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Das Zusammenspiel von Kunden, Medien und Agenturen
from Passion #8
Mr. Media Thomas Koch über Zusammenarbeit und die Vermeidung von Irrtümern
Menschenrechtsaktivist und Das Dreieck aus werbenden UnterGeschäftsführer von Reporter nehmen, Medien und den zahlreichen Mediaagenturen ist ein fragiles Gebilde. ohne Grenzen, Christian Mihr, Zunächst einmal ist klar, dass die Unterüber Pressefreiheitnehmen die Auftraggeber, vor allem jedoch die Geldgeber sind. Ohne das Geld der Werbekunden bricht das gesamte Gefüge in sich zusammen.
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An quasi zweiter Stelle, noch lange vor den Agenturen, kommen die Medien und Werbeplattformen. Ohne sie kann der Werbekunde seine Zielgruppen nicht erreichen, zumindest nicht auf dem Weg bezahlter Werbung (Paid Media).
Demnach kommen an letzter Stelle in der Hierarchie die Agenturen. Sie haben „Dienste“ für den Auftraggeber zu leisten. Sie sind Lieferanten für Marketingberatung, Kreation, Marktforschung, Daten, Mediaplanung, Mediaeinkauf und Erfolgskontrolle. Ausgerechnet an der Media-Stelle ist jedoch eine gewisse „Schiefe“ in das System geraten, die von Unternehmen aller Couleur und Größenordnung weltweit beklagt wird.
Früher verstanden sich Mediaagenturen als Treuhänder der Werbegelder ihrer Kunden. Sie berieten ihre Kunden und kauften das Mediainventar der Medien im Kundenauftrag. Heute verstehen sie sich als eigene Wirtschaftsstufe, kaufen Werbeplätze auf eigene Rechnung ein und verkaufen sie an ihre Kunden weiter. Dieses Geschäftsmodell steigerte ihre Renditen signifikant, stellte jedoch die Neutralität ihrer Beratung infrage, da sie nun gleichzeitig als Media-Groß- händler agierten. Ihre Kunden zwangen ihnen einen Code of Conduct auf, der jedoch leider seine we- sentliche Wirkung – dem Werbekun–den alle ihm zu- stehenden Rabatte und Vorteile zukommen zu lassen – verfehlte.
Davon wissen die meisten Werbekunden und können oder wollen dennoch nicht auf die Expertise und Einkaufsmacht der Mediaagenturen verzichten. Um die Kontrolle über die eigenen Etatgelder zu erhalten, müssen sie eigene Expertise aufbauen, um mit den Agenturen auf Augenhöhe reden, diskutieren und verhandeln zu können. Oder sie nehmen, wie es viele Unternehmen insbesondere im Bereich der digitalen Medien inzwischen tun, Mediaplanung und Mediaeinkauf in die eigene Hand. Mein neues Buch Media leicht gemacht sieht seine Aufgabe darin, mehr Expertise, insbesondere für die Mediaplanung, sowohl in die Hände der Werbekund*innen als auch der Mitarbeiter*innen von Agenturen zu geben, die insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen arbeiten. Die eigene Expertise ist selbstverständlich von besonderer Wichtigkeit, wenn keine (Media-) Agentur beauftragt wird, sondern Mediaplanung und Mediaeinkauf vom Unternehmen selbst realisiert werden. Eigene Mitarbeiter*innen, die mit dieser vertrauensvollen Aufgabe betraut werden, benötigen Schulung im Umgang mit der komplexen Materie.
Die schlechteste aller Lösungen, das muss an dieser Stelle gesagt werden, ist, die Mediaplanung von den Medien oder ihren Vermarktern selbst durchführen zu lassen. Sie werden ihre Medien stets bevorzugen, auch dann, wenn andere Medien für die Aufgabe überlegen sind. Das ist kein Vorwurf, denn ihre Loyalität zum Medien-Arbeitgeber zwingt sie förmlich dazu. Die Aufgabe der Medien besteht ausschließlich darin, alle für die Mediaplanung wichtigen Informationen zur Verfügung zu stellen.
Fotografie: Michael Jungblut | fotoetage
Um den größtmöglichen Erfolg einer Kampagne zu sichern, ist es wichtig, dass alle Agenturdienstleister eng zusammenarbeiten. Die Zusammenarbeit von Kreation und Media zählt zu den wichtigsten Voraussetzungen für den Kampagnenerfolg.
Die Koordination der Disziplinen liegt in der Verantwortung des Werbekunden, jedoch sollten Kreation und Media auch ohne Druck seitens des Kunden stets aufeinander zugehen und sich gegenseitig inspirieren. Für den Werbekunden bedeutet dies: Kein Briefing ohne Anwesenheit beider Partner; kein Kreations-Meeting ohne Media-Beteiligung; kein Media-Meeting ohne Beteiligung der Kreativen.
Zusammenarbeit mit Kreativen und Beratern
Agenturen, Berater, Kreative, Mediaplaner, Medien und Medienvertreter sind Dienstleister. Wie der Name schon sagt, leisten sie Dienste. Der Werbungtreibende zahlt die ganze Veranstaltung: von der Gestaltung der Werbung über die Planung bis hin zur Produktion und Distribution der Medien selbst. Das vorweg zur Einordnung.
