Wien Museum Datillum „Zahlen erzählen Geschichte - Wien.“

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Zahlen erzählen Geschichte

Wien

Vorderansicht: Illustrationen von Kathrin Heimel & Judith Kroisleitner Rückansicht: Vertiefende Texte von Daniel Kovács


Vindobona Lange bevor die ersten Wienerinnen und Wiener durch die Straßen der Innenstadt spazierten, herrschte auf diesem Gebiet bereits geschäftiges Treiben. Denn Vindobona – römisches Legionslager, Militärsiedlung und Zivilstadt in einem – wurde schon um 100 n. Chr. gegründet.

n. Chr.

Tod von Attila Attila war bis zu seinem Tod im Jahr 453 n. Chr. der Anführer der Hunnen. Er herrschte über ein großes Reich, das in ganz Europa für Angst und Schrecken sorgte. Attila starb in seiner Hochzeitsnacht in Wien. Ob durch Alkohol oder durch seine Frau Ildico ist ungewiss.


881 Erste urkundliche Erwähnung Wiens

100 Gründung Vindobona

453 Tod von Attila

Wer heute durch den 1. und 3. Bezirk Wiens spaziert, hat antiken Boden unter den Füßen. Und zwar ganz weit unter der Erde. Hier war nämlich einst die römische Stadt Vindobona.

Dort, wo heute Ungarn liegt, herrschten im 5. Jh. die Hunnen. Das Reitervolk war aus Zentralasien nach Europa gekommen. Ihr berühmtester Anführer war Attila, auch als »Attila der Hunnenkönig« bekannt. Ab 434 regierte er gemeinsam mit seinem Bruder Bleda, ab 444 bis zu seinem Tod als Alleinherrscher.

Vindobona lag an der nördlichen Grenze des römischen Reichs und gehörte zur Provinz Pannonia. Damals waren die Zeiten kriegerisch. Das Römische Reich war groß, die Reichsgrenzen und wichtige Handelsstraßen mussten stets geschützt werden. Deswegen schickte Rom viele Soldaten bis in die entlegensten Gebiete. So auch nach Vindobona. In der Stadt waren manchmal bis zu 6.000 Soldaten stationiert, um den Limes – den Grenzwall – vor feindlichen Angreifern zu schützen. Erst im Jahr 1870 wurden in Wien die Überreste dieses römischen Lagers entdeckt. Bei Ausgrabungen fanden Archäologen nach und nach heraus, wie Vindobona ausgesehen hatte. Außerdem entdeckten sie Grabsteine aus der damaligen Zeit. Die Jahreszahlen auf diesen Steinen verrieten ihnen, dass sich hier im 1. Jh. n. Chr. ein römischer Stützpunkt befunden hatte. Wo genau das römische Legionslager lag, kann man übrigens noch heute klar im Stadtbild des 1. Bezirks erkennen. Die Lagermauern dienten Wien nämlich bis ins späte 12. Jh. als Stadtmauern. Die Bürger von Vindobona lebten damals auf dem Gebiet des heutigen 3. Bezirks. Hier spielte sich das alltägliche Leben ab wie in einer normalen antiken Stadt. Vor allem im 2. und 3. Jh. blühte Vindobona auf. Über 30.000 Menschen lebten und arbeiteten hier. So kommt es also, dass man beim Bummeln durch die Wiener Innenstadt – wenn auch ganz tief unter der Erde – über römischen Boden spaziert.

