2/2011: Burschenschaften. MännerInnen unter sich

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über.morgen

www.uebermorgen.at | Jahr 3, Ausgabe 2 | Fr 25.2.2011 | Kostenlos

die kritisch-unabhängige Studierenden-Zeitung

Burschen= schaften MännerInnen unter sich

Indien: abwarten und tee trinken s. 12

Ungarn: zwischen protest und selbstzensur S. 10

Dresden: schlagstöcke und pfefferspray S. 8


über.inhalt

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über.inhalt

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Über Inhalt Impressum

über.ich

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Liebe Leserinnen, Liebe Leser In Kürze

Über Inhalt Anlässlich des WKR Balles beleuchten wir im über.thema die Verbindungsszene mit besonderem Augenmerk auf ihre feminine Seite. Im Osten, wo die Sonne auf und die Meinungsfreiheit unter geht, trafen wir uns mit dem ungarischen Journalisten Zsolt Bogár. Er sprach mit uns über Protest und Selbstzensur. In Dresden nichts Neues: Menschen aus ganz Europa versuchen, den jährlich stattfindenden revisionistischen Aufmarsch zu blockieren. Über.morgen war dabei und berichtet. Von jenen fernen Stränden, die Kolumbus suchte und Hippies schließlich für sich entdeckten, erzählt unser Mann in Indien. Hierzulande werfen wir einen kurzen Blick auf den Tierschützerprozess, ein „Verfahren großer Komplexität“. Warum es schwierig wird, den Patientenbetrieb im AKH aufrecht zu erhalten, erklärt Dr. Karl Heimberger im Interview. Und dem Graus graut es diesmal vor Kärntner Politik-Possenspielen.

über.thema

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Burschinnenschaften? Frauen in Studentinnenverbindungen Ehre, Freiheit, Vaterland

über.kurioses

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über.bildung

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Die MedUni Wien hat Finanzierungsprobleme. Interview Dr. Karl Heimberger

über.denken

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über.politik

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Untwerwegs mit einer Bezugsgruppe. WienerInnen blockieren Neonazis in Dresden

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Ungarns Mediengesetz. Interview mit dem Radioredakteur Zsolt Bogár

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Ein Verfahren großer Komplexität

Eine Stadt gegen Extremismus Sprache.Ein.Weg. Theaterrezension

Still fighting! 100 Jahre Frauentag Wo der Pfeffer wächst. Reisebericht Indien Qualität in Serie: ichmachpolitik.at Festival für Medienkunst und digitale Kultur Der Graus: Ortsbildpflege-Soko Rezension: Ein Comic über Logik

über.reste

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Unser Lieblingsplatz: Debakel Hund der Woche: Präsenzdiener Unser Zahlenrätsel Sudereck: Sperrstunde

Diese spannenden Artikel und noch einige mehr erwarten euch in dieser Ausgabe. Also über.morgen lesen, Meinung bilden, aktiv werden. [red]

Wie man uns unterstützen kann: Nutzen Sie die Möglichkeit durch ein Spendenabo die über.morgen Monat für Monat frei Haus geliefert zu bekommen: http://abo.uebermorgen.at oder spenden@uebermorgen.at Konto: 20010926409 | BLZ: 14200 BIC: EASYATW1 IBAN: AT431420020010926409 Zweck: über.morgen Alle Einlagen gehen ausschießlich zugunsten des Vereins (Druckkosten). www.facebook.com/ueber.morgen

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über.ich

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Liebe Leserinnen, liebe leser Holt mich hier raus! Ich will nicht mehr länger hier rumliegen. In einem engen Kammerl am Boden, wo täglich Füße über mich stolpern. All zu oft weggesperrt, für meine LeserInnen nicht erreichbar. Ich will präsentiert sein, am Silbertablett sozusagen, wo ich gesehen werde und jedeR gern nach mir greift. Ich will meine eigenen Zeitungsständer! Deshalb gibt’s über.morgen jetzt als Projekt auf respekt.net. Ich halte euch meinen, aus einer über.morgen gefalteten Hut hin: Ich sammle Spenden für Zeitungsständer aus Pappe. Die werden dann an unterschiedlichen Orten an der Hauptuni, dem NIG und am Campus aufgestellt. Dort könnt ihr mich dann Monat für Monat abholen. Bequem, ohne euch bücken zu müssen, an Orten, an denen ihr sowieso vorbeikommt – eine reizvolle Vorstellung, ja? Dan klickt euch doch rein auf www.respekt.uebermorgen.at Holt mich hier raus! Besser heute als morgen, warten mag ich nicht mehr. Weder auf Godot, noch auf Andy Kaufman, noch auf den Falter, euer über.ich

Bleibeberecht

Plastiksackerl, what else?

Unbestätigten Meldungen zufolge darf der junge Nigerianer Dennis Maklele bleiben. Der in seiner Heimat bedrohte Asylwerber sah sich, nach mehreren negativen Asylbescheiden, in einer ausweglosen Situation und hat schon zwei Selbstmordversuche hinter sich. Eine Bürgerinitiative hat sich seiner angenommen und dürfte ein Bleibeberecht für ihn erwirkt haben. Näheres in der nächsten Ausgabe.

Laut einer profil-Umfrage wären 73% der ÖsterreicherInnen für ein Verbot des Plastiksackerls. Trotzdem ist man hierzulande noch weit entfernt von einem solchen. In Wien landen die meist in China produzierten Sackerln in den städtischen Müllverbrennungsanlagen und machen österreichweit nur 0,01% des gesamten Abfalls aus. Dennoch wäre ein Verzicht auf das Unding aus Plastik gut für unsere Umwelt. So wäre es doch eine Alternative, das nächste mal eine Stofftasche oder einen Rucksack mit zum Einkaufen zu nehmen.

Ihre Daten werden gespeichert

Atomstrom is Oasch!

Am Dienstag dem 22. Februar 2011 hat die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung den Ministerrat passiert. Ziel der EU-Direktive ist es, Verbindungsdaten von Telefonund Internetkommunikation zu speichern, damit sie den Ermittlungsbehörden zur Verfügung stehen. Wird dies nicht umgesetzt, drohen dem Staat Österreich Strafzahlungen um die 20 Millionen Euro. Nur der Europäische Gerichtshof kann das „Stasi-Gesetz“ derzeit außer Kraft setzen. Infos unter www.privat-im-internet.at und www.akvorrat.at

Trotzdem ist Österreich Mitglied bei der Europäischen Atomgemeinschaft, kurz EURATOM. Diese vertritt die Interessen der Atomindustrie in Europa. Vom 28. Februar bis 7. März findet das EURATOM-Volksbegehren statt. Dieses fordert unter anderem einen Ausstieg Österreichs aus EURATOM. Ein Ausstieg wäre, entgegen aller Kritikermeinungen, ohne Folgen auf die EU-Mitgliedschaft Österreichs möglich. www.euratom-volksbegehren.at

IN KÜRZE IN KÜRZE IN KÜRZE IN KÜRZE www.uebermorgen.at


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über.thema

Burschinnenschaften? Frauen in Studentinnenverbindungen

Über Burschenschaften weiß man Bescheid, oder glaubt man zumindest. Doch Frauen in Verbindungen? Kennt man die, vom Hörensagen? Gibt es die überhaupt? Ja, es gibt sie - Frauen in studentischen Verbindungen. Wenn auch nicht in Burschenschaften, die sind tatsächlich reine Männerbünde. Das hat den geschichtlichen Hintergrund, dass Frauen der Zugang zu den Universitäten bis Ende des 19. Jahrhunderts verwehrt war. Der ursprüngliche Zweck von Burschenschaften war jener einer Korporation von Studenten, eine Art Vernetzung, Kontakte unter Gleichgesinnten zu knüpfen, politisches Engagement, aber auch Umtrunke und Brauchtumspflege. Die ersten (deutschen) Burschenschaften entstanden im Zuge der napoleonischen Befreiungskriege, ihr Interesse galt der nationalen Einheit, sie widersetzten sich der Zersplitterung Deutschlands, die im Wiener Kongress beschlossen wurde. Zu dieser Zeit waren sehr viele Studenten in Burschenschaften korporiert, ein Universitätsstudium war nur wenigen möglich, die Gesamtzahl der Studenten daher, im Vergleich zu heute, klein.

Mitglieder in Burschenschaften? Weil man sonst die Bezeichnung „Burschenschaften“ gendern müsste? Weil Frauen in Burschenschaften „nichts verloren“ haben, allerhöchstens noch als „schmückendes Beiwerk“, als sogenannte „Couleurdamen“? Kritiker bejahen diese Fragen, Burschenschafter hingegen würden dies vermutlich verneinen.

“geburschte” Frauen

Die meisten Studentinnenverbindungen wurden erst in den 1980er-/90er-Jahren gegründet. Gemischte Verbindungen gibt es nur wenige, die meisten von ihnen sind SchülerInnenverbindungen. Auf Hochschulebene ist die Mehrheit der Studentinnenverbindungen unter den christlichen/katholischen Verbänden zu finden. Der oberste Dachverband ist der EKV (Europäischer Kartellverband), zu

Nun haben Frauen aber schon seit längerer Zeit Zugang zu einem Universitätsstudium, 1897 wurden erstmals Frauen zum Philosophiestudium zugelassen, 1945 gewährte auch die katholisch-theologische Fakultät als letzte Frauen den Zugang. Warum also gibt es dann immer noch keine weiblichen Foto: C.Ö.St.V. Academia Graz

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Außer den Burschenschaften gibt es jedoch auch z.B. die christlichen StudentInnenverbände, in denen neben den vielen Männerverbindungen auch wenige gemischte und einige reine Studentinnenverbindungen organisiert sind. Gendern ist aber auch hier offensichtlich kein Thema, denn in gemischten Verbindungen werden auch Frauen „geburscht“ (nach absolvierter Burschenprüfung als Vollmitglied aufgenommen).

