inhalte von Modeblogs und Streetstyle-Seiten und hinterlegt die dort gezeigten Modeinfos, vor allem Fotos, mit den entsprechenden Markeninfos inklusive der Option zum sofortigen Kauf des gesichteten Teils. Also nicht mehr nur gucken, sondern gleich kaufen – ziemlich raffiniert! www.empora.com
06 Dickies Footwear Start in Deutschland Die Action Sports Sportartikel GmbH startet zur Saison Frühjahr/Sommer 2011 mit dem Vertrieb von Dickies Footwear in Deutschland. Die Kollektion besteht aus rund 50 unterschiedlichen Modellen und orientiert sich im Design am Look der Textilkollektion. Im Verkauf liegen die Schuhe, die überwiegend in Europa produziert werden, zwischen 55 Euro und 140 Euro. Die Marke wird über einen separaten Außendienst deutschlandweit vertrieben und soll erstmals im Januar 2011 ausgeliefert werden. Die Action Sports Sportartikel GmbH unter der Leitung von Harry Wielheesen ist für Marken wie Speedo, Toms, Kangol, Björn Borg sowie Wrangler Footwear verantwortlich. www.action-sports.de
07 Munich Fabric Start/Blue Zone Relaunch für DenimSpezialisten Die Veranstalter der Munich Fabric Start, die vom 31. August bis 2. September läuft, haben das erfolgreich positionierte Segment Blue Zone einem Relaunch unterzogen. Die Plattform für Denim und Sportswear wird künftig einen Tag verkürzt, dafür läuft sie abends eine Stunde länger als die reguläre Messe Munich Fabric Start. Neben den neuen Laufzeiten wurde sie auch visuell überarbeitet: Eine neue Hallenstruktur und ein neues Standsystem, das die Ware punktuell ausleuchtet, lässt eine atmosphärische Erlebniswelt entstehen. Rund 60 Aussteller wie Isko, Pordenone, Orta Anadolu, Royo, Hybrid Denim oder Denim Vallex präsentieren ihre aktuellen Kollektionen. Nicht nur die Ware selbst steht im Vordergrund, sondern auch ihre Bearbeitung. In der aufwändigen Medien- und Lichtinstallation „Truth & Light“ dreht sich alles rund um das Lasern von Denim und Jeans. Das spanische Unternehmen Jeanologia setzt die Lasertechnologie in Szene. Am Abend des zweiten Tages lädt die Blue Zone gemeinsam mit der Munich Fabric Start zum zünftigen Saisonabschluss im Zelt mit Brezen, Brathendln und Bier. www.munichfabricstart.com
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Norbert Erhard ist neu im Team von Herrlicher. Frontlineshop hat einen neuen Mitinvestor. Interaktives Schaufenster von O’Neill bei Sportscheck. Thomas D designt für Pyua. Lacoste mit neuem Webshop
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08 Herrlicher Verstärkung im Team und Umzug Das Münchner Label Herrlicher hat sich mit Norbert R. Erhard personelle Verstärkung ins Management geholt. Der 46-Jährige unterstützt Gründer Erwin Licher künftig bei Vertrieb, Marketing sowie der kaufmän14 nischen Steuerung. Erhard arbeitet seit 25 Jahren in der Textilbranche, zuletzt als Geschäftsführer für das Unternehmen C. Brühl GmbH sowie beim Versandhaus Klingel. „Wir waren schon lange im Gespräch“, so Erwin Licher, „ich bin seit zwei Jahren auf der Suche nach einem kaufmännischen Leiter, um mich wieder stärker um den kreativen Part der Marke kümmern zu können.“ Zusätzlich wurde Michael Engelhard als Leiter für Logistik und Auftragsentwicklung eingestellt. Er soll sich künftig stärker um den Service kümmern, insbesondere um die kurzfristigen Nachbestellungen der Kunden. Ende Juni ist das Unternehmen in die Heidemannstraße in den Norden von München umgezogen, von dort aus wird auch die Ware ausgeliefert. Herrlicher erscheint viermal im Jahr mit einer modisch progressiven Kollektion. Die Linie wird in den Ländern Deutschland, Österreich, der Schweiz und Frankreich vertrieben, insgesamt werden rund 300 Kunden betreut. Auf der Bread & Butter stellte Herrlicher erstmals in der Denim Base aus. „Diese Halle bildet das Zentrum der Messe. Hier fühlen wir uns als fashionable Denimbrand perfekt aufgehoben und können uns auf unser Ziel, weiter nach Europa zu expandieren, konzentrieren“, so Erwin Licher. www.herrlicher.com
09 Frontlineshop/Acton Acton steigt bei Frontline GmbH ein Mitte Juni gab das Hamburger Unternehmen Frontline GmbH bekannt, dass das Unternehmen Acton Capital Partners aus München als neuer Investor eine Minderheitsbeteiligung erwirbt. Die Mehrheitsanteile blieben in den Händen des Managements. Damit steht dem größten Multibrand-Onlineshop für Streetwear und Fashion nicht nur ein starker Finanzpartner an der Seite, sondern auch neues Wachstumskapital zur Verfügung. Frontlineshop zählt mit einem Umsatz von mehr als 30 Millionen Euro und mehr als einer Million Kunden zu den führenden Onlineanbietern in Deutschland. www.frontlineshop.com, www.actoncapital.de
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10 O’Neill/Sportscheck Schaufenster, die zurück schauen Mit einer speziellen Marketingaktion stattete die Sportswearmarke O’Neill vom 7. bis 19. Juni vier deutsche Sport-Scheck-Filialen mit einem interaktiven Schaufenster aus. Mit der Aktion sollen die neuen extraleichten Boardshorts Hyperfreak optimal in Szene gesetzt werden. In Köln, Hamburg, München und Leipzig wurden zu diesem Zweck zwei Kameras und ein überdimensionaler Flatscreen im Schaufenster platziert, die den Betrachter zum imaginären Surfen einluden. Das Prinzip kennt man aus Computerspielen: Die Kameras zeichnen die Bewegungen des Betrachters auf und übertragen sie auf die Wellenlandschaft auf dem Bildschirm. Besonders passionierte Trockensurfer konnten auch über die Website von O’Neill vor dem PC zuhause surfen und einen Trip zum Surfweltcup 2010 auf Hawaii gewinnen. www.oneill.com
11 Pyua Thomas D designt Er ist nicht nur Frontman der berühmten Band Die Fantastischen Vier, sondern auch als passionierter Umweltschützer bekannt: Thomas D ist irgendwie Gutmensch. Für die ökologische Freeride-Sportmarke Pyua aus Kiel designte er jetzt eine Minikollektion bestehend aus vier T-Shirts, drei Longsleeves und zwei Sweatshirts für Frauen und Männer. Grafisch gestaltete Naturmotive wie Bäume und Landschaften sind ein zentrales Motiv der Kollektion, da Thomas D darin vor allem den Umweltschutz thematisieren wollte. Die Kollektion von Pyua setzt ausschließlich auf recycelte Textilien und Materialien, die wieder komplett recycelt werden können. www.pyua.de
12 lacoste Drei Firmen, ein Store Lacoste launchte im Juni unter www.shop-fr.lacoste. com seinen neuen Onlineshop für Frankreich. Es ist bisher der größte und erste Lacoste-Shop seiner Art, denn er entstand als gemeinsame Plattform der Firmen Lacoste, Devanlay (Lizenznehmer für Kleidung und Lederbekleidung) und der Pentland Group (Lizenznehmer für die Schuhkollektionen von Lacoste). Ziel des gemeinsamen Stores ist die ganzheitliche Darstellung der Markenwelt von Lacoste, inklusive Mode, Schuhe, Eyewear, Lederbekleidung, Schmuck, Heimtextilien und Parfüms. Ähnlich aufgebaute Webshops sollen im September 2010 für England und Deutschland folgen, im Jahr 2011 ist die Erweiterung für den asiatischen Markt geplant. www.lacoste.com
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Die Stiftung Claudio Buziol feierte in Venedig. Termin vor Ort: New Balance lud Key-Accounts nach Flimby ein. Dirk Schönberger neu bei Adidas. Vivienne Westwood designt weiter in Kooperation mit Lee.
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16 lee Anglomania geht weiter Die Premierenvorstellung der außergewöhnlichen Kooperation von Designikone Vivienne Westwood und der Jeansmarke Lee sorgte schon in der letzten Saison für einiges Aufsehen. Im Frühjahr/Sommer 2011 soll Lee Anglomania nun in Form einer zweiten Herrenkollektion fortgesetzt werden. Diese wurde auf den Herrenmodenschauen in Mailand präsentiert. Westwood designte dafür sechs Hosenstyles und drei T-Shirts und eine Weste. Als Inspirationsquelle dienten typisch für Westwood Themen wie Biker, Rocker und Festival-Nerds. Ebenfalls neu ist die Erweiterung um eine Frauenlinie, die erstmals im September/Oktober 2010 vorgestellt werden soll. www.lee.com
13 replay Kunterbuntes Fest Anlässlich ihres zweiten Geburtstages lud die Stiftung Claudio Buziol am 12. Mai nach Venedig ein. Ehrengast Michael Nyman präsentierte „Cine Opera“, eine Serie origineller Videos, die die einzigartige Sicht des englischen Komponisten auf das Leben darstellt. Die Gäste hatten zudem die Möglichkeit, Aufführungen und Installationen, wie beispielsweise „As an artist, I need to rest“ von Sonia Cillari oder „Abito da sposa“ von Ryts Monet und Valentina Sanna, zu sehen. „Venice 2132“, eine Ausstellung von vier Jungdesignern, sorgte zusätzlich für Stimmung. Außerdem wurden im Laufe des Abends die limitierte Taschen- und T-Shirt-Linie Dream Collection #4 präsentiert, die in Zusammenarbeit von Replay und der Designerin Elisa Costella entstand. www.fondazioneclaudiobuziol.com
14 New Balance Premium-Partner-Programm Partnerschaftliche Zusammenarbeit, direkte Kundennähe und einen noch besseren Service: Das verspricht sich die Marke New Balance von ihrem neuen PremiumPartner-Programm. Ende April 2010 gab es ein erstes Event: 20 Händler aus dem Sportfachhandel wurden zu einem zweitägigen Ausflug ins nordenglische Flimby zu den Produktionsstätten der Sportmarke eingeladen. Dort bekamen sie nicht nur einen Ausblick auf die Kollektionen, sondern sollten sich selbst davon überzeugen, wie New Balance den Standort Europa aufbaut. Außerdem standen fachkritische Gespräche zwischen Händlern und Herstellern auf dem Plan. Mit auf Tour waren unter anderem Synergy Sports aus Nürnberg, Lauflust aus Recklinghausen und Sportziel aus Bremen. www.newbalance.de
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15 adidas Dirk Schönberger neuer Creative Director Für seine Sport Style Division holte sich das Herzogenauracher Unternehmen Adidas im Juni den namhaften Modedesigner Dirk Schönberger als Creative Director ins Team. Damit setzt die Sportmarke ein deutliches Zeichen: Das Mode- und Lifestylesegment soll bewusst ausgebaut werden. Die Unterteilung der Kollektionen in die beiden Divisions Sport Performance mit funktionaler Sportbekleidung und Sport Style für die modisch orientierten Linien war der erste Schritt, nun folgt der nächste. „Mit Dirk Schönberger als Creative Director kann Adidas den erfolgreichen Ausbau seiner Sport Style Division garantieren und auf ein neues Level bringen“, so Hermann Deininger, Chief Marketing Officer Adidas Sport Style Division. „Kreativität und handwerkliches Können treffen auf eine starke Markenstrategie – das ist eine Erfolgsgarantie für die kommenden Jahre.“ www.adidas.com
Unter dem Namen Levi’s Made & Crafted präsentierte die Denimbrand erstmals auf der Bread & Butter eine neue Linie in der L.O.C.K. Halle. „Made & Crafted baut auf dem Erbe der Jeansmarke auf und zeigt amerikanische Klassiker, die wir neu interpretieren“, so Produktmanager Jonathan Cheung, der verantwortlich für die Entwicklung ist. Die 145-teilige Linie besteht aus hochwertiger Menswear, Womenswear und Accessoires. Mit dabei sind gewaschene Denim-Pants, Chinos, Hemden, Canvas- und Ledertaschen, Sakkos in klassischen Qualitäten wie Nadelstreifen, die teils von Hand gefertigt werden. Besonderer Wert wurde auf Details gelegt: Versteckte Knöpfe, eine aufwändige Innenverarbeitung, subtile Waschungen sowie hochwertige Stoffe zeichnen den Look der gesamten Kollektion aus. Produziert wird überwiegend in Europa. „Die meisten Teile haben einen klaren Bezug zum Thema Vintage“, so Cheung. „Levi’s hat ein riesiges Archiv, das wir nutzen und in der Kollektion neu umsetzen.“ Die neue Linie ist ebenso wie die Schwesterkollektion Levi’s Vintage Clothing unter der Division Levi’s XX angesiedelt, die in Amsterdam ihren Sitz hat. Der Vertrieb läuft europaweit ebenfalls über die Niederlande. www.levi.com
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Soziale Verantwortung wird bei Patagonia groß geschrieben. Bereits seit neun Jahren spendet das Unternehmen jährlich ein Prozent seines Jahresumsatzes an kleine Organisationen, die sich für den Schutz der Umwelt einsetzen. Dieses Jahr erhielten unter anderem zwei deutsche Vereine, Mountain Wilderness und das Bergwaldprojekt, eine Fördersumme von insgesamt 7.000 Euro. Mit den zur Verfügung gestellten Mitteln möchte Mountain Wilderness den Bau von zwei Aussichtsplattformen und die Erweiterung eines Skigebietes im Allgäu verhindern. Das Bergwaldprojekt investiert seinen Anteil in den Schutz der Wald- und Moorgebiete im Fichtelgebirge. Freiwillige pflanzen Dämme aus Weißtannen und befreien das Moor von fremder Vegetation. www.patagonia.com
19 Icebreaker Verstärkung für Deutschland Seit Mai verstärken zwei neue Mitarbeiterinnen das bereits 19-köpfige Deutschland-Team der neuseeländischen Marke Icebreaker mit Sitz in München-Starnberg. Icebreaker ist einer der weltweit führenden Hersteller für funktionelle Sport- und Freizeitbekleidung aus Merinowolle. Die Produkte werden in über 2.000 Läden in 24 Ländern weltweit vertrieben. Für den deutschen Markt sieht man bei Icebreaker großes Potenzial. Managing Director Maximilian Hofbauer holte sich nun Karolin Jungfer als Account Managerin Deutschland-Ost ins Boot und Tessa Grunwald stieß am 1. Juli für den Bereich Marketing und In-Store Coordination dazu. www.icebreaker.com
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Patagonia unterstützt Bewaldungsprojekt im Fichtelgebirge. Tessa Grundwald (links) und Karolin Jungfer neu im Team von Icebreaker. Ransom designt weiter für Adidas. Alex Daw beim Liveact im Berliner Diesel Store.
20 Ransom by Adidas Originals Kooperation geht weiter Zum vierten Mal präsentierte die kanadische Streetwear Company Ransom auf der Bread & Butter eine Sneakersserie als Ergebnis ihrer Kooperation mit Adidas Originals. Fraser Avey und Matt George, die beiden Heads der Firma, starteten ihr Business 2003 mit einem Conceptstore in Toronto, der mittlerweile berühmt für sein richtungsweisendes Sortiment ausgewählter Streetwearbrands für Männer ist. Neben Marken wie Alife, HUF, Visvim oder Undefeated folgte wenig später ihre shopeigene Marke Ransom, bestehend aus Kleidung und Accessoires. Im Frühjahr/Sommer 2008 startete Ransom erstmalig mit einer Sneakerskollektion in Kooperation mit Adidas Originals. „Unser Grundgedanke war, eine Schuhkollektion mit schlichten, zeitlosen und funktionellen Modellen, tragbar in jeder Lebenslage auf den Markt zu bringen. Wir orientieren uns nicht an schnelllebigen Trends“, so Avey. Mittlerweile besteht die Kollektion aus sieben Modellen in verschiedenen Farbvarianten. Für Frühjahr/Sommer 2011 sind Modelle aus leichter Baumwolle oder Neopren geplant, funktional und stylisch sollen sie sich optimal dem sommerlichen Lifestyle anpassen. www.adidas.com
Während der Bread & Butter und der Fashion Week in Berlin engagierte Diesel den britischen Künstler Alex Daw, der ab dem 7. Juli den Diesel Store in Berlin-Mitte in ein Kunstwerk aus Papier, Plastik und Farben verwandelte: Für die Zeit des Entstehungsprozesses funktionierte Daw das Schaufenster kurzerhand in seinen Lebens- und Wohnraum um. Er verließ es erst, als sein Werk vollendet war. Alex Daw, dessen Arbeiten bereits in der Londoner National Gallery ausgestellt wurden, ließ so Besucher und Flaneure live an seiner Arbeit teilhaben. Daws Performance war nicht die einzige Aktion der Denimbrand in Berlin. Im Kaufhaus KaDeWe hatte Diesel im 500 Quadratmeter großen Lichthof ein Apartment im Stil der 1920er-Jahre aufgebaut, in dem alle Produkte der Marke – von Möbeln über Brillen bis hin zum Parfüm – zu sehen waren. Zusätzlich waren elf Schaufenster im Stil der einzelnen Zimmer dekoriert, ein riesiges Poster an der Fassade unterstützt den starken Auftritt der Marke im Handel. Die Aktion läuft noch bis zum 31. Juli 2010. www.diesel.com, http://alexdaw.blogspot.com
22 wrangler Go for Gold Wrangler hat beim renommierten Cannes Lions Festival gleich fünf Awards gewonnen. Zunächst wurde die aktuelle Kampagne Red in der Kategorie Fotografie ausgezeichnet, verantwortlich ist die Agentur Fred & Farid Paris, der Fotograf ist Jeff Burton. Gleich vier Awards räumte die Website für die Premiumdenim-Linie Blue Bell ab. Sie wurde von der schwedischen Agentur Kokokaka in Zusammenarbeit mit dem EMEA-Team von Wrangler unter der Leitung von Marketing Director Adam Kakembo entwickelt: Kultmodel Tony Ward ist hier für die Jeansmarke unterwegs. Der Clou: Durch die interaktive Navigation kann man ihn aus- und wieder anziehen. Nicht nur das künstlerische Konzept überzeugte, sondern auch der Sound, der Einsatz von Video sowie die Navigation. http://eu.wrangler.com/bluebell www.wrangler-europe.com
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Die Bread & Butter baut das Kids Camp weiter aus. Schachweltmeister Magnus Carlsen modelt für G-Star. Mustang Fashion Show während der Denim-Nite. Fingercroxx designt exklusive Linie für Sir Benni Miles.
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23 Bread & Butter Eigenständige Kindermesse geplant Im Januar 2012 soll das Kids Camp der Bread & Butter als eigenständige Messe vom 29. bis 31. Januar auf dem Tempelhof-Gelände stattfinden. Das gab der Chef der Bread & Butter Karl-Heinz Müller bekannt. Insgesamt zeigte er sich vom Verlauf der Berliner Messe in dieser Saison sehr zufrieden. Das positive Feedback zur diesjährigen Bread & Butter bezog sich laut Müller vor allem auf die Premierenveranstaltung der neuen Kindermodeplattform Kids Camp. Hier hatten in dieser Saison 45 Aussteller wie Diesel, Replay & Sons oder Custo Barcelona auf einer Fläche von 2.500 Quadratmetern in Zirkuszelten von Roncalli ausgestellt. Die Pläne für die kommenden Messen stehen bereits fest: Im Januar und Juli 2011 solle das Kids Camp wie diesmal integriert in die Bread & Butter zeitgleich laufen. Bedingt durch das prognostizierte Wachstum (momentan 2.500 Quadratmeter Fläche, im Juli 2011 bereits 7.000 Quadratmeter) werde eine eigenständige Veranstaltung nötig. Somit soll rund eine Woche nach der Bread & Butter (18. bis 20. Januar 2012) der Tempelhof dann ganz im Zeichen der Kidswear stehen: Belegt werden solle die Denim Base sowie angrenzende Hangars. Der InfotainmentCharakter der Bread & Butter soll auch diese neue Messe auszeichnen. „Im Grunde bleibt alles, wie Sie es kennen, mit der Ausnahme, dass wir Kinderkollektionen zeigen“, erklärte der Initiator das Konzept. Dass es gerade im Segment Kidswear neben dem Pitti Bimbo in Florenz kaum eine weitere international relevante Veranstaltung gibt, nahm das Team in Berlin zum Anlass, sich dieses Themas selbst anzunehmen. Es ist aber nicht der Auftakt zu weiteren Segmenterschließungen, etwa in den Bereichen HAKA oder Lingerie. Mit viel Enthusiasmus wies Müller auch auf das bevorstehende zehnjährige Jubiläum seiner Messe im Juli 2011 hin. Die Planung läuft bereits an, um diesen Anlass mit einem großen Event und einer Ausstellung gebührend zu feiern. www.breadandbutter.com
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24 g-star Schachstar als Model Die niederländische Denimbrand hat den jungen Schachweltmeister Magnus Carlsen als Model für seine Herbst-/Winter-Kampagne gewonnen. Er tritt zusammen mit der Hollywood-Schauspielerin Liv Tyler in der von Starfotograf Anton Corbijn produzierten SchwarzWeiß-Strecke auf. Liv Tyler ist bereits zum zweiten Mal das Gesicht für die Kampagne der Jeansmarke. Ihr männlicher Counterpart Carlsen ist der jüngste Schachspieler, der jemals die Weltrangliste als Nummer eins anführt. Bereits im Alter von 13 Jahren wurde er Großmeister. Passend zum Thema präsentiert G-Star im September die Schachweltmeisterschaft „Raw World Chess Challenge“ in New York. Schachikone Garry Kasparow wird die offene Meisterschaft als Botschafter begleiten. Schachspieler aus aller Welt sind aufgerufen, im Internet gegen Magnus Carlsen anzutreten. www.g-star.com/rawchess
Während der Bread & Butter in Berlin lud Mustang zur Denim-Nite in den neuen Berliner Club Rodeo Ressort: Nach dem Public Viewing des Halbfinalspiels hatten die Zuschauer kaum Zeit, um über die Niederlage Deutschlands zu trauern: Unmittelbar im Anschluss inszenierte die Marke eine Denimmodenschau mit den aktuellsten Trends für Frühjahr/Sommer 2011. Als Live Act sorgte die norwegische Ska-Band Kakkmadafakka für Stimmung unter den Besuchern. Neben Gästen aus dem Handel waren Promis wie Schauspieler Manuel Cortez und Karolin Peiter, der Berliner Startenor Tobey Wilson, Moderatoren und Sängerin Lucy von den No Angels vor Ort. Bis in die frühen Morgenstunden feierte die Denim-Crowd an der Invalidenstraße direkt an der Spree. www.mustang.com
26 Sir Benni Miles/ Fingercroxx Fingerspitzengefühl Für die Kollektion Frühjahr/Sommer 2011 setzt die Marke Sir Benni Miles seine Kooperation mit bedeutenden Vertretern des Genres Street Art weiter fort – diesmal in noch größerem Umfang als bisher. Gleich zwölf Street Artists gehen für die Kollektion an den Start. Mit an Bord sind alte Bekannte wie Superblast oder Skki, die Sir Benni Miles schon länger die Treue halten. Neu hinzu kamen Künstler wie Meir S und Jaybo Monk. Weiteres Highlight ist das Co-Branding-Projekt mit dem Streetwearlabel Fingercroxx aus Hongkong – eine Marke der Double-Park Group, die in Hongkong, Peking und Schanghai mit mehr als 25 eigenen Multibrandstores vertreten ist. Für Sir Benni Miles entstand eine exklusive T-Shirt-Kollektion. www.sirbennimiles.com
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Umsatzbringer Europa?
Finanzkrise, Wirtschaftskrise, ein bankrottes Griechenland und schwächelnde Mittelmeerstaaten. Keine Nachrichten, die unbedingt Mut machen, in „good old Europe“ zu investieren. Doch wie sieht es hinter den Kulissen aus? Nach wie vor erwirtschaftet die Modebranche solide Umsätze auf dem alten Kontinent. Text Ina Köhler Fotos Marken Illustration Sarah Haug
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enn es nach dem Eurokurs geht, dann ist Europa gerade kein besonderes Erfolgsmodell. Im Frühjahr war die Währung massiv unter Druck geraten und rutschte – im Vergleich zum Dollar – auf ein Rekordtief. Was gut ist für Autohersteller und Maschinenbauer, die ihre Produkte günstiger exportieren, bringt Unternehmen, die Ware aus den USA importieren oder in Dollar abrechnen, unter Druck. Darüber hinaus hatte Europa schon vor der Krise den Ruf, nicht mehr besonders spannend zu sein – andere Länder lockten mit größeren Wachstumsraten. Stichwort Russland: Dort engagierten sich viele Marken – und verbrannten sich die Finger, allein das insolvente Mönchengladbacher Unternehmen Ambiente hatte dort drei Millionen Euro Umsatz verloren und stand damit nicht alleine da. Aus dieser Perspektive wirkt Mitteleuropa wieder fast wie eine feste Burg: Mit soliden Umsätzen und kleinen, aber stabilen Wachstumsraten. Nicht zuletzt deswegen weckt Europa Begehrlichkeiten, zum Beispiel bei USamerikanischen Unternehmen wie Abercrombie, dessen weitere Expansion in Europa schon lange mit Spannung erwartet wird.
