VHS Journal 2013

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VHS goes Europe

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Das Frühjahrssemester beginnt und es ist wieder Zeit, etwas für sich zu tun! IMPRESSUM: Journal Leben & Bildung Medieninhaber & Verleger: Agentur ilab crossmedia og Benediktinerplatz 5, 9020 Klagenfurt, www.ilab.at Herausgeber & Redaktion: Die Kärntner Volkshochschulen, Bahnhofplatz 3, 9020 Klagenfurt, www.vhsktn.at Druckauflage: 230.000 Exemplare Gesamtherstellung: Agentur ilab crossmedia og Verlags- und Herstellungsort: Klagenfurt

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Mit dem unter und im Jahresprogramm finden Sie mit Sicherheit den passenden Kurs. Sprachkurse, EDV-Kurse, Fitness- oder Kreativkurse – informieren Sie sich über das interessante und bunte Kursangebot.

Infohotlines: Volkshochschule Klagenfurt: 050 477 7000 Volkshochschule Villach: 050 477 7100 Volkshochschule Feldkirchen: 050 477 7602 Volkshochschule St. Veit: 050 477 7403 Volkshochschule Wolfsberg: 050 477 7200 Volkshochschule Völkermarkt: 050 477 7500 Volkshochschule Hermagor: 050 477 7103 Volkshochschule Spittal: 050 477 7301 Wenden Sie sich an eine Volkshochschule in Ihrer Nähe und bestellen Sie das Jahresprogramm.

© Die Kärntner Volkshochschulen, Ausgabe Jänner 2013

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Inhalt

Editorial Liebe Leserinnen und Leser! „VHS goes Europe“ lautet der Titel dieses Journals, das sich dem immer stärker auch international ausgerichteten Engagement der Kärntner Volkshochschulen widmet. In den letzten Jahren hat es sich die VHS zur Aufgabe gemacht, über den eigenen Tellerrand zu blicken und sucht deshalb verstärkt transnationale Kooperationen. Erfolgreiche Beispiele für solche sind das „Outdoor ICT-Projekt“ oder die neue „E-Learning Plattform NELPAE“. Als größte Sprachenschule Kärntens bemühen wir uns immer um gute TrainerInnen und legen großen Wert darauf, Kurse mit „Native Speakers“ anzubieten. Einige unserer TrainerInnen stellen wir Ihnen in diesem Heft vor. Über Europa bzw. die Europäische Union und ihren Zustand wird derzeit heftig diskutiert und wir wollten wissen, was ein überzeugter Europäer wie Dr. Wolfgang Petritsch dazu zu sagen hat. Nützen Sie seinen Essay, um über Ihren Tellerrand zu blicken.

Titelstory

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Buntes Spiegelbild Europas

Im Fokus

04 12 20 24

Auf Schatzsuche in oder quer durch Klagenfurt, Villach und ganz Europa Die Vereinigten Staaten von Europa - Ein Weg aus der Krise Acht Europaprojekte für Jedermann und Jederfrau Warum ich Sprachen lerne?

Im Gespräch

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Der Blick über den Tellerrand

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„Demokratie braucht Bildung!“

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Zweite Führungsebene in der VHS

News & Info Dr. Gerwin Müller Geschäfts­führer der Kärntner Volkshochschulen

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Ausgewähltes leben & bildung | 3


Im Fokus

Auf Schatzsuche in oder quer durch Kl Was haben Indiana Jones, Allan Quatermain und die Kärntner Volkshochschulen gemeinsam? Sie sondern Europa kennen.

Benjamin Hell 5 Immer wie-

der gleitet der Blick auf das Smartphone, „Null Meter bis zu den Zielkoordinaten“ steht darauf. Doch wo genau? Überall PassantInnen, doch keiner scheint den Schatz bereits geborgen zu haben. Wo ist er? Die Koordinaten stimmen, jetzt heißt es Augen auf.

Schatzsuche im 21. Jahrhundert Die moderne Schatzsuche oder auch elektronische Schnitzeljagd, wie sie liebevoll genannt wird, verbirgt sich hinter dem Namen „Geocaching“. Was man dazu braucht: Internet und entweder ein GPS-Gerät oder ein handelsübliches Smartphone, schon kann es losgehen.

In Action – Annalisa Adamo und Paula Steinhauser jagen auf den Straßen Malagas nach ihrem Schatz. Jetzt müssen nur noch die Koordinaten richtig sein, hoffentlich.

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h Klagenfurt, Villach und ganz Europa

am? Sie alle sind Schatzjäger. Beim Outdoor ICT-geocaching-Kurs lernt man nicht nur sein Handy,

Doch die Koordinaten bekommt man nicht einfach so, zuerst müssen Rätsel geknackt werden. „Die sind manchmal echt schwer zu lösen“, weiß Volkshochschul-Trainerin S ­ usanne Dengg, die genauso wie ihr Kollege Karl Heinz Pliessnig einen Geocache-Kurs leitet.

es schwer abzuschätzen, wie viele Schatztruhen bereits verteilt wurden. Doch allein in Klagenfurt und Umgebung sind angeblich mehr als 500 Schätze bereit, gehoben zu werden.

Eine etwas andere Zielgruppe „45+“, ist die einzige Voraussetzung, um an dem VHS-Kurs teilzunehmen. Nach einem kurzen Ein-

Heute Klagenfurt und morgen die Welt. Insgesamt existieren laut geocaching.com weltweit rund 1,8 Millionen Caches, die es mit dem Smartphone in der Hand zu entdecken gilt. Die Grundkenntnisse er-

führungstag im Computerraum geht es auch schon in die freie Natur. „Caches gibt es überall“, erklärt Dengg, während sie mit ihrem Handy den nächsten Cache ausmacht. Da jeder seinen eigenen Cache aussetzen und via geocache.com suchen lassen kann, ist

werben Denggs SchatzjägerInnen hierzulande, doch auf die Suche begeben sie sich in ganz Europa, fürs erste. Neben dem Kärntner VHS-Suchtrupp nehmen nämlich auch Trupps aus Spanien, Portugal und Frankreich an diesem Projekt teil. Ob Malaga, Paris oder Évora,

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Infos bei: Mag.a Annalisa Adamo a.adamo@vhsktn.at 050477 7008

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Im Fokus

Golddukaten, Silberlinge ... diese Gegenstände findet man beim Geocachen eher nicht, dafür aber FreundInnen und vor allem viel Spaß im Freien und im Umgang mit neuen Medien.

keine Stadt ist vor dem Entdeckerdrang sicher.

„Als TrainerIn leitet man nur die Suche des ersten Schatzes, danach läuft man nur mehr hinterher, weil die TeilnehmerInnen gar nicht mehr aufhören wollen.“

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Eine gelungene Kombo „Wir trainieren den Umgang mit neuen Medien, forcieren die Freude an der Bewegung und lernen nebenbei noch Europa ein wenig genauer kennen“, fasst Dengg die Kursziele knapp zusammen, während ihre TeilnehmerInnen einen Cache nach dem anderen heben. Die Begeisterung ist allen an der Nasenspitze abzulesen. „Als TrainerIn leitet man nur die Suche des ersten Schatzes, danach läuft man nur mehr hinterher, weil die TeilnehmerInnen gar nicht mehr aufhören wollen“, scherzt Dengg, kurz bevor sich die Gruppe wieder in Bewegung setzt. Vom gemütlichen Spaziergang an der frischen Luft bis hin zu Tauchgängen und Kletterpartien ist beim

Geocaching alles möglich. Wobei jedoch schon bei der Planung darauf geachtet wird, dass kein/e TeilnehmerIn überfordert wird, was sich als gar nicht so leicht herausstellt. „Beim ersten Termin hatten wir eine Teilnehmerin, die mit Stöckel­ schuhen erschienen ist, das war dann schon ein wenig schwierig, vor allem bei Waldwegen“, erzählt Dengg und führt aus, „aber für die nächste Reise sind die Turnschuhe schon gepackt“. Wohin diese geht? Dorthin wo der nächs­te Schatz versteckt ist. Vom Lindwurm in Klagenfurt über das Geocache-Gebiet Goldeck, den Eiffelturm in Paris, die Sagrada Familia in Barcelona oder die Hagia Sophia in Istanbul ist alles möglich, man muss nur das geschulte Auge dafür haben, und Denggs Schatzsucher haben dieses mit Sicherheit.


Titelstory

Buntes Spiegelbild Europas

Mit TrainerInnen aus ganz Europa profiliert sich die VHS als Ort der Vielfalt und des Dialogs der Kulturen.