Getrennt oder doch gemeinsam(es)?

dem u.a. auch der ÖCV (Österreichischer Cartellverband) gehört, ein reiner Männerverband. Die VCS (Vereinigung christlicher farbentragender Studentinnen in Österreich) gliedert sich in acht Damenverbindungen. Alle katholischen Verbände haben untereinander Freundschaftsabkommen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die österreichischen katholischen Studentenverbindungen noch mit deutschen Verbindungen unter gemeinsamen Dachverbänden zusammengefasst. Mit der Aufnahme der nationalsozialistischen Prinzipien und Grundsätze in den 1930er-Jahren kam es zur Abspaltung von den deutschen Verbänden, da die Grundsätze des Nationalsozialismus mit denen der österreichischen katholischen Verbindungen (pro-österreichisch, anti-nationalsozialistisch) nicht vereinbar waren. Unter der Herrschaft der Nazis wurden diese Verbände aufgrund ihrer anti-nationalsozialistischen Einstellung aufgelöst, einige ihrer Mitglieder mussten wegen Widerstandes gegen das NS-Regime im KZ ihr Leben lassen. Anfang der 1990er-Jahre gab es Bestrebungen, auch Frauen in die Cartellverbände aufzunehmen, jedoch gab es auch von Seiten der Damenverbindungen Einwände, und daher existieren weibliche und männliche Verbindungen nebeneinander, die, zu-


über.thema mindest protokollarisch, gleichgestellt sind.

Buden, Kneipen, Mädelschaften Viele Studentinnenverbindungen sind ebenso farbentragend, d.h. sie tragen (zumindest auf Verbindungsveranstaltungen) Deckel und Band in ihren jeweiligen Farben, ihre vier Prinzipien lauten ebenfalls „patria“, „religio“, „scientia“ und „amicitia“. Sie singen auch dieselben alten Studentenlieder, wobei einige der Texte “entmannt” wurden (die alten Texte beziehen sich alle auf männliche Studenten), viele jedoch noch im Original gesungen werden, wie z.B. “O alte Burschenherrlichkeit“. Sie haben genauso ihre „Buden“ und feiern „Kneipen“, oft zusammen mit Männerverbindungen. Laut DÖW (Dokumentationsarchiv des österr. Widerstands) ist das Pendant zu den deutschnationalen Burschenschaften die Wiener akademische Mädelschaft Freya,

eine national-freiheitliche Studentinnenverbindung, die dem WKR nahe steht. Offiziell geht es den Mädelschaften natürlich nur um lebenslange Freundschaften, Interessensvertretung weiblicher Studierender, Frauennetzwerke und Erfahrungsaustausch. Als Mädelschaft wurden in der Nazizeit übrigens auch die kleinsten Organisationseinheiten im BDM (Bund deutscher Mädchen) bezeichnet. Schlagend sind weder die christlichen Verbände noch die Mädelschaften, in keiner Damenverbindung werden Mensuren gefochten (auch die christlichen Männer-Verbindungen im CV lehnen die Mensur ab). Alle jedoch haben ihr Regelwerk, “Comment” genannt, von den ursprünglichen Burschenschaften übernommen und angepasst. Darin sind sämtliche Vereinsstatuten und Benimmregeln aufgezeichnet. Kontakte zu den deutschnationalen Burschenschaften gibt es übrigens weder bei

5 den Damen- noch bei den Männerverbindungen unter den christlichen Cartellverbänden.

ÖVP-Kaderschmiede? Offiziell sind die Studentinnenverbindungen unpolitisch, d.h. parteiunabhängig, aber durchwegs alle bekannten Mitglieder, die aus den christlichen weiblichen Verbindungen hervorgehen, sind Funktionärinnen, Ministerinnen etc. der ÖVP, obwohl es unter den Mitgliedern angeblich auch vereinzelt Grünwählerinnen gibt. Trotzdem ist eine Studentinnenverbindung, im Vergleich zu den großen Männerverbänden, kein Karrieregarant. Jobaussichten sind mit und ohne Verbindung für Frauen annähernd gleich. Dazu sind die weiblichen Korporationen auch nicht groß genug, die meisten einzelnen Verbindungen haben nur etwa um die 50 Mitglieder. Die bekanntesten Gesichter in ihren Reihen sind z.B. Christine Marek (Koinonia Wien), sowie Beatrix Karl und Waltraud Klasnic (bei[dr] de Academia Graz).

Ehre, Freiheit, Vaterland Die schlagende, farbtragende „Akademische Burschenschaft Olympia“ als Paradebeispiel für eine deutschnationale Verbindung in Österreich. Brüder bis zum Tode und darüber hinaus – das sind die Mitglieder der Akademischen Burschenschaft Olympia. Wer allerdings zum Bruder werden darf, entscheidet das „burschenschaftliche Anforderungsprofil“. Illustrierend hierzu ein angeblich scherzhaft gemeintes Flugblatt der Burschenschaft: „Bist du häßlich, fett, krank oder fremd im Lande, bist du von Sorgenfalten, Weltschmerz oder linksliberaler Gesinnung gepeinigt, trägst du alternative oder Schicky-Kleidung oder gar ein Flinserl im Ohr, studierst du Psychologie, Politologie oder Theologie oder gar nicht, hast du den Wehrdienst verweigert oder eine Freundin mit, die weder schön noch still ist, kurz: Bist du auf irgendeine Weise abnormal oder unfröhlich, dann bleib lieber zu Hause.“

Kaderschmiede rechtsextremer Gesinnung Pflichtmensuren sind bei der Olympia nach wie vor üblich und bewährtes Selektionsritual, um sicherzustellen, dass „ausschließlich charakterlich einwandfreie Persönlichkeiten [dem] Verband angehören“. Bei diesem Test der Tapferkeit und des Gehorsams ist auch die der Burschenschaft eigene Geringschätzung des Individuums gegenüber der Allmacht des „Volkes“ erkennbar, oder, wie der Soziologe Norbert Elias anmerkt: „Wird in einem Ritual absichtlich Blut vergossen, so bedeutet das in der Regel, dass der Wert, zu dessen Ehren das Blut fließt, höher ge-

achtet wird als das Leben des Blutenden.“ Die Burschenschaft Olympia wird vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands als rechtsextrem eingestuft. Auch im Jahreslagerbericht des Innenministeriums von 1994 wird die Olympia namentlich als „Kaderschmiede nationaler und rechtsextremer Gesinnung“ bezeichnet.

Selbstabschaffung und Neugründung Im zweiten Weltkrieg löste sich die Burschenschaft feierlich auf und ordnete sich in die NSDAP ein – freiwillig. Als nach dem Krieg Verbindungen verboten waren, gründete sich die Burschenschaft 1948 als Akademische Tafelrunde Laetitia neu. In den 60er Jahren provozierte die Olympia ein Verbot, nachdem eine Gruppe um Norbert Burger an den Briefbombenattentaten in Südtirol beteiligt war, die auch Menschenleben forderten. 1973 gründete sich die Akademische Burschenschaft Olympia neu – (rechts)radikal wie eh und je. Als sie 1996 erneut den Vorsitz der DB übernehmen wollten, traten einige gemäßigte Burschenschaften aus Protest aus.

“deutschen Volkskörper schützen” Die Olympia bekennt sich zur deutschen

Volks- und Kulturgemeinschaft, wie sie während der „Befreiungskriege“ gegen die Heere Napoleons aufgestellt worden war, hier wird das Volk zur „natürlichen Gemeinschaft“. Martin Graf, dritter Nationalratspräsident, FPÖler und Mitglied der Olympia, drückt es so aus: „Die heutigen Staatsgrenzen wurden willkürlich gezogen; das deutsche Volkstum muss sich frei in Europa entfalten können“. Auch vom Dachverband DG wird ein Großdeutschland mit den Grenzen vom 1. September 1939 gefordert. „Die Unterwanderung des deutschen Volkes durch Angehörige von fremden Völkern bedroht die biologische und kulturelle Substanz des deutschen Volkes (...) Das deutsche Volk ist vor Unterwanderung seines Volkskörpers durch Ausländer wirksam zu schützen“, forderten die Olympen am Burschenschaftstag 1991. Antisemitische Aussagen sind schon seit der Gründung von Burschenschaften zu finden, das Frauenbild der Verbindung ist mittelalterlich, Holocaustleugner werden zu Informationsabenden eingeladen und rassistische Äußerungen sind an der Tagesordnung – es drängt sich die Frage auf, weshalb in einem Österreich des 21. Jahrhunderts ein solcher Männerbund ungehindert seine menschenverachtenden Ansichten der Welt präsentieren kann. [arr] www.uebermorgen.at


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über.kurioses

EIN VERFAHREN GROSSER KOMPLEXITÄT In einem Gerichtssaal in Wr. Neustadt findet derzeit der wohl unterhaltsamste Prozess Österreichs statt. Für die Angeklagten nicht besonders lustig, kann man sich als Beobachter das Lachen oft nicht verkneifen.

