über.morgen
www.uebermorgen.at | Jahr 2, Ausgabe 9 | Fr 25.6.2010 | Kostenlos
die kritisch-unabhängige Studierenden-Zeitung
WER FLIEGT RAUS? WENN Ausscheiden wirklich weh tut S. 4-5 Foto: Martin Juen
Neue Zugangsbeschränkungen kommen S. 7
Foto: Leif Lücht / pixelio.de
Alpen-Donau.info: Unkenrufe aus dem Keller S. 9
Comic: Bertram Könighofer
Comic gegen Rechts 24 Stunden - 365 Tage S. 13
über.inhalt
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über.inhalt
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Was kostet die Welt?
über.ich
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Liebe Leserinnen, liebe Leser
über.thema
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Rechtlich unzulässige Integration. Wenn eine 10-jährige ihre Pflichten nicht kennt
Impressum In Kürze
Warten auf den Asylbescheid
Was kostet die Welt? Das ist eine Frage, die selbst wir nicht be antworten können. Aber dafür können wir eine andere beantworten und zwar, wie viel eine Zeitung kostet: Sie kostet Geduld, viele Stunden intensives Diskutieren, Schreiben, Flyern, Austeilen. Sie kostet Telefonieren, Anheuern, Raum suchen, Laptops ständig ein- und auspacken und den Kaffee mit den Freund_innen absagen. Und sie kostet Geld, damit sie gedruckt wer den und auch über.morgen noch rauskom men kann: Und zwar in einer Auflage, die garantiert, dass auch ihr eines unserer be gehrten Exemplare in die Hände bekommt. Eure Spende sichert nicht nur das regelmä ßige Erscheinen der über.morgen sondern – wir sind ja nicht so – auch ein paar Tipps, die wir euch nicht vorenthalten wollen. Einen dieser Tipps, stellen wir euch nun, kosten los, gratis aber hoffentlich nicht umsonst vor: Nachdem ihr die druckfrische über.morgen gelesen habt, könnt ihr mit ein bisschen Leim und Wasser eine supertolle Vuvuzela basteln und eure WM-Euphorie mal so richtig lautstark kund tun. Genervte Nachbar_innen, Freund_innen oder Mitbewohner_innen lassen wir natürlich auch nicht im Stich: einfach eine halbe Seite der über.morgen zusammenknüllen und in die Ohren stopfen und ihr kriegt gar nichts mehr mit. Über.politik macht unseren Erfahrungen nach die lautesten und nervigsten Dröhntüten, über.bildung bringt sie am besten zum Verstummen. Für eure Spende danken wir euch! Hier und jetzt, anonym aber herzlich. [red]
spenden@uebermorgen.at Konto: 00074753235 | BLZ: 60000 (PSK) Zweck: über.morgen Alle Einlagen gehen ausschießlich zuguns ten des Vereins (Druckkosten).
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Raus aus der Verbannung. FC San Papiers zwischen Integration und Abschiebung
über.kurioses
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Österreichische Familie wird abgeschoben. Höchstgericht lehnt Bleiberecht ab
über.bildung
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Zugangsbeschränkungen. Schluss mit Lustig für Publizistik und Psychologie
über.denken
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Arigona muss gehen...
über.politik
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Von „Israel-Hassern“ und „Pali-Bashern“ Unkenrufe aus dem Keller Widerstand muss möglich sein. §278 soll weiter verschärft werden Proteste bei Bankengipfel
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Vom Drang Israel zu kritisieren. Anti-Israelische Demonstrationen in Wien Südafrika: Ein Efahrungsbericht
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Leben zwischen Grenzen. Schwellenland: Eine Ausbürgerung in 10 Tagen
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The Seewiesenfest Diary
über.graus
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Die Sendung mit dem Graus: Erinnerungsort
über.reste
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über.kitsch&kultur
Comic gegen Rechts: 24 Stunden - 365 Tage Eine, die es gerne tut. Einführung in Eva Kreiskys Werk Unser Lieblingsplatz: Das Jetzt Hund der Woche: BP Unser Zahlenrätsel Sudereck: Der Juni-Blues
Richtigstellung: In unserer letzten Ausgabe hat sich ein Fehler eingeschlichen bzw. haben wir einen Fehler gefunden. Das Gedicht *die camera obscura in der Schottentorpassage* ist nicht von cgal, sondern von Lukas Schmutzer! Wir bitten um Entschuldigung! Impressum Medieninhaber & Herausgeber: Verein zur Förderung studentischer Eigeninitiativen. 1170 Wien. Taubergasse 35/15. Tel.: +43664 558 77 84, Homepage: http://www.uebermorgen.at; Redaktion: Verein zur Förderung studentischer Eigeninitiativen. 1170 Wien. Taubergasse 35/15; Redaktionelle Leitung: Jakob Arnim-Ellissen, Markus Schaut, Matthias Hütter; Herstellerin: Druckerei Fiona, www.fiona.or.at; Herstellungs- und Erscheinungsort: Wien; Layout: jaae, axt; Alle Rechte, auch die Übernahme von Beiträgen nach §44 Abs. 1 Urheberrechtsgesetz: © Verein zur Förderung studentischer Eigeninitiativen. Dem Ehrenkodex der österreichischen Presse verpflichtet.
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über.ich
Liebe Leserinnen, liebe leser Drinnen wird gearbeitet, draußen wird ge jubelt. Vor den Redaktionsräumen der über. morgen regiert das runde Leder. Auf den TV-Monitoren Im WUK-WM-Quartier laufen, passen und schießen ausländische Fußball spieler zum Jubel der österreichischen Fuß ballfans um die Wette.
nichts. Ausländer sind auch nett, und Fußball spielen können sie sowieso besser. Und au ßerdem findet das alles eh im Ausland statt.
das macht Angst. Egal ob großer schwar zer Mann oder kleines Mädchen mit Reh augen. Den Ausländer_innen das Ausland ist unsere Devise.
Nur zu uns kommen sollen sie halt nicht. Denn
Dort ist ja auch schön, sogar in Afrika. Hin und wieder mal Stau, sonst alles perfekt, meldet uns der ORF-Kommentator, während Polizist_innen auf Demonstrant_innen schie ßen. Warum wollen die dort überhaupt weg?
Die Welt zelebriert ihre Nationalität und ich bin natürlich voll dabei. Freue mich über die Niederlage der Deutschen. Ärger mich, dass die Slowenen das 2:0 gegen die Amerikaner nicht halten können. Bin entsetzt über eng lische Arbeitsverweigerung und begeistert vom argentinischen Kombinationsfußball.
Auch nach der WM werden Ausländer_innen Fußball spielen. Im Ausland und auch im In land. Mit und ohne Papiere. Und wir werden weiter Angst haben. Warum?
„Wir“ sind ja nicht dabei, das macht aber gar
Das fragt sich euer über.ich Foto: jaae
Protest: „Uni Sucks Ass“ Am 17. Juni 2010 ging die vierte “Uni-Suc cess” Veranstaltung der Universität Wien über die Bühne. Eine Gruppe „Zombies“ mit Transparenten und Megaphonen blo ckierte die Eröffnung.
Foto: Daniel Hrncir
Sie wollten damit auf die Probleme der Uni versitäten, abseits von Success und Karri ere, hinweisen.
Lackierergasse 16 - Ort der Begegnung In der Lackierergasse entsteht demnächst eine Tagesbildungsstätte für Menschen in prekären Lebenslagen und Studieren de. Das Projekt wurde von Aktivist_in nen der Uni Brennt Bewegung gemeinsam mit dem Verein Vinzenzgemeinschaft und Peter Haselsteiner ins Leben gerufen. Alle Infos auf http://indivolution.tk! Foto: RED
Neugierig was die Behörden über dich wissen?
Foto: Martin Juen
Auf no-racism.net findet sich eine Schritt für Schritt-Anleitung um herauszufinden, welche Daten Polizei und Innenministerium über dich gespeichert haben. Wo muss an gefragt werden, welche Datenbanken gibt es, welche Daten müsst ihr dafür preisge ben, all diese Fragen beantwortet der Arti kel auf no-racism.net/article/2851.
Das Ende des Hochschuldialogs Uni-Rektoren, der ÖH und Protestbewegung sind schon lange ausgestiegen. Jetzt wird am 30. Juni der Schluss bericht des Hochschuldialogs präsentiert. Zu vielen wichtigen Themen wie Studiengebühren oder Studieneingangsphase konnte keine Einigung erzielt wer den. Einig ist man sich, dass die Absolventenzahl erhöht und die soziale Durchmischung forciert werden muss.
Studierendenwohnheim vom Abriss bedroht Im Juli 2012 sollen die Wohnblöcke A,B,C des Haus Döbling abgerissen werden. An ihrer Stelle werden Genossenschaftswoh nungen und „Sonstiges“ gebaut. Von 378 Heimplätzen, die dadurch zerstört werden, sollen nur 126 neu gebaut werden. Das Be sondere am Heim sind seine Statuten, die den Heimbewohnern in allen das Heim be treffende Fragen Mitbestimmung garantieren.
