MATINEE BALLETT AKADEMIE
MATINEE BALLETTAKADEMIE WIENER STAATSOPER 15. DEZEMBER 2024 11 UHR WIENER STAATSOPER
WIENER- STAATSOPER.AT
MATINEE BALLETT AKADEMIE LA BAYADÈRE nach MARIUS PETIPA in einer Adaption von CHRISTIANA STEFANOU DILIANA NIKIFOROVA ROBERT GABDULLIN ALENA WEBER ZSOLT ELEK QUARTZ MARTIN SCHLÄPFER PRISMA URAUFFÜHRUNG CHRISTIANA STEFANOU
DIE BALLETTAKADEMIE DER WIENER STAATSOPER WIRD UNTERSTÜTZT VON
VORWORT
LIEBES PUBLIKUM Im Herzen jeder künstlerischen Arbeit liegt der Wunsch, etwas zu schaffen, das inspiriert, das bewegt, das uns staunen lässt, das unseren Blick auf die Welt verändert. Neben dem täglichen Unterricht, dem Üben und Lernen, mit dem wir unseren Schülerinnen und Schülern die Basis schenken, um sich zu jenen Tänzerinnen und Tänzern zu entwickeln, die die Zukunft des Balletts gestalten werden, ist die künstlerische Arbeit am so vielfältigen Tanzrepertoire, aber auch das Eintauchen in kreative Prozesse ein wesentlicher Baustein unserer Ausbildung an der Ballettakademie der Wiener Staatsoper. Nur sechs Monate nach der Matinee 2023/24 gehört am heutigen Sonntag die große Bühne im Haus am Ring erneut unseren Schülerinnen und Schülern. Wir nutzen diesen Vormittag, um Ihnen nach dem umjubelten Erfolg der Premiere im Juni 2024 eine weitere Aufführung von La Bayadère nach Marius Petipa zu zeigen. Unseren Schülerinnen und Schülern schenken wir damit eine zweite Möglichkeit, dieses bedeutende Werk zu tanzen, das alles enthält, was ein großes Handlungsballett auszeichnet: differenziert und anspruchsvoll zu gestaltende Rollen, eine bewegende Geschichte, lebhafte Charaktertänze und
mit dem äußerste Präzision und Ensemblegeist fordernden sogenannten »Schattenakt« eine der schönsten und schwierigsten Choreographien des Repertoires. Neunzig Prozent der Premierenbesetzung kehrt heute auf die Bühne zurück. Durch die kontinuierliche Arbeit an diesem Werk konnten sich die Schülerinnen und Schüler weiter in ihre Rollen vertiefen, an den tanztechnischen Herausforderungen feilen und zusätzliche Nuancen entdecken. Aber auch alle in diesem Schuljahr Dazugekommenen haben wir integriert! Im zweiten Teil des Programms zeigen wir Ihnen, was wir seit September neu erarbeitet haben. Sich mit einem Werk Martin Schläpfers auseinandersetzen zu dürfen, ist nicht nur eine besondere Erfahrung, sondern ein großes Geschenk. Ich danke ihm von ganzem Herzen, dass er auch für diese Matinee wieder mit den Mitgliedern der Jugendkompanie gearbeitet und ihnen seinen Pas de deux Quartz anvertraut hat: ein filigranes, unter die Haut gehendes Kammerspiel. Von Musik und den Möglichkeiten digitaler Visualisierung von Klängen habe ich mich zu meinem neuen Ballett Prisma für die Schülerinnen und Schüler der siebten und achten sowie ei-
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VORWORT
nige Mitglieder der sechsten Klasse inspirieren lassen. Die ersten beiden Sätze aus Philip Glass’ Violinkonzert sind meine Basis für ein Mosaik aus Bewegungen und Formationen, die sich wie Lichtstrahlen in einem Prisma brechen – eine Choreographie, in der ich nach einem Gleichgewicht von Ensemblearbeit und Individualität im Ausdruck der Tänzerinnen und Tänzer gesucht habe. Als Martin Schläpfer und ich vor fünf Jahren die Leitung der Ballettakademie übernommen haben, taten wir dies mit dem Auftrag, eine in die Krise geratene Ausbildung grundsätzlich zu reformieren und heutigen Standards anzupassen. Und auch das Gebäude im Hanuschhof hat inzwischen eine umfassende Sanierung und Umgestaltung erfahren. Wenn sich heute der Vorhang für unsere Matinee 2024/25 hebt, ist dies auch ein Zeichen für alles, was wir in unserem Team und mit starken Partnerinnen und Partnern in den vergangenen fünf Jahren durch leidenschaftliche Hingabe, Professionalität, intensive Zusammenarbeit und eine gemeinsame Vision erreichen konnten. Unsere Schülerinnen und Schüler sind in dieser Zeit nicht nur als Tänzerinnen und Tänzer, sondern auch als Individuen gewachsen und
verkörpern mit allem, was sie uns heute auf der Bühne präsentieren, was die Ballettakademie der Wiener Staatsoper auszeichnet. Diese Entwicklung zusammen mit meinem gesamten Team begleitet und gefördert zu haben, erfüllt mich mit großer Freude. Ich wünsche Ihnen eine schöne und inspirierende Vorstellung, die für unsere Schülerinnen und Schüler nicht nur einer der Höhepunkte des Schuljahrs, sondern mit jedem Schritt, jeder Bewegung auch Sprungbrett für die weitere Entwicklung ist.
