über.morgen
www.uebermorgen.at | Jahr 2, Ausgabe 11 | Fr 01.10.2010 | Kostenlos
foto: flickr, kewagi
die kritisch-unabhängige Studierenden-Zeitung
lasst uns wohnen Foto: Barbara Frischmuth
FrischMUth: es langweilt mich zu tode S. 6
foto: flickr, Ferran Nogués
wenn der priester zum therapeuten wird S. 9
parteien buhlen um Wiens Jugend S. 8
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über.inhalt über.inhalt
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Was kostet die Welt? Impressum
über.ich
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Liebe Leserinnen, liebe Leser In Kürze
über.thema
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Der ewige Kampf für Freiräume – und wie er in Zürich gewonnen wurde
über.bildung
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Auf uns wartete die Welt. Die Schriftstellerin Barbara Frischmuth über Bildung, Gesellschaft und Literatur.
über.politik
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Wienwahl - Coolness, Comics und Gummis schlagen Bildung
Was kostet die Welt? Diese Frage können wir euch immer noch nicht beantworten. Dafür wissen wir aber genauestens darüber Bescheid, was unsere Zeitung kostet: Sie kostet Geduld, viele Stunden intensives Diskutieren, Schreiben, Layouten, Austeilen. Sie kostet Telefonieren, Anheuern, Raum suchen, Laptops ständig ein- und auspacken und den Kaffee mit den FreundInnen absagen. Und sie kostet Geld, damit sie gedruckt werden und auch über.morgen noch erscheinen kann: Und zwar in einer Auflage, die garantiert, dass auch ihr eines unserer begehrten Exemplare in die Hände bekommt – aber das wisst ihr ja mittlerweile alles schon. Wir geizen auch in dieser Ausgabe nicht mit unseren Tipps, wie ihr die über.morgen, nachdem ihr sie gelesen habt, sinnvoll verwenden könnt:
Bildungspolitik: ein Griff in die Mottenkiste
über.denken
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Vereins-Ein/Bildungen. Auch an Privatunis kriselt es ARS brennt - Politik pennt
über.graus
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Die Sendung mit dem Graus. Heute: Die Löwin vom 1. Bezirk Einmal Hin und Weg. Rezension einer Reise nach Hamburg
über.reste
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Unser Lieblingsplatz Hund der Woche Unser Zahlenrätsel Sudereck: Psychologie
Wenn ihr in die Situation kommt, ein Haus zu besetzen, wird sich euch früher oder später die Frage nach der Verschönerung des ersessenen Domizils stellen. Dann ist der Zeitpunkt gekommen, zur zerlesenen über.morgen zu greifen. Pappt eure gesammelten über. morgen-Ausgaben an die Wände eures neuen Zimmers. Das ergibt eine ästhetisch ansprechende und zugleich intelligente Tapete. [red]
spenden@uebermorgen.at Konto: 00074753235 | BLZ: 60000 (PSK) Zweck: über.morgen Alle Einlagen gehen ausschießlich zugunsten des Vereins (Druckkosten).
Impressum Medieninhaber & Herausgeber: Verein zur Förderung studentischer Eigeninitiativen. 1170 Wien. Taubergasse 35/15. Tel.: +43664 558 77 84, Homepage: www.uebermorgen.at; Redaktion: Verein zur Förderung studentischer Eigeninitiativen. 1170 Wien. Taubergasse 35/15; Redaktionelle Leitung: Markus Schauta, Nikolaus Karnel; Herstellerin: Druckerei Fiona, www.fiona.or.at; Herstellungs- und Erscheinungsort: Wien; Layout: axt; Alle Rechte, auch die Übernahme von Beiträgen nach §44 Abs. 1 Urheberrechtsgesetz: © Verein zur Förderung studentischer Eigeninitiativen. Dem Ehrenkodex der österreichischen Presse verpflichtet.
über.ich
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Liebe Leserinnen, liebe leser Wien im Wahlkampf – ein Anlass für psychiatrische Explorationen? Vielleicht. Wir lassen es aber sein.
Kapitäne in Gestalt diverser BildungsministerInnen der vergangenen Jahre.
Das neue Semester steht kurz davor über uns hereinzubrechen. Hereinzubrechen, mit all seinen Studienhürden, der chronischen Unterfinanziertheit der Unis und den zum Teil chaotischen Zuständen an den Instituten. Übertönt von den Zurufen der MinisterInnen und der Parteimitglieder unterschiedlicher Coleur, von denen zur Zeit niemand gangbare Alternativen aufzuzeigen bzw. umzusetzen im Stande ist.
So auch die Frau Karl, die mit geschürzten Lippen und großen Augen die dümmste aller Varianten zur Einführung von Studiengebühren verkündet: Zahlen pro Prüfung.
Das ganze Universitätssystem macht den Eindruck eines Schiffs, aufgelaufen auf einem Riff. Verschuldet durch die Unfähigkeit der
Vielleicht wäre auch dieser Fall von Verhaltensauffälligkeit ein Anlass für psychiatrische Explorationen. Mag sein. Wir lassen es aber. Bleibts o’glahnt! Euer über.ich
Hunger, Macht, Profite
Die über.morgen am Tag der Freien Medien
Vom 7. – 10. Oktober 2010 finden in Wien die Österreichischen Filmtage zum Recht auf Nahrung statt. Gezeigt werden Dokumentarfilme, die sich facettenreich mit dem „Recht auf Nahrung“ auseinandersetzen. In an die Filme anschließenden Publikumsgesprächen werden die BesucherInnen dazu eingeladen, Probleme und Lösungen gemeinsam mit ExpertInnen zu diskutieren. www.HungerMachtProfite.at
Am 15. Oktober ab 15:00 präsentiert sich die Freie Medien-Landschaft Österreichs. Im Rahmen der Medienmesse können Freie Medien und ihre Arbeit hautnah erlebt werden. Mit von der Partie: Das Redaktionsteam der über.morgen. Wo? Quartier für digitale Kultur, Museumsplatz 1, 1070 Wien. Freier Eintritt mit Voranmeldung an office@medienverband.at, 3€ ohne Anmeldung.
Semesterstart Plenum
Urban Art Exhibition 2010
Das Plenum zum Start des Wintersemesters findet am 3. Oktober in der Akademie der bildenden Künste am Schillerplatz 3 statt. Der Anfang ist auf 16 Uhr festgesetzt. Kommt zahlreich, bringt Enthusiasmus und gute Ideen!
