5
1.190m
7,9
Km
Höhe
%
6
1.266m
8,8
7
1.354m
7,2
Km
Höhe
%
Km
Höhe
%
8
1.437m
8,2
Km
Höhe
%
Huez 9
1.512m
8,2
Km
Höhe
%
TOUR DE FRANCE 20 LEGENDÄRE ANSTIEGE
VERLAG DIE WERKSTATT
L’Alpe-d’Huez
Gestaltet mit RICHARD ABRAHAM
Inhalt Übersichtskarten .................................................................................................................................... 6 Einführung ............................................................................................................................................................ 8 KAPITEL 1 Geschichte der Bergetappen.............................................................................. 10 Die Anfangsjahre .................................................................................................................................. 12 Die goldene Ära...................................................................................................................................... 14 Die Tour heute ........................................................................................................................................... 16 KAPITEL 2 Bergklassiker der Alpen ................................................................................................ 18 L’Alpe d’Huez .............................................................................................................................................. 20 Col de Sarenne ....................................................................................................................................... 30 Col du Galibier ..........................................................................................................................................32 Col du Lautaret......................................................................................................................................44 Col de la Croix de Fer ...............................................................................................................46 Col du Glandon .......................................................................................................................................54 Col de la Madeleine ......................................................................................................................64 Col d’Izoard ..................................................................................................................................................... 74 Col de Joux Plane........................................................................................................................... 84 Col de l’Iseran ........................................................................................................................................... 92 Col de la Bonette ............................................................................................................................ 102 Cormet de Roselend................................................................................................................... 112 Linke Seite: Die berühmten Haarnadelkurven von L’Alpe d’Huez.
KAPITEL 3 Bergklassiker der Pyrenäen .......................................................................... 122 Col du Tourmalet ............................................................................................................................. 124 Col d’Aubisque ...................................................................................................................................... 134 Col du Soulor ........................................................................................................................................... 146 Pla d’Adet ........................................................................................................................................................148 Luz Ardiden ................................................................................................................................................ 156 Superbagnères .................................................................................................................................... 164 Hautacam ......................................................................................................................................................... 172 Col de Peyresourde ...................................................................................................................180 KAPITEL 4 Weitere Bergklassiker................................................................................................... 190 Mont Ventoux..........................................................................................................................................192 Puy de Dôme ......................................................................................................................................... 202 Ballon d’Alsace......................................................................................................................................212 Der erste Berg der Tour ................................................................................................ 220
Index ..........................................................................................................................................................................222 Bildnachweis............................................................................................................................................224
46
Col de la Croix de Fer
2.067m Länge: 29,4km Start: 730m Anstieg: 1.337m
Der angesichts seiner Lage und Schönheit eigentlich viel zu selten befahrene Col de la Croix de Fer im Herzen der Alpen verbindet auf fast 30 km die Herausforderung der abwechslungsreichen Pyrenäen mit den wahrhaft Ehrfurcht einflößenden Dimensionen der Alpen.