„Es war eine Stresssituation und ich habe mich absolut nicht wohl gefühlt!“ Das subjektive Highlight der Verhandlung ist die Befragung der bekanntesten verdeckten Ermittlerin des Landes – Danielle Durand. Die Polizistin, deren Einsatz von der Staatsanwaltschaft erst verschwiegen wurde, sitzt mit Perücke verkleidet im Nebenzimmer und wird via Videoübertragung befragt. Ihren Wunsch nach dieser „kontradiktorischen Einvernahme“, die sonst vor allem bei Missbrauchsopfern eingesetzt wird, begründet sie mit der „kränkenden Berichterstattung“. Die Wartezeit im Gericht sei eine „Stresssituation“ gewesen, in der sich die Polizistin „absolut nicht wohl gefühlt“ habe. Der Vorschlag für diese Art der Einvernahme sei von ihren Vorgesetzten gekommen. Durand nahm an Kongressen, Recherchen und Jagdstörungen teil. Zwar hat sie dabei nichts strafrechtlich Relevantes beobachtet, schätzt den Angeklagten Martin Balluch aber als „militant“ ein, weil er sich von seinen Zielen nicht abbringen lässt und bei Jagdstörungen trotz schlechtem Wetter zur Hochform aufläuft. Bei Demonstrationen vor der Firma Kleider Bauer haben ihr „laut und forsch vorgetragene Parolen“ ein „subjektives Empfinden einer gewissen Aggressivität“ vermittelt. Auf Nachfrage erklärt sie

dann, dass geschrien worden sei, weil keine Megafone verwendet werden durften. Ihre häufigste Antwort ist aber: „Wenn es so war, steht es in meinem Bericht“. Mit dem einen Tierschützer, der sich laut Bericht öfters „radikal äußerte“, ergab sich für die Ermittlerin leider kein Kontakt mehr. Auch heute sitzt dieser nicht auf der Anklagebank.

„Offenbar haben die Angeklagten hier ein anderes Demokratieverständnis.“ Als „Verfahren großer Komplexität“, das eine „flexible Vorgangsweise der Angeklagten“ erfordere, beschreibt Richterin Sonja Arneth den Prozess. Diese dürfen keine Laptops verwenden, weil sie damit Ton- und Bildaufnahmen machen könnten. Sie dürfen sich auch nicht von ihren AnwältInnen vertreten lassen. Wer fehlt muss Entschuldigungen nachreichen. Bis jetzt durften die Angeklagten aus ganz Österreich für 70 Verhandlungstage nach Wr. Neustadt anreisen. In einige Ermittlungsberichte und Überwachungsprotokolle haben sie bis heute keinen Einblick. Daten seien „endarchiviert“ und es sei unklar, ob es möglich sei „alles zurückzuspielen“. Von den VerteidigerInnen beantragte Überwachungsfotos wurden ausgedruckt und „kistenweise herangeschafft“, um dann vom Gericht wieder eingescannt zu werden.

Kritik an den Ermittlungsbehörden kommt von der Richterin selten. Immerhin findet sie es „befremdlich“, dass ein Bericht einer „Vertrauensperson“ der Polizei erst nicht existiert, dann aber doch im Gericht einlangt. Kritik an den Angeklagten und der Verteidigung ist da schon häufiger. Die Forderung der Grünen an die Justizministerin eine Einstellung des Verfahrens zu erwirken, lässt die Richterin am „Demokratieverständnis“ der Angeklagten zweifeln. Gleichzeitig zeigt die Richtervereinigung die Strafrechtlerin Petra Velten an, weil sie Arneth in einem Interview scharf kritisiert. Nach einem empörten Aufschrei österreichischer Strafrechtsexperten stellt die Staatsanwaltschaft Klagenfurt fest, dass eine Strafrechtlerin eine Prozessführung öffentlich kritisieren darf. Siebzig Prozesstage hat es in Wr. Neustadt schon gegeben, über 100 werden es am Ende auf jeden Fall werden. Der Prozess reiht sich nahtlos in die große Tradition des österreichischen Kabaretts ein. Doch seien Sie gewarnt:

„Es ist den Zuhörern nicht gestattet, Beifall oder Missbilligung zu äußern. Ich habe ein Lachen gehört.“

„Das Gericht ist juristisch nicht dringend verpflichtet, eine Ablagemöglichkeit einzuräumen.“ www.facebook.com/ueber.morgen

Richterin Sonja Arleth [jaae]

Foto: Martin Juen


über.bildung

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„Da wird es schwierig den Patientenbetrieb aufrecht zu erhalten“ Die finanzielle Situation der Medizinischen Universität Wien hat direkten Einfluss auf das Allgemeine Krankenhaus der Stadt Wien. Betriebsrat Dr. Karl Heimberger wünscht sich nicht nur deshalb Verbesserungen des Universitätsgesetzes.

Welche Auswirkungen hat die aktuelle Budget- und Hochschulpolitik auf die Medizinische Universität Wien?

Die MedUni ist zwar Arbeitgeber der Ärzte, hat aber keinen Einfluss auf die Patientenströme. Da kann man nicht sagen, stoppt die Patienten bringende U-Bahn, wenn Stellen nicht mehr nachbesetzt werden können. Genauso würde das Zeitbudget für Forschung und Lehre knapp werden.

Das heißt, die finanzielle Situation der MedUni Wien, hat direkte Auswirkungen auf die medizinische Versorgung der Stadt? Das ist richtig. Der Gemeinde Wien ist es nicht unrecht, wenn sie die Ärzte im eigenen Spital nicht bezahlen muss und versucht natürlich die Patientenströme nicht abreißen zu lassen. Außerdem ist das AKH ein Spital, auf das der Bürgermeister stolz ist, weil sehr viele wichtige Therapien hier gemacht werden. Da ist es dann den Verhandlungen des Rektors überlassen, hier ein bisschen von der Gemeinde und dem Bund zu bekommen.

„Maria Theresia hatte ein besseres Bildungssystem in Planung als die ÖVP.“ Das war auch bei einer unserer letzten Kampagnen ein Thema. Da ging es um die Überschreitung des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes (KA-AZG), die jahrelang üblich war. Dann wurde die Universität vom Arbeitsinspektor angezeigt. Es konnte dann der damalige Minister Hahn gedrängt werden, doch mehr Geld zu geben und es mussten vom Betriebsrat einige Eskalationsschritte nicht gesetzt werden. Wenn aber jetzt 180 Stellen wieder weggenommen werden, stehen erneut eine eingeschränkte Patientenversorgung und Überschreitung des KA-AZG

Foto: JAAE

Wir sind von einer Reduktion von 180 Stellen bis Ende 2012 bedroht. Der Rektor sagt, es geht nicht anders, weil er sonst das Personal nicht bezahlen kann. Dabei haben wir erst vor kurzem durch eine Kampagne 150 Stellen gewonnen. Im AKH wird das ärztliche Personal von der MedUni gestellt und bezahlt. Da ist es bei solchen Kürzungen natürlich schwierig den Patientenbetrieb aufrecht zu erhalten.

im Raum. Da werden mögliche Eskalationsschritte natürlich wieder ein Thema.

Was für Eskalationsschritte? Das möchte ich jetzt nicht sagen. Es sind aber jedenfalls legitime Schritte, die wir uns für die ganz dringenden Dinge aufheben.

Welche Rolle spielt der Blog „UG2002-Novelle Diskussionsarchiv“ in ihren Kampagnen? Jede Aktion hat eine Basis und das ist die Information. Deshalb soll hier detailliert gezeigt werden, was sich tut in der Bildungspolitik. Das Ziel ist eine Verbesserung des Universitätsgesetzes, denn das ist ja nicht in Stein gemeißelt, auch wenn Politiker oft so tun, als wären Gesetze unveränderbar. Natürlich geschieht dabei viel durch direkte Kontakte. Aber wenn man die Informationen hat, dann kann man viel besser argumentieren. Auch wenn wir noch nicht alles erreicht haben, dürfen wir die Kontakte nicht abbrechen lassen, was haben wir denn sonst für Möglichkeiten? Streiken? Gibt es bei uns Medizinern nicht, das entspricht nicht unserem Berufsethos. Wir könnten höchstens Dienst nach gesetzlicher Vorschrift machen. Dann müssen die Menschen in der Ambulanz länger warten und die warten sowieso schon so lang. Man muss sich einfach Verbündete suchen, und die sind in unserem Fall mit den Patienten einfacher zu finden, als bei anderen Universitäten.

In den letzten Wochen kommen in regelmäßigen Abständen neue Wortmeldungen aus dem Wissenschaftsministerium. Die laufen darauf hinaus, dass uns Ministerin Karl die Ideologie der ÖVP präsentiert. Maria Theresia hatte ein besseres Bildungssystem in Planung. Wenn junge Menschen mit Studiengebühren und Darlehensschulden in prekäre Lebensverhältnisse gezwungen würden, wäre das verantwortungslos. Aus der Medizin wissen wir, wie gefährlich das sein kann.

