Ulrich Matheja
VERLAG DIE WERKSTATT
SCHLAPPEKICKER & HIMMELSSTÃœRMER Die Geschichte von Eintracht Frankfurt
Titelabbildung „Dream-Team“ von dem Eintracht-Comic-Zeichner Michael Apitz. Entnommen aus dem Buch „ADLERTRÄGER“ von Michael Apitz und Henni Nachtsheim, Frankfurter Societätsverlag, 2015. Zu sehen sind in der ersten Reihe (sitzend): Bernd Hölzenbein, Jürgen Grabowski, Uli Stein, Kevin Trapp, Anthony Yeboah, Uwe Bein; in der zweiten Reihe: Jörg Berger, Bernd Nickel, Christoph Preuß, Jay-Jay Okocha, Oka Nikolov, Uwe Bindewald, Jan Aage Fjörtoft, Armin Veh; in der dritten Reihe: Dragoslav „Stepi“ Stepanovic, Alfred Pfaff, Charly Körbel, Bum-Kun Cha, Ralf Falkenmayer, Alexander Schur, Ioannis Amanatidis; in der vierten Reihe: Thomas Zampach, Ralf Weber, Maurizio Gaudino, Alex Meier, Bruno Pezzey, Manfred Binz (jeweils von links nach rechts).
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Copyright © 2017 Verlag Die Werkstatt GmbH Lotzestraße 24a, D-37083 Göttingen www.werkstatt-verlag.de Alle Rechte vorbehalten Satz und Gestaltung: Verlag Die Werkstatt, Göttingen Druck und Bindung: CPI, Leck ISBN 978-3-7307-0349-6
Inhalt
Vorwort
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1899 bis 1911 Die Wurzeln der Eintracht
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Wie der Ball in Frankfurt ins Rollen kam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . s Einwurf: Walther Bensemann, der Pionier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der „Frankfurter Fußball-Club Victoria“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die „Frankfurter Kickers“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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11 11 13 16 25
1911 bis 1920 Vom Frankfurter Fußball-Verein zur Eintracht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
Der Hattrick im Nordkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Erster Weltkrieg und Revolutionswirren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 s Einwurf: „Reinliche Scheidung“ auch bei Eintracht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 1920 bis 1933 Der Weg zurück an die Spitze
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Aller Anfang ist schwer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Im Schatten des FSV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . s Einwurf: Vom Schießstand zur Commerzbank-Arena. Die Geschichte des Frankfurter Waldstadions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Macht am Main . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . s Einwurf: Paul Oßwald . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . s Einwurf: Die Professionalisierungsfrage bleibt ungelöst . . . . . . . . . . . . . . . 1933 bis 1945 Zwischen Krieg und Frieden .
53 53 57 66 75 79 95
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Rückschläge in der NS-Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 s Einwurf: „Schlappekicker“, „Juddebube“ – Die Eintracht im Dritten Reich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 s Einwurf: Die Reichsliga als Instrument der NS-Sportpolitik . . . . . . . . . . . . 119 Fußball und totaler Krieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 s Einwurf: Zwischen Parolen und Wirklichkeit: Fußball im Krieg . . . . . . . . . . 130
1945 bis 1963 Eintracht in aller Welt
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Heimatlos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . s E inwurf : Der Kampf um den „neuen“ Riederwald . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anschluss an die Spitze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . s E inwurf : Pioniere in Europa: Der Messe-Pokal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . s E inwurf : Zeichen einer neuen Zeit: Flutlicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . s E inwurf : Die „launische Diva“: Tradition verpflichtet? . . . . . . . . . . . . . . . . Der Durchbruch zur Spitze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . s E inwurf : 28. Juni 1959: Eine Stadt im Endspiel-Fieber . . . . . . . . . . . . . . . . s E inwurf : Interview mit Alfred Pfaff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
133 133 147 150 157 159 168 171 179 186
1963 bis 1971 Mittelmaß in der Bundesliga . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199
s E inwurf : Sommerfußball: Intertoto-Runde und Alpenpokal . . . . . . . . . . . . 209 1971 bis 1981 Deutschlands Stolz: der „Grabi“ und der „Holz“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
s E inwurf : Eintracht-Trikots: Tradition und Marketing
. . . . . . . . . . . . . . . .
244
1981 bis 1989 Der Kampf ums Überleben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249
s E inwurf : Die Fans: Der „Randalemeister“ wirkt bis heute nach . . . . . . . . . . 265 1989 bis 1996 Erfolg macht blind
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
s E inwurf : Vom Vorzeige-Klub zur Geldvernichtungsmaschine . . . . . . . . . . .