Grafik: hausdoebling.at
Benefiz für Arigona Zogai Am 28. Juni findet im 3raum-anatomiethe ater ein Benefiz für Arigona und Familie mit Otto Taußig, Erwin Steinhauer, Wer ner Brix, Hubsi Kramer und vielen mehr statt. „Alle die mitmachen wollen und et was beitragen können, als Künstler und Spendende, sind herzlich eingeladen.“ Infos auf www.3raum.or.at!
IN KÜRZE IN KÜRZE IN KÜRZE IN KÜRZE
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über.thema
Rechtlich unzulässige Integration Wenn EINE 10-jährige ihre Pflichten nicht kennT Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat die Entscheidung des Asylgerichtshofs (AsylGH) bestätigt und damit festgestellt, dass die Ausweisung von Arigona Zogaj nicht verfassungswidrig ist.
Das bedeutet, dass die Entscheidung des AsylGH nun durchsetzbar ist, dass der Staat Befehls- und Zwangsgewalt ausüben darf, wenn sich Arigona Zogaj weigert, das Land freiwillig zu verlassen. Sprich, dass sie ab geschoben werden kann, wenn sie nicht in der eingeräumten Frist ausreist.
senen Gesetze (in diesem Fall die fremden rechtlichen Bestimmungen) auch eingehalten werden (Art. 8 EMRK, zweiter Absatz). Auf der anderen Seite das Interesse daran, dass das individuelle Recht auf Achtung des Pri vat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK, ers ter Absatz) nicht beeinträchtigt wird.
Damit ein Gericht darüber urteilen kann, wann ein solcher Eingriff in das Privatleben eines Menschen rechtlich zulässig ist, hat es die Europäische Menschenrechtskonventi on (EMRK) anzuwenden und eine individuel le Prüfung durchzuführen. Diese Prüfung ist im Wesentlichen eine Abwägung zwischen zwei Interessen, die in den beiden Absätzen des Art. 8 EMRK formuliert wurden:
Es geht daher um die Abwägung, wann das Interesse des Staates auf Einhaltung sei ner (einfachen) Gesetze den (verfassungs rechtlichen) Schutzauftrag gegenüber seinen Rechtsunterworfenen überwiegt.
Auf der einen Seite das Interesse des Staates darauf, dass die vom Parlament beschlos
Auf der einen Seite einfachgesetzliche Re geln, die sich der Staat selbst auferlegt hat, auf der anderen Seite individuelle Freiheits rechte, deren Achtung und Einhaltung so wichtig sind, dass diese Rechte im Verfas sungsrang stehen.
Der AsylGH argumentiert im Wesentlichen, dass Arigona Zogaj sich nicht hätte integrie ren dürfen (bzw. dass ihre „faktisch stattge funden habende Integration“ rechtlich nicht relevant sei). Sie hätte im Alter von 10 Jah ren davon ausgehen müssen, dass ihr Auf enthalt kein dauerhafter sein würde. Und es hätte ihr bewusst sein müssen, dass sie sich nur deswegen integrieren hatte kön nen, weil ihr illegaler Aufenthalt durch meh rere Anträge „unzulässigerweise“ verlängert worden wäre. Die Integration ist demnach nur dann recht lich relevant, wenn sie während eines legalen Aufenthalts stattgefunden hat. Dass Arigona Zogaj zum Zeitpunkt der Antragstellungen ein minderjähriges Kind war und der gesetz liche Vertreter (ihre Eltern) dafür verantwort lich zu machen wäre, dass rechtskräftige Entscheidungen nicht befolgt wurden, lässt der AsylGH nicht gelten. Ein Kind müsse sich eben gefallen lassen, dass ihm die von seinen gesetzlichen Ver tretern gesetzten Handlungen (auch Fehlver halten und Versäumnisse) zuzurechnen sind. [gko]
Warten auf den Asylbescheid Die Ausländerthematik ist in den meisten europäischen Ländern ein emotionales, ein heißes Thema. So auch in Österreich. Es ist ein Thema, bei dem die Begriffe Einwanderung und Asyl synonym und daher unrichtig gebraucht werden, bei dem wenig Wissen, dafür viel Polemik vorkommt, und das von Angst beherrscht wird. G as t k ommen t a r von T h omas V a r k on y i Angst ist bekanntlich ein schlechter Ratge ber, kann aber nicht ausgeblendet werden: Die Angst der Flüchtlinge in der Fremde, die Angst der Einheimischen vor Konkurrenz, Fremdheit, Armut, die Angst der Politik um die Wählerstimmen, die Angst der Exekutive vor Klischees, und so weiter. Das Integrati onshaus Wien hilft, diese Ängste aufzulösen und ein Zusammenleben zum Vorteil aller zu ermöglichen. Andy kommt aus Nigeria. Dort ist er in bäuerlichen Verhältnissen aufgewachsen, manchmal war Markttag, das war etwas
Besonderes, „da war ich mit meiner Mama und habe geholfen“, wie er sagt. Dies än derte sich schlagartig, als der Krieg zu Andy ins Dorf kam. Das kleine bisschen Sicher heit war weg, die Lebensgefahr ständiger Begleiter. „Dann ist mein Vater gestorben“, sagt Andy mit stockender Stimme, „und mei ne Schwester. Und ich habe es mit ansehen müssen. Dann hat meine Mama gesagt, ich soll flüchten, bevor ich auch sterben muss.“ Nach einer abenteuerlichen Flucht landete Andy im Wiener Integrationshaus. Hier war tet er nun darauf, dass sein Asylantrag an genommen wird. Das bedeutet auch, dass er im Gegensatz zu seinen Schulfreunden, mit denen er die Hauptschule besucht hat,
keine Arbeitsmöglichkeiten hat, außer Hilfs tätigkeiten, wie beispielsweise Schneeräu mung bei der MA 48. „Hier in Wien sterben Menschen nur an Krank heiten oder wenn sie sehr alt sind, aber wo ich herkomme, weiß man am Morgen nie, ob man am Abend noch am Leben ist. Und wenn hier etwas passiert, kann man die Poli zei rufen, und die kommt auch und hilft. Das kenne ich aus Nigeria nicht.“ Das Integrationshaus schätzt er sehr, aber wenn sein Asylantrag durch ist, möchte er möglichst bald beruflich auf eigenen Beinen stehen und auch eine eigene Wohnung ha ben. So wie seine Freunde aus der Schule.
über.thema
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Raus aus der Verbannung
FC San Papiers zwischen Integration und Abschiebung „Seit damals kommen viele nicht mehr“, erzählt der junge Mann im grünen Trikot des nigerianischen Nationalteams. „Sie haben Angst vor der Polizei.“ Sie, das sind die Spieler des FC Sans Papiers und damals, der Tag, an dem über 100 Polizisten beim Training auftauchten, um einen gesuchten Asylwerber zu verhaften. Der Sportplatz ist weitläufig und das Groß aufgebot war notwendig um eine Flucht zu verhindern, argumentierte danach der Po lizeisprecher. Gesucht wurde einer, kontrolliert 16. Verhaf tet wurden fünf, abgeschoben zwei. Trainer Cletus B. und Spieler Vincent A. wurden trotz heftiger Proteste der Zivilgesellschaft und der Grünen am 4. Mai nach Nigeria abge schoben. Cletus ist dort inzwischen unterge taucht, erzählt Di-Tutu Bukasa, Präsident des FC Sans Papiers. „Wir haben ihn in seinem Schicksal allein gelassen. Jetzt muss er in seinem eigenen Land im Untergrund leben.“ Cletus ist homosexuell, worauf in Nigeria eine Gefängnisstrafe von bis zu 14 Jahren steht. In zwölf Bundesstaaten droht ihm sogar die Todesstrafe durch Steinigung.
„Anarchische Zustände in der Schubhaft“ Die Abschiebungen von Cletus und Vincent waren nicht nur von heftigen Protesten be gleitet. Die Rechtsvertreter_innen der bei den Nigerianer werfen den Behörden auch schwere Verfehlungen vor: So sei Tim Au ßerhuber vom MigrantInnenverein St. Marx nicht zur Einvernahme seines Klienten Vin cent zugelassen, Folgeanträge von dienst habenden Beamt_innen nicht angenommen, Telefonate verweigert und den Rechtsvertre ter_innen Informationen zum Abschiebungs termin vorenthalten worden. „Diese Vorgehensweise lässt auf anarchi Foto: jaae
sche Zustände in der Schubhaft schließen und würde ein absichtliches Beschneiden der grundlegenden Verfahrensrechte der Schubhäftlinge bedeuten“, heißt es in ei ner Anfrage der Grünen an Innenministerin Fekter, deren Beantwortung noch aussteht. In einem Gespräch mit einer Tageszeitung warf Cletus den Fremdenbehörden auch vor, ohne Heimreisezertifikat abgescho ben worden zu sein. Ein Heimreisezertifikat ist im österreichischen Recht bei einer Ab schiebung vorgeschrieben, darin müssen die Behörden des Landes in das abgescho ben wird, die „Übernahme“ der Abgescho benen bestätigen.