Elke Fertschey 5 Ein eng-

lisches Ehepaar führt erst ein Kinderhotel mit Bauernhof in Kärnten und gibt dann Kurse an der Volkshochschule. Die Geschichte von Glenn und Janet Rose ist im idealsten Sinn europäisch. Glenn Rose (62) war 16 Jahre Major beim englischen Militär und lebte in verschiedenen europäischen Ländern. Seine Frau Janet (61) war Volksschullehrerin, nebenbei hatten sie einen kleinen Bauernhof mit Ziegen, Schafen und Ponys für Kinder. Später gründete Glenn seine eigene Firma und beschäftigte sich auch

mit Tourismus. Nach 30 Jahren Urlaubserfahrung in der Schweiz und Österreich entschied sich das Paar für Kärnten als neue Heimat, verkaufte den Besitz in England und erwarb 2004 ein Hotel mit Bauernhof am Millstättersee, das sie bis 2009 als Kinderhotel führten. Dann entschieden sich die Roses für ein etwas ruhigeres Leben, wählten die Schulstadt Feldkirchen als neues Domizil, wo Janet Rose als Expertin an der ersten Ganztagsschule Kärntens die pädagogische Nachmittagsbetreuung mitgestaltet. Glenn Rose arbeitet als Busi-

Die Ungarin Rita Wimmer meint: „Ich wohne in einem der schönsten Bundeslän­ der Österreichs.“

Tania Gavrilas aus Rumänien kam schon im Kindergartenalter nach Österreich: „Als kleines Kind war es nicht schwer, mich in die Gesellschaft zu integrieren.“

Janet und Glenn Rose fühlen sich in ihrer neuen Heimat Kärnten sehr wohl. leben & bildung | 7


Titelstory

ness English-Trainer für Kärntner Firmen, die international tätig sind, und hat nebenbei auch das Schnitzen gelernt. Beide geben Englischkurse an der VHS. Sie sind ein Beispiel für flexible Allround-Professionisten, die die Maxime „Ein Leben lang lernen“ wahrlich vorleben.

hElGE baUER

Georgia Sfakianaki: „Das Wetter ist natürlich nicht so schön wie in Kreta. Im Herbst fehlt mir die Sonne, aber ich liebe den Schnee und die Wälder.“

Ingrid Bauer fühlt sich sehr wohl in Kärnten. „Hier gibt es neben einem attraktiven kultu­ rellen Angebot viele Möglichkeiten für die Freizeitgestaltung.“

Vernetzung und Entkoppelung. Sie gehören zu den 570 Trainern und Trainerinnen der VHS Kärnten, die jedes Semester in den Bereichen Kreativität, Kulinarik, Wirtschaft, Gesundheit und Fremdsprachen internationales Flair vermitteln. Vor allem im Sprachbereich ist diese kulturelle Vielfalt gefragt, denn auch in unserem Bundesland wird internationale Kompetenz am Arbeitsmarkt immer wichtiger. „Das Zusammenwachsen Europas soll auch in Kärnten erkennbar sein und gefördert werden“, erklärt Angela Rosenzopf, Fachbereichsleiterin VHS Klassik, eine der Zielsetzungen. Heute, wo sich durch eine „Enttraditionalisierung“ mehr Möglichkeiten und durch die Entkoppelung von Zeit und Raum eine höhere Mobilität ergeben, komme dem Lernen von

Sprachen eine neue Bedeutung zu. Neben der Sprache vermitteln Native Speaker landesübliche Redewendungen sowie die Kultur und den Lebensstil ihrer Heimat. Von ihnen gehaltene Kurse fördern somit nicht nur die Sprachfertigkeiten, sondern erweitern den persönlichen Horizont und schaffen mehr Wertschätzung gegenüber anderen Kulturen. Oft ist das Lernen auch für die Lehrenden ein Abenteuer. So musste Jolanda Kraxner, Innenarchitektin aus Valencia, die mit ihrem Mann in das „schöne und ruhige, mit hoher Lebensqualität ausgezeichnete“ Kärnten kam, 1978 in ihrem Einstandsjahr an der VHS Lehrbücher aus Spanien mitbringen, weil es für die Spanischkurse keine Unterrichtsmittel gab. Mit „einer Portion Optimismus“ und fünf TeilnehmerInnen fing sie damals an und ist heute eine VHS-Veteranin. Auch Giorgia Sfakianaki aus Kreta, die Deutsch lernen wollte und nach Kärnten kam, weil ihre Eltern hier Bekannte hatten, gehört mit 28 Jahren VHS-Erfahrung zu den „alten Hasen“. Sfakianaki, die erst durch das Lesen des Märchens „Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“ erfuhr, dass es Christbäume gibt, ist in Kärnten glücklich verheiratet ist. Obwohl sie persönlich viele Freundschaf-

Jolanda Kraxner erkannte die Gelegenheit, sich durch VHS­Kurse „noch besser zu integrieren, meine Muttersprache weiter zugeben und andere Leute kennen zu lernen“.

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ten geknüpft hat, ist es für sie erschreckend, Fremdenfeindlichkeit mitzuerleben. Liebe als Motiv. Ein Neuling an der VHS ist seit Oktober 2012 die Schwedin Ingrid Bauer, die auch mit einem Kärntner verheiratet ist. Marketa Rabensteiner aus Tschechien, die schon in der Volksschule vier Sprachen lernen musste, lebt auch der Liebe wegen seit 20 Jahren hier, vermittelt slawische Sprachen und engagiert sich für Flüchtlinge, um die Integration in Österreich zu vertiefen. Wegen der Liebe zum Land entschlossen sich die Niederländerin Karin Mollee und ihr Mann nach vielen Urlauben am Weißensee, ebenso wie die Roses, zuhause alles zu verkaufen und in Kärnten heimisch zu werden. Seit zwei Jahren ist Mollee als Native Speaker an der VHS tätig und genießt nicht nur Natur und Klima, sondern auch „die Kärntner“. „Sehr, sehr wohl“ fühlt sich die PortugiesischTrainerin Alessandra Marques Schmied, die die Liebe zu Mann und Land nach Kärnten zog, wo sie die Leute für aufgeschlossen und freundlich hält. Keine Sprachbarriere überwinden musste Pädagogin Corinna Schenk aus Thüringen in Deutschland, die

der Wunsch nach einer Veränderung nach Kärnten brachte. Sie lehrt Deutsch als Fremdsprache in verschiedenen Projekten der Kärntner Volkshochschulen. Tanja Gavrilas folgte 1991 als Dreijährige ihrem Vater nach Kärnten, wo sie nun ihre Muttersprache Rumänisch vermittelt. Ein Schul-Austauschprojekt stand Pate für Barbara Cinauseros jahrelang gehegten Wunsch, einmal in Österreich zu leben. Letztendlich verdankt die Deutsch- und Italienischlehrerin, die über die Ortsnamen von Pontebba/Pontafel und Zahre/Sauris geforscht und ein Lexikon der Orts-, Bergund Gewässernamen Friauls verfasst hat, ihre Tätigkeit in Kärnten der Wirtschaftskrise, durch die sie ihre Stelle in Friaul verlor. Jetzt lebt sie in einem „Bauerndorf“ nahe Feldkirchen nach dem Motto: „Unterschiede sind in erster Linie eine Bereicherung“. Nicht nur ihre Muttersprache, sondern auch Zumba unterrichtet die Slowenin Tanja Žnidarˇciˇc aus Piran, die mit ihrem Freund über ein Leonardo da Vinci Programm nach Kärnten kam, wo sie auf Gastfreundlichkeit traf.

Tanja Žnidarčič fühlt sich hier wohl, obwohl sie das Meer vermisst: „Počutim se zelo dobro, ljudje so zelo prijazni in gostoljubni. Sicer pogrešam morje, vendar so tudi koroška jezera čudovita.“

Als Karin Mollee von einer anderen Trainerin gefragt wurde, ob sie deren Niederländischkurs übernehmen wolle, hat sie zugesagt, weil sie „gerade Lust auf eine Herausforde­ rung“ hatte.

Für Marketa Raben­ steiner ist Kärnten eine zweite Heimat geworden: „Nicht da ist man daheim, wo man seinen Wohn­ sitz hat, sondern wo man verstanden wird. Weil ich ein sehr offener Mensch bin, kommunikativ und neugierig, habe ich viele Freunde und nette Menschen kennengelernt.“

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Titelstory

Alessandra Marques Schmied bereitet die Arbeit an der VHS „sehr viel Freude, da ich meine Mutter­ sprache gerne an andere Personen weitergebe“.

Die Italienerin Barbara Cinausero Hofer hält sich beim Unterricht an das Motto: „Non si finisce mai di imparare“, was sowohl „man hört nie auf zu Lernen“ als auch „man hat nie genug gelernt“ bedeutet.

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Diversität und Dialog. Der „wertschätzende Blick auf Europa“, den die VHS als eines ihrer Ziele nennt, wird durch das internationale TrainerInnenteam auf lebendige Weise gefördert und praktiziert, erläutert Rosenzopf. „Wir sind ein Ort der Vielfalt, der Interkulturalität und des Dialoges zwischen den Kulturen, ein Ort, an dem sich Menschen austauschen und wo alle Besonderheiten Platz haben“. Neben polnischer Weihnachtsküche, russischen Tänzen und italienischen Weinseminaren werden über 20 Sprachen an der VHS aktiv angeboten, viele davon auch im Einzelcoaching. Für jede Gruppe wird das passende Angebot zusammengestellt, es gibt auch individuelle Schulungen. So werden etwa Vereine, die Partnerstädte besuchen, oder Chöre, die ins Ausland reisen, speziell ge-

coacht. Das Kursangebot ist nach dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen konzipiert. Wichtiger Schwerpunkt ist auch die Vermittlung der deutschen Sprache an Menschen, die von außerhalb zu uns kommen. „Sprache ist Gestalterin der Wirklichkeit. Durch sie können Menschen aktiv an der Gesellschaft teilhaben“, weiß Rosenzopf. Ein wesentlicher Aspekt mit europäischer Relevanz ist der Abbau von Barrieren durch die Sprache. Auch in Kärnten sollen Fremde als wertvolle „Human Ressource“ statt mit Vorurteilen behaftet gesehen werden. „Wir wollen den Wert der Unterschiede erkennbar machen und vermitteln, welch schöne Erfahrung es ist, sich gegenseitig mit seiner persönlichen Geschichte zu bereichern“. Janet und Glenn Rose und ihre internationalen KollegInnen sind dafür das beste Beispiel.