275 293
1996 bis 2003 Auf der Suche nach sich selbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299
s E inwurf : Alexander Schur: Ein Star zum Anfassen
. . . . . . . . . . . . . . . . . .
320
2003 bis 2016 Von Unterhaching nach Porto
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 s E inwurf : Zehn Jahre Eintracht-Museum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 s E inwurf : Nicht im Herzen von Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 s E inwurf : Interview mit Heribert Bruchhagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383
2016 bis 2017 Aufbruch zu neuen Ufern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388
s E inwurf : Über Lokalderbys und Rivalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395
Die Eintracht meisterhaft: Alfred Pfaff präsentiert die Schale, nachdem Kickers Offenbach am 28. Juni 1959 im Endspiel mit 5:3 bezwungen wurde.
Statistik: Die Eintracht 1899 - 2017
Das ABC der Eintracht-Spieler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Eintracht in der Meisterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Süddeutscher, Tschammer- und DFB-Pokal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Europapokal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Vorsitzenden und Präsidenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Trainer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Nationalspieler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Eintracht-Amateure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reserve, Jugend, Frauen, Futsal-Team, FFC Victoria von 2012 . . . . . . . . . . . . . . Zuschauer-Statistik seit 1920 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daten zum Verein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Autor / Fotonachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
402 444 463 470 472 474 475 478 480 484 486 487 496
Vorwort
1. Auflage 1998
2. Auflage 2004
3. Auflage 2006
Der „Schlappekicker“ ist erwachsen geworden. Vor 19 Jahren, im Oktober 1998, erblickte er das Licht der Welt. Er war 13,5 x 21,5 cm groß und 384 Seiten schwer. Die Eintracht hatte gerade den Wiederaufstieg in die Bundesliga geschafft, feierte im März 1999 ihren 100. Geburtstag und schließlich am letzten Spieltag den Klassenerhalt. Der „Schlappekicker“ entwickelte sich prächtig, überstand die Kinderkrankheiten (in diesem Fall den zweiten Abstieg 2001) und legte dank einer treuen Fangemeinde zu. 2003 war der nun Fünfjährige auf 16,5 x 24,5 cm und 432 Seiten angewachsen. Leider verpasste er 2004 die Einschulung und musste noch ein Jahr in der 2. Bundesliga verbringen. Doch dann startete er durch. Er überstand manche Prüfung und präsentierte sich 2006 als Pokal-Finalist und UEFA-Pokal-Teilnehmer mit nun stolzen 476 Seiten. 2011 bekam er ein Brüderchen: „Unsere Eintracht“, die Chronik. Man war stolz im Hause Eintracht, obwohl man die Versetzung nicht geschafft hatte und eine Ehrenrunde drehen musste. Doch der „Schlappekicker“ gab niemals auf, ging 2013/14 auf Wanderschaft durch Europa und schaffte mit Hilfe eines kroatischen Nachhilfelehrers auch 2016 das Klassenziel. Lehrjahre sind halt keine Herrenjahre. Nun blickt er voller Tatendrang in die Zukunft. Wer aus den Fehlern der Vergangenheit lernt, dem sollte es vor der Zukunft nicht bange sein. Zumal der „Schlappekicker“ aus einem stabilen Umfeld kommt. Bis 2003 zählte die Eintracht-Familie 6.000 Mitglieder, 2006 waren es schon über 10.000 und heute über 45.000! Auch im Umfeld hat sich viel verändert. Jan-Aage Fjörtofts sensationeller Übersteiger zum Klassenerhalt 1999 vollzog sich noch im alten Waldstadion, wo es eine Laufbahn zwischen Spielfeld und Tribünen gab und alle Stehplätze nicht über8
VORWORT
Da kam Hoffnung auf: Ante Rebic wird nach dem Ausgleichstor im Pokal-Endspiel 2017 von seinen Mitspielern beglückwünscht. Am Ende hieß es aber doch 1:2.