Auf ihrem Blog verlinken Sie auch Unibrennt. Wie bewerten Sie die Bewegung ein Jahr danach, Erfolg oder Misserfolg? Kein Misserfolg. Irrsinnig erfolgreich. Innerhalb weniger Tage ist so viel mobilisiert worden, da kann man nicht sagen, dass irgendetwas schief gelaufen ist. Die Studierenden sind einfach an der Bildungsfeindlichkeit der Politiker angestoßen. Genauso wie wir, der Mittelbau, aber auch die Rektoren. Das Wesentliche war, dass Unibrennt den Leuten klar gemacht hat, wo es brennt. Nur verblasst dieser Eindruck nach einem Jahr, so dass man wieder aktiv werden müsste.

Vielen Dank für das Gespräch! [jaae]

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Eine Stadt gegen Extremismus Wenn der schwarze Block zur Last wird

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Der Besuch in Dresden war beeindruckend. Vom frühen Vormittag an, war die Stadt voller Menschen, die sich den Neonazis friedlich entgegenstellten. An vielen öffentlichen Gebäuden, aber auch Wohnblöcken machten großflächige Transparente klar, dass Nazis in Dresden keinen Platz haben. In den Kirchen fanden Mahnwachen gegen Rassismus und für eine tolerante Gesellschaft statt. Von SchülerInnen und StudentInnen, über Familien bis zu SeniorInnen war alles vertreten. 70jährige Frauen und Männer forderten in den ersten Reihen der Demonstrationen von der Polizei das Recht ein, ein Zeichen gegen den Neonazi-Aufmarsch setzen zu dürfen. Gleichzeitig randalierten um die 100 schwarz

vermummte Idioten in der Südvorstadt. Da wurden Mistkübel angezündet, Baustellenmaterial auf der Straße verteilt und Autos demoliert. Es wundert wenig, wenn PassantInnen in Dresden sich im Gespräch auch immer gleich vom linken Extremismus distanzieren. „Die Gewalt geht ja von beiden Seiten aus“, sagt Theresia, stellvertretende Restaurantleiterin im Cafe Central in der Altstadt. „Man spürt die Angst der Leute richtig“. Eine Frau, die mit ihren zwei Kindern in der Innenstadt unterwegs ist, findet Proteste „notwendig“, betont aber, „alles was auf Gewalt rausläuft, auch die Gegengewalt, ist abzulehnen“. Auch Michaela, die sich in ihrer Kirchengemeinde bei der Mahnwache engagiert, will ein „friedliches Zeichen gegen Extremismus, von Rechts, aber auch von Links“ setzen.

Foto: JAAE

Die VeranstalterInnen der Anti-Nazi-Demonstrationen in Dresden haben in ihren Aufrufen immer betont: „Von uns geht keine Eskalation aus.“ Über 20.000 Menschen beteiligten sich an den Blockaden und die überwältigende Mehrheit verhielt sich friedlich. Der schwarze Block musste aber wieder einmal Sandkastenrevolution spielen.

Die Randale des vorwiegend jugendlichen schwarzen Blocks sind eine schwere Last auf den Bemühungen der DresdnerInnen sich den Neonazis friedlich und vereint entgegenzustellen. Eine schwere Last, die sie mit anderen teilen. Auch in Wien war es, rund um den NO-WKR-Protest zu, vergleichsweise kleinen, Sachbeschädigungen gekommen. In beiden Fällen dienen diese Aktionen vor allem der Polizei. Die kann dank diesen schwarz Vermummten, ihr oft übertrieben hartes Vorgehen rechtfertigen. So wurde das Büro der Dresdner OrganisatorInnen am Abend nach den Blockaden von der Polizei durchsucht.

Foto: JAAE

Die DresdnerInnen haben eindrucksvoll gezeigt, wie man sich Neonazis friedlich entgegenstellen kann. Sie haben aber auch deutlich gesagt, dass sie mit linksextremer Gewalt nichts zu tun haben wollen. [jaae]

sprache.ein.weg

tier. Palmetshofers neues Stück am Schauspielhaus Wien Aus Mönchdorf/OÖ oder von Kroetz könnte der Stoff sein. Der musikalisch/rhythmische (Sprach)-Ausfluss seiner Figuren ist ein wichtiges Ausdrucksmittel und von Regisseuren seiner Stücke erhofft er sich einen intellektuellen Schulterschluss…

Relevantes, heutiges Theater besteht zweifellos aus dem Zusammenwirken mannigfacher Ingredienzien, die „kunstvoll raffinierten Textgeflechte“ allein sind nur ein Bestandteil.

Wird hier das Alte aus neuer Perspektive erzählt oder nur Hirnbrot für „Theater heute“ Schädel gebacken? Dramaturgen-Theater?

In Wien hat sich nun Felicitas Brucker versucht. Ihre Kassandra Inszenierung war, allerdings bei schwacher Vorlage eher eine Schüleraufführung des Deutsch Leistungskurses.

Die Schauspieler können in der Porzellangasse „Unterschicht“ „nur spielen, imitieren, nachmachen“... ist es da nicht konsequenter auf Volker Löschs Spuren zu wandeln...(der Chor wird ja im Stück schon mitgeliefert)? www.facebook.com/ueber.morgen

Die Uraufführung in Dresden hat das gezeigt.

Mit welchem Ergebnis kann man nur selbst erfahren, erhören… wenn man will.

Keywords Kürzlich habe ich von Nis-Momme Stockmann erfahren, dass es aktuell um die 400 neue deutschsprachige Theaterstücke gibt. Ein Fundus für Dramaturgien, den es auch noch für das Schauspielhaus zu entdecken gäbe. Palmetshofers tier. hinterlässt Ratlosigkeit bei Publikum und, was ich da so lese, ebenfalls bei der ansässigen, nacherzählenden (Kritik). [anonymus]


über.politik

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Unterwegs mit einer Bezugsgruppe WIENERINNEN BLOCKIEREN NEONAZIS IN DRESDEN Sieben Studierende aus Wien unterstützen als Bezugsgruppe „Spalter!“ die Blockaden der jährlichen Neonazi-Demonstration in Dresden. Der aufregende Tag gipfelt im Ausbruch aus einem Polizeikessel.

++ 5.50 Uhr: Der Wecker läutet. Auf zur Marienbrücke ++ Nach drei Stunden Schlaf auf dem kalten und harten Boden des Turnsaals 1 der TU Dresden und einem kurzen Frühstück macht sich die Bezugsgruppe „Spalter!“ auf zum ersten Blockadepunkt: Marienbrücke. Die DemonstrantInnen organisieren sich in kleinen Bezugsgruppen, die aufeinander aufpassen. Der Name wird dabei als Sammelruf in den oft unübersichtlichen Demosituationen eingesetzt. Die Polizei ist noch früher aufgestanden und verstellt den direkten Weg zur Elbe. Über Seitenstraßen dauert es eineinhalb Stunden, bis die Gruppe den Zielort erreicht. Trotzdem warten dort erst wenige andere DemonstrantInnen. Dafür aber die Polizei. Es ist kalt und alles entwickelt sich nur schleppend. Abgesehen von der Versorgung funktioniert die Organisation noch nicht optimal. Die erste Standkundgebung agiert zu langsam und wird von der Polizei gekesselt. Beamten gehen auf Tuchfühlung mit ein paar SeniorInnen, die sich an die Spitze der Kundgebung gestellt haben. Schließlich kann vor Ort eine Demonstration zum Bahnhof Mitte ausgehandelt werden. Der Vormittag endet mit einer weiteren Standkundgebung. Die „Spalter!“ suchen sich erst einmal ein Kaffeehaus in der Innenstadt.

++ 12.55 Uhr: Blockade beim Hauptbahnhof ++ Zurück im Geschehen wird der Hauptbahnhof von der Seite der Altstadt blockiert. Die Polizei riegelt ihrerseits alle Bahnunterführungen ab. Angeblich ist die Neonazi-Demonstration auf der anderen Seite der Schienen

und will in die Altstadt vordringen. Die Bezugsgruppe wechselt zwischen verschiedenen Blockadepunkten hin und her.

Die DemonstrantInnen werden über Twitter und Radio auf dem Laufenden gehalten. Ein Großteil der Informationen wird aber über Mundpropaganda weitergegeben. Ihre Verlässlichkeit ist damit oft unklar.

Der Durchbruch in die Südvorstadt gelingt doch noch. Die WienerInnen machen sich auf den Weg, um eine Blockade des Hauptbahnhofs von der anderen Seite zu verstärken. Sie finden erst einmal nur Spuren des schwarzen Blocks. Absperrgitter und Baumaterial blockieren den Weg, eine einsame Mülltonne brennt am Straßenrand.

nen aus dem Kessel gezogen, gefilzt und aufgeschrieben. Immer wieder kommt es zu tumultartigen Szenen. Begleitet vom wütenden Gebell der Hunde werden Schlagstöcke und Pfefferspray eingesetzt.

Plötzlich rast eine Stampede schwarzgekleideter Vermummter auf der Flucht vor der Polizei auf die Bezugsgruppe zu. Sie fliehen mit, versuchen aber gleichzeitig dem schwarzen Block auszuweichen. Der attackiert kurz darauf eine einsame Polizeistation.

Plötzlich bewegt sich die Masse schnell. Die BewacherInnen auf der westlichen Seite reagieren nicht konsequent genug und der Kessel bricht. Ein Großteil der Eingeschlossenen kann entkommen, darunter auch die Bezugsgruppe „Spalter!“.