Corinna Schenk, die sich auf Deutsch als Fremdsprache spezia­ lisiert hat, liebt ihre Arbeit bei der VHS: „Ich arbeite in einem sehr netten und motivierten Team von TrainerInnen und Sozialpädago­ gInnen.“

Die Polin Magdalena Gregori kam während ihres Germanistikstu­ diums für 3 Monate als Au­Pair nach Kärnten, später für ein Jahr als Studentin: „Meine Diplomar­ beit habe ich selbstverständlich über Kärnten geschrieben.“


Glosse

Geboren 1962, lebt als freier Schriftsteller und Publizist in seiner Heimatstadt Klagenfurt. Schreibt unter anderem für „Die Presse“, „Kleine Zeitung“ und „Süddeutsche Zeitung“.

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Guten Morgen, liebe FriedensnobelpreisträgerInnen!

Heute ist ein großer Tag! Denn heute hole ich aus der Druckerei meine neue Visitenkarte, auf der steht: „Dr. Egyd Gstättner. Friedensnobelpreisträger.“ Das schaut doch gleich besser aus! Nicht, dass ich übertrieben stolz, eitel oder ruhmsüchtig wäre – jedenfalls nicht mehr als andere Künstler auch. Aber ich bekenne: Die Zuerkennung des Friedensnobelpreises rührt mich doch ein wenig. Immerhin hat seit Jelinek kein Österreicher, keine Österreicherin mehr einen Nobelpreis gewonnen. Jetzt ist es – endlich!!! – soweit. Ich habe es immer gewusst! Ich habe mich nur in der Branche geirrt. Aber Friede oder Literatur – wo ist der Unterschied? Danke, Oslo! Jetzt macht es sich bezahlt, dass ich als Junger den Wehrdienst boykottiert und keine Waffe in die Hand genommen habe – nicht einmal zum Putzen! Dass ich mich von keinem primitiven Feldwebel zu blindem Gehorsam abrichten lassen habe! Mich anbrüllen? Aber hallo! Dass ich dem Zöllner in Thörl-Maglern, der mich schikanieren wollte, ins Gesicht gesagt habe, er sei ein Auslaufmodell der Geschichte! Ha! Wie visionär war ich damals, als ich ihm den Vogel gezeigt und mich geweigert habe, die Rückbank meines VW Käfer auszubauen! Wer von euch ohne Lederjacke ist, der werfe den ersten Stein! Langfristig habe ich in meinem Leben immer recht gehabt, auch wenn das kurzfristig keine Autorität jemals zugegeben hat. „Guten Morgen, liebe Friedensnobelpreisträgerin!“, begrüße ich Frau Wegscheider und schiebe ihr meine Visitenkarte durch die Maschen des Gartenzauns. „Das ist nix Besonderes“, raunzt sie zurück, „Friedensnobelpreisträger sind ab sofort auch die Machtpolitiker, Finanzmarkthaie, Börsenspekulanten und Existenzvernichter, die Militaristen und Waffennarren, die Waffenindustriellen und die Waffenlobbyisten, die Wirtshausschläger, die Gewaltbereiten, Hinz und Kunz, Heinzl und Sido, sogar die Totschläger und Mörder, sofern sie bloß zufällig in der EU leben…“

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Egyd Gstättner

Sehen Sie, gebe ich zurück, genau deswegen bin ich unter Protest nicht zur Preisverleihung nach Oslo gereist!

Um ein Zeichen zu setzen! Es geht mir auch nicht um das Preisgeld. Das Millionderl mit den paar Zerquetschten dividiert durch die zigzigzig Millionen EU-Bürger, also das spende ich für einen wohltätigen Zweck! Aber Friedensnobelpreisträger ex aequo ist besser als nichts. Divide et impera, sozusagen. You may say: I‘m a dreamer,

Frau Wegscheider. But I‘m not the only one! Und wenn dahinter gar nicht so viel Menschenliebe steckt, sondern einfach die Einsicht, dass man im Frieden bessere Geschäfte machen kann, dann sei‘s drum. Besser Unglück im

Glück als Glück im Unglück. Bisher hat es geheißen: Stell dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin! Die Weiterentwicklung der Losung lautet: Stell dir vor, es ist Frieden, und alle sind Friedensnobelpreisträger!

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Die Vereinigten Staaten von E Dieser Beitrag ist die bearbeitete und aktualisierte Fassung der Keynote, die Wolfgang Petritsch anlässlich der Ver­

Die EU erhält für ihren Einsatz für Frieden, Versöhnung, Demokratie und Menschenrechte in Europa den Friedensnobelpreis. Das norwegische Nobelkomitee begründete seine Entscheidung in seiner Erklärung vom 12. Oktober mit der stabilisierenden Rolle der EU bei der Umwandlung Europas von einem Kontinent der Kriege zu einem Kontinent des Friedens.

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Zweifellos mag die am 10. Dezember 2012 in Oslo erfolgte feierliche Übergabe des Friedensnobelpreises an die Europäische Union manche überrascht, ja sogar gelegentlich Unverständnis ausgelöst haben. Denn wenn wir in diesen Monaten an Europa denken, so fällt uns in erster Linie die Wirtschafts- und Euro-Krise ein, die exorbitant hohe Staatsverschuldung – nicht aber die epochale Leistung der Gründerväter des europäischen Einigungswerkes. Für viele ist Frieden und Wohlstand – in weiten Teilen Europas jedenfalls – zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Ich sehe daher das Verdienst des Nobelpreiskomitees gerade darin, eine breite europäische Öffentlichkeit daran erinnert zu ha-

ben, wofür denn eigentlich das Kürzel EU steht – für das größte Friedensprojekt nämlich, das der Kriegskontinent Europa jemals zustande gebracht hat. Womöglich ist der Blick von außen schärfer. Norwegen ist ja bekanntlich kein EU-Mitglied. Daher heißt es in der Begründung des Nobelpreiskomitees richtigerweise: „Die Union und ihre Vorgänger haben über sechs Jahrzehnte zur Förderung von Frieden und Versöhnung beigetragen.“ Was damit zum Ausdruck gebracht­ werden soll, ist deutlich: Die Mitglieder des Osloer Komitees verstehen die Europäische Union bereits als politische Einheit. Eines ist in den Jahren der an-


n Europa – Ein Weg aus der Krise leihung des Europäischen Journalistenpreises am 19. November 2012 in Wien gehalten hat.

schwellenden Krise klar geworden: Der Alte Kontinent, will er eine Zukunft haben, muss sich von einer Wirtschafts- und Freihandelszone mit defekter Währung Richtung Vereinigte Staaten von Europa entwickeln – und das mit großer Entschlossenheit. Selbstverständlich – und das ist entscheidend – unter voller Berücksichtigung der je historischen, gesellschaftlichen und kulturellen Besonderheiten, die erst dieses Europa ausmachen. Hier geht es nicht um eine USKopie, sondern um das europäische Original der Einheit in der Vielfalt. Denn nur eine entschiedene politische Einigung unter demokratischen Vorzeichen ist der Garant für Europas Zukunft; für ein sozi-

al verantwortungsvolles Europa, das nach Innen politische und gesellschaftliche Stabilität vermittelt und in seiner Außenpolitik als global player für eine faire Weltordnung eintritt. Frage der Sichtweise. Die jeweils nationale Innensicht unterschätzt die wahren Dimensionen: Für acht Millionen ÖsterreicherInnen ist die EU mit fast 500 Millionen BürgerInnen ein Gigant. Aus der Sicht Pekings oder New Delhis­sieht das noch einmal ganz anders aus. Es stimmt schon, die Bevölkerungszahl allein ist nicht entscheidend, aber sie gibt uns Hinweise auf Möglichkeiten; und vor allem, die globalen demografischen und ökonomischen Trends umreißen

Die größte Errungenschaft der EU sei „ihr erfolgreicher Kampf für Frieden, Versöhnung, Demokratie und Menschenrechte“. Die Arbeit der EU stelle eine „Verbrüderung von Nationen“ dar und sei eine Form der von Alfred Nobel in seinem Vermächtnis von 1895 als Kriterien für den Friedenspreis genannten „Friedenskongresse“, heißt es in der Begründung des Nobelkomitees.

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Im Fokus

Dr. Wolfgang Petritsch studierte Geschichte, Germanistik, Politikwissenschaft und Internationale Beziehungen in Wien, Ljubljana und Los Angeles. Er war Sekretär von Bundeskanzler Bruno Kreisky, Botschafter in Belgrad und EUSonderbeauftragter für den Kosovo sowie Chefverhandler bei den Friedensverhandlungen von Rambouillet und Paris. Von 1999 bis 2002 war er als Hoher Repräsentant internationaler Zivilverwalter von Bosnien und Herzegowina.

