Fachartikel
Lean Accounting Teil 2 – Der schlanke Monatsabschluss Von Dr. David Moser, Geschäftsführender Partner der Wertfabrik AG
Lean ist mittlerweile ein bekanntes Thema bei der Prozessoptimierung. Allerdings nicht beim Lean Accounting. Im Gegensatz zu Lean Production, Lean Administration oder Lean Development ist dieses noch wenig gefragt. Schade eigentlich, denn eine kompetente Lean Beratung kann auch in Finanzabteilungen gute Dienste leisten, um durch die Implementierung schlanker Prozesse Durchlaufzeit und Kosten zu senken. Wir erläutern hier, wie die Buchhaltung schlanke Abläufe gestalten kann.
«Abspecken für Finanzabteilungen» Im Zeitalter der Online-Bestellungen dreht sich alles um immer raschere Lieferungen. Tankstellen mit 24-Stunden-Service oder nonstop Zugang zu Bankdaten sind heute eine Selbstverständlichkeit. Wieso jedoch akzeptieren viele Unternehmensführungen, dass der Monatsabschluss erst gegen Mitte des Folgemonats vorliegt? Sind solche Reports überhaupt noch relevant? Was kostet so ein Monatsabschluss? Summieren Sie die Anzahl Tage und Personen, die Sie dazu benötigen. Multiplizieren Sie die so erhaltenen Manntage mit einem durchschnittlichen Tagessalär. Für drei Personen, die an sechs Tagen beschäftigt sind, kostet das jeden Monat etwa 3 x 6 x CHF 500 = CHF 9‘000 Oder anders ausgedrückt: über CHF 100‘000 im Jahr. Wollen Sie solche Summen für veraltete Informationen ausgeben? Wenn nicht, ist es Zeit, Ihre Kosten und Durchlaufzeiten zu optimieren. Informationen zu Umsatz, Kosten und Gewinn müssen up to date sein. Sie erst gegen Mitte des Folgemonats zu liefern, ist ein No-Go. In einer Lean Enterprise ist ein unmittelbares visuelles Feedback zum Stand der Dinge essentiell. Auch ein erfolgreiches Shopfloor Management basiert auf brandaktuellen und visualisierten Zahlen, Daten und Fakten. Mit ihrer Hilfe können Führungskräfte sofort auf Abweichungen reagieren. Die Vision - Vision muss sein: für jeden Tag einen Abschluss zu haben. Dies bedeutet, dass der jeweilige Abschluss nicht länger als einen Tag dauern darf. Doch wie erreicht man das?
Der Weg zum «Eintagesabschluss» Wie überall bei «Lean», geht es auch im Lean Accounting darum, nicht-wertschöpfende Tätigkeiten (Verschwendung) zu eliminieren oder zumindest zu reduzieren. Dies erreicht man in mehreren Schritten.
Schritt 1: Korrekturbuchungen eliminieren Analysieren Sie die Ursachen für Fehlbuchungen. Dann können Sie diese nachhaltig vermeiden und Korrekturbuchungen entfallen.
Schritt 2: Zeitaufwand für Buchungen prüfen Wieviel Zeit wird für die Buchung von nicht entscheidungsrelevanten Beträgen verschwendet? Wie präzise und wie genau muss der Abschluss sein? Die Antwort lautet: Der Abschluss muss genügend genau sein, um auf der ermittelten Aussage den richtigen Entscheid fällen zu können. Verzichten Sie auf Scheingenauigkeiten und überlegen Sie, ob Sie Ihren Geschäftsentscheid anders fällen, wenn Sie die Antwort auf eine Frage auf 1%, 5% oder 10% genau kennen. Es ist Verschwendung, wenn 80% oder mehr der Zeit für 20% oder weniger der gesamten Buchungsbeträge aufgewendet wird.
Schritt 3: Buchungen vor Monatsende Welche wichtigen (aber noch nicht dringenden) Tätigkeiten können bereits vor Monatsende erledigt werden? Erledigen Sie diese. Im Monatsabschluss können z.B. Abschreibungen ohne weiteres schon vor Monatsende gebucht werden.