dacht waren. Für mich ist das jetzige Stadion schon das dritte, das ich erlebt habe. 1966, bei meinen ersten Gehversuchen in der großen, weiten Fußballwelt, stand noch die alte Haupttribüne aus dem Jahr 1925. In dieser Umgebung hatte die Eintracht 1959 die Meisterschaft geholt und war ein Jahr später ins Endspiel des Europapokals der Landesmeister gestürmt. Immerhin können inzwischen auch die jüngeren Fans stolz singen, die Eintracht in einem Endspiel gesehen zu haben. 2017 sogar mit Jürgen Grabowski, der vor dem Finale gegen Borussia Dortmund mit Bernd Hölzenbein und Karl-Heinz Körbel von Tausenden Fans enthusiastisch gefeiert wurde. Leider haben uns in den letzten Jahren auch viele verlassen, so im Juli 2017 Gert Trinklein, der 1974 mit seinem Tor den Grundstein zum ersten Pokalsieg legte. Auch auf den Tribünen vermisst man inzwischen das eine oder andere bekannte Gesicht. Etwa Wolfgang Deters, mit dem ich Mitte der 1970er Jahre in unserer Fan-ClubMannschaft gespielt habe. Er ging Anfang August 2017 in seinem 59. Lebensjahr für immer von uns. Allen, die nun vom großen Adler-Himmel aus zuschauen, seien die VORWORT
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Worte von Immanuel Kant mitgegeben: „Wer im Gedächtnis seiner Lieben lebt, der ist nicht tot, der ist nur fern; tot ist nur, wer vergessen wird.“ Und Eintracht-Fans vergessen nie. Weder die großen Spieler der Vergangenheit noch die, die ihnen beim Fußballspielen zuschauen durften. Aber so ist das Leben. Jüngere schließen die Lücken, die die Älteren hinterlassen. Denn ohne Jugend keine Zukunft. Zwar kann einem angesichts der sich stetig schneller drehenden Spirale von TV-Geldern, Transfersummen und Spielergehältern manchmal schwindlig werden, und auch wenn eine Meisterschaft momentan Lichtjahre entfernt zu sein scheint, so darf man doch wenigstens von ihr träumen. Denn die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Letztendlich muss jeder seinen eigenen Weg finden. Auch im Fußball. Oder, um es mit den Worten des Wiener Schriftstellers, Journalisten und bekennenden Austrianers Friedrich Torberg (*1908, †1979) auszudrücken: „Eintrachtler ist, wer’s trotzdem bleibt.“ Dennoch überwiegen nach über einem halben Jahrhundert als Eintracht-Fan die positiven Erinnerungen. Selbst wenn es seit 1988 keine Titel mehr zu feiern gab und der Name des Torschützen vom ersten Oberliga-Heimspiel 1945 gegen den 1. FC Nürnberg (1:4) vermutlich nie ermittelt werden kann. Und der Traum eines Rufs „Elfmeter in Rostock!“ weiterhin ein Albtraum bleiben wird, obwohl wir auch mit Jörg Dahlmanns „Eigentor in Frankfurt!“ vom letzten Spieltag 2012/13 gut leben können. Vorerst jedenfalls. Auch diesmal gilt mein Dank all denen, die mich bei meinen Recherchen unterstützt und auf meine vielen Mails geantwortet haben. So Nina Bickel vom e.V., der Crew vom Eintracht-Museum, das für viele die „gut Stubb“ des Stadions geworden ist, Jörg Heinisch und den Mitarbeitern von „Fan geht vor“, Dr. Othmar Hermann und seinem schier unendlichen Fundus an Eintracht-Sammelstücken sowie meiner Freundin Barbara, mit der ich das Spieler-Abc in eine neue Form gegossen habe. Und natürlich all denen, die mir schon bei den vorherigen Auflagen geholfen haben. Sie haben das Fundament geschaffen, auf dem die nun vorliegende vierte Auflage des „Schlappekickers“ aufbaut. Last, not least danke ich dem Verlag Die Werkstatt und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, zu denen jetzt schon seit 1996 ein freundschaftliches Verhältnis besteht. Stellvertretend für alle möchte ich Bernd Beyer erwähnen, dem ich 1996 auf der Buchmesse in Frankfurt den Vorschlag eines Buches über die Eintracht unterbreitete. Das Resultat halten Sie in Händen. Viel Spaß bei der Lektüre – und weiterhin beim Zuschauen im Stadion. Ulrich Matheja, im September 2017
