VISIER 04/2012 Leseprobe

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4/2012 www.visier.de € 5,50 Österreich: Italien: Luxemburg: Niederlande: Belgien: Slowenien: Schweden: Dänemark: Ungarn:

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ÜBER

40 SEITEN

€ € € € € €

6,50 6,90 6,50 6,50 6,50 7,10 SEK 78,00 DKK 59,00 HUF 2.195,00

High-Tech aus Österreich

Voere LBW-M Präzisionsrepetierer in .308

TESTS SAMMELN Seltener Hinterlader aus Suhl: Schillings Scheibenbüchse

er u e t fens n: f a W eme r i n B geht !

KNOW-HOW

Dash Sie an auc

Oberflächen-Finish: Alles über Brünieren, Lackieren, Eloxieren, Teniferieren ...

TEST

Großer Vergleichstest I

Großer Vergleichstest II

Selbstladeflinten: Drei für die Jagd

Match-Luftpistolen: Sechs für Olympia

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04

Von Klein bis Groß: Fünf neue Klappmesser von Spyderco im Praxis-Check

G13142


April 2012

INHALT

Seltener Perkussions-Hinterlader aus Suhl: Scheibenbüchse von V. Chr. Schilling Diese deutsche Sportbüchse hatte ein cleveres Dichtungssystem, besser als das vergleichbarer Waffen. Dennoch zählt die Schilling zu den Unbekannten der Waffengeschichte: VISIER ging auf Spurensuche – und zum Schießtest.

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74

In diesem Heft: KURZWAFFEN: Colt Python

S. 60

Feinwerkbau P 44

S. 22

Hämmerli AP 40 Balance

S. 22

Steyr LP 10 E

S. 22

TESRO PA 10-2 Signum

S. 22

Test: Fünf Messer-Neuheiten

Test: Match-Luftpistolen

Walther LP 300 XT 5-D

S. 22

Die Firma Spyderco aus Colorado ist bekannt für Klingen mit Loch. VISIER nahm sich eine Handvoll Messer von Klein bis Groß vor.

Die sechs Top-Modelle unter den PressluftPistolen im direkten Vergleich: Wer kassiert Vorschusslorbeer für Olympia?

Walther LP 400 Carbon

S. 22

LANGWAFFEN: Benelli Super Vinci

S. 34

Beretta A 400 Xplor Action S. 34

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Hier parken die Riesen

Test: Jagd-Selbstladeflinten

Ein Besuch im Deutschen Panzermuseum in Munster lohnt sich nicht nur für Fans der Metall-Boliden – schauen Sie mal rein ...

Trotz der Beschränkung auf zwei Patronen im Magazin plus eine im Lauf bieten diese drei Halbautomaten einen hohen Nutzwert.

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Remington Versa Max

S. 34

Schilling Scheibenbüchse

S. 74

Voere LBW-M

S. 14

MESSER: Spyderco Squeak Slipit

S. 52

Spyderco Balance SS Pin

S. 52

Spyderco Junior

S. 52

Spyderco Valloton Sub-Hilt S. 52 Spyderco Sage 4 MBL

S. 52

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INHALT

TEST & TECHNIK Massivleichtbau

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Voeres Match-Repetierer LBW-M in .308 Winchester. Allein gegen die Fünf

VISIER VOR ORT 22

Zombie-Hunters

Match-Luftpistolen in 4,5 mm:

SHOT Show in Las Vegas, 2. Teil:

Feinwerkbau P 44, Hämmerli AP 40

Neues im Bereich Law Enforcement.

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Balance, Steyr LP 10 E, TESRO PA 10-2 Signum, Walther LP 300 XT 5-D

Heavy Metal

und Walther LP 400 Carbon.

Ein Besuch im Deutschen

2 + 1 Flinten

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Panzermuseum in Munster.

Jagdliche Selbstladeflinten: Benelli Super Vinci, Beretta A 400 Xplor

STÄNDIGE RUBRIKEN

Action und Remington Versa Max.

GESCHICHTE & GESCHICHTEN

Bunte Republik Deutschland? 44

Dicht-Kunst

Traditionelle und moderne

Eine ungewöhnliche Scheibenbüchse

Oberflächen-Beschichtungen

mit Perkussionszündung aus Suhl.

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im Waffenbau. Five-Pack

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Das Loch in der Klinge:

RECHT & ORDNUNG Bremer Wunschtraum: Waffen zu Geld?

Fünf neue Klappmesser von Spyderco.

Startschuss

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Leserbriefe

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Impressum

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Anzeigen-Coupon

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Termine

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VISIER-Shop-Bestellcoupon

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Vorschau

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Eine Waffensteuer soll der Hansestadt Bremen die leeren Kassen füllen.

NEWS April 2012

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DDR 2.0?

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Neue Waffen und Zubehör:

Der Staat bestimmt, was Schießsport

Der Streifzug durch die Branche.

sein darf: Die „Freien Schützen in Deutschland e.V.“ (FSD) vor Gericht.