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Serdar Mazmanoglu: „Deutschland ist ein sehr gesunder Markt.“
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Europa schwächelt – doch seine Modemärkte sind besser als ihr Ruf .
Auch für Unternehmen, die hier schon sehr lange operieren, schaut es gar nicht mal so schlecht auf dem viel gescholtenen europäischen Markt aus. „Ich sehe noch viel Potenzial in Europa“, so Mark Svojanovski, Wrangler Sales Director EMEA, verantwortlich für Europa, den Mittleren Osten und Afrika. „Von Umsatzgröße und Umsatzverantwortung sind für uns Länder wie Deutschland, England, Polen, Italien, gefolgt von Skandinavien, Benelux und Frankreich wichtig. Insgesamt gibt es eine große Dynamik in der Handelslandschaft, mit vielen neuen interessanten Konzepten. Die Basis ist sehr stabil
und wir können Umsätze auf gutem Niveau machen.“ Ein Beispiel für Wachstum ist auch der Jeanshersteller Mavi, der seine Aktivitäten in Europa von Dietzenbach aus steuert. Die Marke hatte für die Herbst-/Winter-Kollektion in der Order einen Zuwachs von 36 Prozent in Europa gemeldet. Besonders stark steigerten sich die Länder Österreich, die Schweiz und Tschechien. „Das Jahr war richtig gut für uns“, so Serdar Mazmanoglu, Vorstand der Mavi Europe AG. „In Deutschland haben wir schon im vergangenen
Jahr um 40 Prozent zugelegt.“ Die wichtigsten Märkte für die Marke seien neben Deutschland, Österreich und der Schweiz Tschechien und die Benelux-Länder. „Wir wollen eine nachhaltige und sauber strukturierte Arbeit im Vertrieb aufbauen“, so Mazmanoglu. Insbesondere in den deutschen Markt sei es nicht einfach einzusteigen, weil es sehr viele Mitbewerber gebe. „Wenn man drin ist, hat man wunderbare Möglichkeiten. Letztlich haben wir es geschafft, uns im Mittelpreissegment zu positionieren. Und Deutschland ist ein sehr gesunder Markt.“ Bislang ist hier Mavi mit eigenen Läden in Frankfurt und Berlin präsent, plant allerdings noch in diesem Jahr weitere Eröffnungen. „In der Türkei haben wir als Marke bereits 160 Shops“, so Mazmanoglu. „Dort ist die Struktur eine komplett andere, aber wir profitieren sehr von der Erfahrung mit eigenen Stores.“
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Mark Svojanovski: „Die Basis ist sehr stabil und wir können Umsätze auf gutem Niveau machen.“
Theo Birkemeyer: „Wir sind überzeugt davon, dass man gerade in Krisenzeiten anti-zyklisch agieren sollte.“
Deutschland als Schlüsselmarkt Der Markt hierzulande genießt in Europa immer noch den Status eines Türöffners, auch wenn es entsprechend schwierig ist, sich zu etablieren. „Als deutsches Unternehmen wird der deutsche Markt immer eine hohe Bedeutung für uns haben“, so Theo Birkemeyer von Mustang. „Aus diesem Grund investieren wir verstärkt in Deutschland und haben mittlerweile 49 eigene Stores eröffnet. Diese Strategie hat unser Wholesale-Geschäft beflügelt, sodass wir alleine in diesem Geschäftsbereich im 22 Jahr 2009 ein Umsatzplus von ca. acht Prozent verzeichnen konnten.“ Das gilt nicht nur für Etablierte, sondern auch für Newcomer wie das Dietzenbacher Unternehmen M.O.D., das sich mit kurzfristig lieferbaren, modischen Denimstyles einen Namen gemacht hat. Vertriebsleiter Rainer Ksoll setzt auf Deutschland als Stützpunkt für den Aufbau seiner Marke. „Unser Weg ist, erst mal in Europa Fuß zu fassen“, so Ksoll. „Zunächst haben wir die deutschsprachigen Nachbarn ins Visier genommen, dort kennen wir die Mentalität. Daneben sind auch die Benelux-Staaten und Frankreich wichtig, Potenzial sehe ich allerdings auch in Skandinavien.“ Auch für die Marke Khujo aus Hamburg war Deutschland die Basis für langfristiges Wachstum, bevor es schrittweise an den Export ging. „Wir haben mit rund 1.000 Kunden einen sehr starken Heimatmarkt, obwohl wir eigentlich nicht als deutsche Marke wahrgenommen werden“, so Vertriebsleiter Guido Wolf. Das Ziel sei, die Basis in Europa stärker zu entwickeln und hier ein gutes Fundament zu schaffen, bevor man in einem zweiten Schritt in die USA gehe. Khujo arbeitet neben den deutschsprachigen Ländern auch in den Benelux-Ländern, Frankreich, Skandinavien, Griechenland, Italien und Spanien. Auch für die britische Marke Firetrap ist Deutschland der Fokusmarkt Nummer eins, wie Country-Manager Frank Götz bestätigt: „Zur Zeit sind wir der drittgrößte Absatzmarkt im Unternehmen, Tendenz steigend. Weil wir geplant und gesund wachsen wollen, haben wir Österreich bisher hinten angestellt. Ab Herbst/ Winter 2011 werden wir auch dort den aktiven Vertrieb starten.“ Firetrap wird augenblicklich in rund 30 Ländern mit Schwerpunkt auf Euro-
„Es reicht nicht, in ein Land hineinzugehen und dort ein paar Klamotten zu verkaufen.“ Marco Lanowy, Alberto pa vertrieben. „Der Export ist ein Schwerpunkt unserer Strategie, da der Anteil mittelfristig auf 50 Prozent UK-Markt und 50 Prozent Export wachsen soll“, erläutert Götz. Laut Marco Lanowy, Geschäftsführer der Alberto GmbH & Co. KG werden in Deutschland noch knapp die Hälfte des Umsatzes der Marken Alberto und ADenim gemacht. „Danach verteilen wir den Umsatz auf weitere 42 Länder.“ Lanowy nennt Märkte wie Österreich, Schweiz, die BeneluxLänder, die USA und Kanada sowie Russland. „Es reicht nicht, in ein Land hineinzugehen und dort ein paar Klamotten zu verkaufen“, so
Lanowy. „Grundsätzlich hat jedes Land seine Eigenheiten, man braucht im Vorfeld ein sauberes Research und entscheidet dann, wie man die Expansion angeht.“
Osteuropa mit Potenzial, Südeuropa verliert Das östliche Europa mit seiner wachsenden Mittelschicht ist für viele Unternehmen wichtig geworden, nicht nur für die ganz großen Markenartikler wie beispielsweise Wrangler oder Lee. Die Marke arbeitet in Polen und Tschechien erfolgreich mit eigenen Retailkonzepten,
Rainer Ksoll: „Unser Weg ist, erst mal in Europa Fuß zu fassen.“
die beide Marken vertreten. Auch Mavi operiert erfolgreich in diesen beiden Ländern: „In Tschechien beispielsweise können wir sehr gut mit Shop-in-Shops arbeiten, planen langfristig aber auch direkte Franchiseläden“, so Serdar Mazmanoglu. „Sowohl in Polen als auch in Tschechien sind schon viele große deutsche Unternehmen, das erleichtert die Zusammenarbeit, weil es bereits Handelskunden gibt.“ Die Marke Big Star, ehemals ein bekannter Name in Deutschland, gehört seit 2008 dem ehemaligen Lizenznehmer in Polen, in dem osteuropäischen Land hat man sich mit über 260 Läden als Denimmarktführer aufgestellt. Von dort aus geht man jetzt den umgekehrten Weg zurück nach Deutschland: Unter der Leitung von Peter Lang will man auf dem deutschen Markt mit Franchiseläden und Shop-in-Stores Terrain zurückgewinnen. Auch Unternehmen wie Alberto engagieren sich neu in Polen; auf dem russischen Markt hingegen ist man schon länger aktiv. „Dort geht es um die Herausforderung, den richtigen Partner zu finden, mit dem man zusammenarbeiten kann“, so Marco Lanowy von Alberto. „Ich würde den russischen Markt auch als risikoreich ansehen, denn was dort funktioniert hat, muss nicht bei uns funktionieren und umgekehrt. Es gibt Unterschiede bei Kalkulation und Präsentation, man muss die Ware über die Grenze bekommen, da sind viele Faktoren, die mit reinspielen.“ Wichtig sei in Russland auch die Messepräsenz. Alberto stellt auf der von der Igedo veranstalteten CPM in Moskau aus. Einigen Marken hat das Engagement auch massive Rückgänge beschert, wie z. B. Wrangler. „Der Markt in Russland hat sich glücklicherweise wieder stabilisiert und seit der Herbst-/ Winter-Saison sehen wir dort wieder Potenzial“, so Marc Svojanovski von Wrangler. „Man darf eines nicht vergessen: Die Jahre zuvor war Russland Wachstumsgarant.“ Mustang engagiert sich indes kräftig vor Ort. „Wir haben unser Engagement nicht zurückgefahren, sondern speziell in Russland investiert“, so Theo Birkemeyer von Mustang. „Wir sind überzeugt davon, dass man gerade in Krisenzeiten antizyklisch agieren sollte, um sich für die Zeit nach der Krise zu positionieren. Dies muss natürlich mit Augenmaß geschehen und auch wirtschaftlich vertret-
bar sein. In Russland haben wir während der Krise sogar in eine eigene Tochtergesellschaft investiert und mittlerweile fünf eigene Stores eröffnet. Die aktuelle Geschäftslage hat unsere Strategie bestätigt.“ Sorgen machen hingegen den meisten die südeuropäischen Märkte: „Aus Griechenland braucht momentan niemand etwas Großes zu erwarten“, so Frank Götz von Firetrap. „Da wir vorübergehend unseren Vertrieb in Spanien aufgelöst haben, läuft da wenig. Das hat aber mehr mit internen Prozessen als mit der Marke zu tun. Wir starten auch dort bald wieder durch.“ Auch andere wie Serdar Mazmanoglu von Mavi oder Marco Lanowy von Alberto beurteilen Südeuropa bzw. den spanischen Markt generell als schwierig: „Man muss das unter dem Stichwort der Wirtschaftlichkeit sehen. Wenn Aufwand und Ergebnis in keinem guten Verhältnis zueinander stehen, dann verzichten wir lieber darauf.“
Frank Götz: „Zur Zeit sind wir mit Deutschland der drittgrößte Absatzmarkt im Unternehmen, Tendenz steigend.“
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Asien im Fokus Natürlich spielt auch der asiatische Markt nicht nur als Beschaffungsmarkt eine Rolle, sondern als höchst attraktiver Absatzmarkt der Zukunft – Krise hin, Krise her. Unternehmen aus dem Topgenre wie Marithé & François Girbaud oder Patrizia Pepe sind dort aktiv, auch Unternehmen wie die Sixty Gruppe, Replay oder VF haben sich mit einer Vielfalt von Aktivitäten und eigenen Stores engagiert. Diesel startete im Mai zwei Stores in Mumbai, bis Ende des Jahres soll es sieben Läden in Indien geben. Die VF-Gruppe kündigte in ihrem Quartalsbericht an, mit Marken wie Lee, The North Face und Vans in China zu expandieren. Auch für Mustang CEO Theo Birkemeyer ist Asien ein erfolgsversprechendes Projekt: „Von ca. 6,5 Milliarden Menschen weltweit leben über vier Milliarden in Asien. Aber man kann die asiatischen Märkte nicht über Deutschland steuern, sondern muss bereit sein, in den Aufbau von Strukturen und Markt-Know-how zu investieren.“ Im März 2010 fand in Schanghai die neue Messe novomania statt, auf der zahlreiche Aussteller von Miss Sixty über Replay bis hin zu Vans und Converse Kontakte zu den asiatischen Absatzmärken knüpften. Auf Sicht hat Europa in der Krise nur ein wenig Zeit gewonnen, die Märkte der Zukunft liegen woanders.
ADenim
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Modelle: Früher kostete ein Modell rund 900 Euro und dauerte eine Woche. Dank eigenem Drucker sind es jetzt rund 25 Euro und an die 90 Minuten. Für den Drucker zahlte Timberland damals rund 37.000 Euro, eine Investition, die sich offensichtlich gelohnt hat.
FOC „druckte” diesen Schuh für Onitsuka Tiger – eine sehr aufwändige Prozedur.
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Drucken mit Gold
Der Schuh aus dem Drucker
Wirklich spannend wird es aber, wenn nicht nur Prototypen auf 3-D-Druckern produziert werden, sondern auch fertige Produkte. Janne Kyttänen, Gründer der Amsterdamer 3-D- Printing-Agentur Freedom Of Creation, produzierte schon vor zehn Jahren die ersten Schuhe auf solchen Maschinen. FOC hat sich mit seinen 3-D- Designtechniken und den daraus entstandenen Accessoires, Schmuck, Strickwaren, Möbeln und anderen Produkten inzwischen einen Namen gemacht. „In Zukunft verdient man Geld nicht mehr mit Produkten, sondern mit Daten“, erklärt Janne Kyttänen. „Diese kann man digital an jeden Ort der Welt verschicken, wo man sie ausdrucken lässt. Natürlich ist das momentan noch unbezahlbar, aber das ist nur eine Frage der Zeit. Nehmen Sie HP als Beispiel, die haben gerade ihr erstes Gerät auf den Markt gebracht, für ungefähr 13.000 Euro.“ Gerade für die Modeindustrie könnte 3-D-Printing viele Vorteile haben, vor allem, weil sich immer mehr Materialien einsetzen lassen, wie beispielsweise Stahl, Gold, Silber, Aluminium, Titan, Gummi, Plastik und Keramik. „Wir sind keine Experten im Schuhdesign, aber wir sind Experten für das Design mit dieser Technologie. Wir schaffen damit ganze Produktlinien aber auch Details wie Hosenträger und Taschen bis hin zu kleineren Dingen wie Reißverschlüsse und Knöpfe. Solche Details kann in China niemand kopieren“, so Janne Kyttänen.
Ein Spleen der Jungen
Text Miranda Hoogervorst Fotos Freedom Of Creation, Pauline van Dongen
Man bestellt online einen Schuh und bekommt eine digitale Datei zugeschickt. Diese Datei bringt man dann zum nächstgelegenen Copyshop und kann sich seinen Schuh einfach ausdrucken. Hier geht es nicht um Science Fiction, es ist bald Realität. 3-D-Printing ist auf dem Vormarsch.
V
or der so genannten digitalen Revolution sah die Welt der Produktdesigner noch so aus: Sie entwickelten für ihre Designs Prototypen, meistens von Hand gefertigt und davor auf Papier gezeichnet. Mit der Entwicklung von CAD-Programmen kam der nächste Schritt: Sie ermöglichten das Rapid Prototyping, also die automatisierte Erstellung von Modellen anhand eines Computerprogramms. Der Mechanismus solcher Programme ist simpel: Der Computer zerschneidet eine Zeichnung in hauchdünne Schichten und die angeschlossene Modellmaschine konstruiert daraus
einen dreidimensionalen Prototypen. Aus dem „Drucker“ kommt anschließend ein Produkt. Dabei etablierten sich zwei Vorgehensweisen, die beide auf der Methode des Übereinanderlegens von Schichten basiert. Bei der einen Variante wird eine auf Pulver basierende Masse durch einen computergesteuerten Laserstrahl in Form gebracht, bei der anderen wird die Designvorlage Schicht für Schicht auf eine Platte aufgesprüht und durch Wärme oder chemische Mittel anschließend fixiert.
Revolution in der Modellabteilung Im Jahr 2000 begannen die ersten Sportmarken bereits damit, das Rapid Prototyping profes-
sionell für ihre Modellerstellung zu nutzen. Inzwischen setzen Marken wie Nike, Adidas, Puma, Reebok und New Balance in ihren Designabteilungen alle auf das 3-D-Printing. Dafür schickt der Schuhdesigner einfach eine CADDatei an seinen Hersteller in Asien und lässt dort auf dem Drucker das Modell anfertigen. Nur ein paar Tage später hat er sein Design auf dem Tisch, fertig für die Überarbeitung. Noch besser: Man druckt es sich einfach selbst aus. Die Maschinen dafür werden immer erschwinglicher. Das Unternehmen Timberland kaufte sich bereits 2005 einen 3-D-Drucker mit Farbfunktion von Z Corp und spart sich seitdem einiges an Zeit und Geld in der Erstellung seiner
Während sich High-Fashion-Brands das 3-DPrinting nur zögernd akzeptieren und einsetzen, sind die Nachwuchsdesigner begeistert. Naim Josefi und Souzan Youssouf studieren und arbeiten in Schweden. Im Januar präsentierten sie einen in 3-D-Technik gedruckten Highheel aus lasergeschnittenem Nylon. „Dieser Schuh steht für unser Konzept, keinen Müll zu produzieren. Dank des sortenreinen Materials ist er restlos recycelbar, womit sich der Kreis schließt“, erklärt Naim Josefi. „Unsere Vision einer Schuhproduktion sieht so aus: Man geht in einen Laden, scannt seinen Fuß und druckt sich seinen Schuh passend aus. Wenn dieser abgetragen ist, druckt man sich einen neuen aus.“ Auch die dänische Designerin Pauline van Dongen setzte für ihre Diplomarbeit 2009 auf gedruckte Pumps aus Polyamid. „Ich habe nach einer Möglichkeit gesucht, eine möglichst große Zahl von Schuhen in möglichst kurzer Zeit zu produzieren. An dieser Methode ist besonders spannend, wie kurz die Phase zwischen Designkonzept und fertigem Produkt ist“, meint Pauline van Dongen. Auf Materialebene sind dem 3-D-Printing kaum Grenzen gesetzt. Auch das starrste Plastik kann durch diese Technik elastisch werden. Janne Kyttänen erklärt: „Wenn man harte Materialien um ihr Hundertfaches dünner macht, werden sie automatisch weich und geschmeidig. So können Designs aus einem einzigen Material entstehen. Momentan
Mit 3-D-Printing lassen sich auch PolyamidHighheels drucken – hier ein Modell von Pauline van Dongen.
„Wir können Details herausarbeiten, die in China niemand kopieren kann!“ Janne Kyttänen besteht ein Laufschuh beispielsweise aus über zehn verschiedenen Materialien. Wäre es nicht großartig, wenn er nur aus einem bestünde und vollkommen recycelbar wäre?“, fragt sich der Designer. „Wir können aus Nylonpulver beispielsweise einen ganzen Sneaker drucken, der oben ganz weich und anschmiegsam ist und nach unten hin immer massiver und härter für die Sohle wird.“
Mach es einfach selbst Ein paar enthusiastische Freaks haben das 3-DPrinting bereits selbst umgesetzt. „Diese Selbstversuche haben gerade Hochkonjunktur. Die Leute versuchen, sich Drucker zuhause selbst zu bauen, wie die RepRap-Maschine (ein OpenSource-System für Rapid Prototyping)“, erzählt Kyttänen. „Und die Qualität ist noch nicht einmal so schlecht. Ein Freund von mir macht auf seinem Drucker echt schöne Dinge. Sein Unternehmen, genannt Fcubic, konstruierte einen 3-D-Drucker, der momentan die höchste Präzision von allen auf dem Markt erhältlichen Geräten hat. Aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis die anderen nachrüsten. Ich bin zwar kein Wahrsager, aber ich kann euch prophezeien, dass sich diese Technologie schneller entwickeln wird, als ihr glaubt.“
Links FOC: www.freedomofcreation.com Naim Josefi: www.beckmans.se/naim-josefi Pauline van Dongen: www.paulinevandongen.nl Zcorp: www.zcorp.com RepRap: www.reprap.org Fcubic: www.fcubic.com
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Kann ich Sie helfen?
Illustration Christoph Rathjen/Menschlabor Text Nicolette Scharpenberg Fotos Stores
Kein Zweifel, es herrscht ein massives Problem im Handel: Der Mangel an qualifizierten Mitarbeitern verhindert Umsatz. Die Ursache auf eine chronisch unmotivierte Generation oder die schlechte Ausbildung zu schieben, wäre zu einfach. Kreative Lösungsansätze sind gefragt!
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Guter Service ist das A und O im Einzelhandel und momentan wohl auch die größte Baustelle für viele Händler, die den hohen Stellenwert qualifizierter Mitarbeiter im Store kennen. Wir stellen vor: die eierlegende Wollmilchsau.
üsseldorfer Innenstadt im Juni, ein angesagter Multilabelstore, die Ware auf 50 Prozent reduziert. Drei Verkäuferinnen unterhalten sich angeregt über aktuelle Ausgehtipps. Begrüßung – Fehlanzeige, Beratung – ebenso. Auf Rückfragen reagiert man schleppend bis unwillig, heute anscheinend keine Lust auf Kunden. Danke, da kommen wir doch gerne wieder... Ganz ehrlich: Wann haben Sie sich zum letzten Mal richtig über mangelnden Service im Handel geärgert? Die Liste der Klagen ist lang und bekannt: Extreme Unterschiede hinsichtlich Kompetenz, Leistungsvermögen, schulischer Qualifikation und Disziplin lassen das Qualitätsniveau des Service im Fachhandel sinken. Immer weniger Betriebe bilden selbst aus. Ist das Berufsbild des Einzelhandelskaufmanns uncool geworden? Liegt es an schlechten Führungsqualitäten der Arbeitgeber oder ist die junge Arbeitnehmergeneration einfach faul, ungezogen und undiszipliniert? Vorurteile auf der einen, mangelnde Motivation durch den Arbeitgeber auf der anderen Seite.
Models statt Verkäufer? Abercrombie & Fitch ist mit seiner Idee vom Shop Model hoffentlich nicht Vorreiter für eine Tendenz im Einzelhandel geworden, die aus Kundensicht ziemlich bedenklich wäre. Statt ausgebildeter Servicekräfte trifft der Kunde im Store auf so genannte Shop Models, die zwar optisch einiges hermachen, aber keinen fachlichen Auftrag erfüllen. Schön anzusehen verkörpern sie ideal das Lebensgefühl und Image der Kollektion, sind integriert in Markeninszenierung und Storedesign. Den Service sollen andere erledigen, beispielsweise die sich selbst erklärenden Regalsysteme. Eine professionelle Einzelhandelsausbildung ist für Shop Models nicht nötig, denn sie sollen nicht beraten. Die Bewerber müssen einzig und allein zum Store
und der Marke passen und dafür sorgen, dass der Kunde sich wohlfühlt. „Abercrombie setzt auf Schönheit vor Kompetenz. Vermutlich haben sie die Hoffnung schon aufgegeben, rhetorisch begabtes und zugleich sympathisches Personal mit Fachkompetenz zu finden“, meint Stefan Sommer, Sales & Marketing Director Lee Jeans. „Man setzt lieber auf gutes Aussehen in der Hoffnung, dass vielleicht das alleine schon die Kunden zum Kauf anregt. Für Bewerber steht jedenfalls fest: Mit Pickeln oder anderen Makeln hat man bei A&F sowieso keine Chance. Was ich sehr bedaure.“
Coolness statt Service Ein ähnlich servicearmes, dafür aber anscheinend erfolgreiches Verkaufskonzept kennt man aus szenigen Streetwearstores. Beratung in einer Atmosphäre: „Wir sind cool und du hast sowieso keine Ahnung, also kauf das!“, sind keine Seltenheit. Klassische Textilkunde wird meist als uncool abgetan. „Bestes Beispiel dafür ist der Supreme-Store in New York, wo man als Kunde fast dankbar sein muss, überhaupt wahrgenommen zu werden“, sagt Christian Boszczyk, der mit dem Label Beastin’ selbst einen Store führt. Schlecht ausgebildete Aushilfen, die zur Zeit im Fachhandel herangezüchtet werden, verfügen meist nur über gefährliches Halbwissen. Laura Sterzenbach, Inhaberin von Angels Inn in München klagt über Unselbstständigkeit, Vertrauensbrüche und ungezogene Verhaltensweisen: „Ich kann meinem Personal nicht vertrauen. Ich fahre mittlerweile sogar kaum noch in den Urlaub, weil ich Angst habe, dass es im Laden drunter und drüber geht. Früher habe ich meine Angestellten öfter mal alleine gelassen, aber das endete immer in einer Katastrophe. Es stank nach Rauch, Essensreste lagen rum und das Lager war unordentlich. Darauf habe ich keine Lust mehr und stehe deshalb lieber wieder selbst an der Verkaufsfront“, sagt Sterzenbach.
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Rainer Ksoll (links) ist Verkaufsleiter bei M.O.D. und gleichzeitig Einzelhändler. Die Marke engagiert sich aktiv im Bereich Mitarbeiterschulungen.
Der Kunde ist König Eine nicht unwichtige Rolle dabei spielt eine Kundengeneration, die durch die vertikal organisierten Markenstores in konzentrierte Imagewelten hineingeschubst werden, wo persönliche Ansprache und Beratung durch gezieltes nonverbales Marketing und professionelles Merchandising ersetzt wird. Der Kunde findet sich hier gut allein zurecht. Für unabhängige Multibrandstores eine Entwicklung, mit der sie nicht mithalten können. „In Zeiten wie diesen ist es enorm schwer, die Kundenfrequenz noch zu steigern. Man kann als Fachhändler nur noch gewinnen, wenn man dem Kunden, sobald er das Fachgeschäft betritt, das Gefühl vermittelt, er gehe hier ein Lebensgefühl einkaufen. Der Kunde braucht ein Einkaufserlebnis, egal ob Monolabel- oder Multilabelstore, es gilt Reize zu schaffen, die für den Kunden verständlich sind und diese durch einen gut geschulten Verkäufer, der hinter dem Produkt steht, zu vermitteln. Deshalb sollte dem Fachhändler klar sein, dass der Verkäufer eine enorm wichtige Schlüsselfunktion hat“, sagt Rainer Ksoll, Verkaufsleiter bei M.O.D. Jeans.
