Leseprobe: Deutscher Meister ist nur der RWE

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Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

Von null zum westdeutschen Titeldouble – 1945 bis 1952 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Porträt: Georg Melches .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Porträt: Max Wagner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Porträt: Ernst Ruhkamp .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Porträt: Paul Nikelski .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

„Und wir holen den Pokal“ – 1952/53 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Porträt: Karl Hohmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Porträt: Fritz Szepan .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

„Rot-Weiß Essen – ein ausgezeichneter Botschafter für den deutschen Sport“ – 1949 bis 1971 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Porträt: Fritz Abromeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Porträt: Werner Göbel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Porträt: Willi Grewer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Porträt: August Gottschalk.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

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Von links nach rechts:

Auf dem Weg zur Meisterschaft – 1954/55

Eine seltene Farbaufnahme von 1955 mit Meistertrainer Fritz Szepan (2.v.l.), Ehrenpräsident Georg Melches (1.v.r.) und der Meisterschale

1. Akt: Hinrunde in der Oberliga West . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

Das silberne Meisterbuch des WFV, in dem die Titelträger der Oberliga bis 1963 eingraviert sind Vereinsgründer und Ehrenpräsident Georg Melches privat, vermutlich vor seinem Haus

2. Akt: Rückrunde in der Oberliga West . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 3. Akt: Endspiel erreicht! .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 Porträt: Fritz Herkenrath . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Porträt: Franz „Penny“ Islacker .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 Porträt: Joachim Jänisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Porträt: Paul Jahnel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

Finale: Deutscher Meister ist nur der RWE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 Erinnerungen und Erinnerungskultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Porträt: Willi Köchling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 Porträt: Helmut Rahn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 Porträt: Johannes „Fred“ Röhrig .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Porträt: Bernhard „Berni“ Termath . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

50 Jahre RWE – und eine neue Tribüne – 1957 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 Porträt: Willi Vordenbäumen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Porträt: Heinz Wewers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 Porträt: Clemens Wientjes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 Porträt: Weitere Spieler der Saison 1954/55 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 Zu den Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Bildnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159

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1945 bis 1952

2 5 9 1 r e t is e M r e h Westdeutsc

alke 04 (4 ch S n e eg g l ie p S m e d 1952 vor Ehrung am 20. April

:1)

Trafen sich beim Spiel: Fritz Szepan, hier noch als Trainer von Schalke, und Karl Hohmann, hier noch Trainer von RWE

Einlauf der RWE-Mannschaft ins Stadion

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Links: Gottschalk erh채lt den Siegerkranz. Oben: Die von einem RWE-Mitglied gestaltete Plakette zur Westdeutschen Meisterschaft 1952 Unten: Mannschaftsfoto mit Siegerkranz

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Linke Seite: Für die Spiele der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft 1952 wurde die Kapazität des Stadions erhöht.

August Gottschalk beim Wimpeltausch mit TeBes Kapitän am 27. April 1952 Eine Szene aus dem Meisterschaftsendrundenspiel gegen TeBe (2:4)

MEISTERSCHAFTSENDRUNDE 1952

Kein Durch­ kommen: Ein rot-weißer Angriff wird von den Berlinern abgewehrt.

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RWE spielte in der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft in Gruppe 2, gemeinsam mit dem VfB Stuttgart, Meister der Oberliga Süd, Tennis Borussia Berlin, Meister der Vertragsliga Berlin, und dem VfL Osnabrück, Vizemeister der Oberliga Nord. Am 27. April 1952 empfing RWE zu Hause TeBe. 40.000 Zuschauer hofften auf einen Sieg, wurden am Ende aber enttäuscht. Stand es zur Halb-

zeit noch 1:1, hieß der Sieger am Ende Berlin. Essen verlor mit 2:4, wobei Gottschalk beide Tore erzielte. Am 11. Mai stand die Partie in Osnabrück an. Zur Halbzeit führte Essen durch einen Treffer von Termath mit 1:0. Beim Abpfiff hieß es 3:2 für Osnabrück, trotz eines weiteren Tores durch Köchling. Das Spiel in Stuttgart am 18. Mai läutete dann sozusagen den Weltuntergang ein. Stuttgart gewann mit 5:3 (3:1). Die Tore für Essen schossen Abromeit und zweimal Rahn. Entscheidend war bei diesem