Agenturen und Berater*innen erhalten für ihre Arbeit ein angemessenes Honorar. Wer das Honorar über Gebühr drückt, erhält nur den Gegenwert: „For peanuts you only get monkeys.“ Mediaagenturen werden häufig über Provisionen bezahlt. Sie ernähren sich aus der 15-prozentigen Provision, die sie seit jeher von den Medien erhalten.
Aus dieser Provision wurde früher jedoch auch die gesamte Kreativarbeit bezahlt. Die reine Mediaarbeit ist davon, je nach Etathöhe und Aufwand, zwischen 2 und maximal 10 Prozent wert. Der Vergleich von eingeholten Mediaangeboten zeigt das individuell zu erwartende Honorarniveau.
Bucht der Werbungtreibende direkt bei den Medien oder deren Vermarktern, ist darauf zu achten, dass – neben den verhandelten Rabatten – auch diese Agenturprovision komplett an das Unternehmen abgegeben wird. Viele regionale Medien haben für diesen Fall einen „Lokalpreis“: Hier ist die Provision bereits abgezogen.
Bei mittelständischen Unternehmen oder kleineren Mediabudgets wird meist keine Mediaagentur beauftragt, sondern die Werbeagentur mit der Mediaplanung und dem Einkauf der Medien beauftragt.
Die Aufgabe liegt dann oft in den Händen eines Mitarbeiters/einer Mitarbeiterin in der Kundenberatung. Diese*r wird sich mit der Zeit in das Thema einarbeiten und findet im Buch Media leicht gemacht sicher viele nützliche Tipps. Ebenso häufig kommt es vor, dass kleinere und mittlere Mediaaufträge vom werbenden Unternehmen selbst durchgeführt werden. Auch hier ist es möglich, dass sich ein*e Mitarbeiter*in in die durchaus komplexe Materie einarbeitet und vom Buch Media leicht gemacht profitiert.
Dennoch sei auf eine Gefahr hingewiesen: Mitarbeiter*innen der Werbeabteilung haben häufig das Gefühl, die Medienlandschaft um sie herum gut zu kennen. Zu den Vertretern der Zeitung, des Anzeigenblatts oder einer Fachzeitschrift hat man eine oft langjährige und freundschaftliche Beziehung.
Doch das alleine macht den sich wandelnden Medienmarkt nicht transparent. Zumindest einmal im Jahr sollte man externe Media-Expertise hinzuziehen. Die (überschaubaren) Kosten spart man schnell durch Vermeiden von teuren Media-Fehlern. D
Thomas Kochs aktuelles Buch, Media leicht gemacht, erscheint Mitte Mai 2021 als Softcover im Haufe Verlag. 100 Seiten, 24,95 Euro
ISBN 978-3648152072 Die zehn häufigsten Irrtümer der Mediaplanung Wie jede andere Profession ist auch der Mediabereich nicht frei von ewigen Fehlern, Vorurteilen und menschlichem Versagen. Hier sind die zehn am häufigsten anzutreffenden Irrtümer:
01 „Wir haben das schon immer so gemacht.” Schon deshalb falsch, weil sich die Welt verändert. Und das kaum irgendwo so stark wie bei den Verbrauchern und der sich digitalisierenden Medienwelt.
02 „Wir nutzen nur Social Media. Das kostet nichts.” Was nichts kostet, nützt auch nichts. Nicht einmal der Tod ist umsonst; er kostet das Leben. Das gilt auch für Social Media. Wer kein Werbegeld hineinsteckt, wird nicht gesehen. Und die Personalkosten, die ein regelmäßig gepflegter Account mit sich bringt, sollte man nicht ausblenden.
03 „Wir haben seit Jahren gute Kontakte zu dem Medium xy.“ Das ist schön. Und zwar für das Medium. Über seine Qualifikation als Werbeträger sagt das genau null aus.
04 „Das Medium mag ich nicht.” Wahlweise: „… findet meine Frau/mein Mann ungeeignet.” Der Köder muss dem Fisch schmecken. Daten helfen bei der Werbeträgerauswahl, nicht Meinungen.
05 „Unsere letzte Kampagne war erfolgreich.“ Mit etwa 80%iger Wahrscheinlichkeit nicht. An Erfolgskontrollen, die sich an definierten Zielen orientieren, führt kein Weg vorbei.
06 „Ich weiß, was meine Kunden brauchen.” Manchmal wahr, manchmal eben nicht. Es ist nicht einfach zu verstehen, wie Menschen ticken und warum sie bestimmte Entscheidunge treffen. Besser ist, es zu überprüfen.
07 „Dieses moderne Zeugs brauchen wir nicht.” Doch, brauchen Sie. Die Welt verändert sich mit Riesenschritten. Wer nicht mithält, hat das Nachsehen.
08 „Unsere Kunden kennen uns alle.“ Unsinn. Die Kunden sind mit allem Möglichen beschäftigt, vor allem mit ihrem eigenen Leben. Vielleicht auch gerade mit dem Wettbewerber.
09 „Wir brauchen keine Berater. Wir wissen, was wir tun.” Möglicherweise. Aber eine zweite Meinung ohne rosarote Brille ist immer hilfreich.
10 „Ich glaube, finde, meine …” Marketing-, Werbe- und Mediaerfolg ist keine Frage des Glaubens oder von Meinungen, sondern von Expertise, transparenten Daten, langjähriger Erfahrung und bestenfalls fachlicher Überzeugung.