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Freiraum für etwas Neues
F Ü R E T W A S
Auf dem Höhepunkt seiner Karriere überrascht der Designer Konstantin Grcic mit der Schließung seines Münchner Büros, mit einer Liebeserklärung an Berlin und mit unerwarteten Projekten. Ein Gespräch über Downsizing und die Kraft der Erneuerung NEUES«
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INTERVIEW GUNDA SIEBKE & DOROTHEA SUNDERGELD
ZUR PERSON Konstantin Grcic (Jahrgang 65) ist einer der bekanntesten und einflussreichsten deutschen Designer. Er entwirft nicht nur Alltagsdinge wie Möbel, Leuchten, Türstopper oder Uhren, sondern auch Ausstellungen, Architektur und Autos. In allen Arbeiten forscht Grcic nach Vereinfachung und nach technisch-funktionalen Innovationen. Der sympathische WahlBerliner wirkt auf Fotos ernst – lacht aber gern und häufig.
konstantin-grcic.com
TYPGERECHT Den Neuanfang in Berlin gestaltet Konstantin Grcic mit vertrauten Möbeln und Bildern. Die rote Holzbank „Clerici“ dient als Chefsessel, Garderobe und Sideboard
Die neue Adresse von Konstantin Grcic Industrial Design ist schnell gefunden. Eine große 13 prangt neben dem Eingang des Neubaus an der Berliner Kurfürstenstraße. 72 Stufen weiter oben befindet sich Grcic’ Büro. Der Designer teilt sich einen offenen L-förmigen Raum mit drei Mitarbeitern. Alle sitzen an „Pallas“-Tischen, einem eigenen Entwurf von 2003. Obwohl Modelle, Arbeitsmaterialien, Erinnerungsstücke und Bilder herumstehen und -liegen, wirkt alles gut sortiert. Am improvisierten Bespre chungstisch in der Küche, die auch Modellbauwerkstatt ist, sprechen wir mit Grcic über seinen Umzug nach Berlin. SCHÖNER WOHNEN: Sie haben über 20 Jahre im München gelebt – was verändert der Ortswechsel? Konstantin Grcic: Ich nutze den Umzug für einige grundlegende Veränderungen. In Zukunft werde ich mit einem deutlich kleineren Team zusammenarbeiten. Die bisherige Bürostruktur mit aus schließlich festen Mitarbeitern ist jetzt kleiner und durch ein Netzwerk aus freien Mitarbeitern flexibler. Was daraus entsteht, ist noch vollkommen offen. Ich weiß aber, dass ich immer ein enges Team um mich haben werde, denn das Büro ist für mich immer noch der wichtigste Ort zum Arbeiten.
Was brauchen Sie, um gut arbeiten zu können? Requisiten, die einen anonymen Arbeitsplatz zu einem eigenen, vertrauten Ort
PROFI Höchster Sitzkomfort, versteckt in angenehm wohnlichen Formen: Bürostuhl „Allstar“ von 2014 (Vitra)
SYMBOLKRAFT Unermüdliches Arbeitstier: Esel „Ettore“ entwarf Grcic zum 40. Geburtstag der italienischen Möbelfirma Magis
machen. Bestimmte Bücher, ein Möbel stück, eigene Werkzeuge, damit der Raum mein Raum wird. Manchmal ändert sich das, es gibt Vorlieben. Mal ist es ein bestimmter Stift, mal ein bestimmtes Zeichenpapier oder ein Skizzenbuch. Ich bin da aber wie gesagt nicht festgelegt. Hier in meinem neuen Büro finden Sie eine Art Essenz der Dinge, die wichtig sind. Es ist gut, dass der neue Raum noch nicht komplett verplant ist.
Wie viel Platz brauchen Sie zum Arbeiten und Wohnen? Nicht viel. Ich muss nur das Gefühl haben, dass es der eigene Ort ist, also ein personifizierter Raum. Ein Rückzugsort. Hier in Berlin haben wir als Baugruppe ein Wohnhaus gebaut. In einem Teil unserer Wohnung gibt es einen kleinen Raum im Raum, in den man sich zurückziehen kann. Ich mag diesen Ort sehr, weil er abgeschieden und offen zugleich ist.