PS: Für Korrekturen und Ergänzungen – insbesondere zum Spieler-Abc – bin ich jederzeit dankbar: u.matheja@t-online.de. 10
VORWORT
® E inwurf : Interview mit Alfred Pfaff
„Nur mit Kampf geht nichts“ Alfred Pfaff (*16. Juli 1926, † 27. Dezember 2008) war in den 1950er und Anfang der 1960er Jahre die Seele des Eintrachtspiels. Gefürchtet waren seine angeschnittenen Freistöße, mit denen er so manches wichtige Tor erzielte. Für das Eintracht-Fanzine „Fan geht vor“ besuchten Matthias Thoma und Jörg Heinisch „Don Alfredo“ 1997 in seinem Gasthof in Zittenfelden im Odenwald. Bis heute hat das Interview nichts von seiner Aktualität eingebüßt. Es wurde noch angereichert mit Aussagen Pfaffs aus dem Film von Wolfgang Avenarius „Eine Diva wird 100. 100 Jahre Fußball Eintracht Frankfurt“ (1999), der im Hessen-Fernsehen zu sehen war. Anlässlich seines 80. Geburtstags wurde Alfred Pfaff 2006 mit dem Hessischen Verdienstorden ausgezeichnet. Seit dem 9. Dezember 2013 heißt die Zufahrt zum Leistungszentrum der Eintracht „Alfred-Pfaff-Straße“. Alfred Pfaff, können Sie sich noch genau an die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft und die Europapokalspiele erinnern? Sicher, das ist ganz klar, dass wenn man solche Erfolge hat, dass man da nichts vergisst. Ihr erstes Europapokalspiel war aber nicht mit der Eintracht, sondern an der Seite von FSV- und OFC-Spielern für die Frankfurter Stadtauswahl im Messecup gegen London. Wie bewerten Sie diesen Wettbewerb im Nachhinein? Das war ein sehr guter und auch hochrangiger Wettbewerb. Da haben lauter ausgesuchte Spieler in den Stadtmannschaften gespielt. Das erste Spiel war ja in London, das war eine große Sache. Erst einmal, dass man mal im Wembley-Stadion gespielt hat, denn dort durfte ja nicht jeder spielen. Das war für uns schon eine große Ehre. Wie war der Stellenwert damals bei den Zuschauern? Der Stellenwert war hoch. Überhaupt waren Offenbach, der FSV und die Eintracht ja drei großartige Mannschaften. Die hatten ja alle ihre Fans. Wenn wir dann zusammen gespielt haben, dann hat das ganze Offenbacher und Frankfurter Fußballvolk hinter uns gestanden. Welche Bedeutung hatten damals die Lokalderbys gegen Offenbach oder den FSV? Die hatten eine große Bedeutung. Schon Wochen vorher waren da Gespräche in ganz Frankfurt. Da ging es nur noch um die Derbys. Wir hatten einen Fan, der Hermann Heller von der Großmarkthalle, das war ein Gastronom. Der andere Gastronom war der Pulverkopf vom FSV. Die beiden haben immer Wetten abgeschlossen. Das ging da schon um eine ganze Menge Geld. Die Fans der Eintracht konnten, wenn die Eintracht gewonnen hatte, beim Pulverkopf im FSV-Lokal essen und trinken, so viel sie 186
EINWURF: ALFRED PFAFF
wollten. Umgekehrt war es genauso. Die letzten Jahre war es halt immer so, dass wir beim Pulverkopf zugeschlagen haben. Konnten da alle Fans hingehen? Na ja, die engeren Fans. Gab es private Kontakte zu den Spielern von Offenbach oder dem FSV, oder war da mehr Rivalität? Nein, ich z.B. hatte gute Kontakte zum Gerd Kaufhold [Spielführer der Kickers, Anm. d. Red.]