Am 1. Oktober wird die diesjährige Urban Art Exhibition – Escape the Golden Cage eröffnet. Die internationale Ausstellung wird bis zum 24. Oktober dauern. Teilnehmende Künstler sind Clemens Wolf, Christian Eisenberger, Faith47, Stephen Tompkins und viele andere. Mehr Infos gibt’s auf www.escape2010.at
IN KÜRZE IN KÜRZE IN KÜRZE IN KÜRZE
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über.thema
Der ewige Kampf um Freiräume und wie er in Zürich gewonnen wurde
Zürich. Wer denkt da nicht sofort an Banken, Konzerne und hohe Lebenshaltungskosten? Gleichzeitig steht Zürich auch für hohe Lebensqualität und Sicherheit. Wer würde hier also eine der aktivsten HausbesetzerInnen-Szenen Mitteleuropas vermuten? Fast niemand? Gut – denn das liegt auch im Interesse der Stadt: Die HausbesetzerInnen sollen tun was sie wollen, solange sie nicht auffallen oder „stören“. So oder so ähnlich könnte man die Politik der Stadt Zürich im Umgang mit Hausbesetzungen seit 1990 beschreiben. Was in Wien in den letzten Jahrzehnten nur selten gelang (Arena, WUK, EKH, …) und seit einiger Zeit praktisch unmöglich ist, ist in Zürich Gegenwart: Seit etwa zehn Jahren registriert die Stadt jährlich bis zu 30 Neubesetzungen – die „natürliche Fluktuation“ einer derzeit 22 Häuser (Quelle: Stadtrat Zürich, April 2010) umfassenden HausbesetzerInnen-Szene. Diese Zahl ist umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass es in Zürich nahezu unmöglich ist, auf legalem Weg eine Wohnung oder gar ein ganzes Haus zu finden. Der Wohnungsleerstand bewegt sich schon seit der Industrialisierung (!) permanent auf einem niedrigen Niveau. Doch seit die Innenstadt ab den 60er-Jahren zunehmend vom Dienstleistungssektor (Büroflächen) beansprucht wird, was die Vertreibung der lokalen Bevölkerung nach sich zog (Stichwort: Gentrification), und seit ab Mitte der 80er-Jahre die „Flucht ins grüne Umland“ durch den „Zurück in die urbane Stadt“-Trend abgelöst wurde, befindet sich die Wohnungsleerstandsrate konstant unter 0,05 % (zum Vergleich Wien: ca. 2 bis 3 %).
Hunderte von Suchenden kommen auf eine Wohnung In totalen Zahlen ausgedrückt bedeutet dies, dass zu keinem Zeitpunkt im Jahr mehr
als etwa 100 bis 140 Wohnungen am freien Markt angeboten werden (Wien: mindestens 20.000, manche behaupten sogar 80.000 – eine offizielle Statistik wie in Zürich gibt es in Wien allerdings nicht). Dass diese „RestWohnungen“ tendenziell entweder zu teuer oder in zu miserablem Zustand sind, muss wohl kaum extra erwähnt werden. Dennoch schreiben Zeitungen von Hunderten Interessenten, die sich bei Wohnungsbesichtigungen die Klinke in die Hand geben. Als Ausweg bleibt für 99 % der Betroffenen nur die Vorstadt. 1 % entscheidet sich für Hausbesetzungen. Wichtige Meilensteine in der Entwicklung der HausbesetzerInnen-Bewegung waren der „Globus-Krawall“ von 1968, als die Jugendlichen ein Autonomes Jugendzentrum (AJZ) im leerstehenden „Globus“-Warenhaus forderten, und 12 Jahre später der „Opernhaus-Krawall“, nachdem sämtliche AJZ-Bemühungen erfolglos blieben und die Stadt hunderte Millionen Franken für den Neubau des Opernhauses locker machte, während ein Volksentscheid für die Subventionierung des autonomen Kulturzentrums „Rote Fabrik“ jahrelang ignoriert wurde. Das von Anfang an beinharte Vorgehen gegen demonstrierende Jugendliche, die „provisorisch“ mit Gummigeschossen eingenebelt wurden, legte wohl den Grundstein für eine kämpferische Bewegung, die
sich nicht so schnell einschüchtern ließ. Die so entstandene „80er-Bewegung“ war es auch, die Ende der 80er-Jahre den Kampf für Freiräume endlich für sich (und nachkommende Generationen) entscheiden konnte.
Räumungen wurden für Polizei schwieriger Denn als Ende der 80er-Jahre der Wohnungsleerstand ein neues „Alltime-Low“ erreichte, kam es zu zahlreichen Hausbesetzungen. Die Räumungen gestalteten sich für die Polizei immer schwieriger. Als ein geräumtes Haus unmittelbar danach abgerissen wurde, kam aufgrund fehlender Sicherheitsvorkehrungen sogar der Architekt ums Leben und zwei weitere Personen wurden verletzt. Eine weitere Räumung war nur mit Hilfe des „wissenschaftlichen Dienstes“ der Polizei möglich, da das Haus mit Feuerwerkskörpern und Rauchbomben „vermint“ war. Und dann war da noch das Problem, dass nach jeder aufwändigen, kostspieligen Räumung bereits mindestens ein neues Haus besetzt war. In einer Stadt, die sich durch niedrige Steuern und hohe Effizienz auszeichnet, eine Katastrophe. Die durch eine sparsame, marktliberale Wohnbaupolitik provozierte Wohnungsnot beflügelte HausbesetzerInnen, die Sparvorgabe in der Verwaltung pfiff die Polizei zurück: Die Foto: niw
über.thema
5 halten, da sie bewährt und sinnvoll ist, unnötige Leerläufe vermeidet und damit die mit einer Räumung verbundenen Kosten so tief als möglich gehalten werden können.“
Haus knappe 10 Jahre besetzt In der Folge schoss die Besetzungsdauer in die Höhe: Die längste Besetzung der 90er-Jahre befand sich in der Toblerstraße am noblen Zürichberg und dauerte praktisch das ganze Jahrzehnt, von November 1990 bis Mai 1999. Zahleiche andere Häuser existierten über Jahre, und machten Zürich erstmals als HausbesetzerInnen-Stadt international bekannt. Die bekannteste und wohl größte Besetzung, die Zürich jemals erlebt hatte, war jene des Wohlgroth-Areals direkt neben dem Hauptbahnhof: Über hundert Personen lebten in den Häusern des Grundstücks, zahreiche soziale und kulturelle Einrichtungen lockten wöchentlich bis zu tausende Besucher auf das Areal. Ein rechtskräftiger Baubescheid beendete das bunte Treiben jedoch im September 1993, nach zweieinhalb Jahren. Es kam zu gewalttätigen Ausschreitungen an den zwei Folge-Abenden, die Medien schimpften übelst auf das „linke Pack“ – doch das störte sie nicht. Ganz im Gegenteil: In Zürich kämpft man für seine Freiräume, ganz egal, was die Mehrheit dazu sagt.
