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Bach intensiv
Masaaki Suzuki und das Bach Collegium Japan präsentieren eine Orchester-Ouverture und drei Kirchenkantaten von Johann Sebastian Bach.
VON RAINER LEPUSCHITZ
Während seiner Ausbildungszeit am Sweelinck-Konservatorium in Amsterdam und in den ersten Jahren seiner Musikerlaufbahn bekam Masaaki Suzuki nach Konzertauftritten in Europa immer wieder verzichtbare Fragen wie die folgende gestellt: »Wie kommt es, dass Japaner, mit einem so andersartigen Kulturerbe, es wagen, Bachs Musik zu spielen?« Ein halbes Musikerleben und viele Lernjahre über Kulturen und kulturelle Aneignung später gehören solch bedenkliche Fragestellungen der Vergangenheit an. Masaaki Suzuki hat mit dem von ihm gegründeten Bach Collegium Japan im Jahr 2015 die 55. CD-Einspielung fertiggestellt. Dies schließt sich eindrucksvoll an die Gesamtzyklen Nikolaus Harnoncourts/Gustav Leonhardts Hellmuth Rillings, John Eliot Gardiners und Ton Koopmans (der übrigens einer der Lehrer Suzukis in Amsterdam war) an.
In den ersten Jahren seiner Beschäftigung mit Bachs Kantaten, Passionen, Oratorien und Motetten spürte Suzuki seiner Auseinandersetzung mit diesem spezifischen Repertoire intensiv nach. Seine Familie gehört zur Minderheit evangelischer Christen in Japan, doch denkt er nicht, dass »der christliche Glaube notwendig ist, damit man die Musik schön spielt, und dass Nicht-Christen kein richtiges Verhältnis zu Bachs Werken haben können«. Vielmehr ist Suzuki überzeugt, »dass Bachs Musik eine Botschaft trägt, die das menschliche Herz ungeachtet der Nationalität oder der kulturellen Tradition zu bewegen imstande ist, eine Botschaft, die hungrige Geister füllt und inneren Frieden schafft.«
Von Bedeutung ist für Masaaki Suzuki und sein aus einem Barockorchester und einem gemischten Chor bestehendes Bach Collegium Japan die intensive Hinwendung zur deutschen Sprache: Entscheidend sind hierbei nicht nur Aussprache und Aussage, man müsse darüber hinaus das aus dem Gesprochenen »stammende Gefühl für die musikalische Phrasierung und Artikulation« erfassen. Die Erfassung der musikalischen Struktur und die Beherrschung des Kontrapunkts in Bachs Werken sind ohnedies Voraussetzung für alle Musiker:innen, der die Musik des Thomaskantors aufführt.
Apropos Thomaskantor: Nach Leipzig, in die Stadt, in der Bach mehr als ein Vierteljahrhundert lang als Kantor für die Kirchenmusik in den Hauptkirchen St. Thomas und St. Nikolai verantwortlich zeichnete und dafür hunderte Kantaten sowie mehrere Passionen komponierte, kam Suzuki erstmals im Rahmen seiner Amsterdamer Studienzeit, lange vor dem Mauerfall. Später hörte Suzuki einige Konzerte in Leipzig; mittlerweile zählt er selbst zu den Interpret:innen in der Bach-Stadt, sei es als Orgelsolist auf der Bach-Orgel in der Thomaskirche oder auf der großen Orgel im neuen Gewandhaus, sei es als Dirigent seines Bach Collegiums Japan oder des Gewandhausorchesters Leipzig. Suzuki, dessen eigenes Ensemble natürlich auf Originalinstrumenten spielt, dirigiert mittlerweile auch große Symphonieorchester mit »modernem« Instrumentarium bei einem über das Barock in die Klassik und Frühromantik hinausreichendem Repertoire. Auch wenn Suzuki davon überzeugt ist, dass Barockmusik auf Originalinstrumenten besser auszuführen ist und klingt, so ist er diesbezüglich kein Purist. Vorrangig ist für ihn ohnedies, dass Musiker:innen eine Vorstellung von der Musik und ihrem jeweiligen Stil haben. Bezüglich der Chorbesetzung hält es Suzuki ebenfalls nicht mit der von manchen Kolleg:innen dogmatisch praktizierten solistischen Besetzung jeder Stimme, er setzt im Bach Collegium Japan auf eine an die instrumentale Besetzung angepasste Zahl von Sänger:innen. Den Abend eröffnet die Orchester-Ouverture D-Dur BWV 1069; Suzuki spannt so einen Bogen zur Leipziger Weihnachtskantate »Unser Mund sei voll Lachens« BWV 110, in deren Eröffnungschor Bach den ersten prunkvollen Instrumentalsatz der Ouverture noch einmal einfließen ließ.
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Mi, 02/11/22 · 19.00 Uhr · Großer Saal
Bach Collegium Japan
Joanne Lunn: Sopran; Alexander Chance: Altus; James Gilchrist: Tenor; Christian Immler: Bass; Masaaki Suzuki: Dirigent
Johann Sebastian Bach: Orchestersuite Nr. 4 D-Dur BWV 1069 · Was frag ich nach der Welt BWV 94 · Herr, deine Augen sehen nach dem Glauben BWV 102 · Unser Mund sei voll Lachens BWV 110
Auftakt zum Zyklus Bach-Kantaten: konzerthaus.at/2223JSB
Karten: konzerthaus.at/konzert/eventid/59811