So läuft’s_service
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verantwortlich sind. Meetings und Schulungen, die wir intern veranstalten, sind Pflichtprogramm. Zudem wird das Personal auch in die Warenwirtschaft und unsere Sideprojekte wie beispielsweise Events involviert, sodass sie nicht ausschließlich am PoS ihre Erfahrungen sammeln, sondern die gesamte Firma auch hinter den Kulissen kennen lernen.“
Verkaufsschulungen sind wichtig
Carhartt Storeleiter Tith Kotsombat-Chaichalermpol setzt auf Teambildung und Eigenverantwortung seiner Mitarbeiter.
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„Um das Berufsbild Einzelhandelskaufmann wieder attraktiv zu machen, müssen sich Betriebe nach außen interessanter darstellen.“ Axel Augustin Leistungsbezogene Löhne Das größte Problem ist, dass Shopbesitzer heute mit zu vielen Dingen belastet sind. Horrende Mieten und Energiekosten blockieren die Sicht auf den wesentlichen Part: Zeit und Kosten, die in gutes Servicepersonal investiert werden müssten. So arbeiten Händler fast ausschließlich mit Aushilfen, die als Kostenfaktor betrachtet werden, der zur Disposition steht. Der ausgebildete Verkäufer wird buchstäblich wegrationalisiert. „Eines der größten Probleme im Einzelhandel ist immer noch die Unterbezahlung des Personals. Welcher erfolgreiche Unternehmer wundert sich ernsthaft, dass seine Mitarbeiter, die für ein minimales Gehalt arbeiten, auf Dauer demotiviert sind?“, meint Christian Boszczyk, Leiter der FDMP Designagentur in München und Gastdozent für Jugendsoziologie an der Universität Augsburg. „Meiner Meinung nach ist das effektivste Modell die prozentuale Umsatzbeteiligung oder Auszahlung von Boni an engagierte Mitarbeiter, also die erfolgbasierte Lohngestaltung als Motivation.“
Die AuSSenwirkung zählt Laut Bundesministerium für Bildung und Forschung ist die Zahl der Ausbildungsverträge seit 2008 um 12,2 Prozent zurückgegangen. Zum einen liegt es an geburtenschwachen Jahrgängen, zum anderen aber auch daran, dass viele Betriebe aufgrund der rückläufigen Nachfrage
gar nicht mehr ausbilden, außerdem habe die Qualität der Bewerber stark nachgelassen. Hinzu kommt, dass die Attraktivität mancher Berufe schwindet. Die des Einzelhandelskaufmanns gehört leider auch dazu. Axel Augustin vom Bundesverband des deutschen Textileinzelhandels: „Um das Berufsbild Einzelhandelskaufmann wieder attraktiv für Berufsanfänger zu machen, müssen Betriebe sich nach außen interessanter darstellen. In der Textilbranche haben wir mittlerweile einen unterschiedlichen Wettbewerb. Ein Ludwig Beck am Marienplatz in München kann sich vor Bewerbungen kaum retten, nicht so prominente Modehäuser klagen über Bewerbermangel. Mittlerweile verstehen eine Reihe von Unternehmen, dass es ein Wettbewerbsfeld geworden ist. Man muss sich attraktiver darstellen und auch zeigen, was Berufsanfängern angeboten wird“, so Augustin. Die Carhartt-Filiale in München kann sich vor Bewerbungen kaum retten. Derzeit arbeiten dort zwei Festangestellte, drei Teilzeitkräfte und zwei Aushilfen. Ab nächstem Jahr wird auch ausgebildet. Natürlich trägt der Markenname dazu bei, zum anderen aber auch der Führungsstil im Store. Storeleiter Tith Kotsombat-Chaichalermpol ist es enorm wichtig, seine Angestellten ideal zu fördern. „Die Leute wissen, dass sie, wenn sie bei uns neu anfangen, sofort fest ins Team integriert werden und ihren eigenen Bereich bekommen, für den sie
Nur dafür fehlt es so manchem Shop an Motivation, sie in Eigeninitiative durchzuführen. Leider gibt es auch in der Textilausbildung in Deutschland zu wenige Institutionen, die diese anbieten. Laut BTE biete nur die Textilfachschule LDT in Nagold Förderseminare an, jedoch erst nach abgeschlossener Ausbildung. Unternehmen wie Carhartt, Converse, Levi’s und viele andere Brands übernehmen diesen Part selbst und entwickeln Personalschulungen. Rainer Ksoll ist überzeugt, dass Initiativen von Seiten der Fach- und Hochschulen nur dann Sinn machen, wenn sie Spezialisten aus der Branche dafür gewinnen. „Szene-People können das Feeling und den rhetorischen Charme, der für Verkaufsgespräche enorm wichtig ist, viel besser umsetzen als PoS-ferne Coaches. Erst mit solchen Leuten machen Verkaufsschulungen wirklich Sinn.“ Für Roberto Aufiero, Leiter der Kickz.com Filialen in Deutschland, ist aber auch die Unterstützung aus der Industrie enorm wichtig. „Ich wünsche mir ein größeres Angebot an Schulungen von Markenseite in unseren Stores. Viele arbeiten nur mit Broschüren und Katalogen. Wenn uns jemand von einer Marke wie Nike im Store besucht, der das Produkt gut kennt und neue Innovationen persönlich vorstellt, hat das eine enorme Wirkung auf unsere Mitarbeiter“, so Aufiero. Nike ist ein Beispiel für Retailsupport von Markenseite, aber auch für G-Star ist es ein Thema. Hier werden Waschungen, Denimstärken, Schnitte und Details erklärt, die auch ein wichtiger Punkt zum Verständnis der Preisgestaltung sind.
Service im Netz Auch im Onlinebusiness hat sich in Sachen persönlicher Service einiges getan. Mittlerweile reicht es nicht mehr aus, ein Produkt via Foto zu zeigen und mit einer kurzen Produktbeschreibung zu unterlegen. Emotionalisierung und persönliche Ansprache spielen eine immer wichtigere Rolle, nicht nur über eine kompetente Service-Hotline, wie man es von Vorreitern wie Frontlineshop kennt. Als neues Tool dienen bewegte Bilder und Ton, die das jeweilige Produkt en detail vorstellen und die Rolle des Verkaufsberaters einnehmen – momentan überwiegend eindimensional, denn die direkte Ansprache über Chat oder Telefon ist nur mit der entsprechenden Manpower umsetzbar. Produktvideos schaffen es, nicht nur der sonst oft emotionslosen virtuellen Shoppingwelt wieder
Roberto Aufiero, Leiter der Kickz.com Filialen in Deutschland betont die Effizienz von Schulungen seitens der Industrie.
ein wenig Leben einzuhauchen, sie steigern nachweislich auch die Verkaufszahlen, denn wie ein qualifizierter Angestellter informieren sie die Kunden und stellen einen persönlichen Kontakt her. Vorreiter auf diesem Gebiet ist der 2010 gelaunchte Onlineshop Style-Invaders. „Natürlich lassen sich Informationen auch textlich in der Produktbeschreibung kommunizieren, aber lange Romane werden nicht gelesen“, so Christoph Thielecke, Inhaber der Style Invaders OHG. „Manchmal reicht es einfach nicht, ein Detail eines Artikels nur mit Bild zu zeigen, um die Funktion oder den Mehrwert herauszustellen. Eine Erklärung wie im stationären Handel kommt einfach besser an.“ Im Vergleich zu Planet Sports oder Frontlineshop, die in ihrem Onlineshop mit professionellen Models aber ohne Moderation arbeiten, setzt Style Invaders auf authentische Typen und auf fachliche und humorvolle Informationen zum Produkt. „Streetwear ist alles andere als Einheitsbrei und Langeweile. Warum sollten wir dann nicht auch die Produkte genau so präsentieren? Unsere User sollen Spaß beim Shoppen haben und sich durch die Videos unterhalten fühlen. Unterhaltung ist ein ganz wesentlicher Punkt, gepaart mit kompetenter Informationsvermittlung ein Verkaufsschlager!“, erklärt Thielecke.
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auf die anderen zu zeigen, ist keine Lösung. Wer Mindestlöhne zahlt, durch Aushilfen eine unpersönliche Arbeitsatmosphäre schafft, statt ein motiviertes Team zu formen und selbst kein wandelnder Berufs-Knigge ist, sollte mit Vorwürfen sparsam umgehen. Einige positive Beispiele in dieser Story haben gezeigt, dass echte Führungsqualitäten, faire Arbeitsbedingungen und Gehälter, innovative Ansätze und professionelle Motivation durch einen Chef, der tagtäglich vorlebt, wie man mit Kunden höflich, eloquent und kompetent umgeht, sehr effektiv sind.
Unter dem Strich Ein Argumentationsansatz seitens Industrie und Handel hielt sich während der Recherche und den zahlreichen Gesprächen zu diesem Artikel sehr hartnäckig: Das Problem basiere auf dem mangelnden Engagement und der Qualifikation des Servicepersonals. Aber wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. Und
Pioniere auf ihrem Gebiet: der Webshop Style Invaders setzt mit kunstvoll gestalteten Videos zu allen Produkten auf persönliche Ansprache und Service gegenüber den Webkunden.
So läuft’s_adidas
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These jeans were made for sneakers...
Text Isabel Baier Fotos Bernhard Musil, Adidas Originals Blue
Sportmarken Kompetenz in Sachen Denim zuzusprechen, ist durch einige Misserfolge in den letzten Jahren zum ganz dünnen Eis avanciert. In Herzogenaurach scheut man die Herausforderung Denim trotzdem nicht. Adidas Originals Blue launcht für Frühjahr/ Sommer 2011 eine eigene Denimlinie. Warum die Marke dabei vor allem auf ihre eigenen Wurzeln zurückgreift und die Glaubwürdigkeit als Sportmarke in Szene setzt, erklärten Jutta Brenneisen und Josefine Aberg bei der Premiere auf der Bread & Butter. 30
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it den Adidas Originals Marken entwickelte sich das Bild von Adidas maßgeblich vom Sportartikelhersteller in Richtung sportlich orientierte Lifestylemarke. Originals Blue ist für diese Entwicklung essenziell. Ist die Denimlinie ein erster Schritt, um sich jetzt auch auf dem Jeansmarkt zu etablieren? Josefine Aberg (Head of Design): Wir sehen Denim als ein Lifestyleprodukt und wir sehen auch Originals Blue als Lifestylemarke. Daher ist Denim konsequenterweise der nächste Schritt, den wir mit der Marke gehen. Unsere Konsumenten tragen Jeans jeden Tag. Also möchten wir sie mit einem entsprechenden Produkt bedienen, das unsere DNA trägt und die Produktrange komplettiert, die man sich von einer Premiummarke erwartet. Der Denimmarkt lebt wie kein anderer von Authentizität und Glaubwürdigkeit. Gleichzeitig ist es ein sehr dichter Markt. Als Sportmarke dürfte es Adidas nicht allzu leicht haben, sich in diesem durchzusetzen. Jutta Brenneisen (Head of Product Marketing): Unser Ausgangspunkt ist die Nachfrage des Konsumenten. Wir sind immer sehr nah an unserer Zielgruppe dran und beobachten, was die Leute tragen. Die größte Stärke von Originals Blue ist, dass die Kollektion immer Gesamtlooks kreiert. Unsere Zielgruppe ist mit der Marke eng verbunden. Das ist ein ganz essenzieller Punkt. Sie trägt bevorzugt Adidas Sneakers, ist aber inzwischen zu erwachsen geworden für die Kleidung der Hauptkollektion. Ihr modischer Stil ist ein anderer. Genau an diesem Punkt setzen wir mit der Kollektion von Originals Blue an. Und
„Denim ist eine ganz eigene Welt.“ Josefine Aberg diese spezielle Zielgruppe erwartet Denims! Darin liegt also unser Anspruch. Also erwarten Sie keine Probleme hinsichtlich der Glaubwürdigkeit? Josefine: Die Marke hat selbst eine hohe Glaubwürdigkeit. Für uns ist es sehr wichtig, wenn wir ein neues Produkt vorstellen, dass es ganz klar die Adidas Originals DNA trägt und dass es für die Marke steht. All das muss das Produkt in sich ausdrücken, vom kleinsten Detail bis zur Gesamtausrichtung. Wie groß ist der Anteil der Jeans in der Gesamtkollektion? Jutta: Momentan bieten wir zwei Fits für Männer und zwei für Frauen in acht verschiedenen Waschungen aufgeteilt auf die beiden Fits an. Wir starten sehr fokussiert und möchten vor allem die Fits in Zukunft noch ausbauen. Das ist ein Thema, in das wir sehr intensiv investieren müssen. Die Denimlinie spielt definitiv eine sehr wichtige Rolle im Gesamtbild von Originals Blue. Wie sieht die Preisgestaltung aus? Jutta: Die Preislagen liegen zwischen 80 und 150 Euro im Handel. Hinsichtlich der Distribu-
Jutta Brenneisen (links) und Josefine Aberg stehen hinter der Kollektion und der neuen Denimlinie von Originals Blue.
tionspolitik richtet sich Originals Blue hauptsächlich an unsere eigenen Stores, ebenso wie an ausgewählte Einzelhändler. Diesen Weg werden wir auch mit der Denimlinie gehen. Werden auch neue Händler angesprochen? Jutta: Natürlich. Das schöne an Originals Blue ist, dass wir mit neuen Produkten auch die Möglichkeit haben, neue Vertriebskanäle zu erschließen. Das kann eine Modeboutique, ein Jeansstore oder auch ein High End Conceptstore sein. Gespräche mit potenziellen Neukunden laufen gerade und das Feedback ist sehr positiv.
Mit speziellen Features wie dem Sneakerprotector an den Innenseiten des unteren Hosenbeins und dem Trefoil-Stitching auf den Gesäßtaschen rüstet Adidas Originals Blue seine neue Denimlinie aus.
Denim ist wie eine eigene Philosophie. Woher nehmen Sie das Know-how? Josefine: Ich profitiere von meinen beruflichen Erfahrungen bei der Streetwearmarke WESC, wo ich zuvor unter anderem für die Denimlinie verantwortlich war. Dort habe ich einige Jahre Erfahrung und vor allem die Passion für Denim mitnehmen können. Und natürlich arbeiten wir mit sehr etablierten Herstellern zusammen, die uns ein Produkt garantieren können, wie wir es uns vorstellen. Was ist die große Herausforderung mit der neuen Jeanslinie? Josefine: Denim ist eine ganz eigene Welt. Es lebt von ständiger Veränderung und Entwicklung. Als wir beschlossen haben, eine Jeanslinie zu entwickeln, haben wir unsere eigenen Wurzeln als Ausgangspunkt genommen. Das sind die Sneakers. Das war bislang unsere größte Stärke. Daher haben wir auch unsere Denimlinie auf diese Basis, den Sneakers ausgerichtet. Es gibt beispielsweise ein exklusives Special, das sich auf unsere Heritage bezieht: Wir nennen es den Sneakerprotector. Wir haben den unteren Innenteil der Hosenbeine mit einer speziellen Beschichtung ausgerüstet, um das Abfärben des Denims auf die Sneakers zu verhindern. Natürlich im typischen AdidasBlau, genau wie das Innenfutter der Taschen. Ein weiteres Special ist das Stitching auf den Gesäßtaschen – das wichtigste Merkmal von Jeans. Jede Jeansmarke erzählt damit ihre eigene Geschichte. Unsere lautet: Wenn man die beiden Taschen direkt nebeneinander legt, ergibt das Stiching die Silhouette des Trefoils von Adidas. Also geht es darum, die eigene Sport-Heritage mit hineinzubringen? Josefine: Genau. Unser Schnitt heißt daher Sneaker Cut. Wir legen sehr viel Wert darauf, dass die Jeans perfekt sitzen, wenn man Sneakers dazu trägt. Vor allem für Frauen. Der Schnitt muss perfekt sitzen, das Bein darf weder zu weit noch zu eng sein. Es muss feminin aussehen und muss eine tolle Silhouette ergeben. Wir experimentieren also mit unserer Kernkompetenz aus den Bereichen Sport und Sneakers. Durch die Kooperation mit Diesel, die 2008 begann, konnte Adidas bereits einige Erfahrungen im Jeansmarkt sammeln. War dieser erste Schnupperkurs in punkto Denim essenziell für die Entwicklung der eigenen Linie? Jutta: Das waren sehr wertvolle Erfahrungen für
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uns. Wir haben diese Kooperation von vornherein als eine zeitlich begrenzte Aktion betrachtet, die Ende 2010 ausläuft. Denim ist ein sehr besonderes Produkt, das sowohl im Design als auch in der Produktentwicklung sehr spezielle Anforderungen an uns stellt. Wir hatten einfach das Gefühl, dass wir jetzt selbst in der Lage sind, für unsere Zielgruppe das richtige Produkt herstellen zu können. Und daher launchen wir im Sommer 2011 unsere eigene Jeanslinie. Was haben Sie in dieser Zeit über Themen wie Vertrieb, Marketing und das gesamte Business rund um Jeans erfahren? Jutta: Sehr viel. Diese Kooperation war sehr lehrreich. Wir haben die gemeinsame Jeanslinie exklusiv über unsere eigenen Shops vertrieben, dadurch konnten wir sehr gut feststellen, was läuft und was nicht, und was wir noch verbessern müssten, gerade in Bezug auf den Service gegenüber dem Konsumenten. Nach diesen sehr wertvollen Erfahrungen starten wir
jetzt mit in house entwickelten Denims für den Point of Sale. Zudem entwickeln wir Fit Guides, um so sicherzustellen, dass der Konsument das Produkt ohne Schwierigkeiten versteht. Das ist ein sehr wichtiges Element des Erfolges auf der Fläche. Was steht als nächstes auf dem Plan? Jutta: Wir werden definitiv an weiteren Fits arbeiten. Auch weitere Produktergänzungen wie beispielsweise Jacken oder Shorts sind absolut denkbar. Und was ist das große Ziel mit der Denimlinie von Originals Blue? Jutta: Absolute Glaubwürdigkeit zu erreichen, vor allem im Handel, und den momentanen Erfolg der Originals Blue Kollektion auszubauen, um die Position der Marke innerhalb der Originals-Welt weiter zu stärken. Vielen Dank für das Gespräch!
So läuft’s_replay
Kunst, Cannes, Apps
„Replay wird sich künftig noch internationaler aufstellen.“ Wolfgang Friedrichs, Replay Deutschland
Text Ina Köhler Fotos Hersteller
Replay hat die internationalen Märkte im Visier. Deshalb setzt das Unternehmen Fashion Box auf Events, Kunst und progressive Medien.
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inen ersten Vorgeschmack davon lieferte Replay mit seiner Premiere in Cannes. Im Mai war 32 der Jeanshersteller erstmals an der Côte d’Azur bei der Style Star Lounge mit dabei. Natalie Imbruglia gab ein Livekonzert, Michelle Rodriguez und Julio Santo Domingo waren für das DJ-Set verantwortlich. Zu den Gästen gehörten die Schauspielerinnen Mischa Barton und Ornella Muti sowie die Modefotografin Ellen von Unwerth. „Es ist unglaublich, wer sich alles zu den Filmfestspielen präsentiert“, so Deutschland-Chef Wolfgang
Mit dem neuen Store in Mailand will die Marke Maßstäbe setzen.
Friedrichs, der in Cannes mit dabei war. Mittendrin im Startrubel waren auch die Brüder Matteo und Massimo Sinigaglio, die sich mit der Equibox Holding S.p.A. mehrheitlich an der Fashion Box beteiligt hatten. Ursprünglich hatte auch Wolfgang Friedrichs angekündigt, sich am Unternehmen zu beteiligen, hatte im Frühjahr jedoch seine Pläne revidiert. Künftig wird er seine Aktivitäten wieder auf den deutschen Markt beschränken. Sowohl an der Kollektion als auch im internationalen Vertrieb hat er im ersten Quartal mitgearbeitet. Er zeigte sich beispielsweise für den Vertrieb in den Exportländern verantwortlich.
Replay hat für das iPhone ein interaktives Musik-App entwickelt.
„Replay wird sich künftig noch internationaler aufstellen“, so Friedrichs. Zusätzlich wurde für die Länder Großbritannien und Frankreich ein neues Management gesucht.
Präsentation durch Stores & Apps Während des Salone Internazionale del Mobile eröffnete im April der neue Mailänder Flagshipstore, der einen Vorgeschmack auf die künftige Storekonzeption der Marke geben soll. Der Laden am Corso Vittorio Emanuele ist rund 800 Quadratmeter groß. Will man hineingehen, muss man eine Fußgängerbrücke passieren, die an einem elf Meter hohen hängenden Garten mit Wasserfall vorbeiführt. Die Inneneinrichtung setzt auf natürliches Licht und einen Mix zwischen Metall und unbehandeltem Holz. Ein Design, das sich auch in den Messeauftritten widerspiegelt. Einen Monat nach der Möbelmesse
Die Fondazione Buziol ist für ihre avantgardistischen Kunstprojekte bekannt.
Matteo Sinigaglio mit Michelle Rodriguez während des ReplayEvents in Cannes.
wurde in der Fondazione Claudio Buziol das zweijährige Bestehen der Stiftung mit Kunstpräsentationen von Stipendiaten sowie einem Konzert des Klangkünstlers Michael Nyman zelebriert. Dazu passt auch das Engagement von Replay in Sachen iPhone. Die Produzenten Kids on DSP haben für Replay ein iPhone App entwickelt. Töne aus der Umgebung des Geräts werden in Echtzeit in Unterwassertöne umgewandelt und von einem Drum n Bass Beat unterlegt – jede Sequenz klingt so anders und einmalig.
Kollektion optimiert Direkt spürbar für den Handel ist vor allem die Überarbeitung der Kollektion. „Wir haben sehr am Timing gearbeitet“, so Friedrichs. „Das war der Wunsch von vielen Kunden.“ Bereits im Mai wurden dem Handel die Preview-Kollektion mit Schwerpunkt Denim präsentiert, die ab November ausgeliefert wird. Die Kollektion, die zur Bread & Butter erscheint, wird zu Lieferterminen zwischen Januar und März in den Handel kommen. „Wir haben die Produktgruppen durchgehend verbessert“, so Friedrichs. Bei der Gestaltung der Kollektion waren der Vertrieb von wichtigen europäischen Ländern wie Deutschland, Österreich, Italien und den Niederlanden beteiligt. „Wir haben den Input genutzt, um die Kollektion zu erstellen“, so Friedrichs. Wichtig seien auch die Preislagen. „Obwohl wir die Anfangspreislage von 99 Euro leicht gestärkt haben, sehen uns die Kunden nicht unbedingt in diesem Segment. Die Kernpreislage bleibt nach wie vor bei etwa 129 bzw. 139 Euro. Diese Hosen müssen dann aber etwas Besonderes bieten.“ So zeigt die Replay-Kollektion eine Bandbreite von neuen Denimformen für Damen sowohl im Boyfriend-, als auch im superskinny JegginsLook. Es gibt unterschiedliche Längen von überlang bis hin zur aktuellen Siebenachtellänge. Alle Denims sind supersoft, in verschiedenen Farbtiefen und in ganz unterschiedlichen Waschungen und Blautönen. „So geben die
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Softe lässige Waschungen sind ein Markenzeichen von Replay. Im kommenden Frühjahr setzen auch Chinos Trends.
Hosen am Point of Sale ein sehr variantenreiches Bild“, sagt Annette Dell, Vertriebsleitung Deutschland. Das aufwändige Labeling wurde überarbeitet: Lederpatches in Schlangenoptik bzw. mit auffälligen Nieten setzen optische Highlights. Die Details sind ebenfalls mit doppelten Taschenlösungen, farblich abgesetzten Repaired-Stellen oder Destroyed-Flächen sehr auffallend. Lässige Hemden in HAKA-Optik lassen sich gut zum Boyfriend-Look kombinieren. Im Gegensatz stehen aufwändige Tuniken, Shirts und Blusen im Karo- oder Mille-FleursMuster. „Der Preis ist nicht entscheidend, es muss feminin und dekoriert sein. Die Kundinnen suchen den typischen Replay-Look, der ein bisschen hippie, ein bisschen lässig ist“, so Annette Dell. Neue Denimvarianten aus supersoftem Tencel werden zu kurzen Latzhosen, Overalls oder Kapuzenjacken kombiniert. Kräftige Farben sind nicht nur bei Oberteilen, sondern auch bei Chinos ein Muss, die es selbst für Herren in vielen Tönungen wie Weiß,
Schwarz, Grau, Grün, Gelb und Rosé gibt. Auch die Männerkollektion bringt viele variantenreiche Denims, entweder in strahlendem Weiß, sehr hellem Grau oder in unterschiedlichen Blautönungen, die gut zum Sommer passen. Bei den Oberteilen gibt es viele soft gewaschene Shirts, die mit Streifen, aufwändigen Faded-outWaschungen oder Drucken edel wirken. Eine umfangreiche Accessoirekollektion mit Schals und Gürteln aus Textil oder Leder machen die Preview-Kollektion komplett.