Attila hatte wohl eine klare Vorstellung davon, was gut für die Hunnen war. Er vollendete zusammen mit Bleda den Plan ihres Onkels, die Hunnen zu vereinen. Zeichnung von Doch nach knapp zehn Jahren der gemeinsamen Attila dem Herrschaft tötete er seinen Bruder und regierte fortan Hunnenkönig alleine in einem prächtigen Holzpalast. Außerdem hatte er gute Beziehungen zu dem römischen Politiker Flavius Aëtius. Er kannte den Römer schon aus seiner Jugend, als er den Römern als Pfand für den Frieden gesandt worden war. Attila, dem die römische Kultur deshalb geläufig war, war ein geregeltes Verhältnis zu Rom sehr wichtig. So konnte er sein lose organisiertes Reich besser stabilisieren. Doch die Römer hielten sich nicht immer an ihren Teil der Abmachung, Attila finanziell zu unterstützen. Aus diesem Grund führte der Hunnenkönig mehrere Feldzüge gegen das Oströmische Reich. Irgendwann warf der Osten allerdings nicht mehr genug Beute ab und Attila wandte sich im Jahr 451 gegen Gallien. Kurz darauf fiel er sogar in Italien selbst ein. Doch all diese Strategien endeten mit herben Niederlagen. Schließlich zog sich Attila zurück und heiratete 453 die Gotin Ildico in Wien. Er starb noch in der Hochzeitsnacht. Die Legende sagt, er wurde im Auftrag von Flavius Aëtius vergiftet, womöglich sogar von der Braut selbst. Andere sprechen von einem Blutsturz. Feststeht, dass mit seinem Ableben der rasche Verfall des Hunnenreichs begann.


Gefangennahme des König Löwenherz

Westfassade Stephansdom

Nach einem erfolglosen Kreuzzug ins Heilige Land Israel machte sich König Löwenherz im Oktober 1192 auf den Heimweg. Dieser führte ihn über Wien, wo er gefangen genommen wurde. Mit dem Lösegeld wurde der Bau neuer Stadtmauern in Wien finanziert.

Bis die Domkirche Sankt Stephan zu Wien fertig war, vergingen Jahrzehnte und Jahrhunderte. Die Westfassade ist das älteste Element der Kathedrale. Im Jahr 1230 ließ Friedrich II. sie im spätromanischen Stil erbauen. Heute sind davon aber nur mehr das »Riesentor« und die »Heidentürme« erhalten.


1194 Baubeginn der Stadtmauer

1365 Gründung der Universität Wien

1192 Gefangennahme des König Löwenherz

1230 Westfassade Stephansdom

Während der Kreuzzüge zogen im Mittelalter Tausende Ritter aus vielen europäischen Ländern in Richtung Jerusalem. Auch viele Könige waren mit dabei, um im Heiligen Land, dem heutigen Israel, ihren Beitrag zu leisten. So auch der König von England, Richard I., besser bekannt als Richard Löwenherz. Seine Rückkehr sollte über das Mittelmeer verlaufen. Sein Schiff musste jedoch auf halbem Weg die Route ändern. So ging der englische König mit seinem Begleiter im heutigen Kroatien an Land. Als Kaufmänner verkleidet machten sie sich auf den Weg gen Norden.

Mitten in Wien steht der »Steffl«. Und der ist kein grantiger Wiener Herr, sondern ein römisch-katholischer Dom und das Wahrzeichen der Hauptstadt. Ihren Namen hat die Kathedrale vom heiligen Stephanus, dem ersten christlichen Märtyrer. Mit seinen 107 Metern Länge und 34 Metern Breite ist der Stephansdom eines der wichtigsten gotischen Bauwerke in Österreich. Die Westfassade ist der älteste noch erhaltene Bauteil des Doms. Der Dom selbst hat eine sehr lange Geschichte. Seine Anfänge gehen sogar bis in das Jahr 1137 zurück. Die Westfassade des Stephansdoms, also der Eingang wie wir ihn kennen, wurde nämlich schon von 1230 bis 1245 erbaut. Die Fassade gehörte zu einem spätromanischen Bau, von dem heute eben die zwei Heidentürme und das Riesentor erhalten sind. Man sagt, dass die Verwendung von Baumaterial aus altrömischen Ruinen der Ursprung für den Namen der Heidentürme ist. Das Riesentor hingegen hat seinen Namen der Legende nach von einem Mammutknochen, der über dem Eingang aufgehängt wurde. Manche Berichte erzählen gar von einem Riesen, der beim Bau mitgeholfen haben soll. In Wirklichkeit stimmt wahrscheinlich eine weitaus unspektakulärere Version: Die Trichterform des Portals wurde im Mittelhochdeutschen als »risen« bezeichnet, das bedeutet »sinken« oder »fallen«.

