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Gegenüberstellung Schlitten – Rodel / Fahrtechnik
Bei den Geräten gibt es klare Unterscheide, denn Schlitten ist nicht gleich Schlitten: So wird der klassische Holzschlitten, als das in der Schweiz am meisten verwendete Gerät, als Davoser oder Grindelwalder oder generell als Schlitten bezeichnet.
Der Rodel hingegen ist eine Weiterentwicklung des Holzschlittens für den Freizeitbereich und die sportliche Fahrweise.
Alt trifft Neu – Entwicklung bei den Kufengeräten: v.r.n.l. Holzschlitten, Rodel, Pistenbock
Schlitten
Die in der Schweiz meistverkauften Holzschlittentypen sind der Davoser und der Grindelwalder. Neben diesen «Massenprodukten» stellen in verschiedensten (vor allem Graubündner) Ortschaften kleine lokale Produzenten ebenfalls qualitativ hochwertige Holzschlitten her, die sich nur in wenigen Details von Ersteren unterscheiden (z.B. Aroser, Bergüner oder Goldiwiler Schlitten).
Davoser
Der Davoser ist der Klassiker unter den Holzschlitten. Als «Vater» gilt der Davoser Wagner Emanuel Heinz Friberg, der schon 1865 am Guggerbach in Davos Platz die ersten Schlitten entwickelt und gebaut hat. Ein Davoser hat, im Gegensatz zum Rodel, zwei in fester Spur laufende Kufen, die mit Schienen aus flachem oder auch leicht gewölbtem Bandstahl beschlagen sind. Der vordere Aufbug kann verschieden geformt sein und hat ein Zugeisen, das die vorderen Enden der Kufen miteinander fest verbindet. Alle Davoser haben eine starre Holzkonstruktion und verbinden – je nach Länge – zwei oder drei Querjoche fix miteinander. Diese Querjoche tragen die äusseren zum Bug verlaufenden Längsholme und die kürzeren Sitzleisten dazwischen; in der Regel sind sie aus Holz gefertigt. Der klas-
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Davoser Holzschlitten
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Grindelwalder Holzschlitten
sische Holzschlitten hat keine abfedernde Sitzbespannung oder bewegliche Lenkhörner.
Traditionell wird ein Davoser aus Eschenholz gefertigt. Billigere Modelle bestehen aus Buche und sind zwischen 80 und 130 cm lang. Der Davoser bietet somit Platz für bis zu drei Personen.
Der klassische Davoser Holzschlitten wurde primär als Transportgerät zum Beispiel für Holz, Milchkannen, Heu verwendet. Erst spät (ab 1883) wurde er unverändert auch als Sportgerät genutzt. Noch heute, nach über 130 Jahren, benutzt die Mehrheit der Schweizer Schlittler weiterhin diesen Holzschlitten, obwohl er eigentlich ein museumsreifes Gerät ist, das ursprünglich nie für eine sportliche Fahrt konzipiert worden war.
Grindelwalder
Bei einem Grindelwalder Holzschlitten sind, im Unterschied zum Davoser, nur die beiden äusseren Sitzleisten auf die Tragjoche geschraubt. Die inneren Sitzleisten sind durch Langlochbohrungen hindurch in die Obergurte der Querjoche eingeschoben, was die Stabilität gegenüber einfach übereinander gelegten Schraubverbindungen enorm erhöht. Sie liegen dadurch etwas tiefer als die äusseren Sitzlatten. Der Vorteil dieser Konstruktion ist, dass es weniger zum Abrutschen kommt, da die Sitzposition ein wenig vertiefter ist.
Starre Sitzleisten aus Holz Querjoche
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Steg
Horn
Zugseil
Kufe
Schiene auf der Kufe Aufbug
Fahrtechnik mit einem starren Schlitten
Grundsätzlich wird, im Gegensatz zum Rodel, auf einem Schlitten aufrecht gesessen. Gelenkt wird ein Schlitten durch einseitiges Bremsen, indem zum Beispiel beim Fahren in eine Linkskurve der linke Fuss flach in den Schnee an der linken Aussenkante des Schlittens gestemmt oder gedrückt wird. Bitte nicht nur mit der Ferse bremsen, denn dies erhöht die Verletzungsgefahr an den Gelenken und im Kniebereich. Idealerweise halten beide Hände den Schlitten fest. Die kurvenaussenseitige Hand hält den Schlitten vorne, die kurven-
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So fahren viele mit einem Holzschlitten … …um die Kurve.
innenseitige Hand hinten. Viele Schlittenfahrer benutzen auch ein Zugseil, das an den Hörnern befestigt ist, um durch dosierten Zug in die jeweilige Fahrtrichtung den Schlitten leichter steuern zu können.
