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Vorwort
Stolpersteine – eine Initiative gegen das Vergessen
Im Landkreis Hameln-Pyrmont wurden Stolpersteine zuerst in Bad Pyrmont verlegt. Dort war der „Arbeitskreis 27. Januar“ bereits im Jahre 2005 aktiv. Hameln schloss sich seit 2013 mit insgesamt fünf Verlegeterminen an, der letzte 2018. Bad Münder und Salzhemmendorf folgten 2015 bzw. 2016. Für Aerzen, Coppenbrügge und Emmerthal haben sich bisher keine Initiativen zur Verlegung von Stolpersteinen gebildet. Im weiteren Verlauf des Jahres 2021 werden sich Hessisch Oldendorf und Hemeringen anschließen.
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Insgesamt erinnern Stand Januar 2021 im Landkreis Hameln-Pyrmont 115 Stolpersteine an Menschen, die dem Terror der Nationalsozialisten zum Opfer gefallen sind. Davon gelten 113 jüdischen Bürgerinnen und Bürgern, zwei sind Nichtjuden gewidmet. Nimmt man die Orte Hessisch Oldendorf und Hemeringen dazu, dann erhöht sich die Zahl auf 133.
Diesen Stand gibt die vorliegende Broschüre wieder, die über die Orte der Stolpersteine und die Biographien der Betroffenen informieren will.
Die Verlegung der Stolpersteine hat in den beteiligten Orten in der Regel große Zustimmung gefunden. Stets fanden sich Spenderinnen und Spender, die für den finanziellen Rückhalt sorgten. Ihnen allen ist für ihre Unterstützung herzlich zu danken. Viele Spenderinnen und Spender haben auch persönlich an der Verlegung der Steine teilgenommen.
Vor allem hat das Projekt zu zahlreichen Reaktionen von Seiten der Opfer geführt. Überlebende Angehörige äußerten ihren Dank, dass ihrer Familienangehörigen in dieser Form ein kleines Zeichen der Erinnerung gesetzt worden ist. Einige stellten Dokumente aus ihrem Besitz zur Verfügung.
In sechs Fällen haben überlebende Angehörige auf Einladung der Initiatoren an der Verlegung teilgenommen und dafür teilweise weite Reisen auf sich genommen. Zur Verlegung der Steine für Familie Jonas am 26. November 2013 in Hameln kamen Frank Jones aus Großbritannien, Ruth Torode aus Irland und Ute Siegeler mit ihrem Sohn aus Borken in Westfalen. Ruth Torodes im Jahre 2021 geschriebener Rückblick auf das Ereignis ist auf Seite 20f in der vorliegenden Broschüre abgedruckt. Angehörige waren ebenso anwesend, als Steine für Rosa Culp, Sophie Friedheim und Ingrid Friedheim gelegt wurden und als Willy Nega und Ernst Jahn „ihre“ Steine erhielten.
Der Installation der Stolpersteine für Robert, Elfriede und Erich Davidsohn sowie für Juliane Guttmann in Salzhemmendorf wohnten zahlreiche Angehörige aus Großbritannien bei.
Zur Verlegung der fünf Steine für Familie Blank kamen zehn Personen aus den USA, Großbritannien und Polen nach Hameln. Die Ansprache, die Geoffrey Harris damals im Hamelner Hochzeitshaus hielt, ist auf den Seiten 25 -27 nachzulesen.
Oft gelang es trotz teilweise jahrelanger Bemühungen nicht, Angehörige ausfindig zu machen bzw. Kontakt zu ihnen aufzunehmen. Hier ist damit zu rechnen, dass Familien komplett vernichtet wurden oder jeden Kontakt in ihre alte Heimat ablehnen.
Dem Projekt kam im Landkreis Hameln-Pyrmont zugute, dass durch eine Reihe von Publikationen die für das Verlegen von Stolpersteinen notwendige historische Recherchearbeit bereits geleistet worden war. Die Titel finden sich im Literaturverzeichnis am Ende dieser Broschüre.
Zu den Vorarbeiten zählt auch die Ausstellung „Vor 70 Jahren: Der Weg der jüdischen Familien Hamelns in die Vernichtung“ von Bernhard Gelderblom, die vom 17. Oktober bis 16. November 2012 in der Synagoge der Liberalen Jüdischen Gemeinde in der Hamelner Bürenstraße gezeigt werden konnte.
Anders als in den übrigen Gemeinden des Landkreises Hameln-Pyrmont war das Projekt in Hameln umstritten. Die liberale jüdische Gemeinde hat dagegen eingewandt, dass nun die Opfer erneut mit Füßen getreten und ihre Würde erneut verletzt würde. Für die Befürworter des Projekts in Hameln war es schmerzhaft, dass es nicht möglich war, die Differenzen durch Gespräche beizulegen. Den Ausschlag dafür, die Stolpersteine in Hameln auch gegen den Einspruch der liberalen jüdischen Gemeinde zu verlegen, gab die Tatsache, dass zahlreiche Jüdinnen und Juden das Projekt für ihre Angehörigen wollten und die einstimmige Verabschiedung des Projekts durch den Stadtrat.
Eine Stärke des Projekts Stolpersteine ist das positive Echo, das es unter jungen Menschen findet. Schulklassen und kirchliche Jugend- und Konfirmandengruppen haben an Verlegungen teilgenommen und sind an der Pflege der Steine beteiligt. Sie vor allem sollen sich durch diese Broschüre angesprochen sehen. Auch soll sie dazu beitragen, dass das Stolperstein-Projekt in der hiesigen Öffentlichkeit präsent bleibt, und als Anregung für weitere Verlegungen dienen. Grundsätzlich abgeschlossen ist das Projekt an keinem der hier dargestellten Orte.
Abschließend geht ein Dank an jene, die den Druck dieser Broschüre ermöglicht haben. Geldgeber sind die Bürgerstiftung Weserbergland, die Stadt Hameln, der Landkreis Hameln-Pyrmont, der Verein für regionale Kultur- und Zeitgeschichte Hameln, die Städte Bad Münder und Bad Pyrmont sowie der Flecken Salzhemmendorf.
Mario Keller-Holte habe ich für die Mühe der Korrektur zu danken, Silke Schulte vom Stadtarchiv Hameln für das Vorantreiben des Buchprojekts, Erik Hoffmann für das Kapitel Hessisch Oldendorf sowie Olaf Piontek und Joachim Schween für die Fotografien der Verlegungen in Hameln.
Bernhard Gelderblom für den Verein für regionale Kultur- und Zeitgeschichte Hameln im Februar 2021