„Wir wollen aus unserer Verbannungssituation heraus“ Die Polizeiaktion hat deutliche Spuren in der Mannschaft hinterlassen. Cletus B. war Trai ner und gleichzeitig bester Spieler des Ver eins, der in der zweiten Klasse A der Wiener Liga auf Platz 4 liegt. Am Sonntag spielen sie gegen den Tabellenführer, Bhf. Favori ten. Trotzdem haben sich nur sechs Spieler auf der Marswiese in Hernals zum Training eingefunden. Ein richtiges Training wird es dann auch nicht, dafür werde ich zum Spiel auf dem kleinen Feld eingeladen. Wir spielen ohne Tormann und nur Stangentreffer und Kopf balltore werden gezählt. Mit ausgeborgten Kunstrasenschuhen hetze ich auf der Sei te auf und ab.
„The white guy, the white guy“, heißt es la chend, als ein Elfer fällig ist, den ich glatt ne ben die Stange setze. Untereinander sprechen die Spieler in verschiedenen afrikanischen Dialekten, mit mir Deutsch und Englisch. „Die Sans Papiers sind keine Insel, sie wur den gegründet, um mit der Mehrheitsgesell schaft zusammenzuarbeiten“, sagt Bukasa. „Wir wollen aus unserer Verbannungssituati on heraus, jeder ist eingeladen bei uns mit zutrainieren“, bittet er mich immer wieder „den Studenten“ zu sagen, dass sie doch auch zum Training kommen sollen. „Spielen dürfen dann natürlich nur die Besten“, folgt postwendend eine Einschränkung.
Ohne Training gegen den Tabellenführer Beim Spiel am Sonntag gegen Bhf. Favoriten kommen dann genug Spieler. Das fehlende Training macht sich bemerkbar. Technisch sind die Sans Papiers klar überlegen, tak tisch läuft es nicht so gut. Am Ende steht es 2:2, der Tabellenführer wurde damit zwar ge stürzt, die Sans Papiers bleiben aber wei ter am 5. Platz. In den Köpfen der Spieler regiert aber so wieso nur während dem Spiel der Fußball. In der übrigen Zeit geht es um andere The men. Abschiebungen sind dabei immer prä sent. „Österreich erkennt nicht, wenn jemand gut in etwas ist. So wie diese Arigona, die jetzt weggehen muss. Und Cletus hätte bei jedem Verein in Österreich spielen können. [jaae] So jemand sollte bleiben dürfen.“
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Österreichische Familie wird Abgeschoben
Höchstgericht lehnt bleiberecht ab Eine Familie österreichischer Asylwerber_innen, die seit fünf Jahren in England lebt, wird nun ausgewiesen. Die Familie Müller ist 2011, ein Jahr nach Kornblumenkranz‘ Wahl zur Bundespräsidentin, aus Österreich geflohen und illegal nach England emigriert.
Foto:net_efekt, Flickr.com
sche Exportindustrie endgültig den Bach hi nunter gegangen ist.
Nach Kornblumenkranz´ Angelobung hat die EU bekanntlich erneut Sanktionen gegen Österreich verhängt. Die totale internatio nale Isolation der Alpenrepublik hatte de ren Wirtschaft arg zugesetzt. Am stärksten betroffen war hier die Tourismusindustrie, in welcher auch Josef, der Vater der fünfköpfi gen Familie Müller, tätig war. „Und auf a Moi woan kane Piefkes nimma do. Zerscht woan ma jo froh, oba donn hat‘s ka Oabeit nim ma gebm“, so Josef zu den Auswirkungen des deutschen Boykott-Aufrufs des Öster reich-Tourismus von 2011. Die von Kornblumenkranz getroffenen Maß nahmen haben dem Land letztlich auch nicht geholfen. Der „saufende Vorhang“ an der ös terreichischen Ostgrenze hat zwar die Wo chenend-Kriminalität reduziert, er hat aber auch dazu beigetragen, dass die österreichi
Die Bundespräsidentin hat zwar mittels zahl reicher Notverordnungen versucht die Wirt schaft wieder anzukurbeln – zum Beispiel hat sie im August 2010 den Schilling wieder ein geführt – diese waren aber ohne Erfolg. Das Ergebnis war eine massive Inflation. „Boit hot ma a Auto braucht, um nua a Semmal kafn z‘ kenna... Ois Liftwart in de Kitzbühler Beag hätt i in de FPÖ-Zunft fia des Schneebrettl gleitgerätsgewerbe eitretn miassn. Do i ma de Beitrittsgebühr oba net hob leisten kenna, hob i mei Hockn valoan...“, so Herr Müller. Danach sei sein Leben zur wahren Hölle ge worden. Die Strachemiliz sei immer öfter in sein Haus eingedrungen und hätte mehr mals die dinarische Herkunft der Familien mitglieder geprüft. „De hom donn a gsehn, das koa Büdl vom Herrn Strache im Haus woa und hom uns vuagworfa, Anti-FPÖ und Liligumes z‘sei“, schildert Josef die zuneh mende Schikane der Staatsgewalt. „Heast stöns Ihna fua: Iagendwonn san de sogoa kemma und hobm uns a Büdl zoagt, wo in sa klana Bua an Kebab gessn hot!“, berich tet Müller. Und da nach den neuen Gesetzen der Verzehr von Kebabs illegal war, hätten die Milizler eine hohe Geldstrafe angedroht. Das Maß sei ab da voll gewesen: „Donn hom ma ins gsogt: Heast moch ma ins auf de So ckn noch Englond, und fong ma duat neich o!“, so Müller. Jetzt wohnen sie seit fünf Jahren im nordenglischen Dorf „Tweedle-om-the-World“.
Obwohl die Kinder anscheinend Englisch gelernt haben, spricht sich der lokale Bür germeister gegen ihr Bleiberecht aus: „Die tun nicht wollen lernen richtiges Englisch. Die können nicht stehen richtigen Schlan ge im Supermarkt und immer wollen sich ausziehen am Strand. Es ist einfach nicht Englisch, in der Tat, ich muss schon sagen.“ Um Geld zu verdienen hat Herr Müller vor vier Jahren am Dorfplatz einen Würstl-Stand aufgemacht. Das hat großen Unmut im Dorf ausgelöst, da die Dorfbewohner gefürchtet haben, die traditionelle englische Küche könn te von den Einwanderern bedroht werden. Die Staatsanwaltschaft hat sich schließlich letzte Woche entschieden, dass die Familie das Land verlassen muss. Hinter vorgehal tener Hand aber glauben viele Leute, dass die Entscheidung politisch motiviert war. Vie le befürchten einen Präzedenzfall: Sollte die Familie Müller bleiben dürfen, würden weite re österreichische Asylwerber nach England kommen. Viele befürchten auch die Entste hungen österreichischer ‚Ghettos’, wo dann nur Österreichisch geredet würde und die Le derhosen tragenden Jugendlichen mit ihren Gangstertraktoren ihre Bandenkriege aus fechten und einander erschießen würden. Als man vor kurzem die Queen nach einem Kommentar zur „Kausa Müller“ gefragt hat, gab sie nur ein schlichtes „Wir sind nicht amüsiert“ von sich, und soll dabei ein Ge sicht geschnitten haben, als hätte sie in ei ne Zitrone gebissen. [holt]
über.foto: Leopold Maurer, Comics gegen Rechts
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über.bildung
Zugangsbeschränkungen
Schluss mit Lustig für Publizistik und Psychologie
Foto: Unigrazgehoertuns.org
Ministerin Beatrix Karl hat sich seit ihrem Amtsantritt schon mehrmals für flächendeckende Zugangsbeschränkungen ausgesprochen. Mit Publizistik und Psychologie betrifft es jetzt zwei sehr gefragte Studienrichtungen.
Nach Medizin erwarten uns nun mit Beginn des nächsten Semesters auch Aufnahme tests in den Fächern Publizistik und Psy chologie. Überraschend kam das nicht. Die betroffenen Hochschulen haben schon vor einiger Zeit den Antrag auf Anwendung des Notfallparagraphen beim Wissenschaftsmi nisterium eingebracht. Anfang Mai war es dann soweit. Nach lan ger politischer Diskussion zerbrach die rote Einheitsfront gegen die Zugangsbeschrän kungen und die Regierung beschloss, sehr zur Freude der Universitäten, die Aufnah meverfahren. Gescheitert ist lediglich das Vorhaben von Rektor Badelt von der Wirt
schaftsuniversität Wien. Er wollte auch auf seiner Universität in zwei Studienrichtungen Zugangsbeschränkungen einführen, schei terte allerdings am Widerstand der übrigen Universitäten. Alternativ wird es jetzt eine verschärfte Studieneingangsphase und neue Voraussetzungsketten geben.
Die Zeiten werden härter Dass die betroffenen Fächer überlaufen sind ist nichts Neues. Die vermehrte Nachfrage nach Anwendung des Notfallparagraphen durch die heimischen Rektoren jedoch schon. Die Beweggründe sind fast immer die glei chen. Deutschland wird in den nächsten Jah
ren sein Schulsystem schrittweise umstellen - statt wie bisher 13 wird man in Zukunft nur noch zwölf Jahre für das Abitur benötigen. Mit den neuen Zugangsbeschränkungen versuchen die österreichischen Hochschu len sich rechtzeitig auf den zu erwartenden Anstieg an deutschen Studienanfänger_in nen vorzubereiten.