FASZINATION WAFFEN Schlangen-Linie Unvergessener Klassiker: Der Colt Python

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NAMEN UND NACHRICHTEN Neuer Waffenversand

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Gegen Waffensteuer

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Humorvolle Jagdliteratur

103 Außerhalb der Schweiz gibt es das in VISIER beigefügte Supplement des Schweizer WaffenMagazins nicht am Kiosk, sondern nur im XXLAbo vom Verlag. Näheres auf Seite 109.

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NEWS

Gehörschützer Twin-Tec Medizintechnik Pack-Blumenau GmbH (kurz MePaBlu): Das neue Twin-Tec-Modell mit seinen SoftGel-Ohrpolstern erfüllt laut Hersteller auch anspruchsreichste Anforderungen. Neben den jetzt serienmäßig eingesetzten handelsüblichen AAA-Batterien hat der neue Gehörschutz noch verstärkende Elektronik nach HIFI-Standard und ein TrennschärfenModul bekommen. Überarbeitet wurde das Modell Silencer M-201 mit 10-facher Verstärkung. Es verfügt nun ebenfalls über das neue Trennschärfen-Modul, das es jetzt für den Target II T-133 auch optional mit 12-facher Verstärkung gibt. Infos unter: www.mepablu.de VS

Neues FudoSchleifsortiment Haller Stahlwaren GmbH: Die drei synthetischen Abziehsteine in den Körnungen 1000, 600+1000 und 2000+5000 haben laut Pressetext ein offenporiges Gefüge, eine homogene Partikeleinlagerung sowie eine hohe Schärfleistung. Sie können sowohl klassisch mit Wasser als auch mit dem neuen Fudo-Abzieh-Öl verwendet werden. Alle Steine haben einen Sockel aus Gummi; dieser verhindert lästiges Wegrutschen. Der Kunststoffkörper schont dabei die Messeroberfläche, während Gleitflächen aus Keramik für minimalen Abrieb sorgen. Die Steine liegen, je nach Modell, bei knapp 30 bis 45 Euro, Schleifhilfe und Abzieh-Öl bei knapp 10 Euro. Erhältlich ist das Schleifsortiment im Fachhandel sowie im Stahlwarenhaus Hebsacker Schwäbisch Hall, (0791) 8 40 91, www.stahlwarenhaus-hebsacker.de VS 8

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Produkt-Neuheiten

Neues 1 x 27-Leuchtpunktvisier DDoptics präsentiert neue Optik Beim neuen DDSight handelt es sich laut Werk um eine robuste, nichtvergrößernde, parallaxefreie Zieloptik, bei der sich die Treffpunktlage auch bei schiefem Einblick nicht ändert. Das Schießen mit beiden Augen offen bietet zusammen mit dem 27-Millimeter-Objektiv ein entsprechend großes Sehfeld. Die 195-Gramm-Optik hat einen Mittelrohrdurchmesser von 33 und eine Länge von 105 mm. Stromversorgung: 3-Volt-Lithium-Knopfzelle (CR 2032). Endkundenpreis: 499 Euro. Mehr unter www.ddoptics.de VS/AW

Neu: Pistolenläufe Lothar Walther Der für seine Büchsenläufe bekannte Hersteller Lothar Walter bietet jetzt auch Pistolenläufe in allen gängigen Kalibern an. Ab einer Mindestmenge von 50 Stück produziert das Königsbronner Unternehmen die Rohre nach Muster oder Zeichnung weißfertig. Mehr Infos und das gesamte Lieferprogramm unter: www.lothar-walther.de VS

Die RF-Idee VISIER-Tipp: Schön, schlau und schützend Schon einen neuen Personalausweis beantragt? Ein aktueller Reisepass oder eine schmucke EC-Karte in Sicht? Dann kennen Sie vielleicht die darin integrierten RFID-Chips schon, die Informationen speichern und, bei der neuen ECCard, auch virtuelles Geld. Diese Chips können mit entsprechender Computer-Ausrüstung durch bloßes Auflegen auf ein Lesegerät, aber auch auf Distanz ausgelesen werden. Das ist sinnvoll, wenn demnächst Lebensmittel im Supermarkt RFID-Preisschilder tragen, Sie mit dem vollen Einkaufswagen an die Kasse kommen und diese sofort den zu zahlenden Gesamtbetrag anzeigt. Böse Buben allerdings, davor warnen Computer-Fachleute schon lange, können die Daten aber ebenfalls mitlesen (mehr unter de.wikipedia. org/wiki/RFID). RFID steht für „radio-frequency identification“, die ersten Geräte wurden bereits im II. Weltkrieg zur Freund-/Feind-Kennung von Flugzeugen eingesetzt. Wer also verhindern will, dass Unbefugte Daten aus Ausweisen, Krankenkassen-Karten oder der neuen EC-Card abzapfen (für Abbuchungen bis 20 Euro geht das hier ohne PIN und Unterschrift!), der muss vorsorgen. VISIER hat nun eine ebenso elegante wie effektive Methode entdeckt. Der New Yorker Designer Stewart/Stand hat eine Kollektion von Ausweisund Kreditkarten-Hüllen sowie Geldbörsen entworfen, deren Außenhaut aus – man staune – feinst verwobenen Edelstahlfäden besteht. So fein, dass sich eine weiche, fast samtartige Oberfläche ergibt, die dazu in verschiedenen Prägungen erhältlich ist, dazu in Kombination mit feinem Leder, aber auch poppig gefärbtem Nylongewebe. Der Clou: die Schicht aus dem zu 85 Prozent recycelten Stahl bildet einen „Faraday’schen Käfig“, der keine RFID-Anpeilungen zulässt. Der Test in der Redaktion an einem von jederVISIER | 4-2012