Schritt 4: Flussprinzip anwenden Tätigen Sie Buchungen, sobald die Informationen dazu vorliegen. Saläre, die traditionell um den 25. herum bezahlt werden, können meist schon einige Tage früher vorbereitet werden. Es spricht nichts dagegen, sie sofort zu buchen. Daran denken: Sofern Saläre in einem anderen System abgewickelt werden, muss sichergestellt sein, dass eine elektronische Schnittstelle vorhanden ist, damit die Salärinformationen automatisch eingelesen werden können und nicht etwa manuell abgetippt werden müssen.
Schritt 5: Umgang mit Rückstellungen Manchmal wird viel Zeit mit der Berechnung von Rückstellungen für Garantiefälle bei Produkten verschwendet. Doch die Berechnungen beruhen immer nur auf Schätzungen. Stellen Sie doch einfach einen bestimmten Prozentsatz des Umsatzes zurück, basierend auf den echten Garantiekosten des Vorjahres. Aber: Prüfen Sie den Prozentsatz etwa halbjährlich und passen Sie ihn bei Bedarf an. Das gleiche gilt für die Berechnung der Rückstellungen für Debitorenverluste. Obsoleszenzberechnungen der vorhandenen Lager sind überdies ebenfalls nur Schätzungen. Wickeln Sie diese deshalb einfach und schnell ab.
Teamwork für weitere Beschleunigung Direkt nach Abschluss ist eine gute Gelegenheit, mit dem Team die dafür getätigten Transaktionen unter die Lupe zu nehmen. Erstellen Sie eine Liste mit allen Buchungen, die für den Abschluss nach Monatsende gemacht wurden. Notieren Sie die Quelle (Person oder System), eine kurze Beschreibung und den Betrag. Lassen Sie viel Platz für Bemerkungen. Beurteilen Sie im Team den Informationswert jeder einzelnen Buchung. Jedes Teammitglied soll nun eine Fehlbuchung seines Bereichs finden, analysieren und eine Lösung erarbeiten, wie der Fehler vermieden werden kann. Danach wählt jedes Teammitglied eine eigene Transaktion (idealerweise vom letzten Abschlusstag) und überlegt sich, was zu tun ist, um diese Transaktion einen Tag früher durchzuführen. Noch radikaler ist, vom Team zu fordern, nicht nur über einen Tag Einsparung nachzudenken, sondern was es für die Halbierung der erforderlichen Tage benötigt. Führen Sie auf jeden Fall einen Trendchart mit der Anzahl der für einen Monatsabschluss erforderlichen Buchungen.
Gretchenfrage: Braucht es überhaupt einen Monatsabschluss? Es gibt sehr gute Gründe, einen Abschluss zu machen. Abschlüsse machen deutlich, ob Pläne eingehalten werden oder nicht. Sie geben Informationen, in welche Richtung sich das Geschäft bewegt. Klar ist jedenfalls, dass der Monatsabschluss Ihrem Unternehmen etwas bringen muss. Wenn Sie zur Erkenntnis kommen, dass der Wert eines Abschlusses zu gering ist, ziehen Sie die Konsequenzen. Beispielsweise, indem Sie ihn vielleicht nur quartalsmässig machen. Ziel ist, nur das zu tun, was für Ihr Business das Richtige ist.
Lean Accounting bedeutet: • Schlanke Abläufe in der Buchhaltung • Bereitstellen von aussagekräftigen und rechtzeitigen Informationen • Informationen, die gut verständlich sind - auch ohne Finanzvorkenntnisse
Quelle: Jean E. Cunningham and Orest J. Fiume: Real Numbers – Management Accounting in a Lean Organization, Managing Time Press, 2003
Wertfabrik steht für umsetzungsstarke Lean-Berater – Macher mit breiter Industrieerfahrung, praxiserprobt, fundiert ausgebildet und methodisch sattelfest. Wir arbeiten mit durchgehender Methodik und breit abgestützten Ressourcen und garantieren Erfolg in allen Wertschöpfungsbereichen. Optimale und schlanke Prozesse sind unsere Kernkompetenz. Wir entwickeln mit Ihnen Strategien, damit Ihr LeanProjekt zum langanhaltenden Erfolg wird. Weitere Informationen zu Wertfabrik finden Sie unter www.wertfabrik.ch/de
Kontakt Wertfabrik AG, Birchstrasse 2, 8472 Seuzach, Telefon +41 52 335 55 00 David Moser, Geschäftsführender Partner, david.moser@wertfabrik.ch