. Der hatte ein Tabak- und Süßwarengeschäft und hat mich in meinem Lokal beliefert. Wir waren auch so befreundet. Im Spiel ist das natürlich immer was anderes. Aber danach waren wir immer zusammen und haben auch mal ein Bier zusammen Alfred Pfaffs größter Erfolg: getrunken. Unter den Zuschauern gab es eine Deutscher Meister 1959. größere Rivalität, das war klar. Wie war damals die An- und Abreise, war das sehr beschwerlich? Das Weiteste war ja, wenn wir mal nach Regensburg, Augsburg oder München mussten. Da sind wir halt mit Sonderzügen gefahren. Wir hatten einen Fan, der war bei der Bahn, der Herr Wohlleber. Der hat uns die Züge zusammengestellt. Da sind wir dann mit den Fans hingefahren. Konnten da alle mitfahren? Das hat ja auch Geld gekostet, und so viel hatten die Leute ja auch nicht. Das waren immer nur die – sagen wir mal „Guten“ –, die auch Geld hatten, die da mitgefahren sind. Wie viele Eintracht-Fans haben damals im Durchschnitt ein Auswärtsspiel besucht? Das ist schwer zu sagen. Wenn es mal viele waren, waren es so 200-300. In Berlin beim Endspiel waren dann natürlich ein paar Tausend. Aber bei einem normalen Punktspiel in Regensburg oder Augsburg waren vielleicht 100 mit. Hat man die wahrgenommen? Sicher. Es sind ja viele mit dem Auto gefahren, die hat man dort gesehen. Man hat die ja alle persönlich gekannt. Wie haben die Fans auf sich aufmerksam gemacht? Die hatten Fahnen dabei. Sind Sie nach dem Spiel zu den Fans in die Kurve gegangen und haben dort gefeiert? Nein. Nach dem Spiel ist man z.B. am Riederwald in die Gaststätte gegangen. Dort waren dann auch die Fans gewesen. Wir waren halt damals enger mit den Fans zusammen, was heute nicht mehr so ist. Wenn heute das Spiel aus ist, gehen die ja alle auseinander. Da gibt es keine Kameradschaft mehr. EINWURF: ALFRED PFAFF
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2016 bis 2017
Aufbruch zu neuen Ufern
2016/17 ■ Pokal-Endspiel als emotionaler Höhepunkt Bereits in den letzten Spielen der abgelaufenen Saison hatten sich die Lauf- und Sprintwerte der Mannschaft beträchtlich verbessert. Trainer Kovac stellte hohe Anforderungen. „Ich kann nur offensiv spielen, wenn ich defensiv denke“, lautete einer seiner Leitsätze. „Man darf gespannt sein, wie Kovac den Spagat zwischen Kampf und Kunst, zwischen defensiver Stabilität und mehr Schwung in der Offensive schafft. Sein Vorgänger Armin Veh scheiterte zuletzt an diesem Balanceakt, und unter Thomas Schaaf funktionierte 2014/15 nur das Angriffsspiel“ („Kicker“-Sonderheft 2016/17). Beim Umbau des Kaders mussten allerdings nicht nur die Qualität erhöht, sondern auch Transfergewinne erzielt werden. Auf etwa sechs Millionen Euro bezifferte Finanzvorstand Oliver Frankenbach die Summe. „Was immer verkannt wird: Wir haben außerordentlich hohe Transfererlöse erzielt, aber auch Momentaufnahme enorm viel investiert.“ Der scheidende Vorstandsvorsitzende einer wechselhaften Heribert Bruchhagen sprach sogar „von den höchsten InvestiSaison. tionen meiner Amtszeit.“ („Kicker“ von 20. Juni 2016) Bis zum Ende der Transferperiode I Ende August wurde dieser Betrag mit 5,65 Millionen Euro auch fast erreicht. Transferausgaben in Höhe von 2,9 Millionen standen -einnahmen in Höhe von 8,55 Millionen gegenüber. Allerdings waren fünf der neun neuen Spieler auf Leihbasis an den Main gekommen: Hector (FC Chelsea), Rebic (AC Florenz), Tarashaj (FC Everton), Vallejo (Real Madrid) und Varela (Manchester United). Gegen gutes Geld abgegeben wurden Aigner (2,5 Mio., TSV München 1860), Castaignos (2,5 Mio., Sporting Lissabon), Ignjovski (750.000, SC Freiburg), Waldschmidt (1,3 Mio., Hamburger SV) und Zambrano (1,5 Mio., Rubin Kasan). 5,5 Millionen Euro brachte der Wiedereinstieg der Brauerei „Krombacher“ als Trikotsponsor. Dennoch erwarteten die Experten, dass die Eintracht erneut gegen den Abstieg spielen werde. „Ruhiger wird die neue Spielzeit nur dann, wenn viele der Neuzugänge einschlagen“ („Kicker“ vom 11. August 2016). Hoffnungen darauf machte der aus Gladbach geholte Schwede Branimir Hrgota, der im Test gegen den spanischen 388
2016 BIS 2017
Ruhe bewahren: Fredi Bobic.
