FohlenWelt – Leseprobe

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FOHLENWELT Den Mythos Borussia erleben

VERLAG DIE WERKSTATT


Willkommen in der FohlenWelt!

Das Erdgeschoss des Neubaus im BORUSSIA-PARK teilen sich der FohlenShop und – links zu sehen – die FohlenWelt. Borussia-8-Grad ist der nächste Entwicklungsschritt Borussias und das interaktive Vereinsmuseum ein neues Stück Heimat.



Inhalt Danke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Übersichtsplan FohlenWelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 60 Stücke Vereinsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Exponate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Die Vereinsstandarte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Netzers linker Schuh . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Roooooooels Trikot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Der Trainerstuhl von Jupp Heynckes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Pliskas Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Das Straßenschild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Laumens Stoff-Fohlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Der Torpfosten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Das Trikot für den „12. Mann“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Autogrammball aus Hiroshima . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Der angesengte Wimpel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Borussias Trikot von 1903 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Bumsi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Der Ball vom 11:0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Der DFB-Pokal von 1995 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Post aus dem Krieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Hans Meyers Lesebrille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Speisekarte zum Festbankett . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Champions-League-Trikot von Fabian Johnson. . . . . . 59 Fan-Wimpel aus der DDR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Die Kasse im „lovers’ lane“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Onkel Adolfs Foto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Grashoffs Pfeife . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 Tipp-Kicker im Weltall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Die Sitzschalen vom Bökelberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 25 Jahre Borussia – die Festschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 Das Flugblatt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 Das Elfmeterkiller-Trikot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 Gastgeschenk zum Weltpokalfinale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 Anzeigetafel Bökelberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 Dantes Haare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 Jepkens’ Mitgliedsausweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Pokal für Europas beste Mannschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

Das Trikot des Besiegten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Effenbergs Fahrrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Sonderzug-Ticket zum Aufstiegsspiel . . . . . . . . . . . . . . . . 93 Heynckes’ letzter Fußballschuh . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 DFB-Medaille von Heinz Ditgens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Uwe Rahns Torjägerkanone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Der Wimpel der Rangers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Weltmeister-Trikot von Christoph Kramer. . . . . . . . . . . . 103 Das Foto vom ersten Titel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 Netzers Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Der UEFA-Cup . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Luggi Müllers Nagel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 Das Schild von Block 16 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 Das erste FohlenEcho . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 Die Flugzeug-Husse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 Zauberer Weisweiler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Der „Tschammer-Pokal“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 Manolos Trommel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Stasi-Akten über Borussia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Die Medaille für das erste „Tor des Jahres“ . . . . . . . . . . . 127 Wiege-Liste aus der letzten Oberliga-Saison . . . . . . . . 129 Favres Notizzettel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 Die Meisterschale. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Borussias „Nationalhymne“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 Ein Stück Bökelberg-Rasen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 Der Ballon d´Or . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Die Cola-Büchse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

Mit allen Sinnen Borussia erleben . . . . . . . . . . . . . 144 Die FohlenWelt: Vom Plan bis zur Eröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 Das Stadion der kurzen Wege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154


Vorwort stieg in die Bundesliga wieder zurück in die 2. Liga musste, der ist heute immerhin schon mindestens an die 30 Jahre alt. Im BORUSSIA-PARK gibt es bei jedem Heimspiel zigtausend Zuschauer, Gladbach-Fans, die weder das eine noch das andere selber miterlebt haben. Die aber die alten Geschichten kennen. Die Geschichten von Triumphzügen durch Eicken, vom Pfostenbruch und vom Büchsenwurf, von verpfiffenen Europapokalspielen und gewonnenen Pokalendspielen. Wenn uns jemand fragt, warum Borussia Mönchengladbach ein Museum braucht, dann haben wir ihm genau das gesagt: weil wir unsere Geschichte erzählen wollen. Damit diejenigen, die damals dabei waren, das alles noch einmal erleben. Und damit die Jungen, die nur die Erzählungen kennen, sich jetzt selber ein Bild machen können, wie das alles damals war und warum unsere Borussia das geworden ist, was sie heute ist. Wir wollten Borussia für jedermann erlebbar machen. Deshalb haben wir kein Museum geplant, sondern eine Erlebniswelt: die FohlenWelt. Eine Ausstellung kommt heutzutage nicht mehr alleine mit alten Bildern, Sammlerstücken und Filmen aus. Wir leben in einer Welt der Interaktion und des digitalen Wandels. Das alles hat uns bei der Gestaltung der FohlenWelt gelenkt und bewegt. Unser Anspruch war es, eine Ausstellung zu konzipieren, die für alle Borussen, ob älter oder jünger, zu einem unvergesslichen Erlebnis wird. Eine Borussia-Welt, die Gänsehaut macht und jeden Besucher stolz darauf, ein Borusse zu sein. Für dieses Buch zur FohlenWelt haben wir 60 Exponate ausgewählt, die Teile unserer Dauerausstellung sind oder in Zukunft in einer Sonderausstellung zu sehen sein werden. Wir haben sie fotografiert und ihre Geschichte erzählt. Liebe Borussen, liebe Fans, wir wünschen Ihnen viel Spaß mit diesem Buch! Und noch mehr Spaß in unserer FohlenWelt!

