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Was wäre, wenn wir lernen, die Zukunft selber zu gestalten?

Auf die Frage „Wie wird denn die Zukunft?”, antwortet Friederike Riemer aka Frida Futura gerne: „Wie möchtest du denn, dass sie wird?”

Durch den Einsatz strategischer Zukunftssimulationen als online und offline Workshop werden Innovationen, Produkte und Strategien resilienter und zukunftsfähiger. The Future Game 2050 nutzt dazu Zielbilder und Zukunftspersonas – basierend auf Zukunftsforschung, Trends und Science-Fiction-Storytelling –, um Zukünfte zu simulieren, zu ergründen und aktiv zu gestalten. Doch wie funktioniert das genau? Wie sieht zum Beispiel Zusammenarbeit in Zukunft aus? Und wie kann sich BerlinDruck weiterentwickeln und zukunftstauglich machen? Wir trafen Friederike Riemer aka „Frida Futura“ vor dem Futurium, dem Haus der Zukünfte in Berlin, und wollten es genau wissen.

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Friederike, womit beschäftigst du dich konkret? Ich bin Zukunftsforscherin und beschäftige mich mit Visionen, zum Beispiel wie wir künftig zusammen arbeiten könnten. Wir haben eine extrem unsichere Zukunft, die wir nicht konkret voraussehen können. Da können wir uns mit Trendanalysen noch Dafür entstanden Personas: so anstrengen, Die Bienenzählerin, die Mondpräsidentin oder die die Unsicherheit wird bleiben. Um aber zusammen KI Aufseherin – Archetypen erfolgreich zu araus der Zukunft, die Geschichten einer ganz beiten, brauchen wir gemeinsam ein Ziel, auf das anderen Welt erzählen. wir zusteuern können. Diese beiden Pole – Unsicherheit und Ziel – muss man miteinander verheiraten. In genau diesem Spielfeld bewege ich mich: Trotz Unsicherheit als Team oder Unternehmen handlungsfähig zu bleiben. Das ist mein Thema. Dazu gibt es viele verschiedene, auch technisch unterschiedliche Ansätze, wie man einen solchen Prozess gestalten kann. Wie sieht das konkret aus? Wenn wir Menschen nach ihrer Zukunft befragen – Zukunft der Arbeit oder Zukunft in ihrer Organisation – stellen wir fest, dass selbst Topmanager, von denen wir dachten, dass sie sofort vor Ideen nur so sprudeln und leadership übernehmen, blanc sind. Das hat uns erschrocken. Warum ist es so schwierig, über Zukunft zu sprechen? Wie könnten wir die Menschen austricksen, ihnen Angst nehmen, stärker motivieren und auf eine Reise mitnehmen? Die Idee war, kleine kreative Geschichten zu erfinden, um die Menschen mit uns in die Zukunft mitnehmen zu können. Dafür entstanden Personas: Die Bienenzählerin, die Mondpräsidentin oder die KI Aufseherin – Archetypen aus der Zukunft, die Geschichten einer ganz anderen Welt erzählen. Von ganz neuen Tätigkeiten. Wir sagen zu unseren Teilnehmer*innen, dass sie jetzt nicht mehr sie selbst sind, sondern in diese oder jene Rolle schlüpfen und in dieser Rolle über ihre Zukunft nachdenken. So überwinden wir spielerisch die „Angst vor dem weißen Blatt Papier“, die wir wohl alle kennen. Das hilft uns, weil wir in einen anderen Charakter hineinschlüpfen, ganz neu und frei denken können. So überlisten wir unser Gehirn und schützen uns im organisatorischen Kontext selber, weil nicht wir uns in der Zukunft bewegen und deswegen auch nicht als Person angreifbar sind. Wir geben den Proband*innen diese Charaktere an die Hand, um mit ihnen eine Zukunftsdiskussion zu führen. Von da aus kann man dann wieder den Weg in die Gegenwart finden – auch wenn es ein kreativer Umweg ist.

Im Gespräch mit Chefredakteur Eckard Christiani. Friederike Riemer, aka Frida Futura, ist studierte Zukunftsforscherin und Design Thinkerin. Als Expertin für Ko-Kreation und Facilitation gibt sie seit vielen Jahren internationale Workshops zum Thema Kreativität und Zukunftsgestaltung. Seit 2019 leitet Sie gemeinsam mit Felix M. Wieduwilt das Unternehmen The Future Game 2050, welches Menschen und Organisationen hilft, mit spielerischen Ansätzen wünschbare Zukünfte aktiv zu gestalten und sich die Unsicherheit der Zukunft zu Nutze zu machen.