Links www.replay.it www.replay-in-cannes.com www.fondazioneclaudiobuziol.org
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Text Nicoletta Schaper Fotos Peter Schaffrath
Alles muss raus! Was tun, wenn es am Ende der Saison eng wird, weil zu viel Ware da ist? Wohin mit dem Rest, der im Laden hängt wie Blei? In Düsseldorf trafen sich Experten aus Industrie und Handel zu einer angeregten Diskussion.
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icoletta Schaper (x-ray): Das Thema Warendruck beschäftigt Händler wie Produzenten gleichermaßen. Die Firma Alberto bestückt keine Outlets und gibt auch nichts zu Brands4Friends. Wie sorgt man dafür, dass nichts übrig bleibt? Marco Lanowy: Wir sind als Hosenspezialist in der Lage, Erstbestückungen im Handel sehr gut nachzuversorgen und können über Kommunikation mit dem Handel Warenrückläufen schon im Vorfeld entgegensteuern. Natürlich bleiben immer Mengen übrig, weil jemand nicht bezahlt oder weil die Ware falsch eingeschätzt wurde. Diese Rückläufe versuchen wir, in Märkten zu platzieren, die mit unserer Marke noch nicht so durchdrungen sind, wie Russland, Dubai und Australien. Tim Brückmann: Wir machen das mit unserer Kollektion 667 und der Burning Business Distribution für kleine Labels ähnlich. Bei guten Kunden nehmen wir schlecht laufende Artikel zurück, um sie umzutauschen. Die Restposten geben wir in Märkte, die wir noch nicht aktiv bearbeiten, nach Russland, Australien und jetzt auch nach Brasilien. Nicoletta: Hat der Warentausch zugenommen? Tim: Es ist ein Service, der uns zwar Geld und Arbeit kostet, auf den der Händler aber sehr positiv reagiert. Im Notfall schreiben wir auch eine Gutschrift; wir versuchen, den Kunden sehr entgegenzukommen. Das können wir, weil wir in der Produktion keine Mindestordermenge erreichen müssen. Wir produzieren hauptsächlich in Deutschland und Portugal. Das hat nicht nur qualitative Gründe. Würden wir in China fertigen, müssten wir mindestens 1.000 Stück pro Style abnehmen. Da haben wir mit unseren europäischen Produzenten eine ganz andere Zusammenarbeit.
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Nicoletta: Hat sich das Verhältnis zwischen Industrie und Handel geändert? Wird heute mehr als früher kommuniziert? Jürgen Walther: Ich finde nicht, dass sich da viel geändert hat. Wir haben allerdings in unseren Stores keine großen Probleme mit Restanten. Wenn man mit einem gesunden Maß einkauft, entstehen sie auch nicht. Aber es gibt immer mal etwas, das sich wirklich gar nicht
Von links nach rechts im Uhrzeigersinn: Jule Lauber (x-ray), Jan Arend (Inhaber Friendly Products), Marco Lanowy (Geschäftsführer Alberto), Jürgen Walther (Inhaber Strike Siegen und Le Shop Köln und Bonn) Tim Brückmann (Inhaber 667 und Burning Business Distribution) Nicoletta Schaper (x-ray), Ilya Morgan (Inhaber Deluxe Distribution).
„Bei Kunden, die in der Saison gut nachbestellen, nehmen wir schlecht laufende Artikel zurück, um sie gegen bessere umzutauschen. Die Restposten geben wir in Märkte, die wir noch nicht aktiv bearbeiten.“ Tim Brückmann
round table_lass uns reden Tim Brückmann vertreibt sein eigenes Label 667 und ist Inhaber der Burning Business Distribution.
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„Viele Einzelhändler schießen blind einen Internetshop heraus und versprechen sich davon, dass es dann ordentlich losgeht. Esprit und andere große Hersteller haben alleine für Retourenabwicklung oft mehr als 35 Mitarbeiter, ein Aufwand, den man sich leisten können muss.“ Tim Brückmann verkauft. Wenn ein Qualitäts- oder Passformproblem zugrunde liegt, muss der Handel die Verantwortung an den Lieferanten zurückgeben. Und der sollte dafür auch offen sein. Nicoletta: Ist er das auch? Jürgen: Nicht immer! Ilya Morgan: Bei unserem Kommissionsprojekt für Guru gibt es ein 100-prozentiges Rückgabe- und Umtauschrecht. Bei unseren anderen Marken wird es marktüblich gehandhabt. Natürlich versucht jeder Kunde mal, etwas abzuschreiben, was sich nicht gut verkauft hat. Generell sind wir extrem kulant und lassen auch kleinere Händler mit einem Budget von 5.000 oder 10.000 Euro nicht im Stich. Dann gibt es aber auch den Einkäufer, der genau die Styles ordert, die sonst keiner wollte – ein Indiz dafür, dass er nicht so richtig viel Ahnung hat. In dem
Fall sollte der Vertreter den Kunden besser beraten und ihm nicht irgendetwas andrehen. Nicoletta: Wo ziehen Sie die Grenze? Ilya: Wenn ein Kunde gut zahlt und alle für den Vertrieb wichtigen Kriterien erfüllt, sind die Vertreter hilfsbereit. Es gab immer wieder Kunden, die uns dringend um eine Lösung gebeten haben, um nicht in die Insolvenz zu geraten. Auch da können wir manchmal die Ware übernehmen und weiter veräußern, zum Beispiel, wenn größere Kunden diese Ware mit Rabatt abnehmen. Solche Verlustgeschäfte müssen wir als Importeur immer einkalkulieren. Jan Arend: Wir sind mit Stüssy in der glücklichen Lage, einen Service wie Warentausch nicht anbieten zu müssen. Natürlich versuchen wir, dem Kunden entgegenzukommen, wenn der Schuh drückt. Aber die Voraussetzung ist
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„Stammt die Ware aus der Vorsaison, hängt sie auch nicht mehr im Einzelhandel, somit steht einer Kooperation mit Brands4Friends oder anderen eigentlich nichts im Weg.“ Ilya Morgan
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doch, dass er sich mit der Ware intensiv befasst und sie nicht einfach aus Bequemlichkeit zurückschickt. Schon bei der Order muss er wissen, welche Themen aus der großen Kollektion die richtigen für sein Konzept sind. Wir sind keine Wachstumsfetischisten und haben eher zu wenig Ware am Markt. Und was bei uns übrig bleibt, verkaufen wir dann in eigenen Outlets wie unserem Stüssy-Outlet in Weil am Rhein. Nicoletta: Wie hoch ist da der finanzielle Verlust? Jan: Bei uns vielleicht zehn Prozent, die man vorher in der Grundkalkulation mitberücksichtigen sollte. Jürgen: Aber woher stammen diese Restposten? Jan: Der Kunde kann nicht zahlen oder es ist etwas am Ende übriggeblieben. Oder er hat Gelb geordert und der Endkonsument wollte Grün. Jürgen: Nehmen Sie dann auch Ware zurück? Jan: Ja klar! Der Druck auf die Händler ist
Ilya Morgan vertreibt mit Deluxe Distribution Labels wie Guru und Skunkfunk.
enorm groß. Es gibt eine unglaubliche Markenverfügbarkeit! Und jeder versucht, seine Ware loszuwerden. Ich kenne Fälle, da kostet eine Jacke beim Fachhändler 200 Euro und zehn Meter weiter in 1a-Lage kostet die gleiche Jacke 20 Euro! Nicoletta: Wie sieht das in einer Kleinstadt wie Siegen aus, Jürgen Walther? Gerade bei einer Marke wie Converse ist die Konkurrenz groß. Jürgen: Converse ist schon weit verbreitet, aber bei mir zählt es trotzdem zu den besten Produkten. Im Fall Carhartt war ich in Siegen der einzige Vertriebspartner, bevor vor einiger Zeit
„Es ist unglaublich wichtig, dem Vertrieb klarzumachen, welches Vertriebskonzept das Label verfolgt, um den passenden Kunden zu finden.“ Ilya Morgan
ein zweiter hinzugekommen ist. Das hat mich ganz und gar nicht gefreut, dennoch habe ich Carhartt als meine stärkste Marke im Sortiment behalten. Vermutlich wird Exklusivität etwas überbewertet. Marco: Ich glaube nicht, dass es eine Frage von Exklusivität ist. Viel mehr geht es um das Konzept. Wenn ich mich auf Outlets konzentriere, entscheide ich mich doch dafür, dass meine Ware im Outlet unter Wert liegt und ich über hohe Stückzahlen Gewinn mache. Das ist eine Frage des Geschäftsmodells! Wenn sich Industrie und Handel im Vorfeld Gedanken machen, was sie gemeinsam erreichen wollen, wird es mit Restanten kaum Probleme geben. Ilya: Der Vertrieb muss wissen, welche Kunden ins Markenkonzept passen. Es gibt Kollegen, die wertige Marken wie ein Massenprodukt vertreiben und strategisch nicht darauf achten, wo sie platziert werden. So kommt es zu Konkurrenzkämpfen, bei denen sich die Händler preislich unterbieten oder eine Marke fristlos rauswerfen, zum Beispiel, wenn sie bei Kaufhof und Co. reinverkauft wird. Bei Großkunden gibt es diese rigorosen Entscheidungen immer wieder.
Gerade wenn es um Millionenbudgets geht. Jürgen: Ich würde mir von den Vertretern aber auch wünschen, dass sie in der Saison aktiver werden! Vielleicht schätze ich das falsch ein, aber wenn das Ordergeschäft abgeschlossen ist, tritt erstmal eine gewisse Ruhe ein.
Nur bei Händlern dieser Größenordnung ist das Kommissionsgeschäft umsetzbar. Jürgen: Den Weg, Ware auf Kommissionsbasis zu nehmen, schlage ich auch ungern bis gar nicht ein. Lieber stehe ich zu meinen Einkäufen, bezahle sie und übernehme das Risiko.
Nicoletta: Dabei heißt es doch oft, dass die Zusammenarbeit viel intensiver geworden ist. Dass in der Saison nachgefragt wird. Jürgen: Das kann ich so nicht bestätigen. Tim: Aber manchmal hängt es auch von den Vertretern ab. Ich arbeite zum Beispiel mit der Agentur Seasons in Berlin, die Skunkfunk und auch alle meine Labels vertritt. Sie hakt viel bei den Kunden nach. Andere muss ich dreimal die Woche anrufen, weil überhaupt nichts passiert. Aber wenn die Firmen einfach komplett am Geschmack vorbeiproduzieren, kann der beste Vertrieb nichts machen. Marco: Es kommt bei der Kollektionsausrichtung auch immer auf den jeweiligen Markt an. Übrigens haben Länder mit den finanzschwächsten Strukturen die höchste Dichte an Outlets. Portugal hat zum Beispiel 13,4 Quadratmeter pro 1.000 Einwohner. Dann kommt Großbritannien mit zehn Quadratmetern, dann Kroatien und dann erst Polen, Deutschland und – Griechenland. Gemessen an Fläche und Einwohnerzahl gibt es in Deutschland vergleichsweise wenig Outlets. Dennoch habe ich den Eindruck, dass Investoren immer stärker auf Outlets setzen anstatt auf die Innenstädte, wo doch eigentlich das Geld verdient wird, wenn auch mit wesentlich höheren Mieten.
Nicoletta: Und ab wann wird im Laden reduziert? Jürgen: Ich starte erst zum Ende der Saison. Erst letztens habe ich gesehen, dass H&M, Zara und andere große Häuser 20 Prozent und mehr auf alles geben. Pauschal. Am Anfang der Saison. Das kann ich ja gar nicht nachvollziehen! Tim: Als Hersteller habe ich bei den Reduzierungen auch noch mal eine andere Marge und mache trotz 50 Prozent immer noch einen kleinen Gewinn. Unsere besten Outlets sind unsere drei eigenen Läden in Berlin und Düsseldorf!
Nicoletta: Wie kann man den Handel denn stärken? Ist beispielsweise Kommissionsware ein guter Weg, um ihn zu entlasten? Guru stellt im deutschen Markt den Händlern T-Shirts zur Verfügung, die am Ende der Saison auch zurückgeschickt werden können. Ilya: Guru ist ein Sonderfall. Wir bauen die Marke komplett neu auf, nachdem sie eine Zeit lang nicht auf dem deutschen Markt war. Guru hat unserer Meinung nach genug Potenzial für eine anerkannte Marke. Früher hat sich Guru im Umfeld von DSquared und Y-3 eingeordnet, heute ist es eher ein jüngeres und kommerzielles Produkt, weshalb wir hier nur mit unseren bekannten Großfilialisten zusammenarbeiten.
„Es gibt eine unglaubliche Markenverfügbarkeit und jeder versucht, seine Ware loszuwerden. Die ganzen Outlet-Center schießen wie Pilze aus dem Boden; wir haben englische Ketten, die gerade nach Deutschland drängen. Der Druck auf die Händler ist groß.“ Jan Arend
Nicoletta: Jürgen Walther, haben Sie mal an Ebay gedacht? Jürgen: Ich habe sehr oft an Ebay gedacht! Aber ich muss gestehen, dass mir das zu aufwändig ist. Jan: Bei uns ist Ebay prinzipiell untersagt! Natürlich kann man nichts dagegen sagen, wenn mal ein T-Shirt auftaucht und es wirklich keinem weh tut. Aber es gibt ja auch Händler, die Ebay generell als Abflusskanal nutzen, was für uns nicht akzeptabel ist. Jürgen: Und was machen Sie dagegen? Jan: Abmahnen! Und noch mal darauf hinweisen. Wir bekommen über Google jeden Morgen einen Report, das Netz ist absolut transparent.
„Wir versuchen, dem Kunden entgegenzukommen, wenn der Schuh drückt. Aber die Voraussetzung ist doch, dass er sich mit der Ware intensiv befasst und sie nicht einfach aus Bequemlichkeit zurückschickt.“ Jan Arend 37 Jan Arend ist mit seiner Agentur Friendly Products unter anderem für Stüssy und Cleptomanicx zuständig.
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„Die Leute wollen den Sex der Jagd! Und das Gefühl, die Ware nicht überall bekommen zu können.“ Marco Lanowy So weiß ich innerhalb von Sekunden, wer wo meine Ware verkauft. Und gewisse Dinge akzeptieren wir einfach nicht. Affiliate Marketing (internetbasierter Vertrieb mit Kooperationspartnern, Anm. d. Red.) machen wir nicht. Kein Ebay. Und es gibt eine Preisbindung. Jürgen: Und wenn der Kunde keine andere Möglichkeit hat, als die Ware bei Ebay reinzustellen… Jan: … dann ist er nicht mein richtiger Kunde! Jürgen: Aber der richtige Weg ist doch, dass der Händler zuerst auf Sie zukommt, um sein Problem mit einem Produkt anzusprechen. Nehmen Sie die Ware dann zurück? Jan: Ja! Da finden wir immer eine Lösung! Nicoletta: Tim Brückmann, für Sie kommen Onlineshops wie Buyvip auch nicht in Frage? Tim: Im Ausnahmefall doch! Wir machen mit Buyvip jetzt eine Aktion, um die Marke bekann-
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ter zu machen, aber mit Styles, die es nur dort gibt. Wir wollen die Einzelhändler nicht verärgern, sie sind für uns, die wir eine junge Marke aufbauen wollen, die wichtigsten Partner. Ilya: Es ist auch immer die Frage, wie aktuell die Ware ist. Stammt sie aus der Vorsaison, hängt sie nicht mehr im Einzelhandel, somit steht einer Kooperation mit Brands4Friends oder anderen eigentlich nichts im Weg. Nicoletta: Onlineshops boomen. Vente Privée hat allein in Deutschland über 170 Partnermarken. Wie kommen diese Anbieter auf die Marken zu? Marco: Sie fragen nach Restanten, die sie über ihre Portale vermarkten möchten. Wir haben aber die geforderten Mengen nicht. Wenn ich sehe, wie oft welche Marken dort erscheinen, frage ich mich immer, wo die Firmen die ganze Ware herholen. Jan: Wir haben wenige Anfragen dieser Art, weil die informierten Einkäufer wissen, dass Stüssy dafür nichts freigibt. Aber ich habe bei anderen Produkten erlebt, dass den Brands angeboten wird, gewisse Stückzahlen schon mit in die Vororder zu nehmen. So ist die Ware parallel zur Hauptauslieferung bereits im Outlet zu haben.
Nicoletta: Ilya Morgan, wollen Onlineshops von Ihren Kollektionen auch im Voraus große Stückzahlen produzieren lassen? Ilya: Ja, zum kleinen Teil. Wir haben in Deutschland einige Onlinekunden von Zalando über Kolibri bis hin zu Frontline, die wir eigentlich genauso behandeln wie klassische Retailer. Wir machen hin und wieder einzelne Marketingaktionen, wie aktuell mit Zalando. Aber wir würden einem Onlineshop keine Ware bieten, die wir noch nicht an den Handel geliefert haben. Nicoletta: Gibt es den Fall, dass ein Händler nachordern wollte, aber der Vertrieb nichts mehr liefern konnte – und dann taucht die gewünschte Ware dennoch bei Buyvip auf? Tim: Das ist manchmal so. Wenn der spanische Vertreter, Exporteur, Importeur für die Marke zustimmt und fragt, ob er bei den jeweiligen Shopping Clubs den Haken auch für Deutschland setzen darf. Dann wird seine Ware automatisch für den deutschen Markt mit angeboten. Nicoletta: Ist es immer ein Verlustgeschäft, übers Internet Restware loszuwerden? Ilya: Brands4friends und Co. bekommen immerhin einen ziemlich großen Rabatt auf den EK. Wir haben als Importeur eine unglaublich kleine Marge, deswegen ist das für uns mehr oder weniger eine Nullnummer oder ein Verlustgeschäft. Marco: Der Endverbraucher glaubt ja immer noch, dass man im Handel an reduzierter Ware gutes Geld verdient. Jürgen: Oh ja! Sehr oft sogar! Marco: Die Zeiten sind vorbei, in denen es ei-
„Das Problem mit Restanten wird größer, wenn ich Wachstumsfetischist bin. Wenn ich 20 Bälle hoch werfe, aber nur zwei Hände habe, werden 18 Bälle herunterfallen.“ Marco Lanowy
Alberto-Geschäftsführer Marco Lanowy hat mit ADenim eine authentische Jeanskollektion lanciert.
Jürgen Walther führt den Streetwearstore Strike in Siegen sowie Le Shop in Köln und Bonn.
nen Schlussverkauf gab und die Leute Schlange standen. Das hat sich jetzt in Richtung online verlagert. Wenn Vente Privée die Rabattaktion von 70 Prozent auf Marke XY startet, spielt dort der Server verrückt. Die Leute wollen den Sex der Jagd! Und das Gefühl, die Ware nicht überall bekommen zu können. Nicoletta: Zum Thema richtige Ware zur richtigen Zeit: Stimmen am PoS die Lieferrhythmen? Ist die Ware rechtzeitig im Laden? Jürgen: Meiner Meinung nach schon. Teilweise kommt sie zu früh mit Shorts im Januar. Marco: Früher hieß der Liefertermin Januar bis März. Heute lieferst du auf den Tag genau. Ilya: Und diese Entwicklung ist spannend! Was die Großen wie Zara vorgemacht haben, bieten wir jetzt auch mit zwei, drei Marken an, die bis zu acht Kollektionen jährlich liefern können. So kann man dem Kunden jeden Monat etwas anbieten, vom Basic-Programm bis zum Expressprogramm. Jürgen: Aber will das der Kunde wirklich? Ilya: Bis dato habe ich damit nur die besten Erfahrungen gemacht. Weil viele kleine Kunden die Marke sinnvoll schreiben wollen, aber noch kein großes Budget haben. Sie ordern dann erstmal nur eine Expresskollektion, um zu sehen, wie es läuft. Jürgen: Aber will sich der Handel achtmal im Jahr mit den Kollektionen auseinandersetzen? Bei drei Lieferanten mit je acht Kollektionen kann man sich schnell überordern. Es ist ja auch eine Zeitfrage, schließlich muss ich im Geschäft sein und mich noch um andere Dinge kümmern. Ilya: Aber zwei Hauptkollektionen haben vor zehn Jahren funktioniert, vielleicht auch noch vor sechs Jahren. Heute wollen die Händler ihre Kunden entertainen und die Möglichkeit haben, alle zwei Wochen ein neues Schaufenster zu zeigen. Nicoletta: Kann das Internet besser unterhalten? Und ist es die Zukunft des Handels? Tim: Viele Einzelhändler schießen blind einen Internetshop heraus und versprechen sich davon, dass es dann ordentlich losgeht. Aber so einfach ist es nicht. Es gibt Markenprofis im Internet, die wahnsinnig viel Geld ausgeben,
um einen gewissen Traffic zu haben. Esprit und andere große Hersteller haben allein für Retourenabwicklung oft mehr als 35 Mitarbeiter, ein Aufwand, den man sich leisten können muss. Jürgen: Aber die Frage ist ja, warum der stationäre Einzelhandel trotz hoher Wachstumsraten im Onlinegeschäft überhaupt noch funktioniert? Tim: Ich glaube, dass ein guter Einzelhändler deshalb gut ist, weil er seine Stammkunden individuell bedienen kann. Er weiß genau, was welcher Stammkunde will. Ilya: Der stationäre Handel funktioniert zwar in den großen Städten, vielleicht auch noch in den etwas kleineren mit über 100.000 Einwohnern. Nur auf der grünen Wiese suchen Konsumenten oft vergeblich nach hochmodischen Marken; dort erreichen Onlineversender ihre Kundschaft. Jan: Ich glaube, dass wir gerade beim Onlinehandel noch am Anfang stehen. Da kommt noch viel mehr auf uns zu, weil der Endkonsument erst jetzt richtig Vertrauen gefasst hat. Der traut sich auch mal, mit Kreditkarte zu zahlen, und hat keine Angst mehr vor PayPal. Marco: Der Erfolg von Onlineshopping hat darüber hinaus etwas mit Verfügbarkeit zu tun. Wenn ich heute in die Stadt fahre und einen
dunkelblauen, modischen, eng geschnittenen Blazer suche und den nirgendwo finde, dann gehe ich zu Stylebop oder zu herrenausstatter.de. Und die Mutti, die mit ihren Kindern nicht in die Stadt will, kauft sich ihre 7 For All Mankind Jeans bequem am Computer. Jürgen: Wie ist denn bei Alberto das Verhältnis zwischen Online- und stationärem Handel? 39 Wohin geht die Entwicklung? Marco: Mit dem stationären Einzelhändler sind wir gestartet und mit ihm wachsen wir auch weiter. Der Einzelhändler ist viel mehr selber Marke, als er glaubt. Warum entstehen denn Newsletter und Co. im Netz? Um eine persönliche Ansprache wie im Laden hinzubekommen! Wir sind eine Branche, die über den Bauch kauft. Und das werden wir nie ablegen! Das Internet ist ein weiteres Geschäft, so wie wenn in Düsseldorf ein weiterer Laden aufgemacht wird. Und überall gibt es entweder die Konsummeilen oder kleine Trüffelschweinläden. Und da sind wir wieder bei dem Sex der Jagd. Von dem, was es im Überfluss gibt, wird sich der Konsument irgendwann abwenden. Irgendwann ist der Markt gesättigt und dann kommt das nächste. Ilya: Was für ein schönes Schlusswort!
„Ich würde mir wünschen, dass die Vertreter auch in der Saison aktiver werden! Wenn das Ordergeschäft abgeschlossen ist, tritt erstmal eine gewisse Ruhe ein.“ Jürgen Walther
lass uns reden_dave little
dave little_lass uns reden
Sorry, ich bin kein Street Artist!
Hastig passiert bei Dave Little gar nichts. Er sieht sich nicht als Street Artist, sondern eher als Künstler der alten Schule, der sein Handwerk liebt.