Früher haben Sie sehr viel Zeit im Büro verbracht. Arbeiten Sie immer noch am Wochenende? Nein, weder am Wochenende, noch frühmorgens. Das hat sich verändert, weil mein Privatleben andere Prioritäten setzt. Früher war ich morgens der erste im Büro und der letzte, der ging. Heute ist es genau anders – ich komme später und gehe früher.
Wie unterscheidet sich darüber hinaus Ihr Berliner Alltag von dem in München? Wenn ich mit dem Rad ins Büro fahre, führt mein Weg durch das Regierungs viertel. Mir gefällt das architektonische Ensemble zwischen Kanzleramt, Abgeordnetenhaus und Reichstag sehr. Das hat so eine Größe, ohne autoritär zu sein. Aber man spürt, dass man in der Haupt stadt lebt. Berlin ist viel politischer als München. Man hört Merkels Hubschrau ber herumfliegen, oder es gibt eine Straßensperre, weil Staatsgäste in der Stadt sind. Das sind Kleinigkeiten, aber ich mag sie total gerne. Wenn ich morgens am Reichstag vorbei ins Büro fahre, fühle ich mich als Bürger der Bundesrepublik Deutschland. Mir hat dieses Gefühl früher wirklich nicht gefehlt. Ich habe es auch nicht gesucht. Trotzdem nehme ich es plötzlich sehr bewußt wahr.
Kürzlich sagten Sie in einem Interview, dass Sie am liebsten bis an Ihr Lebensende immer und immer wieder einen neuen Stuhl entwerfen würden. Stimmt das noch? Ich mag die Arbeit mit den Möbelfirmen, denen ich mich zum Teil sehr eng
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KONSTANTIN GRCIC
DER NEUE Die Idee zu „Rookie“ kam Konstantin Grcic, als er noch am Vorgängermodell „Allstar“ arbeitete (beide Vitra)
verbunden fühle. Deshalb werde ich auch weiterhin Möbel entwickeln. Das wird immer meine Leidenschaft bleiben. Aber ich möchte das etwas reduzieren. Das schafft Freiraum für andere, neue Themen und Projekte. Aus meiner Sicht ist es eine große Chance, dass das jetzt noch nicht klar ist. Im Grunde wie eine offene Flanke, die Unerwartetes ermöglicht. Dinge einfach passieren zu lassen finde ich ganz wichtig. Ich bin kein Stratege, der immer eine bewusst richtige Entscheidung treffen will. Ich will gar nicht unbedingt immer alles richtig machen. Indem man Zufälle und Fehler zulässt, lernt man viel. Das spielt auch eine wichtige Rolle bei der Bearbeitung und Auswahl von den Projekten. Sich Projekten zu stellen, die man erst mal gar nicht einschätzen kann und bei denen man sich fragt‚ „kann ich das überhaupt?“
Was sind das für Projekte? Im Moment arbeiten wir an verschiedenen Aufträgen, die mit Möbeldesign wenig zu tun haben. Für Smart beispielsweise und für das junge deutsche Modelabel Aeance.
Interessieren Sie sich für Mode? Privat schon, aber beruflich war das Thema immer weit weg. Im Moment finde ich großes Gefallen daran mich mit Kleidung zu beschäftigen. Sie ist essenziell für unser Leben, eine Form von Behausung, die nicht nur funktional ist, sondern mit der wir uns identifizieren. Und dann interessiert mich auch der technische Aspekt von Kleidung. Das ist Konstruktion, nur mit einem weichen Material.
Worum ging es bei dem Auftrag genau? Aeance macht funktionsorientierte Kleidung aus Stoffen, die aus der perfor mativen Anwendung wie Sportbekleidung kommen. Ausserdem arbeitet das Label mit einem sehr hohen Anspruch an Ökologie, die verwendeten Stoffe sind voll recycled. Erklärtes Ziel war es, daraus Kleidungsstücke mit hohem Tragekomfort zu entwickeln, die aber gleichzeitig sehr elegant sind. Eine Mischung aus Sportbekleidung und Anzug sozusagen, die in jeder Situation gut aussieht. Es ging aber auch um innovative Details wie zum Beispiel eine Innentasche aus einem Material, das die Strahlung von Mobiltelefonen zum Körper hin abschirmt. Mein Ansatz war also eher die eines Industrie designers und bezog sich auf Ergonomie, auf physiologische Bedürfnisse und auf möglichst gelungene Detaillösungen.