Europa-League-Starter Celta Vigo (3:1) zwei Treffer erzielte. Eine Woche vor dem Bundesligaauftakt präsentierte sich die Eintracht im Pokal beim 1. FC Magdeburg jedoch in bedenklicher Verfassung. Trotz früher Führung ließ sie sich vom Drittligisten den Schneid abkaufen und hatte es am Ende nur Torhüter Hradecky zu verdanken, im Elfmeterschießen eine Runde weiterzukommen. Doch am 1. Spieltag gegen die favorisierten Schalker präsentierte sich dann eine „neue Eintracht“, die „im Vergleich zum Pokal wie verwandelt spielt[e]“ („Kicker“ vom 29. August 2016). Der 1:0-Sieg war verdient und hätte sogar höher ausfallen können. Alexander Meier scheiterte mit einem Foulelfmeter allerdings an Ex-Eintracht-Keeper Fährmann. Zu denken gab, dass Innenverteidiger Hector wie schon eine Woche zuvor in Magdeburg erneut vom Platz flog. Genauso ärgerlich, dass man in Darmstadt trotz 78 % Ballbesitz am Ende mit leeren Händen dastand, als sich ein verunglückter Flankenball von Sirigu in der letzten Minute über Keeper Hradecky hinweg zum Tor des Tages ins Netz senkte. Nach Siegen gegen Bayer Leverkusen (2:1) und in Ingolstadt (2:0) rückte die Eintracht erstmals auf Platz vier vor, rutschte aber nach einem 3:3 gegen Hertha BSC und einem 0:1 in Freiburg wieder aus den Europapokalrängen. Als einige schon wieder einen „heißen Herbst“ prognostizierten, mahnte Sportvorstand Bobic vor dem Heimspiel gegen Bayern München zur Ruhe: „Wir wissen, dass an einem ganz normalen Tag alles seinen ganz normalen Lauf nimmt. Aber wir müssen versuchen, den Tag zu einem außergewöhnlichen Tag zu machen“ („Frankfurter Rundschau“ vom 11. Oktober 2016). Und es wurde ein außergewöhnlicher Tag und der Auftakt zu einem „goldenen Oktober“. Der Rekordmeister ging zwar zweimal in Führung, präsentierte sich aber sonst „ohne Pep“ und musste nach einem Platzverweis gegen Huszti gegen zehn Frankfurter noch das 2:2 durch Fabian hinnehmen. Ende November stand die Eintracht nach acht Spielen ohne Niederlage wieder auf dem vierten Platz. Elf erzielte Tore reichten, 2016 BIS 2017
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Eine Szene, symptomatisch für die Rückrunde: Branimir Hrgota hat Manuel Neuer bereits umspielt und das leere Tor vor sich. Da spitzelt ihm Mats Hummels mit der „Grätsche des Jahres“ den Ball vom Fuß und verhindert die Eintracht-Führung.
um 16 Punkte zu holen. Dabei trugen sich acht verschiedene Spieler in die Torschützenliste ein, dazu kam ein Eigentor des Hamburgers Holtby. Zum Glanzstück hatte sich die Abwehr mit Abraham und Vallejo im Zentrum, Chandler und Oczipka auf den Außenpositionen und Hasebe als Abräumer auf der „6“ oder als dritter Mann im Abwehrzentrum entwickelt, die wenig bis gar nichts zuließen. Außerdem wurde im Pokal gegen den FC Ingolstadt 04 nach erneutem Elfmeterschießen das Achtelfinale erreicht. Zahlreiche Statistiken belegten, dass sich die Eintracht in fast allen Bereichen (Chancen, Torschüsse, Laufstrecke, Sprints, Passquote, Ballbesitz) verbessert hatte. Trainer Kovac warnte aber auch davor, dass sich der Spieß drehen könnte. „Der Druck steigt, weil wir jetzt eher gejagt werden.“ („Kicker“ vom 1. Dezember 2016) Früher sei es einfacher gewesen, „da waren wir die Jäger.“ („Frankfurter Rundschau“ vom 30. November 2016) Die Serie riss nach bester Eintracht-Tradition beim VfL Wolfsburg (0:1), der aus seinen bisherigen sieben Heimspielen erst zwei Punkte geholt hatte. Den möglichen Ausgleich vergab Alexander Meier, als er einen Elfmeter übers Tor schoss. Ein 3:0 gegen Mainz 05 im letzten Heimspiel 2016 sorgte für festliche Stimmung in der Festung Waldstadion, wo die Eintracht seit zehn Heimspielen nicht mehr verloren hatte und selbst die ganz Großen wie den FC Bayern (2:2) und Borussia Dortmund (1:0 und 2:1) gehörig geärgert hatte. Mit zwölf Gegentoren aus 16 Spielen wurde außerdem die alte Bestmarke aus der Saison 1990/91 (13) unterboten. Nur Spitzenreiter Bayern München hatte weniger Tore kassiert. Angesichts von nur 22 eigenen Treffern wollte Trainer Kovac im Trainingslager in Abu Dhabi vor allem das Angriffsverhalten verbessern. „Behält Frankfurt seine Heimstärke bei, ist der Einzug in den Europacup durch390