mann zu kaufenden Lesegerät belegte: Aufgeschlagen und damit mit Zustimmung des Besitzers, erfasst das Lesegerät alle Daten – etwa am Pass-Schalter des Flughafens. Zugeklappt bricht die Verbindung sofort ab. Nicht zuletzt: Wer Waffen aus Stainless Steel mag oder auch gebürstetes Aluminium bei Designstücken, der dürfte in der Kollektion von Stewart/Stand sicher etwas Schickes finden. Denn die hervorragend (in Italien) gefertigten Stücke sind nicht teuer (49 bis 79 Euro) und pflegeleicht trotz oder wegen der bald auftretenden Patina. VISIER-Leser erhalten einige ausgewählte Stücke zu EinführungsSonderpreisen: www.vsmedienshop.de/neu-stewartstand UE

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TEST & TECHNIK

Allein gegen

die Fünf Ende Juli werden die Olympia-Medaillen im Luftpistolen-Wettbewerb vergeben – aber welches Modell holt Gold? Steyrs LP 10 E oder einer dieser fünf Konkurrenten? VISIER unterzog die „heißen Sechs“ einem Vergleichstest.

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Allein gegen die Fünf | Match-Luftpistolen

Test/Text: Ulrich Eichstädt, Wolfgang Müller Fotos: Michael Schippers, Ulrich Eichstädt und Wolfgang Müller

Kennen wir die nicht schon alle? Stimmt: Diese sechs Match-Luftpistolen durchliefen schon einmal oder auch mehrfach das Testprogramm bei VISIER. Trotzdem ist diesmal einiges anders. In den wenigen Monaten bis zu den Olympischen Spielen in London bemühen sich die Hersteller um Detailverbesserungen. Nach dem Test der Walther LP 400 im April 2011 wurde zum Beispiel der Kompensator nochmals geändert – hat’s auch die Präzision verbessert? Selbst wenn die österreichische Firma Steyr Sport mit ihrem Modell LP 10 E (und der LP 10 mit mechanischem Abzug) die erfolgreichste Match-Luftpistole

grobes, diffuses Schussloch in eine grafische Darstellung, die sowohl den tatsächlichen Mittelpunkt der Zehn-SchussGruppe wie auch die Lage jedes einzelnen Treffers speichert. Besonders im Dauertest brachte dies wertvolle Erkenntnisse, weil oft nur ein oder zwei Ausreißer eine eigentlich exzellente Gruppe auseinanderdrücken. Ein paar tausend Schuss waren innerhalb einer guten Testwoche aber schon notwendig, um die im Folgenden aufgelisteten Resultate zu sammeln — in medias res also, Olympia 2012 beginnt ... jetzt. D i e A u s w a h l : Neben dem Top-Modell der bisherigen VISIER-Rangliste, der S t e y r L P 1 0 E mit elektronischem Abzug, reisten zum Test nach Bad Ems: F e i n-

alle Testwaffen in der VISIER-Redaktion noch auf den Prüfstand des TriggerScanGeräts, das unbestechlich die Abzugscharakteristik aufzeichnet. Die dem gestiegenen Leistungsvermögen der Matchwaffen angepassten Testkriterien (siehe Seite 25) wurden Punkt für Punkt abgearbeitet. Dabei gab es auch einige Veränderungen zu vorherigen Tests. Denn auch Serienwaffen sind oft unterschiedlich, was Einstellungen und Verarbeitung angeht. Etwa bei den Visierungen: Als erstmals die besten Pistolen der Welt in einem Test zusammentrafen, errang hier keine die vollen zehn, sondern alle nur neun Punkte. Die Walther LP 400 zeigte das „glatteste“ Visierbild, ohne störend überstehende Kimmen-

Die acht besten Luftpistolen-Schützen der Welt kämpfen im WM-Finale 2010 in München um den Weltmeistertitel — den erringt schließlich Tomoyuki Matsuda aus Japan (4. von links), der hier mit seiner Steyr LP 10 in den Anschlag geht.