Veralteter Numerus Clausus Nicht sicher ist allerdings wie lange der Zu strom an deutschen Numerus-Clausus-Flücht lingen noch anhalten wird. So sprach sich Anfang April der deutsche Gesundheitsmi nister Philipp Rösler vehement gegen den Numerus Clausus und für eine Verstärkung von Auswahlgesprächen aus - der Noten durchschnitt alleine dürfe nicht ausschlag gebend sein. Traurig an dieser Entwicklung und der ein hergehenden Diskussion ist, dass scheinbar niemand Alternativen zu Auswahlverfahren und Zugangsbeschränkungen erkennt. Was die Zukunft bringen wird, ist noch ungewiss. Unsere Kinder werden jedenfalls nicht mehr zwischen so vielen frei zugänglichen Studi enrichtungen wählen können, so wie es uns möglich war.
[gog]
Umfrage: Wir wollen eure Meinung wissen über.morgen: Was haltet ihr von den Zugangsprüfungen in Publizistik und Psychologie ab dem nächsten Semester? Art Vandelay: Was soll man dazu sagen? Im Grunde fin det nur eine Verlagerung des Problems statt. Als ich vor einigen Jahren Soziologie studiert habe, gab es in Psychologie auch Beschränkungen. Das führte dazu, dass viele die eigentlich Psychologie studieren wollten, Soziologie studierten. Die Soziologie war auf diesen Ansturm in keinster Weise vorbereitet, was zu großen Kapazitätsschwierigkeiten führte. Das Grundproblem ist ganz einfach, dass für die Gesamtzahl der Studierenden nicht ge
nug Kapazitäten vorhanden sind. Beschrän kungen in einzelnen Fächern verschieben das Problem auf andere. Man muss beden ken, dass auch die Fächer die momentan sehr wenige Studierende haben, ein Pro blem bekommen wenn die Studierenden anzahl bei ihnen steigt. Nur einmal als Gedankenexperiment: Wenn Beschränkungen in Geschichte eingeführt würden, würden sicher einige Sudienan fänger_Innen auf Alte Geschichte auswei chen. Momentan beginnen dieses Studium vielleicht 30 - 40 Leute im Jahr. Wenn es nur 60 - 70 sind gibt es auf der Alten Ge schichte auf einmal große Kapazitätspro
bleme. Man muss sich immer vor Augen halten worauf die einzelnen Institute mo mentan ausgerichtet sind. Carms Woodchuck: Leider sind sie aufgrund der mangelnden Kapazitäten notwendig. Immerhin gibt‘s for mal gleiche Ausgangschancen, jeder erhält das selbe prüfungsvorbereitende Material, man ist also nicht notwendigerweise an die Qualität seiner vorangegangenen Schu le gebunden. Solange die Politik nicht an der Bildung der Bürger_innen interessiert ist, müssen wir zumindest versuchen das Beste daraus zu machen.
über.denken
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Arigona muss gehen... ...weil der Verfassungsgerichtshof (VfGH) „zu Recht erkannt“ hat, dass einem 10-jährigen Mädchen bewusst sein muss, dass man sich nicht integrieren darf, wenn man die falschen Eltern hat. Kommen
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Einige Jurist_innen meinen, dass der VfGH keinen Präzedenzfall schaffen wollte. Und wahrscheinlich haben sie damit Recht. Der VfGH hat allerdings einen Präzedenzfall ge schaffen, ob das den HöchstrichterInnen nun gefällt oder nicht. Allerdings keinen Präze denzfall für ein Recht auf Achtung des Privatund Familienlebens (Art. 8 EMRK), sondern dafür, dass zwei juristische Fragestellungen miteinander verbunden werden können, die ursächlich nichts miteinander zu tun haben, um ein bestimmtes Ergebnis zu produzieren. Auf der einen Seite geht es um ein Asylverfah ren, in dem die Integration eines Menschen keine Rolle spielt (auch der „integrations unwilligste“ Flüchtling im Sinne der Gen fer Flüchtlingskonvention hat Anspruch auf Zuerkennung des Flüchtlingsstatus durch den österreichischen Staat). Auf der ande ren Seite steht ein Eingriff in das Privatle ben eines bestens integrierten Kindes, das vollkommen unverschuldet von seinen ge setzlichen Vertretern in eine missliche Lage gebracht wurde.
Der VfGH verknüpft in seiner Entscheidung zwei Aspekte: Das „Volksempfinden“, wo nach es einen „Rechtsmissbrauch“ darstellt, mehr als einen Antrag zu stellen, oder Be rufung einzubringen. Und die (durchaus zu hinterfragende) Vorstellung, das „Fehlverhal ten“ eines gesetzlichen Vertreters in einem Verwaltungsverfahren (Asylrecht ist Verwal tungsrecht) könnte auf besonders schutz bedürftige Rechtsunterworfene und deren verfassungsrechtlich gewährleisteten Rech te rückwirken. Diese Interpretation gilt im Übrigen nicht für alle Menschenrechte. Denn geht es beispiels weise um das Recht auf Bildung und die Schulpflicht, so verlässt sich der Staat nicht auf den gesetzlichen Vertreter. Fehlerhaftes Verhalten der Eltern wird eben nicht immer den davon betroffenen Kindern angelastet, sondern führt zu einer Verwaltungsstrafe für die Eltern. Diese Strafe hat allerdings keiner lei Einfluss auf das Privatleben des Kindes oder gar sein Recht auf Bildung.
Stellenwert genießen. Das Wohl des Kin des ist bei allen Maßnahmen, die das Kind betreffen, als vorrangiger Gesichtspunkt zu berücksichtigen (vgl. Art. 3 Übereinkom men über die Rechte des Kindes). Es gibt ganz grundsätzlich einen Unterschied zwi schen der (einfach)gesetzlichen Vertretung eines Kindes (durch seine Eltern) und ih ren Rechtsfolgen im Verwaltungsverfahren auf der einen, und den verfassungsgesetz lich verankerten Menschenrechten und der besonderen Schutzbedürftigkeit von min derjährigen Rechtsunterworfenen auf der anderen Seite. Hätten die Höchstrichter_innen auch das Übereinkommen über die Rechte der Kin der in ihre Entscheidungsgrundlage auf genommen, hätten sie auch durchaus zu einer anderen Interpretation gelangen kön nen. Weil Kinder eben keine Erwachsenen sind. Zum Glück. [gko]
Das liegt vor allem daran, dass Kinder in unserer Rechtsordnung einen besonderen
Von „Israel-Hassern“ und „Pali-Bashern“ Sieben Schiffe mit Hilfsgütern wollen Gaza erreichen, um die von Israel verhängte Blockade zu durchbrechen. Die israelische Marine fängt die Flottille in internationalen Gewässern ab. Am Ende sind neun Tote und zahlreiche Schwerverletzte zu beklagen. In den Medien tauchen manipulierte Fotos auf, Videoaufnahmen werden nur in Ausschnitten gezeigt, Zeugenaussagen widersprechen sich, ein US-Think-Tank finanziert eine peinliche Propaganda-Satire. Kommen
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Die Debatten, die im Anschluss an die Vor fälle auf Online-Foren und Blogs geführt wer den, sind symptomatisch: Im Diskurs um den Konflikt Israel-Palästina sind die Positionen der Teilnehmer_innen vielfach einzementiert. Unliebsame Kritiker_innen israelischer Politik werden allzuschnell durch das Etikett „IsraelHasser“ oder „Antisemit“ mundtot gemacht. Reden vom „Scheiß Israel“ oder „den Juden“ lassen jede Objektivität vermissen. Aber auch Blogger_innen tragen zur Lager mentalität bei, indem sie sich völlig unreflek tiert einseitig zur Thematik äußern. Klares Profil und scharfe Feder werden einer objek
Warum Jerusalem nicht Hauptstadt Israels ist
tische Leser fragt, welches Jerusalem ge meint sei. Der israelische Teil Jerusalems, oder das von Israel besetzte Ostjerusalem? Da die Geschehnisse um die Friedensflotte wohl kaum am Image des zu Palästina ge hörenden Ostjerusalems kratzen, kann also nur Westjerusalem gemeint sein.
Die Hintergründe des Konflikts sind komplex und vielfach überdeckt Propaganda die tat sächlichen Fakten. Das hat sich auch in den Printmedien gezeigt: Die italienische Zeitung La Stampa schreibt vom „angeschlagenen Image Jerusalems“. Und in der Presse liest man, dass auf Grund der Vorfälle „Jerusa lem in Bedrängnis“ sei.
Eine objektive Berichterstattung verlangt, das auch so hinzuschreiben. Spricht man von der Hauptstadt Israels, muss man von Westjerusalem sprechen. Auch wenn Isra el das anders sehen mag. Denn gemäß der UNO-Resolution 478 ist Ostjerusalem Teil des Westjordanlandes und daher völkerrechtlich gesehen nicht Teil der Hauptstadt Israels.
tiven Beobachterposition vorgezogen. Und so wird brav weiter Öl ins Feuer gegossen. Ins Feuer eines Konflikts, der auch in den Köpfen der Menschen tobt.