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aus realistisch“, urteilte der „Kicker“ am 19. Januar 2017 vor dem letzten Hinrundenspiel bei RB Leipzig. Und tatsächlich schien sich die Erfolgsgeschichte trotz des 0:3 auch im neuen Jahr fortzusetzen. In Leipzig geriet man schon nach 125 Sekunden auf die Verliererstraße, nachdem Torhüter Hradecky beim Rauslaufen ins Stolpern gekommen war, den Ball außerhalb des Strafraums mit der Hand spielte und Rot sah. Aus dem folgenden Freistoß resultierte die Führung für RB. Nach einem 1:0 auf Schalke und einem 2:0 gegen Darmstadt kletterte die Eintracht mit 35 Punkten auf den dritten Platz und schaffte drei Tage später mit einem 2:1 bei Hannover 96 den Einzug ins Pokal-Viertelfinale. Dabei machte Hradecky seinen Blackout von Leipzig wieder gut, als er in der sechsten Minute der Nachspielzeit einen Elfmeter hielt. Doch plötzlich riss der Faden. Fünf Niederlagen in Folge leiteten eine Serie von zehn Spielen ohne Sieg ein, in der man außerdem siebenmal ohne eigenes Tor blieb. Gegen Ingolstadt und Mönchengladbach konnten selbst Elfmeter nicht verwertet werden. Nach 487 Minuten wurde die Tordürre erst am 7. April 2017 beim 2:2 gegen Werder Bremen gestoppt. Da war die Eintracht nur noch Neunter. Es war die viertlängste Torflaute der Eintracht in der Bundesliga. Viele Niederlagen liefen nach dem gleichen Schema ab: Man spielte gefällig mit, ließ Chancen zur Führung aus und kassierte dann die Gegentore. So war es in Berlin (0:2), München (0:3) und Köln (0:1). Vom Glanz der ersten Saisonhälfte war nichts mehr zu sehen, auch weil Trainer Kovac aufgrund von Verletzungen und Sperren immer wieder gezwungen war, zu improvisieren. Selbst im Pokal zitterte man sich daheim gegen den Zweitligisten Arminia Bielefeld mit 1:0 ins Halbfinale. Emotionaler Höhepunkt des Spiels war das Comeback von Marco Russ, der nach 285 Tagen in der Nachspielzeit eingewechselt wurde. Aus den letzten 15 Saisonspielen wurden nur noch sieben Punkte geholt. Das war einer weniger als im Abstiegsjahr 2010/11. Den einzigen Sieg gab es am 22. April 2017 gegen den FC Augsburg (3:1) – drei Tage vor dem Pokal-Halbfinale bei Borussia Mönchengladbach. Auch hier ging es wieder ins Elfmeterschießen, und erneut konnte sich die Mannschaft bei Lukas Hradecky bedanken, der zwei Strafstöße parierte und den Einzug ins Pokal-Endspiel sicherte. Damit hatte die Eintracht wieder zwei Eisen im Feuer, denn der Abstand auf die Plätze 5 und 6 betrug nur drei, der auf Rang 7 sogar nur einen Zähler. Doch der Substanzverlust der letzten Wochen war zu groß. In Hoffenheim fehlten verletzungsbedingt Meier (Fersenprobleme), Hasebe (Knie-Operation), Mascarell (Achillessehnenentzündung), Gacinovic (Zerrung), Vallejo (Sehnenriss), Wolf (Schulter-Operation), Tawatha (Bänderriss), Andersson Ordonez (Wadenprobleme) und Medojevic (Reha). Dennoch war man einem 0:0 ganz nah, als ausgerechnet der Sohn von Sportdirektor Hübner in der letzten Minute den Hoffenheimer Siegtreffer erzielte. Gegen den VfL Wolfsburg (0:2) gab es einen beschämenden Auftritt, und das zum „Charaktertest“ hochstilisierte Spiel in Mainz ging nach einer 2:0-Führung mit 2:4 verloren. Immerhin gelang gegen Leipzig mit einem 2:2 noch ein einigermaßen versöhnlicher Abschluss. 2016 BIS 2017
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Gründe für den Absturz von Platz drei auf elf gab es genug. Mit dem verletzungsbedingten Ausfall von Marco Fabian und dem Verkauf von Szabolcs Huszti, den man kurz vor Transferschluss Ende Januar für 150.000 Euro nach China hatte gehen lassen, lief das Mittelfeld nicht mehr rund. In der Offensive verschlechterte sich die ohnehin mittelmäßige Chancenverwertung von 29,1 % nach 19 Spieltagen auf 23,2 %. Bester Torschütze war der Mexikaner Fabian mit sieben Treffern. Den Stürmern fehlte die Durchschlagskraft, und Alexander Meier (fünf Tore) saß in der Rückrunde meist nur auf der Bank. Zunächst von Niko Kovac selten berücksichtigt, am Ende verletzungsbedingt. Die einst so stabile Abwehr wirkte manchmal löchrig wie ein Schweizer Käse und blieb nur noch zweimal ohne Gegentor. Außerdem war die Eintracht mit sechs Platzverweisen und 83 Gelben Karten Letzter im Fair-Play-Ranking. Auch bei den „Kicker“-Noten gab es einen Einbruch. Nach dem 19. Spieltag war man mit einem Schnitt von 3,31 fünftbestes Team der Liga, danach rutschte er auf 3,83. Nur der HSV war noch schlechter. Natürlich gab es auch starke Momente. Aber eben nur phasenweise. So gegen Bremen und Leipzig (jeweils 2:2 nach 0:2-Rückständen), gegen den FC Augsburg, als Marco Fabian mit einer Energieleistung das Spiel mit einem Doppelpack drehte, oder im Pokal-Halbfinale in Mönchengladbach. In den meisten Spielen fehlte jedoch die