der vergangenen Jahre besitzt, hat jeder der hier gezeigten Verfolger ebenso seine Fangemeinde. Auch die Qualität der zuletzt arg gescholtenen Diabolos nahm zu, als Olympia-Vorbote quasi. H & N liefert wieder vorzeigbare Schussbilder, und die bisher als Geheimtipp gehandelten tschechischen JSB-Diabolos werden durch den Importeur AKAH verstärkt angeboten. Nicht zuletzt hat VISIER technologisch aufgerüstet: In Zeiten von nur knapp über dem Kaliberdurchmesser liegenden Schussbildern genügen einfache, ausgefranste Löcher in Scheibenkartons eben nicht mehr zur Analyse. Das in VISIER 9/2011 vorgestellte Meyton-System „BallMan“ wertet die Schüsse elektronisch aus und gibt die Koordinaten der Trefferlage bis aufs Hundertstel genau an. Und schon taucht man statt in ein VISIER | 4-2012

w e r k b a u s P 4 4, die T E S R O P A 1 0 - 2 in der neuen Signum-Ausführung und schließlich drei Pakete aus Ulm. Denn neben den zwei W a l t h e r - L u p i s L P 3 0 0 X T mit dem patentierten 5-D-Griff und der L P 4 0 0 C a r b o n kam auch eine H ä m m e r l i A P 4 0 mit. Hier heißt die aktuelle, ja jetzt in Ulm mitproduzierte Version „Balance“. Wolfgang Müller, ehemaliger Nationalteam-Schütze und mehrfacher, auch internationaler Titelträger, ist seit Jahren die „Institution“ für Matchwaffen-Tests, die gemeinsam mit VISIER durchgeführt werden. Bei ihm läuft neben der BallMan-Anlage auch ein modifiziertes Geschwindigkeits-Messgerät BMC 17 von EFK Mehl mit, um Auswirkungen von Schwankungen bei der Anfangsgeschwindigkeit v1 auf die Trefferlage zu entdecken. Schließlich müssen

Knöpfe und vorgesetzte Blenden oder Schrauben – leider braucht man zum Justieren einen Inbusschlüssel, bei allen anderen Modellen gibt es Rändelschrauben. Ebenso bei der Steyr LP 10 E, bei der man die Tiefe des Kimmeneinschnitts nur recht grob durch das Lösen der zwei dem Schützen zugewandten Schrauben regulieren kann. Das mit nur einer schmalen Blende in der Kimmenmitte schön einheitliche Zielbild bei den so gut wie baugleichen Kimmen der Walther LP 300 XT und der TESRO PA 10-2 gefiel den Testern (nach der LP 400) am besten. Leider bieten beide keine Möglichkeit zur Einstellung der Kimmeneinschnitt-Tiefe. Immerhin legt TESRO-Chef Peter Römer der PA 10-2 inzwischen ein Wechselkorn bei. Die Hämmerli AP 40 und die Walther LP 300 haben sogar ein drehbares 23


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TEST & TECHNIK

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Bunte Republik Deutschland? | Beschichtungen

Bunte Republik Deutschland? Weg vom Einerlei: Moderne Oberflächen schützen Waffen nicht nur vor Rost, sie ermöglichen den Kunden auch eine große Farbauswahl. Ein Überblick. Text: Andreas Skrobanek Fotos: Michael Schippers, Karsten Daniels, M.S. Recktenwald, VISIER-Archiv

Sportschützen und Jäger suchen Innovationen auf jeder Messe und in jedem neuen Katalog – da unterscheiden sich die Waffenbesitzer nicht von Autofans. Ob die Kunden Neues wirklich annehmen, steht auf einem anderen Blatt. Bunte Pistolen aus SIG Sauers Custom Shop, die bestaunen Messebesucher immer. Aber wer legt sich schon eine rote oder gar rosafarbene Pistole zu? Die meisten bevorzugen immer noch brünierte Waffen in Schwarz. Doch andere Arten der Beschichtungen beziehungsweise des Oberflächenschutzes laufen dem jahrhundertealten Brünierverfahren langsam den Rang ab. Dabei fällt es per Definition gar nicht unter den Begriff der Beschichtungen. Denn darunter verstehen Techniker das Auftragen einer Schicht aus formlosen Material auf die Oberfläche eines anderen Werkstoffs respektive Werkstücks. Beim Brünieren reagiert das entsprechende Stahlteil mit einer alkalischen oder sauren Lösung, welche für eine dünne Korrosionsschicht sorgt. Diese Oberflächenbehandlung besitzt einige handfeste Vorteile: Egal, ob Streich- oder Tauchmethode – sie ist preiswert. Außerdem bleiben die Waffenteile maßhaltig. Der schwarze Edelrost muss auch nicht in einem zirka 140 Grad heißen Bad aus Natronlauge und anderen Chemikalien entstehen. Das Kaltbrünieren funktioniert schon bei Raumtemperatur, das spart EnergieVISIER | 4-2012

kosten. Den Nachteil des Korrosionsschutzen kennen Waffenbesitzer: Die schwarzen Oberflächen bieten nur einen bedingten Rostschutz und müssen daher regelmäßig eingeölt oder -gefettet werden. Und sie halten nicht ewig: Scharfe Gegenstände hinterlassen rasch Kratzer. Im Vergleich zum Brünieren und Bräunieren (das Behandeln des Stahls mit Salzsäure) sind andere Schutzschilde noch jung. Das Phosphatieren etwa erlebte im Zweiten Weltkrieg einen Aufschwung. Hier kommt das Waffenteil in eine saure, phosphathaltige Lösung. Auf der Oberfläche bildet sich eine auf dem Untergrund gut haftende Phosphatschicht. Die besitzt mikroskopisch kleine Öffnungen beziehungsweise Hohlräume, die sehr gut Öl oder Fett aufnehmen. Diese Kombination taugt deshalb sehr gut als Rostschutz. Die Alternative dazu: das zusätzliche Auftragen von Lack. Denn der haftet sehr gut auf der relativ groben kristallinen Struktur der Phosphatschicht. Viele in der Waffenproduktion genutzte Verfahren dienen ursprünglich gar nicht dem Korrosionsschutz, sondern sollen Materialeigenschaften ändern. Dazu zählt zum Beispiel das uralte Bunthärten. Geheimnisvolle Mischungen aus verkohlten Knochen- beziehungsweise Hornspänen, Hartholz und Leder zaubern auf die Stahloberflächen schöne Marmorierungen, die ein wenig wie blaue, braune, gelbe oder grüne Wolken aussehen. Sie veredeln heute nicht nur Jagdwaffen, sondern auch Unterhebelrepetierer oder Revolver. In Deutschland