++ 16.30 Uhr: Finaler Polizeikessel mit vollem Programm ++

++ 17.30 Uhr: Zurück am Hauptbahnhof, alles vorbei? ++

Die Flucht endet bei der gesuchten Blockade. Erholen kann sich die Gruppe nur kurz, denn bald wird die Exekutive wieder aktiv. Mit Fahrzeugen, mehreren Dutzend Beam-

Ein langer Tag geht zu Ende. Am Hauptbahnhof treffen viele der BlockiererInnen wieder zusammen. Die Neonazis sind abgezogen und wurden zum zweiten Mal in Folge am Marschieren gehindert, beglückwünscht eine der Organisatorinnen die Menge. Was das genau heißt, was wo wann wem wirklich passiert ist, werden viele der TeilnehmerInnen wohl erst in den nächsten Tagen erfahren. Klar ist, die Neonazis haben es nicht in die Altstadt geschafft.

Zum Jahrestag des alliierten Flächenbombardements findet in Dresden alljährlich eine der größten Neonazi-Demonstrationen Europas statt. Linke Organisationen mobilisieren für Blockaden der rechtsradikalen Veranstaltung. tInnen und einer Hundestaffel wird die friedliche Menschenmenge gekesselt. Von einer Lautsprecherdurchsage erfahren die Eingeschlossenen, dass ihnen eine Straftat gegen das Versammlungsgesetz vorgeworfen wird, weil sie eine genehmigte Demonstrationsroute der Neonazis blockiert haben. Jubel brandet auf. Einzeln werden die ersten DemonstrantIn-

Einige Wiener Bezugsgruppen machen sich gemeinsam auf den Heimweg. Verunsichert von Gerüchten über einen Sammelpunkt frustrierter Neonazis in der Nähe der TU ist die Stimmung angespannt. Auf den leeren Straßen jagen dutzende Polizeiautos mit Blaulicht unbekannten Zielen entgegen.

++ 20.10 Uhr: Sicher zurück im Turnsaal der TU Dresden ++

[jaae]

Foto: JAAE

THERESIA, CAFE CENTRAL „Wir haben nicht mal die Hälfte des Zulaufs, den wir sonst am Samstag haben. Die Rechtsextremen sind schon furchteinflößend, aber diese Krawallbereitschaft geht ja von beiden Seiten aus.“

ANDREAS, BLOCKIERER „Meine Großmutter wurde von den Nazis ins KZ deportiert. Ich will nicht, dass es meinen Kindern genauso wie meiner Mutter geht, deren Familie kaputt gemacht wurde, nur weil ihre Mutter Jüdin war.“ www.uebermorgen.at


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über.politik

„Ich habe mit dem Gesetz berufliche Probleme, keine politischen“ Das neue Mediengesetz führt zur Selbstzensur. Die Schere im Kopf beginnt zu funktionieren, sagt Zsolt Bogár, Redakteur beim ungarischen Radio.

Budapest: Am 21. Dezember wird im Parlament das neue Mediengesetz verabschiedet. Zsolt Bogár leitet an jenem Morgen die Radio-Sendung „180 Minuten“. Er und sein Kollege Attila Mong beschließen, aus Protest zu schweigen: Eine Minute lang herrscht Funkstille in der populären Morgensendung. Beide werden daraufhin vom Dienst suspendiert.

Wieso sieht ihrer Meinung nach die Regierung eine Notwendigkeit, die Pressefreiheit derart einzuschränken? Bogár: Das alte Mediengesetz war nicht mehr geeignet für die heutige Situation, es war nicht auf Digitalisierung und neue Medien ausgerichtet. Die Neugestaltung des Gesetzes wurde durch die mangelnde Aktualität des alten Gesetzes gerechtfertigt. Die Politik will auf die Medien Einfluss nehmen, weil es für sie einfach wichtig ist. Die Frage ist, was war bestimmend? Der Wille auf Einflussnahme auf Medien, oder waren es Unkenntnisse? Auch das könnte es sein, weil es gab keine Instanz, die das Gesetz kontrolliert hat. Keine Journalisten-Verbände oder Medienexperten wurden befragt. Das Gesetz wurde von der FIDESZ geschrieben.

Der Zeitpunkt, an dem das neue Mediengesetz beschlossen worden ist, ist zeitgleich mit dem Einzug der Ungarn in den EURatsvorsitz. Hat es etwas damit zu tun, vielleicht um Macht zu demonstrieren? Ich glaube, die Regierung hat nicht damit gerechnet, dass es so großen Aufruhr in der

EU gibt. Ich glaube, die Regierung war total schockiert von den großen Protesten im Ausland. Ich bin mir ganz sicher, dass es keine Kraftdemonstration hätte sein sollen. Was ich als Redakteur bei einem öffentlich rechtlichen Medium nicht kritisieren will, ist, was die Regierung darüber hinaus macht. Weil das ist ihre Kompetenz. Aber dieses Gesetz betrifft die Journalisten und es beschränkt gewisse Grundrechte. Damit verstößt das Gesetz auch gegen die europäische Charta für Grundrechte.

Wie ist die Reaktion der Medien in Ungarn? Wir wissen, dass diverse Blätter leere Titelseiten gedruckt haben. Hat ein breiter Diskurs über dieses Mediengesetz stattgefunden, vor der Zeit als dieses Mediengesetz noch nicht verabschiedet war? In den öffentlichen Medien wurde darüber wenig gesprochen. In den Print-Medien schon mehr. Ich als Redakteur eines öffentlichen Senders war der einzige, der sich mit dem Thema beschäftigt hat. Ich denke, dieses Gesetz führt nicht zur Zensur, sondern eher zur Selbstzensur, so dass die Schere im Kopf anfängt zu funktionieren, weil jeder weiß, wo seine Grenze ist. Das hat schon bei den Wahlen angefangen zu funktionieren. Ich hab das in meiner Morgensendung gesehen. Die Redakteure begannen sich weniger mit Politik zu befassen. Man hat eher Themen gewählt, die kein Risiko mit sich brachten. Ich wollte das thematisieren und man sagte mir: Sei vorsichtig! Das kann gefährlich werden. Und ich glaube, diese Schere im Kopf funktioniert einfach. Es reicht in einem postkommunistischen Land, wenn man über ein

solches Gesetz spricht, ohne es einzuführen. Das ist die Gefahr dieses Gesetzes.

Würden Sie sagen, dass die Bürger über die Tragweite des Gesetzes aufgeklärt sind? Es gibt Leute die sehr stark an FIDESZ glauben, die wollen das nicht verstehen, was hier als Kritik formuliert wurde. Sie hoffen, dass FIDESZ etwas ändern kann, in Hinblick auf die Misswirtschaft der letzten Jahre. Ich habe mit dem Gesetz berufliche Probleme, keine politischen. Viele denken von dem Gesetz so, wie sie politisch wählen. Einige, die für FIDESZ gestimmt haben, glauben, dass das Gesetz ok ist. Und der Widerstand vom Westen wird entweder damit erklärt, dass die sozialistische Partei in Ungarn einen internationalen Protest organisiert hat. Oder deswegen, weil es jetzt bestimmte Steuern gibt, von denen vor allem deutsche Unternehmen betroffen sind. Deutsche Firmen würden nun Einfluss auf die deutsche Regierung ausüben. Da Deutschland eine starke Stimme in der EU hat, würde es zum Protest kommen.

Der ungarische Außenminister hat gesagt, dass es Änderungen an diesem Gesetz geben wird. Sind Sie der Überzeugung, dass dies zum Besseren geschehen wird? Ich bin optimistisch. Das Gesetz ist reparierbar, bzw. glaube ich, dass es zurückgenommen wird. Es liegt nicht nur an dem ausländischen Urteil, sondern auch am Urteil des Verfassungsgerichtshofs. Ich denke, es ist in vielen Punkten verfassungswidrig. Ich glaube, es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Verfassungsgerichtshof eine Entscheidung trifft. Es sind bereits 20 Klagen beim Verfassungsgerichtshof gegen das Mediengesetz eingegangen. Ich bin überzeugt, dass das Gesetz nicht haltbar ist. [masc]

über.morgen, ichmachpolitik.at und neuwal.com haben Zsolt Bogár am 21. Jänner 2011 in Budapest interviewt. Inzwischen wurden Teile des Gesetzes entschärft. Die Medienüberwachungsbehörde wird weiterhin von der FIDESZ dominiert.

Foto: G. Schütz

Mediengesetz auf Englisch: www.hungarianvoice.wordpress.com Infos zum Thema: www.neuwal.com Vollständiges Video-Interview: http://ichmachpolitik.at/questions/1042 www.facebook.com/ueber.morgen


über.politik

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still fighting!

100 Jahre internationaler Frauentag Diesen März feiern Menschen weltweit das 100-jährige Bestehen des internationalen Frauentages. Auch in Wien finden anlässlich dieses Tages zahlreiche Veranstaltungen statt.