Ihre Christiana Stefanou Direktorin der Ballettakademie der Wiener Staatsoper
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JENNIFER HOMANS ÜBER LA BAYADÈRE
»Der ›Schattenakt‹ war ein spektakuläres Bild, wie es nur in St. Petersburg entstehen konnte. Marius Petipas Tanz beschwor das Empfinden individueller Zerbrechlichkeit und die Faszination des Traums, wie sie für Théophile Gautier, Jules Perrot und andere typisch waren ..., aber er übertrug die flüchtige Romantik der Wilis, Geister und Frauen in Weiß in ein sehr viel grandioseres und formaleres russisches Idiom – nicht durch Addition aufwendiger Bühnenbilder und Kostüme (obwohl er auch das tat), sondern durch die Erweiterung der gesamten choreographischen Struktur. Die Schritte waren französisch, aber ihre Anordnung – intensiviert durch Wiederholungen – spiegelte die gewaltigen architektonischen Proportionen der Eremitage und der Gärten von Schloss Peterhof wider.«
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LA BAYADÈRE MARIA-MICHAELA BERINDE als GAMZATTI LAURIDS SEIDEL als SOLOR, ENSEMBLE
LA BAYADÈRE ENSEMBLE
LENA DOBIJA als NIKIJA
LA BAYADÈRE MARIA-MICHAELA BERINDE als GAMZATTI LAURIDS SEIDEL als SOLOR
GIULIA MANDELLI, MÄDCHENENSEMBLE
KOPFZEILE
LA BAYADÈRE ELLA BOGHEANU als NIKIJA, LAUDRIDS SEIDEL als SOLOR MÄDCHENENSEMBLE
KOPFZEILE
NASTASJA FISCHER
LA BAYADÈRE »La Bayadère ist ein Ritual, ein Gedicht über Tanz, Erinnerung und Zeit.« ARLENE CROCE, THE NEW YORKER
Wohl kaum ein Werk im Kanon des klassischen Balletts verbindet man so stark mit nur einer Szene wie La Bayadère mit dem »Schattenakt«. Auch wenn das Ballett in seiner Gesamtheit als Meisterwerk Marius Petipas gilt, so ist es doch jene Choreographie aus dem dritten Akt, die immer wieder Staunen beim Publikum auslöst. Als wahrhafte Perfektion des Ballet blanc gilt diese, wenn die Ballerinen in ihren Tutus voller Konzentration synchron und repetitiv Arabesques in Schlangenlinien entlang ausführen und so vollendete Harmonie und Schönheit in Körper und Bewegung zum Ausdruck bringen, jedoch zugleich auf Zeitlosigkeit und Abstraktion verweisen. 1877 in St. Petersburg zu einer Komposition des Wieners Ludwig Minkus und einem Libretto von Petipa und dem Verleger Sergej Chudekow – ein Name, den man heute vor allem noch von jenem prächtigen botanischen Garten kennt, den er in Sotschi am Schwarzen Meer für seine Frau anlegen ließ – uraufgeführt, ist La Bayadère jenes Petipa-Ballett mit den meisten Änderungen und Anpassungen, die heute teilweise als Standard angenommen werden. Eine der größten ist dabei zweifellos die Streichung des vierten Akts, die sich auch
auf die Handlung auswirkt und zum ersten Mal in der 1907 aufgeführten Fassung von Alexander Gorsky vorgenommen wurde. Seitdem existieren vor allem Versionen mit drei Akten, die die fatale Liebesgeschichte von der indischen Tempeltänzerin Nikija und des Kriegers Solor erzählen. Auch die Fassung, welche Christiana Stefanou gemeinsam mit Zsolt Elek, Robert Gabdullin, Diliana Nikiforova und Alena Weber nach Petipa eigens für die Matinee der Ballettakademie kreiert hat, stellt die Bayadère in drei Akten vor. In dieser choreographischen Einrichtung tanzen die Schülerinnen und Schüler aller Ausbildungsstufen eine 90-minütige Version des Ballettklassikers: »Mir und meinem Team war es wichtig, eine Fassung zu kreieren, die nicht nur die Geschichte in konzentrierter Form wiedergibt, sondern in der sich alle von der ersten bis zur achten Klasse präsentieren können. Wir haben die Choreographien teilweise neu kreiert, adaptiert und gekürzt, Minkus’ Partitur entsprechend angepasst, aber auch Musiken getauscht und zu anderen Szenen hinzugefügt. Wir zeigen natürlich alle für das Ballett repräsentativen und elementaren Choreographien wie den Grand Pas, Trommeltanz, Dschampe-Tanz, die Variation des Goldenen Idols oder den ›Schattenakt‹.«
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LA BAYADÈRE
ZUR HANDLUNG Der erste Akt beginnt mit dem Fest des Feuers, an welchem Solor nach einer Tigerjagd teilnimmt in der Hoffnung, auf Nikija zu treffen. Nicht nur er, sondern auch der Brahmane ist von der Schönheit der Bajadere überwältigt und gesteht ihr seine Liebe, wird aber von Nikija zurückgewiesen. Nach dem Ende des Festes, bei dem die Fakire und Bajaderen Tänze ausführen, kommen Nikija und Solor zusammen und schwören einander ewige Treue. Der Brahmane nimmt Kenntnis von dem Treffen und rast vor Eifersucht. In der zweiten Szene erfährt das Publikum, dass Solor der Tochter des Radschas, Gamzatti, versprochen ist und sie ehelichen soll. Der Zeitpunkt der Hochzeit rückt näher. Nikija wird gebeten, bei den heiligen Riten zu tanzen. Der Brahmane berichtet dem Radscha von den Liebesschwüren Nikijas und Solors. Der Radscha ist erzürnt, aber sein Entschluss bleibt unverändert: Solor wird seine Tochter heiraten und die Bajadere muss sterben. Gamzatti hat das Gespräch mitgehört und ruft ihre Dienerin herbei, die Nikija zu ihr bringen soll. Als diese erscheint, erzählt Gamzatti ihr von der bevorstehenden Hochzeit und zeigt ein Porträt von Solor. Nikija ist entsetzt, hat Solor ihr doch ewige Treue geschworen. Gamzatti verlangt, dass Nikija auf Solor verzichtet und bietet ihr kostbare Schätze an, damit sie von ihrem Verlobten lässt. Als Nikija diese ablehnt kommt es zum Kampf und Gamzatti beschließt, dass Nikija sterben muss. Im zweiten Akt finden die Feierlichkeiten zur Hochzeit von Gamzatti und Solor statt. Eine Reihe von Tänzen sorgt für Unterhaltung der Gäste. Nachdem Nikija mit ihrem Tanz fertig ist, überreicht Gamzattis Dienerin ihr einen Blumenkorb. In der Annahme, es handele sich um ein Geschenk Solors, nimmt sie diesen an. Eine Schlange, die im Korb versteckt wurde, beißt Nikija. Der Brahmane bringt ein Gegengift, doch Nikija lehnt dieses vor den Augen Solors und
Gamzattis ab und stirbt in den Armen ihres verzweifelten Geliebten. Von Reue und Trauer gequält wird Solor im dritten Akt von Nikijas Schatten heimgesucht. Er folgt ihr an einen verzauberten Ort, ins Königreich der Schatten. Im Traum sind beide wieder vereint.