Da der Winter bereits hereingebrochen war, nahm Richard Löwenherz die Route über Wien, um nach Bayern weiterzureisen. Als der Herzog von Österreich, Leopold V., hörte, dass König Richard auf österreich ischem Boden war, befahl er, ihn um jeden Preis zu fassen. In Wien angekommen, dauerte es nicht lange, bis die Wiener die Verkleidung der Engländer entlarvten und sie gefangen nahmen. Richard Löwenherz wurde Leopold V. vorgeführt. Dieser ließ den König zu Hadmar von Kuenring, einem Adeligen in Dürnstein, bringen und einsperren – und das, obwohl Kreuzzug-Heimkehrer unter besonderem Schutz standen. Wo man Richard genau gefangen hielt, ist bis heute nicht ganz sicher. Fest steht, dass er einige Monate später an Heinrich VI., den Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, ausgeliefert wurde. Das vereinbarte Lösegeld war so hoch, dass die Engländer es nur durch hohe Sondersteuern aufbringen konnten. Leopold V. und Heinrich VI. teilten sich die Summe. So konnte der Herzog von Österreich in Wien die neuen Stadtmauern finanzieren, das Zuschütten des alten Grabens vom Stephansdom bis zur Freyung bezahlen und Wiener Neustadt in Niederösterreich gründen.

Westfassade des Stephansdoms

Es vergingen viele Jahrhunderte des Bauens und der Umgestaltung. So wurde 1359 der Grundstein für ein neues gotisches Langhaus gelegt – also den Teil, in dem die Gläubigen sitzen, singen und beten. Auch der Chor, der halbkreisförmige Bereich, in dem der Altar steht, wurde später noch einmal vergrößert. Erst viele Jahre nach Grundsteinlegung stand er also so da, wie wir ihn heute kennen: der »Steffl«, der alte Wiener Herr.


Erste Wiener »Türkenbelagerung« Das Osmanische Reich breitete sich rasant aus. Mit der Ersten Wiener »Türkenbelagerung« im Jahr 1529 kam diese Ausdehnung zum Stehen. Wien konnte sich gegen das osmanische Heer von Sultan Süleyman I. behaupten – mithilfe des Heiligen Römischen Reiches.


1531 Beginn des Ausbaus von Wien zu einer Festung

1529 Erste Wiener »Türkenbelagerung« Im Lauf der Geschichte gab es viele große Reiche. Im 15. und 16. Jh. war das Osmanische Reich eines davon. Seine starke Ausdehnung erreichte im Zuge der Ersten Wiener »Türkenbelagerung« ihren Höhepunkt, die vom 27. September bis zum 14. Oktober 1529 stattfand. Doch wie genau kam es dazu? 1453 eroberten die Osmanen Konstantinopel, das heutige Istanbul und die damalige Hauptstadt des Oströmischen Reiches. Die Armee breitete sich stetig in Richtung Westen aus, eroberte 1521 Belgrad Türkischer und besiegte 1526 bei Mohács den ungarischen Bogenschütze König Ludwig II. Mit dessen Tod erhob Erzherzog Ferdinand von Österreich Anspruch auf Böhmen und Ungarn. Doch der ungarische Adel wählte Johann Zápolya zum Nachfolger des Königs. Dieser ließ sich wegen Streitigkeiten mit Ferdinand unter osmanischen Schutz stellen und bekam somit militärische Unterstützung. Ungarn war damit ein Verbündeter des Osmanischen Reiches. Noch im September 1529 rückte das osmanische Heer über Ungarn Richtung Wien vor. Der Großteil der habsburgischen Streitkräfte befand sich zu dieser Zeit in Italien. Erzherzog Ferdinand versuchte deshalb, den Sultan zu besänftigen und den osmanischen Vormarsch zu verlangsamen. Zeitgleich gelang es ihm aber, am Reichstag zu Speyer die Reichsstände dazu zu bewegen, ihn im Kampf gegen die Osmanen mit Geld und Truppen zu unterstützen. Eigentlich war Ferdinands Ziel die Rückeroberung Ungarns, doch die Soldaten durften die Reichsgrenze nicht überschreiten. Schon Wochen bevor die Hauptstreitmacht der Osmanen Wien erreichte, traf die leichte Reiterei in den Vororten Wiens ein – die sogenannten Sturmreiter. Sie ritten der Armee voraus und sollten durch ihre besonders brutale Vorgehensweise den Widerstandswillen der Bevölkerung