Text Isabel Baier Fotos Dave Little
Für die aktuelle Ausgabe von x-ray designte der Londoner Künstler Dave Little eine Art Modeweltkarte, die Berlin als Zentrum sieht. Warum er sich dafür nicht moderner Techniken bediente, sondern lieber stundenlang von Hand zeichnete, erklärt Dave gerne mit der Tatsache, dass er von schnelllebiger, austauschbarer Kunst nichts hält. Ein schönes Motto, um in eine neue Saison zu starten. 40
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ave Little, vielen Dank für das Covermotiv für x-ray! Was wollen Sie uns dazu erzählen? Hier zeigt sich mal wieder, dass ich etwas anders ticke. Ich bin kein Street Artist! Ich fürchte, mich inspiriert vielmehr die klassische Kunst. Das Cover basiert auf Grayson Perrys „Map Of Nowhere“, die auf der Psalter-Weltkarte des Christentums um 1260 basiert. Meine Neuinterpretation übertragen auf die Modebranche zeigt in erster Linie, dass ich gerne viele Stunden in die Erschaffung eines Werkes investiere – etwas, das in unserem immer schneller werdenden Wegwerfzeitalter fehlt. Auch ein Grund, warum ich immer noch Hieronymus Bosch oder die Sixtinische Kapelle bewundere. Außerdem sah ich es als Herausforderung an, etwas zu erschaffen, dass Sie nie zuvor auf dem Cover hatten. Worum ging es dabei? Ich habe Respekt für eine gute, bissige Idee oder ein Wortspiel, aber wenn die Ausführung hastig, billig und amateurhaft ist, dann frag ich mich, wofür wir Künstler eigentlich da sind. Manchmal sehe ich keinen Unterschied mehr zwischen dem einen oder anderen Designer, so einheitlich ist alles geworden. Ich persönlich fühle mich dazu verpflichtet, nachhaltige Kunst zu erschaffen. Kleine Klassiker, die nicht auf die Launen der Mode eingehen oder von jedem mit Hilfe moderner Technik oder elementarer Grundkenntnisse gekritzelt werden können. Hätte ich zum Beispiel die Wahl zwischen einem Street Artwork und Robert Williams „Appetite for Destruction“, würde ich letzteres wählen. Das inspiriert mich mehr als ein Bild
Die Anatomie einer ganzen Branche aufzuzeichnen, grenzt an Unmöglichkeit. Dave Little hat sich hingesetzt und gezeichnet. Heraus kam ein kompliziertes Konstrukt.
von einem gegen die Wand pissenden Polizisten! Ich liebe Rock ’n‘ Roll Kunst, aber „Appetite“ ist eine Ikone erschaffen von einem wahren Meister seines Fachs. Andere Beispiele sind Rydens Marks „The Creatrix“ oder Chris Ofilis „Afrodizzia“ – atemberaubend schöne Arbeit. Stellen Sie sich das auf einem Jackenfutter vor... Sie stellen Berlin als eine Art Zentrum der europäischen Modewelt dar. Schmeichelhaft, ist es das wirklich? Absolut! Die Energie in Berlin ist unglaublich. Überall gibt es großartige Läden und extrem cooles Design. Ich liebe diesen Ort und war erst vor kurzem zum Launch eines Gemeinschaftsprojekts von Becks und dem Laden Firmament da. Jörg und Andre haben mich herumgeführt und mir gezeigt, wie wundervoll die Stadt ist. Berlin ist ziemlich weit oben im Ranking, würde ich sagen. Wie würden Sie Ihre Kunst beschreiben? Ich bin besessen von der Liebe zum Detail und dem klassischen Handwerk. Meiner Meinung nach macht es keinen Sinn, etwas zu erschaffen, das mit der heutigen Technologie jeder schaffen könnte. Ich arbeite also genauso leidenschaftlich wie vor 25 Jahren. Wie sieht in Ihren Augen das perfekte Kunstwerk aus? Schwer zu sagen. Nur eine Hand voll Künstler würde wohl antworten, dass sie zu 100 Prozent zufrieden sind! Ich würde wahrscheinlich aufhören, mich weiterzuentwickeln, wenn ich in meiner Arbeit jemals Perfektion erreiche. Fragen Sie mal einen der ganz großen Künstler, ob sie eines ihrer Werke für vollkommen halten. Sie werden zugeben, dass ihnen das höchstens ein oder zweimal im Leben gelang. Welche Berührungspunkte hatten Sie bereits mit der Modebranche? Das war erstmals in den frühen 1990er-Jahren mit Michiko Koshino, kurz nach dem Acid
„Ich habe Respekt für eine gute, bissige Idee oder ein Wortspiel, aber wenn die Ausführung hastig, billig und amateurhaft ist, dann frag ich mich, wofür wir Künstler eigentlich da sind.“ Dave Little House Boom und als Street Fashion so richtig aufkam. Abgesehen von Stüssy, Evisu und ein paar Skate- und Surflabels gab es damals kaum etwas in diesem Segment. Michiko Koshino war unglaublich experimentell, sogar für heutige Standards. Erinnern Sie sich an die aufblasbare Devil-Jacke auf dem LP Cover der Pet Shop Boys? Damals stand ich total auf die neuen Straßenmodelle japanischer Superbikes (Paris– Dakar und RC30). Davon inspiriert entstand die Reihe Motor King, die moderne japanische Motorradbekleidung als Streetwear und Clubbingmode präsentiert. Ich wusste, dass dies ein vielversprechender, aber noch ganz unerforschter Markt war. Also zerschnitt ich eine SusukaLederjacke von Tiaki im Wert von 2.500 Euro in zwei Teile und nähte meinen Name und all die Sponsorenaufnäher auf den Rücken. Es dauerte aber Jahre, bis dieser Stil tatsächlich von den etablierten Marken übernommen wurde. Reizt Sie die Mode? Könnten Sie sich vorstellen, als Designer zu arbeiten, oder kommen höchstens Kooperationen in Frage? Beides ist reizvoll. Tatsächlich würde ich mir zutrauen, ganz alleine eine Modelinie zu desig-
nen. Mit 17 Jahren schnitt ich schon Anzüge zu und nähte sie selbst zusammen – der Zustand war absolut tragbar! Schnittmustererstellung fasziniert mich genauso wie die Arbeit mit Leder und Textilien. Ich finde die Vorstellung, sämtliche Skizzen und Illustrationen in Textilien erschaffen zu können, extrem reizvoll. Das würde unglaublich viel Spaß machen! Kooperationen mit dem Ziel, etwas Schönes zu verwirklichen sind natürlich auch eine gute Sache. Und mit gegenseitigem Verständnis und Respekt ist es eine lohnende, inspirierende Erfahrung. Stimmt es, dass Sie Ihr eigenes Modeprojekt planen? Definitiv! Es ist immer das gleiche: Ich such nach bestimmter Kleidung und kann nicht finden, was ich will. Dann gehe ich zu kleinen Schneidereien und lasse es mir nach meinen Vorstellungen anfertigen. Meine Rockers-Delight-Jacke wurde von Lewis Leathers gefertigt, ein echter Traditionsbetrieb. Das Chromleder kam aus einem Lagerhaus, das auch die Filmindustrie beliefert und das Futter wurde von Tim von Iris Screenprint designed. Das Logo habe ich entworfen und aus dem gleichen Leder geschnitten, sodass man es erst von einem
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„Manchmal sehe ich keinen Unterschied mehr zwischen dem einen oder anderen Designer, so einheitlich ist alles geworden. Ich persönlich fühle mich dazu verpflichtet, nachhaltige Kunst zu erschaffen.“ Dave Little bestimmten Blickwinkel aus sehen kann. Ich liebe den kreativen Erschaffungsprozess und stehe auf die Reaktion der anderen, wenn ich die Jacke trage. Bis heute bin ich unzählige Male auf der Straße angehalten und gefragt worden, wo man diese Jacke kaufen kann. Das nenne ich wahre Marktforschung! Da ist eine Marktlücke für Dinge mit Klasse, die ein wenig anstößig, gleichzeitig aber erwachsen und sehr dezent und dabei nicht zugedeckt von lauten Logos oder Cartoons sind. Für mich war das die Antwort auf die zentrale Frage: Was würde Steve McQueen im 21. Jahrhundert tragen? Etwas klassisches, nicht offensichtlich im Retro-Look, 42 aber mit einer Attitude, die einem heftigen Tritt in die Leistengegend gleichkommt! Können Sie sich auch vorstellen, mit einer großen Modemarke zu kooperieren? Zu viele, um sie alle zu nennen, aber spontan fallen mir Dainese und Belstaff ein. Die haben den Motorradhintergrund, den ich mag. Ich würde auch gerne eine Linie zusammen mit Levi’s oder Lee entwickeln, Marken mit echter Heritage und hoher Qualität. Außerdem liebe ich japanische Labels wie WTaps und Neighborhood. Wie würde Ihre Kollektion aussehen? Tragbar in jeder Situation und – da ich ein ausgemachter Motorradenthusiast bin – ein bisschen derb, gleichzeitig aber diskret. Sie müsste in beiden Welten funktionieren, was nur wenige Marken schaffen, ohne leicht danebenzuliegen, vor allem was das Grafische angeht. Am liebsten würde ich die klassische Chino neu erfinden oder eine Hosenlinie aus andersartigen Stoffen designen – auf keinen Fall aus dem überstrapazierten Denim. Ich kann nicht verstehen, warum im Hochsommer immer noch jeder Jeans trägt, aber es ist eine Tatsache. Daher auch der Spruch „Wir leben in einer Denimwelt“ auf dem Covermotiv (sorry Leonardo!). Was halten Sie vom wachsenden Engagement mancher Modemarken in der Kunstszene, vor allem in der Street Art? Es ist die logische Verschmelzung von zwei Welten, die sich momentan sehr zugänglich und kommerziell entwickeln. Street Art ist leicht verständlich, Mode auch. Ich finde diese
Verschmelzung eine Bereicherung für beide Welten, aber vor allem für die Mode, die durch ihre Materie ziemlich eingeschränkt ist. Ein TShirt bleibt nun mal ein T-Shirt. Aber Kunst kann das Banale in ein Sammlerstück verwandeln, etwas Begehrenswertes und hoffentlich einen Klassiker daraus machen. Haben Sie jemals die Berlin Fashion Week besucht? Nein, aber ich hoffe in naher Zukunft mit einigen großen Modemarken zusammenzuarbeiten und auf der BFW präsentieren zu können. Und natürlich auch darauf, einige Partys mitzunehmen – ich bin ein bisschen ein Techno-Fan! www.davelittle.co.uk
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Uns geht die Puste nicht aus! Das wirtschaftliche Wachstum und die Entwicklung der spanischen Marke Desigual waren in den letzten Jahren so rasant, dass CEO Manel Adell sein Unternehmen zu Recht mit einem Marathonläufer vergleicht. Nach dem Sprint geht es jetzt auf die Langstrecke. Text Isabel Baier Fotos Desigual
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anel Adell, in den letzten sieben Jahren lag das jährliche Wachstum von Desigual bei über 60 Prozent. Für das Jahr 2009 haben Sie einen Umsatz von über 250 Millionen Euro veranschlagt. Wunsch oder Wirklichkeit? Mehr als ein Wunsch. Wir haben stattdessen 124 über 300 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet und damit eine historische Umsatzmarke geknackt! In Prozent ausgedrückt, bedeutet das ein Wachstum von 85 Prozent im Jahr 2009.
Desigual soll also weiterhin so stark wachsen? Es gibt immer noch eine Menge Potenzial für Desigual im Markt. Tatsächlich stehen wir erst am Anfang. Momentan haben wir nur in 15 der weltweiten 100 Topstädte eigene Shops. In den USA und den asiatischen Märkten sind wir bisher nur sehr wenig vertreten. In einigen europäischen Märkten sind wir nur im Einzelhandel präsent und haben noch keine eigenen Shops. Das sind alles Bereiche mit großem Wachstumspotenzial für Desigual.
Für viele war 2009 alles andere als ein Erfolgsjahr. Warum lief es bei Ihnen so gut? Wir haben im letzten Jahr von den umfangreichen Investitionen profitiert, die wir schon in den Jahren zuvor, also 2007 und 2008 gemacht hatten. Wir haben in erster Linie in unser Designteam investiert, um noch bessere Kollektionen zu entwickeln. Auch die eigene Infrastruktur und die Optimierung von Logistikund internen Informationssystemen standen auf dem Plan. Diese effiziente Weiterentwicklung hat uns gerade hinsichtlich der Auslieferungen viel geholfen.
Im Jahr 2008 investierte Desigual 35 Millionen Euro in 52 neue Läden, das heißt, durchschnittlich jede Woche wurde ein neuer Laden eröffnet. Die für 2010 angekündigten zehn Neueröffnungen in Deutschland wurden aber noch nicht umgesetzt. Warum haben Sie das Tempo gedrosselt? In diesem Jahr haben wir 40 bis 50 Neueröffnungen geplant. 2009 waren es mit 20 ein paar weniger als sonst, weil wir unser Investment umstrukturiert haben. Wir sind jetzt bevorzugt auf der Suche nach großflächigen Shops und von Flächen dieser Größenordnung standen 2009 weniger leer als erwartet. Generell möchten wir eine Balance zwischen ganz großen und mittelgroßen Stores halten, doch unser Store in Berlin mit über 1.000 Quadratmeter Fläche hat uns einmal mehr gezeigt, dass die große Fläche der Markenpräsentation guttut. Auch unser neu eröffneter Store an der Pariser Oper hat 1.700 Quadratmeter.
Sie sind seit acht Jahren Generaldirektor von Desigual. Worauf führen Sie den beständigen Erfolg der Marke zurück? Sie wollen wissen, was unsere geheime Formel ist? (lacht) Sie setzt sich aus vier Buchstaben zusammen: Zweimal P und zweimal I. Das erste P steht für „product“. Das ist unsere Basis. Unser Kunde kauft viel mehr als ein physisches Produkt. Er kauft einen Teil unserer Erfahrungswerte um das Produkt herum, unsere Marke, unsere Retailerfahrungen, einen Teil unserer Firmengeschichte und Markenwerte. Das zweite P steht für „people“, also für alle Menschen, die hinter Desigual stehen. Wir haben unsere Strategie in den letzten Jahren darauf ausgerichtet, für jeden Bereich die besten Leute zu finden. Gleichzeitig war es uns wichtig, eine familiäre Atmosphäre zu schaffen. In unserer
Manel Adell hat gute Gründe, optimistisch zu sein: „Desigual hat noch sehr viel Potenzial. Wir stehen erst am Anfang!“
Firma gibt es keine starren Hierarchien hinsichtlich der Kommunikationswege, wir haben einen „free flow of information“. Die beiden I stehen also für Innovation und Information. Der volle Einsatz unseres Teams steht an erster Stelle. Gerade in schwierigen Zeiten. Wenn das Tempo anzieht, sieht man schnell, ob die Crew wirklich Schritt hält. Und ich kann nur sagen, ich bin stolz auf mein Team!
„Wir stehen erst am Anfang. Desigual hat noch viel Potenzial.“
Manel Adell
In welchem Verhältnis stehen die eigenen Stores zum Multibrand-Einzelhandel? Momentan dürfte es bei 50:50 liegen. Wir streben maximal ein Verhältnis von 40:60 mit eigenen Stores an. Man kann darin einen Konflikt sehen oder man sieht die Möglichkeit für Synergien. Unsere Partner im Einzelhandel profitieren von unseren Erfahrungen mit den eigenen Stores. In Spanien haben wir 700 Einzelhandelspartner, zusätzlich 78 Stores eröffnet und 150 Shop-in-Shops. Aus dem Einzelhandel kamen überwiegend Erfolgsmeldungen, weil die Händler von der wachsenden Präsenz der Marke profitiert haben. Dadurch dass wir mit unseren eigenen Stores ideal beobachten konnten, wie der Markt tickt, konnten wir auch unsere Kollektionen weiterentwickeln und die Händler damit unterstützen. Ich bin der Meinung, dass Einzelhändler mit starken Marken besser bedient sind als mit schwachen. Desigual steht für farbenfrohe, laute Kollektionen, die sich von Saison zu Saison scheinbar nur in Nuancen zu verändern scheinen. Wie bleibt man mit dieser Designphilosophie up to date? In jeder Saison ist ein Drittel unserer 1.000 Teile starken Kollektion absolut neu und trendorientiert ausgerichtet. Manchmal brauchen diese neuen Ideen dann ein paar Saisons bis sie in unsere Stammkollektion aufgenommen werden. Wir sind nicht trendfixiert, aber wir ignorieren sie auch nicht. Wir beobachten den Markt und interpretieren aktuelle Strömungen, die zu uns passen und mit der Designphilosophie im Desigual-Look vereinbar sind. Ist das Risiko nicht zu hoch, mit dieser Designphilosophie irgendwann monoton und austauschbar zu wirken? Nein, denn die gesamte Kollektion ist ständig in Bewegung. Manches wird rausgeworfen, manches kommt neu dazu. Wir lassen uns vom Markt erzählen, was sich nicht verkauft, und das eliminieren wir. Und wir lassen nichts fallen, bevor es der Markt tut. 2009 war das erste Jahr, in dem Sie außerhalb Spaniens mehr Umsatz gemacht haben als auf dem Heimatmarkt. Welche Märkte sind momentan für Desigual am interessantesten? Für uns gibt es momentan drei umsatzrelevante Hauptmärkte. Das sind Frankreich, Deutschland und die USA. In diesen sehen wir am meisten Wachstum. In Deutschland und Frankreich sind wir bereits sehr stark aufgestellt, weil wir eine große Multibrandstore-Präsenz haben. Aber in den anderen beiden für uns relevanten Vertriebskanälen wie Department Stores und den eigenen Stores kann noch einiges passieren. Die Vertriebsstrategie von Desigual ist sehr demokratisch strukturiert. Eine selektive Auswahl der Händler findet quasi nicht statt. Ist diese Strategie nicht riskant hinsichtlich der Positionierung der Marke? Diese Vertriebsstrategie hat mit unserem Wertesystem zu tun. Ich sehe keine Überdistribution. Das Konzept von Exklusivität liegt uns nicht, eher das von Inklusivität. Uns gefällt die Vorstellung, so viele Menschen wie möglich mit unseren Ideen zu begeistern. Für uns ist der Ansatz, Begehrlichkeit dadurch zu schaffen,
Neuzugang in Paris: Der bislang größte Desigual Store Frankreichs eröffnete in prominenter Lage direkt neben der Oper.
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dass nur wenige Zugriff auf etwas haben, völlig absurd. Elitedenken ist nichts für Desigual. Natürlich selektieren wir unsere Handelspartner wie jeder andere, aber wir haben andere Kriterien.
unseren kulturellen Werten, dass wir uns an eine große Gemeinschaft richten und dieser mit einem fairen Preis-Leistungs-Angebot begegnen. Celebritys und Personenkult sind das Gegenmodell zu unserem Ansatz, sie wären eine völlig falsche Aussage für Desigual.
Und die wären? Sie müssen gute Geschäftsleute sein und sollten das Konzept unserer Marke verstehen und von ihrer Seite her Engagement in den Verkauf von Desigual investieren. Es geht hier nicht um Image, Größe oder Standing, sondern um die Klientel und um die Frage, ob der Store professionell geführt wird. Für mich ist auch entscheidend, ob ein Laden sein Portfolio über die Jahre aufgebaut hat – denn wir streben eine enge Partnerschaft an.
Welche Ziele haben Sie sich für 2011 gesetzt? In Europa weiterzuwachsen und das USA-Geschäft weiter auszubauen. Zusätzlich planen wir 2011 einen neues Kollektionskonzept oder eine neue Produktkategorie. Das wird voraussichtlich eine der typischen Produktkategorien wie Parfüms, Eyewear oder Kosmetika, aber nicht als Lizenz. Wir möchten uns lieber die Zeit nehmen, den richtigen Partner dafür finden und es selbst machen.
Desigual setzt nicht auf Personenkult. Nicht der einzelne Designer, sondern das ganze Team steht hinter der Kollektion. Auch in den Kampagnen verzichtet Desigual auf Starkult und berühmte Testimonials. Warum? Weil das der typische Ansatz wäre, und wir sind nicht typisch. Wir behandeln unsere Kunden und Konsumenten genau so, wie wir selbst behandelt werden wollen. Und es gehört zu
Durch die letzten Jahre ist Desigual buchstäblich gesprintet. Werden Sie das Tempo jetzt langsam drosseln, um genügend Power für eine lange erfolgreiche Zukunft zu haben? Wir werden noch ein bisschen weiter sprinten. Wir sind alle Marathonläufer und kalkulieren daher das Tempo mit einer Langzeitperspektive. Wir haben genügend Puste und wir hoffen, dass der Weg noch sehr lang sein wird.
lass uns reden_andrea rosso denkt nach
Vor elf Jahren übernahm Andrea Rosso, Sohn von Diesel-Gründer Renzo Rosso, die Position des Creatice Directors bei 55DSL und führt die Marke seitdem erfolgreich.
andrea rosso denkt nach_lass uns reden
Erwachsen, aber nicht älter geworden
Sie sind beide jung, italienisch, voller Energie und aus demselben Elternhaus. Creative Director Andrea Rosso und 55DSL. Mit 23 Jahren übernahm der Designer im Jahr 2000 die kreative Leitung der Marke, die damals gerade einmal sechs Jahre alt war. In den letzten elf Jahren sind beide gewachsen, vor allem aneinander. Andrea Rosso erzählt davon. Text Isabel Baier Fotos Bernhard Musil
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D
ie Diesel-Familie hat inzwischen einige Kinder, das kann man sagen. Noch relativ neu sind beispielsweise Martin Margiela oder Victor & Rolf. Wenn ich 55DSL in dieser Familienkonstellation beschreiben sollte, würde ich sagen, es ist der jüngste Sohn, der aktivste und auch der dynamischste. Er hat ein großes Faible für Visual Arts. Ein Wildfang? Vielleicht. Aber kein klassischer Rebell. Dafür ist er zu sehr Familienmensch. Er lehnt sich nicht gegen alles auf, ist aber auch kein Jasager – irgendwo dazwischen. Mit einem gesunden Selbstvertrauen und der Entschlossenheit, seinen eigenen Weg zu gehen, ohne gleich durchzubrennen. Er kann sich frei entfalten. Sein Dad ist ziemlich relaxed, er macht keinen Druck. Dadurch ist er in dem frei, was er tut – und das muss auch so sein. Für das Erwachsenwerden ist es trotzdem wichtig, dass er sich ganz klar abnabelt. Wie ein Teenager, der eigene Interessen hat und diesen nachgeht. Es ist wie mit dem Ausziehen von Zuhause. Man macht das ja nicht, um zu rebellieren, sondern um selbstständig zu sein.
Wie alles begann Der Startschuss für 55DSL fiel bereits 1994. Mein Vater hatte sich von mir und meinem Bruder Stefano zu dieser jungen Linie inspirieren lassen, ich war also in gewisser Weise von Anfang an tief damit verbunden. Das Jahr 55 ist das Geburtsjahr meines Vaters und gleichzeitig seine Lieblingszahl. Stefano und ich hatten schon immer ein Faible für Streetwear und Street Art, in 55DSL kam das von Anfang an zum Ausdruck.
„Wir haben gar nicht den Anspruch, wie Diesel zu werden.“ Andrea Rosso
Diese Lifestylewelt hat mich schon immer begeistert, das war genau mein Ding und ist es bis heute. Als sich damals ins Unternehmen kam, war ich erst 23. Ich hatte davor schon bei Diesel gearbeitet und war dann in L. A. und New York zum Studieren, wo ich mich sehr viel mit Street Culture und Extremsportarten befasst habe, was mich später bei meiner Arbeit für 55DSL inspiriert hat. Begonnen habe ich mit einem Team von acht Leuten, inzwischen sind wir 30. Die ersten Monate waren extrem spannend. Überall war diese Energie zu spüren und ich hatte eine ganze Menge zu lernen. Natürlich war es eine große Ehre, die Verantwortung für 55DSL von meinem Vater übertragen zu bekommen. Heute bin ich 32 und kann sagen, dass wir alle gemeinsam, das Team und die Marke über die letzten Jahre hinweg immer erwachsener geworden sind. Das bezieht sich nicht auf den Stil der Kollektion – unsere Hauptzielgruppe ist zwischen 18 und 25 –, sondern auf das gesamte Management, den Auftritt im Markt und unsere Professionalität. Gedanklich bin ich immer noch sehr nah an den jungen Generationen dran und beobachte viel, trotzdem bin ich keine 20 mehr. Ich muss mich jetzt wie ein Erwachsener benehmen.
Ein eigenes Gesicht Für uns ist die Distanz zu Diesel sehr wichtig, um auch aus dem Schatten dieser großen Marke herauszutreten. Natürlich ist das nicht leicht. Oft profitieren wir aber auch von den Überschneidungen und dem starken Background, den wir dadurch genießen. Die Marken sind aber dennoch sehr unterschiedlich. Unsere Kollektion ist viel grafischer und nicht so aufwändig produziert. Verglichen mit Diesel investieren wir nur einen kleinen Prozentsatz in die Entwicklung neuer Produktionstechniken und Finishes. Auch die Distribution ist eine völlig andere. Mein Masterplan, um 55DSL ein eigenes Gesicht zu geben, das vom Diesel-Image losgelöst ist? Wir haben gar nicht den Anspruch wie Diesel zu werden oder das Erbe anzutreten. Ich mag es, dass das Unternehmen klein ist, dass sich die Leute wohl fühlen. Ich mag die Tatsache, dass ich mit jedem jederzeit sprechen kann und dass ich den Namen jedes einzelnen Mitarbeiters kenne. In einem großen Unternehmen gibt es diese Form der Intimität nicht. Und wir genießen den Luxus, nicht unendlich wachsen zu müssen oder uns rein wirtschaftlich ausrichten zu müssen. Unser Anspruch ist vielmehr, experimentell zu sein. Immer wieder Neues auszuprobieren und dabei Spaß zu haben.