gibt es nur wenige Firmen wie Schilling Spezialbeschichtungen in Zella-Mehlis, Konrad Recknagel aus Albrechts bei Suhl oder Max Ern aus LeverkusenSchlebusch, die diese Kunst auch für modern legierte Stähle beherrschen (VISIER 7/2001). Die Vielfarbigkeit entsteht dank unterschiedlicher Schichtdicken durch Interferenzen des Lichts. Zum Härten ist eigentlich auch das Tenifer-Verfahren gedacht (in den USA auch „Melonite“ genannt). Hier kommen die Metallteile in ein Nitrierbad, das Alkalicyanate (Blausäureverbindung) enthält. Zunächst wärmt man die Werkstücke auf 350 bis 400 Grad vor. Die eigentliche Arbeitstemperatur liegt bei 580 Grad. Nach dem sogenannten Nitrocarburieren im Salzbad werden die Teile beim Tenifer-Verfahren in einem kühlenden Bad bei 370 bis 430 Grad oxidiert. So entsteht die bekannte dunkle Oberfläche, die sich optisch nur wenig von einer brünierten unterscheidet. Sie erhöht den Schutz vor Rost noch einmal kräftig. Die Schichtdicken hängen von der Stahlzusammensetzung (vor allem von den Legierungsbestandteilen), der Temperatur, der Dauer des Teniferierens und der Zusammensetzung der Schmelze ab. In ein bis zwei Stunden wächst die Schicht auf zehn bis 20 Mikrometer (10-6 m). Zum Vergleich: Bei der klassischen Brünierung beträgt die Dicke einen Mikrometer. Wenn die Oberfläche nach der Teniferierung zu rau ist, kann der Hersteller sie polieren oder schleifen. Das schwächt natürlich das Schutzschild. Um 45


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TEST & TECHNIK

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Five-Pack | Spyderco

Five-Pack Von Mini bis Groß — fünf neue Klappmesser aus den USA. VISIER sagt Ihnen, wo die Stärken und Schwächen des Quintetts liegen.

Text: Matthias Recktenwald Fotos: Michael Schippers

„Amerika, du hast es besser“ — das berühmte Zitat aus den „Zahmen Xenien“ von Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe hat seine Berechtigung selbst bei den Messern. Natürlich gibt es auch in Übersee vom Verbotsvirus infizierte Politiker. Jedoch hat die US-Industrie mit dem American Knife and Tool Institute“ (AKTI) eine sehr aktive Interessenvertretung organisiert, auch wenn sich deren Wirken erst einmal auf die USA selber erstreckt sowie auf die 50 US-Bundesstaaten mit ihren zum Teil unterschiedlichen Regelungen. Schwieriger gestaltet sich der Umgang mit den Verbotsbestimmungen im Rest der Welt. Namentlich in Europa. Denn die Alte Welt präsentiert sich mit Blick auf waffen- und messerrechtliche Unterschiede im Vergleich zu den USA so wie eine spätrömische Orgie zu einem Kindergeburtstag. Etwas, das der US-Industrie nicht verborgen blieb. So liegt die Herausforderung darin, Messer zu entwickeln, die sich für möglichst viele Länder eignen. Daran arbeiten seit einigen Jahren auch die kreativen Köpfe der USFirma Spyderco aus Golden in Colorado: Beim Besuch auf der SHOT Show organisierte VISIER eins dieser Messer und ein paar weitere Neuheiten. Fünf Klappmesser mit dem für das Werk typischen Klingenloch seien vorgestellt — inklusive Praxis-Begutachtung. S q u e a k S l i p i t : Entstanden aus einem Joint Venture zwischen Spyderco und einem der vielen Messerhersteller aus dem italienischen Maniago. Das kleine Taschenmesser fällt zugeklappt mit 79 mm VISIER | 4-2012