Liebe Borussen, Borussia Mönchengladbach ist das, was man im Fußballdeutsch einen Traditionsverein nennt. Im Jahre 1900 gegründet. Ein Klub mit einer langen Historie. Mit einer erfolgreichen Historie, mit großen Siegen, großen Titeln und großen Stars. Aber auch mit dramatischen Niederlagen und außergewöhnlichen Begebenheiten, die zu Mythen wurden. Geschichte vergeht nicht, aber sie kann in Vergessenheit geraten. Doch nur wer seine Vergangenheit kennt, kann seine Zukunft gestalten. Nur wer weiß, wo er herkommt, kann Visionen entwickeln, Strategien entwerfen und seinen Weg finden. Wer in den 1960er und 1970er Jahren Günter Netzer, Berti Vogts, Jupp Heynckes, Hacki Wimmer, Rainer Bonhof und all die anderen noch selber spielen gesehen hat, der ist heute ein Mittfünfziger. Wer 1999 miterleben musste, wie unsere Borussia erstmals seit dem Auf-

Herzliche Grüße Rolf Königs Präsident Borussia Mönchengladbach

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Das Exponat der Superlative

Die alte Anzeigetafel vom Bökelberg ist das mit Abstand größte und schwerste Exponat in der FohlenWelt – und schon am längsten im Gebäude. Erst wurde der 10,5 Meter lange Koloss aufgestellt, dann ging es mit dem Rohbau weiter.



Im Allerheiligsten

Wilfried Hannes, Hans-Jörg Criens, Uwe Kamps und Co. – elf besondere Borussen aus knapp 120 Jahren Vereinsgeschichte werden in der FohlenWelt in der nachgebauten Mannschaftskabine präsentiert. Natürlich dürfen im Spind Goldkettchen, Eau de Toilette und Rasierapparat nicht fehlen.



Die Chronik

Neben den zahlreichen spannenden Themenräumen wird Borussias Vereinsgeschichte an neun Chronologiewänden erzählt – mit Texten, Bildern, Filmen und Exponaten. Die Epoche zwischen 1963 und 1975, „Weisweilers Fohlen stürmen die Liga“, dürfte besondere Aufmerksamkeit genießen.



Schmuckst체cke

Trikots, Schuhe, Pokale, M체nzen: Nat체rlich sind in der FohlenWelt viele spannende Originale zu sehen. Borussia sammelt seit zwei Jahrzehnten wertvolle Exponate, die die Geschichte des Vereins erz채hlen. Darunter auch die von Borussias erstem nationalem Titel, dem DFB-Pokalsieg 1960. Die Exponate stammen oft von den Spielern selbst, deren Familien oder Fans und Sammlern.




Sitzen und staunen

In der Arena „Bökelberg“ schnuppern die FohlenWelt-Besucher Stadionatmosphäre. Auf einer riesigen Projektionsfläche gibt es mitreißende Bilder aus der Geschichte des Klubs zu sehen, und passenderweise sitzen die Museumsbesucher auf Sitzschalen aus dem Bökelbergstadion oder lehnen am originalen Wellenbrecher.


09.

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08. 10.

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06. 05.

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Eingang/WC

05.

Die Fohlen

02.

Mythos

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Pfostenbruch

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Torfabrik

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Bรถkelberg

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Trikotgalerie

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Kammer des Schreckens


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14. 17.

