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LASST DIE FLOCKEN TREIBEN
Der Winter kommt mit lautem Wind, Malt an Fensterscheiben; Ist ein loses wildes Kind, Lässt die Flocken treiben.
Wirft den Schnee ins weite Land. Wipfel, die sich sträuben, Schüttelt es mit trotzger Hand, Lässt die Flocken treiben.
Ist nur herzlos nicht sein Spiel, Lasst es tun und leiben, Alles drängt zum guten Ziel. Lasst die Flocken treiben.
Gönnt dem Winterkind die Freud, Immer kann’s nicht bleiben, Einmal zähmt es eignes Leid –Lasst die Flocken treiben.
14.Januar 1916, aus dem siebten blauen Heft, im Brief an Waldburga Heusser, auch in: «Heidebauer»
Auftrag An Den Wind
Du wilder Sturm, was rennst du um die Fenster Und schüttelst an den Tannen Ast um Ast?
Mir wird nicht bang, ich glaub nicht an Gespenster.
Du bist, willst lieb sein, mir willkommner Gast. Du bist so schnell wie niemand, hast ja Flügel. Jetzt bist du da, im Nu schon wieder fort, Mit Blitzeseil durch Täler, über Hügel
Geht deine Fahrt und kennst auch jeden Ort. So gib ein Ziel für diesmal deinen Fahrten. Nimm meinen Auftrag, doch vergiss es nicht. Flieg vor das Haus im stillen Garten, Klopf an, wo durch das Fenster grüsst ein Licht. Dort halte Rast. Nimm dann zur Hand die Geigen, Vom Wandern singst und fidelst du dein Lied, Dass mächtig schwillt und braust der Töne Reigen.
Wenn nach dem Sänger dann ein holdes Antlitz sieht, So grüss und küss es, doch nicht allzu heiss, In meinem Namen, hörst du, zart und leis.
13. Dezember 1918, bei den rekonvaleszenten Soldaten auf dem Uetliberg, loses Blatt