» Als ich den Fuß des Croix de Fer erreicht hatte, fielen mir die Berge ins Auge. Ich war überwältigt, und es kam mir völlig unmöglich vor, solche Gipfel mit dem Fahrrad meistern zu können. « Bernard Hinault (1977) Auf dem Gipfel des Col de la Croix de Fer steht ein einfaches Eisenkreuz. Nur wenig mehr als ein zu den Umrissen eines Kreuzes gehämmertes Stück Metall, thront es auf einer an einem Steinhaufen angebrachten Säule und lässt die vielfältigen Farbtöne der alpinen Palette direkt vor den Augen des Betrachters erstrahlen. Lage und Atmosphäre des Col de la Croix de Fer könnten kaum passender für die Alpen sein, und was Namen angeht, kommen sie wohl nur selten sinnträchtiger daher als „Pass des Eisenkreuzes“. Der Col de la Croix de Fer verbindet Le Bourg-d’Oisans mit Saint-Jean-de-Maurienne, zwei der im Hinblick auf die Tour de France wichtigsten Orte der französischen Alpen. Ersterer liegt im Tal der Romanche am Fuße von L‘Alpe d’Huez. Letzterer befindet sich im Tal der Arc, von wo aus es zum Col de la Madeleine, dem Col de l’Iseran sowie in die nördlichen Alpen weitergeht. Der Pass ist umgeben von den aufragenden Gipfeln der Belledonne-Kette und der Aiguilles de l’Argentière. Seit 1947 zählte er 18 Mal zum Programm der Tour. Nach einer 20-jährigen Pause zwischen 1966 und 1986 endeten seither alle bis auf eine der elf Etappen, die den Weg über den 2.067 m hoch gelegenen Croix de Fer nahmen, mit Bergankünften an den legendären Wintersportstationen von L’Alpe d’Huez oder La Toussuire. Dennoch hat der Pass einen ausgeprägt nicht-alpinen Charakter. Von Saint-Jean-de-
Maurienne aus weist der 29,4 km lange Anstieg eine mittlere Steigung von 5,5 % auf. Es herrscht ein ständiges Auf und Ab, ganz so, als befände man sich in den Pyrenäen. Einer Passage mit durchschnittlich 10 % auf den ersten Kilometern folgen eine 2,5 km lange Abfahrt, dann weitere fünf Kilometer bergauf bei 9 %, erneut eine kurze Abfahrt, weitere sieben Kilometer mit 3 bis 5 % und dann ein letzter unruhiger Kraftakt auf den Gipfel bei 7 bis 10 %. Vom Südwesten her, über Rochetaillé und den Barrage du Verney kommend, ist es kaum anders. Die 31,5 km lange Strecke verläuft entlang der gewaltigen Staumauern, die das Wasser der Seen Verney und Grand Maison zurückhalten, und windet sich über zahlreiche Schluchten durch das Tal des Eau d’Olle hinauf. Einer kurzen Abfahrt folgt unmittelbar darauf ein kräftezehrender Abschnitt mit einer Steigung von durchschnittlich 11 %. Es sind diese abrupten Steigungswechsel, die den Aufstieg zum Croix de Fer zu einem gefürchteten Unterfangen machen. Leichtgewichtige Kletterer stecken solche Schübe mühelos weg, kräftigeren Fahrern aber können die unberechenbaren Schwankungen leicht zum Verhängnis werden. Es ist ein Anstieg, auf dem sich Temperaturschwankungen als ebenso verheerend erweisen können wie die ständigen Tempowechsel. Der Anstieg ist in der Rundfahrt trotz (aber auch wegen) seiner Lage nur relativ selten in
Erscheinung getreten. Der Col du Glandon liegt quasi direkt nebenan. 2,5 km südlich des Col de la Croix de Fer gabelt sich die Straße und führt auf der einen Seite hinauf über den Glandon und weiter Richtung La Chambre. Das bedeutet, dass es praktisch sechs verschiedene Routen gibt, die das Peloton durch diesen Teil der Alpen nehmen kann. Vier davon umfassen den Croix de Fer. Bei der Tour 2015 schlug die Stunde des Croix de Fer, als der Col du Galibier wegen eines Erdrutsches für nicht befahrbar erklärt wurde. Auf der 18. Etappe führte das Rennen die südwestliche Seite hinauf und bog links zum Glandon ab. Am nächsten Tag ging es auf gleichem Weg zurück, hinab zur Weggabelung und von dort weiter über den Croix de Fer. Wiederum einen Tag danach ging es von Saint-Jean-de-Maurienne aus auf dem Weg zum Etappenziel in L’Alpe d’Huez abermals über den Croix de Fer. Es war der verdiente Respekt für einen fulminanten, aber auch oft unterschätzten Alpenklassiker, der diese elementare Mischung aus atemberaubender Szenerie und anspruchsvollem Terrain hat, die den Bergetappen der Tour erst deren Faszination verleiht.
Links: Die Gruppe um den Träger des Gelben Trikots brät im Sonnenschein, während sie sich auf der Tour 2008 den oberen Kurven des Col de la Croix de Fer nähert.