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13. *

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02.

01.

04.

01.

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09. Sonderausstellung Sonderausstellung

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13. Magische Nächte Magische Nächte

10.

10. Schatzkammer Schatzkammer

14.

14. Nationalspieler Nationalspieler

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11. Fans Fans

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16. FohlenPhilosophie FohlenPhilosophie

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12. Mannschaftskabine 17. Mediathek 17. Mediathek Mannschaftskabine

18.

*

18. Ausgang Ausgang * Vortragsraum Vortragsraum

17.


60 Stücke

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Vereinsgeschichte Borussias Klubhistorie, erzählt in Exponaten

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Die Vereinsstandarte Aus dem Jahr 1930 existiert eine Fotografie, auf der große und kleine Borussen stolz ihre neue Vereinsstandarte präsentieren. Der Verein gönnt sich dieses repräsentative Schmuckstück zu seinem 30-jährigen Bestehen. Die Standarte zeigt auf der einen Seite einen Adler mit einem Fußball in den Fängen. Der Adler, Wappentier des Staates Preußen, nach dem Borussia von ihren Gründervätern benannt wurde und dessen Landesfarben Schwarz und Weiß sie bis heute trägt, ist in der Heraldik ein Symbol königlicher Herrschaft. Auf der anderen Seite der Standarte prangt das Vereinslogo: die schwarz-weiß gestreifte Raute mit dem großen „B“ und der Aufschrift „BORUSSIA VfL e.V. M.GLADBACH“. Wappenkundler deuten die Raute als eine Schildform, die oft Erkennungszeichen für adlige Damen war. Die Raute also zu Ehren der alten Dame Borussia als weiblicher Personifikation des Königreiches Preußen, zu dem auch das Stadtgebiet von München-Gladbach gehörte? Möglich. Ein modernerer Ansatz erklärt die Raute als Form eines Alarmsignals. Soll die Raute mit dem „B“ also als Gefahrenpiktogramm den Gegner auf dem Platz aufmerken lassen? „Achtung, hier kommt Borussia!“ Auch eine schöne Vorstellung.

Leider ist nicht überliefert, wer die Raute als formgebendes Symbol mit welcher Intention für Borussia eingeführt hat, nachdem seit dem Gründungsjahr 1900 verschiedene Embleme genutzt worden waren. Sicher ist nur, dass sie als Symbol aus dem deutschen Fußball nicht mehr wegzudenken ist. Zeitweise war sie sogar prägend für den Sport, der von der „Fußlümmelei“ zur beliebtesten Ballspielart weltweit geworden ist. Die Raute mit dem großen „B“ in der Mitte ist ein Markenzeichen. Dass Borussias Vereinswappen nicht bis ins letzte Detail entschlüsselt ist, mag für die einen ein Fauxpas der Vereinsgeschichte sein. Für die anderen trägt dieser Umstand seinen Teil zum Mythos Borussia bei. Denn die Raute ist für Tausende Fans viel mehr als nur ein Emblem. Sie tragen dieses Zeichen mit Stolz, und das seit Generationen. So wie auch die Vereinsstandarte, die im Jahr 2003 aufwendig restauriert wurde, noch regelmäßig zu repräsentativen Zwecken gezeigt wird. Bei besonderen offiziellen Anlässen kommt sie zum Einsatz und wird dafür aus der Vitrine in der FohlenWelt genommen. Auch bei Beerdigungen verdienter Borussen wird sie der Delegation des Vereins vorangetragen.

Maße: 79 x 70 cm befestigt an Standarte, 225 cm mit Bajonettverschluss Material: Metall, Holz, Stoff In der FohlenWelt zu finden: zwischen den Abschnitten „1899 – 1920: Gründerjahre“ und „1920 – 1945: Erst ein Titel, dann in Trümmern“. Die Standarte wurde im Jahre 2003 aufwendig restauriert. Die nicht mehr brauchbaren Restteile sind erhalten.

