urbanite | Stadtmagazin Leipzig | April 2021

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CITY Grünes Leipzig: Jungpflanzenverkauf in der Gärtnerei Annalinde

KRÄUTER DE LINDENAU Oder sollten wir lieber sagen à la Prinz Charles? Der Öko-Prinz macht sich nämlich genauso gerne die Hände schmutzig wie die Gärtner:innen aus der Annalinde. Zum Maskottchen des alljährlichen Jungpflanzenverkaufs wurde Charles in dem Moment, als er dem Papst einen Präsentkorb mit Bioprodukten von seinem Landsitz Highgrove überreichte. Und auch wenn es in der 5.000 qm großen Stadtgärtnerei in Lindenau, zwischen alter Trikotage, Lützner- und Demmeringstraße, deutlich urbaner zugeht, Nachhaltigkeit, Ökologie und Landwirtschaft sind Themen, die alle miteinander verbindet. von Anne Küste

Die Einsicht, dass kleinere, solidarisch bewirtschaftete Öko-Gärtnereien eine Region mitversorgen können

natürlich nicht von Dominik, Jakob und Philipp,

(womit der Umwelt ein enormer Verpackungs-, Trans-

den drei Gründern des Projekts Annalinde, son-

port- und Kühlketten-Aufwand erspart bleibt), kommt

dern von der Familie Toepel. Früher (um 1880)

auch in den Köpfen der Leipziger:innen an. Das beweist

befand sich in diesem Teil von Lindenau nämlich

u. a. der Bedarf an regionalen Obst- und Gemüsekisten,

eine Gärtnerei neben der anderen. Der heutige

der schon fast schon zu einer Art „Lifestyle“ geworden

Stadtteil entwickelte sich erst später um diese

ist. Auch in der Annalinde ist die Nachfrage nach heimi-

Feldwirtschaft herum. Als im 21. Jahrhundert

schen Lebensmitteln groß, was sich u. a. in den langen

schließlich der letzte überbliebene Betrieb, der

Wartelisten widerspiegelt. Bei Interesse lohnt sich eine

der Familie Toepel, die Arbeit einstellte, machte

Mail an gärtnerei@annalinde-leipzig.de, da gelegent-

sich 2013 das Neuzeit-Trio um Geschäftsfüh-

lich Plätze frei werden.

rer Dominik Renner daran, der alten Gärtnerei neues Leben einzuhauchen – wobei, eigentlich

„WENN ICH DIE NATUR EINFACH NUR MACHEN

machten sie sich „nur“ an die Wiederherstellung

LASSEN WÜRDE, WÄRE HIER EIN BROMBEERFELD“

der desolaten Anlage. Denn der Plan, Gemüse di-

Was naturverbunden klingt, hat mit klassischem Natur-

rekt in der Stadt anzubauen, ist eigentlich nicht

schutz wenig zu tun. Die Gärtnerei Annalinde ist in erster Linie

neu – bloß nicht der konventionelle Weg! Philipp

eine Kulturlandschaft, die zwar Grün zulässt (also auch positi-

Scharf jedoch, der vorher in Dresden Gartenbau

ve Effekte für das Stadtklima hat), aber eher versucht, es unter

studiert hat, legt (bis heute) großen Wert darauf,

Kontrolle zu bringen. „Wenn ich die Natur einfach nur machen

dass der ANNALINDE gGmbH ein ökologischer

lassen würde, wäre hier ein Brombeerfeld“, lacht Philipp. Statt-

Rückbesinnungsgedanke zugrunde liegt. Näm-

dessen baut er jedes Jahr in einer neunteiligen Fruchtfolge auf

lich der, Lebensmittel regional und ohne Ein-

drei Feldern über 100 Sorten Gemüse an. Darüber hinaus werden

satz von chemischen Düngemitteln herzustel-

zwei Folientunnel mit Fruchtgemüse und ein Glasgewächshaus

len – und zwar nicht am anderen Ende der Welt,

zur Anzucht von Jungpflanzen betreut. Letzteres, also das große

sondern da, wo Tomate, Zucchini und Aubergine

Gewächshaus, habt ihr sicher schon von der Tram aus ins Auge

konsumiert werden: in Leipzig.

gefasst. Zwei Kräuterbeete, ein Bereich zum Experimentieren mit Sonderkulturen, Stauden- und Blühstreifen sowie ein nahegelegener Obstgarten am Bürgerbahnhof Plagwitz – weitere 3.400 qm groß – erweitern die ökologische Vielfalt .

Fotos: Dominik Wolf

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Gartenbau wird in der Lützner Straße 108 bereits seit über 150 Jahren betrieben – aber


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