brechen. So kam es, dass viele Wienerinnen und Wiener Mitte September 1529 aus Angst flüchteten. Nur ein kleiner Teil der bewaffneten Bürger, die zur Verteidigung verpflichtet gewesen wären, blieb in der Stadt. Insgesamt waren 17.000 Soldaten bereit, Wien zu verteidigen. Das Heer Süleymans I. war auf seinem Feldzug durch Südosteuropa auf knapp 100.000 Kämpfer angewachsen. Viele Soldaten, darunter auch ungarische, schlossen sich im Lauf der Ausbreitung der osmanischen Armee an. Allerdings hatte sie die schweren Belagerungsgeschütze wegen der schlechten ungarischen Straßen in Belgrad gelassen. Für die Belagerung Wiens standen der Armee deshalb nur 300 leichte Kanonen zur Verfügung. Am 25. September 1529 näherte sich das osmanische Heer erstmals auf Sichtweite. Einen Tag später bezog der Sultan seine prächtige Zeltburg auf dem Gebiet des heutigen Kaiserebersdorf. Er ließ sein Belagerungsheer bogenartig um die Stadt herum aufmarschieren. Die Osmanen hatten außerdem eine 600 Schiffe umfassende Flotte auf der Donau stationiert, die für die Versorgung mit Lebensmitteln und Munition zuständig war. Für die Wiener sah es unter diesen Umständen gar nicht gut aus. Denn die osmanische Streitmacht war ihnen zahlenmäßig weitaus überlegen. Und auch die im 13. Jh. erbauten Stadtmauern Wiens waren nicht mehr im besten Zustand. Trotzdem kam die Belagerung auch nach knapp drei Wochen nicht bedeutend voran. Das schlechte Wetter und das noch schlechtere Straßennetz machten einen Nachschub an notwendigen Ressourcen für die riesige osmanische Armee nämlich unmöglich. Süleyman brach sein Vorhaben, die Stadt zu erobern, also ab. Und so fand am 18. Oktober die osmanische Ausbreitung an den Wiener Stadtmauern ihr Ende.


GroĂ&#x;e Pest von Wien 1679, in der Zeit der groĂ&#x;en Pest, soll der liebe Augustin lebendig in eine offene Pestgrube geworfen worden sein. Jedoch nicht wegen der Krankheit, die vielen Menschen das Leben gekostet hatte, sondern weil er fĂźr tot gehalten wurde. Sein Dudelsack rettete ihm das Leben, so die Legende.


1679 Große Pest von Wien Wie viele andere europäische Städte wurde auch Wien von der Pest nicht verschont. Dem »Schwarzen Tod«, wie man die Krankheit nannte, fielen hier im Pestjahr 1679 vermutlich rund 12.000 Menschen zum Opfer. Die ersten Kranken wurden im Frühjahr 1679 in der Leopoldstadt gemeldet. Doch je wärmer das Wetter wurde, desto schneller breitete sich die Pest auf ganz Wien aus. Der Arzt Paul de Sorbait empfahl wichtige Maßnahmen, um die weitere Ausbreitung zu verhindern. Doch seine Vorschläge wurden überhört. Man betrachtete die Pest gemeinhin als göttliche Heimsuchung. So folgten die Menschen den Aufforderungen der Kirche, Buße zu tun und zu beten. Die hygienischen Umstände im Wien des 17. Jhs. waren nicht gerade die besten. So hausten Ratten in der dicht besiedelten Stadt und Flöhe übertrugen die tödlichen Pest-Bakterien.

Der Sage nach besang der liebe Augustin von diesem Tag an sein Überleben in der Pestgrube. Er trug die musikalische Erzählung oft vor und die Menschen hörten sein Abenteuer besonders gerne. Das bekannte Volkslied »O du lieber Augustin« ist allerdings erst um 1800 in Wien nachgewiesen. Sein Ursprung ist nicht ganz klar, doch sagt man, dass der liebe Augustin selbst der Verfasser ist. Der Galgenhumor im Text deutet jedenfalls auf einen echten Wiener als Dichter hin.