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Netzers linker Schuh Es wäre „nur“ ein Fußballschuh aus den 1970er Jahren, aus blauem Leder mit dem gelben Puma-Formstrip und sechs Alustollen, die unter die Sohle geschraubt sind. Wenn nicht in diesem Fußballschuh der linke Fuß von Günter Netzer gesteckt hätte, der sich am 23. Juni 1973 noch einmal die Schnürsenkel festzieht, zu Christian Kulik geht, ihn fragt, ob er noch könne, und auf dessen negative Antwort hin zu Trainer Hennes Weisweiler sagt: „Ich spiel‘ dann jetzt.“ Wenn Netzer nicht drei Minuten nach seiner Selbsteinwechslung zur Verlängerung des Pokalfinales gegen den 1. FC Köln einen Doppelpass mit Rainer Bonhof gespielt und dann mit ebenjenem Schuh den Ball zum 2:1-Siegtreffer in den Winkel des Kölner Tores geschossen hätte. Wenn es nicht sein letztes Spiel für Borussia vor seinem Wechsel zu Real Madrid gewesen wäre. So aber ist dieser Fußballschuh eine Reliquie, ein Zeugnis jenes Ereignisses, das Günter Netzer, den Rebell am Ball, endgültig zu einer Ikone macht. Die Selbsteinwechslung ist neben Pfostenbruch und Büchsenwurf einer der drei großen identitätsstiftenden Mythen Borussias. Sie ist das Resultat des Ringens zweier großer Egos um die Deutungshoheit über Netzers Abschied aus Mönchengladbach. Trainer Weisweiler schmollt ob des Wechsels seines „Zehners“ zu den Königlichen nach Madrid, teilt ihm mit, dass er im DFB-Pokalfinale nicht spielen wird. Der nun ebenfalls schmollende Netzer, ohne den Borussia für viele damals undenkbar war, setzt sich nur auf die Bank,

weil die Kameraden ihn beknien. In der Halbzeit will Weisweiler seinen Spielmacher einwechseln, doch der lehnt ab: Er könne dieses perfekte Spiel der Fohlenelf nicht noch besser machen. Später entscheidet das Spieler-Genie am Trainer-Genie vorbei, dass dieses Finale doch noch sein Abschiedsspiel wird. In späteren Interviews spielt Netzer die Geschichte herunter, er erklärt, Weisweiler habe recht gehabt, ihn draußen zu lassen. Netzer kam tatsächlich aus einer Verletzungspause: „Ich war nicht austrainiert.“ Weiter sagt er: „Es war alles falsch. Ich habe mit Rainer Bonhof jahrelang Doppelpass geübt, das hat nie funktioniert. Ausgerechnet in diesem Augenblick funktioniert es. Dann springt der Ball unglücklich auf, und ich treffe ihn gar nicht richtig. Wenn ich ihn schulmäßig treffe, wird es ein harmloser Roller, und es gibt kein Tor.“ Heute gehört die Szene dieses Treffers zu jeder DFB-Pokal-Vorschau im TV, zum nationalen Fußballgedächtnis – und vor allem zum Mythos Borussia. Den Spann, über den der Ball rutschte und so den Weg in den Winkel fand, signiert Netzer später. Masseur Charly Stock sichert sich das Arbeitsgerät der Vereinsikone, das Netzer zunächst an einen ehemaligen Klassenkameraden verschenkt hatte, und bewahrt es für Borussia auf. Seit dem Umzug in den BORUSSIA-PARK wurde der Schuh in der Geschäftsstelle in einer Vitrine gezeigt und tausendfach bewundert. Daran wird sich nun, nach dem Umzug in die FohlenWelt, ganz sicher nichts ändern.

Modell: Puma „King“ in Blau-Gelb Schuhgröße: 46 2/3 In der FohlenWelt zu finden: im Abschnitt „1963 – 1975: Weisweilers Fohlen stürmen die Liga“, Vitrine „Günter Netzer – das Genie am Ball“ Anmerkung: Der rechte Schuh ist im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund ausgestellt.

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Das Stadion der kurzen Wege

Blick vom Stadion auf Borussia-8-Grad und den BORUSSIA-PARK.

