UP #705: Geheim (Juli 2021)

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POLITIK & GESELLSCHAFT

WIDERSTAND VERFOLGUNG BEFREIUNG h c u b r e d n a W s tische Ein antifaschis

Der Alpenraum gilt spätestens seit der Mitte des 19. Jahrhunderts als Sehnsuchtsort und wichtiger Marker für Identität und Zugehörigkeit. Er schuf verbindende Elemente und zementierte Trennendes. Von Carolina Forstner

Im Buch Widerstand – Verfolgung – Befreiung. Zeitgeschichtliche Wanderungen präsentieren die Autoren Thomas Neuhold und Andreas Praher einen zeitgeschichtlichen Wanderführer in dem 35 Wander- und Spazierrouten von einer bis zu acht Stunden über Gipfel und Hügel im Salzburger Land, Oberösterreich, Südostbayern und dem Ausseerland vorgestellt werden. Das alles mag wie Material von zig anderen Regional-Wanderführern klingen, ist es aber nicht, denn Widerstand – Verfolgung – Befreiung. Zeitgeschichtliche Wanderungen ist ein politisches Buch, ein antifaschistischer Wegweiser. „Sehnsucht habe ich nach Euch und den Bergen“ schrieb die 23-jährige Linzerin Rosa Hoffmann in ihrem Abschiedsbrief. Die kommunistische Widerstandkämpferin wurde im März 1943 in Berlin enthauptet. Ihre Geschichte und zahlreiche

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andere Täter-, Opfer-, wie Widerstandsbiografien werden im Wanderführer erzählt und mit einer thematisch passenden Route verbunden. Das Buch bietet detailreiche Beschreibungen von Routen, die in Verbindung mit historischen Stätten des Naziterrors im „Dritten Reich“ stehen, samt Fotos, passender Kartenskizzen und der benötigten Ausrüstung. Im Falle von Hoffmann kann man sich auf einen Spaziergang durch das rote Salzburg begeben und mithilfe der detaillierten Erzählungen rund um die Widerstandskämpferin sozialistischen und kommunistischen Widerstand gegen die Nazi-Diktatur in einem Stadtspaziergang erleben. Eine weitere leichte Wanderung in der Landeshauptstadt führt die Leser*innen zum Beispiel auf einen Spaziergang in den Stadtteil Leopoldskron-Moos, wo hunderte Roma und Sinti im sogenannten

„Zigeunerlager Maxglan“ unter unmenschlichen Bedingungen und strenger Bewachung weggesperrt wurden. Neben Orten wie dem Stefan-ZweigWanderweg über den Kapuzinerberg, den viele Salzburger*innen schon kennen, erzählen die Autoren Geschichten, die sich meist abseits der Stadt Salzburg auf den Gipfeln im Hochgebirge abspielen. Bei der Auswahl der Geschichten setzten Neuhold und Praher, bis auf den bekannten Franz-Jägerstätter-Gedenkweg im oberösterreichischen St. Radegund, auf eher unbekannte Orte und erzählen penibel und mithilfe von historischen Abrissen, persönliche Schicksale aus den Alpen. „Die Alpen wurden zum Fluchtgelände. Sie wurden zum Experimentierfeld für das nationalsozialistische Terrorregime und zur Versuchsanstalt einer erbar-


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