Welche Arbeitsfelder reizen Sie noch? Mich interessieren Projekte, die komplexer und maßstäblich größer sind als Möbel. Für das japanische Unternehmen Muji haben wir mal ein kleines Haus, die „Muji-Hütte“, entworfen. Leider blieb das Projekt in der Phase des Prototyps stecken. Es ging dabei um ein Mini-Haus, das man ohne Baugenehmigung hätte realisieren können. Daraus ist aber kürzlich ein neues Projekt für ein Festival in Bordeaux im kommenden Sommer entstanden, das wir aktuell bearbeiten.
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KONSTANTIN GRCIC
Möbelfirma Magis entworfen haben, der Esel „Ettore“. Stimmt, „Ettore“, auf deutsch würde er Hektor heißen. Ein gusseisernes Ding, ungefähr so groß wie ein OxfordDictionary und viereinhalb Kilo schwer. Eine spontane Idee des Firmeninhabers Eugenio Perazza, weil er findet, daß die Tugenden eines Esels symbolhaft für die Grundzüge seiner Firma stehen. Ich musste erstmal nachschauen, wie ein Esel eigentlich aussieht.
Und wieso wurde er ausgerechnet „Ettore“ genannt? Ich weiß es nicht. Jedenfalls gab es keine Verbindung zu dem bekannten italienischen Designer Ettore Sottsass. Herr
ZEITLOS „New Ceramica“ aus Hightech-Keramik ist ein schlankes und sportliches Redesign des Rado-Klassikers (2016)
Auch ein eher untypisches Projekt war das Maskottchen, das Sie für die
KONTRASTPROGRAMM Schubladenmöbel „Chess“ aus Stahlblech, veredelt mit Griffleisten aus massivem Eichenholz, Magis, 2018 Verstellmöglichkeiten sind nur interessant, wenn sie passend auf eine einzige Person eingestellt werden.
Ist der Stuhl denn trotzdem komfortabel? Schon beim Vorgängermodell „Allstar“ ging es darum, mit einfachsten Mitteln einen höchstmöglichen Sitzkomfort zu erreichen. „Rookie“ verzichtet auf eine komplexe Synchronmechanik, aber die federnde Rückenlehne und ein ausgeklügelter Sitz machen den Stuhl sehr bequem. Dort, wo das Polster aus der Sitzschale herausragt, ist eine Art Scharniergelenk eingebaut. Das heißt, der Sitz gibt vorne leicht nach und passt sich dem Sitzwinkel individuell an.
Perazza hat sich den Namen ausgedacht und ich mochte ihn, ohne wirklich nachzufragen.
Einer Ihrer jüngsten Entwürfe hört auf den Namen „Rookie“ und ist ein jugendlich wirkender Bürodrehstuhl für Vitra. Was ist neu an dem Stuhl? Neu ist seine totale Vereinfachung. Er hat Rollen, ist drehbar und bequem gepolstert – und natürlich sind Sitz und Rückenlehne höhenverstellbar. Die Lehne wird auf der Rückseite mit einer Art Skischuhschnalle auf die richtige Höhe eingestellt, ganz simpel. Weil das Möbel in erster Linie für flexibel genutzte Büros und Universitäten gedacht ist, wo sich mehrere Menschen einen Arbeitsplatz teilen, ist eine vereinfachte, intuitive Handhabung sehr wichtig. Komplizierte Bürostühle mit vielen
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KONSTANTIN GRCIC
EINFACH SITZEN Niedriger Preis, unkompliziert in der Handhabung: der neue Stuhl „Rookie“ für flexibles Arbeiten. Vitra, 2018
Das ist eine Funktion, die uns bei dem Entwurf wichtig war. Am Schluss ist die Lösung sehr einfach und unsichtbar geworden, was ich sympathisch finde. Ist sein Preis denn auch sympathisch? Soweit ich weiß kostest „Rookie“ 399 Euro inklusive Mehrwertsteuer. Das ist ein sehr guter Preis und entspricht unserer Zielvorgabe von Anfang an. Wir konnten ihn wegen der vereinfachten Mechanik, aber auch wegen eines geringeren Materialeinsatzes realisieren.
Warum sitzen Sie im eigenen Büro auf einer harten Holzbank?