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Luvian Eat your old Shirts! Die Streetwearstyles wie Hoodies, Shirts oder Tanktops kreiert das Team rund um Andreas Achleitner – die Motive darauf kann jeder gestalten. Das ist die Idee, die hinter dem österreichischen Label Luvian steckt. „Junge Designer aus aller Welt entwerfen unter dem Motto ‚Eat your old Shirts‘ ausdrucksstarke Motive für uns“, erklärt Andreas Achleitner, der Luvian vor zwei Jahren gegründet hat. Diese Motive werden auf die Website geladen und diskutiert; dann wird alle paar Wochen eines davon ausgewählt und der Designer mit einem Euro am Onlineverkauf des Modells beteiligt. „Was kann trendiger sein als Mode, die vom regen Austausch mit diversen Szene-Communitys beeinflusst wird?“, so Achleitner, der zudem auf faire Arbeitsbedingungen und umweltfreundlich hergestellte Textilien Wert legt. Luvian ist über den eigenen Onlineshop gewachsen und hat darüber hinaus dank Social Media eine stetig wachsende Fangemeinde. So ist luvian.eu im vergangenen April auf der Internetplattform Styleranking von beachtlichen 41 Prozent der Wähler zum besten Mode-Onlineshop gewählt worden. Aber auch über den stationären Handel soll Luvian wachsen. Bislang gibt es in Österreich 15 und in Deutschland zehn Verkaufspunkte, darunter Kult und Cava-Cava in Köln sowie bei Olymp & Hades in Hamburg und Kiel. Tees kosten um die 33 Euro VK und Hoodies zwischen 60 und 70 Euro. KONTAKT: Luvian, Andreas Achleitner, 4962 Mining/ Österreich, T 0043.650.7503207, www.luvian.eu
the same guy Neues vom Wunderknaben
Neuester Clou aus der Ed Hardy Family: The Same Guy überrascht mit einem erfrischend reduzierten Design.
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The same guy... but a different label – so ließe sich der Name des brandneuen Fashionlabels von Christian Audigier wohl am besten fortsetzen. Dass die kreativen Einfälle des Designers nach dem Sensationserfolg von Ed Hardy längst nicht erschöpft sind, war anzunehmen. Mit The same guy holt Audigier nun wie erwartet zum nächsten großen Coup aus, und der ist mehr als überraschend: Mit innovativem Vintage-Chic und kunstvollem Destroyed-Look übt sich der erfolgreiche Modeunternehmer – zumindest was auffällige Prints und Logos betrifft – in Zurückhaltung und liefert stattdessen puristische Basics wie Tanktops, Shirts und Jogging-Pants mit coolem Lieblingsstück-Charakter. Die Herbst-/ Winter-Kollektion 2010/11 überzeugt mit allen gängigen T-Shirt-Formen in einer umfangreichen Farbpalette und darauf abgestimmten Jersey-Schals und Mützen. Für Damen enthält die Kollektion oversized Muscle-Shirts und Modelle in A-Linie, für Herren schlichte T-Shirts, Longsleeves und Hoodies. Bei all dem Understatement ist allerdings auch für Wiedererkennung gesorgt: das Patch in Form einer amerikanischen Flagge. Nicht ganz ohne Grund, ist der Leitgedanke von The same guy doch sehr amerikanisch. Das Shopkonzept setzt auf rustikale Materialien wie Holz, Eisen und Leder, die den Spirit der Marke perfekt transportieren. Der erste Flagshipstore eröffnete im April 2010 in der Melrose Avenue in Los Angeles. KONTAKT: Deutschland Nord: Agentur Bässler, 40221 Düsseldorf/Deutschland, T 0049.211.3854640, office@agentur-baessler.de, www.agentur-baessler.de Deutschland Süd: Agentur Kappler, 80805 München/Deutschland, T 0049.89.3298928-0, info@agentur-kappler.de, www.agentur-kappler.de A, CH: room with a view, 5020 Salzburg/Österreich, T 0043.662.875651, office@roomwithaview.at, www.roomwithaview.at
Ksubi Eine Reflexion des Kollektivs Dan Single und George Gorrow konnten lange nichts mit dem Jeansangebot in Australien anfangen; sie fanden einfach keine Jeans, die ihnen wirklich passte. Also nahmen sie die Sache 2000 selbst in die Hand und gründeten ihr eigenes Jeans- und Denimlabel Ksubi, das sich schnell zu einer beliebten Marke in Australien und über dessen Grenzen hinaus entwickelte. Ksubi bietet Premiumdenim für Männer und Frauen, sowie Tops, Footwear, Eyewear und andere Accessoires. Der Ansatz des Labels ist simpel: Alles dreht sich um den persönlichen Geschmack der Mitglieder des Künstlerkollektivs. „Wir werden nicht so tun, als ob wir Trends komplett ignorieren, aber generell ist jede Kollektion eine Reflexion dessen, worauf das Kollektiv steht, bei Musik, Kunst, Kultur, Politik, Style usw. Die Kunst auf unseren T-Shirts basiert meistens auf Insiderjokes oder Witzen über uns selbst oder die Pop-Kultur“, so PR-Managerin Aimee Bayliss. Das Label produziert drei Kollektionen pro Jahr, die aus 80 Styles für Männer und 80 Styles für Frauen 49 bestehen. Die Verkaufspreise reichen von 50 Euro für T-Shirts, über 160 bis 380 Euro für Denim, bis hin zu 180 bis 400 Euro für Footwear. Die Marge wird mit jedem Händler individuell vereinbart. In Skandinavien, Osteuropa und Italien ist die Marke bereits vertreten, der Markteintritt in weitere Länder ist geplant. KONTAKT: Skandinavien: MnO International AB, 12030 Stockholm/Schweden, Camilla Vikström, T 0046.73.4310300, camilla@mno.se, www.mno.se. Italien und Osteuropa: Futurenet Group, 20144 Mailand/Italien, T 0039.02.89400143, info@futurenet.co.it, www.futurenet.co.it
Iceman Contemporary Urban Denim Wear
Coloud Hören nach MaSS Der Run auf stylische Kopfhörer – oder besser Headphones – ist ungebrochen. Gerade als Lizenzprodukt sind einige Modemarken im jungen Segment eifrig auf der Suche nach Partnern, die Headphones in ihrem Sinne umsetzen können. Neuester Treffer für dieses Suchprofil: die Stockholmer Marke Coloud, eine Untermarke der Zound Industries, die 2009 gegründet wurde. In Kooperation mit großen Marken und Namen der Entertainment- und Merchandisingwelt möchte man Partnern aus der Mode- und Musikwelt individuell gestaltete und gebrandete Headphones anbieten. In Zusammenarbeit mit Anbietern wie Hello Kitty, Marvel und Starwars präsentierte Coloud bereits im vergangenen Jahr erste Serien. Alle Headphones sind über die Stores der Partnermarken und zu VK-Preisen ab 39,95 Euro über die Website des Herstellers erhältlich. Momentan basieren alle Designs auf einem gemeinsamen Basismodell, das in einer unendlichen Farbpalette und mit Prints und Grafiken nach Belieben personalisiert werden kann. Seit Ende 2009 sind die Headphones in Europa, Nordamerika, Japan und Hongkong erhältlich. KONTAKT: Coloud, Zound Vertriebs UG, Boris Zwetkoff, T 0049.711.46059010, boris.zwetkoff@zoundindustries.de, www.coloud.com
Die sprachlichen Beschreibungen des Modestils von Kollektionen werden immer virtuoser – im Fall der dänischen Marke Iceman steht „Contemporary Urban Denim Wear“ für eine kommerziell ausgerichtete Denimkollektion, die durch aktuelle modische Trends ergänzt wird. Everybodys Darling dürfte Iceman auch im deutschen Markt relativ schnell werden, nicht zuletzt aufgrund der händlerfreundlichen Konditionen wie einer 3,0er-Kalkulation und einer vernünftigen Kollektionsaufteilung: zwei Hauptkollektionen im Jahr mit je 170 Teilen und zwei Flashkollektionen zu aktuellen Trendthemen mit flexibler Einteilung. Damit richtet sich das Unternehmen in erster Linie an hochwertige Filialisten und Imagestores im Denimsegment. Seit Iceman 1992 in Kopenhagen gegründet wurde, gibt es laut Inhaber Gert Sørensen inzwischen über 500 Verkaufsstellen in 18 Ländern. Eine stabile Ausgangslage, um mit der kommenden Saison endlich den deutschsprachigen Markt zu erobern. Neben Denims bietet die Kollektion auch Cargo-Pants und eine breite Auswahl von Oberteilen. Um die Kollektion optimal auf den Markteintritt im deutschsprachigen Raum vorzubereiten, führte Gert Sørensen im Vorfeld Gespräche mit Händlern vor Ort, wobei sich für ihn bestätigte, dass Iceman dort eine willkommene Alternative im Bereich kommerzieller Komplettkollektionen darstellt. „Unsere Erfolge auf dem Heimatmarkt haben uns deutlich gezeigt, dass wir sowohl hinsichtlich unserer Preispolitik als auch in Bezug auf die Kollektionsaussage richtig liegen. Iceman garantiert dem Handel nicht nur starke Abverkaufsquoten, sondern auch hohe Renditen“, so Markenberater Mike Bøgeskov Pedersen. KONTAKT: Agentur Lars Beckmann, Showroom bei Agentur B61, 10179 Berlin/ Deutschland, T 0049.172.3822758, lars.beckmann71@googlemail.com
mode_finden wir gut
finden wir gut_mode Morbide Insektenmotive statt kunterbunter T-Shirts – das Konzept von Trinitas steht Schwarz auf Weiß.
Trinitas Blickfang Immer nur ein Logo auf einem farbigen T-Shirt, das war den drei Grafikdesignstudenten Adrian Riemann, Marion Rupp und Fabian Schewe entschieden zu langweilig. Stattdessen setzen sie für ihr brandneues T-Shirt-Label Trinitas auf ihren ganz eigenen Stil, mit Schwarzweißmotiven, die die Blicke auf sich ziehen: einer übergroßen Fliege etwa, einer Krähe oder düsteren Fantasygestalten. „Wir haben für unsere erste Serie Motive gewählt, die morbide und okkultistisch wirken, als Gegensatz zur allgemein üblichen bunten T-Shirt-Welt“, sagt Adrian Riemann. Dafür haben die drei Labelmacher, die sich als kreatives Kollektiv verstehen, die unisex Shirts auch eigens nähen lassen. Das schwarze, fünf Zentimeter große Etikett ist ein weiterer Blickfang und gibt den Labelnamen erst beim Umklappen preis. All das wirkt erfrischend anders und hat mit einem VK um die 30 Euro dennoch einen fairen Preis. Im ersten Schritt hat Trinitas über Blogs und Modewebsites auf sich aufmerksam gemacht und bereits Bestellungen aus Kanada, Schweden und den USA verbuchen können. Im zweiten Schritt richtet sich Trinitas an den Handel, für den alle zwei bis drei Monate eine neue Serie mit sechs Motiven geplant ist und zu der es einen kleinen, aber feinen Katalog geben soll. KONTAKT: Graphic Design & Art, Adrian Riemann, 70178 Stuttgart/ Deutschland, T 0049.711.35852524, hello@soleils.org, www.trinitas.soleils.org
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Blomor Shaker Club Dekadent und feucht fröhlich geht es bei der italienischen Streetwearbrand Blomor zu. Als Mattia Mor, Gründer von Blomor, 2004 mit seinem Label startete, gab es nur eine kleine Serie bedruckter T-Shirts mit Cocktailmotiven, Tieren oder flashigen Schriftzügen, die besonders durch ihre ironische, comicartige Umsetzung die italienische Streetwearszene begeisterten. Zu Beginn waren es drei Läden in Genua, an die er seine T-Shirts verkaufte, heute sind es 450 Shops in Italien und ganz Europa. „Unsere Kollektion war sehr erfolgreich und traf den Zeitgeist. Das motivierte uns, weiterzumachen und unser Sortiment zu erweitern“, sagt Mor. Heute gibt es neben T-Shirts auch Sweatshirts, Trainingsanzüge, Mützen, Sonnenbrillen, Schuhe und sogar eine kleine Kinderlinie namens Blomorino. Ihre aktuelle Linie orientiert sich wieder am bunten Trinkgenuss. Die Motive Mojito, Caipirinha, Chupitos und Cuba Libre zeigen sich in neuem Farbgewand und Schriftdesign. Expansionspläne in Richtung Monobrandstore stehen bereits auf der To-Do-Liste. Bislang ist Blomor unter anderem bei Magazzini Leone in Palermo, Space Sas in Rimini, Jump in Mailand, Nuvolari in Rom und bei Hermann Stiesing in Bremen erhältlich. KONTAKT: Blomor S.r.l., Mattia Mor, 20129 Mailand/Italien, T 0039.02.40043573, info@blomor.com, www.blomor.com
Baicyclon Kuriertaschen für alle! Die Berliner Taschenmanufaktur Bagjack hat mit ihrem im November 2009 neu gegründeten Label Baicyclon allen Liebhabern von klassischen Kuriertaschen eine neue Bezugsquelle geliefert. Die praktischen, robusten Taschen begeistern längst nicht mehr nur Fahrradkuriere, sondern haben sich auch in der Modeszene als Style-Item durchgesetzt. Auf diesen Zug sprang Baicyclon auf. Alles begann mit drei Modellen, die der Inhaber von Bagjack, Peter Brunsberg, in seinem Büro in Berlin-Mitte entwarf und in Serie produzieren ließ. Jeden der drei Styles gibt es in zwei unterschiedlichen Größen und in 13 verschiedenen Farben. Zusätzlich zu den Kuriertaschen gibt es noch eine Hipbag, die auch als Schultertasche getragen werden kann. Alle Modelle sind aus dem robusten Material Cordura gefertigt. Die EK-Preise liegen zwischen 49,50 und 89,90 Euro, die Kalkulation liegt bei 2,5. Baicyclon ist bereits in 20 Stores deutschlandweit, sowie in Paris und London vertreten. Mit einem starken Vertriebspartner – der derzeit noch aktiv gesucht wird – soll die Distribution, die sich bislang hauptsächlich auf Fahrradshops konzentriert, auf Modeshops und Conceptstores ausgeweitet werden. KONTAKT: Baicyclon by Bagjack, 10179 Berlin/Deutschland, T 0049.30.61287733, info@bagjack.com, www.baicyclon.com
veja Turnschuhe – ökologisch und Fair Trade Die Gründer der französischen Marke Veja gingen der Frage nach, wie man der massiven Rodung von Wäldern und der Ausbeutung von Arbeitskräften entgegenwirken kann. Mit ihren sozial- und umweltverträglich hergestellten Turnschuhen liefern sie die Antwort und den Beweis, dass die Einhaltung von ethischen Grundsätzen bei der Produktion möglich ist. Sie verwenden Biobaumwolle und vegetabil gegerbtes Leder aus einer der ärmsten Regionen Brasiliens und sichern so das Einkommen von 200 Familien. Den Naturkautschuk für die Sohlen beziehen sie von einer Genossenschaft aus dem Amazonas-Regenwald. Veja zahlt dafür einen höheren Preis als am Weltmarkt üblich. Das ermöglicht Kautschukzapfen unter menschenwürdigen Bedingungen und verringert die finanzielle Verlockung den Regenwald zu roden. Die Schuhe kommen per Schiff nach Frankreich, von wo aus Menschen, die wieder ins Arbeitsleben eingegliedert werden, die 12er-Lots für Händler in ganz Europa erneut verschiffen. Es gibt sieben Modelle für Männer und Frauen und drei für Kinder zu VK-Preisen zwischen 75 und 115 Euro mit 2,3er-Kalkulation. Auf der Homepage sind die Herstellungsprozesse, Ansichten zu Zertifizierungen und der Standpunkt der Macher ausführlich dokumentiert. KONTAKT: P.N. Distribution, Philippe Nowotny, 10559 Berlin/Deutschland, T 0049.171.4741334, pnowotny@ ic.vkn.de, www.veja.fr, blog.veja.fr/en
Le dd Bequem am Strand Eigentlich kennt man das Material eher von sommerlichen Tischdecken, die wetterfest die komplette Saison begleiten. Das italienische Unternehmen Regina Regis aus dem Veneto hat mit Le dd einen weichen Schuh aus einem luftigen PolyurethanSchaum entwickelt. „Feel natural. Feel barefoot“, lautet der Slogan und ähnlich komfortabel wie Barfußlaufen ist auch das Tragegefühl der weichen durchlässigen Schlappen. Es gibt drei Modelle: Pantoffel, Mokkassin und einen Mokkassin mit etwas stabilerer Sohle. Die Schuhe sind flexibel, waschund recycelbar, ideal für die Reise und passen in jeden Koffer. Es gibt sie in acht Farben wie Rot, Gelb, Grün, Weiß und Schwarz, verpackt sind sie in einem Vakuumpaket, das dekorativ im Laden aufgehängt werden kann. Preislich liegen die bequemen Schlappen zwischen 25 und 55 Euro im VK. KONTAKT: Regina Regis s.r.l., 31055 Quinto di Treviso, Tel. 0039.0422.470263, info@reginaregis.it, www.reginaregis.it
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Mode_just basic!
just basic!_Mode Jeans Levi’s Longshirt M.O.D. T-Shirt Enja Costa Brille Ray Ban Wayfarer Sneakers Converse
Hose Adidas Tanktop American Apparel Sneakers Adidas
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Just Basic! Fotos: katsey/www.katsey.org Produktion & Styling: Karin Boba Haare & Make-up: Anita Obi Models: Miriam/Tempo Models, Jakob/ Tempo Models Vielen Dank an: www.bric.at
Mode_just basic!
just basic!_Mode T-Shirt Campus by Marc O‘Polo Cape Majaco Badeanzug Adidas by Stella McCartney Söckchen Wolford High Heel Sneakers Y3
Jacke Adidas T-Shirt Cleptomanicx Jeans Tommy Hilfiger Denim Sneakers Adidas
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Body Clarissa Labin Hose Fly London Armreif & Kopfschmuck And-i Schuhe Y3
Mode_just basic!
just basic!_Mode Hose Iceman Hemd Diesel Jacke American Apparel Uhr Triwa
Jeans Cheap Monday Pullover Replay Hosentr채ger Ute Ploier Schuhe Vans
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Jeans Desigual T-Shirt Puma Schuhe Y3 Jacket Mavi
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Mode_just basic!
just basic!_Mode T-Shirt Lee Hose Mucha Sneakers mit Keilabsatz Adidas Armreif And-i Bandeau-Top Anna Aichinger
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Jogginghose Diesel Longshirt Bench Rock Pepe Jeans Gilet Denham
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trends.
Trends_Mode
Pioneer
Calvin Klein
Drykorn
Fred Perry
Fred Perry Blomor
Pünktlich zur Präsentation der neuen Frühjahr-/Sommer-Kollektionen für 2011 gab es strahlend blauen Himmel über den Berliner Messen Bread & Butter, Bright und Premium. Zum Auftakt der Orderrunde präsentiert x-ray einige Highlights für die kommende Saison. Fotos Nicolette Scharpenberg, Isabel Baier, Ina Köhler, Marken
Converse
Timezone
Tribeca
chinos 60
Lang, kurz, bunt, gemustert, gefüttert, gekrempelt, geschoppt und sogar als Ultra-Mini: Chinos in allen Farben und Formen sind das stärkste Thema für Frühjahr/Sommer 2011.
Tommy Hilfiger
Tommy Hilfiger
Tribeca
M.O.D.
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Drykorn
Helly Hansen
Sir Benni Miles
Khujo
Mavi
A Denim
Replay
khaki Die G-Star Show auf der Bread & Butter machte eindeutig klar: Khaki is back! Im Allover-Look oder kombiniert als lässige Hemdjacke oder Chino.
Campus by Marc O’Polo
Pepe Jeans
Calvin Klein
Levi’s
Bench
Diesel
Freesoul
Wrangler
Levi’s
Mode_Trends
Trends_Mode
hippie Die Denim Base als Blumenwiese. Blümchenmuster zogen sich durch fast alle Jeanskollektionen. Diese neue Romantik kommt allerdings ziemlich tough daher, kombiniert wird der Hippie-Look zu coolen Streetwear- und Jeansstyles.
Bloch
Ben Fly London Sherman Miss Sixty
Diesel
Khujo
Ecko Red
Timezone
Lacoste
Campus
Tigerhill Miss Sixty
Miss Sixty
Freesoul
Bluebell
Edwin
Diesel
Energie
G-Star
waschungen Neben Moonwashed Jeans, Authentic-Looks und flächigen Extrem-Bleachings tauchte als Highlight bei Tigerhill eine farbige Jeans auf, die sich beim Tragen durch die Körperwärme farblich verändert.
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Killah
Killah
Miss Sixty
M.O.D.
Freesoul
Motel
Replay
Meltin’ Pot
Firetrap
Tigerhill
Wrangler
Levi’s
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Superdry
Superdry
Pepe Jeans
Pepe Jeans
Replay
Blend
Pepe Jeans
Replay
Tribeca
Mavi
LTB
Fuga
Miss Sixty
Lee
Mustang
A Denim
Miss Sixty
Firetrap Blomor
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Mode_Trends
Trends_Mode
Nonot
Ecko
Sisley
New Era
Alias One
The Zonders
Wemoto
Nikita
Alias One
Marc Ecko
The Zonders
streetwear 64
Ein unangefochtener Evergreen sind ausgefallene Kunstdrucke auf T-Shirts, die in Kooperation mit Street Artists entstanden sind. Sie ziehen sich als Stilmittel durch sämtliche Kollektionen. Dazu die passenden Accessoires, bevorzugt übergroße Umhängetaschen und wieder Rucksäcke. Auffällige, großformatige old school Hip Hop Claims auf Shirts sind ebenso gefragt wie Collagen-Prints. Dazu leichte Nylonjacken, Kurz-Pullover und Zip-Hoodies.
Alias One
Freitag
Mavi
Nonot
Alias One
Sir Benni Miles
Eastpak
ElfCraft
Fuga
Le Coq Sportif
Nonot
New Era
Marc Ecko
Marc Ecko
Sir Benni Miles
Converse
Sir Benni Miles
Marc Ecko
Ellesse by Wood Wood
Sir Benni Miles
Levi’s
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Mode_Trends
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bunte hosen
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Firetrap
Airstep
Meltin’ Pot
Bluebell
Firetrap
Levi‘s
Killah
Levi‘s
Firetrap
Replay
LTB
Ein farbenfroher Sommer erwartet die Branche! Neben den üblichen Blau-, Grau- und Brauntönen kommen knallige Pink-, Orange- und Grüntöne als Uni-Looks oder in sanften Waschungen.
Bench
Replay
Patrick Mohr
Levi’s
Tommy Hilfiger
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Monkee Genes
Mavi
Wrangler
Bench
Tigerhill
Lala Berlin
Pepe Jeans
HANdmade Wrangler
Als wären sie von Hand zerschnitten, zerrissen, geflickt, gestopft und bemalt worden. Mit extrem authentisch umgesetzten Destroyed und Handcrafted Looks warten die Jeanskollektionen auf. Jede Jeans ein Unikat.
Superdry
Sperry Top-Sider
Miss Sixty
Sperry Top-Sider Ben Sherman Miss Sixty
G-Star
Calvin Klein
Freesoul
Nikita
Freesoul
Mode_Trends
Trends_Mode
sneakers
classic
Während die einen noch hartnäckig über das Gerücht diskutieren, die Stilhoheit der High Tops sei vorbei, setzen andere auf Weiterentwicklung der Materialien und hier vor allem auf Vintage-Looks. Mixturen in Anlehnung an Mokassins, Schnürstiefel oder Kampfsportschuhe sind genauso gefragt wie neue Interpretationen des Chukka Boots.
K-Swiss
Lacoste
Asics
Adidas Lacoste
Lacoste Ben Sherman Miss Sixty
Le Coq Sportif Ben Sherman Miss Sixty
C1rca
Chucca boots 68
Converse
Le Coq Sportif
C1rca
K-Swiss
Onitsuka Ben Sherman Miss SixtyTiger
Onitsuka Ben Sherman Miss SixtyTiger
new faces D.A.T.E.
C1rca
Keds
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Palladium
Onitsuka Tiger
Bench
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Bench
Fred Perry
old school Fred Perry
Airstep
Adidas
Adidas
Onitsuka Tiger
Le Coq Sportif
Adidas
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Bench
High tech Adidas
Airstep
Adidas
Onitsuka Tiger
Adidas
Superdry
D.A.T.E.
Bloch
Bloch
K-Swiss
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vintage Superdry
Mode_Trends
Trends_Mode
schnitte Der Phantasie sind keine Grenzen mehr gesetzt. Bei Hosenschnitten ist alles erlaubt. Unter die weiterhin sehr beliebten Boyfriend-Cuts mischen sich ultrakurze Mini-Overalls. Ein Comeback feiern auch Bootcut und Jeggings.
Bench
Mavi
G-Star
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Calvin Klein
Meltin’ Pot
Calvin Klein
Calvin Klein
Marc Ecko
Edwin
Freesoul
Freesoul
Tigerhill
Bench
Energie
Killah
Killah
Lee
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LTB Blomor
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M.O.D.
Killah
Edwin
Replay
Firetrap
LTB
Tribeca
Tommy Hilfiger
Tommy Hilfiger
Superdry
Pepe Jeans
M.O.D.
Adriano Goldschmied
Miss Sixty
Freesoul
Mavi
Superdry
mode_messerückblick
das war berlin Fußballarena @ Bread & Butter
mode_stoffe zum vernaschen
Stoffe zum Vernaschen Die Textilindustrie findet immer mehr Alternativen zu altbekannten Materialien. Einer der Trends: Stoffe aus Substanzen wie Milch, Mais oder Algen. Text Ina Köhler Fotos Danish Fashion Institute
N
icht nur Staatsgäste fanden Ende 2009 ihren Weg nach Kopenhagen: Die Nordic Fashion Association veranstaltete gleichzeitig zum Klimagipfel einen Modegipfel. 20 junge Designer waren aufgerufen, zwei Outfits aus nachhaltigen Materialien zu kreieren: Neben Biobaumwolle oder Hanf nutzten sie Ingeo, SeaCell oder Crabyon.