Polizei lässt Besetzerinnen autonome Inseln
Foto: niw
Stadt bekam, was sie verdiente: Eine starke HausbesetzerInnen-Szene.
Verbindliche Richtlinien für Polizei unter Rot-Grün Die in ihrem Umfang noch nie da gewesene Hausbesetzungs-Welle Ende der 80er und die mühsamen Räumungen ließen die konservativ-bürgerliche Stadtregierung also resignieren. Und ein halbes Jahr danach entschied nicht zuletzt die große Wohnungsnot die Wahlen für Rot-Grün. Was die Bürgerlichen eingeleitet hatten, wurde nun in verbindliche Richtlinien für die Polizei gegossen. Seit 1990 gilt daher folgende Devise: Ein besetztes Haus wird nur geräumt wenn A) ein rechtskräftiger Bau- oder Ab-
rissbescheid vorliegt, B) ein neuer Mietvertrag abgeschlossen wurde oder C) eine unmittelbare Bedrohung der Sicherheit oder des Denkmalschutzes vorliegt. Wenn kein Punkt zutrifft, kann der Besitzer schreien und schimpfen was er will – die Polizei wird sein Haus nicht räumen. „Die Gründe dafür sind einleuchtend“, antwortet der Stadtrat 2010 auf eine entsprechende Anfrage, „Eine polizeiliche Räumung kann nur dann auf Dauer erfolgreich sein, wenn feststeht, dass die Liegenschaft unmittelbar nach der Räumung abgebrochen oder legal genutzt wird. Steht sie nach einer Räumung weiterhin leer – das haben langjährige Erfahrungen wiederholt gezeigt –, ist eine erneute Besetzung sehr wahrscheinlich. An dieser langjährigen Praxis wird festge-
Und der Erfolg gibt diesem, der Gewalt (gegen Sachen) nicht abgeneigtem, Kurs durchaus Recht: Es herrscht eine Art Gleichgewicht der Gewalten. Das heißt: Die Polizei lässt den BesetzerInnen ihre autonomen Inseln, lässt sie dort (rechtlich gewiss illegale) Partys und Barbetriebe durchführen, lässt sie im Grunde tun, was sie wollen. Im Gegenzug gibt es keine Randale in der Innenstadt und keine ernsthaften Probleme in der Nachbarschaft. Alle halten sich tunlichst daran, diese goldene Regel nicht zu verletzten – wer dies nicht tut, wie die vor kurzem abgelöste Polizeipräsidentin, die mit der Aktion „Respekt“ wahllos „verdächtige“ Passanten auf offener Straße schikanierte (um der Gentrification in einem „Ausländer-Quartier“ den Weg zu bereiten), wird bestraft: Ein unangekündigtes und üblicherweise friedliches „Reclaim the Streets“ (RTS) endete in tonnenweise Scherben vor den Luxusläden und Konzernzentralen der Innenstadt. Wenig später, nach massiver Kritik an der überraschten und ratlosen Polizei, trat die Polizeipräsidentin zurück. Sie wurde durch einen Grünen abgelöst. Mehr über die gegenwärtig besetzten Häuser und wie diese ihre erkämpften Freiräume gestalten, gibt es dann in der nächsten Ausgabe der über.morgen. [niw]
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über.bildung
Auf uns wartete die Welt Die Schriftstellerin Barbara Frischmuth über Bildung, Gesellschaft und Literatur. Wie haben Sie die Studierendenproteste des letzten Jahres wahrgenommen? Natürlich habe ich sie wahrgenommen, aber eher am Rande, weil ich schon sehr lange mit der Uni nichts mehr zu tun habe. Ich kann dazu nur allgemein etwas sagen: Wenn bei der Bildung und bei der Ausbildung gespart wird, ist das kontraproduktiv. Wenn man profunde Wissensprobleme nicht löst, erreicht man gar nichts. Man ist ja eh schon so bescheiden und erwartet nicht mehr, dass Milliarden zusätzlich fließen. Aber ohne gut funktionierende Universitäten und ohne Output aus der Forschung wird dieses Land auf die Dauer keinen Erfolg haben. Was waren aus Ihrer Sicht die Hauptforderungen der Protestbewegung? Zugespitzt hat es sich immer bei der Frage, ob der Zugang zu den Universitäten frei sein soll oder nicht. Ich wage nicht zu beurteilen, wie sich Studenten fühlen, die keinen Sitzplatz mehr in den Hörsälen bekommen, weil die Unis überquellen und die Leute auf den Gängen hocken. Man hat diesbezüglich meines Wissens in den letzten Jahren kaum was getan. Das Angebot an unterschiedlichen Studienrichtungen müsste den Studierenden besser kommuniziert werden, vor allem an den Naturwissenschaften führt kein Weg vorbei. Ich halte nichts davon, wenn alle Psychologie studieren. Früher wollten alle Publizistik studieren, aber nur für die wenigsten gab es Aussicht auf einen entsprechenden Job. Bei den Lehrlingen ist es genau so: Man müsste den jungen Menschen klar machen, dass es neben Friseurin oder Automechaniker noch viele andere interessante Berufe gibt, die den Einzelnen individuell mehr befriedigen, und in denen er seine Fähigkeiten besser nützen könnte. Leider läuft es noch immer darauf hinaus, dass die meisten demselben Berufsbild hinterherlaufen. Das ist etwas, was mir schon aufstößt. Hier vermisse ich Phantasie und Vorstellungskraft, die sich, so sie wenig ausgeprägt sind, schüren, bzw. entwickeln lassen. Sind für solche Studienfächer dann Zugangsbeschränkungen das richtige Mittel? Das glaube ich nicht, nur werden die Studenten begreifen müssen, dass an der Massenuniversität die Aussicht auf Forschung immer geringer wird. Und wenn alle in ein Fach strömen, kann man sich die Folgen leicht ausmalen. Der freie Zugang ist si-
cher etwas, was in Österreich seit langem zu den Basics gehört. Ich bin nach wie vor dafür, weil ich sehe, dass sehr viele mit 18 noch nicht wissen, was sie wirklich wollen. Jeder hat das Recht, eine Weile zu schnuppern, das ist klar. Doch das Übel fängt schon in den Schulen an – die halte ich ja für viel wichtiger, um es ehrlich zu sagen – wo die Kinder bereits mit zehn Jahren separiert werden. In die einen, die in die Hauptschule gehen und dann eine Lehre oder Ähnliches machen und in die anderen, die dann quasi zur zukünftigen Elite gehören. Wenn sich das Schulsystem diesbezüglich änderte, würde es den jungen Leuten auch leichter fallen, für sich zu entscheiden, was sie einmal machen möchten. Ich glaube, dass an erster Stelle das Schulsystem geändert gehört: Offener, mit mehr Förderung für spezielle Interessen. Stichwort Gesamtschule... Das ist auch so ein Wortungetüm. Die Gesamtschule ist ja dermaßen vernadert, dass viele noch immer glauben, dass da alle Kinder dasselbe lernen und alle in einen Topf geworfen würde. Dass die Projekte ganz anders ausschauen, ist nicht wirklich rübergekommen. Es wäre dringend notwendig, Begabungen zu erkennen