47
Allemont
START u
820m
0,6
Höhe
%
1.284m
8,0
Km
Höhe
%
%
%
5
11
%
6,7
6,6
Km
6,7
Höhe
Höhe
Höhe
%
1.048m
972m
905m
9,1
Höhe
8
7
6
1.147m
Km
Km
Km
9 Km
Barrage du Verney
730m Höhe
3
798m
0,6
Km
Höhe
%
1
770m
4,1
2
790m
4,9
4
814m
0,6
Km
Höhe
%
Km
Höhe
%
Km
Höhe
%
12
1.289m
3,2
Km
Höhe
%
13
1.240m
0,0
Km
Höhe
%
Défilé du Maupas
10
1.243m
9,8
14
1.255m
-7,2
Km
Höhe
%
Km
Höhe
%
15
1.326m
11,1
Km
Höhe
%
16
1.417m
10,4
Km
Höhe
%
17
1.482m
7,8
Km
Höhe
%
Col de la Croix de Fer
Höhe in Metern
2000
1500
1000
500
0 Start 1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22 23 24 25 26 27 28 29 Ziel
Kilometer
18
1.578m
7,8
Km
Höhe
%
19
1.641m
7,8
Km
Höhe
%
20
1.702m
6,5
Km
Höhe
%
21
1.732m
4,3
22
1.782m
4,3
23
1.776m
2,4
24
1.730m
-3,4
25
1.798m
3,3
Km
Höhe
%
Km
Höhe
%
Km
Höhe
%
Km
Höhe
%
Km
Höhe
%
Lac de Grand Maison
26
1.869m
6,3
Km
Höhe
%
27
1.935m
6,3
Km
Höhe
%
Chalet du Glandon 28
1.997m
6,3
Km
Höhe
%
29
2.056m
6,3
Km
Höhe
%
ZIEL ¢
2.067m Höhe
Col du Mollard (außerhalb der Karte) Image © Landsat © Google 2014
49
Der Weg zum Gipfel An den Hängen eines von den Alpenflüssen Eau d’Olle und Arvan gebildeten Tals windet sich der südliche Anstieg hinauf zum Col de la Croix de Fer vorbei an Schwerindustrie, grandioser Schönheit und allem, was dazwischenliegt. Der wahre Archetyp eines Alpenpasses.
t Barrage du Verney
1984 fertiggestellt, um die Alpen und die zwölf Kilometer Luftlinie westlich der Belledonne-Kette gelegene Großstadt Grenoble mit Elektrizität zu versorgen, staut der Damm von Verney das Wasser, das vom Col de la Croix de Fer talwärts fließt, und markiert zugleich den Beginn des Anstiegs zum Col. Zunächst geht es entlang der Ufer des friedlich daliegenden Sees sanft bergauf, wobei die Szenerie recht industriell geprägt daherkommt. Sobald man das Reservoir hinter sich gelassen hat, weichen die Strommasten lauschigen Wäldchen, und der Anstieg beginnt seinen typischen unbeständigen Rhythmus. Es ist schwierig, das richtige Tempo zu finden, zumal der dichte Wald die Sicht verdeckt und man nicht viel mehr als die nächsten paar hundert Meter sieht. Zu diesem Zeitpunkt stehen noch immer über 20 Kilometer Kletterpartie an, was selbst für herausragende Fahrer eine fast einstündige Quälerei bedeutet. Und Obacht: Nach rund sechs Kilometern wartet zudem eine giftige Passage mit 10,3 % Steigung. Links: Die Landschaft am Barrage du Verney ist eher industriell als idyllisch.
Abfahrt durch den Défilé du Maupas BARRAGE DU VERNEY
50
Wo der Wasserfall Sept Laux ins Tal stürzt, fällt auch die Straße in vier großen Serpentinen hinab in eine dunkle grüne Schlucht namens Défilé du Maupas. Unerreichbar für die Sonne, wird sie für die Fahrer zum Kälteschock. Doch es kommt noch schlimmer. Im Anschluss führt die Route abrupt mit 11 % Steigung wieder bergauf – ein zermürbender Rhytmuswechsel. Auch bergab stellt der rund einen Kilometer lange Abschnitt eine knifflige Aufgabe dar, denn der kurze Abstecher in die Sauerstoffschuld mitten in einer kilometerlangen Abfahrt ist auch für versierte Kletterer kein Zuckerschlecken.