EIN EUROPÄISCHER INDIEN-TRAUM Bereits beim Lesen der Inhaltsangabe wird deutlich, dass das Werk keineswegs, wie so oft bemerkt, ein altes Indien zeigt, sondern vielmehr ein ganz aus der Fantasie gebildetes, das mit der im 19. Jahrhundert verbreiteten Faszination an »exotischen« Geschichten und Darstellungen einhergeht. Das gilt auch für die Bajaderen oder Tempeltänzerinnen, die in dieser Form nicht existierten, sondern vielmehr als »literarische Fantasiewesen, dem Geiste europäischer Kolonialästhetik entsprungen« sind (Gunhild Oberzaucher-Schüller). So übten diese Frauen die Tätigkeit einer »Devadasi« aus, die vor allem mit rituellen Praktiken einherging und sich keineswegs in dekorativen Tänzen äußerte. Dem Ballett La Bayadère wird heute vorgeworfen, ein klischiertes Bild von Indien mit seinen Pumphosen, der Vermischung von religiösen Symbolen und dem Orientalismus zu vermitteln, sodass eine kritische Hinterfragung der Historie und Rezeptionsgeschichte nötig ist. »In diesem Sinne handelt das Ballett La Bayadère von einer orientalistischen Vision Marius Petipas und der imperialen Geschichte des Balletts […]. Die Relevanz von La Bayadère für eine Person wie mich, die sich mit den Überschneidungen von Orientalismus und indischer Tanzgeschichte beschäftigt, ist immens, nicht nur wegen seiner Kunstfertigkeit, sondern auch wegen seiner historischen Bedeutung als Artefakt«, schreibt die Tanzkünstlerin und Anthropologin Pallabi Chakravorty und verweist damit zugleich auf die Möglichkeiten, die eine kritische Beschäftigung mit dem
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LA BAYADÈRE
Werk eröffnet: sich nicht nur mit der Geschichte des klassischen Balletts auseinanderzusetzen, sondern ein Kunstwerk auch als Produkt seiner Zeit, das auf diverse Einflüsse reagiert, zu untersuchen, durch Recherche den Blick zu öffnen und die eigenen Vorstellungen zu hinterfragen. So bleibt La Bayadère auch heute ein legendärer Fixpunkt im Erbe des klassischen Balletts und löst nicht nur beim Publikum, sondern auch bei Tänzerinnen und Tänzern, von denen Petipas Choreographie Höchstleistungen fordert, Begeisterung aus. Als Brückenschlag von der Romantik zur klassischen Ära hat Petipa, u. a. vom Ballett Sacountala seines Bruders Lucien Petipa in Paris inspiriert, in einer sechsmonatigen Probenphase mit La Bayadère ein Grand ballet choreographiert, das mit der Geschichte um die Tempel-
tänzerin nicht nur ein damals im europäischen Kulturkreis beliebtes »orientalisches« Sujet aufgriff, sondern auch durch die Opulenz der Inszenierung und Besetzung, seine große Dramatik sowie choreographische Raffinesse bestach. Petipa vermochte es, pantomimische Darstellungen und Charakter- und Halbcharaktertänze, beeindruckende solistische Variationen und Pas de deux sowie große Ensembleszenen und Divertissements zu einem komplexen Werk zu verweben, wobei er ein besonderes Augenmerk auf das Ballet blanc – das Königreich der Schatten im dritten Akt – legte, das in seiner Poesie bis heute ein Paradebeispiel jener Gattung darstellt und in seiner Feier von Struktur und Form eine Feier des klassischen Balletts selbst ist.
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HARTMUT REGITZ
»Wenn man sich einmal vorurteilslos in La Bayadère aus dem Jahr 1877 einhört, merkt man, was für eine Faszinationskraft, was für eine Farbigkeit diese Musik besitzt. Das ist mehr als nur kompositorisches Handwerk, mehr als bloß tönendes Material, meterweise auf Bestellung gefertigt. Gerade für das Königreich der Schatten hat sich Minkus Mirakulöses einfallen lassen. Manche Takte klingen, als wären sie Tschaikowskis Schwanensee entlehnt (der erst wenige Wochen nach der Bayadère am Bolschoi seine misslungene Uraufführung erlebte). Einige Nummern erinnern daran, dass die ersten Kompositionsversuche des jungen Mannes einst für die Tanzkapelle seines Vaters entstanden. Andere dagegen, etwa das Moderato con moto aus dem dritten Akt, lassen einen aufhorchen. Und fragen: Ist da vielleicht noch mehr, was man hören sollte?«
A N N E DO PAÇO
QUARTZ ÜBER DIE KRAFT DER ERINNERUNG
Eine Frau in einem strengen, hochgeschlossenen Kleid betritt den Raum. Sie streicht sich mit einer Hand über den Arm, als würde sie frösteln, kreuzt ihre Arme, neigt den Kopf seitlich in den Nacken. Sie ist in Gedanken versunken. Verträumt beginnt sie eine Welt zu entwerfen, tanzend in einen Dialog mit ihrem Körper zu treten. Ihr mit dem Rücken zugewandt steht ein Mann. Schließlich dreht er sich um, wendet sich ihr zu, tanzt mit ihr. Doch ihre Blicke treffen sich nie. Oft geben konkrete Anlässe die Anregung zu einem Werk, wie im Fall des Tanzstücks Quartz, mit dem Martin Schläpfer eine besondere Künstlerin zu ihrem Bühnenabschied im Juni 2008 beschenkte: die australische Tänzerin Kirsty Ross, die ihm über eine ganze Dekade zu einer Art Muse geworden und zahlreiche seiner Werke inspiriert hatte. Entstanden ist mit dem filigranen Kammerballett für eine Tänzerin und einen Tänzer allerdings mehr als ein Gelegenheitswerk. Quartz zählt seither zu den festen Größen in Martin Schläpfers Repertoire und war in immer wieder neuen Besetzungen bereits auf zahlreichen Bühnen Europas zu sehen. In der heutigen Matinee der Ballettakademie bringen nun zwei Mitglieder der Jugendkompanie die 13-minütige Miniatur erstmals auf die Bühne der Wiener Staatsoper. Dass die Choreographie ursprünglich für eine reife Künstlerin entstand, hindert Martin Schläpfer nicht an einer Weitergabe an Tänzerinnen und Tänzer, die sich noch am Anfang ihrer Karriere befinden: »Die Mitglieder unserer
Jugendkompanie sind junge Erwachsene, mit all ihren Vorzügen. Man muss ja nicht viele Jahre gelebt haben, um Freude und Schmerz zu spüren, im Gegenteil, bei jüngeren Menschen sind die Emotionen in der Regel viel extremer, schöner, euphorischer, aber auch gefährlicher«, bemerkt der Ballettdirektor und Künstlerische Leiter der Ballettakademie. »Natürlich schaue ich mir die Tänzerinnen und Tänzer sehr genau an, arbeite intensiv mit ihnen und prüfe ihre Wesensbeschaffenheit, bevor ich mich für ein Stück wie Quartz entscheide, denn dieses muss man körperlich wie innerlich ganz in Besitz nehmen können und nicht nur seinem Inhalt nachlaufen. Ich habe mit allen zwölf Mitgliedern der Jugendkompanie das Stück angelegt und mich schlussendlich für drei Besetzungen entschieden, mit denen ich tiefer in die Arbeit hineingegangen bin.« Jenseits augenscheinlicher Virtuosität verlangt Martin Schläpfer in Quartz den Tänzerinnen und Tänzern Höchstleistungen ab. »Es braucht eine immense Ausdauer und die Fähigkeit, innerhalb von Sekunden zwischen verschiedenen Emotionen und Ausdrucksfarben zu wechseln«, beschreibt er die besonderen Herausforderungen dieser Choreographie, die jenseits standardisierter Pas de deux-Techniken, wie sie in der Ausbildung zunächst gelehrt werden, angesiedelt ist. Dies zeigt sich beispielsweise in den komplexen Hebefiguren, die nicht nur eine hohe Präzision, sondern auch eine große emotionale Verbundenheit fordern.