Es ist keine I-Tüpfel-Reiterei, wenn der kri
[masc]
über.politik
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Unkenrufe aus dem Keller Seit März 2009 hat die österreichische Neonaziszene ein neues Projekt: Die Homepage alpen-donau.info, unter dem Schutz der Anonymität auf einem US-amerikanischen Server eingerichtet. Erwartet man hier eine verstaubte Online präsenz in gotischen Lettern, so wird man enttäuscht: Kein braun-grauer StahlhelmLook, sondern durchdesigned, höchstpro fessionell und steril. Auf der Hauptseite wird einem auch gleich eine Auswahl der aktuells ten Neonazi-Beiträge serviert, zum Beispiel: „Aus unserer Reihe: Antifaschismus ist ein Verbrechen“, „Die Juden in Österreich – Ein Fremdkörper“, oder „Was treiben die Laus buben von Ebensee?“. Neben der Möglichkeit, in geschlossenen Fo ren Kommentare zu verfassen („Heil Hitler!“ gilt in diesen als die Standardgrußformel), gibt es noch ein umfassendes Archiv-Fea ture mit allen Beiträgen des letzten Jahres. Ein Button am rechten Rand bietet weiters die Möglichkeit, „Kontakt zum aktiven na tionalen Widerstand in Deiner Umgebung“ aufzunehmen. Ein weiterer Button mit dem bezeichnen den Namen „Die Krise – es geht dem Ende zu... bereite dich vor!“ vermittelt gestande nen Neonazis Überlebensstrategien für den bevorstehenden Weltuntergang (z.B. „Gold zu Hause lagern – vergraben“, „Eigenheim mit Alarmanlage sichern, Waffenschein kau
fen, Waffen + Munition zulegen“). Das DÖW (Dokumentationsarchiv des Öster reichischen Widerstandes) sieht in der zeit geistigen Gestaltung der HP den Ausdruck eines Generationswechsels in der zuneh mend militanter agierenden Neonaziszene. Alles andere als neu sind aber die Inhalte und die Organisationsstrukturen, aus de nen sie hervorgegangen ist. So führt das DÖW die „Volkstreue Außer parlamentarische Opposition“ (VAPO) und verschiedene Jugendgruppen der „Arbeitsge meinschaft für demokratische Politik“ (AFP) als politische Hintergruppierungen an. Neu ist also die popkulturartige Herangehens weise an die vorvorgestrigen Themenge biete und deren Vermittlung. Die Themen sind also die alten: Deutsch nationale Volkstümelei, (Welt-)Verschwö rungswahn, Totalopposition gegen das demokratische System, antimuslimische Hetze und Antisemitismus in einer scho ckierend offenen Form. Vor allem die extrem offen formulierte anti semitische Hetze ist erschreckend. So wird
zum Beispiel Dr. Ariel Muzicant als „Stän kerjude“ beschimpft. Alpen.donau versteht sich als ein Gruppen und Parteien übergreifendes Projekt zur Stär kung und Koordination des „nationalen Wi derstandes“. Aus rechtlichen Gründen wird in puncto Selbstdarstellung von den Ver antwortlichen streng konspirativ agiert. Die HP wendet sich an „alle freiheitsliebenden Volksgenossen“, die man „auf die Straße“ rufen will – die Zielgruppe reicht vom auto nom-nationalistischen Streetfighter bis hin zum akademischen Burschenschafter. Das Kampfziel des neonazistischen „Widerstands“ wird auch genau definiert: „nationaler Sozi alismus“, die Kampfparole: „Volksgemein schaft statt Klassenkampf“. „Raus aus den Kellern!“, ruft die HP den „Volksgenossen“ in militanter Manier zu – in dieser Hinsicht haben die Neonazis an scheinend verstanden, wo ihr Platz in einer demokratischen, zivilisierten Gesellschaft ist. Es bleibt also zu hoffen, dass die Ver antwortlichen der HP von den Behörden möglichst schnell ausgeforscht und ding fest gemacht werden. [mahu] Anzeigentausch
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über.politik
Widerstand muss möglich sein §278 soll weiter verschärft werden Den umstrittenen Paragraph 278 im Strafgesetzbuch kritisierten anlässlich einer gemeinsamen Pressekonferenz Greenpeace, Reporter ohne Grenzen, Amnesty International, der Journalistengewerkschafter Franz C. Bauer und der Verfassungsexperte Bernd-Christian Funk. Der Nationalrat werde aller Voraussicht nach die Verschärfung des Paragraph 278 Straf gesetzbuch (StGB), der zum Ziel hat krimi nelle Organisationen zu bekämpfen, am 1. Juli 2010 beschließen.
Gefahr für kritischen Journalismus Die Vertreter der NGOs sahen unisono mit der Beschlussfassung des Gesetzes eine Gefahr für kritischen Journalismus. Daher fordern die anwesenden NGOs die Einberu fung eines Runden Tisches und die General reform des gesamten Paragraphen, sodass dadurch der Schutz vor kriminellen Vereini gungen gegeben ist aber gleichzeitig die Frei heit der Zivilgesellschaft gewährleistet wird.
Ungenaue Formulierungen und demokratische Grundwerte „Für Delikte dieser Art ist ein besonders ho hes Maß an legistischer Genauigkeit zu for dern. §278 ist in wesentlichen Punkten zu weit und zu unbestimmt formuliert. Diese
Ungenauigkeit wird im aktuellen Terroris muspräventionsgesetz fortgeführt“, kriti siert Bernd-Christian Funk, Rechtsexperte der Universität Wien die Regierungsvorlage. Rubina Möhring, Präsidentin von Repor ter ohne Grenzen gab zu bedenken, dass wenn die Regierungsvorlage so umgesetzt werde, ein freier Journalismus behindert werden kann: „Auch sicherheitspolitische Rechtssprechung darf nicht auf Kosten de mokratischer Grundwerte gehen. Der neue Paragraph 278 birgt die Gefahr, dass investi gativ recherchierende Journalist_innen künf tig mit leichter Hand kriminalisiert werden können. Das wäre für einen Rechtsstaat ei ne extreme Verletzung der demokratischen Presse- und Informationsfreiheit.“ Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty International, übte in der Pressekonferenz ebenfalls scharfe Kritik am neuen Paragra phen: „Wir brauchen Schutz vor Terrorismus und kriminellen Organisationen. Aber Geset ze müssen so formuliert werden, dass sie nicht die Falschen treffen. Eine missbräuch liche Anwendung ist eine klare Verletzung
der Menschenrechte.“ Alexander Egit, Geschäftsführer von Green peace kritisiert den Gesetzesentwurf. Der §278 untergrabe die Legitimation von kriti schen NGOs wie Greenpeace und somit de mokratische Grundwerte. Widerstand muss in einer freien Gesellschaft möglich sein. Wir appellieren an alle Parteien unserem Ruf nach einem runden Tisch zu folgen und demokra tische Grundwerte zu verteidigen“, schloss Mag. Alexander Egit seine Ausführungen.
NGOs stellen gemeinsame Forderungen auf Gemeinsam fordern die Beteiligten NGOs eine Generalreform des Paragraphen 278 StGB. Dazu brauche es noch vor dem Justizaus schuss am 1. Juli einen runden Tisch mit al len Parteien und dem Parlamentspräsidium, bei dem Vertreter der Zivilgesellschaft gehört werden. „Schutz vor Terrorismus ja, aber mit präzisen Gesetzen. Es kann nicht sein, dass NGOs und Journalisten in die Schusslinie ge raten können“, hieß es in der gemeinsamen [sl] Aussendung der Organisatoren.
Proteste bei Bankengipfel Ein illustres Stelldichein gaben sich vom 9. bis 11. Juni 2010 in der Wiener Hofburg Finanzexpert_innen, Politiker_innen, und Notenbankchefs auf Einladung des Chefs der Deutschen Bank Josef Ackermann.
Bankensteuer im Alleingang Am Rande des Bankengipfels bekannte sich Vizekanzler und Finanzminister Josef Pröll zu einer Bankenabgabe. Allerdings kann er einer Finanztransaktionssteuer nur dann zu stimmen, wenn diese europaweit eingeführt wird. Ein nationaler Alleingang würde den Börsenplatz Wien gefährden und findet in der Version nicht seine Zustimmung, schloss Minister Pröll seine Ausführungen ab.
Besondere Verantwortung der Banken Bundespräsident Dr. Heinz Fischer nahm die
Gelegenheit wahr, um die Bankenchefs an ihre Verantwortung zu erinnern: „Man kann von den Finanzinstitutionen, die eine be sondere Verantwortung für diese Krise tra gen, erwarten, dass auch sie einen Beitrag für die Kosten der Krise leisten.“ Eine Bank abgabe und eine Finanztransaktionssteuer seien hierfür „ernstzunehmende Instrumen te“, betonte er.
