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Farbenprächtige Klangreise
»Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen«, behauptet Matthias Claudius in seinem Gedicht »Urians Reise um die Welt«. Und wenn Komponist:innen reisen, hinterlassen die neuen Eindrücke nicht selten Spuren in der Musik. Mit vier Werken werden die Wiener Symphoniker am 15. April 2023 diese Behauptung untermauern.
VON ULRICH LINKE
Eine Verbindung von spanischem Idiom und französischer Klangsprache schuf Manuel de Falla in »Nächte in spanischen Gärten«, einer Art Klavierkonzert, das der Komponist während eines mehrjährigen Aufenthalts in Paris komponierte. Hier studierte er die Werke seiner französischen Zeitgenossen, vor allem Claude Debussys. Die symphonischen Impressionen bringen seine Erinnerungen an Gärten in Granada und Cordoba mithilfe von zum Teil authentischer spanischer Folklore, einer impressionistischen Orchestersprache und einem virtuosen Klavierpart in nächtlich-dunklen, aber auch südlich-warmen Farben zum Klingen.
Eine Fantasie-Reise nach Spanien unternahm Maurice Ravel. Mit seinem Gespür für musikalische Idiome destillierte er die Essenz spanischer Musik und wob diese in seine eigene Tonsprache ein. Die viersätzige, vitale »Rapsodie espagnole« mit ihrem rauschenden Farb-Feuerwerk, ihren Tänzen und sinnlichen Episoden traf den spanischen Ton so gut, dass de Falla seinem Freund ein großes Lob aussprach.
Auch Claude Debussys »La mer« entstand zum Teil auf Reisen: Begonnen ausgerechnet in den burgundischen Bergen, wurde das Werk nach mehreren Jahren an der englischen Südküste beendet. Mit seiner mal opalisierenden, mal gigantisch aufbrausenden, fein glitzernden oder aufpeitschenden Musik schuf Debussy neuartige Klänge, um die verschiedenen Seiten des Meeres darzustellen. Heute noch faszinieren seine nuancenreiche Koloristik und fantasievollen Mischungen der Klangfarbenpalette genauso wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
György Ligeti nutzte seine Außenseiterposition in Deutschland, um in Abgrenzung zur seriellen Kompositionstechnik eigene kompositorische Wege zu beschreiten. Zu seinen Markenzeichen wurden dynamisch bewegte, fluktuierende Klanggewebe, wie in der samtig-weichen Pianissimo-Studie »Lontano« (der Titel bedeutet »weit, entfernt«). Hier evozieren permanent sich wandelnde Klangflächen räumlich-visuelle Assoziationen an Kathedralen, an den Weltraum, an aufbrechende Wolken. Illusionen von Nähe und Ferne, großen Entfernungen und Raumtiefe, von Vorder- und Hintergrund setzt Ligeti ebenso eindringlich und fasslich in Klänge wie »visuelle Aggregatzustände«: Helligkeit und Dunkelheit, Schärfe und Unschärfe, Eintrübung und Aufhellung. Nicht umsonst ist »Lontano« zu einem Meilenstein Neuer Musik geworden.
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Pablo Heras-Casado
© Jiyang Chen
Der spanische Dirigent Pablo Heras-Casado und die venezolanische Pianistin Gabriela Montero setzen einen spanischen Schwerpunkt.
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Gabriela Montero
© Anders Brogaard
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Sa, 15/04/23, 19.30 & So, 16/04/23, 11.00 Uhr · Großer Saal
Ticketbezug: https://konzerthaus.at/konzert/eventid/60082
Wiener Symphoniker · Gabriela Montero · Pablo Heras-Casado
György Ligeti: Lontano · Maurice Ravel: Rapsodie espagnole · Manuel de Falla: Noches en los jardines de España »Nächte in spanischen Gärten«. Symphonische Impressionen für Klavier und Orchester · Claude Debussy: La mer. Drei symphonische Skizzen