BANKENWESEN Holz in Präzision: „Clerici“ scheint simpel – ist aber perfekt konstruiert und proportioniert. Mattiazzi, 2015
Ich sitze auf der Holzbank „Clerici“, die ich für Mattiazzi entworfen habe. Es ist großartig, links und rechts neben mir Platz zu haben, um Dinge abzulegen. Natürlich habe ich das Privileg, dass ich im Büro relativ wenig Zeit im Sitzen verbringe. Ich laufe eher herum, von einem Schreibtisch meiner Mitarbeiter zum anderen. Einen gepols terten Bürostuhl hatte ich noch nie. Früher, in München, saß ich auf einem einfachen gelben Plastikstuhl von Enzo Mari, den liebte ich über alles. Dann war er Teil meiner Ausstellung „Panorama“ im Vitra Design Museum und war fünf Jahre als Exponat auf Reisen. Seitdem ich ihn wiederhabe, steht er unausgepackt in meinem Archiv. Aber so ist es: Das Leben besteht aus Veränderung!
IM BÜRO Selten sitzt Konstantin Grcic still: „Ich laufe eher herum, von einem Schreibtisch meiner Mitarbeiter zum anderen.“
NEUANFANG FÜR IHR ZUHAUSE TITELTHEMA
Der gute Vorsatz fürs neue Jahr? Mit weniger, dafür aber besser wohnen! Ab Seite 36 geben wir Tipps, wie man sich von Ballast befreit, zeigen ab Seite 42, wie man verbliebene Lieblingsstücke sortieren und arrangieren kann – und wenn Ihnen noch gute Wohn-Basics fehlen, hätten wir ab Seite 48 ein paar Vorschläge
Noch geht es in diesem Homeoffice recht geordnet zu – doch noch mehr Bücherstapel, Papierrollen und Zeichenutensilien (vor allem auf dem Boden!) sollten es besser nicht werden
MACHEN SIE KLAR SCHIFF
Ja, Ausmisten ist eine Drecksarbeit, sie geht ans Eingemachte, bringt gemischte Gefühle und Rückenschmerzen mit sich, aber Sie werden sehen: Hinterher fühlen Sie sich großartig. Kommen Sie, los geht’s!
TEXT SIMONE KNAUSS
IM KLEIDERSCHRANK
Irgendwo müssen Sie ja anfangen. Und bei Kleidung, da sind sich alle Aufräum-Gurus einig, fällt einem das Aussortieren am leichtesten. Die beste Methode? Schranktüren und Schubladen auf und raus mit den Klamotten – aufs Bett, aufs Sofa, auf den Wohnzimmerteppich, wohin immer Sie wollen. Wer ganz plan voll vorgehen mag, sortiert dabei schon mal: Hosen zu Hosen, Pullover zu Pullovern, Socken zu Socken… Und dann nehmen Sie sich die einzelnen Stapel Stück für Stück vor. Aussortiert wird im ersten Durchgang alles, was zwei Saisons kein einziges Mal getragen wurde, was kaputt, zu klein, zu groß, zu unansehnlich geworden oder von Anfang an ein Fehlkauf gewesen ist (ja, auch die teuren Teile!). Versuchen Sie, dabei so ehrlich und streng wie möglich mit sich zu sein – denn in der Regel tritt bei allen Argumenten, die mit „vielleicht“ beginnen (vielleicht passe ich irgendwann wieder in Größe 36 …gehe ich doch mal auf einen Ball …mache ich dreimal die Woche Sport und brauche was zum Wechseln), dieses Vielleicht niemals ein. Und wenn doch, Hand aufs Herz, kauft (oder leiht) man sich dann sowieso lieber etwas, was dem aktuellen Geschmack entspricht. Für alles, was nach dieser ersten Runde noch übrig ist, empfiehlt sich die KonMari-Methode der Japanerin Marie Kondo: jedes einzelne Stück in die Hand nehmen und sich fragen, ob es einen glücklich macht (und sei es auch nur, dass der unsexy Wollschlüpfer im Winter schön warm hält, ohne unter der Kleidung aufzutragen). Klingt absurd? Probieren Sie’s mal aus – klappt erstaunlich gut! So, und für den letzten Durchgang müssen Sie jetzt stark sein, denn es geht noch mal an den Berg mit dem Ausrangierten. Wenn es gut läuft, müssen Sie nur noch entscheiden, was Sie verkaufen, verschenken, spenden oder wegwerfen wollen. Und dann tun Sie es, so schnell wie möglich (Tipps dazu auf Seite 40)! Bloß nicht im Keller parken – dort setzen die Sachen Moos an, und Sie müssen sich, wenn es dort ans Ausmisten geht, noch einmal damit herumschlagen. Bei manchen Teilen werden Sie sentimental oder unsicher? Stellen Sie auch ihnen die Glücksfrage – und lassen Sie dann Ihren Bauch entscheiden. FOTO FERM LIVING
