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Ein kleines Stück vom Aktienglück
Es ist noch nicht lange her, da haben die sogenannten Neobroker ein neues Zeitalter des Wertpapierhandels versprochen. Aktien und Indexfonds ohne hohe Depotgebühren und lästige Transaktionskosten kaufen, einfach online mit einer Smartphone-App, ganz auf die Bedürfnisse der Millennials und Mittzwanziger ausgerichtet. Mit einer Ordergebühr von einem Euro oder weniger war es nun bereits mit einem kleinen Budget möglich, direkt in die Welt der Aktienbesitzer einzusteigen. Dagegen versprühte ein Fondsparplan einer Retailbank den Charme eines Bausparvertrags. Doch was tun, wenn die gewünschte Aktie einige Tausend US-Dollar kostet und das den Großteil des Portfolios ausmachen würde? Die Lösung für dieses Problem kam diesmal nicht von einem hippen Finanz-Start-up, sondern vom 1977 gegründeten US-Konzern Interaktive Brokers. Dieser führte im November 2019 als Erster die „Fractional Shares“ ein, zu deutsch Teilaktien. Dabei legen die Broker die Aktien in ein Depot, erzeugen daraus Stücke beliebiger Größe und ordnen sie intern den Kundendepots zu. Darum können Teilaktien auch nicht so einfach weiterverkauft werden, sondern werden in der Regel an den Broker zurückgegeben. Die Kunden können wählen, ob sie einen bestimmten Prozentanteil einer Aktie haben möchten oder einen Wert in Euro. Die Dividende geht anteilig an die Anleger wie bei „ganzen“ Aktien auch. Mit Teilaktien lassen sich auch kleine Portfolios besser diversifizieren, damit insbesondere bei Aktien das Risiko breiter gestreut wird. Bisher war das nur mit Indexfonds möglich, die bereits den Kurs vieler Aktien abbilden.
Mit Teilaktien sollen auch teure Aktientitel für die Smartphone-Anleger erschwinglich werden. Der Börsianer erklärt den neuen Trend.
TEXT THOMAS MÜLLER
Direkt oder Derivat
Vorreiter in Österreich war die Kryptobörse Bitpanda, die seit einem Jahr auch Teilaktien im Angebot hat. Für die Plattform „Bitpanda Stocks“ wurde eine eigene Tochterfirma gegründet, die eine österreichische Lizenz bei der Finanzmarktaufsicht hat. Der Kunde bekommt hier aber nicht die Aktien oder ETFs selbst ins Depot. Die Wertpapiere liegen bei der Partnerbank BNP Paribas, durch einen Derivatvertrag hat der Anleger das Recht, einen Teil davon zum jeweiligen Kurs zu kaufen und verkaufen. Dieser kann bis zu einem Euro klein sein. Damit kein Emittentenrisiko entsteht, wird den Kunden ein Pfandrecht auf die Wertpapiere im Depot eingeräumt. Als weiterer Anbieter in Österreich kam im Februar 2022 der niederländische Neobroker Bux Zero dazu. Hier bekommen die Anleger die Teilaktien direkt in ihr Depot, allerdings beginnt die Stückelung bei zehn Euro, und es stehen vorerst nur US-Aktien zur Verfügung. „Derivate erhöhen unter Umständen die Komplexität solcher Investments. Eine Erweiterung des Angebots um Fractional ETFs sowie europäische Titel ist für die zweite Jahreshälfte 2022 geplant“, sagt Bux-CEO Yorick Naeff. Das Angebot richte sich primär an langfristig orientierte Anleger: „Sie können Anteile von teuren Aktien aufbauen und durch regelmäßige kleine Zahlungen über einen längeren Zeitraum vom CostAverage-Effekt profitieren.“
Gemeinsam haben heimische wie internationale Wertpapierbroker, dass sie das Investieren für so gut wie jeden möglich machen wollen. Auf der BitpandaWebsite fällt sogar der Begriff „Arbeiterklasse“. Das klingt verdächtig nach den Visionen der 1990er-Jahre, als das Internet das Wissen „demokratisieren“ sollte. Nun wird das gute alte Stock-Picking auch auf der Mikroebene machbar, womit aber auch die Recherche und die Investmententscheidung an den Hobbyanleger übergeht. Das dürfte langfristig nicht allen nur Spaß machen. n
Ein Überblick, welche Informationen ab wann bereitgestellt werden müssen und wie Greenwashing vorgebeugt werden soll.
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Mit der geplanten Neuregelung der Europäischen Union, der Corporate Sustainability Reporting Directive, wird der Kreis der Unternehmen, die einen Nachhaltigkeitsbericht vorlegen müssen, deutlich erweitert und die geforderten Inhalte werden konkretisiert: In Zukunft sind alle als „groß“ einzustufenden Unternehmen verpflichtet, Nachhaltigkeitsinformationen zu veröffentlichen. In Österreich trifft das auf ca. 2.000 Unternehmen zu. Die EU-Regelung soll mit Dezember 2022 in nationales Recht umgesetzt werden und greift somit für Berichtsjahre beginnend am oder nach dem 1.1.2023.