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die künftigen Herausforderungen für Europa: Zum einen ist Europa größer als die EU. Daher könnte – gemäß unserer Themenstellung – die bereits seit 2000 bestehende Beitrittsperspektive für die Staaten des Westbalkans mit mehr Selbstbewusstsein und Lösungswillen unterfuttert sein. Denn die wirkliche Herausforderung der Grenzen Europas ist doch die: Was denn soll mit den östlichen Peripheriestaaten Ukra­ ine, Belarus geschehen; wohin gehören sie? Vor allem aber, wie geht die EU mit der Türkei um? Schwierige Fragen, die, gerade angesichts der gegenwärtigen Schwäche, nicht von heute auf morgen beantwortet werden können, die wir jedoch in die Vision Europa einbeziehen müssen. Frage der Werte. Zum anderen: Wichtiger als die Größe sind zweifellos die Werte, für die dieses Europa steht. Demokratie, Menschenrechte, Solidarität sind jene Begriffe, die dieses Europa von Anfang an kennzeichnen. Noch aber fehlt eine – nennen wir es – europäische Öffentlichkeit; ein europäischer Demos, der diesen­ Werten – über die nationalen Grenzen der Mitgliedstaaten hinweg – zum Durchbruch verhilft. Diese europäische Öffentlichkeit kann jedoch schwerlich entstehen, solange demokratische Entscheidungen, also Wahlen, ausschließlich auf nationaler Ebene stattfinden. So gewählte Politiker

fühlen sich – und das ist nachvollziehbar – in erster Linie den Wählern ihres Landes verpflichtet – und nicht einem übergeordneten europäischen Interesse. Dieses Dilemma gilt es zu überwinden. Nur dann können die notwendigen, zum Teil bereits eingeleiteten, Reformschritte (Banken- und Fiskalunion, Wirtschaftsunion und schließlich die politische Union) gelingen. Die aktuelle Krise der Staatsfinanzen, deren rasche Bewältigung überholte Konsensregeln der immer noch nationalstaatlich organisierten EU behindern – siehe Griechenland –, lenkt ab vom ursprünglichen Ziel der europäischen Einigung. Nach Jahrhunderten europäischer Bürgerkriege – allein zwischen 1870 und 1940 ist es zwischen den Erbfeinden Frankreich und Deutschland gleich dreimal zum Krieg gekommen – hat der Zivilisationsbruch des Holocaust in Westeuropa zu einem radikalen Umdenken geführt. Der scheinbar rein wirtschaftliche Ansatz dieses Neubeginns war die Montanunion zwischen Frankreich und Deutschland – die gemeinsame Verwaltung von Kohle und Stahl – also jener Produkte, die in der Vergangenheit stets Konfliktstoff waren. Hinter diesem klugen ökonomischindustriellen Ansatz aber verbarg sich die richtige Erkenntnis, dass der fortgesetzte Krieg als Mittel der Politik das wohl endgültige Aus für Europa als globaler Macht-


faktor bedeuten würde. Die alte – aber falsche – römische Weisheit si vis pacem para bellum wurde endlich entsorgt. Das Friedensprojekt Europa hat unseren Kontinent über die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hinweg politisch, sozial und ökonomisch in noch nie da gewesener Weise verändert. Hier wird der historisch erstmalige Versuch unternommen, mit den Mitteln und Möglichkeiten rechtsverbindlicher Regeln und immer aufs Neue ausverhandelter Kompromisse eine innovative – europäische, das heißt post-nationale – Staatlichkeit zu etablieren. Eine weiteres Novum: Die klassischen Gründungsmythen vergangener Imperien oder aktueller Nationalstaaten beziehen sich unweigerlich auf kriegerische Konflikte – Befreiungs- oder Verteidigungskriege, Entkolonialisierung, Revolutionen. Die Europäische Union ist da aus anderem Holz geschnitzt, wenn man so will. Dieses neue Europa will einen zivilisatorischen Fortschritt im Zusammenleben seiner Bürger – und im Verhältnis zur Welt, in seinen internationalen Beziehungen. Darin liegt das fundamental Neue der europäischen Staatsbildung. Daran muss heute – im Zeichen­ der Krise – erinnert werden. Denn das Ende des Kalten Krieges 1989, der Triumpf des liberal-demokratischen Kapitalismus über den sowjetisch dominierten Kom-

munismus hat Europa im Kern verändert – und das nicht immer zum Besseren. Denn die 1990er Jahre brachten auch Europa die Entfesselung des Kapitalismus, das – angeblich alternativlose – neoliberale Wirtschafts- und Lebensmodell. Das aber bedeutete für das europäische Projekt einen Paradigmenwechsel: Von nun an stand Europa im Zeichen von weniger Staat und mehr privat. Die soziale Dimension, die öffentliche Verantwortung für den Einzelnen – die res publica – wurde sukzessive zurückgenommen. Für das europäische Projekt heißt die Frage: Wie denn können unter immer noch vorherrschenden neoliberalen Bedingungen die nötigen europäischen öffentlichen Institutionen geschaffen werden? Anders gesagt: Wie kann demokratische Unterstützung für mehr europäische Staatlichkeit gewonnen werden? Und: wie können verbindliche und faire Mechanismen – in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik – eingeführt werden? Heute wissen wir: Der Euro ist auf Jahre die bislang letzte große europäische Integrationsmaßnahme geblieben. Wir erleben nun die Folgen des institutionellen Stillstandes seit Beginn des 21. Jahrhunderts. Die Wirtschafts- und Währungsunion, die den Euro hätte abstützen sollen, ist Stückwerk geblieben. Die euro-

Petritsch war Botschafter bei den Vereinten Nationen in Genf und bei der OECD in Paris; ab September 2013 „Schumpeter Professor“ in Harvard, USA. Zahlreiche Veröffentlichungen über den exjugoslawischen Raum, die Europäische Union sowie internationales Konfliktmanagement und Staatsaufbau: zuletzt „Bruno Kreisky, Die Biografie“ und Co-Herausgeber von „Kärnten liegt am Meer. Konfliktgeschichte/n über Trauma, Macht und Identität“. Petritsch ist Träger des Europäischen Menschenrechtspreises 2007. www.wolfgangpetritsch.com

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Im Fokus

„Gerade wir Österrei­ cherInnen erleben von Kärnten über Salz­ burg bis nach Nieder­ österreich, von Linz bis tief in ländliche Gemeinden Burgen­ lands und der Steier­ mark hinein die All­ gegenwart der Finanzspekulation.“

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päische Verfassung – das europäische Grundsatzdokument für die angestrebte Politische Union – war 2005 in Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden gescheitert. Heute aber müssen wir unter akutem Krisendruck – und vom Zusammenbruch des Euro und gleich auch der gesamten EU bedroht – jene währungs- und fiskalpolitischen Integrationsschritte nachholen, die uns aus der globalen Gefahrenzone wieder in ruhigere europäische Gewässer führen sollen. Was war in den Jahren nach 1989 – jenem annus mirabilis Europas – geschehen? Ökonomische Rationalität und Effizienz haben Schritt um Schritt Vorrang – nachgerade gesellschaftliche Alleinvertretung – vor dem Politischen errungen. Die neokonservative Wende hatte von den USA und GB ausgehend – die Namen Reagan, Thatcher stehen dafür – Denken und Handeln der Europäischen Union infiltriert. Selbst die damals politisch dominierende europäische Sozialdemokratie – von Blair und Schröder bis Klima – hatte auf der Suche nach dem Dritten Weg den scheinbaren Nutzen neoliberaler Gesellschaftsentwürfe für sich entdeckt. Das vor dem Hintergrund der Systemkonkurrenz zwischen Ost und West – zwischen US-Kapitalismus und Sowjetkommunismus – entwickelte westeuropäische Sozial-

staatsmodell schien plötzlich nicht mehr Lösung, sondern Ursache aller Probleme: angeblich unfinanzierbar – gar Hängematte für Sozialschmarotzer – kurz, lästiges Hindernis auf dem Weg zum Neuen Europa zu sein, im rasant anwachsenden Konkurrenzdruck auf dem globalen Marktplatz. Dieser Markt aber hat sich weg von der Waren produzierenden Realwirtschaft und hin zu einer vielfach fiktiven Finanzindustrie entwickelt. Eine Zahl zur Illustration: Im Durchschnitt der vergangenen Jahre wurden weltweit pro Tag rund 3.000 Milliarden Dollar an Devisengeschäften getätigt. Davon sind gerade einmal 3 % in die Realwirtschaft geflossen; alles ­ andere – also 97 % – betraf die Finanzwirtschaft. Diese krasse Verschiebung ökonomischer Aktivitäten – weg von der Warenproduktion hin zu spekulativen Finanzgeschäften – ist die eigentliche Malaise unserer gegenwärtigen Krise. Gerade wir ÖsterreicherInnen erleben von Kärnten über Salzburg bis nach Niederöster­ reich, von Linz bis tief in ländliche Gemeinden Burgenlands und der Steiermark hinein die Allgegenwart der Finanzspekulation. Auch wird sind keine Insel im neoliberalen Atlantik des Globalkapitalismus geblieben; der oft zitierte kleine Mann (und auch die Frau) müssen nun die Steuerzeche bezahlen. Produktionsverlagerungen Richtung Asien wurden mit rein be-