Kritik von Grünen und ATTAC In einer Aussendung kritisiert Werner Kog ler, Budget- und Finanzsprecher der Grünen: „Die Aussagen des Bankenweltverbandvor sitzenden Ackermann sind eine absurde Pro
vokation. Ackermann attackiert alles, was gut und sinnvoll wäre.“, so Nationalratsab geordnete Kogler. Vor der Hofburg demonstrierten Aktivisten von Attac. „Platzt die nächste Blase, wer den die Steuerzahler erneut zur Kasse gebe ten, weil die geretteten Banken noch immer systemrelevant und unsinkbar sind. Das ist der sichere Weg in den Staatsbankrott.“, so Christian Felber von Attac. Attac fordert einen auf Gemeinwohlorientie rung ausgerichteten Bankensektor: „Die Ban ken müssen wieder dienen, nicht herrschen“. [sl]
über.politik
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Vom Drang Israel zu kritisieren
Anti-Israelische Demonstrationen in Wien
Am 31. Mai setzte ein Ereignis (fast) die ganze Welt in Aufruhr: Beim Versuch der „Gaza-Hilfsflotte“, demonstrativ die israelische Seeblockade vor Gaza zu brechen, kamen neun Menschen ums Leben, Dutzende weitere wurden verletzt.
Foto: Niwo
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Für die Öffentlichkeit war sofort klar: Isra el ist zu weit gegangen und hat blutrüns tig friedliche Aktivisten massakriert. Bereits am nächsten Tag fanden weltweit „sponta ne“ Kundgebungen, teils gewalttätig, ge gen Israel statt. Auch in Wien versammelten sich am 1. Juni 600 bis 800 überwiegend türkische Demons trant_innen (die „Gaza-Hilfsflotte“ wurde of fen vom türkischen Staat unterstützt), die zum Parlament und zur israelischen Bot schaft zogen. Unterstützt wurden sie von mehreren linken
Organisationen. Als an der Währinger Stra ße demonstrativ eine Israel-Fahne aus dem Anatomischen Institut der MedUni-Wien ge hängt wurde, flogen Gegenstände auf die Fassade, im Erdgeschoß wurden Fenster eingetreten. Was genau zum tödlichen Ausgang der „Flottilla“-Stürmung führte, interessierte of fenbar niemanden. Dass einige Gaza-Aktivis ten keineswegs nur „passiven Widerstand“ geleistet haben, sondern sich aus Helikop tern abseilende Soldaten noch in der Luft mit Holzlatten attackiert haben und vier von ih nen schwer verletzt als Geiseln genommen wurden, wurde bald bekannt. Das entschul digt oder erklärt zwar keinesfalls das danach angerichtete Blutbad, liefert aber dennoch ein differenzierteres Bild von den Vorfällen. Also wurde für den 4. Juni zu einer weiteren, größeren Demo aufgerufen, unter anderem in Moscheen und im türkischen Fernsehen.
Und so kamen dann auch über 5.500, erneut vorwiegend türkische, Demonstrant_innen. Rund 200 Linke (Linkswende, LSR, Revo, KJÖ, KI und einige Feministinnen) waren ebenfalls auf der Demo und schrien gemein sam mit den türkischen Demonstrant_innen lautstark „Israel Terrorist“, „Kindermörder Is rael“ und „Hoch die internationale Solidarität“. Dass sich einige Linke und Feministinnen mit fundamental-religiösen (und somit auch frau enfeindlichen), antisemitischen (welcher „Kin dermord“?) Elementen verbünden, erscheint doch etwas kurios. Erklärt wird dies von den teilgenommen habenden linken Organisati onen mit dem „gemeinsamen Kampf gegen den Imperialismus“ – in diesem Zusammen hang eine defacto-Aberkennung des Exis tenzrechtes Israels – und der Behauptung, man würde „faschistische Elemente“ (z.B. die „Grauen Wölfe“) von der Demo entfer nen. Und mit Antisemitismus habe das gan ze sowieso überhaupt nichts zu tun. [niwo]
Südafrika: Ein Efahrungsbericht Zu Beginn der Fußballweltmeisterschaft verkündete ich mit großer Überzeugung: „Die Elfenbeinküste ist die Mannschaft, die ich anfeuern werde.“ Als am Mittwoch jedoch Südafrika mit gebrochenem Stolz gegen Uruguay mit 0:3 unterlag, blutete mein Herz und mir war bewusst, dass es die südafrikanische Mannschaft war, für die meine Leidenschaft brennt. Meine Trauer teilten über 50 Millionen Süd afrikaner_innen, deren Hoffnung an diesem Abend begraben wurde. Südafrika, das Land der Gegensätze, deren Realität und Ausmaß ich 2007 für neun Monate kennenlernen und erfahren durfte, als ich in einem Waisenhaus in Johannesburg elternlose Kinder betreute. Wenn wir von 50 Millionen Südafrikaner_in nen sprechen, reden wir von Menschen aus unterschiedlichsten Herkunftsländern, eu ropäischen, asiatischen, afrikanischen, elf amtlichen Landessprachen, zahllosen Di alekten, kulturellen Einflüssen und fremder Vergangenheit. Nachdem Nelson Mandelas Präsidentschaft 1994 bis 1999 soviel Vertrauen auf eine bessere Zukunft geschürt, Hoffnung auf ei ne geeinte, nicht rassistische, offenherzige „Rainbow Nation“ entfacht hatte, ist dieser Glaube mittlerweile erloschen. Die Realität, die mich während der Monate in Johan nesburg begrüßte, war eine sehr konträre.
Die Trennlinie, die während des ApartheidRegimes zwischen weißen und schwarzen Menschen gezogen worden war, hat sich tief eingebrannt, eine lange Narbe hinterlassen, die nicht heilen will. Einkaufszentren sind vielerorts entweder von weißen oder schwarzen Südafrikaner_ innen besucht, andere nur von der indischen Minderheit in Anspruch genommen. Als ich eines Tages im Kaufhaus Soweto’s (South West Township) mit meiner südafrikanischen, schwarzen Freundin Poppy durch die Gän ge spazierte, wurden mir irritierte, verwirrte Blicke hinterhergeworfen. Die Frage „Was macht diese Weiße bei uns?“ stand schwei gend, doch spürbar im Raum. Ich habe verschiedene Freundeskreise ken nengelernt und immer wieder feststellen müssen: Eine farbliche Durchmischung fin det kaum statt, ein gemeinsames Südafri ka existiert nur geographisch, aber nicht im Miteinander der Menschen.
Die Regierung, mittlerweile geleitet von Prä sident Jacob Zuma, führt immer weitere Gesetze ein, die Firmen verpflichten Quo tenregelungen einzuführen. Mindestens 50 Prozent der Angestellten und Chefs müssen eine schwarze Hautfarbe haben. Die Ver brechen und unmenschliche Erniedrigung, die während der Apartheid verbrochen wur den, keimen immer noch in den Köpfen der Menschen. Das Gefühl, das ich während meines Aufent halts hatte, war immer wieder, dass Südafri ka wieder eine gemeinsame Vision bräuchte, um eine Einigkeit zu erreichen. Und als letz ten Mittwoch das gesamte Stadion in gro ßer Trauer im Angesicht der Niederlage verstummte, still wurde, inne hielt, da war diese gemeinsame Vision für einen Augen blick wieder spürbar. Die Hoffnung bleibt, dass dieser Augenblick auch über die Fuß ball WM hinaus andauern wird. [lig]
über.kitsch&kultur
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Leben zwischen Grenzen
Schwellenland: Eine Ausbürgerung in 10 Tagen Nervös warte ich im Museumsquartier auf eine Frau mit weißem Fahrradhelm. Sie soll mir eine Arbeit als Masseur verschaffen, ich sie wegen Schwarzarbeit auffliegen lassen. Wir beide leben für eine Woche in Schwellenland.
Foto: Dietrich Heller
geschweißt, wer das Päckchen aufreißt ver liert Punkte. Ab sofort bin ich nicht mehr der Student Jakob, sondern Wächter Nummer 9493278, erklärt mir ein fülliger Präsident mit Schnauzbart. Täglich kommen SMS mit Aufgaben, die Spieler_innen werden immer wieder in ungewohnte Situationen gebracht.
„Es ist nur ein Spiel“, steht am Ende des Ein führungsvideos. Für zehn Tage wurde eine Gruppe von Wiener_innen in Läufer, Mittler und Wächter eingeteilt. Mit- und gegeneinan der treten sie an, um die Grenzen des Natio nalstaates innerhalb des Nationalstaates zu überschreiten. Da wird geschleppt, verhört, geheiratet, versteckt, gesucht und gefunden.
Ein Leben ohne Papiere Wer sich wirklich reinhängt, muss sein ge wohntes Leben verlassen. Bankomatkarte, Führerschein, E-Card und Pass werden ein
stehen können wird. „Ich sehe mit anderen Augen, oder anders gesagt, ich denke bei einer Begegnung an die Geschichte, die da hinter stecken kann. Und ich habe eine Idee davon bekommen, was es heißt, auf ande re angewiesen zu sein, denen es möglicher weise voll wurscht ist, ob man jetzt was zu Schlafen, Essen oder Arbeit hat“, sagt Sonja.