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AUS DEM ALBANISCHEN VOLKSLIED KU VEROVE VERËN-O
»ICH HABE WEDER SOMMER NOCH HERBST, ICH ÜBERWINTERE ... WER HAT DIE STERNE OHNE SCHLAF VERLASSEN? DIE LIEBE HAT DICH GELIEBT.« 19
QUARTZ
Mit Rickie Lee Jones’ Ghosty Head (1997) und Marianne Faithfulls City of Quartz (2004) bilden Songs zweier exzentrischer Singer-Song-Writerinnen, die jenseits aller Popmusik-Trends ihre eigene, von einer großen Rauheit und Melancholie durchzogene Musik geschaffen haben, für Martin Schläpfer den Rahmen seines sich in drei Abschnitten entwickelnden Stückes. Im Zentrum steht dagegen eine Komposition von völlig konträrem Charakter: das albanische Volkslied Ku Verove verën-o, ein in der komplizierten isopolyphonen Satztechnik, wie sie für die Volksmusik im südlichen Albanien, Mazedonien und nördlichen Griechenland typisch ist, angelegter Rundgesang von großer archaischer Wucht. Sind sich Mann und Frau zunächst fremd geblieben, wie von einer unsichtbaren Wand voneinander getrennt, so bricht diese nun auf. Blicke werden direkter, Berührungen körperlicher. Voller Sinnlichkeit kommt es mit der Dynamik eines Kräftemessens, bei dem sich beide als gleichwertige Partner gegenüberstehen, zu einem Ausloten körperlicher wie emotionaler Grenzen. Wie dabei Hebungen gestemmt und Balancen ausgefochten werden nimmt geradezu rituelle Züge an. »Die dunkle Großstadt-Etüde (...) endet mit einer Art Verpuppung, Mechanisierung der bei-
den Einzelgänger«, beschreibt die Journalistin Angela Reinhardt das Ende der Choreographie zu dem spieluhrartigen City of Quartz. »Aus einer Beziehung zweier Menschen geht meistens einer früher, sei es durch einen Bruch oder durch den Tod. Einer bleibt allein zurück. Davon spricht der Übergang in den Song von Marianne Faithfull, in dem sich die Tänzerin und der Tänzer mit einer puppenhaften Mechanik in den Bewegungen umkreisen – wie alte Zinnfiguren. Alles ist nur noch Erinnerung, ein Weiterleben im Gedächtnis, das Echo einer vergangenen Zeit, die sich tief in das Gedächtnis eingeprägt hat«, so Martin Schläpfer. »Ich sehe Quartz nicht als ein schweres, melancholisches Werk. Angesichts der globalen Herausforderungen und politischen wie gesellschaftlichen Spannungen, mit denen wir alle uns und gerade auch die jungen Menschen auseinandersetzen müssen, kommt mir mein Stück von 2008 vielmehr fast wie ein ›flotter Walzer‹ vor. Es ist verträumt, poetisch und zeigt eine Sehnsucht, die sowohl nach außen als auch nach innen gerichtet ist.« In der Verbindung von Leichtigkeit und Tiefe ist Martin Schläpfer mit Quartz ein Werk gelungen, das gleichermaßen Hoffnung schenkt wie zur Nachdenklichkeit anregt. Ein Pas de deux über die Kraft der Erinnerung.
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QUARTZ NEFELI PANTELIA
QUARTZ NEFELI PANTELIA, ALEX MARTELLI
A N N E DO PAÇO
PRISMA SCHILLERNDE BRECHUNGEN VON BEWEGUNG UND MUSIK IM LICHT
Eine Gruppe von Tänzerinnen auf Spitze zieht in drei Reihen formiert eine exakte Diagonale von rechts nach links über die Bühne. Ihr Blicke sind streng nach vorne gerichtet. Die Füße mit beiden Sohlen am Boden, aber die Beine – an alte ägyptische Stand-Schreit-Figuren erinnernd – zum Schritt geöffnet, verleihen der Formation eine eigenartige Dynamik zwischen aktiv ausgreifend und stabil stehend. Im Kreuz gegen die Diagonale stehen zwei Männer sich zugewandt und beginnen einen Tanz, der sofort Emotionen in das abstrakte Setting bringt. Zunächst spiegelsymmetrisch, aber sich dann auch voneinander lösend, treten sie gegen- und miteinander an. Ihre feine wie auch kräftige Beinarbeit erhält aus dem klassischen Vokabular des Balletts ihre Textur. Wie Stoßwellen gehen nun auch Bewegungen durch die Gruppe der Tänzerinnen, deren parallele Linien sich zunächst zu einem spitzen Keil verziehen, gefolgt von weiteren geometrischen Anordnungen im Raum. Das Duo der beiden Männer weitet sich zum Quartett und zum Trio. Schließlich finden sich Paare zwischen fünf Tänzerinnen und Tänzern, während sich die Gruppe der Frauen zu einem Viereck formiert, aus dem sich wiederum zwei Reihen lösen, die den Raum und in ihm die Paar-Gruppierungen zerteilen ... Prisma nennt Christiana Stefanou ihr neues Stück, das sie in den vergangenen Wochen für die Schülerinnen und Schüler der siebten und achten Klasse sowie einige Mitglieder der sechsten Klasse kreiert hat – eine Choreographie, deren Inspiration sie aus den ersten beiden Sätzen des 1. Violinkonzerts von Philip Glass bezog. »Wenn ich Musik höre, sehe ich sofort Bewegungen vor
mir«, bekennt die Direktorin der Ballettakademie der Wiener Staatsoper. Die schillernde Klangwelt der Komposition, die im Rahmen der Matinee der Ballettakademie in einer Fassung für Violine und Klavier live erklingt, erinnerte sie an die Brechungen von Licht in einem Prisma – Bilder, die sie als eine Art »visuelles Echo der Töne« in ihrer Choreographie sichtbar macht. Vom ersten Takt an ist klar, dass es sich dabei um eine Musik von Philip Glass handeln muss: die Tonrepetitionen, die Arpeggien der Solo-Violine, der pulsierende Grundrhythmus, die repetitiven »Patterns«, die sich langsam zu überlagern beginnen und nach und nach jedes Zeitempfinden außer Kraft setzen und uns mit ihren in sich kreisenden Bewegungen immer tiefer hineinziehen in die Strudel nur scheinbar friedlicher Trancezustände. Die agilen, für die Violine höchst idiomatischen Solofigurationen des ersten Satzes erinnern dabei ebenso an barocke Texturen wie die schwebende Kantilene der Violine über einem Passacaglia-Bass im langsamen zweiten Satz. Seine Uraufführung erlebte dieses mit insgesamt drei Sätzen ganz traditionell gebaute und klassisch besetzte, von einer schlichten Eleganz geprägte Violinkonzert am 5. April 1987 mit dem American Composers Orchestra unter der Leitung von Dennis Russell Davies und mit dem Solisten Paul Zukofsky in der New Yorker Carnegie Hall. Heute zählt Philip Glass’ 1. Violinkonzert nicht nur zum Standardrepertoire im Konzertsaal, sondern inspiriert immer wieder aufs Neue Choreographinnen und Choreographen für Ballett- und Tanzkreationen.