FOLGEN FÜR UNTERNEHMEN
Gerade auf Unternehmen, die bislang noch nicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet waren, kommt ein erheblicher Zeitaufwand zu. Denn für die Erstellung des Berichts sind zahlreiche Informationen nötig, die im bisherigen Geschäftsalltag kaum erhoben und strukturiert wurden. D.h. Prozesse zu Sammlung und Aufbereitung der relevanten Daten sollten möglichst zeitnah eingerichtet werden.
In der Praxis beobachten wir häufig, dass nur bedingt Bewusstsein für die Tatsache vorhanden ist, dass die Zeit drängt. Der Reportingaufwand ist keinesfalls zu unterschätzen! Wir raten allen Unternehmer:innen, sich zeitnah damit auseinanderzusetzen und die „Fitness“ ihrer Gesellschaft bezüglich der derzeit bekannten Anforderungskriterien zu überprüfen.
VERPFLICHTENDE INHALTE
Aktuell sind drei thematische Säulen vorgesehen: Umwelt, Soziales und Governance. Konkret reichen die geforderten Inhalte vom Beitrag des Unternehmens zu Klimaschutz und Erhaltung der Biodiversität über Angaben zur Wertschöpfungskette bis hin zu Informationen über die Wahrung von Chancengleichheit sowie Achtung von Menschenrechten und Grundfreiheiten innerhalb der Unternehmenskultur. Neu ist auch, dass die firmeninternen Entscheidungsträger:innen (Verwaltungs-, Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane) verstärkt in den Prozess der Nachhaltigkeitsberichterstattung eingebunden werden sollen und ihre spezifische Rolle in diesem Prozess Teil des Berichts ist. Ebenso neu ist die verpflichtende externe Prüfung dieser nichtfinanziellen Berichterstattung.
GREENWASHING VORBEUGEN
Der Gefahr des Greenwashings wird durch mehrere Maßnahmen entgegengewirkt. Eine Risiko- und Auswirkungsanalyse stellt sicher, dass sowohl derzeitige als auch zukünftige positive und ne- gative Abweichungen von Soll-Zuständen in den Bericht aufgenommen werden und es nicht möglich ist, ausschließlich positive Aspekte zu veröffentlichen. Die Erstellung sog. Wesentlichkeitsmatrizen inkludiert Themen wie Umwelt-, Sozial-, Arbeitnehmer:innen-, Menschenrechts- sowie Korruptions- und Bestechungsbelange und bildet den thematischen Rahmen für die Berichterstattung. Außerdem beugen geplante verpflichtende Standards (European Sustainability Reporting Standards) Greenwashing vor und sichern gleichzeitig Transparenz und Vergleichbarkeit.
STRAFEN
Im EU-Richtlinienvorschlag sind keine Strafen für nicht nachhaltiges Verhalten vorgesehen und aufgrund des bisherigen Kurses der österreichischen Gesetzgebung sind keine darüberhinausgehenden nationalen Regelungen zu erwarten. Allerdings können sich sehr wohl Straftatbestände durch eine potenzielle Verletzung der grundsätzlichen Berichterstattungs- bzw. Sorgfaltspflichten ergeben. Nicht zu unterschätzen ist ein möglicher Imageschaden für Unternehmen, die ihre Bestrebungen in Sachen Nachhaltigkeit nicht transparent darstellen und belegen können. Glaubwürdige und authentische Anstrengungen auf diesem Gebiet entwickeln sich daher für Unternehmen international von der Kür zur Pflicht.
SIE HABEN FRAGEN?
Melden Sie sich gerne zu unseren Veranstaltungen an!
„Nachhaltigkeit im Jahresabschluss“
Webinar: 7.4.2022, 9:00–10:30 Uhr Live in Wien: 1.6.2022, 8:30–10:30 Uhr
Warum sich eine Teilnahme auszahlt: X Finden Sie heraus, ob die Berichtspflicht für
Ihr Unternehmen greift X Stecken Sie Ihren Handlungsbedarf genau ab X Gewinnen Sie einen Vorsprung, indem
Sie frühzeitig die notwendige Datengrundlage für Ihr Unternehmen sichern X Lernen Sie, welche Schritte für Ihre zukünftige Berichtscompliance notwendig sind.
Die Teilnahme ist kostenlos. Anmeldung unter bdo.at/events.
Weitere Informationen unter: digital.bdo.at/nfr
Sanela Terko ist Mitglied des EU-Gremiums der Accountancy Europe, das derzeit die European Sustainability Reporting Standards erarbeitet.
Matthias Hrinkow verfasst aktuell seine Dissertation am Institut für Revisions-, Treuhand- und Rechnungswesen der Wirtschaftsuniversität Wien.