und zu fördern, damit nicht allen das Gleiche eingetrichtert wird. Und soweit ich informiert bin, würden die neuen Gesamtschulpläne genau da ansetzen. Wichtig ist vor allem, dass die Diversität neben der Vermittlung von Grundfähigkeiten schon in der Schule berücksichtigt wird. Ich halte es für enorm wichtig, dass man den Kindern ab zehn erklärt, wie vielfältig die Welt ist und wie wenig konform die Dinge eigentlich sind. Es gilt den Schülern ein Gefühl dafür zu geben, was möglich und was notwendig ist. Woran liegt es, dass die Gesamtschule in Österreich so einen schlechten Ruf hat? Ist das bewusste Desinformation oder will man diese Gleichmacherei einfach nicht? Beides. Die falsche Information bezieht sich auf die Gleichmacherei und die will man nicht. Ein Teil der Bevölkerung befürchtet natürlich, dass durch die Gesamtschule die Kontinuität der Akademikergenerationen durchbrochen werden könnte. Darum ist ja bei uns der Trend zu Privatschulen so groß. Weil auch Politiker der linken Reichshälfte ihre Kinder in Privatschulen schicken, zu den Schotten oder was weiß ich wohin. Das sind dann die Schulen, wo man die zukünftigen Minister schon auf der Schulbank kennen lernt. Die Gesamtschule widerspricht diesem Image natürlich. Daher das Interesse, sie in Verruf zu bringen. Und
da muss ich der ÖVP den Vorwurf machen, dass die das ganz bewusst betreibt. Sie haben 1966 die Universität verlassen. Haben Sie da schon etwas von der bevorstehenden 68er-Proteste mitbekommen, war damals schon eine Politisierung der Studierenden zu bemerken? Vor allem die Verhältnisse habe ich mitgekriegt. Ich habe Orientalistik studiert, zuerst in Graz Dolmetsch und dann in Wien Turkologie, Iranistik und Islamkunde. Das war auch damals schon ein so genanntes ‚Orchideenfach’. Herr Grasser wollte später dann alle Orchideenfächer einsparen. An der Uni ging es damals dermaßen hierarchisch zu, dass ich dann einfach das Handtuch geworfen habe. Ich sollte für die Dissertation zur Feldforschung nach Albanien, weil mein Doktorvater dort Forschungsinteressen hatte – und das zur Zeit der Diktatur Enver Hoxhas. Ohne die geringste Aussicht auf Erfolg, wie der zweite Professor meinte. Aber ich wollte sowieso vor allem Schriftstellerin werden. Und dann bekam ich den ersten Übersetzungsauftrag von Rohwolt. Da dachte ich dann: Es reicht, und bin abgegangen. Gibt es Parallelen zur heutigen Zeit, vor allem hinsichtlich der Lebenssituation und Zukunftsperspektiven der Studierenden? Ich glaube, vor allem im Bezug auf die Hierarchie hat sich schon einiges geändert. Auch im Bewusstsein gibt es enorme Unterschiede. Die damals auf die Uni kamen, das war 1959, hatten das Gefühl, auf sie
über.bildung wartet die Welt, man muss nur gut genug sein. Vielleicht war das damals auch nicht ganz so, aber das war das Gefühl, mit dem man an die Universität gegangen ist. Meine Schwiegertochter zum Beispiel studierte Geschichte und Publizistik und hat, nachdem sie ihren Magister gemacht hatte, 735 Bewerbungsschreiben abgeschickt, bis sie schließlich von einer Werbeagentur genommen wurde. Das sagt eigentlich schon alles, das ist der Unterschied. In der Literatur war es damals ähnlich, da hatte man den Glauben, die Welt sei neugierig auf das, was man macht. Wir – Kolleritsch, Bernhard, Handke, Jelinek, Bauer, Scharang, Roth, Hoffer und andere – gehörten ja zur zweiten Generation (wenn man zur ersten Artmann, Rühm, Wiener, Achleitner, Jandl, Mayröcker usw. zählt) nach dem Krieg, die wirklich eine andere Literatur gemacht hat. Bei Lesungen konnte man davon ausgehen, dass die Leute kamen, weil sie neugierig waren, während heute oft Desinteresse noch wenig bekannten Autoren gegenüber herrscht. Wo sehen Sie dann den Unterschied zu heutigen jungen Schriftstellern? Wir haben damals sehr stark als Gruppe agiert (Forum Stadtpark, Anm.), während gegenwärtig die jungen Autoren eher als Einzelkämpfer auftreten. Es hat sich auch ein gewisser Perfektionismus entwickelt. Mit Experimenten will heute sowieso niemand mehr etwas zu tun haben. Jeder erwartet von einem Newcomer, dass er was Neues macht, aber zu neu soll es nicht sein. Im Schnitt ist die Erwartungshaltung so, dass das erste Buch bereits der perfekte Roman sein soll. Das ist eine direkte Auswirkung der absoluten Kommerzialisierung des Verlagswesens. Die meisten Verlage sind heute nur noch Geschäftsstellen. Es gibt zu wenige Lektoren, die noch intensiv mit den jungen Autoren zusammenarbeiten. Ein neues Buch soll sich auf Anhieb verkaufen, sonst wird es verramscht, so schnell kann man gar nicht schauen. Alles was als zu komplex oder zu innovativ gilt und sich nicht gleich verkaufen lässt, kommt oft gar nicht erst auf den Markt. Wie sehen Sie die erfolgreichen jungen Bestsellerautoren, wie beispielsweise Daniel Kehlmann? Das ist ein gutes Beispiel. Dieser Trend kommt aus Amerika, wenn man sich etwa Jonathan Franzen anschaut. Das ist bereits das perfekte Oevre mit einer gewissen Oberflächenglätte. In Amerika hat das wahrscheinlich mit den Creative-WritingSchulen zu tun. Creative Writing geht davon aus, dass Schreiben ein lernbares Handwerk ist. Kann also jeder Literatur machen? Jede Kunstform hat auch einen handwerklichen Aspekt. Dieser kann auch beim Sch-
reiben durchaus erlernt werden. Aber ob dann immer gleich Literatur heraus kommt, ist eine andere Frage. Wovon hängt das ab? Das hängt von der Person ab, aber auch von den Ideen. Menschen haben unendlich viele Ideen und manche können diese weiterentwickeln und etwas daraus machen, und manche, die auch viele Ideen haben, können das nicht. Woran das liegt, lässt sich nur ungenau erklären. Welche Autoren würden sie in der österreichischen Literaturszene dennoch als besonders innovativ bezeichnen? Es gibt zur Zeit ein paar sehr gute jüngere Prosaschreiber in Österreich, wie Thomas Stangl, Helmut Obermayr oder Olga Flor. Was macht diese innovativ? In erster Linie ihre Sprache. Bei Olga Flor ist es zusätzlich ein neuer femininer Blick, wie er so sachlich selten anzutreffen ist, eine Literatur, in der ganz neue Gedanken stecken. Warum gibt es im deutschsprachigen Raum momentan so wenig Literatur, die versucht, die großen gesellschaftlichen Zusammenhänge darzustellen?