TheFutureGame2050.com

Wie und wo finden diese Diskussionen statt? Vor Corona haben wir Workshops organisiert, bei denen wir unsere gedruckten Spielkarten-Sets The Future Game 2050 einsetzen konnten. Jede*r hat eine Karte gezogen, sich seinen Mitspieler*innen vorgestellt, sich den Fragen der anderen gestellt und Challenges mitgemacht.

Was sind das für Challenges? Eine Einstiegs-Challenge, die sehr gut funktioniert, ist, dass sich die Figuren aus der Zukunft ein Gerücht aus dem Jahr 2050 ausdenken sollen. Zum Beispiel, dass es die Bienenzählerin gar nicht gibt, weil es schon lange keine Bienen mehr gibt. Dabei kommen oft dystopische Ideen heraus, weil man so erst einmal alle Zukunftsängste downloaded. Die Ängste müssen erst einmal aus den Köpfen raus. Danach pickt man sich eine Persona heraus – zum Beispiel die Therapeutin für Herzintelligenz – und versucht, einen Tagesablauf von ihr zu gestalten. Wann steht sie auf, wie beginnt sie ihren Tag, was sind ihre ersten Tätigkeiten? Man versucht, sich in die Zukunft zu zoomen.

Workshops sind zur Zeit nicht möglich. Wie könnt Ihr jetzt eure Ideen umsetzen? Mit Corona geht das natürlich nur digital. Wir haben dafür eine Software entwickelt, in der man die verschiedenen Rollen entdecken und sich Aufgaben zuteilen kann. Das läuft über Zoom. Das ist nicht das Gleiche, aber es funktioniert trotzdem ganz gut. Auf diese Art und Weise kann man gemeinsam seine Zukunft in die Hand nehmen. Wir als Druckerei könnten jetzt Print 2050 spielen, oder?

Das ist richtig! Wir starten allerdings immer etwas generischer mit unseren Archetypen aus dem Future Game, damit man überhaupt in dieses Future Mind Set kommt. Dann kann man diese Karten weglegen und beschließen, dass wir eigene Personas für euer Unternehmen entwickeln. Was könnte es in dreißig Jahren für Rollen bei BerlinDruck geben? Das ist natürlich ziemlich aufwendig. Einfacher wäre der Weg, sich in die Druckerei-Welt 2050 zu imaginieren. Eine superspannende Fragestellung, weil eure Druckprodukte haptische Erlebnisse sind. Drucken wir weiterhin auf Papier? Wenn ja, was drucken wir und was nicht? Was gibt es noch für andere Geschäftsfelder, die für eine Druckerei spannend sein könnten und an die man heute noch nicht denkt? Es gibt sicherlich Arbeitsprozesse und Skills, die man nicht nur und ausschließlich für Papierdruck verwenden kann. Aber für was denn sonst? Was wollen die Menschen eigentlich im Jahre 2050? Was erwarten sie von einer Druckerei? Warum sollte es uns im Jahre 2050 noch geben? Und wie? Wir stellen diese Fragen nicht einfach ins Blaue hinein. Uns ist sehr wichtig, diese Fragestellungen in diese Geschichten einzubetten, den Proband*innen kleine Welten zu schaffen. Sonst wären die Vorstellungen entweder sehr bedrohlich oder wahnsinnig unkonkret. Konkretheit ist aber ein extrem wichtiger Schlüssel, um Zukunft zu machen. Man muss sich an irgendetwas festhalten können.