Col de la Croix de Fer
Links Das Fahrerfeld rollt die Haarnadelkurven am Barrage du Verney hinab. Mitte: Das eiserne Kreuz, von dem der Pass seinen Namen hat, überwacht den höchsten Punkt des Anstiegs. Rechts: Eine kleine Zuschauergruppe beobachtet, wie Édouard Klabinski und Fermo Camellini das Feld 1947 über den Col de la Croix de Fer leiten.
t Chalet du Glandon
CHALET DU GLANDON
Der Col du Glandon ist einmal als „Leiter“ beschrieben worden, die zum Col de la Croix de Fer hinaufführt. Im nördlich gelegenen La Chambre im Tal der Arc beginnend, überquert die Straße den Glandon auf 1.924 m Höhe, bevor sie 200 m bergab führt und am Chalet du Glandon auf die südwestliche Route zum Croix de Fer trifft. Dort geht es links ab auf die letzten 2,5 km zum Croix de Fer, während man rechts hinab ins Tal der Romanche kommt. Eine verwirrende Konstellation, die den Glandon als einen Teil des Anstiegs zum Croix de Fer erscheinen lässt. Das Chalet du Glandon ist einer dieser für die Hochalpen typischen Gasthöfe mit geschützter, südwärts gerichteter Terrasse, die in den Hang gearbeitet wurde. Es mag nur ein isolierter und verwitterter Außenposten sein, er zählt aber gewiss zu den besten Aussichtspunkten, um die Tour de France zu verfolgen. Schon Tage vor der Ankunft der Tour füllen sich die Hänge entsprechend mit den Zelten und Wohnmobilen der Radsportfans aus aller Welt.
Links: Chalet du Glandon: die „Leiter“ zum Col de la Croix de Fer.
Abzweigung zum Col du Mollard
Allemont
Wird er vom Norden befahren, wird der Col du Mollard (5,7 km bei 6,8 %) nur selten höher als in die zweite Kategorie eingestuft. Vom Croix de Fer kommend, stellt er jedoch eine echte Herausforderung für müde Beine dar. 14 km hinter dem Croix de Fer wendet sich die Straße nach rechts, überquert eine kleine Brücke und schmeißt sich wuchtig in den Anstieg. Nach der Passage über den Mollard windet sich die Straße in einer Reihe von Serpentinen hinab und trifft kurz vor Saint-Jean-de-Maurienne wieder auf die Abfahrt vom Croix de Fer.
1944 kam Air Vice Marshal Sir Trafford Leigh Mallory, Oberbefehlshaber der taktischen Luftstreitkräfte der Alliierten und jüngerer Bruder des Everest-Pioniers George Mallory, bei einem Flugzeugabsturz in den Alpen gemeinsam mit anderen Passagieren ums Leben. Ihre Leichname wurden erst im folgenden Jahr an den Südhängen des Col de la Croix de Fer geborgen. Bei Allemont, rund 29 Kilometer vom Pass entfernt gelegen, befindet sich heute ein kleines Museum, das dem Unglück gewidmet ist. Über der Stadt liegt der Gipfel des Le Rissiou.
Lac de Grand Maison Unweit des Passes liegt ein herrlicher, gletscherblau schimmernder See, in dem sich Felsformationen und Himmel spiegeln: der Lac de Grand Maison auf knapp 1.700 Metern Höhe. Inmitten dieses atemberaubenden Alpenpanoramas können Radfahrer linker Hand die Aiguilles de l’Argentière und rechter Hand die Cîmes de la Clochette ausmachen. Die Strecke steigt dabei entlang des Westufers sanft vor den steil in das künstliche Staubecken abfallenden Bergflanken an. Nachdem die Fahrer den See passiert haben, überqueren sie das Flüsschen Rieu Claret und machen sich bereit für die letzten 6,3 km bis zum Gipfel.