triebswirtschaftlichen Kosten-Nutzenrechnungen gerechtfertigt; die makro-ökonomischen und sozialen Kosten wurden von der Politik zu lange ignoriert oder als unvermeidbar dargestellt. Deregulierung ohne Wenn und Aber wurde zum Mantra der Neuen Klasse. Solange die (Finanz-)Geschäfte liefen, blieb auch die europäische Welt scheinbar in Ordnung. Der Aufbau von sogenannten Blasen – ein riesiger Immobilienboom in Spanien und Irland, rasant steigende Staatsschulden, finanziert mit billigem Geld – in Griechenland und Italien – schien damals niemanden zu stören. Die Banken – auch sie vielfach dem Casinokapitalismus mehr verpflichtet als der Finanzierung der traditionellen Wirtschaft – stellten in immer abenteuerlicheren Konstruktionen dieses nur scheinbar billige Geld zur Verfügung. Die Politik aber hatte abgedankt und gab sich mit der Rolle des schlafenden Nachtwächters zufrieden. Das sollte sich erst dramatisch ändern, als mit dem Zusammenbruch der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers im September 2007 eine Lawine ins Rollen kam, die Europas Banken – und mit ihnen den Euro – unter sich zu begraben drohte. Und plötzlich war der Staat wieder gefragt, der sich als lender of last resort – als Retter der Banken, die angeblich too big to fail sind – da-

für selbst tief verschulden musste. Die sovereign debt crisis nahm ihren Lauf. Die fortdauernde Krise des globalen Finanzsystems hat jedoch auch ihr Gutes. Denn jeder, der mit einigermaßen wachem Geist die Entwicklung verfolgt, muss die absolute Notwendigkeit gesamteuropäischer Lösungen erkennen. Dies aber erfordert einen Umbau der europäischen institutionellen Architektur – einen Umbau, der demokratisch, transparent, bürgernah und verständlich sein muss. Während viele Bereiche unserer Volkswirtschaft längst internationalisiert sind – denken Sie nur an die Expansion österreichischer Banken in Ost- und Südosteuropa –, sind Regulierung, Aufsicht, Kontrolle, das Aufkommen bei Schadensfällen (siehe Hypo Alpe Adria) dem jeweiligen Sitzstaat der Bank verblieben; er darf das von der Bank eingegangene Risiko, wenn es schlagend wird, übernehmen. Das aber muss sich ändern. Auch wenn wir uns heute noch mitten im Widerstreit – pro und contra europäische Regeln – befinden, haben die dramatischen Ereignisse seit dem Ausbruch der Krise vor nunmehr bereits fünf Jahren die Notwendigkeit für eine neue Qualität Europas deutlich vor Augen geführt. Denn es hat sich ja nicht nur in Europa vieles verändert. Der Epochenbruch 1989 hat auch zu

„Während viele Bereiche unserer Volkswirtschaft längst internationali­ siert sind – denken Sie nur an die Expansion österreichischer Banken in Ost- und Südosteu­ ropa – sind Regulie­ rung, Aufsicht, Kontrol­ le, das Aufkommen bei Schadensfällen (siehe Hypo Alpe Adria) dem jeweiligen Sitzstaat der Bank verblieben; er darf das von der Bank ein­ gegangene Risiko, wenn es schlagend wird, über­ nehmen.“

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Im Fokus

„Mehr als andere EU-Staaten hat Österreich von den beiden letzten EUErweiterungen profi­ tiert – wirtschaftlich, politisch und auch seine Sicherheit betref­ fend. Denn Öster­reich ist wieder ins Zen­ trum des Kontinents gerückt.“

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einem Globalisierungsschub ungeahnten Ausmaßes geführt. Die aufstrebenden Volkswirtschaften Chinas, Indiens, Brasiliens – um nur diese zu nennen – haben in den vergangenen zwanzig, dreißig Jahren die globalen ökonomischen Gleichgewichte unumkehrbar verschoben. Gemäß einer aktuellen OECD-Studie wird China die USA bereits um 2020 wirtschaftlich überholt haben. Was vielfach unbekannt ist: Bis auf die beiden letzten Jahrhunderte – also das 19. und 20. – war China über beinahe zwei Jahrtausende stets die weltgrößte Wirtschaftsmacht gewesen. Insofern ist die jetzt stattfindende Verschiebung globaler wirtschaftlicher Gewichte – der relative Abstieg des globalen Westens – Europas, der USA, Japans – und der Aufstieg Chinas bloß die Wiederherstellung ursprünglicher globaler Machtverhältnisse. Die großen Herausforderungen der Zukunft – Klimawandel, Energie, Ernährung, demografische Entwicklung – werden daher zu einem völligen Umdenken in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft führen müssen. Die dazu nötigen neuen Formen globaler Kooperation sind aber nur von einem geeinten Europa einigermaßen erfolgversprechend zu bewerkstelligen. Von welchem Europa aber sprechen wir? Dazu folgender Zahlenvergleich, illustriert er doch gleichzeitig die enormen Herausforderungen an das europäische

Gesellschaftsmodell: Europas Bevölkerungszahl macht gerade einmal 8-9 % der Weltbevölkerung von 7 Milliarden aus. Noch hält Europa bei 25 % des globalen Nettoinlandsproduktes (Europa ist prozentuell gesehen der reichste Kontinent); davon aber werden in Europa circa ein Drittel für Sozialausgaben verwendet (Österreich liegt mit 29 % im OECD-Mittel). Um diesen weltweit einmaligen europäischen Sozialstandard – Pensionen, Sozial- und Krankenversicherung, Schulen und Universitäten – nur einigermaßen halten zu können, sind riesige Anstrengungen – Reformen und Anpassungen – notwendig. Was aber bedeutet dies für Österreich, das die Krise bisher einigermaßen erfolgreich bewältigt hat, ich verweise bloß auf die europaweit niedrigsten Arbeitslosenraten. Diese kleine, aber nicht unwichtige österreichische Ausnahme ist nicht allein aufgrund unserer eigenen Leistungen passiert. Mehr als andere EU-Staaten hat Österreich von den beiden letzten EU-Erweiterungen profitiert – wirtschaftlich, politisch und auch seine Sicherheit betreffend. Denn Österreich ist wieder ins Zentrum des Kontinents gerückt. Will Österreich diesen gewonnenen Vorteil auf Dauer absichern, so muss es sich voll in die europäische Einigung einbringen. Denn: Unsere Souveränität verlieren wir dann, wenn Europa


scheitert – nicht, wenn es erfolgreich weitergebaut wird. Daher sollten sich gerade EUStaaten wie Österreich gemeinsam mit ihren Nachbarn in Zentral-, Ost- und Südosteuropa partnerschaftlich in den laufenden Reformdiskurs einbringen, zur entschiedeneren Umsetzung der notwendigen institutionellen Schritte. Kärnten etwa – und das wird die vordringliche Aufgabe nach der Landtagswahl 2013 sein – fällt die Aufgabe der Aktivierung des Alpen-Adria-Raumes zu. Europäischer Staat. Eine weitere grundlegende Veränderung: Während vor der Krise die Vorstellung von Vereinigten Staaten von Europa schlichtweg off limits war, sprechen heute nicht nur Philosophen, Schriftsteller und Publizisten von Jürgen Habermas bis Robert Menasse von der Vision eines europäischen Staates. Dieser muss jedoch – Habermas oder Jacques Derrida haben früh darauf hingewiesen – demokratisch legitimiert sein. Immer noch ist Europa ein Projekt der Eliten. Daher muss mit den nächsten konstitutionellen Reformschritten die direkt-demokratische Legitimation Europas entschieden gestärkt werden. Die Akzeptanz der EU bei ihren BürgerInnen war in der Vergangenheit nicht zuletzt deshalb relativ ausgeprägt, weil die halbwegs faire Verteilung materieller Güter und sozialer Sicherheit integraler

Bestandteil des Gesellschaftsvertrages gewesen sind. Ganz offensichtlich hat die Praxis des europäischen Sozialstaatsmodells, mit all seinen Differenzierungen von Skandinavien bis Österreich, ganz wesentlich zur Akzeptanz und Europäisierung Europas beigetragen. Es wäre daher ein fataler Fehler, Europas Zukunft als neoliberales Konstrukt zu denken. Diese zweifellos vorhandene Tendenz hat wohl mehr zur Schwächung – ja zur Abwertung – des Projektes beigetragen als die gegenwärtige Krise selbst. Europa darf eben nicht als Kontinuum ausweglosen politischen Handelns erfahren werden. Dieser Eindruck ist aber in den vergangenen Jahren der Krise entstanden. „Is Europe Kaputt?“ titelt die amerikanische Fachzeitschrift Foreign Affairs – und verlangt von uns Antworten und Taten. Trotz der aufgezeigten schwierigen Probleme – in Brüssel, in den Mitgliedsländern, in Südosteuropa – kann diese dringliche Anfrage des transatlantischen Partners mit einem qualifizierten Nein beantwortet werden. Unter der Voraussetzung allerdings, dass die Staaten der Union – über die eingeleiteten Reformen hinaus – gemeinsam mit ihren BürgerInnen eine sehr konkrete Vision dieser Vereinigten Staaten von Europa entwickeln – und schließlich Realität werden lassen.