Du meinst, je handfester und konkreter die Visionen entwickelt werden, desto glaubwürdiger wird die Strategie? Ja, ich werde lieber zu konkret und stelle gleichzeitig in Frage, ob sich diese Idee wirklich in Zukunft manifestieren könnte. Aber ich habe Halt und kann mich daran festhalten. Das funktioniert viel besser, als wenn ich einen großen abstrakten Strategieplan aufmache, der mir persönlich nichts sagt. Wichtig in unserer Arbeit ist, dass man sich die die Zukunft hineinfühlen kann. Wie fühlt sich das an bei BerlinDruck im Jahr 2050? Wenn man das nicht hinbekommt, braucht man meiner Meinung nach diesen Prozess überhaupt nicht zu starten. (lacht) Ich weiß, das klingt sehr provokativ. Es gibt aber sehr viel Strategie- und Visionsarbeit, bei denen so BullshitBingo-Sätze herauskommen wie „Wir gestalten die Zukunft des Drucks“. Ja, Wahnsinn, was heißt denn das? Nichts. Man braucht dieses Narrativ, dieses kreative Bild, das für die Menschen emotional aufgeladen ist, mit dem

Kartensets Archetypen der Zukunft und Sonderedition Health

Denkst du an dich in der Zukunft, wirkt dieses Hormon nicht mehr, und der, an den du denkst, bist nicht mehr du.

Die Kartensets Archetypen der Zukunft sind Serious-Play-Workshop-Tools, um die Zukunft durch 30 Zukunftspersonas zu ergründen. Sie basieren inhaltlich auf Zukunftsforschung, relevanten Einflussfaktoren, Mega-Trends und Science-FictionStorytelling.

sie sich identifizieren können, weil sie es selbst mitgestaltet haben. Es geht nicht darum, dass wir ein Narrativ diktieren.

Wie funktioniert das Geheimrezept der Narrative eigentlich? Das hat sehr viel mit Neurobiologie zu tun. Wenn ich an die Zukunft denke, dann wird ein bestimmter Botenstoff nicht mehr in meinem Gehirn ausgeschüttet, der mir sagt: Ich bin ich. Denkst du an dich in der Zukunft, wirkt dieses Hormon nicht mehr, und der, an den du denkst, bist nicht mehr du. Das wissen wir auch aus der Nachhaltigkeitsdebatte rund um den Klimawandel: Alles, was sehr weit weg ist – räumlich und zeitlich –, da wird es schon schwieriger mit der Betroffenheit. Das trifft ebenso auf unsere eigene Zukunft zu: Wir sind einfach nicht betroffen. Wir müssen also unser Gehirn austricksen, um diese Betroffenheit für uns selbst herzustellen. Ich versuche zum einen, die Zukunft ganz nah heranzuholen. Das mache ich auch sprachlich, in dem ich im Präsenz rede: „Ich bin die Mondpräsidentin und forsche nach Wasserquellen auf dem Mond, weil …“ Zum anderen schaffe ich ein Narrativ, eine Rolle, mit der ich mit identifizieren, in die ich mich reinhängen kann. Das ist wie Binge Watching auf Netflix – ich bin völlig hooked, mein Gehirn ist total in der Rolle. Wenn ich das schaffe, ist das sehr hilfreich, um ein Zielbild zu erschaffen, was sonst emotional sehr sperrig ist oder wozu ich keine Bindung aufgebaut hätte. Mit wem habt Ihr solche Reisen unternommmen? Sicherlich viel B-to-B-Geschäft, oder? Auf alle Fälle. Für Deutschlands größtes Netzwerk für eine neue Generation von Ernährungsexpert*innen, Nutrition Hub, haben wir zum Beispiel Anfang Oktober 2020 einen digitalen Roundtable zum Thema „Climate Smart Eating“ veranstaltet. Mit 20 einflussreichen Expert*innen aus Politik, Industrie und Wissenschaft haben wir in einer fiktiven Simulation das Leben und die Ernährung im Jahr 2050 beschrieben. In Gruppen für je einen der vier Bereiche Landwirtschaft, Lebensmittelproduktion, Handel, Ernährung der Verbraucher*innnen wurden wünschenswerte, fiktive Zukunftsszenarien beschrieben. Im Gegensatz zur „Extrapolation“ entsteht durch die „Retropolation“ ein dringend notwendiger Perspektivwechsel. Was ich sehr schön fand, war, dass Prof. Dr. Lotze-Campen vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung sagte, wir hätten innerhalb von zwanzig Minuten mehr Ergebnisse erwirkt, als so manches Mal an zwei Tagen Europa-Gipfel entwickelt würden. Das war für mich ein sehr schönes Kompliment – von einem hochrangigen Wissenschaftler. Er hatte sich auf unser Spiel eingelassen und festgestellt, dass da sehr greifbare Szenarien herauskommen.

Friederike, vielen Dank für dieses Gespräch. D

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