nicht einmal so lang aus wie der Zeigefinger des Verfassers. Rein technisch belegt es das Bemühen des SpydercoTeams um Sal und Eric Glesser, ein möglichst breit vermarktbares Messer zu schaffen, ohne dabei modernes Design dranzugeben: 49 mm lange und 3 mm dicke Klinge aus Böhler-Uddeholm-Stahl (N690C0), Griff aus FRN (= fiberglass reinforced nylon, also glasfaserverstärktes Nylon), dazu ein von rechts nach links umsetzbarer Drahtclip. Drei Torx-Schrauben halten das Messer zusammen, dessen Name „Squeak“ auf Deutsch so viel wie „Quietschen“ heißt. Rechtlich ist man mit dem Teil weithin sicher: Es hat eine extrem kurze modifizierte Drop-Point-Klinge — damit fällt es unter die als „Drei-Finger-Regel“ bekannten gesetzlichen Vorschriften. Diese in vielen Ländern gängige Regel besagt, dass man ein Messer mitführen darf, wenn seine Klinge kürzer ist als drei Finger nebeneinander. Zudem lässt sich die Klappklinge nicht feststellen — solche Messer heißen bei Spyderco „Slipit“. Damit gehört das Slipit Squeak nicht zu dem, was Amerika „locking folder“ nennt, also Klappmesser mit arretierbarer Klinge. Auch in Deutschland ist es legal zum Führen: Zwar einhändig zu öffnen, aber eben nicht zu arretieren. Was nicht heißt, dass die Klinge ratzfatz zuklappt. Sie greift auf halbem Weg in eine Sicherheitsrast ein. Und was kann das? Okay, zum Stullenschmieren ist das Klingchen zu kurz. Aber man kann richtig damit schneiden. Denn die Schneide ist schlicht sauscharf, das zeigte der Rasiertest am Unterarm. Dann erwies sich das Gerät als handlich und

wendig. Es liegt sehr gut und quält in keiner Position durch harte Kanten die Haut. Last not least zeigt es sich ordentlich verarbeitet: ein westentaschentaugliches Messerchen für alles vom Anschneiden einer Zigarre bis zum Kappen von Paketband. B a l a n c e S S P i n : Dahinter steckt mit Ed Schempp ein Messermacher, der bei Anhängern der „Cutting Events“ als Legende gilt: Bei diesem Sport geht es darum, mit einem Messer möglichst viele PETFlaschen oder freihängende Taue durchzuschlagen (mehr im Web: w w w . b l ad e s p o r t s . o r g). Schempp hat für Spyderco bereits diverse Messer geschaffen, oft beeinflusst von alten Formen wie der spanischen Navaja oder dem nepalesischen Kukri, dem Messer der berühmten Gurkha-Soldaten. Das Einhandmesser Balance SS Pin wirkt mit seiner bumerangförmig gebogenen, feststellbaren Klinge wie ein solches Gerät. Na fast, sieht man mal ab von der GanzstahlBauweise, der 49 mm langen und 1,8 mm dicken VG-10-Klappklinge, der im Griff integrierten Verriegelung nach Chris Reeve und der Reduzierung auf Zigarettenschachtelgröße. Das wiederum bezieht sich auf den geöffneten Zustand — zugeklappt passt das Balance in eine Streichholzschachtel (liebe Kinder: Fragt Opa und Oma, was das war). Fazit: Ein kleiner, perfekt geschliffener Handschmeichler für Freunde schräg-augenzwinkernden Designs, der sich aber sehr gut für feinste Schnitte eignet. J u n i o r : Der rumänische Knifemaker Alexandru Diaconescu entwickelte die Grundform, als sein kleiner Sohn ihn nach einem Klappmesser fragte. Diaco53


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treffen geriet: Das Colt-Schloss zündet konstruktionsbedingt etwas langsamer als die jüngere Variante der Konkurrenz aus Massachusetts. Auch lässt es sich nicht so gut tunen – Blattfedern kann man halt nicht so einfach ersetzen wie Schrauben-Varianten. Mit alldem hätten viele Fans gern gelebt, wäre das Werk dafür seinen einst so hohen Fertigungsansprüchen treu geblieben. Die Ende der 1990er einsetzenden Rettungsversuche waren zwar richtig, kamen aber zu spät. So aber bleibt Aficionados moderner Revolver die Erinnerung an das Modell, das in der Mitte des 20. Jahrhunderts mehr als jedes andere für Furore gesorgt hat. Smith&Wesson M 586/686, MR 73, Ruger GP 100 und mancher Korth – alle 62

FASZINATION WAFFEN

Modell:

Colt Python, Baujahr 1972

Preis:

Verhandlungssache, das Modell wird derzeit nicht mehr gebaut

Kaliber:

.357 Magnum (die schwächere .38 Special eignet sich auch dafür)

Kapazität:

6 Patronen

Maße:

240 x 39 x 151 mm

Lauflänge:

102 mm (4 Zoll, englisch: „inch“)

Gewicht:

1100 g

Ausstattung: Revolver mit DA-/SA-System und ausschwenkbarer Trommel. Voll verstellbare Kimme. Verstiftetes Rampenkorn. Finish: hochglanzpoliert, brüniert („Royal Blue“), Hahnflanken blank. Abzug und Griffrücken längsgeriffelt, Hahnsporn kreuzschraffiert. Lauf mit ventilierter Schiene und mündungslangem Ausstoßergehäuse („full lug“). Lackierte Nussbaum-Griffschalen mit erhaben stehenden Checkering-Partien und goldfarbenem Colt-Emblem.