„Daher sollten sich gera­ de EU-Staaten wie Ös­ terreich gemeinsam mit ihren Nachbarn in Zentral-, Ost- und Süd­ osteuropa partnerschaft­ lich in den laufenden Reformdiskurs einbrin­ gen, zur entschiedeneren Umsetzung der notwen­ digen institutionellen Schritte. Kärnten etwa – und das wird die vor­ dringliche Aufgabe nach der Landtagswahl 2013 sein – fällt die Aufgabe der Aktivierung des Al­ pen-Adria-Raumes zu.“

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Im Fokus

Acht Europaprojekte für Jedermann

Mit 31 internationalen Partnern lädt die VHS zum Europabummeln ein – eine Projektübersic

Benjamin Hell 5 „Lernpart-

^ Wenn Sie als TrainerIn oder TeilnehmerIn der VHS Europa im Rahmen einer Lernpartnerschaft kennenlernen wollen, dann kontaktieren Sie Mag.a Annalisa Adamo a.adamo@vhsktn.at 050477 7008

nerschaften bedeuten Mobilität und tragen zu einem besseren Verständnis für Vielfalt und Wert europäischer Kulturen und Sprachen bei. Zudem haben sie das Ziel, Kooperationen zwischen Einrichtungen der Erwachsenenbildung aufzubauen und innovative Projekte und Verfahren in der Erwachsenenbildung zu entwickeln“, so fasst Katrin Binder, VHS-Fachbereichsleiterin Projekte, die Wichtigkeit von Lernpartnerschaften zusammen. Aktuell kooperieren die Kärntner Volkshochschulen mit 31 Partner­ einrichtungen in ganz Europa, mit der VHS als geografisch-zentralem Angelpunkt. Neben den direkten Nachbarn Italien, Deutschland, Schweiz und Ungarn sind auch Bildungsgrößen wie Finnland, Frankreich oder Israel in den einzelnen Projekten vertreten. Acht Mal Europa mit Kärntner­ Know-how. Dabei mischt die VHS Kärnten in acht grenzüberschreitenden Projekten mit. Weitere sind in Planung. Nicht nur KoordinatorInnen und TrainerInnen haben die Möglichkeit, mit Europa auf Tuchfühlung zu gehen, auch TeilnehmerInnen können

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den Kontinent erkunden. Dies hilft, sich innerhalb der EU heimisch zu fühlen und baut Ängste sowie Vorurteile ab. Für jede/n etwas. Alle Lernpartnerschaften zusammen decken­ zudem eine breite Interessen­ klientel ab. So richten sich die Projekte „Outdoor ICT“, „Explore Activity“ und „Neue ELearning Plattform für die Erwachsenenbildung (NELPAE)“ an die ältere Generation. Ein täglicher, sinnvoller Umgang mit neuen Medien spiegelt den Lerninhalt nur knapp wider. Auch die Freude am lebenslangen Lernen, die Möglichkeit, andere Länder zu besuchen und sich im hohen Alter geistig und körperlich fit zu halten, sind die angestrebten Ziele. „Solution about migrants education (SAME)“ widmet sich hingegen der Frage, wie Weiterbildungsprogramme für Menschen mit Migrationshintergund optimiert werden können. Dadurch entstehen neue Lehrmaterialien und innovative Unterrichtskonzepte, die es MigrantInnen ermöglichen, sich und ihre Fähigkeiten besser in die Gesellschaft einzubringen. Das Projekt „Practical Young Women Education Program“


ann und Jederfrau

ktübersicht:

bietet jungen, arbeitslosen Frauen die Chance, versäumte Schulabschlüsse nachzuholen. Da die Kärntner Volkshochschulen seit geraumer Zeit das kos­ tenlose Nachholen von Pflichschulabschlüssen anbieten, nimmt die VHS hier eine Expertenrolle ein und kann auf vorhandene Strukturen zurückgreifen. Der Erstellung eines Lehrprogrammes für Personen mit einer unterbrochenen beruflichen Karriere sowie dessen Umsetzung hat sich das Projekt „DLC – directing life change“ verschrieben. Neben der VHS Kärnten als Österreichvertreter nehmen noch acht weitere Nationen teil, darunter die Universität von Helsinki und die Universität von Chester. Die Meinung, dass Alt und Jung meist nur schwer miteinander können, widerlegt das Projekt „Yesterday’s Stories Today’s Technologies“. Im gemeinsamen Umgang mit neuen Medien­wird die Kluft zwischen Alt und Jung geschlossen. Die resultierende Solidarität der Generation ist ein zusätzlicher Benefit. Um auch den fleißigen VHSTrai­nerInnen die Möglichkeit zu geben, sich europaweit auszutauschen, wurde das Projekt

Ein Meeting in der Türkei ‒ das Projekt Outdoor ICT macht das möglich! „Leonardo da Vinci“ ins Leben­ gerufen. Diese bekommen die Chance, an der Partnerschule Università delle LiberEtà in Udine zu unterrichten. Mit diesem Engagement setzt die VHS ein pro-europäisches Zeichen in Kärnten. Das heimische Know-how, gepaart mit einem grenz­übergreifenden Austausch, kommt in erster Linie den zahlreichen KursteilnehmerInnen zugute und europäische Bildung ist nicht länger ein bürokratischer Nebel in Brüssel, sondern wird über die zahlreichen VHS-Zweigstellen zur alltäglichen Realität in den Tälern Kärntens.

Unsere Schwerpunkte: - Aktiver Umgang mit neuen Medien - Intergenerationelles Lernen -C hancen und Möglichkeiten für junge Frauen und MigrantInnen - Aktives Altern

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News & Info

vhs

Bei der diesjährigen Mitgliederversammlung bedachte Generalsekretär Dr. Gerhard Bisovsky vom Verband Österreichischer Volkshochschulen zwei Mitarbeiterinnen mit besonderen Auszeichnungen. Helga Dorner, die die Bezirksstelle Wolfsberg seit 10 Jahren bestens betreut, wurde für ihr Engagement um den Verein geehrt. Unsere pädagogische Leiterin, Mag.a Beate Gfrerer, wurde für besondere Verdienste in der Erwachsenenbildung mit dem Großen Österreichischen Ehrenzeichen ausgezeichnet.

Ausgewähltes ^

Riskieren Sie einen Blick in das Jahresprogramm der Kärntner Volkshochschulen oder in den Kursfinder auf

www.vhsktn.at

Find us on

facebook www.facebook.com/ volkshochschule

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Energieeffizienz – ein immer wichtigeres Thema Am 8. Februar um 19.00 Uhr findet in der VS Himmelberg eine für Sie kostenlose Kooperationsveranstaltung der Volkshochschule und der Klima- und Energie-Modellregion FEnergiereich statt. Bei diesem Vortrag dreht sich alles um Energieeffizienz und Energiesparen beim Bauen & Sanieren. Gerade im Frühjahr überlegen sich viele EigenheimbesitzerInnen und HäuselbauerInnen, welche Maßnahmen sie im kommenden Jahr setzen werden oder beginnen mit der Planung ihres Neubaus. Der effiziente und sinnvolle Einsatz von Energie, die Nutzung von neuen Technologien und die damit verbundene Verbesserung und Erhaltung der Lebensqualität stehen dabei im Vordergrund. Gerhard Moritz, Geschäftsfüh-

rer des Vereins energie:bewusst Kärnten, informiert darüber, wie Sie ressourcenschonend und nachhaltig bauen oder sanieren können. Weiters bekommen Sie einen Einblick in die aktuellen Fördermöglichkeiten. Weitere Infos in der VHS Feldkirchen unter 050 477 7600. Soll das Kunst sein? An zwei Abenden gehen wir der Frage nach, wie ein Museum von ungeübten BesucherInnen als Ort für sich genützt werden kann. Zwischen Wahrnehmung und Erfahrung, Vertrautem und Fremdem, zwischen Wissen, Idee und Emotionen versuchen wir Verknüpfungen herzustellen und machen moderne Kunst für uns erfahrbar. Der Kurs findet in Kooperation mit dem Museum Moderner Kunst statt und beginnt


vhs

Mit dem AlphaBetterDay brachten die Kärntner Volkshochschulen am 29. Juni 2012 Leben auf den Villacher Hauptplatz. Und ein wichtiges Thema in den öffentlichen Raum. Mit dem Aktionstag wurde auf das Tabuthema Analphabetismus aufmerksam gemacht. Dabei war nicht nur Kreativität, sondern auch Geschicklichkeit von den 26 Schulklassen gefordert, die das größte „menschliche Alphabet“ auf die Beine gestellt haben. Die Einfallsreichsten wurden dafür am Schluss natürlich auch belohnt.

... aus den 2.500 Kursen der Kärntner Volkshochschulen

vhs

fütterung bis zum Anlegen von Wild­äckern. Die Vorträge sind mit dem AK-Gutschein gefördert! Weitere Infos unter 050 477 7000.

am 14. März. Infos erhalten Sie in der VHS Klagenfurt unter 050 477 7000. Wild, Wald und Mensch Im April widmet die VHS in Kooperation mit der Kärntner Jägerschaft zwei Abende Flora und Fauna unserer Wälder. Erfahren Sie mehr über ein harmonisches Zusammenspiel von Wild, Wald und Mensch und entdecken Sie die verschiedenen Aufgabenbereiche der ehrenamtlichen JägerInnen, von der winterlichen Wild-

Musik gemeinsam erleben In Kooperation mit dem Kulturreferat der Stadt Villach organisieren wir wieder ganz besondere Konzerterlebnisse. So können Sie heuer z. B. die wunderbar turbulente Komödie „La fine dell‘inizio“ von Sean O‘Casey in Udine oder das fabelhafte Streicherensemble „I Solisiti di Perugia“ mit Werken von Monteverdi, Vivaldi oder Piazolla im Congress Center Villach erleben. Vor den Konzerten gibt es kos­ tenlose Einführungsgespräche mit einschlägigen ExpertInnen, VHSTeilnehmerInnen erhalten 25% Ermäßigung auf die Konzertkarten. Infos unter 050 477 7100.