51
Die Bergkönige
18
Der Col de la Croix de Fer war noch nie Ziel einer Tour-Etappe und dient normalerweise auch nur als kleiner Vorgeschmack auf den großen Showdown an einem der benachbarten Berge. Diesem Umstand verdankt er seinen Stellenwert als ein Anstieg für absolute Radsport-Connaisseure und Ort, an dem taktische Manöver Gestalt annehmen und die Protagonisten der Tour sich in Position bringen.
1986
Bernard HINAULT und Greg LEMOND
Die Rundfahrt von 1986 gilt als eine der spannendsten Touren aller Zeiten. Und das aus gutem Grund, denn es war ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem Amerikaner Greg LeMond und seinem Teamkollegen Bernard Hinault. Letzterer hatte gelobt, LeMond zu unterstützen, nachdem er im Vorjahr aufgrund der Teamstrategie und zu Lasten des stärkeren Amerikaners seinen fünften Sieg hatte feiern können. 1986 waren die beiden erneut die stärksten Fahrer der besten Mannschaft, La Vie Claire, und auf der 18. Etappe fuhren sie dem Rest des Feldes 70 km vor dem Ziel auf dem Croix de Fer einfach davon. Es schien, als wäre Hinault drauf und dran, seinen Teamkollegen zu hintergehen, um seine eigenen Chancen zu wahren. Der Franzose hatte am Vortag drei Sekunden auf LeMond verloren, der jetzt das Gelbe Trikot trug. Beobachter waren sich einig, dass Hinault keine Chancen mehr auf den Tour-Gesamtsieg hatte. Dennoch griff er am ersten Anstieg des Col du Galibier immer wieder an, ganz so, als glaube er noch an den Sieg. Vielleicht wollte er sich auch einfach nicht kampflos geschlagen geben. So oder so schaffte er es nicht, LeMond abzuschütteln, und das Paar überquerte Hand in Hand die Ziellinie. Hinault gewann die Etappe, LeMond die Tour.
52
1989
Gert-Jan THEUNISSE
Gert-Jan Theunisse ist eine der markantesten Figuren in der Geschichte der Tour. Mit seinem üppigen „Nackenspoiler“, nach heutigen Maßstäben eine schlimme Geschmacksverirrung, und mit seinen stets auf den Asphalt gerichteten, durchdringenden dunklen Augen flog der schlaksige Holländer in den 1980er Jahren förmlich die Anstiege der Hors Catégorie hinauf. 1989, während hinter ihm der Zweikampf zwischen Laurent Fignon und Greg LeMond tobte, führte Theunisse eine kleine Gruppe über den Col du Galibier, setzte sich am Croix de Fer ab und stürmte als Solist hinauf zum Etappenziel in L’Alpe d’Huez. Robert Millar, der mit seinen massigen Schenkeln, den langen Haaren und der Hakennase eine kaum weniger beeindruckende Erscheinung war, machte sich auf dem von Saint-Jean-de-Maurienne aus gefahrenen Croix de Fer auf die Verfolgung, konnte Theunisse aber nicht stellen und wurde nach der vergeblichen Jagd auf dem letzten Anstieg wieder vom Feld geschluckt. Das PDM-Team des Holländers freute sich über eine erfolgreiche Tour. Sean Kelly gewann das Grüne Trikot als Führender in der Punktewertung, Steven Rooks die rote Rückennummer als angriffslustigster Fahrer und Gert-Jan Theunisse das gepunktete Trikot als Sieger der Bergwertung.