7 Alois Hotschnig, der ist auch anders, der schreibt Literatur, den interessieren Strukturen, Kunstsprachen, Formen der Reduktion usw. Das interessiert mich. Autoren wie Kehlmann, Glavinic, Geiger schreiben ja jetzt auch nicht unbedingt über gesellschaftlich brisante Themen... Mag sein, mich langweilt einfach eine gewisse Glätte sowie ein alleskönnerischer Ton. Das sind die Bücher, die man liest und nichts daran auszusetzen hat. Das ist alles in sich perfekt, aber nach zwei Wochen habe ich es mehr oder weniger vergessen. Also die perfekt umgesetzte CreativeWriting-Schule? Wie immer man es nennen will ... Ich kann nur sagen, es interessiert mich in Maßen bis überhaupt nicht. Und dann gibt es Dinge, die mich sehr wohl interessieren und zwar alles, bei dem jemand versucht, die Welt aus einem mir neuen Blickwinkel zu betrachten. Das ist das eine, das Politische. Das andere ist, wenn ein Autor auf sprachlicher Ebene versucht, an der erwarteten Perfektion zu kratzen. Bezüglich des Blickwinkels bin ich selber eher Feministin, das Innenleben von Männern wurde uns ohnehin schon seit Jahrhunderten, ja Jahrtausenden nahe gebracht.
Eine solche wird es in Deutschland eher geben als in Österreich, das hat auch mit der Geschichte dieser beiden Länder zu tun. Hierzulande schätzt man seit jeher eher die formale Literatur, von Artmann über Bayer bis zu Bernhard. Sprachvirtuosität, die Kunst der Übertreibung, das war immer die Stärke der österreichischen Literatur. Ich beispielsweise beschäftige mich auch als Autorin seit Jahren mit den Themen Multikulturalität und Zuwanderung, das interessiert die Menschen aber nur am Rande – leider.
Kann man sagen, gute Literatur ist, wenn man sagen kann: „So wurde es noch nicht gesehen“?
Wollen die Menschen also nichts Politisches mehr lesen?
[jei, mahu]
Ich habe eher den Eindruck, dass die Nabelschau immer beliebter wird, und dabei vor allem die Befindlichkeit des männlichen Ichs. Wenn ich mir gewisse Autoren so ansehe... ich kann das ehrlich gesagt nicht lesen, es langweilt mich zu Tode. Diese männlichen Befindlichkeitsergüsse, gekoppelt an Alkoholexzesse usw. Diese Thematik ist so abgelutscht in der Literatur, da gab es schon so viel Besseres dazu, also ehrlich gesagt: Das nervt mich. Und darum steh ich so auf Stangl oder Obermayr, weil die wirklich über etwas anderes nachdenken. Die machen sich die Mühe, die Welt wieder einmal ganz neu anzuschauen, nicht bloß aus dem Blickwinkel des pubertären Alkoholismus. Ich bin ja sehr willig, was jüngere Autoren angeht, aber da gibt es einige, deren Bücher fange ich zu lesen an, muss sie aber bald wieder weg legen. Nicht so
Das ist eine wichtige Voraussetzung, aber es ist noch nicht alles. Es gibt nicht nur einen Grund, warum Literatur gut ist. Ich versuche immer alles als Hologramm zu sehen: Entscheidend ist, von welcher Seite man etwas anschaut, und von jeder Seite wird es anders aussehen. Der Sprache muss immer eine weitere Facette entlockt werden. Nur so, glaube ich, ist Literatur interessant.
über.Frischmuth Barbara Frischmuth, geboren 1941 in Altaussee, absolvierte von 1959–1964 ein Dolmetschstudium (Türkisch, Ungarisch, Englisch) in Graz, Erzurum und Debrecen. 1964–1966 studierte sie Turkologie, Iranistik und Islamkunde in Wien. Seit 1961 war Barbara Frischmuth Mitglied des Grazer „Forum Stadtpark“. Im Herbst 1966 brach sie ihr Studium ab und begann als Schriftstellerin und Übersetzerin tätig zu sein. Für ihr literarisches Schaffen erhielt sie zahlreiche Ehrungen, unter anderem den „Anton Wildgans-Preis“ (1973) und den „Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln“ (2005). Zuletzt erschien im Aufbau-Verlag „Die Kuh, der Bock, seine Geiß und ihr Liebhaber“, eine Sammlung tierischer Kurzgeschichten.
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Coolness, Comics und kondome schlagen Bildung Mit Clubbings, Comics, Kondomen und anderem Firlefanz versuchen die Parteien die JungwählerInnen zu ködern und bei Laune zu halten, doch von Inhalten sieht man nur wenig.
findet das cool. Jedoch leiden die Freiheitlichen an einem ganz anderen Imageproblem. Da die Partei aus einem gewissen Eck kommt, fällt es ihr sehr schwer sich von alten Dogmen zu lösen und mit ihren Themen ein breiteres Publikum anzusprechen. Und cool allein ist wohl ZU WENIG. GRÜN Freitag fahren sie auf ihren Inlineskates zu später Stunde durch Wien und viel Jugendliche nutzen die Gelegenheit, um auch einmal auf Wiens Hauptverkehrswegen mit ihren alternativen Verkehrsmitteln unterwegs zu sein. Die grüne Themenpalette ist sehr reichhaltig, allerdings wiederholen sich die großen drei, Integration, Umwelt und Gleichberechtigung immer wieder, nur mit einem anderem Gesicht. Bildung wird wohl besprochen, jedoch auf die Zielgruppe der Eltern zugeschnitten und weniger auf die Bedürfnisse der JungwählerInnen.