Foto: flickr, bex in beijing

Am 19. März 1911 wurde in Dänemark, Deutschland, Österreich-Ungarn und der Schweiz erstmals ein Tag gefeiert, der ganz im Namen der Frauenrechte stand. Getragen von der ersten Welle der Frauenbewegung forderten Frauen u.a. die Einführung des allgemeinen Frauenwahlrechts, Straffreiheit bei Schwangerschaftsabbruch, Lohngleichheit und die Einführung von Mutterschutzgesetzen. Geboren wurde die Idee eines Frauentages in den USA, dort fand bereits zwei Jahre zuvor ein „women´s day“ statt. Im Februar 1909 gingen zahlreiche amerikanische Frauen auf die Straßen um für die gleichen Ziele wie ihre europäischen Kolleginnen zu kämpfen.

Proletarierinnen aller Länder vereinigt euch Für die Etablierung und Entstehung des Frauentages im deutschsprachigen Raum ist vor allem das unermüdliche Engagement der Feministin und Kommunistin Clara Zetkin verantwortlich. Clara Zetkin, seit 1892

Elise Richter habilitierte sich 1905 als erste Frau an der Universität Wien. Davor legte sie 1896 mit 31 Jahren als erste Frau am Akademischen Gymnasium in Wien die Matura ab. Mehrere StudierendenOrganisationen wollen den Dr. Karl-LuegerRing in Elise Richter Ring umbenennen.

Herausgeberin der sozialdemokratischen Frauenzeitung „Die Gleichheit“, war es, die auf der „Zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz“ 1910 den Anstoß zum ersten Weltfrauentag gab. Dabei setzte sie sich innerparteilich gegen zahlreiche Genossen durch, die der „Frauenfrage“ eher skeptisch gegenüber standen. Ihr Einsatz galt somit auch der Überwindung von sexistischen Einstellungen innerhalb der sozialistischen Partei. Die treibende Kraft für ihre Bemühungen war aber wohl die Einsicht, dass „die Diktatur des Proletariats nur unter regem und aktivem Anteil der Frauen der Arbeiterklasse verwirklicht und behauptet werden kann“.

100 Jahre danach Heute, 100 Jahre nach Clara Zetkins Startschuss, sehen sich Frauen immer noch sexistischen Strukturen ausgesetzt: Frauen verdienen in Österreich 25% weniger als ihre männlichen Kollegen. Laut einer Studien des

Rosa Mayreder war eine österreichische Malerin und Schriftstellerin. Sie gründete 1893 zusammen mit Marie Lang und Auguste Fickert den Allgemeinen Österreichischen Frauenverein. In ihrem 1905 erschienenem Buch „Zur Kritik der Weiblichkeit“ beschäftigt sie sich mit den Rechten der Frauen.

Europarates aus dem Jahre 2002 ist häusliche Gewalt die Hauptursache für den Tod oder die Gesundheitsschädigung bei Frauen zwischen 16 und 44 Jahren und rangiert damit noch vor Krebs oder Verkehrsunfällen. Frauenkörper fungieren vermehrt zu Objekten der Mode- und Werbeindustrie usw. Die Liste an Diskriminierungen ist lang. Zu lang um weiterhin tatenlos zuzusehen. Mit diesem Bewusstsein gingen auch die Frauen des Netzwerkes „Plattform 20000 Frauen“ ans Werk. Ziel ihres Schaffens ist es am 19. März, 20.000 Menschen auf den Straßen Wiens zu versammeln und lautstark für eine gleichberechtigte Gesellschaft einzutreten. Dabei wollen sie auch an jene 20000 Frauen erinnern die vor 100 Jahren von der Ringstraße zum Rathaus marschierten und dabei kämpferisch für ihre Menschenrechte eintraten. Treffpunkt der Demonstration ist am 19.März um 14:00 Uhr am Schwarzenbergplatz. www.20000frauen.at

[leka]

Bertha von Suttner erhielt 1905 als erste Frau den Friedensnobelpreis. Sie war Gründerin der Österreichischen Gesellschaft der Friedensfreunde sowie der Deutschen Friedensgesellschaft. Ihr Portrait ist auf der österreichischen 2-Euro Münze abgebildet. [gog] www.uebermorgen.at


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über.kitsch&kultur

Wo der Pfeffer wächst “How much is it to Princess Street?” – “How much do you give?” – “30” – “40” – “ok”. Der Rikschafahrer steigt aufs Gas und beginnt durch den Verkehrsdschungel Kochis zu kurven. Kein Vergleich zur Straßenapokalypse Mumbais, trotzdem nichts für Sonntagsfahrer. Vorbei geht’s an Gewürz- und Souvenirläden, plötzliches Ausweichmanöver wegen einer gelassen auf der Fahrspur wiederkäuenden heiligen Kuh, rechts eine Gruppe katholischer Nonnen, links ein Minarett, weiter vorne eine hinduistische Pilgergruppe. Dazwischen: blasse Touristenscharen. Ich bin dort, wo der Pfeffer wächst – und Kokosnüsse, Cashewnüsse, Tee, Kaffee, Kakao. Ich bin im südindischen Bundesstaat Kerala, dem „Land der Kokospalmen“, an der Malabarküste. Das ist jene Küste, die Kolumbus gesucht und Vasco da Gama 1498 schließlich „gefunden“ hat. Fünf Wochen bin ich schon unterwegs. Das Studium ist vorbei und jetzt mal ein halbes Jahr Auszeit. Erstes Ziel: Indien. Die Reise beginnt im quirligen Mumbai. Nach der Landung geht’s eine Dreiviertelstunde mit der Rikscha durch die Slums. Gewurl wie auf einem Ameisenhaufen. Scheinbares Chaos. Im Zentrum beziehe ich das kleinste Hotelzimmer meiner Reisekarriere. Drei m² groß, 1,80 m hoch. Das Ganze um 850 Rupien, rund 14 Euro: reiner Wucher. Sofort lasse ich mir obendrein eine extrem überteuerte Taxirundfahrt aufschwatzen. Ich sehe die größte Wäscherei der Stadt. De facto ein Wäscherei-Slum. Die barfüßigen Arbeiter kneten die Kleidungsstücke mit bloßer Hand in Säurebädern, wie mir der Taxifahrer mit stoischer Beiläufigkeit erklärt. Daneben die steril glänzenden Hochhäuser des Bankendistrikts. Indien: Ein Land ohne Kompromisse. Mittelstand so gut wie nicht vorhanden. Beinharter Kapitalismus.

und dem obligaten Hupkonzert findet der Rikschafahrer in Kochi unglaublicher Weise die Muße, seinen Kopf auf einen Plausch zurückzudrehen. Er beginnt mit der klassischen Quadriga der indischen Gesprächsführung: Name, Herkunft, Beruf, Familienstand. Er heißt Mabu, ist 44, hat drei Kinder. Alle gehen zur Schule. Keine Seltenheit hier in Kerala, ist doch das Bildungs- und Gesundheitssystem im Vergleich zum Rest des Landes relativ gut ausgebaut. Die Alphabetisierungsrate ist mit 90% die höchste ganz Indiens. Wo ich denn schon überall in Indien gewesen sei, will Mabu schließlich wissen. Ich erzähle... Nach Mumbai zwei Wochen relaxen in Goa. An einem abgelegenen Sandstrand in Arambol vor der Bambushütte sitzen, dem Meer lauschen und den Sonnenuntergang bestaunen. Ein kühles Kingfisher genießen. Endlich Ruhe. Weihnachten und Silvester plätschern vorüber. Den Tagen dabei zusehen, wie sie sich langsam zu Wochen fügen. Erst 1961 wurden die Portugiesen dazu gezwungen, die Kolonie Goa aufzugeben. Ende der Sechziger entwickelte sich der kleinste indische Bundesstaat schließlich zum Hippie-Hot-

spot. Heute wälzen sich an den belebteren Stränden russische Touristen, kiffende Althippies in Alibaba-Hosen und Goa-Trance-Musik-Jünger. Indische Touristen-Gaffer-Gruppen kann man dabei beobachten, wie sie durch die sonnenanbetende Obenohne-Fraktion schlendern und hie und da ein Foto Marke “besonderes Schmankerl” schießen. Ein Schauspiel. Mabu hält an einem Souvenirshop. Ich bin genervt. Er lächelt mich bittend an. Nur drei Minuten solle ich rein gehen, dann bekomme er einen Coupon. Sobald er zehn davon gesammelt habe, kriege er ein neues Hemd vom Ladenbesitzer. Ich gehe rein. Sofort umgarnen mich die Verkäufer mit allen Regeln der indischen Händlersprache. Ich kaufe eine kleine Ganesha-Figur aus Holz. Mabu lässt mich in der Princess Street raus. Es mache dann doch nur 30 Rupien, meint er schließlich lächelnd und schaukelt seinen Kopf dazu typisch indisch wie ein Wackelkopf-Elvis. Ich geb ihm die Scheine und verabschiede mich. „Thank you sir! May Ganesha bring you luck!“, ruft er mir nach und tritt aufs Gas. [mahu]

Foto: mahu

Während der waghalsigen Fahrmanöver

Foto: mahu

„Chai, Chai, Chai!“, schreit mantrisch der Teeverkäufer und bahnt sich einen Weg durch den verstopften Mittelgang des Zuges: Durch Indien mit Rikscha, Bus und Zug. Ein Weltenbummler berichtet von den Stationen seiner Reise.