Bei scharfen Kurven kann es oft auch hilfreich sein, mit der hinteren Hand den Schlitten nach aussen zu ziehen. Für eine Rechtskurve wird der rechte Fuss verwendet und gegebenenfalls zieht die linke Hand den hinteren Teil des Schlittens nach links aussen. Ein Holzschlitten kann auch durch die Verlagerung des Körpergewichts geZum schnellen Anhalten den Schlitten nach vorne oben ziehen.
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lenkt werden. Dies erfordert jedoch einiges an Übung und Erfahrung, da – bedingt durch die starre Bauweise des Schlittens – der Druck mit den Füssen auf die Kufen bei gleichzeitiger Verlagerung des Körpergewichts nicht möglich ist (siehe dazu Kapitel Fahrtechnik bei einem Rodel). Ausserdem besteht die Gefahr, dass der Schlitten kippt und man mitsamt dem Gerät umfällt. Denn durch die hohe Sitzposition auf einem Schlitten erhöht sich der Schwerpunkt des gesamten aus Schlitten und Fahrer(n) bestehenden Systems. Jede vertiefte Sitzposition, am besten mit einer tiefer gelegten Sitzmatte, erhöht nicht nur den Fahrkomfort, sondern auch die Lenkbarkeit des Schlittens in Kurven. Ausserdem werden durch den niedrigeren Schwerpunkt die Gefahren des Umkippens und des Abrutschens vom Schlitten verringert.
Bremstechnik eines starren Schlittens
Man bremst einen starren Schlitten, indem die Knie angewinkelt und beide Füsse rechts und links neben den Kufen flach auf den Schnee gedrückt werden. Diese Bremstechnik setzt jedoch voraus, dass man sehr gute Winterschuhe mit starkem Profil oder eine Bremshilfe benutzt (siehe Kapitel Ausrüstung/Bremshilfen). Mit dieser Technik lässt sich langsam und gleichmässig bremsen. Muss man jedoch schnell zum Stehen kommen, weil eine scharfe Kurve kommt oder ein Hindernis (z. B. ein gestürzter Schlittler) auf der
Bahn liegt, dann unterstützt man das Bremsen, indem man den Schlitten an den Holmen mit beiden Händen gleichzeitig nach vorne hochzieht. Gleichzeitig verlagert man das Körpergewicht etwas nach hinten, damit sich die Kufenenden tief in den Schnee pflügen.
Die allgemein übliche Bremsweise mit den Absätzen kann zwar wirkungsvoll sein, ist aber auch gefährlich, da es bei den Wellen und Buckeln, die nach kurzem Gebrauch auf einer Schlittelbahn entstehen, zum «Verreissen» der Beine beziehungsweise zu extremen Belastungen der Gelenke und Knie kommen kann. Durch falsche Bremstechniken werden jedes Jahr Tausende vermeidbare Unfälle provoziert.
Rodel
Der Rodel (eigentlich weiblich «die Rodel», in der Schweiz jedoch «helvetisiert» als «der Rodel») stammt ursprünglich aus Österreich beziehungsweise Südtirol /Italien und ist die Weiterentwicklung des klassischen Holzschlittens. Er ist ein spezifisch für die sportliche Fahrweise entwickeltes Gerät, das besser zu steuern, bequemer und vor allem auch schneller ist.