IM HOMEOFFICE Wer kennt das nicht: Überall stapelt sich Papier und verwursteln sich Kabel, und in den Schubladen scheinen sich die Werbeku gelschreiber wie von selbst zu vermehren. Dazwischen: Ordner voller Leichen – Uni-Skripte von vor gefühlt hundert Jahren, vergilbte Bedienungsanleitungen für den vorvorletzten Drucker, Uralt-Rechnungen, Kontoauszüge und, und, und. Höchste Zeit für „Ablage P“: Alle privaten Unterlagen, die keine Verträge, Urkunden, Zeugnisse oder Versicherungspolicen sind oder mit Garantie- und Gewährleistungsfällen sowie der aktuellen Steuer erklärung zu tun haben, können weg – nur Unternehmer und Freiberufler müssen ihre Unterlagen zehn Jahre lang aufbewah ren. Alles, was sensible Informationen enthält, sollte vor dem Entsorgen geschreddert werden. Dann geht’s dem Kabelsalat an den Kragen: Adieu, liebe Lade- und Kopfhörerkabel ohne pas sendes Endgerät, tschüs, defekte Verlängerungsschnur – und das olle CD-Laufwerk (nebst dazugehörigem Kabel, versteht sich) könnt ihr auch gleich mitnehmen. Beim Wertstoffhof gibt’s dafür einen eigenen Container. Was haben wir noch? Ach ja, die Werbekugelschreiber – und ihre besten Freunde, die eingetrock neten Filzstifte und Textmarker sowie nicht mehr radierende Radiergummis. Warum hebt man so was bloß auf? Weg damit!
IM WOHNZIMMER Selbst wenn Sie leidenschaftlich Bücher sammeln: Auch Sie müssen sich und Ihre Regale nicht mit schlechten Geschichten belasten. Soll heißen: raus mit Schund, Fehlkäufen und allem, was man „irgendwann mal lesen möchte“ (macht man nie!) – mehr Platz für alte und neue Lieblingsbücher. Wie man her ausfindet, was was ist? Ebenfalls mit der KonMari-Methode (siehe links). Die hilft übrigens auch zuverlässig beim Sortieren von Sammlungen und Souvenirs, sogar wenn in diesen Fällen das Entsorgen schwerer fällt, weil meist viele Erinnerungen an den Stücken hängen. Will man sich trotzdem trennen, kann es helfen, ein Foto von den Sachen zu machen und sie dann in gute Hände abzugeben, statt sie einfach nur wegzuwerfen.
Der Flur wirkt einladend und aufgeräumt. Aber Achtung: Garderobenleiter und Körbe sind Chaos-Magneten! Regelmäßig die Anzahl der hier aufbewahrten Dinge kontrollieren
IM FLUR Wer den „Flur-Knigge“ in unserer Dezemberausgabe gelesen hat, weiß, dass ein aufgeräumtes und schön gestaltetes Entree das Herz erfreut. Das funktioniert aber nur, wenn hier keine Schuhe vor sich hin müffeln, die Garderobe keine riesige Jacken beule aufwirft, an der man kaum vorbeikommt, und man nicht jeden Morgen in Krimskrams-Schalen, -Körben oder -Schubla den nach seinen Schlüsseln, Handschuhen oder der Hundeleine buddeln muss. Auch im Flur gilt: Bevor optische Ruhe und Ordnung herrschen können, müssen Köpfe rollen – in diesem Fall in Form von ungeliebten Kleidungsstücken, Schuhen und Accessoires (die kommen beim Aufräumen des Kleiderschranks am besten gleich mit auf die jeweiligen Häufchen) oder Klein kram wie alten Schlüsseln, defekten Fahrradleuchten, zerkautem Hundespielzeug und was sich hier sonst noch Seltsames ansam melt. Bei manchen Dingen reicht es übrigens auch schon, sie einfach an ihren eigentlichen Platz zu räumen – Kleingeld ins Portemonnaie, Schrauben in den Werkzeugkasten, abgerissene Knöpfe zurück an das entsprechende Kleidungsstück…