^ Kurse zum

Thema Persön­ lichkeitsbildung

^ Kurse zu den

Themen Gesund­ heit und Körper­ bewusstsein

^ Kurse zum

Thema Allge­ meinbildung

^ Kurse zu den

Themen Wirt­ schaft und Beruf

^ Online buchen unter www.vhsktn.at

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Im Fokus

Warum ich Sprachen lerne?

Die Hochzeit des Sohnes, die Nähe zu einem Land, Reiselust oder berufliche Veränderung – es gibt viele Gründe, eine Sprache zu lernen.

„Ich bin selbst Romanistik-Pro­ fessorin an der Universität Klagenfurt. Rumänisch fehlt mir noch in meinem Repertoire. Durch das Erlernen einer weiteren Sprache wurde mir wieder bewusster, wie es meinen StudentInnen geht. Bei den Kärntner Volkshochschulen ist es mir möglich, in netter Gesellschaft, ohne Druck zu lernen und überdies neue Bekanntschaften zu schließen.“ Mag.a Marina Kapfinger: (Rumänisch) „Vor 6 Jahren haben wir begonnen Spanisch zu lernen, weil die Hochzeit unseres Sohnes mit ­seiner spanischen Verlobten in Madrid bevorstand. Natürlich war es uns wichtig, uns mit den neuen Verwandten unterhalten zu können. Durch das Kursleben und unsere zwei Enkel, die zweisprachig aufwachsen, wollen wir geistig fit bleiben. Das Erlernen einer Fremdsprache verbindet das Nützliche mit dem An-

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genehmen, so macht das Gehirntraining mehr Spaß als nur Kreuzworträtsel zu lösen.“ Heinz & Adelheid Zniva: (Spanisch) „Vor einem Jahr habe ich mich beruflich verändert und bin seitdem Teil des Teams der Kärntner Volkshochschulen. Seit dem Herbstsemester besuche ich einen Englischkurs, da ich die Sprache für meinen beruflichen sowie für den privaten Alltag brauchen kann. In angenehmer Atmosphäre frische ich meine Englischkenntnisse auf und lerne unsere TeilnehmerInnen mit ihren Kundenbedürfnissen besser kennen.“

Nicole Gradischnig: (Englisch)


„Die Nähe zu Slowenien und die immer größere Notwendigkeit der Zweisprachigkeit sind meine Beweggründe dafür, dass ich jetzt schon im dritten Semes­ ter einen Slowenischkurs besuche. Dies ist, neben Russisch, Italienisch und Spanisch, bereits die vierte Sprache, die ich über die Kärntner Volkshochschulen lerne. Ich bin mit dem Kursangebot sehr zufrieden und möchte mir noch viele weitere Sprachen aneignen.“ Anna Duval: (Slowenisch)

„Die Kärntner Volkshochschulen sind der ideale Ort, um mit einem Native Speaker Sprachen zu lernen. Ich reise gerne, und da möchte ich mich mit den Menschen, die ich im Urlaub kennenlerne, auch verständigen können. Jetzt habe ich den AnfängerInnen Kurs Italienisch beendet u n d freue mich schon auf die Fortsetzung.“

Edmund Bellina: (Italienisch)

^ Infos zu den

Sprachkursen:

Mag. Annalisa Adamo, Sprachenreferentin M: a.adamo@vhsktn.at T: 050 477 7008 a

„Ich komme aus China und habe hier geheiratet. Da ich in Zukunft als Klavierpädagogin und Repetitorin in Kärnten Kinder unterrichten will, lerne ich seit zwei Jahren­Deutsch an der Kärntner Volkshochschule. Ich lerne gerne und es hilft mir, im Gespräch mit anderen Sprachbarrieren zu überwinden.“ Yujie Zhao: (Deutsch als Fremdsprache)

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Im Gespräch

Der Blick über den Tellerrand

Mag.a Beate Gfrerer, Stv. Geschäftsführerin und Pädagogische Leiterin der Kärntner Volkshochschulen, über die internationale Vernetzung der VHS.

„Nur wer regional gefestigt ist, kann über den Tellerrand blicken und sich in Europa etablieren, um durch EU-Pro­ jekte zum Beispiel auch Geldmittel ins Land zu holen.“

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„VHS goes Europe“, was bedeutet das? Aktuell führen wir in den Kärntner­ Volkshochschulen 25 nationale und internationale Projekte durch. Dadurch können wir unsere Netze, die in Österreich schon sehr gut ausgebaut sind, auch europaweit stärken. So haben wir heute kompetente PartnerInnen aus Erwachsenenbildungseinrichtungen in ganz Europa, mit denen wir uns stetig austauschen. Die Vorteile transnationaler Projekte liegen klar auf der Hand: Kompetenzen und Fähigkeiten werden gebündelt, Wissen wirdgeteilt und regional weiterentwickelt. Dadurch entstehen neue Inhalte und Lösungen, die etwa im nationalen Rahmen nicht möglich wären. Ein besseres Verständnis für andere Kulturen und Institutionen, die Vergrößerung unseres Netzwerkes und die Implementierung von neuen­Inhalten sind dabei positive Nebeneffekte, von denen nicht nur die VHS profitiert, sondern jeder einzelne Teilnehmer und jede einzelne Teilnehmerin in einem VHS-Kurs in Kärnten. Mir ist klar, dass die VHS hier ei-

nen mutigen Weg verfolgt. Doch ist es uns ein großes Anliegen,

zu vermitteln, dass Europa und Kärnten keine Konkurrenten sind, sondern Partner. Nur wer regional gefestigt ist, kann über den Tellerrand blicken und sich in Europa etablieren, um durch EU-Projekte zum Beispiel auch Geldmittel ins Land zu holen, wie es die VHS Kärnten tagtäglich vormacht. Was heißt das für die Kärntner Volkshochschulen konkret? EU-Projekte ermöglichen es uns, Konzepte für Kärnten anzupassen und zu entwickeln. Das Nach­


Was bedeutet das für die Lernenden, die TrainerInnen und die MitarbeiterInnen der VHS? Die MitarbeiterInnen bekommen Einblicke in den Alltag unserer PartnerInnen, sehen, was dort besser oder vielleicht auch schlechter funktioniert und können ihren Arbeitsalltag danach orientieren. Die TrainerInnen können sich international austauschen und bekom-

Pilotphase über EU-Mittel gefördert wurde. Das sind nur einige Erfolgsmodelle. Mit 25 Projekten haben wir aber noch reichlich Potenzial für die Zukunft. Durch den Blick über den Tellerrand können wir zudem ein wenig in die Zukunft sehen, wenn z. B. PartnerInnen in anderen Ländern die Budgets gekürzt werden und Projekte von heute auf morgen verschwinden. Solche Entwicklungen sind Warnzeichen und helfen uns, auf zukünftige Herausforderungen jetzt schon zu reagieren.

men die Möglichkeit, im Rahmen von Austauschprogrammen in anderen Ländern zu unterrichten. Die gesammelten Erfahrungen und Kenntnisse nehmen sie wiederum direkt mit in ihre Region­, in den Kurs, den sie abhalten. Den Möglichkeiten sind dabei nur nationale Grenzen gesetzt, die es zu überwinden gilt. Die TeilnehmerInnen profitieren am meisten von dieser Europäisierung der Volkshochschule, da ihre Kurse auf Dauer modernisiert und gesichert werden können­, die

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holen des Pflichtschulabschlusses oder die Grundbildungskurse entstanden alle in Kooperation mit der Europäischen Union (ESF-Mittel) und wurden jüngst erst in einen be­fris­teten Regelbetrieb, das Bund-Land-Modell, übergeführt. Auch das Projekt „Jump“, Grundbildung für Lehrlinge, welches als ESF-Projekt begann und nun regional weiter finanziert wird. Oder Lernen.bewegt, welches in der

„Die TeilnehmerInnen profitieren am meisten von dieser Europäisie­ rung der Volkshoch­ schule, da ihre Kurse auf Dauer modernisiert und gesichert werden können.“

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Im Gespräch

„Die größte Freude bereitet es mir, wenn ich höre, dass einen Teilnehmer oder eine Teilnehmerin im Rah­ men eines Projektes die Reiselust gepackt hat. Für einige ist es das erste Mal, dass sie die Grenzen Kärntens ­hinter sich lassen und ein anderes europä­ isches Land besuchen.“