Foto: Andreas Praefcke

Durch die große Pest wurde auch die Legende eines Straßenmusikanten bekannt. Es war Marx Augustin, auch »der liebe Augustin« genannt. Er soll als Dudelsackspieler und Stegreifsänger durch die Straßen gezogen sein. Seine Ballade »O du lieber Augustin« ist – wie man so schön sagt – weltberühmt in Wien. Man erzählt sich, dass der liebe Augustin dem einen oder anderen kräftigen Schluck Wein nicht abgeneigt war. So kam es, dass der Musikant eines Nachts sturzbetrunken durch die Stadt torkelte. Er beschloss, sich etwas auszuruhen und schlief am Straßenrand ein. Allerdings hatte er nicht bedacht, dass die Siechknechte durch die Stadt gingen. Das waren Männer, die Pest-Opfer einsammelten und sie auf ihren Karren vor die Stadtmauern zu offenen Massengräbern brachten. Als die Knechte den lieben Augustin tief schlafend in der Gosse fanden, hielten sie ihn für einen Toten und verfrachteten ihn in die Nähe der Kirche St. Ulrich im heutigen 7. Bezirk. Dort, wo heute der Augustinerbrunnen plätschert,

soll sich damals die Pestgrube befunden haben, in die der liebe Augustin geworfen wurde. Bei seinem Er wachen zwischen den Toten muss sich der Musikant wohl gedacht haben, in einem Albtraum gelandet zu sein. Doch trotz des Schreckens begann er sogleich, aus voller Kraft auf seinem Dudelsack zu spielen. So wurden die Menschen auf ihn aufmerksam und retteten ihn aus der Grube.

Augustin-Relief in der Griechengasse im 1. Wiener Bezirk

O du lieber Augustin, Augustin, Augustin, O du lieber Augustin, alles ist hin. Geld ist weg, Mensch ist weg, Alles hin, Augustin. O du lieber Augustin, alles ist hin. Rock ist weg, Stock ist weg, Augustin liegt im Dreck, O du lieber Augustin, alles ist hin. Und selbst das reiche Wien, Hin ist’s wie Augustin; Weint mit mir im gleichen Sinn, alles ist hin! Jeder Tag war ein Fest, Und was jetzt? Pest, die Pest! Nur ein groß’ Leichenfest, Das ist der Rest. Augustin, Augustin, Leg’ nur ins Grab dich hin! O du lieber Augustin, alles ist hin!


Zweite Wiener »Türkenbelagerung« Im Juli 1683 stand die Armee des Osmanischen Reiches ein zweites Mal vor den Toren Wiens. Doch Truppen des polnischen Königs Sobieski eilten zur Hilfe und besiegten die Osmanen in der Schlacht am Kahlenberg. So konnte Wien erneut befreit werden.


1685 Erstes Wiener Kaffeehaus

1716 Baubeginn der Karlskirche

1683 Zweite Wiener »Türkenbelagerung« Man könnte meinen, Wien blieb nichts erspart. Kaum war die Pest überstanden, kündigte sich nämlich schon die nächste Notlage an. Das Osmanische Reich hatte seine Pläne nicht aufgegeben und seine Ausbreitung vorangetrieben. So standen die Osmanen im Juli 1683 erneut vor den Toren Wiens. Ihr Weg war diesmal nicht mehr so weit gewesen. Denn ab 1641 wurde der Großteil des ungarischen Königreichs von den Osmanen kontrolliert. Die unterworfenen ungarischen Gebiete mussten Geld und auch Truppen an ihre Besatzer liefern. So lag das nachbarschaftliche Wien bereits zum Greifen nahe. Aus militärischer Sicht schien Wien leichte Beute. Die Stadt verfügte jedoch über eine starke Donauflotte. Und auch die Stadtmauern konnten seit der letzten »Türkenbelagerung« auf den neuesten Stand gebracht werden. Hinzu kam, dass Wien als Residenzstadt des römischdeutschen Kaisers verteidigt wurde: von Truppen des Heiligen Römischen Reiches, Polen-Litauens, der Republik Venedig und des Kirchenstaates. So einfach war es also doch nicht, Wien einzunehmen. Außerdem gelang es den Wienern, die osmanische Armee auszukundschaften. Der aus Polen stammende Franz Kolschitzky konnte hinter die feindlichen Linien gelangen. Da er lange Zeit als Handelsreisender und Dolmetscher im Osmanischen Reich unterwegs gewesen war, sprach er Türkisch und konnte so wichtige Infor mationen einholen. Die Belagerung kam also auch diesmal nicht so recht voran. Doch die endgültige Niederlage der Osmanen folgte mit dem Eintreffen des Entsatzheeres unter der Führung des polnischen Königs Johann III. Sobieski. Es eilte Wien zur Hilfe und besiegte die Feinde in der großen Schlacht am 12. September 1683. Obwohl der osmanische Oberbefehlshaber Kara Mustafa von