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KR P O IPSFM ZA EILE
Prisma griech. = »das Zersägte«; geometrischer Körper, dessen Grund- und Deckfläche parallele, kongruente Vielecke sind und dessen Seitenflächen von Parallelogrammen begrenzt werden. In der Optik dienen prismatische Körper aus Glas oder anderen lichtdurchlässigen und -brechenden Stoffen zur spektralen Zerlegung des Lichts oder zur Richtungsänderung abbildender Strahlen.
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PRISMA
Wie Glass »Patterns« von einer großen Fasslichkeit und Simplizität in seiner Partitur in- und übereinander schiebt und daraus seinen musikalischen Satz webt, sind es in Prisma einfache geometrische Grundformen, die Christiana Stefanou der Architektur ihres Balletts zugrunde legt und aus diesen ein ebenso raffiniertes wie effektvolles Zusammenspiel von immer neuen Formationen im Raum entwickelt. Im Bewegungsvokabular schöpft sie dabei aus allem, woran die Schülerinnen und Schüler der Ballettakademie der Wiener Staatsoper in ihren täglichen klassischen Ballett-Trainings arbeiten und überträgt es in die tanztechnischen und konditionellen Zusammenhänge sowie künstlerischen Anforderungen eines Balletts. »In unserem Unterricht auch Uraufführungen zu erarbeiten, ist ein wichtiger Bestandteil unserer Ausbildung«, erläutert Christiana Stefanou. »Einerseits müssen sich die Schülerinnen und Schüler intensiver und eigenständiger in den
kreativen Prozess einbringen, gehen mit mir zunächst in einen leeren Raum, in dem sie auch die wunderschöne Kraft spüren, wenn gemeinsam etwas Neues entsteht. Zum anderen ist eine Kreation aber auch für mich als Pädagogin ein ausgezeichneter Weg, die Schülerinnen und Schüler sehr intensiv kennenzulernen, ihre Stärken, ihre Schwächen und ihre individuellen Persönlichkeiten und diese dann weiter zu fördern, zu unterstützen und auf der Bühne zum Leuchten zu bringen.« Ihr Ballett Prisma hat sie zwischen Individualität und Gruppendynamik angesiedelt. Es ist ein Ballett, das die Schönheit und besonderen Energien erlebbar macht, die entstehen, wenn eine Gruppe von Menschen zu einem Ensemble verschmilzt. Es ist aber auch ein Ballett, in dem sich alle Mitwirkenden als Solistinnen und Solisten präsentieren und sich mit ihren persönlichen Färbungen und Charakteren auf der Bühne zeigen können – ein Prisma auch der Kreativität.
»Die Vergangenheit wird neu erfunden und zur Zukunft. Aber die Herkunft ist alles ... Ein authentischer persönlicher Stil kann nicht ohne eine diesem zugrunde liegende solide Technik erreicht werden.« PHILIP GLASS
KOPFZEILE
PRISMA RICCARDO SAILIS SANTONI, GABRIEL POTENZA, ENSEMBLE
PRISMA ENSEMBLE
PRISMA MICHAL GULÁN, MOMO KISHIMOTO
PRISMA RICCARDO SAILIS SANTONI, GABRIEL POTENZA, ENSEMBLE
MARIA-MICHAELA BERINDE RYOMA SHIMIZU
CHOREOGRAPHIE LA BAYADÈRE
MARIUS PETIPA Marius Petipa gilt als der bedeutendste und einf lussreichste Choreograph des 19. Jahrhunderts. Er prägte eine der herausragenden Epochen der Tanzgeschichte: die des russischen Balletts in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Der Sohn eines Ballettmeisters wurde am 11. März 1818 in Marseille geboren und begann im Alter von acht Jahren bei seinem Vater Jean Petipa in Brüssel Ballett zu studieren. Bereits nach einem Jahr debütierte er in Kinderrollen am Théâtre de la Monnaie in Brüssel. 1838 ging er als Erster Tänzer und Ballettmeister nach Nantes, wo auch seine ersten Ballette entstanden. 1839 unternahm er mit seinem Vater eine Gastspielreise nach New York. Um 1840 studierte er bei Auguste Vestris in Paris, trat an der Comédie Française als Partner von Carlotta Grisi auf und wurde als Erster Tänzer nach Bordeaux verpflichtet. Während eines Aufenthalts in Spanien kreierte er 1846 in Madrid anlässlich der Vermählung von Königin Isabella Carmen und ihr Torero. 1847 wurde Petipa als Erster Solist an die Kaiserlichen Theater in St. Petersburg engagiert, denen er 56 Jahre verbunden blieb. 1849 tanzte er mit Fanny Elßler in Esmeralda und inszenierte für die Wiener Tänzerin gemeinsam mit seinem Vater das von Filippo Taglioni kreierte Ballett Das Schweizer Milchmädchen. 1850 assistierte er Jules Perrot bei Giselle
und brachte 1858 sein erstes eigenes Ballett in Russland zur Premiere: Un mariage sous la Régence. Von 1855 bis 1887 unterrichtete er an der St. Petersburger Theaterschule. Die von ihm ausgebildeten Tänzerinnen und Tänzer machten das St. Petersburger Ballett zum führenden Ensemble des ausgehenden 19. Jahrhunder t s. 1861 arbeitete er auch für die Pariser Oper, 1863 für die Berliner Hofoper. Nach dem großen Erfolg seines Balletts Die Tochter des Pharao w urde Petipa 1862 zum Zweiten Ballettmeister der Kaiserlichen Theater in St. Petersburg ernannt, sieben Jahre später avancierte er als Nachfolger von Arthur Saint-Léon zum Ersten Ballettmeister. 1903 beendete er seine künstlerische Laufbahn, sein in Russland entstandenes Œuvre umfasst mehr als siebzig Werke und Klassiker wie Schwanensee, Dornröschen, Der Nussknacker, Le Corsaire, La Bayadère, Raymonda und Don Quixote. 1907 zog sich Petipa aus St. Petersburg nach Gurzuf auf der Krim zurück, wo er seine Memoiren verfasste, seine Tagebücher herausgab und 92-jährig am 1. (14.) Juli 1910 starb.