IN DER KÜCHE Haben Sie eine Tütenschublade? Keine Sorge, Sie sind nicht allein – und es ist ja auch durchaus löblich, wenn Plastik wieder verwendet wird. Doch so langsam wäre es an der Zeit, sich zu trennen, in den Tüten Müll zu entsorgen und am besten keine neuen mit nach Hause zu bringen. Schont die Umwelt – und Sie haben eine Schublade mehr. Hier darf dann alles wohnen, was im Moment noch die Arbeitsplatte blockiert, was Sie aber (unbedingt und wirklich!) in Ihrer Küche brauchen. Apropos brauchen: Wann haben Sie das letzte Mal die Sauerbraten-Gewürzmischung ganz hinten links im Schrank verwendet? Oder den Knoblauch-Chili-Rosmarin-Mix aus dem Griechenlandurlaub 2014? Und was ist mit den schwarzen Sepia-Nudeln, die Ihnen Ihre Nachbarin als Dank fürs Blumengießen damals aus Italien mitgebracht hat? Bewährt hat es sich, zweimal im Jahr Inventur in den Küchenschränken und -schubladen zu machen, diese dabei auch gleich auszuwischen – und die noch jungfräuli chen Spiegelei-Formen, das Cocktail-Mixbesteck oder die batteriebetriebene blinkende Pfeffermühle (wo kam die noch mal her?) zu überdenken. Altglas? Sie wissen, was zu tun ist. Vorsatz fürs neue Jahr: mindestens alle zwei Wochen. Altpapier? Auch.
IM BAD Es soll Menschen geben – und wir wollen hier keine Namen nennen –, die das Sortieren von Kosmetikpröbchen entspannt (und die selbige auf Reisen tatsächlich verwenden). Allen ande ren verstopfen diese kleinen Miststücke, die dauernd umfallen oder unkontrolliert im Spiegelschränkchen herumrutschen, den kostbaren Stauraum im Bad und werden zu allem Überfluss auch noch irgendwann schlecht (manche sogar schon nach wenigen Monaten!). Gleiches gilt natürlich für angebrochene oder auf Vorrat gekaufte Kosmetika und Körperpflegeprodukte in norma len Größen. Erstere deshalb zügig aufbrauchen, ältere angebrochene Fläschchen und Tiegel entsorgen (oder mit der Gesichtscreme nur noch die Füße salben). Noch verschlossene Produkte sind bis zu ihrem Einsatz im Türfach des Kühlschranks gut aufgehoben. Eine halb volle Tube Zahncreme im Kulturbeutel gefunden? Vergessen Sie’s – schmeckt widerlich!
IM KELLER Man könnte ihn und seine Komplizen Dachboden und Garage als Friedhof der Kruschteltiere bezeichnen, denn mindestens sechzig Prozent der hier aufbewahrten Dinge sind, wie der Schwabe sagt, „Kruscht“, also Gerümpel – und das ist meist auf traurige Art und Weise verendet. Seit zwei Umzügen nicht ausgepackte Kartons beispielsweise. Kaputte Gartenmöbel, die auf dem Weg zum Wertstoffhof hier gestrandet sind. Elektro schrott, Bücher voller Stockflecken und eine Puppenwiege. Winterreifen ohne Profil, leere Frostschutzmittel-Kanister, das rostige Kinderrad von Annika (mittlerweile 19). Und das Gemeine ist: Je größer der jeweilige Raum, desto mehr Kram sammelt sich an. Da kann man nur sagen: Augen zu und durch. Dinge, die kaputt und es einem nicht wert sind, repariert zu werden, sollte man schleunigst entsorgen – unnötiger Ballast, der einen auch dann runterzieht, wenn man ihn nicht täglich vor Augen hat. In die Umzugskartons vorher noch einen kurzen Kontrollblick werfen und mit den eigentlichen Besitzern von Puppenwiege und Kinderrad Rücksprache halten, dann kann’s losgehen. Und wenn Sie schon gerade zum Wertstoffhof fahren, können Sie auch gleich die ganzen Originalverpackungen mitnehmen, die sich im hinteren Teil des Kellers bis zur Decke stapeln. Ihr Inhalt geht sowieso erst einen Tag nach Ablauf der Garantie kaputt – und wenn nicht, können Sie ihn in zehn Jahren nicht einen Cent teurer verkaufen, bloß weil der technisch total veraltete Fernseher in seinem ollen Karton steckt.