der Ankunft der Befreiungsarmee wusste, konzentrierte er alle Kräfte seines Heeres auf die Belagerung Wiens. Dabei beging er zwei große Fehler: Zum einen ließ er das Donauufer nicht aufmerksam überwachen. Das Heer Sobieskis konnte den Fluss also weitgehend ungehindert überqueren. Und zum anderen ließ er auch die Hänge des Wienerwaldes nicht verteidigen. So konnte die deutsch- polnische Armee das osmanische Heer über den ungesicherten Kahlenberg von hinten angreifen. Am späten Nachmittag wurde die Schlacht entschieden. Es gelang der Kavallerie in einer Sturmattacke bergab, die osmanischen Elitetruppen zu bezwingen. In weiterer Folge drang der polnische König Sobieski mit seinen Truppen in das feindliche Lager ein. Wien war somit wieder einmal der Endpunkt der osmanischen Ausbreitung. Die osmanischen Truppen flüchteten Hals über Kopf. Erst zehn Kilometer von Wien entfernt konnte Kara Mustafa seine Truppen wieder versammeln und nach Győr in Ungarn zurückführen. Der Sage nach fanden die Wiener im verlassenen Lager der Osmanen einige Säcke mit seltsamen Bohnen. Zuerst hielten sie die Bohnen für Kamel futter und wollten sie gleich verbrennen. Der polnische König übergab die merkwürdige Ware aber zum Dank dem Spion Kolschitzky, der wusste, dass er daraus Kaffee herstellen konnte. Wie bei Sagen aber üblich, entsprechen sie meist nicht ganz der Wahrheit. Tatsächlich gab es zwischen Wien und dem Osmanischen Reich lebhaften Handel. So lernte man hierzulande den Kaffee kennen, der später so wichtig für Wien werden sollte. Das erste Wiener Kaffeehaus eröffnete schließlich aber ein armenischer Kaufmann namens Johannes Deodato. Bis sich die weltbekannte Wiener Kaffeehauskultur großer Beliebtheit erfreute, dauerte es jedoch noch viele Jahre.


Maria Theresia

Prater

Ab 1740 regierte Maria Theresia die Habsburger Monarchie ÖsterreichUngarn. Während sich ihr Mann um die Finanzen der Familie kümmerte, führte sie mit starker Hand die Regierungsgeschäfte. Das machte sie zur mächtigsten Frau der österreichischen Geschichte.

Einst das Jagdrevier Kaiser Maximilians, wurde das Praterareal 1766 öffentlich zugänglich gemacht. Am bekanntesten und beliebtesten ist der Vergnügungspark, der sogenannte Wurstelprater. Seine Hauptattraktion, das Wiener Riesenrad, wurde jedoch erst ein Jahrhundert später erbaut.