BLAU Die Partei mit dem jugendlichsten Auftreten ist jedoch die FPÖ. Frontmann und Team geben sich stets jugendlich und dies mit Erfolg. Die Mehrheit der JungwählerInnen
Foto: flickr, aelena
SCHWARZ Mit einem großen Clubbing im legendären Moulin Rouge, welches für die Dauer der Veranstaltung in Moulin Noir umgetauft wurde, startete die Junge Volkspartei Wiens Anfang September in den Wahlkampf, welchen sie ganz unter das Motto „Schwarz macht geil“ stellten. Teams zogen durch die Stadt und verteilten Gummis und Flyer, um die schwarze Botschaft unters Volk zu bringen. Forderungen wie gratis W-LAN im Stadtgebiet, oder höhere Einstiegsgehälter für besser ausgebildete Jugendliche hören sich anfangs zwar gut an, doch bei genauerer Betrachtung fehlen die Argumente.
ROT Anders verhält sich der ewige Rivale SPÖ. Hier wird die Jugend durch die Junge Generation, kurz JG vertreten. Inhalte werden hier mehr geboten; so gehen die Forderungen von sozialer Gerechtigkeit über Integration bis hin zur Chancengleichheit in der Bildung. Auch wandern einzelne fliegende Blätter durch Wiens Kaffeehäuser, welche das Leben in der Stadt humoristisch wiedergeben und zu späterer Stunde an so mancher Bar Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Allerdings sind die Themen, für diese Fraktion nichts Neues und die Comics greifen auch nur die politischen Gegner an.
BRENNT Gemeinsam haben alle Parteien eines: Sie wissen noch nicht wie sie mit JungwählerInnen umgehen sollen und es erscheint oft verlockender diese mit Zuckerln zu ködern, als ernsthaft auf ihre Interessen einzugehen. Erstaunlich an all dem ist auch, dass keine Partei eine Forderung der unibrennt - Bewegung aufgenommen hat, war doch Wien eine ihrer Hochburgen. Scheint so, als habe man an diesen Stimmen kein [gog] gesteigertes Interesse.
Bildungspolitik: ein Griff in die Mottenkiste K o mme n ta r Bei der Ernennung der ÖVP Wissenschaftssprecherin im Nationalrat, Beatrix Karl, zur Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung, keimte in mir die Hoffnung, dass es möglicherweise zu einer Kurskorrektur der durch Elisabeth Gehrer begonnenen und von Johannes „Gio“ Hahn fortgesetzten Politik des Niedergangs der Bildung kommen könne. Ihre Vita ließ diese leise Hoffnung auch noch weiterleben, da sie aus der Berufsgruppe der UniversitätslehrerInnen stammt. Jedoch zeigten ihre ersten Wortmeldungen als Bundesministerin, dass diese Hoffnung auf Verbesserung nicht begründet war, sondern nur eine Fortsetzung der Politik ihrer VorgängerInnen bedeutete. Die Befürwortung von
Studienbeiträgen (Studiengebühren) und Zugangsbeschränkungen sind ein Griff in die Mottenkiste der politischen Ideen zur Ausfinanzierung der Bildung. Die Universität braucht mehr Geld, allerdings sind Studienbeiträge und Zugangsregelungen nicht die geeignete Lösung dieses Problems. Als Sahnehäubchen kam nun von der Ministerin der Vorschlag, für jede einzelne Lehrveranstaltung zu zahlen. Mit der Begründung, dass man dadurch nur für „konsumierte“ Lehrveranstaltungen Entgelt entrichten muss. Dieses Modell nimmt sich als Vorbild die USA, die nun nicht als das Musterland für den freien Hochschulzugang gilt. Die letzten Wortmeldungen der Bundesministerin Beatrix Karl zerstörten jedes noch so zarte Pflänzchen der Hoffnung auf Beibehaltung des freien Hochschul-
zugangs. Sie meinte, wenn der Koalitionspartner SPÖ die Studienbeiträge weiterhin blockiere, es zur Kündigung von ¾ der ProfessorInnen, Schließung oder die Zusammenlegung von Universitäten und Fakultäten kommen werde. Im Umkehrschluss müsste man annehmen, dass zu Zeiten der Studienbeiträge (Studiengebühren) es zu neuen Universitäten, mehr Personal und mehr Lehrveranstaltungen gekommen sei. Die Auslösung der Medizinischen Fakultäten aus dem Verband der Stammunis Wien, Innsbruck und Graz waren die einzigen Neuerungen. Die Studienbeiträge sind im universitären Budget der kleinste Budgetposten und sind somit nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Wenn man zur Finanzierung der Unis Studienbeiträge heranziehen
will, dann müssten diese so hoch sein, dass sie nur von einer kleinen Elite bezahlt werden können. Die neu in die Diskussion gekommene AkademikerInnensteuer statt Studienbeiträgen ist auch keine Lösung. Denn dieses Modell geht davon aus, dass AkademikerInnen nach Beendigung ihres Studiums in ein sehr gut bezahltes Arbeitsverhältnis eintreten. Die Realität heute sieht so aus, dass sich AkademikerInnen in a-typischen Beschäftigungsverhältnissen befinden und nicht über das Einkommen verfügen. Aus meiner Sicht ist und bleibt die Finanzierung der Unis weiterhin Aufgabe des Staates, die Ökonomisierung und Privatisierung der Bildung ist der Schritt in die falsche Richtung. [sl]
über.denken
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ars brennt - politik pennt Die Unibrennt-Bewegung bekam bei der ARS-Electronica einen Preis für ihre „digital community“ verliehen. Im Zuge der Besetzung des Audimax und zahlreicher anderer Hörsäle haben es die AktivistInnen geschafft, die Möglichkeiten der Social Media optimal für die Zwecke einer zivilgesellschaftlichen Bewegung zu nutzen und die bisher als reines Spielzeug empfundenen Netzwerke mit Sinn zu füllen. Rund um den Anlass der ARSElectronica mit ihrem Motto „REPAIR – sind wir noch zu retten“, das wir als Evaluierungsauftrag Foto: ars electronica angenommen haben, sammelten wir ganz im Sinne einer vernetzten „digital community“ alles was im Argen liegt. Dabei gingen wir weit über die bildungspolitische Misere hinaus, um das gesamte Spektrum einer gesellschaftlichen Evaluierung zu öffnen und darüber zu Gericht zu sitzen. In repair steckt auch der Aspekt der Reparationszahlungen. Wer wird, wer kann und wer soll die Reparationszahlungen für die Brüche in unserer Gesellschaft tragen? Und, wenn wir die Gesellschaft reparieren, wo beginnen und und wo enden? Wollen wir am