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PORTRÄT

Georg Melches 24.8.1893 – 24.3.1963 „Stahl und Kohle formten den Verein, wir werden Melches immer dankbar sein. Wir sind sein Erbe angetreten, werden immer alles geben. Von der Hafenstraße kommen wir …“ Noch heute singen die Ultras Essen diese Zeilen und erinnern damit an den Gründer, Spieler, Mäzen, Ehrenvorsitzenden und Macher von Rot-Weiss Essen. Ihm zu Ehren wurde das ehemalige Stadion an der Hafenstraße am 5. August 1964 feierlich in Georg-Melches-Stadion umbenannt. Mit der Stadionumbenennung wurde eines Mannes gedacht, der den Verein als jugendlicher Kicker als treibende Kraft aus der Taufe gehoben und dessen Geschicke über Jahrzehnte hinweg bis zu seinem Tod 1963 bestimmt hatte. Wer war Georg Melches, dessen Spuren bis heute in einem Graffito auf einer Eisenbahnbrücke nahe dem neuen Stadion, mit der von Thomas Stegmann geschaffenen Büste im Eingangsbereich der Haupttribüne, in den Fangesängen der Tribüne „Alte West“, in Büchern und auf der Homepage von RWE sowie in den Erinnerungen vieler RWE-Fans zu finden sind?

MELCHES ALS SPIELER Georg Melches wurde am 24. August 1893 in EssenBergeborbeck/Vogelheim nahe der heutigen Platzanlage geboren. Er besuchte zunächst die Vogelheimer Volksschule, dann das Gymnasium Borbeck und später das Realgymnasium Altenessen, das heutige Leibniz-Gymnasium. Ob er im schulischen Bereich

auch das Fußballspiel kennenlernte, das um die Jahrhundertwende nach Essen kam und dort zunächst auf höheren Schulen gespielt wurde, ist nicht bekannt. Die Begeisterung für den Fußballsport teilte der junge Georg Melches mit seinem Bruder Hermann. Vater Heinrich, Betriebsführer auf der Zeche Emil-Emscher, förderte seine Söhne zu einer Zeit, als der Fußball in Deutschland noch in den Kinderschuhen steckte und in vielen Teilen der Gesellschaft verpönt war. Er legte seinen Sprösslingen an Weihnachten 1906 einen Fußball auf den Gabentisch. Schon bald ging es mit einigen Spielkameraden auf Torejagd, zunächst im Garten des Familienhauses und der Legende nach erstmals am 1. Februar 1907 – der heimlichen Geburtsstunde von Rot-Weiss Essen. Spieler und Mitglieder der sich entwickelnden Spielgemeinschaft waren vorwiegend Schüler sowie Bergleute und Angestellte der Zeche Emil-Emscher. Diese stellte auch den Sportplatz am Fuße eines Steinkohlenberges der Zeche. Vater Heinrich Melches wurde erster Vorsitzender und Mäzen des jungen Vereins, der zunächst Sportverein Vogelheim hieß. Georg Melches spielte, als Mittelstürmer und später als Verteidiger, bis 1927 in der 1. Mannschaft. Neben Fußball gehörte die Leichtathletik zum festen Programm der RWE-Pioniere. Georg Melches erwies sich dabei als hervorragender Sprinter über die 100- und 200-Meter-Strecke sowie als Weitspringer. Er gewann auf lokaler Ebene zahlreiche Wettkämpfe.

GEORG MELCHES ALS FUNKTIONÄR Seit 1919 nahm Georg Melches auch Aufgaben abseits des Fußballplatzes wahr. In wechselnden Funktionen als Schriftführer, Geschäftsführer, Fußballobmann, Finanzobmann und Ehrenvorsitzender arbeitete er kontinuierlich bis zu seinem Tod 1963 für sein Lebenswerk Rot-Weiss Essen. Über ein halbes Jahrhundert hat er seinen Verein RWE geprägt und den Grundstein für die NiederrheinMeisterschaft und den Aufstieg in die Oberliga West 1948, die west-

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Georg Melches (hinten, 1.v.l.) als 20-jähriger Spieler

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PORTRÄT

Georg Melches war für RotWeiss Essen in vielen Funktionen am Ball.

