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Internationalität und Internationalisierung der Designszene

26 EVALUIERUNG VIENNA DESIGN WEEK 2006 – 2015

Aussagekräftige Impulse der VIENNA DESIGN WEEK sind anhand der Entwicklung der WIEN PRODUCTS ablesbar und sichtbar. Von der Wirtschaftskammer Wien 1995 gegründet, werden inzwischen 51 Unternehmen in ihren Exportaktivitäten unterstützt. Seit 2006 gibt es jährlich ausgewählte WIEN PRODUCTS Collections basierend auf Kooperationen von DesignerInnen und HandwerkerInnen. Diese Part nerschaften ergeben sich vielfach durch eine im Rahmen der VIENNA DESIGN WEEK entstandene Vernetzung, wie beispielsweise zwischen Sebastian Menschhorn für Jarosinski & Vaugoin – Die Silberschmiede, dottings für A.E. Köchert Juweliere, Talia Radford für J. & L. Lobmeyr oder Lucy.D für Mühlbauer Hutmanufaktur. Demnach hat die VIENNA DESIGN WEEK in vielen Fällen die positive Entwicklung traditioneller Wiener Kunsthandwerksbetriebe durch den Faktor Design als Innovati onstreiber stimuliert. In der touristischen Betrachtung generiert das Festival etwa 10.000 Gästenächtigungen von Designschaffenden und BesucherInnen, bezogen auf das gesamte Festivaljahr, mit einem Aufkommen von 4 Millionen Euro. Pro Million an Gästeausgaben werden in Wien elf Arbeitsplätze geschaffen. Wesentlicher Effekt der VIENNA DESIGN WEEK auf den Tourismus ist die Präsentation von unbekannten Orten und neuen Seiten abseits bekannter touristischer Pfade. Design hat maßgeblichen Anteil an der Diversifizierung touristischer Angebote und die VIENNA DESIGN WEEK ist nicht selten der Quellort ihrer Entstehung.

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NACHHALTIGE EFFEKTE DER VIENNA DESIGN WEEK 27

Zentrale Effekte der VIENNA DESIGN WEEK

Strahlkraft von Passionswegen, Stadtarbeit und Fokusbezirk

Die Passionswege schaffen Innovationsräume für DesignerInnen und Unternehmen. Zielsetzung der bisher 80 durchgeführten Projekte im Rahmen der Passionswege ist die Einladung ausgewählter Designer Innen und HandwerkerInnen oder UnternehmerInnen zur Zusammenarbeit im Zuge eines kuratorischen Prozesses. Das Format Passionswege während des Festivals dient der Präsentation dieser mehrmonatigen Zusammenarbeit, die von der VIENNA DESIGN WEEK kuratorisch begleitet wird. Die Zusammenarbeit dauert etwa ein halbes Jahr und das Ende des Festivals markiert gleichzeitig das Projektende. Die VIENNA DESIGN WEEK initiiert mit den Passionswegen in den meisten Fällen die erstmalige Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Produ zenten. Die Fortsetzung liegt im eigenständigen Betreiben von HandwerkerInnen und UnternehmerInnen oder herstellenden Betrieben und DesignerInnen. Diese experimentelle Zusammenarbeit und Entstehung von Produkten, Werkstücken und Leistungen durch das Annähern der zunächst und scheinbar konträren Zugänge von DesignerInnen, Unter nehmen und ProduzentInnen wird von allen befragten Beteiligten als das Charakteristikum der Passionswege bezeichnet. Hierbei geht es um die Verbindung von Design und Tradition. Für die DesignerInnen ist der Einblick in Arbeitsumfeld, Techniken und Wertschöpfungsprozesse des Handwerksbetriebes zentral. Für die meisten Unternehmen ist dies über haupt der Einstieg ins Design. Die Mittelbarkeit des Designprozesses zeigt sich bei diesem Format in kompakter Weise. Das Angebot an die Unternehmen ist eine Sensibi lisierung für Design sowie Hilfestellung beim Erkennen von Innovationspotenzialen. Die daraus gewonnene Erfahrung bildet eine Grundlage für nachfolgende Produktions- und Angebotsstrategien. Die begleitende

28 EVALUIERUNG VIENNA DESIGN WEEK 2006 – 2015

Öffentlichkeitsarbeit der VIENNA DESIGN WEEK schafft eine mediale Plattform und damit eine Öffnung hin zu neuen Zielgruppen. Das Format Stadtarbeit mit inzwischen 36 Umsetzungen greift Ide en und Projekte aus dem Social Design auf. Durch das steigende gesellschaftliche Interesse an Themen, die Veränderungen und Umbrüche in der Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung bewirken, gewinnt dieses Format im Programm der VIENNA DESIGN WEEK und der Öffentlichkeit an Relevanz. Aus dem Vorläuferprojekt Carte Blanche 2009 hervorgegangen, bleibt es vielfach nicht beim Experiment. Manche Projekte docken bei sozia len Einrichtungen an und unterstützen deren Arbeit, andere gehen in einen dauerhaften Betrieb über. Mit dem Fokusbezirk betätigt sich das Festival als eine Art Design reiseführer an unvermutete Entstehungsorte von Kultur- und Handwerksgeschichte in Wien. Die Festivalzentrale steht während der VIENNA DESIGN WEEK sozusagen als Wiener Designzentrum im jeweiligen Fo kusbezirk. Traditionsbetriebe und der breiteren Öffentlichkeit weitgehend unbekannte Orte stehen im Mittelpunkt der Präsentation. Gewohnheiten beim Bespielen von bekannten Lokalitäten, der Frequentierung des eigenen Umfelds und Grätzels sollen bei der Wiener Bevölkerung durchbrochen und die Auseinandersetzung mit aktuellen oder kulturhistorisch wertvollen Traditionen und Themen zu neuen Verhaltens- und Denkweisen anregen. Der Fokusbezirk wird auf diese Weise für WienerInnen und TouristInnen in neuer Form erlebbar. Die Suche nach unbekannten Orten hat einen weiteren Effekt in Bezug auf das Festival als Standortfaktor. Damit wird seit nun mehr zehn Jahren ein aktiver Beitrag zum Leerstandsmanagement in den Bezirken geleistet.

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