folgten der Vorgabe dieses Colts mit dem mittelgroßen Rahmen: Der Python ist damit die einzige Schlange auf der Welt, die einen wirklich großen Schatten wirft. E c k d a t e n : Die Serienfertigung des •E Python lief von 1955-1996 und danach im Colt Custom Shop bis 2005/2006

(vermutlich wohl auch, um die vorhandenen Teile aufzubrauchen). Das Standardkaliber hieß .357 Magnum. Es gab aber auch einige Muster in .256 Winchester Magnum, .38 Special, .41 Magnum und .44 Special. Wohl angekündigt, aber im Prototypen-Stadium steckengeblieben: Varianten in .22 l.r. sowie VISIER | 4-2012


Schlangen-Linie | Colt Python

5

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6

8 1

4 7 3

Einblick ins Schloss des Colt Python: 1 Abzug (trigger) 2 Trommelumsetzhebel, auch Transportklinke (hand) 3 Abzugsvorholstange (rebound lever) 4 Hahndruckstück (strut) 5 Sicherung (safety) 6 Hahn (hammer) 7 Hahnstange (hammer stirrup) 8 Haupt- oder Schlagfeder (main spring)

.22 Winchester Magnum Rimfire (WMR). • A u s s t a t t u n g : Der Python war sechsschüssig und kam mit Double Action-/ Single Action-Schloss. Der Lauf trug – wie erwähnt – eine ventilierte Schiene und hatte ein mündungslanges Ausstoßergehäuse. Weiter gab es einen geriffelten Matchabzug, eine von Hand abgestimmte Mechanik, ein verstellbares Sportvisier und ein Rampenkorn. Am Rahmen saßen erst große, gecheckerte Holzgriffschalen, ab 1979/80 auch schwarze Gummigriffschalen. • L a u fl flä ä n g e n : Colt lieferte das Modell mit 2 1/2-, 3-, 4-, 6- und 8-Zoll-Rohren. Die 6-Zoll-Version lief am besten, der kurze am schlechtesten: Colt stellte den Zweieinhalbzöller 1994 ein. Selten ist die für einen US-Großhändler gebaute DreiVISIER | 4-2012

Zoll-Version „Combat Python“. Vor allem bei vernickelten Dreizöllern sollten sich Sammler von Colt via „factory letter“ Echtheit und Lieferweg schriftlich bestätigen lassen. Solche Raritäten verleiten zu Fakes. Je nach Lauflänge wiegt der Python zwischen 900 und 1500 Gramm. • F i n i s h : Standardmäßig kam der Python in „Royal Blue“, also hochglanzpoliert und mitternachtsblau brüniert. Colt offerierte auch ein Nickelfinish („Bright Nickel“). Ab 1982/83 gab es eine Ausführung in Stainless Steel, ab 1985 die rostträge, hochglanzpolierte Luxus-Variante „Python Ultimate Stainless Steel“. •Versionen: - C o l t P y t h o n H u n t e r : 1980 eingeführt, basierte er auf der Acht-Zoll-Ausführung und kam ab Werk mit zweifa-

chem Leupold-Zielfernrohr. Er gilt als erste derart ausgerüstete, serienmäßig zur Jagd gebaute Kurzwaffe. - C o l t P y t h o n S i l h o u e t t e : Die 1981 vorgestellte Version hat wie der Hunter einen Acht-Zoll-Lauf und ein Leupold-ZF. - C o l t P y t h o n T a r g e t (auch: P y t h o n . 3 8 S p e c i a l): Das war eine Scheibenwaffe mit Acht-Zoll-Lauf in .38 Special. Es gab 3740 Stück, meistens brüniert, seltener vernickelt. - C o l t B o a : Davon kamen 1985 im Auftrag des US-Grossisten Lew Horton 1200 Stück. Der Boa kombinierte den Colt-Mk V-Rahmen und den ventilierten PythonLauf. Das limitierte Modell gab es jeweils zur Hälfte mit Sechs- und Vier-Zoll-Läufen. Je 100 wurden als „Matched Sets“, also mit gleichen Nummern, verkauft. 63


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GESCHICHTE & GESCHICHTEN

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Dicht-Kunst | Schilling-Perkussionsbüchse

Dicht-Kunst Suhler Scheibenbüchsen gelten als hinlänglich bekanntes Thema. Wirklich? Hier kommt ein rarer Perkussions-Hinterlader, der durch eine besonders clevere Dichtungs-Technik verblüfft. VISIER hat nach Spuren gesucht — und den Thüringer Oldtimer auch ausprobiert. Text: Wolfgang Finze, M. S. Recktenwald Fotos: Michael Schippers, Wolfgang Finze

