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Hinweise zu den technischen Daten

Aus verständlichen Gründen werden die LeserInnen zunächst geneigt sein, die in den Tabellen zusammengestellten Daten und Fakten als absolute Grössen zu sehen. Es liegt uns sehr daran, mit diesen einleitenden Zeilen aufzuzeigen und klarzustellen, dass recht viele Werte nur eine relative Aussagekraft haben und aus den verschiedensten Gründen immer wieder irgendwelchen Änderungen unterworfen sein können. Anhand von einigen charakteristischen Datenkategorien, die man gerne als gegebene fixe Werte hinnimmt, die aber bei näherem Zusehen ausgesprochen «weich» und variabel sind, soll dies exemplarisch aufgezeigt werden.

Leer-Déplacement (Verdrängung) und zugehöriger Tiefgang

Dieser Wert entspricht dem Schiffsgewicht im unbeladenen, aber voll ausgerüsteten Zustand. Weil das spezifische Gewicht von Süsswasser als = 1 definiert ist, entspricht das Gewicht eines Schiffes definitionsgemäss auch dessen Wasserverdrängung. Nun leuchtet es aber ein, dass jede infinitesimale Veränderung am Schiff, jeder Ein- und jeder Ausbau, jede Änderung am Inventar, jeder kleinste Umbau seinen Niederschlag in der Wasserverdrängung findet.

In der Regel stehen in unseren Tabellen die Schiffsgewichte für den Ursprungszustand bei Inbetriebnahme und für den End- resp. den heutigen Zustand. Aus Publikationen, Hinweistafeln etc. mögen LeserInnen allenfalls andere Werte kennen oder ersehen – unsere Quellen sind, zumindest ab 1898, die Eintragungen in den so genannten Schiffsbüchern, welche eine Art «Identitätskarte» der Schiffe darstellen und somit amtlichen Charakter haben. Aber auch diese Dokumentationen werden nur periodisch, etwa nach grösseren Ein-, Aus- oder Umbauten nachgeführt und zahlreiche Zwischenwerte erscheinen so nicht in den offiziellen Akten.

Die Definition des Ausrüstungsgrads eines Schiffes für die Festlegung des Leertiefgangs hat sich im Verlaufe der Zeit verändert. So ist es bspw. nicht ganz unerheblich, ob der ganze oder nur der halbe Treibstoffvorrat (insb. im Kohlezeitalter) in Rechnung gestellt wird und in welcher Weise die Vorräte für die Restauration einfliessen. Diese Grundannahmen haben sich nach Massgabe der amtlichen Vorschriften eben über lange Zeiten hinweg geändert. Von erheblicher Beeutung ist auch das durch den Einbau von Abwassertanks und deren Inhalt verursachte Mehrgewicht. Der Vergleich der Leertiefgänge und des Leer-Déplacements ist deshalb mit Unsicherheiten behaftet. Noch fast häufiger als bei den

Dampfschiffen finden sich in den Déplacement-Werten der Motorschiffe solche Änderungen, welche in jüngerer Zeit besonders oft bei Umbauten gerade im Gastronomiebereich oder bei Neumotorisierungen eingetreten sind. Nicht selten wird zudem zur Optimierung der Trimmlage oder des nautischen Verhaltens mit Ballast resp. mit Ballaständerungen optimiert – jedes Mal mit den erwähnten Auswirkungen auf das Schiffsgewicht und in der Folge auch auf die Tiefgänge.

Probefahrts-Maximalgeschwindigkeit In der Dampfschiff-Ära, praktisch aber nur bis in die früheren Sechzigerjahre, wurde mit jedem Schiff in relativ kurzen Zeitabständen (beispielsweise alle drei oder vier Jahre) eine relativ lange Probestrecke abgefahren und die Maschine mit der von der Kesselgrenzleistung her maximal möglichen Füllung betrieben: Die resultierende Geschwindigkeit durfte somit mit Fug als Probefahrts-Vmax bezeichnet werden. Aus dem Archiv der Firma Escher Wyss & Cie konnten für verschiedene Schiffe sehr präzise Angaben zu unter protokollierten Bedingungen erhobenen Maschinen-, Kessel- und Geschwindigkeitswerten ermittelt werden. Es liegt in der Natur dieser «Freilandversuche», dass auch diese Werte von Fahrt zu Fahrt oft erheblich streuten – es sei nur an unterschiedliche meteorologische Bedingungen, an den Heizwert des Brennstoffes oder den Schalenzustand erinnert. Selbstverständlich beeinflussen auch neue Kessel die charakteristischen Eigenschaften eines Dampfschiffes. Aber auch bei Motorschiffen fanden und finden natürlich Abnahmefahrten statt. Auf systematisierte Probefahrten zum Ausreizen der Maximalgeschwindigkeit wird jedoch heute in der Regel verzichtet. Die meisten der heute auf dem Vierwaldstättersee zirkulierenden Motorschiffe sind in der letzten Zeit mit neuen, effizienteren Motoren ausgerüstet worden. Die daraus resultierenden und in unseren Tabellen festgehaltenen Höchstgeschwindigkeiten sind betrieblicher Natur – rein technisch wären bei bestimmten Schiffen deutlich höhere Geschwindigkeiten möglich.