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über.kitsch&kultur

Q ualit ä t

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ichmachpolitik . at

Neue Medien braucht das Land! Wir setzen unsere Serie heute mit ichmachpolitik.at fort: Die Mitmachplattform für Politik und gesellschaftsrelevante Themen. Auf der Plattform findet ihr eine Vielzahl an Videos zu aktuellen Ereignissen und Themen: Einkesselung von Demonstranten bei der NoWkr-Demo, zahlreiche Interviews, Aufzeichnungen von Vorträgen und Podiumsdiskussionen. Im Vordergrund steht dabei die Idee einer Mitmachplattform. Gefragt sind politische und gesellschaftsrelevante Themen. JedeR kann seine Videos hochladen, um sie der Community zugänglich zu machen. Dabei muss es nicht immer Hochglanz sein. Wichtig ist der Inhalt, die Message.

Speakers Corner im Web Markus Kienast und Georg Schütz haben die Plattform anlässlich der Nationalratswahl 2008 gegründet. Damals noch unter dem Namen wahltotal.at, konzipiert für politisch interessierte BürgerInnen. „Die etablierten politischen Parteien sind derart verknöchert, dass man von ihnen keine Lösungsansätze für die aktuellen Probleme unserer Gesellschaft erwarten kann,“ sagt M. Kienast,

„deshalb widmen wir uns der Innovationskraft der Zivilgesellschaft.“ Ichmachpolitik. at will neuen Ideen und unabhängigen politischen Akteuren Zugang zu einer breiten Öffentlichkeit ermöglichen.

Politik braucht neue Wege Die Politiker vermitteln zusehends den Eindruck, sich ausschließlich für ihre eigenen machtpolitischen Interessen einzusetzen. Deshalb müsse man sich von der Parteipolitik emanzipieren, so M. Kienast. Die Mitmachplattform will dazu einen Beitrag leisten. Wer nur bis zur nächsten Wahl denkt und plant, kann nicht „staatsmännisch“ agieren, wird die Probleme unserer Zeit nicht lösen, sagt M. Kienast. Den parteipolitischen Sumpf auszutrocknen, würde zuviel Energie kosten. „Lassen wir die politische Klasse in ihrem eigenen Saft ersaufen und konzentrieren wir uns lieber darauf, selber Lösungen zu finden und diesen Vorschlägen Öffentlichkeit und breite Unterstützung zu verschaffen.“

Reinklicken und mitmachen! Wie viele andere Medienprojekte nutzt auch ichmachpolitik.at die Räumlichkeiten und das Equipment von sender.fm in der Neubaugasse 12-14. Das Büro von sender.fm ist Arbeitsplatz und Treffpunkt vieler Projektgruppen, denen das kritische Hinterfragen aktueller sozialpolitischer Entwicklungen gemeinsam ist. [masc]

Facts zu ichmachpolitik.at - online seit Sommer 2008 - mehr als 1000 hochgeladene Videos - 580 registrierte Benutzer - best video: mehr als 13.000 views binnen 24 Stunden: www.ichmachpolitik.at/questions/1014 - ein Interview mit M. Kienast und G. Schütz findet ihr auf: ichmachpolitik.at/questions/1043

Festival für Medienkunst und Digitale Kultur tagR.tv hat mit seinem mobilen Interviewstudio die Transmediale in Berlin besucht. Sie berichten uns von Kunst außerhalb der Museen und von sozialen Wucherungen des virtuellen Raums. Seit 2006 dokumentiert das Videoportal tagR.tv das Geschehen in der digitalen Kultur in beinahe ganz Europa. Mit einem mobilen Interviewstudio, ein mit Kamera und Licht ausgestatteter Regenschirm (unter dem die Gespräche beim Flanieren geführt werden) machen sich die RedakteurInnen zwischen Linz, Berlin und Istanbul auf die Suche nach interessanten Projekten. Dieses Jahr ging es wieder zur Transmediale nach Berlin - eines der ältesten Festivals für Medienkunst und Digitale Kultur.

Kunst beinahe rituell in Workshops, Lectures und raunenden Chören an New Media Buzzwords wieder zum Leben erweckt werden, lassen sich doch auch manchmal Perlen herauftauchen. Diese Perlen werden, um sie einem größeren Publikum zugänglich zu machen, unter den Interview-Schirm geladen und nach allen Regeln der Kunst befragt. Was soll das? Wie geht das bloß weiter?

Mehr als Spielzeug und Dingficker

Dieser Schirm bietet den Leuten von tagr.tv kaum zu überschätzende Vorteile. Nicht nur

[pm]

Foto: muk

Wie kann man sich das vorstellen, das Ding mit der Medienkunst, vor allem aber das Problem ihrer Dokumentation? Im Grunde ist man einfach nur auf der Suche nach guter Kunst, findet aber dann doch mehr Spielzeug, Dingficker und Networking als gesund ist für den Noch-nicht-Cyborg aber Nicht-mehr-Menschen von heute. Böse Zungen behaupten sogar, diese Art von Festivals seien so etwas wie soziale Wucherungen des virtuellen Raums. Das stimmt aber so nicht ganz, denn auch wenn hier gerne die verschwundenen Medien mitsamt ihrer verschwundenen

Künstler und HeldInnen der Smartphonerevolution

um zwanglos mit den KünstlerInnen und KuratorInnen durch die Ausstellungen schlendern zu können, auch um sie tatsächlich kennen zu lernen, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Sollte man nicht schon genug haben: Als Friends adden kann man sie ja immer noch, ansonsten: Warten bis die Party beginnt, auf das Buffet linsen und Blicke hinter die Fassaden eines globalen Digitalismus werfen, aus dem gerade (so der Kanon) die nächsten Helden und Heldinnen erwachsen sollen, die mit dem Smartphone bewaffnet Revolutionen anleiten und Kunst machen. Kunst, die auch in der Lage ist außerhalb der Museen für Wirkung und Furore zu sorgen. Dass heute die Netzwerke nicht bloß Schönen und Reichen dienen können, ist schon lange alltägliche Praxis geworden. Wie sich diese bilden und was sie bewirken können, ist anhand aktueller politischer Umbrüche leicht abzulesen. In diesem Sinne wird auch in Zukunft die subversive Verwendung von Technologie eine wichtige Rolle spielen, und an dieser gilt es schlicht mit offenen Augen und Ohren teilzunehmen. Website: www.tagr.tv

www.uebermorgen.at


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über.graus

Die Sendung mit dem Graus

HEUTE: Ortsbildpflege-SOKO

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Foto: sup, tas

Jeder kennt Donald Duck und Asterix. Lucky Luke zählt zu den typischen Figuren. Bertrand Russel ist auch eine der beliebtesten Comicfiguren. Halt! Natürlich nicht, Russel ist Mathematiker, Logiker und Philosoph – kurzum Langweiler und Schreibtischakrobat. Falsch gedacht. Zwei Griechen machten ihn zur Comicfigur. Es ist ein schöner Tag im heutigen Athen. Apostolos Doxiadis, studierter Mathematiker und ausgezeichneter Literat, erklärt Christos H. Papadimitrou, einem Experten für mathematische Logik, seine Idee. Er möchte Bertrand Russels Suche nach der mathematischen Wahrheit in ein Buch verpacken – ein gezeichnetes Buch. Keine Art „Logik für Dummies“, vielmehr ein Graphic Novel mit spannender Geschichte und Superhelden. Nur dass die Helden in diesem Fall allesamt Logiker sind.

In Klagenfurt plant man ein Gas-Dampf-Kraftwerk zu errichten. Damit soll in den nächsten Jahren die Stromversorgung in Kärnten sichergestellt werden. Im vergangenen Jahr ist der Bau von der Landesregierung genehmigt worden. Allerdings regt sich Widerstand gegen dieses Projekt. Im Land, wo 2008 die Sonne vom Himmel fiel, herrscht erneut Angst ums schöne Wetter: Kritiker befürchten, dass sich durch die Beckenlage der Stadt die Anzahl der Nebeltage nach Inbetriebnahme des Kraftwerks verdoppeln könnte. Die Gegner des Kraftwerks zogen daher vor den Bundesumweltsenat. Dieser begutachtete den Bau eingehend. Der 125 Meter hohe Kamin und der 25 Meter hohe Kühlturm brachten den Senat zu dem Schluss: „Angesichts der Beschreibung [...] ist das Ausmaß der Abweichung von der örtlichen Bautradition als erheblich zu bewerten.“ Über Abweichungen von örtlichen Bautraditionen zerbrachen sich Kärntner Politiker bereits 2008 die Köpfe. Man einigte sich auf die Errichtung einer Ortsbildpflege-Sonderkommission, um zukünftig alle Bauvorhaben mit „außergewöhnlicher Architektur oder Größe“ zu prüfen: „Damit soll die Errichtung von Bauten, die vom traditionell gewachsenen Ortsbild wesentlich abweichen und dieses verfremden, wie dies z.B. bei Moscheen und Minaretten der Fall ist, verhindert werden“, so in einer APA-OTS Aussendung vom 18.12.2008. Diese Änderung der Kärntner Bauordnung wurde mit den Stimmen von BZÖ, ÖVP und FPÖ 2008 im Landtag beschlossen. Dem Wunsch des Umweltsenats nach Prüfung durch die Ortsbildpflege-Sonderkommission kann allerdings nicht nachgekommen werden: Die Kärntner Landesregierung muss eingestehen: Man habe sich bis heute nicht auf die Mitglieder einigen können und daher wäre die Ortsbildpflege-Sonderkommission nicht einsatzfähig. Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Politiker die Gründung der Kommission zwar beschlossen haben, dieselbe aber gar nicht als notwendig erachten. Denn sonst hätte man die innerhalb von zwei Jahren auch mit Mitgliedern besetzt. Was 2008 groß aufgebauscht wurde, war also nichts weiter als ein Schaukampf gegen Windmühlen. Die drohende Islamisierung Kärntens in Gestalt von Minaretten, die wie Pilze aus dem Boden schießen, gibt es nicht. Und die Politiker wissen das. Ein weiteres Possenspiel im Wett[masc] kampf um Wählerstimmen.