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CHOREOGRAPHIE QUARTZ
MARTIN SCHLÄPFER Martin Schläpfer ist seit 2020/21 Ballettdirektor und Chefchoreograph des Wiener Staatsballetts und Künstlerischer Leiter der Ballettakademie. Ausgebildet u. a. an der Londoner Royal Ballet School wurde er 1977 von Heinz Spoerli ins Basler Ballett engagiert, wo er schnell zu einem der charismatischsten Solisten avancierte. Ein Engagement ins Royal Winnipeg Ballet führte ihn außerdem für eine Spielzeit nach Kanada. Mit der 1990 in Basel gegründeten Ballettschule Dance Place schuf er eine erste Basis für seine tanzpädagogische Arbeit. Als Direktor formte er mit dem Berner Ballett (1994 bis 1999), ballettmainz (1999 bis 2009) sowie Ballett am Rhein (2009 bis 2020) drei unverwechselbare Compagnien. Das Ballett am Rhein begeisterte auch auf Gastspielen in Europa, Israel, Taiwan, Japan sowie im Oman und wurde vom Magazin tanz viermal zur »Kompanie des Jahres« gekürt. 2022 folgte für das Wiener Staatsballett die Auszeichnung als »Glanzlicht des Jahres«. Schläpfers Schaffen, das auch in Fernseh- und DVD-Produktionen dokumentiert ist, umfasst über 80 Werke, die für seine Compagnien, das Bayerische Staatsballett, Het Nationale Ballet Amsterdam sowie Stuttgarter Ballett entstanden und u. a. in Einstudierungen des Ballett Zürich zu erleben waren. Für das Wiener Staatsballett schuf er seit 2020 die Uraufführungen 4, Sinfonie Nr. 15, Die Jahreszeiten, In Sonne
ve r wa n d e lt u nd Dornröschen sowie Kreationen für das Neujahrskonzer t der Wiener Philharmoniker, den Opernball sowie d ie Jugend kompanie. Seine enge Verbi ndu ng m it Hans van Manen führte 2014 zur Uraufführung Alltag, in der Martin Schläpfer nochmals als Tänzer auf die Bühne zurückkehrte. Seine pädagogische Arbeit führte ihn u. a. 2017 an Canada’s National Ballet School. 2023 war er Mitglied der Jury des Prix de Lausanne. Zu den zahlreichen Preisen, mit denen Schläpfer nach dem Gewinn des Prix de Lausanne als »Bester Schweizer Tänzer« 1977 ausgezeichnet wurde, zählen u. a. der Tanzpreis der Spoerli Foundation (2003), Prix Benois de la Danse (2006), Theaterpreis Der Faust (2009 & 2012), Schweizer Tanzpreis (2013) und Taglioni – European Ballet Award der Malakhov Foundation (2014). Er erhielt den Musikpreis der Stadt Duisburg (2015) und wurde mehrfach zum »Choreographen des Jahres« gekürt. 2018 erhielt er mit dem Verdienstorden eine der höchsten Auszeichnungen der Bundesrepublik Deutschland, 2019 folgte die Ehrung mit dem Großen St. Galler Kulturpreis.
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CHOREOGRAPHIE PRISMA
CHRISTIANA STEFANOU Christiana Stefanou leitet seit August 2020 als Direktorin die Ballettakademie der Wiener Staatsoper. Sie verfügt über ein umfangreiches tanzpädagogisches Wissen, eine langjährige Berufserfahrung als Tänzerin, Lehrerin, Gastdozentin, Ballettdirektorin und Coach sowie über den Master in Tanzpädagogik der Universität Plovdiv, Bulgarien. Nach ihrem Ballettstudium an der Hochschule für Musik und Theater München wurde sie Mitglied des Bayerischen Staatsballetts, mit dem sie zahlreiche große Solorollen des klassischen und modernen Repertoires interpretierte. Nach ihrer erfolgreichen Bühnen-Karriere war sie als Ballettmeisterin für das Ballett der Griechischen Nationaloper Athen tätig, dessen Direktion Christiana Stefanou schließlich übernahm. Zeitgleich begann sie an der Staatlichen Ballettakademie der Griechischen Nationaloper sowie an der Schule für Performing Arts Griechenland zu unterrichten. Als Gast-Ballettmeisterin und Tanzpädagogin arbeitete sie mit Compagnien wie Het Nationale Ballet Amsterdam, Royal Swedish Ballet, Ballett am Rhein Düsseldorf Duisburg, Boston Ballet, English National Ballet, Bayerisches Staatsballett, National Ballet Romania, Tschechisches National Ballett, Balletto dell’Opera di Roma und Ballett Theater Basel sowie an der Hochschule für Musik und Theater München und
der San Francisco Bay Point Ballet School. Sie ist gefragter Coach so renommierter Künstlerinnen und Künstler wie Polina Semionova, Lucia Lacarra, Anna Tsygankova, Friedemann Vogel, Daniel Camargo oder Paulo Arrais. Darüber hinaus war sie für Einstudierungen der großen klassischen Ballette wie Schwanensee, Don Quixote, Der Nussknacker und Giselle an vielen großen Ballettinstituten verantwortlich. In Wien waren seit 2022 mehrere Choreographien Christiana Stefanous zu sehen: 2022 kreierte sie für die Matinee der Ballettakademie Gioconda’s Smile, 2023 und 2024 für die Eröffnungen des Wiener Opernballs die Choreographien für die Schülerinnen und Schüler der Ballettakademie. Nach der Uraufführung Prisma folgt im April 2025 ein Dornröschen für Kinder in der neuen Spielstätte der Wiener Staatsoper NEST. Im Oktober 2024 wurde Christiana Stefanou in der Akademie der Künste Athen von der griechischen Staatspräsidentin Katerina Sakellaropoulou mit dem ARGO-Preis in der Kategorie »Kultur und Kunst« ausgezeichnet.
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PANETTONE ZUR FESTZEIT. Im Advent gibt es wieder unseren unvergleichlich flaumigen Panettone: nach altem italienischen Rezept, neu interpretiert von Ströck.