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TrainerInnen stetig weitergebildet werden und sie zudem die Chance haben, zu reisen. Die größte Freude bereitet es mir, wenn ich höre, dass einen Teilnehmer oder eine Teilnehmerin im Rahmen eines Projektes die Reiselust gepackt hat. Für einige ist es das erste Mal, dass sie die Grenzen Kärntens h­ inter sich lassen und ein anderes europäisches Land besuchen. Alle Kosten werden erstattet und so sind es vor allem unsere StammkundInnen, denen wir diese Möglichkeiten in erster Linie offerieren. Wie sehen Sie die Veränderung in der VHS persönlich? Das Management der Personalressourcen innerhalb der VHS ist herausfordernder geworden, da sich unsere ProjektkoordinatorInnen häufig irgendwo in Europa befinden und die täglich anfallende Arbeit aufgeteilt werden muss. Allerdings ist es immer wieder spannend, wenn unsere MitarbeiterInnen hochmotiviert und mit vielen neuen Ideen von den Reisen zurückkehren. Meine Aufgabe ist es dann auch, darauf zu achten, dass von diesen neuen Erkenntnissen alle anderen in der Organisation und die VHS selbst profitieren können. Der Aufbau eines sogenannten­ internen Wissensmanagements war hier sehr wichtig. Auch bei den nicht unkomplizierten Antragsstellungen, die bei unterschiedlichen EU-Projekten notwendig sind, haben wir uns in den letzten 10 Jahren viel Wis-

sen aneignen können. Dies erleichtert die bürokratischen Hürden ungemein. Die EU prüft alle Projekte und die Verwendung der Geldmittel sehr genau, daher müssen wir auch äußerst präzise arbeiten, dokumentieren und evaluieren. Das hat sich auf unsere Abläufe insgesamt überaus positiv ausgewirkt. Meine Reisetätigkeit hat sich durch die Projekte ebenfalls enorm­­gesteigert. Es ist von den PartnerInnen gewünscht, in einem Meeting auch Kontakt mit der Geschäftsführung zu bekommen und so sind nächstes Jahr wieder einige Besuche in Ländern­wie Portugal, England, Deutschland, Italien und Polen angesagt. Drei Treffen werden auch bei uns in Kärnten stattfinden. Wir hoffen, dass durch diese Besuche auch der Tourismus angekurbelt wird. Viele der PartnerInnen waren noch nie in Kärnten und kehren vielleicht für einen Urlaub wieder. Eine der größten Herausforderungen, der ich mich persönlich immer wieder stellen muss, ist das Fliegen. Ich leide nämlich unter Flugangst. Allerdings weiß ich, dass es die einzige Möglichkeit ist, in kurzer Zeit große Distanzen zu überwinden und stelle mich dieser Angst daher mehrmals im Jahr. Abgesehen davon denke ich europäisch und freue mich, dass wir als VHS die Möglichkeit haben, diese kulturelle Vielfalt und dieses Potenzial positiv zum Wohle der Kärnterinnen und Kärntner zu nutzen.


Im Gespräch

„Demokratie braucht Bildung!“ 3 Fragen an AK-Präsident Günther Goach

Was verstehen Sie unter „Chancengerechtigkeit“? Soziale Herkunft, ethnische Zugehörigkeit, Bildungshintergrund der Eltern, Geschlecht und Alter dürfen keinen Einfluss auf den Zugang zu Bildung haben. In Zeiten wie diesen ist es unerlässlich, Chancengerechtigkeit im Bildungsbereich zu schaffen. Denn eine funktionierende Demokratie und eine funktionierende Europäische Union brauchen aktive, mündige und selbständig denkende Bürger.

Der AK-Bildungs­ gutschein 2013 ist da!

Wo muss Bildung „passieren“? Bildung muss in erster Linie in der Schule passieren! Eine Schulreform und die Etablierung gemeinsamer Bildungsstandards müssen das Ziel sein. Die EU ist aufgefordert, ausreichende und effiziente Mittel dafür zur Verfügung zu stellen. Investiert werden muss aber auch in überbetriebliche Ausbildungseinrichtungen sowie in das lebensbegleitende Lernen bzw. die Erwachsenenbildung. Als besonders wichtig erachte ich den sprachlichen Bereich. Sprachen verbinden und tragen wesentlich dazu bei, den gemeinsamen europäischen Arbeitsmarkt barrierefrei nutzen zu können.

Mitglieder der Arbeiterkammer Kärnten haben jedes Jahr Anspruch auf den AK-Bildungsgutschein im Wert von 100 Euro. Für alle Lehrlinge und ArbeitnehmerInnen über 50 Jahre ist er sogar 150 Euro wert. Ganz unbürokra­ tisch! Senden Sie Ihren aus­gefüllten Bildungsgutschein, die Zahlungsund Kursbestätigung nach erfolgreichem Kursabschluss an die AK Kärnten Bahnhofplatz 3 9021 Klagenfurt oder geben Sie ihn in einer der AK-Bezirks­ stellen ab. Die Kurskosten werden von der AK auf Ihr Konto überwiesen. AK/Kurt Keinrath

Warum ist Bildung so wichtig? Bildung ist die Basis für ein gutes Leben und verhindert Massenarbeitslosigkeit. In vielen Teilen Europas ist die Situation äußerst angespannt und Jugendarbeitslosigkeit bis zu 50 Prozent traurige Tatsache. Es muss was getan werden! Jugendliche von heute dürfen nicht zu einer „verlorenen Generation“ werden. Sie brauchen Arbeit und Beschäftigung. Dazu sind europaweite, sinnvolle Investitionen in Bildungsmaßnahmen notwendig. Denn nur wer gut ausgebildet ist, hat gute Chancen am Arbeitsmarkt.

Noch Fragen? AK-Hotline 050 477-4000 kaernten.arbeiterkammer. at/bildungsgutschein

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Im Gespräch

Zweite Führungsebene in der VHS Entschlossen, tatkräftig und ambitioniert – die zwei Fachbereichs­leiterinnen über Ziele, Werte und das Leben abseits der VHS.

Seit einem Jahr gibt es in den Kärntner Volkshochschulen eine neue Führungsebene – die beiden Fachbereichsleitungen Klassik und Projekte. Auch wenn die Aufgabenbereiche nicht unterschiedlicher sein könnten, so haben Katrin Binder und Angela Rosenzopf doch einiges gemeinsam. Beide sind 30 Jahre jung, zielstrebig und voller neuer Ideen für die VHS. Steckbrief Katrin Binder, Magisterstudium Public Management und International Business Management, Auslandssemester in den Niederlanden und Italien, Berufserfahrung im Personalwesen Angela Rosenzopf, Magisterstudium Soziologie und Bachelorstudium Pädagogik, Berufserfahrung im Bereich Marketing und Public Relations, Kulturprogrammgestaltung und als Trainerin Meine Aufgaben in der VHS sind Binder: alle Belange der regionalen, nationalen und internationalen Projekte unter einen Hut zu

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bringen, Konzepte und Finanzpläne zu erstellen und tausend Dinge mehr Rosenzopf: pädagogische Begleitung aller Bezirksstellen, Zweigstellen und Kursprogramme, Konzeption und Organisation von Kooperationsprojekten, Ressourcenplanung, Vereinsagenden Die Kärntner Volkshochschulen sind für mich Rosenzopf: ein Ort des Austauschs und des Lernens – nicht nur für unsere KundInnen, die aus den verschiedensten Bereichen und mit unterschiedlichen Interessen zu uns kommen, sondern auch für mich persönlich Binder: eine Einrichtung, die die Möglichkeit hat, Projekte und Maßnahmen für Menschen durchzuführen, die durch verschiedenste Umstände eine (zweite) Chance benötigen, aber auch eine Einrichtung, die noch viel Potenzial hat Meine Herausforderung ist Binder: immer knapper werdende Budgets im Gegensatz zu subjek-


ilab

Katrin Binder ist verantwortlich für den Fachbereich Projekte, Angela Rosenzopf managt den Fachbereich Klassik.

tiv wahrgenommenem steigenden Bedarf an Maßnahmen für unsere Zielgruppen Rosenzopf: nicht alle meine Weiterentwicklungsideen für die VHS Klassik in einen Tag zu packen, sondern Prioritäten zu setzen und im Team ein für alle passendes Tempo vorzugeben Wichtig sind mir Binder: Gestaltungsfreiraum, Fairness und „Mut zu Neuem“ Rosenzopf: Offenheit, Resepkt und Autonomie Abseits der VHS Binder: bin ich viel und gerne unterwegs Rosenzopf: entspanne beim Singen, engagiere mich in der Kirche und Jugendarbeit

Der nächste Urlaub geht nach Binder: Kanada oder Südafrika Rosenzopf: ganz bald nach New York Meine Leidenschaft ist Rosenzopf: lesen Binder: das Soˇcatal Derzeit ist mein Motto Rosenzopf: Nichts bleibt, außer die Veränderung. Binder: Ist der Tag auch nicht dein Freund, ist er doch dein Lehrer. Was schätzt du an Katrin bzw. Angela Angela an Katrin: ihren Ehrgeiz und ihre Integrität

^ Kontakt:

Mag.a (FH) Katrin Binder M.A. Fachbereichsleitung VHS Projekte M: k.binder@vhsktn.at T: 050 477 7027 Mag.a Angela Rosenzopf B.A. Fachbereichsleitung VHS Klassik Bezirksstellenkoordination M: a.rosenzopf@vhsktn.at T: 050 477 7003

Katrin an Angela: ihre Geduld und Ausdauer

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