Diesel Appartment @ KaDeWe Karl-Heinz Müller, Riccardo Bellini (Diesel), Klaus Wowereit @ Bread & Butter Das größte Highlight der Berliner Modewoche war diesmal nicht modischer Natur: Es war die Halbfinal-Übertragung Deutschland gegen Spanien im Stadion auf dem Bread & Butter Gelände. Das Rahmenprogramm rund um die Messen – zu denen in diesem Sommer erstmals auch die ehemalige Frankfurter Messe Bright zählte – hatte viel Abwechslung zu bieten. Fashionshows, Aftershowpartys, Roof-Top-Barbecues und Storeeröffnungen - ein kurzer Überblick.
Nachwachsende Rohstoffe David Meyer, Christina Käßhöfer, Thorsten Link @ Diesel Appartment
72 Henrik Soller, Susanne Soller, Stefanie Ranft @ Superdry Store Opening
Was steckt dahinter? Ob Algen, Bambus, Kokosnüsse, Milch oder Mais – nachwachsende Rohstoffe werden immer öfter als Basismaterial für Textilien genutzt. Dass sich daraus nicht nur Mahlzeiten, sondern attraktive Outfits fertigen lassen, zeigte der Wettbewerb: Siegerin Saara Lepokorpi entwickelte komplexe Modelle aus der Maisfaser Ingeo. Das Material lässt sich ebenso färben und behandeln wie beispielsweise Polyester – nur mit besseren Eigenschaften für die Umwelt.
Hightechprodukte Eigentlich ist das Thema Food + Mode eine uralte Sache: Schon im Mittelalter färbte man Bekleidung mit Beeren oder Walnüssen, Knöpfe wurden aus Tierhörnern oder Nussschalen Luc Clement, Theo Karpathios @ Superdry Store Opening
Mustang Denim Nite @ Rodeo Ressort
G-Star Fashionshow @ Bread & Butter
Patrick Mohr Fashionshow @ MBFW
Culcha Candela @ True Religion, Soho House
Anne Oldeweme (Breuninger) @ Mavi Aftershowparty
hergestellt. Doch zwischen den vorindustriellen Methoden und dem Heute liegen Welten. Die neuen Materialien sind Hightechprodukte, beispielsweise Cocona: Die Faser auf Basis von Kokosnüssen wirkt antibakteriell und klimaregulierend. Viele der Materialien wurden entwickelt, um von Mineralöl weniger abhängig zu sein.
algen SeaCell des süddeutschen Unternehmens Smartfiber enthält – auf Basis von Zellulose – aktivierende Bestandteile von Algen. Diese wirken pilzhemmend, zusätzlich werden Stoffe wie Kalzium, Magnesium oder Vitamin E beim Tragen durch die natürliche Hautfeuchtigkeit freigesetzt. www.smartfiber.de
krabben Crabyon ist eine neue Faser, deren Technologie auf Chitin basiert. Chitin ist im Panzer von Schalentieren wie Krabben und Langusten enthalten, man findet es aber auch in Pilzen. Bislang werden industriell nur wenige Tonnen Chitin genutzt, laut Hersteller könnte man jährlich rund 150 Tonnen industriell nutzen. www.crabyon.it
Designer arbeiten mit Bakterien
mais
Das italienische Netzwerk C.L.A.S.S. sammelt alternative und umweltfreundliche Materialien und stellt diese in seinen drei Showrooms in Mailand, London und New York interessierten Designern und Produktmanagern vor. Übrigens: Der aktuellste Materialtrend sind Fasern aus dem Labor in Form von Bakterien – ganze Kleider können künftig aus lebenden Bakterienkulturen „gezüchtet“ werden. Na denn guten Appetit!
Die Faser Ingeo wird aus Getreide oder Mais entwickelt. Als Basis dient der Pflanzenzucker Glukose, aus dem durch einen Gärungsprozess das Kunststoff-Polymer PLA hergestellt wird. Daraus lassen sich Verpackungen, Flaschen Füllungen für Kissen und Sofas oder auch Stoffe herstellen. Im Gegensatz zu Kunststoff aus Erdöl verrottet das Material schnell und lässt sich auch recyceln. http://www.natureworksllc.com
kokos
WEB Adressen www.funktionstextilien.de www.class.org www.biocouture.co.uk
Unter dem Namen Cocona wird eine Kohlefaser auf Basis von Kokosnussschalen vermarktet, die beispielsweise antimikrobisch, kühlend oder als UV-Schutz wirkt. Als Beimischung für Wolle, Fleece oder für Schuhe findet das Material zahlreiche Anwender im Outdoor-sektor bei Marken wie Marmot, Oakley, Peak Performance, Vaude oder Merrell. www.coconafabrics.com
milch Milkofil ist ein Material, das auf Basis von Milchsäure vom italienischen Produzenten Filati Maclodio hergestellt wird und in Mischungen mit Baumwolle und Lenpur (einer Holzfaser) eingesetzt wird. www.milkofil.it
Tony Hawk Show @ Max Schmeling Halle
soja Aus organisch angebauten Sojaproteinen entsteht eine weiche glänzende Faser, die beispielsweise antibakteriell oder kühlend wirkt. Mit dem patentierten Verfahren werden unter anderem Socken oder Wäsche hergestellt. www.sanosoy.de
Backstage @ Mavi Fashionshow
Bambus Jungdesigner zeigen Modelle aus der Maisfaser Ingeo. Links Maxjenny, Mitte und rechts Saara Lepokorpi
Der schnell nachwachsende Rohstoff landet nicht nur im Wok, sondern wird zu einem seidenähnlichen Material, oft auch in Mischung mit anderen Fasern verarbeitet. www.bamboofabricstore.com www.shirtsofbamboo.com
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offen.
news_vor ort
The North Face Berlin, Berlin... Kurfürstendamm 219 ist eine Adresse in absoluter 1a-Lage für einen Modestore. Das sah das Team von The North Face ähnlich und griff zu. Am 10. Juni eröffnete an dieser Stelle der siebte Store in Deutschland und bereits der zweite in Berlin. Auf 300 Quadratmetern präsentiert der Outdoorspezialist dort die komplette Range der Marke. Für den neuen Store entwickelte The North Face eine Grafikkampagne, in der sich die urbane Kultur Berlins und die Outdoorwelt von The North Face visuell begegnen. Die Motive der Kampagne wurden auf Flyern, Plakatwänden und Info-Screens sowie auf einer limitierten T-Shirt-Edition gezeigt. „Das dynamische Ambiente der Stadt ist die perfekte Kulisse für den Entdeckungs- und Erforschungsgeist einer Marke wie The North Face“, erklärt Francesca Pozzi, Vice President Retail Outdoor und Action Sports EMEA.
Homecore Erster Laden in Berlin
Seit über 15 Jahren ist Alexandre Guarneri, Labelgründer von Homecore, im Textilgeschäft aktiv. Seine Philosophie und Grundeinstellung, frei nach Antoine de Saint-Exupéry: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ Für ihn haben Ehrlichkeit, Freundschaft und Liebe mehr Bedeutung als alles andere im Leben. Den Laden in Berlin-Mitte betreibt die Agentur von Homecore, Europa-Distributeur Philippe Nowotny, der mit seiner Frau Emilie drei Häuser weiter schon länger den Laden L’éphémère für Frauen führt. Auf rund 120 Quadratmeter Verkaufsfläche wird das gesamte Repertoire von Homecore angeboten. Die Männerkollektion mit Hosen, Sakkos, Hemden, Strick und Jacken umfasst etwa 140 Teile. T-Shirts von Altru Apparel und Turnschuhe von Veja ergänzen das Sortiment. „Gerade laufen Chinos in Hell- und Dunkelblau, Rot, Rosa oder Senf mit VK von 125 Euro und unser Lamo Sweatsakko zum VK von 189 Euro sehr gut“, erklärt Nowotny und fügt hinzu: „Für den kommenden Winter bieten wir Wolljacken, Cardigans und Outdoorjacken, das Schuhangebot wird dann mit Bergsteigerstiefeln von Meindl erweitert.“ Im April hatte Philippe Nowotny das Ladenlokal von Carsten Kunst übernommen, der hier zehn Jahre mit dem Laden VorOrt ansässig war.
Homecore Alte Schönhauser Straße 47 10179 Berlin/Deutschland www.homecore.com
The North Face Kurfürstendamm 219 10719 Berlin/Deutschland www.thenorthface.com
Replay Willkommen im Garten Eden Wenn sich ein Modestore einer italienischen Jeansmarke „Regeneration“ auf die Fahne geschrieben hat, lässt das einiges erwarten. Replay eröffnete im April in Mailand auf dem Corso Vittorio Emanuele einen 800 Quadratmeter großen Flagshipstore, der in seiner Gestaltung den Fokus auf Emotionen und die Nähe zur Natur legt. Bereits der Eingangsbereich ist wie ein kleiner Garten Eden gestaltet, der den Besucher in ein wortwörtliches 74 Naturschauspiel einlädt. Den Store betritt man über eine Art Brücke, die durch einen hängenden Garten führt. Danach folgen imposante elf Meter hohe Pflanzenwände und ein Wasserfall. Das neue Konzept wurde bereits im Replay-Store in Florenz umgesetzt und für die Neueröffnung in Mailand noch erweitert. Das Interieurdesign soll den Besucher – jenseits des stressigen Großstadtlebens – in eine sinnliche, natürliche Oase entführen. Es entstand gemeinsam mit dem Studio 10 Design Team und der Fashion Box. Ein Teil des Stores wurde sogar als leere, grüne Fläche gestaltet, die den Gast einlädt, einfach mal abzuschalten.
eastpak Shop im KaDeWe Der berühmte Berliner Department Store Kaufhaus des Westens ist seit 11. Juni um einen weiteren Shop-in-Shop reicher: Eastpak eröffnete im fünften Stock eine 20 Quadratmeter große Fläche, auf der die Marke Rucksäcke, Taschen und Reisegepäck präsentiert. Das hochwertige Markenumfeld des KaDeWe war für die Markenführung von Eastpak ebenso entscheidend wie die exklusive Atmosphäre, in der Eastpak im Kaufhaus präsentiert wird.
Eastpak Kaufhaus des Westens, 5. Etage Tauentzienstraße 21–24 10789 Berlin/Deutschland www.eastpak.com
Replay Store Milano Corso Vittorio Emanuele 24/28 20122 Mailand/Italien T 0039.02.92866675 www.replay.it
desigual Sous le ciel de Paris! Direkt neben der malerischen Oper eröffnete die spanische Marke Desigual im Juni bereits ihren fünften Flagshipstore in Paris. Bereits am Vortag der Eröffnungsparty wurden vor dem noch geschlossenen Store große Desigual-Tragetaschen an die Laufkundschaft verteilt, was zur Folge hatte, dass sich bis zur eigentlichen Eröffnung ein ziemlicher Hype um die Quelle der heiß begehrten, quietschbunten Taschen entwickelt hatte. Zur Eröffnungssoirée des insgesamt 1.700 Quadratmeter großen Stores am 10. Juni lud Desigual neben internationalen Journalisten vor allem Stylisten, Models, Prominente aus der Pariser Szene und 150 Facebook-Freunde ein. Bis spät in den Abend wurde bei spanischen Tapas zum Sound der Band Lonely Drifter Karen gefeiert und getanzt. Der neue Store inmitten der Pariser Innenstadt steht in unmittelbarer Nähe zum Shopping-Hotspot Galeries Lafayette. Es ist bereits der neunte Store in Frankreich. Als besonderes Extra bietet er den Käufern die Möglichkeit, ihr gekauftes Teil direkt vor Ort von einer Mitarbeiterin nach eigenen Wünschen personalisieren zu lassen.
Desigual Store 9 Boulevard des Capucines 75002 Paris/Frankreich www.desigual.com
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Vor Ort_civilist, berlin
civilist, berlin_Vor Ort
Anhaltender Wandel
Text Kay Alexander Plonka Fotos Civilist
Berlins Mitte boomt nach wie vor. Viel Entwicklungsspielraum bieten gerade die Tor- und die Brunnenstraße. Der Civilist Store folgt auf eine Galerie. Hier hat jedes Möbelstück seine Geschichte, genau wie die Marken, die verkauft werden.
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E
in Raum für alle Fälle: Der Civilist Store ist Laden, Galerie und Showroom in einem, „ein sozialer Ort im anhaltenden Wandel angesichts der jeweiligen Nutzung“, beschreiben die beiden Inhaber Alex Flach und Andreas Hesse ihr Ladenkonzept. Alex Flach ist Photo Editor beim Lodown Magazine und dem Monster Skateboard Magazin. Andreas Hesse Redakteur und Kurator bei untitled und Lodown. Ihre persönlichen Kontakte durch die Arbeit bei den Magazinen bestimmen auch die inhaltliche Auswahl der im Civilist Store vertretenen Künstler und Marken. Ihr Laden liegt in direkter Nähe zum belebten Rosenthaler Platz und der Torstraße. Im Umfeld befinden sich Shops wie LIL, Shusta, Extrafein, potipoti, Firmament und viele Galerien, Cafés, Restaurants, Hostels und Hotels. Nur wenige Gehminuten in östlicher Richtung auf der Torstraße entfernt, befinden sich weitere Läden wie Pauls Boutique, Comme des Garçons, adidas No.74 oder der neue SoTo Store. „Die Lage und das Umfeld sind sehr gut, der Laden war vorher eine Galerie. Rund 60 Prozent unserer Kunden sprechen englisch und sind zu Besuch in der Stadt“, sagt Andreas Hesse.
Entspannte Grundstimmung „Mit der Namensgebung nehmen wir Bezug auf den ehemaligen politischen Sonderstatus von Westberlin, als die Mauerstadt unter die Kommandantur der Westalliierten fiel und somit alle Bewohner der Inselstadt vom Wehrdienst in der Bundeswehr befreit waren. Zivilist per Dekret, ein angenehmes Privileg. Mittlerweile hat sich in der Stadt einiges getan, Berlin befindet sich im stetigen Wandel. Diese Grundstimmung spiegelt sich auch bei uns im Laden wider“, erklären die beiden Berliner. Die großen weichen Ledersessel vermitteln entspannte Atmosphäre. Jedes Möbelstück hat seine Geschichte. Die Schrankwand im dänischen Designstil der 1950er-Jahre stammt aus Charlottenburg und wurde mit Kleiderstangen zum Warenträgersystem gestretcht. Der schmale Art-déco-Beistelltisch zur Schuhpräsentation im Schaufenster stammt aus Prag, ein alter Aktenschrank mit Holzrolloverschluss wurde aus Frankfurt beigesteuert, dazu ein Bücherregal aus der Apotheke der Mutter und ein Designertisch aus dem Arbeitszimmer des Vaters – alles ohne einen Hauch vom sonst so Berlin typischen Flohmarktcharakter.
Niveau statt Volumen Im Sortiment sind vornehmlich anspruchsvolle internationale Streetwearlabels zu finden. Zumeist T-Shirts, Hemden, Jacken und Skate-
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„Berlin befindet sich im stetigen Wandel.“ Alex Flach und Andreas Hesse, Civilist decks von Independent Labels wie HUF aus San Francisco, Ransom aus Toronto, aNYthing aus New York oder Perks and Mini aus Melbourne. Neben Skateschuhen wie z. B. aus der Syndicate Linie von Vans gibt es Messenger Bags in verschiedenen Größen der Berliner Taschenmanufaktur Bagjack sowie deren Sublabel Baicyclon. Teil des täglichen Geschäfts ist der Verkauf von Kunstbüchern, aktuelle Foto- und Illustrationsbände, antiquarische Editionen über Berlin und internationale Literaturklassiker. Als Ergänzung hingegen sind limitierte Sneakers aus Sammlungen und vereinzelte Vintage-Klassiker anzusehen. Wenn die Ware im Civilist zugunsten der Kunst in den Hintergrund tritt, kommt der Ansatz eines klein wenig zivilen Ungehorsams hinsichtlich herkömmlicher Laden- oder Galerie-Geschäftsmodelle zum Vorschein. Denn während der Dauer von Ausstellungen oder Veranstaltungen wie Buch-, Platten- oder Magazinvorstellungen geht der Verkauf bisweilen nur im Keller des Ladens weiter.
Civilist Brunnenstraße 13 10119 Berlin/Deutschland T 0049.30.85610715 www.civilistberlin.com Inhaber: Alex Flach, Andreas Hesse Eröffnung: Dezember 2009 Verkaufsfläche: 85 qm Mitarbeiter: 1 Marken: Altamont, aNYthing, Bagjack, Baicyclon, DQM, Fucking Awesome, Girl Skateboards, HUF, Nike SB, Norse, Ransom, Palace Skateboards, Perks and Mini, Vans Syndicate Bücher: Nieves, O.H.W.O.W., PAM
Vor Ort_Sutrinum, Münster
Sutrinum, Münster_Vor Ort
„Im Sutrinum gibt es keine klassische Trennung nach Szenen. Jeder, der Sneakers sucht, ist willkommen.“ Bakary Winkler Im Sutrinum gibt es den „heißen Scheiß“. Dazu zählen erlesene Sneakers, Streetwear und Accessoires, aber auch regelmäßige Ausstellungen und Streetart-Contests.
Sutrinum GmbH Domplatz 6/7 48143 Münster/Deutschland Inhaberin: Ulrike Heinrich Geschäftsführung: Bakary Winkler Eröffnung: Januar 2010 Verkaufsfläche: 150 qm Mitarbeiter: 2 Aushilfen Marken für Frauen: Iriedaily, Panuu, Sessùn, Supremebeing, Vans Marken für Männer: Homecore, Iriedaily, Panuu, Supreme Being, Vans Accessoires: Eastpak, Flex Fit, Ogio, Urban Ears (Kopfhörer und Marker) Schuhe: Adidas, Adidas Ransom, Asics, Boxfresh, Converse, Dekline, Dr. Martens, Keds, Nike, Vans Events: Ausstellungen, Partys, Streetart Contests
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Platz für das Wesentliche lässt der Store Sutrinum in Münster. Die große Glasfront gewährt tiefe Einblicke.
Pures Sneakershandwerk Dass der Initiator einer von denen sein muss, „die wissen was geht“, wird klar, nachdem man das helle Entrée passiert und bereits auf der Treppe von drei Werken des legendären Street-Artisten Shepard Fairey begrüßt wird. Text Nicolette Scharpenberg Fotos Sutrinum
E
r, das ist Bakary Winkler. Die Treppe ist ein Teil seines im Januar 2010 eröffneten Sneakers- und Streetwearstores Sutrinum in Münster. Der Store ist einer von denen, die man auch als Schmuckstück bezeichnen würde. Typisch dafür ist die 1b-Lage, oft in einer versteckten Ecke, wo man nichts mehr erwartet. Der Conceptstore ist in einer kleinen Seitengasse zwischen Domplatz und Haupteinkaufszone angesiedelt. Für genügend Laufkundschaft sorgt das charmante Café Fyal nebenan und die regelmäßigen Store Partys von Bakary Winkler sollen den Rest erledigen.
„Klein ist völlig untertrieben“ Der gebürtige Münsteraner arbeitet bereits über zwölf Jahre in der Branche und hat ein Gefühl für den so genannten „heißen Scheiß“. Seinen ersten Sneakershop in Münster mit dem Namen Sneak Preview betrieb er knapp drei Jahre. Davor und auch danach war Winkler als Handelsvertreter in ganz Deutschland für verschiedene Street- und Skatewearbrands wie beispielsweise Iriedaily, Stüssy, Gio Goi, Elvine oder Circa Footwear unterwegs. Seine Idee, erneut einen eigenen Laden aufzumachen, kam ihm nach einem dreifachen Bandscheibenvor-
fall, denn lange Autofahrten waren logischerweise nicht mehr möglich. Heute steht er stolz in seinem knapp 150 Quadratmeter großen Store vor einer 16 Meter langen Sneakers Wall, die insgesamt knapp 150 verschiedene Modelle von Marken wie Nike, Adidas, Adidas Ransom, Keds, Asics, Vans, Boxfresh, Converse, Dekline oder Dr. Martens präsentiert. „Die Kernaussage des Stores sind die Schuhe. In einer Studentenstadt wie Münster ist meine Zielgruppe der Student. Im Sutrinum gibt es keine klassische Trennung nach Szenen. Jeder, der Sneakers sucht, ist willkommen“, erklärt Winkler. Die Frage, ob er selbst einen kleinen Schuhtick hat, wird von ihm mit einem leidenschaftlich Grinsen und dem Satz „Klein ist völlig untertrieben“ beantwortet. Im Klartext: Winkler ist ein laufendes Sneakers-Lexikon. Er weiß alles über die Brands, die Modelle und ihre Specials.
Zeitgeist für jeden Geldbeutel Neben der imposanten Schuhauswahl findet sich im Sutrinum Streetwear von Vans, Homecore und Iriedaily für Männer, Accessoires wie Taschen und Rucksäcke von Eastpak und Ogio, schlichte Flex Fit Caps, Gürtel und Headphones. Liebhabermarken wie Sessùn, Supreme Being, Vans und Panuu flirten hier mit den Ladys. „Die
Textilien sollen die Shopaussage abrunden. Wichtig ist , dass es nicht zu core oder szenig ist. Die Produkte sollen dem Zeitgeist entsprechen und zugleich durch einen guten Preisaufbau überzeugen. Wir sehen uns in erster Linie als Dienstleister und versuchen auf die Wünsche unserer Kunden einzugehen“, sagt Winkler. Neben Mode sind viele Projekte wie regelmäßige Ausstellungen oder Streetart-Contests geplant. „Ich kann mir jede Menge vorstellen, wie zum Beispiel eine Livepainting-Aktion, bei der die Münsteraner Kunst- und Streetart-Szene die vier Fenster im Store frei gestalten kann. Kunst mit Mode zu kombinieren, finde ich super spannend“, so Winkler. Zwar steht Winkler gerade erst am Anfang, aber er „habe noch sehr viel vor“, wie er selbst mit einem Schmunzeln sagt. Die Münsteraner Szene darf auch schmunzeln, denn es erwartet sie Großes!
Vor Ort_Butterweich, Mainz
Le Shop, Bonn_Vor Ort
Von der Buchbar zum Sneakershop Die großen Schuhmarken wollten Kamil Ivecen als Neuling mit einem nur kleinen Shop nicht beliefern. Vielleicht ein Glücksfall für Ivecen, der nun aus Prinzip auf spezielle Nischenlabels setzt.
Butterweich Weißliliengasse 19 55116 Mainz/Deutschland T. 0049.6131.6293783 www.butterweich.com Inhaber und Geschäftsführer: Kamil Ivecen Eröffnung: November 2009 Verkaufsfläche: 30 qm Mitarbeiter: 1 Vollzeit, 2 Teilzeit Schuhe: A Life, Doc Martens, Feiyue, Hub, Keep, New Balance, Onetruesaxon, Sperry Topsider, Supremebeing Mode: OriginalEskimo, Pa:nuu, Prim I am, Yackfou
Hauptsache nicht gewöhnlich
Text Nicoletta Schaper Fotos Butterweich
W
as für eine nette Idee, einen Sneakershop Butterweich zu nennen! Das klingt nach Schuhen, die nie drücken und auf denen es sich so geschmeidig läuft wie auf weichem Moos. Butterweich eben. Kamil Ivecen ist neu in der Branche, doch erklärter SneakersFreak von Kindesbeinen an. Vor rund acht Jahren hatte er die Idee, eine stylische Buchbar 80 namens Lomo in Mainz inklusive Lounge und Restaurant zu eröffnen. Mit Erfolg, denn die Buchbar erfreut sich bei den Mainzern großer Beliebtheit. Zudem hatte dort auch Jan Weiler eine Lesung und Elke Heidenreich ihre Signierstunde. „Hier wird auch am Freitag Abend um zwölf Uhr keiner schief angeguckt, weil er ein Buch liest“, sagt Kamil Ivecen.
Ein spannendes Nischensortiment Als bei Kamil Ivecen in der Nähe ein kleines Ladenlokal leer stand, wurde der Gedanke konkret, zusätzlich einen Schuhshop zu eröffnen. Doch zunächst scheiterte er an den großen Marken, die ihm eine klare Absage erteilten, weil er zu neu in der Branche und sein Laden mit nur 30 Quadratmetern zu klein sei. Daraus hat sich ein spannendes Nischensortiment mit Namen wie Feiyue, New Balance, A Life und Keep ergeben, ergänzt von Doc Martens und Segelschuhen der Marke Sperry Topsider. Und Kleidung wie zum Beispiel von Prim I am aus Dänemark, Panuu und Streetwear von Supremebeing. Einige Marken wie Feiyue und New Balance führt Butterweich exklusiv in Mainz, was ihm für den kleinen Shop wichtig ist, um sich abzuheben. „Wir achten auch auf kleine Stückzahlen, lieber bringen wir viele Modelle in kleinen Auflagen“, sagt Kamil Ivecen. „Das Angebot soll etwas Besonderes sein.“ Dazu halten sich die Preise der Schuhe im erschwinglichen Rahmen. Sneakers von Feiyue kosten 39 bis 89 Euro im Verkauf, Stiefel zum Beispiel von Monshoe aus den Niederlanden liegen um die 140 Euro. Auch die Ladengestaltung ist gelungen. Eine große Fensterfront gibt viel Licht, die Schuhwand und die Kassentheke sind
Für Nathalie Noell (links) gehören Kunst und Mode zusammen, so bietet Le Shop auch ein Forum für junge Künstler, die hier ihre Bilder ausstellen, wie die Fotografin Anne Schwalbe.