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VIOLINE PRISMA
CRISTIAN RUSCIOR Cristian Ruscior wurde 1992 in Rumänien geboren. Er studierte Violine an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien bei Prof. Marina Sorokowa und Prof. Leonid Sorokow. Als Geigenlehrer war er drei Jahre lang an der Barenboim-Said Foundation in Ramallah tätig. Seit 2018 ist Christian Ruscior Konzertmeister des Etihad Chamber Orchestra in Amman, Jordanien. Im Februar 2019 erhielt er einen Zeitvertrag bei den Wiener Symphonikern, im März desselben Jahres wurde er zum Primarius des Marc Aurel Quartetts ernannt. Seit seinem Gewinn des Probespiels für das Bühnenorchester der Wiener Staatsoper im November 2021 ist er als Geiger im Haus am Ring, mit dem Orchester der Wiener Staatsoper und den Wiener Philharmonikern zu erleben.
Cristian Ruscior ist u. a. Preisträger des Internationalen Violinwettbewerbs Grazina, des Prima la Musica Wettbewerbs in Wien und d e s S y mphon ic Holidays Wettbewerbs in Moskau. Er konzertierte als Solist und Konzertmeister mit Orchestern wie den Jungen Wiener Solisten in Österreich, dem Botosani Philharmonic Orchestra und Mihail Jora Philharmonic Orchestra im rumänischen Bacău sowie dem Kaunas Chamber Orchestra in Litauen. Weitere Konzerte führten ihn darüber hinaus nach Japan, China, Litauen, Rumänien, Finnland, Österreich und Italien.
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K L AV I E R PR I S M A
KONSTANTINOS DIMINAKIS Konstantinos Diminakis wurde in Thessaloniki geboren. Er studierte Dirigieren an der Wiener Universität für Musik und darstellende Kunst bei Prof. Uros Lajovic sowie Klavier an der University of Macedonia. Meisterkurse führten ihn u. a. zu Zubin Mehta, Sir Simon Rattle, Daniel Harding und Colin Metters. Seine berufliche Laufbahn begann Konstantinos Diminakis als Pianist und Assistenzdirigent an der Oper Thessaloniki. 2012 wurde er im Rahmen der Donatella Flick Competition vom London Symphony Orchestra zu einem der talentiertesten jungen Dirigenten Europas gekürt. Ab 2014 war er Studienleiter des Festivals Oper Klosterneuburg. Derzeit ist er Künstlerischer Leiter des Orpheus Kammerorchesters Wien, mit dem er auch auf Tourneen in Italien, Deutschland, Algerien und Zypern zu erleben war. Als Musikdirektor leitet er außerdem das Festival Opéra de Baugé an der französischen Loire, wo er zahlreiche Opern dirigierte. Weitere Engagements führten ihn an die Griechische Nationaloper nach Athen mit Il barbiere di Siviglia und La Cenerentola, mit Bartóks Der wunderbare Mandarin in den Goldenen Saal des Wiener Musikvereins, mit Glucks Il Parnaso confuso ins Schlosstheater Schönbrunn. In Konzerten war er mit dem Radio-Symphonieorchester Wien, der Beethoven Philharmonie, der Rzeszow Philharmonie, dem Orquestra de Cadaqués, dem Athener
St a at sorches ter, dem Staatsorchester Thessaloniki, der Ploiesti Philharmonie in Rumänien, dem Cyprus Symphony Orchestra und dem Guildhall Symphony Orchestra London zu erleben. Sein USDebüt gab er mit dem ALEA III Ensemble in Boston, mit dem Ensemble der Wiener MDW unternahm er eine äußerst erfolgreiche Tournee durch Taiwan. Beim Label NAXOS sind seine Alben La Femme mit der Mezzosopranistin Flaka Goranci sowie Childhood Memories mit der Pianistin Donka Angatcheva erschienen. Großes Kritikerlob erhielt er außerdem für seine Aufnahme von Musik Athanasios Simoglous mit dem Orpheus Kammerorchester. An der Ballettakademie der Wiener Staatsoper ist Konstantinos Diminakis als Pianist und Mitarbeiter der Administration tätig. Im Rahmen seiner pädagogischen Tätigkeit leitete er auf Einladung der Barenboim-Said-Stiftung Orchesterworkshops in Ramallah, gibt Kurse am Nordgriechischen Nationaltheater und unterrichtet regelmäßig Orchesterleitung im Rahmen von Meisterklassen in ganz Europa.
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BALLETTAKADEMIE DER WIENER STAATSOPER
SCHÜLERINNEN & SCHÜLER 1A Ekaterina Gorlatova Leia Harangozo Viva Irzing Ella Loibl Anita Mandala Olivia Amelie Precilla Aneta Ruban Laetitia Urdaneta Wittek Ilona Voiachek Isabella Werschnitzke 1B Eduard Cihak Julius Urga Gianluca Zerilli 2A Sidonie Dudová Yana Gavrylova Zhiyan Li Vera Pčolkina Kristiyana Petkova Aurora Sestini Zoé Nóra StroblCzigány Ivi Tsiana Svitlana Tyshchuk Anastasia Agnes Waldenburg
2B Nicolò Antonioli Tommaso Dell’Omarino Francesco Tomeo Vincent Liam Waltl 3A Sofia Božović Laura Maria Breznik Sophie Anna Mudd Ahniia Sukhyna Ella Sundaeus Sofiia Tsiura
4A Stephanie Höllmüller Natalia Gabriela Ivan Tatjana Janković Isadora Kadrev Gioia Mattasits Tabita Rotarciuc Eliška Šmátralova 4B Alex Ristovic Ilja Savenkov Oskar Schieszler Savelij Sevcov 5A Diana Anghel Yustyna Bilohan Anna Chesnova Giorgia Elisa Farisco Myroslava Grytsenko Lilla Gyürüs Viktoria Khabalaeva Simona Kyurcheva Ema Mitreva Tatiana Neznamova Sabrina Passalacqua Bozhidara Rangelova Emily Selwood Siyana Tsankova
3B Davide Culmone Zeno Giusti Christopher Krasnansky 3C Daphnee Fanguin Elsa Illouz Mina Kohlweiss Mariela Emanuilova Manolova Filippa Pelikan Sara Sabella Lisa Strohmaier
5B Felipe Meijueiro González Florens Siener Sasha Vasiliu