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deutschen Vize-Meisterschaften 1949 und 1954, die und Ausländerverpflichtungen, die Geschicklichkeit Westdeutschen Meisterschaften 1952 und 1955, den zu Verhandlungen, die Gelassenheit bei MisserfolDFB-Pokalsieg 1953 und schließlich die Deutsche gen, die Impulse zu stets neuen Gedankengängen, Meisterschaft 1955 gelegt. vor allem die Besessenheit im guten Sinne, der posiErmöglicht wurde Georg Melches dieser Erfolg tive Fanatismus sind u.a. die Faktoren, die die Perdurch seinen beruflichen Werdegang und die vielen sönlichkeit Melches ausmachen.“ nationalen und internationalen Beziehungen, die er Der Gewinn der Deutschen Meisterschaft 1955 in seinem Berufsleben aufbaute. Seine beruflichen stellte den größten sportlichen Erfolg dar, die ErfülMöglichkeiten nutzte er für die Errichtung eines lung eines Wunschtraumes und das Erreichen eines Stadions an der Hafenstraße, das im August 1939 mit aller Energie über Jahre verfolgten Zieles. Der eingeweiht und im Krieg zerstört wurde, dessen „Vater des Erfolges“, wie ihn Presseberichte und offiWiederaufbau nach 1945 und den weiteren Ausbau zielle Reden bei den anschließenden Meisterehrunzu einem der modernsten Stadien der Wirtschafts- gen bezeichneten, ließ seinen Gefühlen freien Lauf wunderzeit. Dabei kam ihm sein Netzwerk aus per- und wischte sich noch auf dem Platz unter seinem sönlichen Kontakten zugute, das er sich geschaffen Schlapphut Tränen der Rührung aus den Augen. hatte und das er systematisch für das Fortkommen Georg Melches zeigte in diesem Moment, dass unter der rauen Schale des strengen und entschlossenen seines Vereins nutzte. Georg Melches baute um Spielführer August Machers ein weicher Kern steckte, für den die SpieGottschalk eine Spitzenmannschaft mit Spielern aus ler und sein Verein wohl immer auch so etwas wie dem Ruhrgebiet und Nordrhein-Westfalen auf, die einen Familienersatz für die kinderlos gebliebene national und international für Aufsehen sorgte. Sie Ehe darstellten. Essens Oberbürgermeister Hans war bis Mitte der 1950er Jahre vor Borussia Dort- Toussaint soll damals beim Meisterschaftsempfang mund und Schalke 04 das Aushängeschild des Fuß- im Saalbau zu ihm gesagt haben: „ Ich weiß nicht, ball-Westens und internationaler Botschafter des wer glücklicher sein könnte – Herr Melches darüber, solch eine Mannschaft zu haben, oder die Manndeutschen Fußballs. schaft darüber, einen Schorsch Melches zu besitzen. Ich meine fest, das Zweite ist der Fall.“ DIE KRÖNUNG –

DEUTSCHER MEISTER 1955

Georg Melches mit den beiden Dirigenten des Endspiels 1955, Fritz Walter (l.) und August Gottschalk (r.)

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Vor dem Meisterschaftsfinale 1955 wurde Georg Melches von der Tagespresse wie folgt charakterisiert (wo das Original gedruckt wurde, ist leider nicht mehr bekannt): „Die technisch wie taktischen Kenntnisse um das runde Leder (Schorsch Melches hat in Sachen Fußball sozusagen von der Pike auf gelernt), die wirtschaftliche Position, die Reife des Alters, die Kühle der Kalkulation, die Kühnheit der Pläne, die Unternehmungslust zu Auslandsreisen

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Auf dem Weg zur Meisterschaft 2. Akt: Rückrunde in der Oberliga West Eine Weihnachtspause gab es für Rot-Weiss Essen nach der herausragenden Oberliga-Hinrunde 1954/55 nicht. Bereits am 2. Januar 1955 stand das erste Freundschaftsspiel gegen Partizan Belgrad auf dem Programm. Doch der Start ins Meisterjahr stimmte zunächst wenig hoffnungsfroh. „Nationaltorwart Herkenrath an Gelbsucht erkrankt“ – „Fußballtorwart auf der Isolierstation!“ – „Gottschalk und Wewers verletzt“, so lauteten die Schlagzeilen der ersten Zeitungsausgaben des Jahres 1955. Enttäuscht war man auch von der geringen Zuschauerzahl gegen Partizan: Nur 12.000 kamen zum Jahresbeginn an die Hafenstraße. Nach

den vielen internationalen Spielen des Vorjahres gegen die Spitzenmannschaften aus Südamerika und Europa schien eine gewisse Sättigung eingesetzt zu haben. Der jugoslawische Pokalsieger und Vizemeister gewann durch ein Tor von Zlatko „Tschik“ Čajkovski mit 1:0. Der Nationalläufer sollte in seiner späteren Trainerlaufbahn bekanntlich noch Deutscher Meister mit dem 1. FC Köln werden (1962) und Bayern München mit Franz Beckenbauer, Gerd Müller und Sepp Maier in die Bundesliga (1965), zu zwei DFB-Pokalen (1966, 1967) und dem Europapokal der Pokalsieger (1967) führen.

9. Januar 1955, RWE gegen Bayer Leverkusen (0:1): Fritz Herkenraths ausgezeichneter Vertreter Heinz Golbach im Flug

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AUF DEM WEG ZUR MEISTERSCHAFT – RÜCKRUNDE

Das Spiel gegen Bayer 04 besuchten bei grauem Winterwetter nur etwa 10.000 ­Zuschauer – hier ein Teil der ­Unentwegten.