Bei einem Rodel sind die Kufen beweglich montiert und verfügen – je nach sportlichem Verwendungszweck – über eine mehr oder weni-
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Sportrodel
Bespannte und tiefer liegende Sitzmatte Bewegliche Holme
Kufe Schiene auf der Kufe
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ger starke Neigung der Schienen nach innen. So weist ein guter Touren- oder Freizeitrodel eine maximale Neigung der Stahlschienen von 18 Grad auf. Bei einem Sportrodel kommt die Neigung auf 24 Grad. Dieser Neigungswinkel kann bei internationalen Sportwettkämpfen mit Rennrodeln – welche auf einer Natureisbahn (Unterschied zwischen den verschiedenen Schlittelbahntypen siehe unten) gefahren werden – bis zu 45 Grad erreichen.
Im Gegensatz zum Schlitten, bei dem beide Kufen durch die Querjoche fest miteinander verbunden sind, hat ein Rodel beim vorderen Querjoch eine bewegliche Verbindung, somit ein flexibles Holzgerüst, bei dem die Kufen lose verbunden sind. Speziell der Sitz besteht nicht aus starren und harten Holzleisten wie bei einem Schlitten, sondern ist mit einem flexiblen Material bespannt. Die Sitzplane ist in der Regel tiefer gesetzt, der Schwerpunkt somit ebenfalls tiefer und dadurch kann man nicht vom Sitz rutschen. Ein bespanntes Sitztuch bietet den Vorteil, dass der Rodel Schläge und Wellen der Schlittelbahn besser absorbiert und wie eine Federung funktioniert.
Aufgrund dieser Bauweise bietet ein Rodel ein völlig anderes Fahrgefühl, eine höhere Geschwindigkeit und vor allem aber mehr Sicherheit. Denn durch die tiefer liegende Sitzposition fliegt man nicht vom Schlitten oder rutscht oder driftet in die Kurve, wie auf einem
Schlitten mit hoher Sitzposition, sondern man nimmt die Geschwindigkeit aus der Kurve mit. Dadurch erhöht sich die Fahrfreude um ein Vielfaches.
Ein Rodel ist nicht nur leichter lenkbar, spurtreuer und schneller als ein Davoser, sondern auch rückenschonender und damit vom gesundheitlichen Aspekt her zu bevorzugen. Ein guter Rodel besitzt mit schräggestellten Kufen, auf denen die Stahlschienen montiert sind, verschiedenste Möglichkeiten, sich dem Fahrbahnbelag einer Schlittelbahn anzupassen. So ist bei einer harten oder teilweise vereisten Bahn eine steilere Kufenneigung für das flottere Fahren entscheidend. Hingegen gleitet es sich bei einer weichen Schneefahrbahn mit einer eher flacheren Kufe oft besser.
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Durch Gewichtsverlagerung wird ein Rodel gesteuert.
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Zum Anhalten stets mit beiden Füssen flach in den Schnee drücken. Eine sportliche Fahrweise bedingt eine gute Technik.
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Vor der Kurve anbremsen, also mit beiden Füssen flach auf den Schnee drücken.
Fahrtechnik eines Rodels
Grundsätzlich ist auf einem Rodel die Rückenlage am besten geeignet. Niemals auf dem Bauch liegend mit dem Kopf voran fahren! Ein Freizeit- oder Tourenrodel kann auf längeren Abfahrten auch sitzend gefahren werden, ein Sportrodel hingegen stets nur liegend.
Die richtige Fahrtechnik beginnt mit der optimalen Sitzposition. Man sitzt eher im hinteren Bereich der Sitzfläche und die Beine werden nach vorne ausgestreckt. Diese liegen locker neben den vorderen Längsholmen des Rodels. Eine Hand hält den Lenkriemen, die andere hält den Längsholm des Rodels. In dieser Sitzposition kann man optimal lenken und bremsen und hat bei Hügeln und Buckeln das Gerät stets im Griff.
Die Kurvenfahrt unterscheidet sich grundsätzlich von derjenigen mit einem starren Holzschlitten. Gelenkt wird durch Gewichtsverlagerung in die jeweilige Richtung. Zusätzlich wird die kurveninnenseitige Kufe mit Hilfe des Lenkseils leicht nach oben gezogen, um den Druck zu vermindern. Gleichzeitig erfolgt mit dem Fuss (im Knöchelbereich) ein Druck auf die Aussenkufe. Das kurveninnenseitige Bein wird leicht gehoben und übt keinen Druck aus. Das Gewicht des Oberkörpers verlagert sich in die Innenkurve und die Hand streift leicht über den Schnee. So bekommt man nicht nur ein Gefühl für die Kurve, sondern hat zusätzlich Stabilität. Die vertiefte Sitzposition erlaubt es, auch mit grösserer Geschwindigkeit die Kurve zu nehmen, denn der Rodel driftet oder rutscht dank seiner geneigten Kufen nicht weg.