Edel bis rockig ist der Style von Le Shop, aber das Sortiment dabei immer bezahlbar. Das gilt nicht nur für den Kölner Store, sondern auch für die gleichnamige Neueröffnung in Bonn. 81 Kamil Ivecen eröffnete vor acht Jahren eine Buchbar in Mainz - und nun einen innovativen Sneakershop.
„Unser Angebot soll etwas Besonderes sein.“
Text Nicoletta Schaper Fotos Le Shop
I
Butterweich bietet ein spannendes Nischensortiment mit vielen Modellen und kleinen Stückzahlen.
Kamil Ivecen
in einem milden Grün gehalten. Der Eyecatcher im Laden: eine 1970er-Jahre-Lampe aus dem Secondhandladen. Das Jugendstilhaus liegt in einer rege befahrenen Straße am Rande der Altstadt in Nachbarschaft einer Bäckerei, einer Fahrschule und gegenüber dem großen Polizeipräsidium. Keine Gegend also für Laufkundschaft. „Wer zu Butterweich kommt, weiß von dem Laden durch Mundpropaganda und durch die Buchbar Lomo“, erklärt Kamil Ivecen. So ist das Publikum des Ladens im Schnitt 20 bis 40 Jahre alt. Den Namen Butterweich hat sich Kamil Ivecen übrigens schützen lassen. In fernerer Zukunft kann er sich eine Erweiterung des Konzepts vorstellen, einen Modeladen zum
Beispiel oder sogar eine eigene Schuhkollektion. Doch zunächst einmal soll sich Butterweich bewähren und dazu bietet der Laden gute Voraussetzungen. Eine stetig wachsende Fangemeinde hat Butterweich bereits, auch wenn Kamil Ivecen die Mainzer als nicht besonders modemutig beschreibt. „Viele trauen sich nicht, etwas Außergewöhnliches zu tragen, wenn sie es nicht schon bei anderen gesehen haben“, mein Ivecen. Aber sie zu überzeugen, macht ihm und seiner Frau Nurgül Spaß und Kamil Ivecen kann sich ohnehin nicht vorstellen, woanders zu sein. „Ich liebe diese Stadt“, sagt er. „Ich fühle mich als Mainzer und hier will ich bleiben.“
ch hab gehört, dass ihr gut beraten könnt!“ Ein Kompliment wie dieses bekommt Nathalie Noell, Inhaberin von Le Shop, öfter zu hören. „Manche Kundinnen, die zu uns kommen, haben richtig Lust auf eine komplette Verwandlung“, erklärt sie. Und manchmal lassen sie sich sogar die Adresse ihres Friseurs geben, weil ihnen der komplette Look von Nathalie Noell so gut gefällt.
Skandinavisches Flair Der neu eröffnete Le Shop in Bonn ist bereits der zweite Store, den Nathalie Noell gemeinsam mit ihrem Partner Jürgen Walther führt. Le Shop Nummer eins existiert bereits seit 2005 in Kölns Ehrenstraße, anfangs mit Labels wie Revolution und Red Rabbit sowie Converse. „Einen Store dieser Art gab es vorher noch nicht in Köln; eben nicht trashig, sondern edel aufgemacht mit skandinavisch weißen Möbeln und dennoch sehr bezahlbarer Mode.“ Le Shop in Bonn folgt diesem Konzept. Der Laden ist hell und puristisch, mit skandinavisch anmutendem Flair. Das setzt sich im Sortiment mit überwiegend dänischer Mode fort. Im Fokus stehen ebenso wie im Kölner Store Marken wie Just Female und Gestuz und Modström aus Dänemark sowie Schuhe von d.co Copenhagen. Dazu kommen Namen wie Paul & Joe Sister, Henrik Vibskov und Minimum und als Ergänzung viel Schmuck, beispielsweise von Adam & Eve aus der Schweiz, Tomshot aus Berlin sowie
Accessoires des Berliner Labels Aschön, das für die Gestaltung seiner Schals mit jungen Künstlern zusammenarbeitet. Ein gutes PreisQualitäts-Niveau ist Nathalie Noell wichtig. Eine Hose von Dr. Denim kostet 50 Euro, die Lederjacke von Religion aus London mit starken Schulterpolstern geht für 400 Euro über den Ladentisch. Die freundliche Atmosphäre bei Le Shop gehört für Nathalie Noell und Geschäftsführerin Anne Herklotz zum obersten Prinzip. „Die Kunden sollen sich nicht zum Kauf genötigt fühlen“, betont Nathalie Noell. „Sie bekommen ein Getränk angeboten und dürfen in Ruhe schauen und wir erzählen gern die Geschichten zu unseren Labels. So kenne ich es aus Läden in Kopenhagen und genauso möchte ich das in unserem Shop haben.“ Nathalie Noell kommt aus Marburg. Sie studierte Textilingenieurswesen in Mönchengladbach und absolvierte ihre Diplomarbeit bei Hugo Boss. Doch als sie 2004 bei Jürgen Walther in seinem Laden zunächst in Wetzlar und später in Köln zu jobben begann, blieb sie dabei. „Verkaufen ist voll und ganz mein Ding“, sagt sie. Dabei kann sie ihre Kundinnen von ihren Lieblingslooks überzeugen, zum Beispiel von der gekrempelten Chino zu Römersandalen oder Chucks, einem kleinen Streifenshirt à la Parisienne von Just Female und darüber das kleine Strickjäckchen von Gestuz. „Die Haare zum Dutt und als Clou dazu die Nerd-Brille“, ergänzt Nathalie Noell. Und fügt hinzu, was ohnehin ihr Motto von Le Shop ist: „Hauptsache, nicht gewöhnlich!“
„Manche Kunden haben Lust auf eine komplette Verwandlung.“ Nathalie Noell Le Shop Friedrichstraße 17 53111 Bonn/Deutschland T 0049.228.55525826 www.leshopshop.de Inhaber: Nathalie Noell und Jürgen Walther Geschäftsführer: Anne Herklotz Eröffnung: März 2010 Verkaufsfläche: 130 qm Mitarbeiter: 2 Vollzeit Frauenmode: Dr. Denim, Gestuz, Henrik Vibskov, House of the Gods, Just Female, Minimum, Modström, Paul & Joe Sister, Religion, Sugar Hill Schmuck und Accessoires: Adam & Eve, Ambre Babzoe, Aschön, Tomshot, Uslu Airlines Schuhe: d.co Copenhagen, Friis&Co, Gardenia Copenhagen, Havaianas, Just Female
Vor Ort_Ozone, Bielefeld
Ozone, Bielefeld_Vor Ort
Bunte Luftballons brauchen wir nicht
Schon der Vorhof des Ladens ist stilecht gestaltet: ein Treffpunkt für Kunden und Freunde des Stores.
Im zweiten Bielefelder Ozone-Store geht es zurück zu den Wurzeln. Klassische Streetwear ist Inhaber André Lösekann genauso wichtig wie die emotionale Ansprache seiner Kunden. Text Nicolette Scharpenberg Fotos Ozone
I
m neuen Ozone in Bielefeld ist jeder Kunde gern gesehener Gast: „Jeder, der diese Schwelle überschreitet, wird mit einer exquisiten Markenauswahl und herzlicher Beratung für seinen Mut belohnt“, sagt Inhaber André Lösekann. „Auch wenn der Laden auf den ersten Blick wie ein Szeneladen wirkt, ist jeder herzlich willkommen. Egal ob Streetkid oder Anzugträger. Wir 82 schließen niemanden aus“, so Lösekann. Dem Inhaber der Brooks Textilhandels GmbH & Co. KG gehören vier Läden in der Bielefelder Innenstadt mit ganz unterschiedlichen Konzepten, die aber eines eint: „Der emotionale Wert und die emotionale Befriedigung ist für diejenigen, die sich in unserer modischen Welt bewegen, wesentlich größer als beim Kauf im Internet oder in irgendeinem Kaufhaus“, sagt André Lösekann. Das neue Ozone in der Neustadt ist neben den eher klassischen Brooks-Stores und der ersten Ozone-Filiale in der Altstadt eines der jüngeren Babys des Textilhändlers. Trotz der 1a-Lage direkt in der Haupteinkaufszone bewahrt es sich immer noch das Flair von Understatement. Der Zugang zum Store führt durch einen Hinterhof und eine massive Holztür. Einzig und allein ein kleiner Fernseher, der in der Tür eingebaut ist, lässt vermuten, was sich dahinter verbirgt.
Ein Zielkaufkonzept Solche Ansätze kennt man eigentlich aus Berlin-Mitte. „Unsere Stores waren immer schon in 1b- oder 1c-Lage und die Kunden kamen immer gezielt zu uns hin. Mit dem neuen Laden sind wir zwar in einer absolut kommerziellen Lage, wir wollen weiterhin ein Zielkaufkonzept verfolgen“, sagt Lösekann. Bunte Luftballons raushängen oder Handzettel verteilen musste das Ozone nicht, die Eröffnung des Stores sprach sich in der Szene wie ein Lauffeuer herum. Unwissende Passanten mag die massive Holztür vielleicht abschrecken, auf der anderen Seite sorgt sie aber auch für eine gewisse Intimität, der Hinterhof wirkt wie eine Ruheoase im hektischen Getümmel der Bielefelder Innenstadt.
83 Das Ozone-Team mit Özcan Sahan (links), André Lösekann (mitte) und Alexander Möhle.
„Die Welt, die Ozone umgibt, entstand durch einen ständigen Austausch zwischen Subkultur und unserem Store.“ André Lösekann
Wieder Streetwear im eigentlichen Sinne Im Ozone Neustadt finden die Kunden ihr schlichtes Carhartt-Hemd, eine ehrliche Jeans oder ein gutes Sweatshirt. Lösekanns Intention war es, wieder zur ursprünglichen Streetwear zurückzukehren. Das Ozone Nummer eins in der Altstadt hatte 1998 als reiner Skateshop mit Core-Marken angefangen. Über die Jahre wurde das Sortimentskonzept immer informierter und spezieller. „Durch den Mix aus Streetwear und Casual Brands oder auch mal ein Hemd von Ralph Lauren haben wir uns von den Kunden entfernt, die einfach nur mit einem coolen T-Shirt und einer Carhartt-Hose zufrieden sind. Für die Kunden, die eher Streetwear im eigentlichen Sinne bevorzugen, haben wir Ozone zwei gemacht“, erklärt er.
Von der Szene für die Szene Auch die Bielefelder Streetart-Szene kann sich über die neue Ozone Filiale freuen. Hier finden sie eine komplette Wand mit Dosen, Markern und diversem Graffiti-Zubehör, die
in Lösekanns erste Ozone-Filiale nie hineingepasst hätte. Graffiti, Skaten, Deejaying, Partys und Events waren und sind für die Brooks Clothing Company immer schon ein großes Thema, denn Ozone ist in Bielefeld mit seinem Mix aus Streetwear und Urban Fashion für die Szene mittlerweile zu einer Art Institution mit eigener Community herangewachsen. „Die Welt, die Ozone umgibt, entstand durch einen ständigen Austausch zwischen Subkultur und unserem Store. Wir haben immer Wert darauf gelegt, die Szene in jeglicher Art zu supporten. Sei es den Bielefelder Skatepark, Skate-Events, Modedesigner, Ausstellungen, einen DJ bei der Finanzierung seines Albums oder einen Kreativen bei einem großen Wandprojekt mit Dosen. Auf diese Weise können wir unseren Kunden unsere Dankbarkeit für ihre Treue zeigen“, erzählt Lösekann. Seine Businesspläne sind vielversprechend. Im April 2010 hat er eine zweite Brooks-Filiale eröffnet: Brooks N.Y. in der Goldstraße 22. Für Ozone Neustadt stehen Pläne zur Vergrößerung vor der Tür.
Ozone 2 Bielefeld Neustadt Bahnhofstraße 22 33602 Bielefeld/Deutschland www.ozone-sports.com Inhaber & Geschäftsführer: André Lösekann Eröffnung: September 2009 Verkaufsfläche: 180 qm Mitarbeiter: 7 Marken Herren: Addict, Adidas, Asics, Bench, Boxfresh, Carhartt, Cheap Monday, Clae, Cleptomanicx, Converse, Dr. Denim, DVS, Edwin, Element, Ezekiel, Fenchurch, Gio Goi, Keds, Lakai, Mazine, New Balance, Nike, Nudie, Obey, Pointer, Reebok, Stüssy, Supra, The North Face, Ucon, Upper Playground, Vans, Zoo York Marken Damen: Adidas, Asic, Bench, Boxfresh, Carhartt, Cheap Monday, Cleptomanix, Converse, Dr. Denim, Ezekiel, Fenchurch, Gio Goi, Keds, Mazine, Nike, Nymph, Obey, Pointer, Reebok, Sessùn, Supra, The North Face, Ucon, Vans Accessoires/Sonstiges: Filme und Bücher: Ginko Press, Lomografie: diverse Kameras und Objektive, Marcador-Maker, Montana-Dosen und Marker, Nixon, WeSC Headphones Sonstiges: Support der Bielefelder Jungdesignermesse GLUTAMAT, www.glutamat.net Support der Bielefelder urban contemporary Art Ausstellung KAOZ, www.kaoz-bielefeld.de
Vor Ort_mantis, hamburg
mantis, hamburg_Vor Ort
„Viele befreundete Shops schicken ihre Kunden zu uns, weil sie wissen, dass sie hier in guten Händen sind. Egal ob Skater oder Nicht-Skater, wir beraten intensiv.“
Von wegen Teenieladen: im Mantis in Hamburg finden auch Kunde der älteren Garde kompetente Beratung und ausgefallene Teile.
Der Mantis Lifestore von Richie Löffler (unten) in Hamburgs Innenstadt bietet neben Skate-Hardware und Mode vor allem ein Team, das die Szene kennt, versteht und unterstützt.
Richie Löffler
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I skate HH
Wenn Tony Alva, Ray Barbie und Steve van Doren vom Vans Skateteam auf Europatournee gehen, stehen nur zwei Shops auf ihrer Besuchsliste. Einer davon ist der Mantis Lifestore in Hamburg. Text Nicolette Scharpenberg Fotos Mantis
M
anchmal kann eine Mahnung von Russell Simmons Anwaltskanzlei dem Macher des Hip Hop Labels Phat Farm äußerst förderlich fürs Business sein. Wäre dies nicht passiert, sähe das Leben von Hamburgs Skateboard-Koryphäe Richie Löffler heute vielleicht ganz anders aus. Seine erste Marke hieß Phat Wear, die allerdings ein schnelles Ende fand, weil der Name von Löfflers Marke im Vergleich mit Phat Farm einfach zu ähnlich klang. „Nachdem mir die
Anwälte von Russell Simmons eine Verwarnung wegen Copyrightverletzung geschickt hatten, habe ich Phat Wear begraben. Strafen in Millionenhöhe hätte ich mir damals als kleiner Skater einfach nicht leisten können“, erzählt Richie Löffler. Parallel zu Phat Wear startete er 1992 das Label Trap Skateboards. Anfangs ausschließlich für Hardware gedacht, wuchs Trap schnell zu einer etablierten Marke mit Hardware und Kleidung heran. 1997 eröffnete er schließlich Samsara, einen 30 Quadratmeter kleinen Shop in Hamburg-Barmbek. Bald reichte dieser von
der Fläche nicht mehr aus und so kam es zur Expansion. Seit 2000 betreibt Richie Löffler neben Trap den Mantis Lifestore in Hamburgs Innenstadt, mit dem es ihm gelang, eine Lücke in Hamburgs Infrastruktur des Skateboardings zu schließen. „Im Zentrum gab es bislang noch keinen richtigen Skateshop, der die Szene zusammengehalten und richtig unterstützt hat. Das wollten wir ändern und so ist das Mantis entstanden“, sagt Löffler. Einzelhandel sei eigentlich nie sein Ziel gewesen. Damals noch weltenbummelnder Skater, hat er sich über
die Jahre zu einem höchst professionellen Geschäftsmann entwickelt. „Ich habe früher schon gedacht, dass ich alles erreichen kann, wenn ich es nur will. Eine Trap Kooperation mit Mercedes Benz? Warum nicht, man muss nur irgendwann mal den richtigen Typen treffen“, erzählt er schmunzelnd.
Service hat oberste Priorität Mit seinen 200 Quadratmetern auf zwei Etagen, über 40 Marken und einer zwölf Meter langen Skateboardwall, die über 200 Decks fasst, ist das Mantis heute bei weitem kein kleiner Seitenstraßen-Skateshop mehr – obwohl ihn Richie Löffler noch so beschreibt. Auch Kunden der älteren Garde, die womöglich Zweifel haben, in einem Teenieladen auf kompetente Beratung zu stoßen, werden angenehm überrascht. Denn der Service hat hier oberste Priorität. „Viele befreundete Shops schicken ihre Kunden zu uns, weil sie wissen, dass die Leute hier in guten Händen sind. Egal ob Skater oder Nicht-Skater, wir beraten intensiv, beschäftigen uns mit den Leuten und versuchen zu helfen. Eltern vertrauen uns, dass wir für ihre Kinder die richtigen Sachen raussuchen. Das wissen unsere Kunden zu schätzen und so kommen sie auch immer wieder“, sagt Richie Löffler.
Mehr als nur ein Shop Auch weit über den eigenen Laden hinaus hat der ambitionierte Händler überall seine Finger im Spiel. „Wir investieren sehr viel in Skateboarding und machen eine Menge Projekte. Wir kennen viele der Fahrer persönlich und haben bereits mit Skateboardgrößen wie Tony Hawk, Jamie Thomas oder Steve Berra diverse Demos gemacht.“ In ihrem Blog posten sie regelmäßig Dinge, die rund ums Skaten in Hamburg passieren. „Wir wollen mit unseren Projekten den Leuten eine Perspektive geben. Insbesondere Kids, die vielleicht gerade erst anfangen, zu skaten, wollen wir unterstützen und ihnen einen Weg zeigen, wie sie daraus auch eventuell eine Karriere machen können. Das Mantis steht sinnbildlich als eine Art Homebase für alle Rollbrettfahrer und die, die es werden wollen“, erklärt Richie Löffler. Jetzt versteht man auch, warum das „I skate HH“ T-Shirt von Trap eines der Bestseller im Mantis ist. Es ist das Logoshirt der Familie.
MANTIS Lifestore Große Theaterstraße 7 20354 Hamburg/Deutschland www.mantisshop.de Inhaber: Richie Löffler Eröffnung: Februar 2000 Verkaufsfläche: 200 qm Mitarbeiter: 6 Marken für Frauen: Adidas Originals, Billabong, Björkvin, Cheap Monday, Cleptomanicx, Converse, Dr. Denim, I Love HH, Mazine, Kawasaki, Keds, Keep, Matix, Nike SB, Nikita, Trap, Vans, Volcom, WeSC, Yack Fou Marken für Männer: Adidas Skateboarding, Ben Davis, Burton, Brixton, Cleptomanicx, DC, Dickies, DVS, Element, Emerica, eS, Etnies, Ezekiel, Famous, Fox, Globe, I Love HH, Jim Rickey, Kawasaki, Keep, King Drips, Kr3w, Lakai, Nike SB, Nudie Jeans, Obey, Osiris, Supra, Reell, Radio, Stussy, The Hundreds, USBA, Vans, Volcom, Wemoto Accessoires: Brixton, Burton, Casio, Cheapo Brillen, Cleptomanicx, Da Kine, Fjällräven, Flex FitLow Life, New Era, Nixon, Oakley, Ogio, Skull Candy, Urban Ears, WeSC Hardware: 5 Boro, Alien Workshop, Almost, Anti Hero, Baker, Berlin Wood, Black Label, Black River, Blind, Cliché, Creature, Dark Star, Deathwish, DGK, Element, Enjoi, Flip, Foundation, Girl-Chocolate, Habitat, Hessen Mob, King Kong, Loaded, Minus, Morphium, Nollie Wood, Plan B, Powell, Radio, Rayne, Real, Santa Cruz, Sector 9 Indiana, Skate Mafia, Slave, Sticky Fingers, Sweet, Tech Deck, Toy Mashine, Trap Skateboards, TSG, Wicked Sticks, Zero Events: Go Skateboarding Day, Skateshows mit Tony Hawk, Ryan Sheckler, Jamie Thomas Kinopremieren von allen wichtigen Skatefilmen und kleine lokale Events auf www.mantisshop.de Nebenprojekte: Skatepark, mit der Stadt Hamburg (www.skateplateau.de)
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und da wäre noch_stephan Huber
Keine Ausreden bitte
O
ffensichtlich ist Berlin schon wieder eine Selbstverständlichkeit. Das europa-, wenn nicht weltweit umfangreichste und differenzierteste Informationsangebot in Sachen Mode und Bekleidung, in tollen Locations in einer nach wie vor preiswerten Stadt. Das ist ja wohl das Mindeste. Also finden wir das zwar schon gebührend lässig, aber meckern mal sicherheitshalber über eine gefühlt geringere Frequenz.
Ich habe zum Fetisch Besucherzahlen auf Modemessen schon immer ein mehr als gestörtes Verhältnis. Dieser Zwang, ständig neue Rekordzahlen zu kommunizieren. Dieser argumentative Eiertanz, wenn die Besucherzahlen mal wieder rückläufig sind. Überdies gibt es immer Stände, die 86 auch dann wie eine no go zone wirken, wenn sich auf den Gängen die Ärsche reiben, und umgekehrt solche, die auch dann überfüllt sind, wenn die Frequenz nicht nur gefühlt schwächelt. Ganz ehrlich – mir ist die Bread & Butter der 100.000 seinerzeit in Barcelona eher auf die Nerven gegangen. Wohl 40 Prozent dieser 100.000 hatten auf einer Fachmesse eigentlich nichts verloren, sind mir aber trotzdem überall im Weg gestanden. Ich bin also für die strenge Tür und gegen den Einlass für Give-away-Junkies. Solange die RICHTIGEN nach Berlin kommen, habe ich in dieser Sache nichts zu maulen. Aber weil es gerade gefühlte 50 Grad hat, ist mir ein wenig nach maulen und ich habe auch einen Grund: Von den RICHTIGEN kann es auf einer Messe für Fachbesucher letztlich dann nämlich doch wieder nicht genug geben. Tatsächlich gibt es noch Händler in erstaunlicher
Zahl, die sich Berlin schenken. Und auch solche, die z. B. explizit gar nicht wollen, dass ihre Mitarbeiter mal auf so eine Veranstaltung fahren. Das kann und will ich einfach nicht verstehen. Wir sind uns hoffentlich einig, dass Differenzierung und ein eigenes Profil die vielleicht wichtigsten Säulen sind, auf die sich der Einzelhandel stützen kann. Gesichtsloser Einheitsbrei wird entweder vom Onlinehandel aufgefressen oder wegvertikalisiert. Differenzierung verlangt aber zwingend nach Information, eigentlich nach Informationsvorsprung. Die Fülle von Informationen, die in Berlin von der Bread & Butter, der Premium, der Fashion Week, aber auch von kleinen Specialmessen wie der Bright und letztlich in der Stadt selbst geboten werden, ist gegenwärtig fast unvergleichlich. Keine der Standardausreden ist also akzeptabel. Nicht angeblicher Zeitmangel und schon gar nicht das Kostenargument, weil ein guter Kaufmann den hervorragenden ROI erkennen sollte. Auch das legendäre „Ich seh dann eh alles, wenn ich zum Ordern in die Showrooms komme...“ gilt nicht. Was haben wir bei der Fussball-WM in Südafrika gelernt? Wer Erfolg haben will, braucht nicht einfach nur ein paar gute Kicker, sondern einen Plan, ein Konzept, eine Philosophie – und zwar möglichst adaptiv, um vielleicht auch mal schnell umschalten zu können. Das verlangt eben nach Informationen. Dazu kann ein Magazin wie jenes, das Sie gerade lobenswerterweise lesen viel beitragen. Aber so wie Jogi Löw nicht einfach nur am Sofa Videos schauen kann, müssen eben auch wir raus an die Orte des Geschehens. Müssen? Dürfen! Oder sind wir schon so satt?
impressum. Eigentümer, Verleger, Redaktion & Anzeigen B2B Fachverlag GmbH A-5081 Salzburg-Anif Geschäftsführung Stephan Huber, Nicolaus Zott Verlagsbüro Salzburg-Anif Salzweg 17, A-5081 Salzburg-Anif T. +43-6246-89 79 99 F. +43-6246-89 79 89 office@ucm-verlag.at www.ucm-verlag.at Herausgeber Stephan Huber (stephan.huber@ucm-verlag.at)
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Jeremy Gloor, Caitlin Hall, Kaitlin Doherty, Sebastian Schulke, David Luther, Mel Merio, Miranda Hoogervorst, Madeleine Stüblreiter (Praktikantin) Fotografen Steffen Jarosch, David Luther, Mel Merio, Barbara Vidal Illustratoren Andreas Klammt Styling Sabine Berlipp, Karin Boba Lektorat Johannes Seymann Druck Laber Druck/Oberndorf Druckkoordination Manfred Reitenbach Bankverbindung Volksbank Salzburg 105 627, BLZ 45010