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LIGAALLTAG Der Ligaalltag begann für Rot-Weiss Essen eine Woche später gegen Bayer Leverkusen. Überraschend gab es eine 0:1-Niederlage, die gleichzeitig den ersten doppelten Punktverlust in der Meistersaison bedeutete. Der Fußballsport fasste das Spielgeschehen zusammen: „Alle Achtung vor dem Kampfgeist der Leverkusener, der ihnen heute einen ganz großen, wenn auch nach dem Schusspech der anderen gerechnet sehr schmeichelhaften Erfolg brachte. Rot-Weiss schien mit der Göttin Fortuna Streit be-

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kommen zu haben, denn nicht weniger als fünfmal krachten rot gezielte Schüsse an den Pfosten.“ Die nächsten beiden Spieltage fielen den Witterungsbedingungen zum Opfer. Den ersten Sieg im neuen Jahr errang RWE daher beim Freundschaftsspiel gegen die Newell’s Old Boys aus dem argentinischen Rosario. August Gottschalk war wieder mit dabei und trug sich beim 3:2-Erfolg neben Penny Islacker und Helmut Rahn auch gleich in die Torschützenliste ein. 1950 waren beim 2:0 gegen den gleichen Gegner noch 35.000 Zuschauer gekommen, nun lockte die ungünstige Spielzeit an einem Mitt-

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AUF DEM WEG ZUR MEISTERSCHAFT – RÜCKRUNDE Linke Seite: Oben: Die Weltmeister Rahn und Schäfer am 6. Februar 1955 vor der Partie gegen den 1. FC Köln (4:2) Unten links: Georg Melches verfolgt gebannt das Spiel gegen die Domstädter. Unten rechts: Rahn überspringt Kölns Keeper Günter Jansen, hinten Schiedsrichter Real (Gelsenkirchen).

Unten: Gegen den ETB gab es eine Schlacht im Schnee (20. Febru­ar 1955, 4:2). Rechts: Auch die ­Zuschauer des Derbys hatten ihren Spaß mit dem Wetter. Zwei von ihnen nahmen hier offenbar die Steuersenkungsdebatte der Zeit auf die Schippe.

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wochnachmittag um 15.30 Uhr – die Flutlichtanlage gab es erst eineinhalb Jahre später – nur knapp 9.000 Neugierige ins Stadion. Diese wurden indessen für ihr Kommen belohnt. „Vollendete Ballbeherrschung, Spielwitz, Spritzigkeit und vor allem ein selten gesehen hohes Tempo schlugen alle Zuschauer in ihren Bann“, schwärmte Ernst Ruhkamp in der kurzen fuffzehn. Voller Selbstvertrauen ging es am nächsten Sonntag zum Aachener Tivoli, auch wenn man dort in den letzten drei Spielzeiten jeweils verloren hatte. Im Vorfeld unkten die Düsseldorfer Nachrichten: „Fast sieht es so aus, als ob die Tivolihürde wieder nicht zu nehmen sei.“ Und tatsächlich hatte das Spiel am Mittwoch mit seiner hohen Schnelligkeit doch weit mehr Kräfte gekostet als gedacht. So war man mit dem 1:1-Unentschieden letztlich zufrieden, und Aachen konnte am Ende der Saison darauf zurückblicken, als einziges Team dem Deutschen Meister in beiden Spielen Punkte abgenommen zu haben. Eine Woche später war RWE dann endgültig wieder zur alten Stärke zurückgekehrt. In einem harten und ungemein spannenden Spiel schoss Johannes Röhrig mit einem Dreierpack einen 3:0-Vorsprung gegen den mittlerweile auf Platz zwölf abgerutschten 1. FC Köln heraus. Doch in der 69. und 70. Minute verkürzten die Domstädter durch einen Doppelschlag von Müller auf 3:2. Erst in der 88. Minute konnten die Essener Fans aufatmen, als Willi Vordenbäumen dem Kölner Torhüter Jansen den Ball zum 4:2-Endstand durch die Beine schoss.

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Bei Borussia Mönchengladbach, die in dieser Saison zu Hause noch ungeschlagen waren, gelang dann der erste Auswärtssieg im neuen Jahr. Die Schlagzeile im Kicker fasste den Spielverlauf trefflich zusammen: „Gottschalk denkt, Vordenbäumen lenkt, Islacker schießt.“ Der 3:2-Auswärtserfolg auf schneebedecktem Boden war aber auch Ersatztor-

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