Tragkraft Die maximale Tragkraft wurde in den Anfangszeiten der Dampfschifffahrt eher als Richtgrösse verstanden und die Aufsicht oblag den Kantonen. In der Frühzeit wurde die Tragfähigkeit sogar nach ziviler oder militärischer Nutzung differenziert, wobei für letztere zuweilen schier unglaubliche Werte zugelassen wurden. Auch nach dem Übergang der Aufsicht auf den Bund ab Mitte 1897 wurde in der Regel versucht, eine möglichst hohe zulässige Fahrgastzahl zu erreichen, um Doppel- oder gar Dreifachführung von Kursen möglichst zu vermeiden. In den dreissiger Jahren hat die Aufsichtsbehörde sogar gesamtschweizerisch Untersuchungen darüber angestellt, welchen Schiffen man eine Überlast von 10% zumuten könnte. Heute richtet sich diese Zahl nach wesentlich strengeren Bestimmungen und dem Komfort wird deutlich mehr Gewicht zugemessen, zudem besteht auch eine Abhängigkeit zu den mitgeführten Rettungsmitteln und zur Grösse der nautischen Besatzung.

Abmessungen/Dimensionen Wo immer möglich wurden die aus früheren Publikationen überlieferten Werte durch inzwischen zugänglich gewordene Original-Unterlagen verifiziert und gegebenenfalls gegenüber den bisherigen Darstellungen korrigiert. Aber auch hier sind an und für sich unverrückbare Masse aus Definitionsgründen im Detail strittig oder unklar: Wird bspw. bei der «Länge über alles» (der Heckflaggenstock wird als bewegliches Teil nie gerechnet) nur die Länge über alles der reinen Schalenkonstruktion vermessen oder allenfalls doch inkl. des jeweils vorhandenen, in die Konstruktion integrierten Handlaufes? Bugseits und achtern zusammengezählt, mag das zwei Zentimeter Längenunterschied ergeben. Zugegeben: spitzfindig – aber genau solche Definitions- und Abgrenzungsfälle erklären die zuweilen etwas eigenartig erscheinenden Messwerte.

Das Mass CWL

Solange Schiffe vorwiegend senkrechte Steven aufwiesen, war es üblich, die schiffbautechnisch massgebliche Länge eines Schiffes mit dem Begriff «pp» – Länge über Perpendikel – zu benennen. Diese Denomination implizierte, dass die Länge eines Schiffes, und zwar in seiner Wasserlinie, bei allen Beladungszuständen gleich blieb. «Länge von Vorderkante Vordersteven bis Hinterkante Hintersteven» war eine gängige Umschreibung von «pp». Moderne Schiffe verfügen allerdings kaum mehr über senkrechte Begrenzungen, Bug und Heck sind in der Regel ausfallend konstruiert. Als Längenmass hat sich deshalb die Konstruktions-Wasserlinie (construction water line) eingebürgert, welche die berechnete Länge des Schiffes auf der Wasserlinie für den leeren, aber voll ausgerüsteten Zustand ausweist. Logischerweise ändert bei ausfallenden Formen praktisch jede infinitesimale Änderung des Schiffsgewichtes auch die effektive Länge der Wasserlinine. Mit der Ausnahme von MS«Brisen» verwenden wir das Mass CWL durchgehend ab MS«Schwyz».

Verbrauchszahlen

Insbesondere bei Dampfschiffen hängt der Verbrauch, ausgedrückt in kg oder Liter Brennstoff pro gefahrenen Kilometer, sehr stark von der Art des Einsatzes ab. Intermittierende oder gar sporadische Einsätze wirken sich zufolge der Aufheizzeiten negativ auf die Bilanz aus. So können die Werte von Jahr zu Jahr in Abhängigkeit der Einsatzdoktrin schwanken. Wenn immer möglich haben wir Durchschnittswerte über verschiedene Jahre hinweg verwendet.

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