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BALLETTAKADEMIE DER WIENER STAATSOPER
6A Maeva-Natalia Ilie Sofia Karamanova Momo Kishimoto Sofia Michelotto Tahirah Parth Francesca Pascuzzo Clelia Prezzavento Veronika Radajeva Lucia Scalas Maiia Sheverdina Maya Sichanova Yui Takekoshi 6B Federico Allegro Marco Salvador Giacomo Vigna Fadei Volianskyi 7A Nia Akhalaia Anna Bodnar Zlata Datsyshyn Ellie Galvin Chihiro Kambara Yuan Kataoka Eva Maria Kohutkova Aika Masano Ana Popescu Sara Roncolato Kiera Ulreich Uta Yamazaki Chiara Zappavigna
7B Maxim Jurik Sebastian Macan Vitus Strauss Max Wilcox Georgios Zafeiris
Jugendkompanie
8A Maria-Michaela Berinde Mara Bitirez Alessia Centofante Lena Dobija Nuška Gujt Rua Melek Kadribasic Alice Lagomarsino Elisa Murg Jule Sophie Sachernegg Angela Stocco 8B Alessandro Fazzalari Sergiy Grytsenko Michal Gulán Nicolo Marchi Oresti Nasto Gabriel Potenza Riccardo Sailis Santoni Ryoma Shimizu Georgios Tsamparis
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Andrei Aranghelovici Ella Bogheanu Ellis Campbell Amedeo D’Aleo Ariel Daley Angelica D’Inzillo Carranza Alex Martelli Nefeli Pantelia Elliot Renahy Massimiliano Santagostino Sophie Elisabeth Schippani Saika Suzuki
LEITUNG & TEAM Künstlerische Leitung MARTIN SCHLÄPFER Kaufmännische Leitung MAG. A SIMONE WOHINZ Direktorin MAG. A CHRISTIANA STEFANOU PÄDAGOGISCHES TEAM Ballettmeister Jugendkompanie CALLUM HASTIE Lehrer*innen MAG. A ULRIKE AMON, MATILDE CERON, MA MA, ANNKATHRIN DEHN, ZSOLT TIBOR ELEK, MA, ROBERT GABDULLIN, ZDENKO GALABA, MA, CATERINA MANTOVANI, ALICE NECSEA, LUCIAN NECSEA, DILIANA NIKIFOROVA, PHD, VLADIMIR SHISHOV, ALENA WEBER, JED O’GRADY WEISS, BA Pianist*innen CRISTIAN AXT, FRANTISEK DRAFI, AYA KAUKAL, SEUL LEE, ANNA RESCH, NORIKO SCHMIDT-KAWASE, YEN-TING WANG, MA, YASUHITO WATANABE Probenleiterin & Betreuerin MATILDE CERON, MA MA Betreuerinnen DAGMAR BALD, LISA WALLNER Gesundheitskoordinatorin D.O. BARBARA JURCSA Kindeswohlteam DIPL.-PSYCH. DR. FRIEDERIKE MICHLMAYR (Leitung), MAG. KONSTANTINOS DIMINAKIS ADMINISTRATION Administratorin & Controlling MAG. A ARIANE RINDLE Koordinator BOSTJAN IVANJSIC, MA Mitarbeiter der Schuladministration MAG. KONSTANTINOS DIMINAKIS Assistentin der Direktion WENDY MAURER-MENZEL Verwaltung PARVIZ YAHYAVI Schulwart GIANPIERO RUSSO Portierin KATRIN FIRLINGER MEDIZINISCH-THERAPEUTISCHES TEAM Betriebsärztin/Schulärztin DR. ELISABETH SZEDENIK Kinderfachärztin DR. SOPHIA BRANDSTETTER Gesundheits- & Vertrauenspsychologin HANNAH SCHATZ, MSC Externer Pool Medizinische & Therapeutische Betreuung in Kooperation mit LEISTUNGSSPORT AUSTRIA EXTERNE KOOPERATIONSPARTNER / ZUSAMMENARBEIT BRG WIEN III BOERHAAVEGASSE, NMS RENNGASSE BSPA – Bundessportakademie, LEISTUNGSSPORT AUSTRIA – Bundesinstitut für Leistungs- und Spitzensport, DIE MÖWE – Kinderschutzzentrum
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IMPRESSUM
MATINEE DER BALLETTAKADEMIE DER WIENER STAATSOPER SPIELZEIT 2024/25 15. DEZEMBER 2024
Herausgeber WIENER STAATSOPER GMBH, Opernring 2, 1010 Wien Direktor DR. BOGDAN ROŠČIĆ Kaufmännische Geschäftsführerin DR. PETRA BOHUSLAV Künstlerischer Leiter der Ballettakademie MARTIN SCHLÄPFER Kaufmännische Leiterin der Ballettakademie MAG. A SIMONE WOHINZ Direktorin der Ballettakademie MAG. A CHRISTIANA STEFANOU Redaktion MAG. A ANNE DO PAÇO, NASTASJA FISCHER, MA Gestaltung & Konzept EXEX Layout & Satz NORBERT HORVATH Druck PRINT ALLIANCE HAV PRODUKTIONS GMBH, BAD VÖSLAU VERWENDETE CD-EINSPIELUNGEN LA BAYADÈRE Ludwig Minkus in einem Arrangement von John Lanchbery: Bayadère. The English Chamber Orchestra, Richard Bonynge (Leitung). Decca 1994. QUARTZ Rickie Lee Jones: Ghostyhead © REPRISE 1997 / Ku Verove verën-o: Albanian Intangible Heritage. CD ISO Polifonia & Monody © Albanian Music Council, Member of IMC/UNESCO 2004 / Marianne Faithfull: Before the Poison © Naïve 2004 TEXTNACHWEISE Die Texte von Anne do Paço zu Quartz & Prisma sind Originalbeiträge für dieses Programmheft, der Text von Nastasja Fischer zu La Bayadère ist ein aktualisierter Nachdruck des Originalbeitrags zum Programmheft Matinee der Ballettakademie der Wiener Staatsoper vom 23. Juni 2024. Nachdruck nur mit Genehmigung durch die Dramaturgie des Wiener Staatsballetts. . S. 4: Jennifer Homans: Apollo’s Angels. A History of Ballet. New York 2010 / S. 14: Arlene Croce: Makarova’s Miracle. In: The New Yorker 08/1974 / S. 17: Hartmut Regitz: CD des Monats: Ludwig Minkus. In: tanz. Zeitschrift für Ballett, Tanz und Performance 12/2017 / S. 25: filmlexikon.uni-kiel.de / S. 26: Philip Glass: Words Without Music. A Memoir. New York 2015. BILDNACHWEISE Cover (Prisma mit Maria-Michaela Berinde & Ryoma Shimizu), S. 5 bis 13, S. 20 bis 23, S. 26 bis 33: © Ashley Taylor. Die Szenenfotos von La Bayadère wurden in der Matinee am 23. Juni 2024 fotografiert / S. 34: Archiv der Redaktion / S. 35: © Andreas Jakwerth / S. 36: © Ashley Taylor / S. 38: © z.V.g. / S. 39: © Kostis Asikelis. Rechteinhaber, die nicht erreicht werden konnten, werden zwecks nachträglicher Rechtsabgeltung um Nachricht gebeten.
WIENER- STAATSOPER.AT