Satz Stolz mit. Borussias Präsident, zu diesem Zeitpunkt mit seiner Führungsmannschaft seit rund 20 Jahren im Amt, blickt auf seine Anfangszeit zurück, als die Geschäftsstelle am Bökelberg eine Mischung aus Waschbeton-Gebäude und Büro-Container war. Als die Mannschaft keinen eigenen Trainingsplatz hatte und kreuz und quer durch die Stadt reisen musste, und als drei Viertel des Stadions aus unüberdachten

15 Jahre nach dem Umzug in den BORUSSIA-PARK wurde der Neubau Borussia-8-Grad im Februar 2019 eröffnet. Es ist die nächste Ausbaustufe des Vereinsgeländes und liefert die Antworten auf viele Fragen. Als Borussia im Februar 2019 vor rund 800 Gästen den Neubau Borussia-8-Grad feierlich und mit reichlich Prominenz eröffnet, schwingt bei Rolf Königs in jedem

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Borussia-Präsident Rolf Königs bei der Feier zur Eröffnung des Neubaus.

des siebengeschossigen Neubaus mit einer Gesamtfläche von rund 15.000 Quadratmetern – „das Tüpfelchen auf dem i“, wie Königs sagt. Und Geschäftsführer Stephan Schippers ergänzt: „Wir wollten auch den Menschen, die unter der Woche zu Besuch in den BORUSSIA-PARK kommen, noch mehr bieten. Bisher gab es da die Sportsbar und unseren FohlenShop, und natürlich konnte man auch eine Stadionführung machen. Nun gibt es viel mehr Möglichkeiten.“

Stehplätzen bestanden – und dieses Stadion nicht dem Verein, sondern der Stadt gehört hat. Der Umzug in den BORUSSIA-PARK im Jahr 2004 war ein erster Meilenstein für den Verein und überlebenswichtig. Ein modernes Stadion, das aktuell gut 54.000 Besuchern Platz bietet, ein modernes Nachwuchsleistungszentrum sowie hervorragende Trainingsmöglichkeiten haben den Klub auf ein ganz neues Niveau gehievt – und waren die Grundlage für die sportliche Entwicklung der vergangenen Jahre. Oder anders ausgedrückt: Borussia wäre nicht mehr Bundesligist, würde sie noch immer auf dem Bökelberg spielen. „Für uns war damals schon klar, dass dieser Umzug nur der erste Schritt sein kann und dass unser tolles neues Stadion die Keimzelle sein würde für den BORUSSIA-PARK, wie wir ihn heute kennen“, so Königs 15 Jahre nach dem Umzug ins neue Stadion. An dem Tag, an dem er den zweiten Meilenstein vorstellen darf. Der VfL-Präsident steht am Rednerpult, auf der Leinwand hinter ihm läuft im Zeitraffer der Baufortschritt

Das Erdgeschoss ist den Fans gewidmet Der Neubau beantwortet viele Fragen: Im BORUSSIA-PARK finden regelmäßig mehrtägige Veranstaltungen statt – wo können die Tagungsgäste übernachten? Der Verein hat eine glorreiche Vergangenheit – wo wird sie modern erzählt? Die Anforderungen an den Leistungssport sind immens gewachsen – lässt sich die medizinische Betreuung

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Hingucker: Die Trikot-Flockstation im neuen FohlenShop.

optimieren? Borussia hat immer mehr Fans und Mitglieder – wo können sie in angemessenem Ambiente nach den neuesten Fanartikeln stöbern? Die Antworten darauf werden in den sieben neuen Geschossen gegeben. Das Erdgeschoss ist gewissermaßen den Borussia-Fans gewidmet, mit dem modernen FohlenShop und dem interaktiven Vereinsmuseum FohlenWelt. In der ersten Etage befindet sich eine Gemeinschaftspraxis, in der sich unter anderem Borussias Mannschaftsärzte niedergelassen haben – sie in Rufweite zu den Sportlern zu haben, ist natürlich eine wesentliche Verbesserung in den Abläufen. In den drei Etagen darüber hat das H-Hotel im BORUSSIA-PARK mit seinen 125 Zimmern und sechs Suiten seine Pforten geöffnet. Schippers: „Wir sind der festen Überzeugung, dass ein Hotel am Stadion angesichts der Faktoren Spielbetrieb, Borussia-Interesse und den zahl-

reichen Veranstaltungen, die hier stattfinden, eine Lücke schließt. Dass ein Hotel fehlt, haben wir in den vergangenen Jahren auch immer wieder zu hören bekommen.“ In Etage fünf gibt es neue Räume für Borussias Geschäftsstellen-Mitarbeiter, und in der sechsten Etage hat Medical Park ein modernes Rehaund Fitnesszentrum eröffnet. Königs: „Borussia-8Grad hilft, den Verein weiterzuentwickeln und nachhaltig für die Zukunft aufzustellen.“ Dazu gehört auch der neue Santander FohlenStall, der einen Monat später an anderer Stelle des BORUSSIA-PARK eröffnet wurde: Bis zu 24 Talente können in Borussias topmodernem Internat wohnen – weitere Argumente für die Abteilung Sport, junge Fußballer für einen Wechsel an den Niederrhein zu begeistern. „Mit dem Ausbau wird Borussia ihrer Philosophie und Strategie gerecht, intensiv auf die Jugendarbeit zu setzen“, freut sich Sportdirektor Max Eberl.