Bremstechnik eines Rodels
Die Bremstechnik eines Rodels ist ähnlich der eines Schlittens. Bei der liegenden Fahrthaltung auf einem Rodel ist es wichtig, zuerst den Oberkörper aufzurichten, die Knie anzuwinkeln und beide Füsse flach in den Schnee zu drücken. Für eine Vollbremsung gilt das Gleiche wie bei einem Schlitten. Gebremst wird wie beim Autofahren vor der Kurve und nicht erst mittendrin. Ausserdem fährt man eine Kurve, speziell mit einem Rodel, nicht an ihrer Innenseite an, sondern nützt den vollen, äusseren Kurvenradius – stets von aussen nach innen.
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Tipp
Bei Vermietstationen werden neben den klassischen Holzschlitten auch vielfach Rodel oder Rennschlitten angeboten. Es gibt verschiedenste Typen von Schlitten oder Rodelschlitten, sei es mit harten Holzsitzen, bespannten oder gepolsterten Sitzflächen. Entscheidendes Kriterium dafür, ob ein Gerät als Rodel bezeichnet werden kann, ist die Beweglichkeit der Kufen. Testen Sie, bevor Sie ein Gerät mieten, mit beiden Händen, ob sich die Kufen im aufrechten Zustand hin- und herbewegen lassen oder ob diese starr sind. Je besser die Beweglichkeit, umso besser sind die Lenkbarkeit, der Fahrkomfort und damit schlussendlich auch die Fahrfreude.
Weitere Tipps
Wenn Sie einen klassischen Holzschlitten mit Holzleisten als Sitzfläche haben oder mieten, achten Sie darauf, eine zusätzliche Polsterung mit einem Kissen oder einer anderen strapazierfähigen, weichen Unterlage zu verwenden. Fixieren Sie diese aber mit guten Riemen oder Bändern am Schlitten, damit sie während der Fahrt nicht verloren gehen oder abrutschen kann.
Achten Sie darauf, dass Zugseil, Lenkriemen oder Lenkseil bei der Abfahrt weder zu lang noch zu kurz sind, denn dies würde rasch eine falsche Sitzposition bewirken.
Für das Ziehen eines Schlittens oder Rodels ist es angenehmer, wenn das Zugseil länger ist. Deshalb sollte ein schnell verstellbares Zugseil montiert sein, welches Sie bei der Abfahrt entsprechend verkürzen und beim Ziehen verlängern können.
Infobox
Schon von klein auf will man sich mit anderen messen.
Doppelsitzer bei einem Swiss Cup Rennen.
Natureisbahn für Rennsportler.
Wettkampfmässiges Naturbahnrodeln
Es gibt drei Disziplinen beim sport- lichen Wettkampfrodeln auf der Naturbahn: Sportrodeln, Rennrodeln und Hornschlittenrodeln. Alle diese Sportarten werden wettkampfmässig auf einer Natureisbahn ausgetragen. Rennrodel und Hornschlitten sind in Form eines Weltcups organisiert. Die wichtigsten Rennen der beiden Disziplinen sind die alle zwei Jahre alternierend stattfindenden Welt- und Europameisterschaften in den angrenzenden europäischen Alpenländern. Bei den Sportrodlern sind vor allem die nationalen Rennen und der jedes zweite Jahr stattfindende grosse Preis von Europa von Bedeutung. In der Schweiz gibt es keine Natureisbahn, sodass Schweizer Athleten aller drei Disziplinen nur im benachbarten Ausland trainieren und Rennen fahren können. Im Anhang finden Sie eine Liste von Clubs und Vereinen, die regelmässige Lehrgänge, Trainings und die Teilnahme an nationalen und internationalen Rennen anbieten und organisieren. Jeder Club ist offen für Neumitglieder. Internationale Rennen und Trainings werden über den Rodelverband Swiss Sliding Naturbahn organisiert und koordiniert.