Das Buch erzählt auf drei Ebenen. Auf der einen diskutieren die Autoren die Machbarkeit des Buches. Ihre gezeichneten AlterEgos führen in die Materie ein, diskutieren Probleme und erzählen eigentlich die Geschichte. Was nun auch nicht ganz stimmt. Denn sie erzählen vielmehr, wie Bertrand Russel bei einem Vortrag seine Geschichte erzählt. Seine Ausführungen: Ein Meet and Greet vieler legendärer Mathematiker des 20. Jahrhunderts. Denker wie Gottlob Frege, David Hilbert oder Ludwig Wittgenstein werden zu Figuren der verzweifelten Jagd Russels nach einem haltbaren Fundament für seine Wissenschaft. Überraschend packend erzählt Logicomix seine Geschichte. Mathematik wird zu einem Abenteuer. Die gesuchte Wahrheit zu einem Schatz. Bertrand Russel zum Indiana Jones der Logik. Trotz des komplexen Themas bleibt der Inhalt immer verständlich. Komplexe und komplizierte Theorien werden anschaulich gemacht, aber die Geschichte bleibt spannend. Die Notizen im Anhang erklären Unbekanntes. Eine mitreißende Vorlesung der Logik. Niemals trocken, immer verständlich. Auch für Nicht-Mathematiker geeignet. Wer nun mehr Lust auf Comics und Graphic Novels bekommen hat, dem sei geraten das NEXTCOMIC-Festival in Linz, Wels und Gmunden zu besuchen. Von 4. März bis 11. März finden Vorträge, Workshops und Ausstellungen zum Thema Comic statt. www.nextcomic.org „Logicomix – Eine epische Suche nach der Wahrheit“ von Apostolos Doxiadis und Christos H. Papadimitrou erschien im Atrium Verlag. Es kostet 25,60 € und umfasst 352 Seiten. [sud]

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15 ! tire

Als verrauchte Bar ist es unter den Studierenden Wiens schon lange bekannt. Nun existiert es mit einem eigenen Nichtraucherbereich, was vor allem unter Stammgästen für Unverständnis gesorgt hat. Denn wer um halb vier Uhr morgens noch auf ein Bier geht, ist doch sowieso ein Raucher, so die einhellige Meinung. Doch nichtsdestotrotz geht man gerne hin, meist nur für ein letztes Bier, wenn es denn bei dem einen bleibt. Schlussendlich wird einem aber Hans Moser in den Ohren erklingen, und dezent darauf aufmerksam machen, dass jedes Lokal mal Sperrstund’ hat, auch das Debakel.

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der Woche

Heute haben wir ein ganz armes Hunterl. Den Präsenzdiener. Er lebt sehr zurückgezogen in baufälligen Hütterln. Seine Lieblingsfarbe ist grün und am allerliebsten isst er pampiges Reisfleisch. Wenn er gerade nix zu tun hat, putzt er kaputtes Zeug und seine Schuhe. Sein Herrl will ihn aber jetzt so bald wie möglich auf die Straße setzen. Wenn Sie also eine kleine Miliz daheim haben, melden Sie sich bitte, bitte und nehmen Sie sich des folgsamen Geschöpfs an. Eure über.morgen-Tierredaktion

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ein freies Miteinander, indem niemand ausgeschlossen wird – auch nicht aus den Clubs. So wurde das Lied „Ursula stressned“ geschaffen, am Vorbild von Armand van Heldens & A-Traks „Barbara Streisand“. Ursula Stenzel wurde deshalb als Opfer ausgewählt, da sie der Inbegriff des konservativen way of life ist, der versucht, Wien nachts lahmzulegen, um die tagsüber arbeitende Bevölkerung zufrieden zu stellen. Clubbetreiber, Barkeeper und Nachtschwärmer schauen dabei in die Röhre. Zwar ist nicht die Ursula, sondern der Bürgermeister für die Sperrstunde verantwortlich, nichtsdestotrotz zeigt das Lied: Wien ist jung und will leben. Also bitte YouTuben, immer wieder anhören und singen. Wien, du tote Stadt. www.youtube.com/user/copypasteVIE

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UNSER Zahlenrätsel UNSER Lieblingsplatz

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Am Arsch vorbei... Plötzlich hat mich die innere Armut erreicht. Dort, wo ich mir endlich mal Klärung erhoffte, waren meine Fragen ordnungsgemäß beantwortet worden; von Menschen mit Uhrinstinkt. Timing nennt man das, glaube ich. Die nächste Bitte! Solche Situationen versetzen mich immer in eine unordentliche Stimmung. Von irgendwelchen H-Milchgesichtern beleert zu werden, ist keine Erfüllung. Es sind zu oft die farblosen Typen, die einem die Zukunft ausmalen wollen. Wie denn, wenn die doch sowieso nur noch schwarzsehen? Die Frau neben mir, ohne Gefühl in den Fingerspitzen, jammert, wie wenig sie das noch begreifen könne. Ich weiß nicht einmal, was das überhaupt sein soll. So viele Arme, die nicht mehr auf die Beine kommen! Da schweige ich mich vielsagend aus der Affäre. Wer das nicht länger auf sich sitzen lassen will, muss halt aufstehen. Aber zu viele starren verträumatisiert aus allem heraus, als gäbe es drinnen nichts mehr zu tun. Als gäbe es nicht mal mehr ein Drinnen. Nur wenn ein noch kleineres Würstchen auftaucht, wird es sofort von allen Seiten hemmungslos zugesenft, dann drücken sie wieder alle mächtig auf die Tube. Ich sehe peterpanisierte Männer, die stolz geblieben sind, auf ihre Playmobilität. Sie behandeln Probleme umgehend. Es kommt immer auf ein gutes Teaming an. Nur den richtig Süchtigen geht das alles nicht mehr fix genug. Als Vorgesetzte pirschen sie sich gern von hinten an. Es dirigieren die Taktlosen mit ganzen Stabsabteilungen, während das Casting für die erste Geige anläuft. Da haben sich bisher aber nur Paukenspieler beworben. So wird die Sinfonie was. Mangels Noten geht der gute Ton ohnehin flöten, da sinkt schon jetzt alles durcheinander. Manches wird mir hier zu intimitätlich, diese amerikomische Coolness, mit der wir unsere Vergangenheit einlagern, in Cartoons und alten Beziehungskisten, in denen immer irgendwo noch eine Ringelsocke herumliegt oder ein handfester Erinnering. Am besten verhält man sich fortlaufend entgegenkommend, das ist einigermaßen

populeer. Und wenn es mal nach dem Berechtigungskot der Alphamännchen stinkt, hält man sich eben die Nase zu. Tricksi Müller wirkt in der letzten Zeit leichter bekömmlich. Offensichtlich sucht sie einen Typen zum Auflehnen. Mein Kollege Berger hat sich schon auf sie eingezwinkert, ein echer Machto, der sich für das Muss aller Dinge hält. Ich finde das zu wenig des Guten, aber er verführt sie nun häufiger mal aus und lässt sich das gastronomische Summen kosten, obwohl er sonst sehr sparmsam ist. Tricksi scheint ein sehr ausnehmendes Wesen zu haben. „Mann muss einfach was machen, aus seinem Leben“, sloganiert Berger gern und oft. Und dann macht er einfach irgendwas. Manchmal mit aufgeweckten Freudenmädchen. Manchmal in der Fankurve, wo alle so tun können, als wären sie gleich, in ihrem tausendkehligen Hass auf Gegner und den schwarzen Mann. Oder mit Tricksi, der Sekretärin, von hinten. Aus dem Vertrieb. Ich dagegen mache lieber nix in irgendwelchen Bars, fühle mich niedergeschlagen wie ein alter Boxer und rechne meine Freizeit in Liter um. Hier gibt es Barmixer, die wenigstens einfüllsam sind, wenn ich mal meinen Schicksaal durchlüften muss. Dann saufe ich bis zum restlosen Überfluss, auf der Suche nach dem unschätzbaren Mehrwert im Leben. Es muss ihn geben. Schließlich wird er überall besteuert. Ich kapiere die Frauen, sage ich in eine beliebige Richtung, nicht. Ziehe immer nur die Hoffnungslose. Aber es gibt hier keine, die meine Blicke missverstehen könnte, das geschminkte Gesichtchen rümpfend, bis es aussieht wie eine Faust. Es gibt hier nur den Barmixer, der mixt, und mich, der trinkt. Ein stilles Leben, und keiner da, der es ausmalen will. Berauscht stehe ich auf und schlendere zum Klavier, das mit offenem Maul auf mich zu warten scheint. „Es ist leider verstimmt“, ruft mir der Barmixer hinterher. Das auch noch!


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