UP #705: Geheim (Juli 2021)

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UNI & LEBEN

WENN DIE HOFFNUNG FEHLT

EINE GESELLSCHAFT VOR DEM EXISTENZVERLUST:

Der Binnenstaat im Kaukasus steht heute vor einer neuen Souveränitäts- und Existenzkrise. Während ArmenierInnen vor rund 100 Jahren einen der grausamsten Völkermorde der modernen Geschichte erleben musste, geht es heute um den Bergkarabach/ArzachKonflikt. Einen Generationenkonflikt, der sich mittler­weile über viele Jahrzehnte hinzieht – mit allem was dazugehört: Hetze, Vertreibung und Propaganda. Seit dem erneuten Entfachen des Konflikts 2020 treten alte Existenzängste und Reflexe wieder in den Vordergrund. Konstantin Ghazaryan

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as kleine Land am Fuße des Kaukasusgebirges lässt sich nicht so leicht auf der Karte finden: Armenien wurde als Kreuzpunkt unterschiedlicher Zivilisationen zwischen dem Orient und Okzident in der Geschichte bereits mehrmals umkämpft. Heute steht das Land vor einem erneuten Existenzverlust – zu tief sitzen die Ängste und Erinnerungen. Denn vor 106 Jahren kam auf dem Gebiet des ehemaligen Osmanischen Reichs zum systematischen Mord an den ArmenierInnen, GriechInnen, AssyrerInnen, AramäerInnen sowie YezidInnen. Am 24. April 1915 wurde der Völkermord an den ArmenierInnen staatlich eingeleitet, als im ehemaligen Konstantinopel 200 Vertreter-

Innen der armenische Elite verhaftet und hingerichtet wurde. Unter ihnen der armenische Schriftsteller Daniel Waruschan, der wenige Monate später während der Deportation ermordet wurde. Ihm sollte etwa 1.500.000 Millionen ArmenierInnen folgen. Eines der größten Tragödien des 20. Jahrhunderts, und wahrscheinlich der Menschheit, wird allerdings bis zum heutigen Tag von der modernen Türkei nicht anerkannt. Und das obwohl die Weltgemeinschaft und die HistorikerInnen sich weitgehend einig sind: In der Türkei stehen Leugnungskampagnen, Verschwörungstheorien und Repressionen an türkische HistorikerInnen, die das Thema ansprechen, auf der Tagesordnung. Der darauf-

folgende Bruch des Vertrags von Sevres (das osmanische Pendant des Versailler Abkommens), in Zuge dessen mehrheitlich von den ArmenierInnen bewohnte Gebiete Ostanatoliens Teil der jungen armenischen Republik werden sollten, stellte das ohnehin erschöpfte Land vor dem Souveränitätsverlust. Durch den sogenannten „Bruderschaftsvertrag“ zwischen der neugegründeten kemalistischen Türkei und der neu entstandenen Sowjetunion wurde seitens der Sowjetunion der Anspruch auf diese Gebiete endgültig aufgegeben. Heute steht das Land vor einer neuen Souveränitätskrise. Grund dafür ist der sogenannte Bergkarabach bzw. Arzach-Krieg, über den, wenn über-

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