bestehenden System die Sollbruchstellen verkitten oder die Gelegenheit, die uns die Krise bietet, nutzen, um ein stabileres System zu bauen? Bei den Evaluationen kam die selbst erfundene Autorität und die nicht-endenwollende Kompetenz der „networks of excellence“ des eigens geschaffenen „institute for science and technology ars“ (ista, Näheres unter: ista.co.at), der Elite-Uni Fucking (OÖ) ins Spiel und kulminierte in einem explosiven Club 2 live aus den Hallen der ehemaligen Tabakfabrik. (http://kommunikationsguerilla. twoday.net/stories/8357590/). Was bleibt vom Betriebsausflug von Unibrennt nach Linz, ist ein Augenzwinkern mit einer kleinen Träne, dass Unibrennt zwar ein künstlerisches Forum geboten wird, der politische Zirkus sich aber weiterhin in Ignoranz und absichtlicher Unwissenheit übt. [AG ARS Electronica]
Vereins - Ein/Bildungen Auch an Privatunis kriselt es G astk o mme n ta r Die Aufgabe der Psychoanalyse ist es „ein starkes Ich zu entwickeln [...], das frei ist von unnötigen Identifikationen, von automatischer Übertragung und Denkschablonen“. Daher sehe ich es als dringend notwendig, christlich-weltanschaulich denkenden ExPriestern und so manchen anderen Theologen die Profession des Psychotherapeuten zu untersagen. Der Beruf des Psychotherapeuten wird nicht an Universitäten gelehrt. Das ist ein Fehler, da dadurch diese professionelle Tätigkeit ausschließlich von privaten Vereinen ‚verkauft‘ wird. Man kann in diesen Vereinen durchaus archaische Herrschaftsstrukturen und die damit mitschwingenden christlichen Weltbilder entdecken: Die analytischen Ausbildungsvereine funktionieren mit einem ‚herrschenden‘ Ältestenrat: Lehrausschuss und Lehranalytiker-Kollegium ziehen sich zurück und bestimmen, was ‚richtige‘ Analyse sei, weil er, der ‘Ältestenrat‘, sich ‚größere Erfahrung und überlegene Einsicht‘ zuschreibt - das hat Konsequenzen! Ohne Übereinstimmung mit dem ‚Kollegium‘ gibt es kein Geld von der Krankenkasse. Das Geld der Krankenkassen ist nur über einen Verein beziehbar. Der Verein teilt die Gelder den initiierten Psychotherapeuten zu, wobei einem jeden Vereinsmitglied nicht ‚gleich wenige‘ Patienten zustehen. Man sehe dar-
aus, dass eine Vereinsmitgliedschaft bei der Finanzierung der Psychotherapie-Krankenkassenplätze eine erhebliche Rolle spielt. Dass da etwas schief läuft, liegt auf der Hand. Nun muss man sich doch die Fragen stellen, wer diese Vereinsheinis - Supervisoren/Lehranalytiker sind. Und ist ein Notstand an krankenkassenfinanzierten Psychotherapie-Stunden zu orten? Ja, denn PatientInnen, die dringend professionelle Hilfe benötigen, werden mit langen Wartezeiten konfrontiert. Rasche Hilfe im Akutfall ist oft nicht möglich, weil es zu wenige Psychotherapieplätze auf Krankenschein gibt. Selbst wenn die Betroffenen die Wartezeit durchgehalten haben, gibt es viel zu wenige Behandlungsstunden auf Krankenschein. Wer eine Psychotherapieausbildung macht, muss neben der langen, selbstfinanzierten Ausbildung ein unbezahltes Praktikum durchlaufen und unbezahlte Praxisstunden leisten. In diesen Praxisstunden, die gesetzlich vorgeschrieben sind, wird qualifizierte Arbeit geleistet. Auch viele Non-Profit-Institutionen, die psychotherapeutische Hilfe anbieten, können ohne PsychotherapeutInnen in Ausbildung unter Supervision ihren Betrieb kaum aufrechterhalten. Damit füllen AusbildungskandidatInnen eine Lücke, die eigentlich vom Gesundheitssystem geschlossen werden müsste.
Das Mindeste, was sich ein Patient erwarten können muss, ist Qualitätssicherung. Diese Sicherung ist derzeit nicht gewährleistet. Denn momentan ist eine Re-Christianisierung unter den Therapeuten in diesen Vereinen festzustellen. Ehemalige katholische Priester bekleiden die Ämter des ‚Ältestenrats der Krankenkassen‘. Das ist nicht die beste Voraussetzung zur Verwissenschaftlichung der analytisch-universitären Bewegung. Verbreitung theologischer Lehren, besonders in Zeiten psychischer Krisen, führen in die Schizophrenie. Unter den Vereinssupervisoren scheint dieses Phänomen um sich zu greifen. Ehemalige praktizierende katholische Priester nehmen den Platz von Entscheidungsträgern von Krankenkassenplätzen ein. Herr Picker erinnert mich an einen solchen. Er genoss eine Vereinsausbildung. Nun ist er Psychotherapeut, Lehrtherapeut, Supervisor, exkommunizierter christlicher Priester - und nebenbei bietet er christlich anmutende Gebetsstunden an. Besagte Therapeuten mit theologischem Hintergrund behaupten, dass der Zugang zur Religion, wie Freud und seine Schüler ihn für sich fanden, ein Primitivstandpunkt wäre. Lesen Sie in der nächsten Ausgabe der über.morgen weiter! [egk]
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über.graus
Die Sendung mit dem Graus HEUTE: Die Löwin vom 1. Bezirk
Einmal Hin und Weg Wer sich der Ohnmacht noch nicht ergeben hat, kennt ihn, den Schmerz in der Brust, der Junge scheinbar grund- & ziellos immer wieder überfällt. Rezension einer Reise nach Hamburg Ich bin hierher gefahren, um zu sehen, ob Hamburg die Stadt ist, in der ich leben möchte und, weil die Ausrede “Alleine sein ist doof” irgendwann nicht mehr gilt. Jetzt stehe ich im Regen auf der Reeperbahn, zwischen teuren Binnenalsterläden, an den Landungsbrücken und am Jungfernstieg. Auf dem Dach des Flakturmes, der harten Elektro und weichen Van Cleef-Rock hergibt, frage ich mich, ob die anhaltende Zukunftsangst gesund sein kann.
Foto: sup, tas
Mit einem geisteswissenschaftlichen Studium bin ich auf nichts richtig vorbereitet. Aber, die Frage: Wofür bin ich ausgebildet? darf nicht die sein, die über meinen Weg entscheidet. Hamburg fragt mich nicht, was ich kann. Die Stadt ist Heimat und ich will ihr etwas geben.