Als das Auge den Schriftzug „V.Chr.Schilling in Suhl“ auf dem Lauf erspähte, waren Neugier und Begehrlichkeit geweckt. Beides stieg weiter angesichts des fast tadellosen Zustandes und der Technik: Setzt man den Hahn in die Laderast und dreht den Hebel vor dem Abzugsbügel um gute 90 Grad nach links, gleitet der Lauf samt Vorderschaft erst fünf Millimeter nach vorn. Dann kippt er ab. Bei Hinterladern für Metalleinheitspatronen nichts Besonderes – bei Stücken mit Perkussionszündung außergewöhnlich. Denn da ging es um Gasdichtheit im Schuss. Die schien hier weitgehend gewährt: Zum einen, weil Schilling für sehr präzise Arbeit bekannt war. Zum anderen dank der ausgefeilten Kombination zweier Dichtungen. Ungewöhnlich auch, dass die Suhler den Perkussions-Hinterlader zum Scheibensport ausgelegt hatten – Waffen solchen Typs entstanden meist fürs Militär. Also kaufen, mitnehmen und in vielen Büchern blättern. Nur, um kaum etwas zu finden: So ausgefallen der Oldie, so rar war greifbares Wissen dazu. Natürlich wollten die Tester wissen, warum das so war. Und auch, wie die Schilling schießt und ob sie im Feuer gasdicht ist. D i e W a f f e : Es handelt sich um eine als Stutzen geschäftete Büchse mit rückliegendem Perkussionsschloss. Der Schaft besteht aus schönem Nussbaum, vorn mit schwarzem Hornabschluss, hinten mit ausgestellter Kappe. Mit Schweizer Backe und 70-mm-Senkung war die Büchse zum Stehendanschlag für eine Person von 170 bis 175 cm gedacht. VISIER | 4-2012

D i e Q u a l i t ä t : tipptopp gearbeitet. Die Erbauer der Schilling verstanden ihr Handwerk. Im Lauf der Jahre hatte nur die Bräunierung von Lauf und Beschlägen gelitten. Man sah aber, wie schön das zu den gebläuten Kornteilen gepasst haben muss. Die Metallteile tragen einen Randstich, alle Schraubenköpfe sind graviert. Der einfache Schmuck beweist, dass eine Gebrauchswaffe vorliegt. Wie die charakteristischen Spuren am Hahn und ums Piston belegen, wurde die Büchse auch oft verwendet. D i e B e s c h r i f t u n g : Mit Ziffern und Lettern gingen die Suhler spartanisch um. Außer dem Firmennamen trägt der Lauf nur die Materialangabe „Guss-Stahl“, auf einigen Teilen steht „45“. Das aber belegt, dass die Waffe Teil einer Kleinserie gewesen ist. Bei solchen Innenteilnummern handelt es sich jedoch nicht um Serien-, sondern um Werkstatt- oder Losnummern. So vermied man bei mehreren Stücken gleichen Typs und ihren handgepassten Teilen Verwechslungen. Zwar sieht die Schilling wie eine Jägerbüchse mit Stutzenschäftung aus. Aber es handelt sich um eine Scheibenbüchse. Dafür sprechen die Form von Schaftkappe und Abzugsbügel, aber vor allem die Visierung. Die ist zur Jagd viel zu aufwändig und fein gearbeitet: Sie lässt daher kein schnelles Zielauffassen zu. Und man kann sie nicht schnell und einfach auf andere Distanzen umstellen. Das jedoch war damals bei Jagdwaffen üblich. D i e V i s i e r u n g : Sie besteht aus einer fein höhenverstellbaren V-förmigen Kimme und sehr schmalem, spitzem Dachkorn. Es ist an der Basis 1,6 mm breit und

nur 3,1 mm hoch (zum Vergleich das Korn eines K98k: Breite 4,1 mm, Höhe 5,5 mm). Das liefert beim Schuss auf die heutigen runden Scheibenspiegel weder auf 50 noch auf 100 m ein brauchbares Zielbild: Das Korn war für die rechteckigen Ziele zum Feldschießen auf 300 m gedacht. Die Schraube links am Kornsockel dient nicht der Seitenverstellung, sondern hält das Korn: Schraube lösen, anderes Teil montieren – wenn man eins hätte. Ursprünglich gehörten sicher einige Wechselkorne zu Schillings Hinterlader, abgestimmt auf die jeweilige Scheibenart und -größe. Leider hat keins davon die Stürme der Zeit überlebt. Die im Schwalbenschwanz geführte Kimme ist nicht seitenverstellbar. Freilich weisen Spuren am Kimmenrahmen darauf hin, dass die Position öfter verändert wurde. Das Kimmenblatt mit schmalem VAusschnitt lässt sich per Schraubenzieher stufenlos rauf/runter drehen. Das geht sehr fein: Erst zwei Umdrehungen verschieben das Blatt um einen Teilstrich. Aber die Einstellungen lassen sich reproduzieren. Dafür sorgen die Skala links am Kimmenrahmen und ein Zeiger am Kimmenblatt. In Schussrichtung hinter der Kimme liegt ein aufstellbares Spaltabsehen. Es unterstützt das Zielen auf Feldscheiben optimal. Denn es zeigt bei rechteckigen Spiegeln, ob man die Waffe verkantet hält. Zusätzlich besitzt die Büchse eine Halterung für einen Diopter. Das Original fehlt – das vorhandene Stück wurde vom Vorbesitzer fachmännisch ergänzt, passend zu Stil und ungefährer Fertigungszeit. D e r A b z u g : Als deutscher Stecher ausgeführt, lässt er sich auch nicht ein75


April 2012

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VISIER | 4 -2012


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