1999
Thierry BOURGUIGNON und Stéphane HEULOT
Der 14. Juli ist alljährlich einer der Höhepunkte der Tour de France. Der französische Nationalfeiertag wird vom Peloton stets im Hochgebirge begangen und von einheimischen Fahrern gerne zum Anlass genommen, in einer Ausreißergruppe ihr Heil zu suchen. Selbst wenn das Unterfangen zum Scheitern verurteilt ist, können sie zumindest sicher sein, sich selbst und natürlich auch ihren Teamsponsor werbewirksam in Szene gesetzt zu haben. Am 14. Juni 1999 fassten sich mit Thierry Bourguignon und Stéphane Heulot zwei wackere junge Männer ein Herz und machten sich zu zweit auf die Jagd nach dem größten aller Tour-Siege: dem Gewinn einer Etappe in L’Alpe d’Huez am Nationalfeiertag. Die Hänge des Croix de Fer waren gesäumt von Wohnmobilen und fröhlichen Franzosen, die liberté, egalité und fraternité feierten, während das Duo die Passhöhe überquerte, begleitet vom Jubel und Applaus der Zuschauer. So ging es weiter durch das Tal der Romanche und den nächsten Anstieg hinauf. Doch wenige Kilometer vor dem Ziel wurden die beiden noch abgefangen, und der Italiener Giuseppe Guerini gewann stattdessen die Etappe. Für Thierry und Stéphane aber hatte es sich dennoch gelohnt, das Peloton just am Nationalfeiertag über den Croix de Fer zu führen.
Rechte Seite links: Der niederländische Kletterexperte Gert-Jan Theunisse treibt 1989 sein glänzendes Concorde-Rad im Alleingang den Croix de Fer hinauf. Rechte Seite oben rechts: Greg LeMond, Träger des Gelben Trikots, gibt seinem Teamkameraden Bernard Hinault 1986 auf der Abfahrt vom Col de la Croix de Fer eine helfende Hand. Rechte Seite unten rechts: Vincenzo Nibali überquert 2015 auf seinem Weg zum Etappensieg am Ziel in La Toussuire im Alleingang den Gipel des Croix de Fer.
2015
Vincenzo NIBALI
Im Radsport herrscht das ungeschriebene Gesetz, ein etwaiges Missgeschick des Gegners nicht für eine eigene Attacke zu nutzen. Doch in der Hitze des Gefechts ist der Opportunismus bisweilen stärker als das Ehrgefühl. So auch 2015. Auf den letzten 2,5 km zum Gipfel des Croix de Fer, der Glandon war bereits überquert, fuhr der Gesamtführende Chris Froome an den Straßenrand und stieg vom Rad. Wie er später sagte, wollte er ein Steinchen oder einen Asphaltsplitter entfernen, der sich in seine Hinterradbremse verirrt hatte. Titelverteidiger Vincenzo Nibali, der kaum noch Hoffnung hatte, den Briten bis Paris einzuholen, nutzte die Gelegenheit und zog davon. Zunächst überquerte er den Croix de Fer, ehe er als Solist den letzten Anstieg hinauf nach La Toussuire zum Etappensieg fuhr. Im Fahrerfeld kam das nicht gut an. Schon nach der sechsten Etappe war Nibali von Chris Froome zur Rede gestellt worden, weil der Italiener für einen Sturz verantwortlich gemacht wurde. Nun wurde er erneut vom Träger des Gelben Trikots aufgesucht, zumal anhand der Fernsehbilder deutlich zu erkennen war, dass Nibali die missliche Lage seines Konkurrenten sehr genau beäugte, ehe er den Turbo einlegte und sich auf und davon machte.
Col de la Croix de Fer
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Mont Ventoux
TOUR DE FRANCE
20 LEGENDÄRE ANSTIEGE 20 legendäre Berge der Tour de France, wie man sie noch nie gesehen hat. Packend, beeindruckend, respekteinflößend, majestätisch.
Hautacam
Jahr für Jahr faszinieren Etappen an Berglegenden wie L’Alpe d’Huez, Tourmalet oder Galibier mit unvergleichlichen Naturlandschaften und spannendem Renngeschehen die Radsportfans. In diesem Buch werden die 20 berühmtesten Anstiege der Hors Catégorie in über 200 Fotos und mit einzigartigen Satellitenaufnahmen aus ungewöhnlicher Perspektive porträtiert. Zudem erzählt der britische Radsportexperte Richard Abraham packende Geschichten aus über 100 Jahren Tour de France in den Bergen und liefert wertvolle Tipps für Tour-Fans wie Selbstfahrer.
Col de Peyresourde
ISBN 978-3-7307-0259-8 VERLAG DIE WERKSTATT