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mannschaftliche Geschlossenheit. „Ich habe nicht die Bereitschaft gesehen, alles für den Nebenmann zu geben“, kritisierte Trainer Kovac nach dem 0:2 gegen Wolfsburg. Stattdessen „habe ich zu viele Einzelkämpfer gesehen. Das ist nicht das, was uns stark gemacht hat“ („Frankfurter Rundschau“ vom 8. Mai 2017). Auch Bastian Oczipka fand deutliche Worte: „Wir sind eine Bundesligamannschaft, hatten eine lange Vorbereitung im Sommer, eine Wintervorbereitung, haben nur 34 Bundesliga- und ein paar Pokalspiele. Da muss man am Ende der Saison die Kraft haben.“ Für Lukas Hradecky waren auch die vielen Verletzten nur „eine Ausrede“. „Alle müssen in den Spiegel gucken und sich fragen: Kann ich etwas besser machen?“ („Kicker“ vom 15. Mai 2017). So fuhr die Eintracht als großer Außenseiter zum Pokal-Endspiel gegen den BVB nach Berlin. „Wir werden das letzte Atom Energie freisetzen“, versprach Niko Kovac im „Kicker“ vom 26. Mai. In der Tat zeigte sich die Eintracht in Berlin „vor einem Millionenpublikum von ihrer Schokoladenseite … Das lag auch an Größen aus Politik (Joschka Fischer), Sport (John Degenkolb) oder Fußball (Jürgen Grabowski, Bernd Hölzenbein, Charly Körbel oder Uli Stein), die den Verein in die Kapitale begleiteten, aber auch am Klub selbst, der deutlich an Format und Niveau gewonnen hat. Und es lag auch
Hoffnungsmoment: In der 29. Minute erzielte Ante Rebic den Ausgleich.
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Traurige Eintracht-Helden nach dem Schlusspfiff.
an den oft und oft genug (und gewiss oftmals auch zu Recht) gescholtenen Fans, die für eine imposante Stimmung und für eine Heimspielatmosphäre fernab der Heimat sorgten. Es zeugt von Größe und einigem Feingefühl, dass die Anhänger in der Kurve ihre unterlegene Mannschaft nach dem Abpfiff deutlich frenetischer feierten, als es die Dortmunder mit ihrem Gewinner-Team taten. Die Eintracht hat sich gezeigt“ („Frankfurter Rundschau“ vom 29. Mai 2017). Selbst die frühe Dortmunder Führung durch Dembele (8.) steckte die Mannschaft weg und hatte nach dem Ausgleich durch Rebic (29.) die große Chance zur Führung, doch Seferovic traf in der 39. Minute nur den Außenpfosten. Ausgerechnet dem bisherigen Pokalhelden Lukas Hradecky unterlief dann ein folgenschwerer Fehler, der zum Elfmeter und Sieg für den BVB führte (67.). „So wurde das Spiel zum Spiegelbild der ganzen Saison: Beeindruckend gekämpft, mit sensationellen Zwischenergebnissen, aber ohne den großen Erfolg am Ende“ („Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ vom 28. Mai 2017). Damit kommt auch der Aussage von Sportvorstand Fredi Bobic zu Beginn seiner Amtszeit fast prophetische Bedeutung zu: „Mittelfeld wird immer mit Mittelmaß gleichgesetzt. Das sehe ich nicht so. Wenn du ein fester Bestandteil der Bundesliga bist, hast du etwas erreicht. Diese Demut muss man zeigen können, das ist keine Schande … Wir müssen die Fans und die Stadt begeistern, um das Sponsoring hochzutreiben. Wenn die Menschen glücklich und stolz sind, zur Eintracht zu kommen, möchten sie auch finanziell dabei sein, sich verbunden fühlen“ („Kicker“ vom 2. Juni 2016).
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Die komplette Geschichte der Eintracht – von der Gründung ihrer Vorgänger vereine 1899 über die Erfolge in den frühen dreißiger Jahren, die Deutsche Meisterschaft 1959 bis zu den Highlights der Gegenwart. Ein Standardwerk, das keine Frage offenlässt und dessen umfangreicher Statistikteil für einen deutschen Fußballverein einzigartig ist.
ISBN 9783730703496 VERLAG DIE WERKSTATT