Wiens Bezirke werden von Bezirkskaiserinnen und -kaisern regiert. Im 1. Bezirk tut das die Frau Stenzel. Früher einmal hat die Frau Stenzel Nachrichtensendungen beim ORF moderiert. Später ist sie als Mitglied der ÖVP im EU-Parlament gesessen. Seit fünf Jahren regiert sie nun als ÖVP- Bezirkschefin den 1. Wiener Gemeindebezirk. Und kämpft wie eine Löwin, wie sie nicht müde wird zu berichten. Schon 2005 ist die kämpfende Löwin durch seltsame Visionen unangenehm aufgefallen: In einem Interview verkündete sie, die Straßenkünstler aus den Fußgängerzonen vertreiben zu wollen und die Punschstände zu schließen. Außerdem äußerte sie ihren Unmut gegenüber dem Silvesterpfad, der durch den 1. Bezirk führt. Stenzels Kampf gegen die Nutzung des öffentlichen Raums findet kein Ende: Egal ob es sich um eine Zeltveranstaltung im Rudolfspark handelt, den Pflegetag der Caritas am Stephansplatz oder eine Parade des brasilianisch-afrikanischen Kulturvereins durch die Innenstadt – Stenzel, die verhaltensauffällige Löwin, brüllt und fletscht die Zähne. Und weil die Frau Stenzel so gerne Chefin vom 1. Bezirk ist, will sie heuer noch einmal gewählt werden. Und auch diesmal gibt sie, gebeutelt von Visionen, ihre Interviews: So verkündet sie, Demonstrationen im 1. Bezirk verbieten zu lassen. Widerspricht zwar der Verfassung, macht aber nix, denn schließlich blockieren Demos den Verkehr und sind laut und überhaupt. Deshalb sollen Demos gelenkt werden, nämlich raus aus dem 1. Bezirk. Und um die Sicherheit zu erhöhen, plant sie den gesamten 1. Bezirk unter Videoüberwachung zu stellen - klingt seltsam, ist aber so.
Das Gefühl, trotz allem ein bisschen allein zu sein, rührt vom Aussetzen der zwei existenziellen Konstanten her, die einen Menschen rund und sein machen: 1) jemanden zu kennen 2) etwas zu tun. Wie man sich über Fußballspieler ärgert, die “nur ‘rum stehen”, so ungeduldig sind viele Studierende mit sich selbst. Immer gibt es noch einen Kurs zu besuchen, noch eine Sprache zu lernen, noch eine Fähigkeit (möglichst zeugnisbeglaubigt) weiter auszubilden. Versteckt der Arbeitswahnsinn jedoch nur die tiefe Angst zu versagen, macht er keinen Spaß. Und Spaß ist existenziell für Glück, das sich ineinander Auflösen der kontrollierenden und qualifizierenden Bewusstseinsströme. Doch: Wer hat noch Mut zum ‘rumstehen, zum - wirklich - Nichtstun? Über Ängste zu sprechen ist verwöhnt und so werden sie totgeschwiegen, bis 22jährige Studierende mit Burnout stationäre Aufenthalte benötigen. Und so tarnt man Arbeit als Freizeit, geißelt sich selbst, und die Ängste finden Ausdruck in Aggression oder Krankheit. Was der Generation Zukunftsangst fehlt, ist die Leichtigkeit, mit der Glück passiert. Zu dieser Leichtigkeit gehört eine gute Portion Selbstbewusstsein und das lässt sich üben. Wer sich öfter neue Dinge zutraut, wird sein Selbstvertrauen im Flug steigern. Ich bin allein nach HH geflogen und nehme mir vor, hier ein einjähriges Praktikum zu machen. Ob es geschieht, oder nicht, wird nicht meine Entscheidung sein. Ich will, ich traue es mir zu, ich glaube, ich kann. Ich werde diesen Schritt gehen: Weil ich glaube, dass es mir - neben anderem - Spaß macht. [cgal]
Solche gibt’s in Wien aber schon. Nämlich im Schönbrunner Zoo. Und da sich die Frau Stenzel ja mit einer Löwin vergleicht, kann sie sich gleich dort in einen Käfig reinsetzen. Da hat sie dann Absperrung, Kameraüberwachung und Sicherheitspersonal in Form von netten WärterInnen – alles Gute für die Zukunft, Frau Stenzel. [masc]
Rechte: flickr, Alpi2008
Mit ihren Vorschlägen zielt die Frau Stenzel auf das, was man als „Gated Communities“ bezeichnet: Geschlossene Wohnanlagen, die durch Absperrungen, Kameraüberwachung und entsprechendem Sicherheitspersonal von der übrigen Gesellschaft separiert sind.
UNSER Lieblingsplatz
über.reste
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Das Herzstück des Schikaneders ist eigentlich der Kinosaal. Vom vierstündigen Japan-Streifen, vor dem man vorher noch gefragt wird, ob man denn gerne zwischendurch eine Pause hätte, bis hin zu Buchvorstellungen oder Theaterstücken ist dort alles zu finden, was nicht gerade Hollywood ist. Aber auch die Bar ist durchaus einen Besuch wert: Gemütliche Sofas, eine sympathische Atmosphäre und gute Musik – hier verbringt die über.morgen-Redaktion gerne den einen oder anderen Abend. www.schikaneder.at
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Und schon wieder ist es passiert! Ein ganz liebes kleines Kerlchen ist uns zugelaufen. Von der Herrschaft verstoßen, könnte aber in jedem Haushalt sehr nützlich sein. Sicher pisst er einem oft ans Bein, wenn man es gerade nicht braucht. Aber er erschnüffelt oft auch ein ganz interessantes Skandälchen und macht die Welt damit ein klein wenig fairer. Deshalb bitten wir Sie, kümmern sie sich um den kleinen Mischling Pressefreiheit. Er hat sein Dasein verdient, einschläfern ist wirklich keine Lösung! Ihre über.morgen Tierredaktion.
Foto: schickaneder
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In der Psychologie wird also auch auf Bachelor umgestellt. Endlich. Endlich vollgestopfte Stundenpläne, endlich Disziplin, endlich Ordnung. Das Rezept hierfür: Man halte einige Infoveranstaltungen zum Thema „Wir haben auch noch keine Ahnung, wie das laufen soll...“ ab, gebe eine Prise „Jetzt hör’n Sie schon auf zu fragen, das wird sich alles ergeben“ dazu und runde das Ganze mit einem neuen Anmeldesystem ab, dessen Funktionalität noch nicht ganz ausgereift ist. Da nach diesem Gourmet-Menu natürlich ein wenig aufs Geld geschaut werden muss, ersetze man lustig die bisherigen Vorlesungen durch so genannte „Äquivalenzveranstaltungen“, denn so spart man sich das Weiterführen des total veralteten Diplomstudiengangs. Herzlichen Glückwunsch, Uni Wien, Sie gewinnen den Goldenen Kochlöffel.
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UNSER Zahlenrätsel
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