1752 Eröffnung Tierpark Schönbrunn

1740 Maria Theresia Am 13. Mai 1717 erblickte ein Mädchen das Licht der Welt, das später einmal die mächtigste Frau der öster reichischen Geschichte werden sollte: Erzherzogin Maria Theresia Walburga Amalia Christina von Österreich. Sie war das zweite Kind von Kaiser Karl VI. und seiner Frau Elisabeth von Braunschweig-Wolfenbüttel. Da es keinen männlichen Nachkommen im öster reichischen Zweig des Hauses Habsburg gab, wurde Maria Theresia im Jahr 1740 die Nachfolgerin. Für eine Frau war es damals aber nicht einfach in dieser Position. Deshalb waren der Monarchin die Berater Maria Theresia ihres Vaters anfangs eine große Hilfe. auf einem Gemälde von Martin van Meytens (Ausschnitt)

Doch im Lauf der Zeit bewältigte sie ihre Aufgaben alleine und wurde so zur prägendsten Monarchin ihrer Zeit. Ihr Mann Franz I. Stephan wurde zum römisch-deutschen Kaiser gekrönt. Er kümmerte sich aber ausschließlich um die Finanzen der Familie. Mit Militär und Politik kannte er sich nämlich nicht genügend aus. Deswegen regelte Maria Theresia die Regierungsgeschäfte alleine. Maria Theresia fehlte es nicht an Mut zu Veränderungen. Besonders wichtig waren ihre Reformen im Bildungsbereich. Im Jahr 1760 wurde eine zentrale Behörde für Bildungspolitik geschaffen. Auf ihre Anweisungen hin wurde die allgemeine Schulpflicht in allen Kronländern eingeführt. Auch am Land wurden einklassige Volksschulen für die sechs- bis zwölfjährigen Kinder eingerichtet. Ob ihre Kinder die Schulpflicht mochten, weiß man nicht so genau. Immerhin hatte Maria Theresia gleich 16 davon. Besonders wichtig war es der Mutter und mächtigsten Frau in Österreichs Geschichte offenbar, dass alle Töchter ihren ersten Vornamen trugen: Maria Anna, Maria Karolina, Maria Christina, Maria Elisabeth, Maria Amalie, Maria Karoline, Maria Josepha, Maria Antonia.

1805 Napoleon besetzt Wien

1766 Prater Wien war schon immer eine grüne Stadt. Allerdings nicht so, wie wir sie heute kennen. Große Parks gehörten nämlich Adeligen und standen allen anderen nicht für entspannte Spaziergänge bei Sonnenuntergang zur Verfügung. Im Prater war das nicht anders. Der war ursprünglich ein fast unberührter Auwald. Eigentlich bezeichnete man als Prater sogar nur eine kleine Insel in der Donau. Sie lag nördlich der Freudenau und war bald Namensgeberin für benachbarte Auen. Das Gebiet des Praters hatte im Lauf der Zeit mehrere Besitzer. Darunter Augustiner und Jesuiten, an letztere erinnert die bekannte Jesuitenwiese. Im Jahr 1560 kaufte Erzherzog Maximilian, der 1564 Kaiser wurde, viele Gründe. Sein Vorhaben war es nämlich, dort sein privates Jagdrevier anzulegen. Der Kaiser jagte vor allem Schnepfen, Dachse und Füchse, aber auch Wölfe, Wildschweine und Hirsche. Weil immer wieder Wilderer in das Gebiet eindrangen, wurde das Betreten des Praters unter Strafe gestellt. Maria Theresia gestatte das Betreten des Praters aber nach und nach ausgewählten Mitgliedern des Adels. Sie durften allerdings nur die Hauptallee und einige Seitenwege benutzen. Hunde mussten überhaupt draußen bleiben – nur die Schoßhündchen der Damen waren erlaubt. Die Sensation passierte im April 1766: Kaiser Joseph II. gab die Nutzung des Praters für das Volk frei. Ab sofort besuchten vor allem an den Sonn- und Feiertagen viele Wienerinnen und Wiener den Prater. Um dem Gottesdienst keine Konkurrenz zu machen, war das Areal sonntags erst ab zehn geöffnet. Und jeden Abend ertönten drei Böllerschüsse, die die Sperrstunde ankündigten. Schließlich wurde die Ansiedlung von Kaffeesiedern und Wirten genehmigt. Und damit war der Anfang der Entstehung des Vergnügungsparks gemacht, den wir heute als Wurstelprater kennen.


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