Läufer Clement, der im richtigen Leben Alex heißt, muss als Gemüsehändler am Nasch markt für ganz wenig Punkte schuften, „weil bekanntlich auch im echten Leben ein Fo tomodel (= 100 Punkte fürs Spiel) mehr ver dient.“ Mittlerin Sonja versteckt Läufer bei sich Zuhause und jubelt als sie die Wächter austricksen kann, „es gibt nichts besseres.“
Die 42-jährige TV-Redakteurin ist von dem Spiel begeistert. „Schwellenland sollte in je der europäischen Großstadt durchgezogen werden. Tunlichst mit Menschen, die von Flüchtlingen nichts wissen wollen und vor allem solchen, die damit politisch/adminis trativ/verwaltungstechnisch zu tun haben.“
Schwarzarbeitskontrolle
Die Betreuer_innen in Schwellenland sind zum Großteil selbst Migrant_innen. Sie kennen, was sie vermitteln sollen, aus erster Hand. „Ich war zu Hause Lehrer, hier hab ich nur Arbeit am Bau gefunden“, erzählt mir mein „Jobvermittler“ am Arbeitsamt.
Sonja besitzt einen weißen Fahrradhelm und will mir, dem vermeintlichen Läufer Niko las, einen Job als Masseur vermitteln. Vor her muss ich ein paar Fragen beantworten, mit wem hab ich schon zusammengearbei tet, kenne ich andere Läufer und Mittler? Ich kann alle Fragen beantworten.
Schwellenland verändert die Art und Weise, wie man die Welt sieht. Auch wenn man das Leben derer, die im Land sind, aber trotzdem außerhalb der Grenzen, wohl nie wirklich ver
Wo denn sind die Vorbilder? Etwa im Morast des Kapitalismus stecken geblieben? Versumpft und gleichgemacht im Kollektiv! Foto: Roro
________________ Präsident, Kanzler, Minister; Herrlich fruchtbares Land; Dumme Wähler und Philister; Übersehen so manch korrupte Hand!
Nach der Massage oute ich mich als Wäch ter und überreiche ihr die „Aktionskarte Schwarzarbeitskontrolle“. Ein seltener Er folg für mich in Schwellenland, nicht ohne schlechten Beigeschmack. Aber hey, es ist ja alles nur ein Spiel.
Kindergärten; Schulen, Universitäten; Karl, Hahn und deren Küken; Eiterherde bürokratischer Perversitäten; wir lassen uns nicht mit Lügen beglücken!
SCHWELLENLAND ist eine Produktion von matthaei & konsorten für Wiener Festwo chen / Into the City. Inszenierung: Jörg Lu kas Matthaei, Game-Design: Sebastian Quack / Berlin Invisible Playground, Kontakt: www.matthaei-und-konsorten.de.
Hier gibt es die Mahnmal-Beschmutzer; dort die faschistoiden Sprüchemacher; elenden Phrasennutzer; für die ist ernsthafte Bildung wohl ein Lacher!
[jaae]
[mary]
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über.kitsch&kultur
The Seewiesenfest Diary Seit 1991 lockt es uns an. Seit damals, als sich die Kleinreiflinger Jugend gegen einen Öl-Riesen durchsetzte, der hier nach Öl boh ren wollte. (So ein Trottel!) Jetzt trifft sich das „Indievolk“ hier schon zum 17. Mal. Wir ge nießen hier das gemütliche Flair (ooh!), die schöne Musik (aah!) und vor allem den köst lichen Seebap (mmmmm!). Dieses Jahr steht neben dem großen Büh nenzelt (à la Feuerwehrfest) ein kleines grünes Zelt (à la Koreakrieg). Im Koreakriegzelt drü cken sich Poetry-Slammer und der Nino aus Wien die Klinke, oder, äh, die Zeltplane oder so in die Hand. Im großen Zelt machen die Bands die Idylle fast zu Kitsch. Newcomer und alte Hasen, Nationale und Internationa le, Gerockte, Elektrisierte und Gehip-hopte besteigen nacheinander die Bühne und un termalen die Landschaft mit ihren Klängen. „MAdoppelT“ beglückt mit melodischer Ly rik, „We Were Promised Jetpacks“ sorgen
für Wallung und bei „Trouble over Tokyo“ ist erste Reihe angesagt. Hüpfen tun wir, be geistert sind wir und Sonnenbrillen haben wir auf der Nase. (Peinlich? Wir doch nicht!) Aja: „He, sind das nicht der René und die Marlene von „Velojet“ neben dem „Troub le Over Tokyo“-Typen? Doch! Geil, die ma chen jetzt auch bei seiner Band, davor einer One-Man-Show, mit. Jetzt haben wir auch noch was gelernt.“ Der letzte Akt ist die Turnstunde mit den „Hid den Cameras“. Show ist gut, vom Hocker werfend? Eher nicht. Die Fans sind entzückt, ich aber nur wenig. Alternative: Riesen-La gerfeuer. Mancher hat dort schon die große Liebe gefunden, manche eine tiefsinnige Dis kussion geführt und wieder andere das Feuer zur Regeneration genützt. Eben dieses Feuer ist neben dem Steg am See (deshalb auch Seewiesenfest). Wenn das Wetter passen würde, würden wir ins kühle Nass springen, doch das kommt während der Lagerfeuer
Foto: a_kep, Flickr.com
VW-Bus gestartet (Wroom) und in der Idylle abgestellt (Quitsch), Bierdose geöffnet (Zisch), einige genüssliche Schlucke (gluck, gluck) und ein Freudenschrei (Yipei-Ai-Yeah!). Wir sind da – wir sind am Seewiesenfest. Ganz genau! DEM Seewiesenfest, dem gemütlichsten und schönsten Festival der Nation.
action; jedoch von oben. Und deshalb heißt es: ab zu DJane Joyce Muniz – sie elektri fiziert das große Zelt nach den Konzerten. Tanzbein-schwing bis keine Ahnung wann, zum Zelt wandern und ins Nachtlager fallen. Das war‘s, das Seewiesenfest Nr. 17. Exzel lent war‘s (subjektiv), gut organisiert war‘s (objektiv), feine Leute waren da (subjektiv) und erst wieder in einem Jahr ist‘s (objek tiv). Bis dann, wir kommen wieder! [sud]
Comics gegen Rechts: 24 Stunden - 365 Tage Die seit einem Jahr bestehende Plattform österreichischer Zeichner und Zeichnerinnen www.comicsgegenrechts.at veranstaltete Anfang Mai ein 24-Stunden-Comic-Marathonzeichnen. Mit teilweise beachtlichen Ergebnissen. Knapp vor Pfingsten 2009 schlug die Mel dung wie eine Bombe ein: die FPÖ hatte 500.000(!) Stück eines über 60-seitigen(!) Comic-Heftes an alle jugendlichen Wahlbe rechtigten per Post(!) versandt. Das platte Anti-EU-Pamphlet wurde als „Informations broschüre“ via Parteiakademie der FPÖ von Steuergeldern finanziert. Die Reaktion der österreichischen ComicZeichnerszene erfolgte prompt. Man hatte sich schon lange über die nicht besonders schlecht gezeichneten, aber propagandis tisch-untergriffigen Strips um den glorifizierten „HC-Man“, geärgert und über Gegenmaß nahmen beraten. Der Hauptpunkt des Ärgernisses: politische Comics sind und waren traditionell eher ein Mittel der Linken. Und der Großteil der (nicht nur österreichischen) Zeichnerszene kann leicht dem links-grün-alternativen Lager zu gerechnet werden. Diese Aneignung – und damit auch in gewisser Weise – Beschädi gung durch die Rechten forderte schon lan ge eine Reaktion…
Nun ging es aber schnell: Domain (www.co micsgegenrechts.at) gesichert, erste Comics und Cartoons hochgeladen, Info verbreitet. Zwei Tage nach Pfingsten war alles online.
Viele Teilnehmer hielten die ganze Zeit tap fer durch und zeichneten still und unbeirrbar die ganze Nacht vor sich hin. Und twitterten teilweise unter dem Hashtag #cgr24h mit.
Ein Jahr später: über 200 Seiten (unter frei er Lizenz), über 700.000 Hits und fast 800 Facebook-Fans – „CGR“ wurde zur (publi zistischen) Erfolgsgeschichte.
Die Ergebnisse ließen sich nach 24 erschöp fenden Stunden jedenfalls sehen: von vollen 24-Seiten über kürzere Storys bis zu Einzel strips und Cartoons reichte die Ausbeute. Insgesamt fast 200 Seiten, von Cartoon-Stil bis künstlerisch, von lustig bis tragisch, von konkret böse anti-rechts bis fabelhaft ver brämt. Die werden nun langsam Schritt für Schritt in die Website eingefügt.