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Patrick Herrmann und andere Gäste der Eröffnungsfeier erkunden das H4-Hotel sowie die Räume von Medical Park und der Arztpraxen im Borussia-8-Grad.

sportlich erfolgreich ist, sondern auch wirtschaftlich längst auf gesunden Füßen steht, aus eigener Kraft erschaffen. „Das ist das, was wir unter nachhaltigem Handeln verstehen“, sagt Königs, „und darauf können wir stolz sein.“ Das perfekte Wochenende rund um Borussia könnte künftig so aussehen: Nach der Ankunft freitagnachmittags im BORUSSIA-PARK und dem Einchecken im Borussia-Hotel steht erst einmal die rund 90-minütige Stadionführung auf dem Programm. Danach geht es zum Abendessen in die Sportsbar und anschließend rauf aufs Zimmer mit Blick vom Bett auf das grün illuminierte Stadion. Samstagfrüh, vor dem großen Ansturm Zehntausender Fußballfans, bummelt der Fan nach dem Frühstück durch den neuen FohlenShop, ehe man sich unters Volk mischt – schließlich steht um 15:30 Uhr ein Heimspiel auf dem Plan. Zur Einstimmung darauf geht es zunächst in den Bitburger Biergarten und schließlich auf die reservierten Plätze im Stadion. Nach der Partie und dem Absacker im FanHaus geht es wieder ins Hotelzimmer, wo zum Abschluss des Tages die Bilder vom 3:0-Sieg über den Flatscreen flimmern. Gut gestärkt nach dem Frühstück in der Sportsbar steht am Sonntagvormittag noch das Bundesliga-Heimspiel von Borussias U19 auf dem Fohlenplatz an, ehe das Wochenende mit einem ausgiebigen Besuch der FohlenWelt, Borussias interaktivem Museum, abgeschlossen wird. Ein Wochenende komplett rund um die Raute also – und eines, das sich in einem Radius von gut einem Kilometer abspielt.

Professionalisierung und nachhaltiges Handeln Das neue Gebäude, das seinen Namen wegen der Neigung von acht Grad trägt, symbolisiert die immer weitergehende Professionalisierung des Vereins und auch seine Unabhängigkeit. Dass das bisherige Geschäftsstellengebäude im Stadion, das Borussia-1900, durch ein großzügiges Foyer mit Borussia8-Grad verbunden ist, ist nicht nur überaus praktisch, sondern besitzt auch eine schöne Symbolik: Der BORUSSIA-PARK ist das Gelände der kurzen Wege. Nirgendwo in der Liga hat ein Verein alles auf einem Grundstück, wohl kaum irgendwo sind Nachwuchsund Profibereich auch räumlich so engmaschig vernetzt, wie es bei Borussia der Fall ist. Der ganze Verein auf einem Gelände – das alles war von Anfang an so geplant. Und es wurde vom Verein, der nicht nur

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Bum Bum Bum

Borussias Fans ist in der FohlenWelt ein eigener Raum gewidmet – mit interaktiver Fanclub-Karte und Bildern von den tollsten Choreos. Die Utensilien von Manolo, dem Trommler vom Bökelberg, werden in einer eigenen Vitrine ausgestellt – hier können Besucher per Knopfdruck seine berühmten Trommelrhythmen erklingen lassen.


Titelgewinne, Rekorde für die Ewigkeit, große Mythen und starke Typen – aber auch grandioses Scheitern: In der FohlenWelt, Borussia Mönchengladbachs interaktivem Museum, wird Vereinsgeschichte lebendig. Dieser elegant gestaltete Begleitband bietet einen Blick hinter die Kulissen der FohlenWelt und erzählt an ausgewählten Exponaten die Geschichte des Klubs.

ISBN 978-3-7307-0414-1

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