Zeit für eine Steigerung! Promi-Bloggerin und –Twittererin Jana Herwig (@digiom) hat te die Idee im Rahmen des Grüncamps ein 24-Stunden-Comic zu organisieren. Darun ter versteht man ein internationales Format, bei dem sich die Teilnehmer bemühen inner halb von 24 Stunden eine Comic-Geschich te mit 24 Seiten zu schaffen. Vom 8. auf 9. Mai 2010 versuchten sich dar an (schwankend) zwischen 10 und 20 Zeich nerInnen, verköstigt von den Grünen Wien in der Fleischerei im siebenten Bezirk. Mit den Grundthemen „gegen Rechts, für Tole ranz, für ein Miteinander…“
Insgesamt ein großer Erfolg. Wiederholung nicht ausgeschlossen! Die Ergebnisse des 24-Stunden-Zeichnens: www.scribd.com/comicsgegenrechts Comics gegen Rechts auf Facebook: bit.ly/CGR_FB
[haha]
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über.graus
Die Sendung mit dem Graus
HEUTE: Erinnerungsorte
Eine, die es gerne tut Einführung in Eva Kreiskys Werk Re
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Foto: sup, tas
Der Braumüller-Verlag hat ein Buch herausgebracht, das vielleicht das schönste Geschenk darstellt, das einer Lehrperson, die ihre Aufgabe gerne tut, gemacht werden kann.
Erinnerungsorte sind dazu da, um die Menschen an etwas ganz Bestimmtes zu erinnern. Ob an etwas Wunderbares oder etwas Grässliches, das liegt im Auge des Betrachters. Dabei ist es gar nicht so wichtig, ob das, an was die Orte erinnern, auch die Wahrheit ist – die Menschen müssen einfach nur dran glau ben. Klingt einfach, ist es aber nicht immer, wie wir sehen werden. Erinnerungsorte gibt es überall auf der Welt: Kriegerdenkmale zum Beispiel erinnern gerne an Heldentaten, die gar keine waren. Und eine kleine Höhle in Nazareth erinnert an die Geburt von Jesus, die dort eher nicht stattgefunden hat. Und es gibt auch Gegenstände, die an Personen erinnern sollen: Zum Beispiel die vielen Holzsplitter, die angeblich aus dem Holz balken stammen, an dem Jesus gekreuzigt wurde. Die ergeben zusammen einen kleinen Wald – macht aber nix, Hauptsache die Leute glauben daran. Die Sache hat einen gewissen Reiz. Das dachten sich auch die Herrschaften vom BZÖ, die den Haider für einen tollen Kerl hiel ten. Und damit das auch möglichst viele andere Menschen glau ben, beschlossen sie für ihn Erinnerungsorte zu bauen. Die Orte sollen an „unseren Landesvater“ erinnern, den Abwehrkämpfer ge gen die Bedrohungen von außerhalb Kärntens, an die Personifizie rung des „Wir san Wir“. Der erste Erinnerungsort wurde an der Stelle errichtet, wo er mit 140 Sachen betrunken von der Fahrbahn abkam. Der nächste Er innerungsort war die Haider-Ausstellung im Bergbaumuseum. Da kann man zum Beispiel sein Schaukelpferd oder seinen Schreib tisch anschauen. Allerdings kamen bis jetzt weit weniger Besucher, als erwartet – macht nix, dachten sich die Freund_innen des Ver storbenen, das Museum bleibt geöffnet. Irgendwann wird das Er innerungsbedürfnis schon noch aufkommen. Damit der Haider auch wirklich nicht in Vergessenheit gerät, woll te der FPK-Bürgermeister Suntinger von Großkirchheim auch den Großglockner zum Erinnerungsort machen. Ende Jänner, pünkt lich zum 60.Geburtstag des Verstorbenen, wurde eine (einsprachi ge) Tafel unter dem Gipfelkreuz befestigt. Hier versagten die Erinnerungs-Bewahrer aber endgültig: Die Berg geher_innen schienen, nach mühevollem Aufstieg, vom Taferl eher provoziert als berührt. Unmut machte sich breit und es dauerte nicht lange, bis einer zum Pickel griff und das Taferl demontierte. Wenn Glaube Berge versetzt, kann Unglaube Taferln zerstören. [masc]
Schon die vorangestellten Grußwor te Heinz Fischers, Barbara Pram mers und Johanna Dohnals zeugen von großem Respekt und ehrlicher Verbundenheit zu der Jubilarin Eva Kreisky. Doch die freundschaftlichlehrhafte Beziehung zwischen der verdienstvollen Politikwissenschaft lerin und ihren Studentinnen und Studenten, die auch in einigen der 89 Begriffe ans Licht tritt, beschreibt wissenschaftliche Lehre im schönsten Sinn. Da ist von Herausfor derungen die Rede, von ersten Seminar-Sitzungen im Wohnzimmer Eva Kreiskys und letzten Diskussionen auf Mallorca. Sie, die österreichische Politikwissenschaft als Professorin für Poli tische Theorie an der Universität Wien und als Leiterin der Abteilung für Politikwissenschaft am Institut für Höhere Studien (ebenfalls in Wien) entscheidend mitgeprägt hat, erhob die Methode der kritischen Begriffsarbeit – das „Hinterfragen scheinbar klarer Bezeichnungen und Kategorien” – zum Beginn aller kritischer Auseinandersetzung. Aus diesem dekonstruierenden Blick ist der vorliegende Band ent standen, der „89 Begriffe um Eva Kreiskys Leben und Forschung“ in ihrem Sinne dechiffriert und so eine hervorragende Einführung in die Politikwissenschaft um Eva Kreisky gibt. Was hier leider fehlt, ist ein Schlagwortkatalog, der die Benutzung dieses Lexikons deutlich vereinfachen würde. Es ist möglich, dass der so entstehende Stöber-Charakter des Bandes durchaus beab sichtigt ist, finden sich doch zwischen geschlechter- und instituti onskritischen Begriffen wie Elite, Emanzipation, Ehe, Gemeindebau, Gasthaus und (ja! auch:) Fußball, Schlagwörter, die der Beziehung Eva Kreiskys zu ihren Mitmenschen ganz unwissenschaftliche Attribu te verleihen. So zum Beispiel ein Rezept für Lammnieren mit Sherry oder kleine Anekdoten von freundlich gesinnten Weggefährt_innen. Die Autorinnen und Autoren setzen in der Einleitung ihren Plan fest, durch kritische Begriffsarbeit ein kleines Lexikon zu erarbeiten, das nicht unbedingt als politikwissenschaftliches Lehrwerk, wohl aber als Einführung in die unterschiedlichsten Themen und Zugänge der Wissenschaftlerin und Person Eva Kreisky verstanden werden kann. Dieser Vorsatz ist M. Falter, M. Löffler, T. Schmidinger, V. Schwedi auer und S. Stachowitsch gelungen. Das Erfolgsgeheimnis dieser ebenso intelligenten wie schmeichel haften Festschrift liegt wohl im selben Korn, wie das um Eva Kreis kys Lehrtätigkeit: „dass sie es als selbstverständlich sieht, dass wir alle Menschen sind. Wir haben Gefühle, wir haben Hunger, wir wol len ausgelassen feiern und ernsthaft arbeiten.“ Politik begreifen, 89 Begriffe um Eva Kreiskys Leben und Forschung; Hrsg. Matthias Falter u.a.; Wilhelm Braumüller: Wien, 2009. Und für alle, die es wissen wollen: Sie ist die Schwiegertochter. [cgal]
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Hinter der unscheinbaren Fassade des Jetzt am Parhamerplatz im 17. Wiener Gemeindebezirk verbirgt sich ein ganz großes Lo kal. Kühle Getränke, der vielleicht beste Wuzzler Wiens, Pool und Flipper, ein schattiger Gastgarten - hier hab ich alles was ich brau che. Leckerer Fladentoast und ein Grill zum Selbstanfeuern besie gen auch den größten Hunger. Fußball spielts auf großer Leinwand, drinnen und draußen, und die über.morgen liegt auch immer auf. Alle Infos auf www.dasjetzt.at!
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der Woche
BP hat ordentlich Scheiße gebaut. Ihr schmieriges Auftreten verscheucht viele von so manchem Golf. Zwar macht sie auf „guter Stammbaum“, ist aber nicht stubenrein und scheißt unter Umständen auch in ihren Golf. Kenner und Profis im Umgang mit schwierigen Tieren werden gebeten sich ihr anzunehmen. Eure über.morgen-Tierredaktion
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UNSER Zahlenrätsel
Foto: jaae
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Schwirigkeitsgrad: Mittel
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Ich muss so viele Prüfun gen schrei ben. Aus dem Lernen komm ich gar nicht mehr raus. Ich hab gar kei ne Zeit für irgendwas anderes. Und dann noch das scheiß Wetter. Deshalb hab ich eine Stimmbandent zündung. Das tut weh. Und re den darf ich auch nicht. Und wenn ich’s tu heißt’s ich wär immer nur am sudern. Und alle anderen sind auch noch so gut gelaunt wegen der WM. Das ganze Geplärr ist schrecklich. Ich will mir das nicht anschaun. Und wenn ich wollt dann könnt ich nicht. Ich hab keinen Fernseher. Und rausgehn mag ich auch nicht. Da sind so viele Leute, die ir gendwelche Flaggen schwingen. Und das Bier ist so teuer. Und ich hab doch kein Geld für teures Bier weil ich die Folien für die Prüfungen ausdrucken muss. Die Copy shops sind immer überfüllt. Der Drucker will nie wie ich will. Und wenn doch muss ich die schweren Skripten tragen. Das Le ben ist so anstrengend. [arr]
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UNSER Lieblingsplatz
über.reste