Miichael Hammerschmid
stopptanzstill! Wiener W Tier Figuren Gedichte
Picus
Michael Hammerschmid
stopptanzstill! Wiener Tier Figuren Gedichte
Picus Verlag Wien
roter igel
das ist roter igel denk mal wie er in die rote farbe gestiegen ist zuerst nur die füße aber dann ganz hinein er wollte ja roter igel sein wollte leuchten wie ein fuchs der soll sich fürchten rotkehlchens freund ist er seither und in der sonne leuchtet er noch mehr mit seinen weichroten stacheln wie ein schwamm sitzt er hier oben wo er neugierig wartet schau ihn ruhig an
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wildschwein!
wildschwein! nicht unter dem fenster durchs fenster, schnell und jagdhorn still pferd wirf ihn ab, riesenrad dreh die zeit um den kopf des jägers damit er den speer fallen lässt! jäger schau wie die artistin mit ihren bällen jongliert und wie dir der mund offen bleibt für immer spring wildschwein! spring jetzt, es geht gut und ihr zwei da unten rechts schaut nicht so blöd!
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wenn du’s nicht glaubst?
wenn du’s nicht glaubst? ich bin da zufällig vorbeigegangen und habe im hof da einen seelöwen gefangen (blödsinn) der ist dort auch gegangen (oder wie sagt man) du der hat gelacht und so fröhlich geschaut der ist dort wirklich nein wirklich das ist nicht nur ein lied der ist da gegangen ich meine also so gerobbt oder wie man sagt im hof ja mitten im hof na gut wenn du’s nicht glaubst? dann gehen wir halt zurück da da und? ist es wahr???
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schwimm ruhig durch den fisch
schwimm ruhig durch den fisch tauch am ohr vorbei leg dich in den bauch träum dir reisen aus schwimm dann noch ein stück schwimm dann doch zurück hör das blubbern an hörst das stillsein dann setz dich oben drauf aussicht auf das haus vater ruft dich heim warst du ganz allein? kann sein ...
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fünfter stock
was sieht er der wohin schaut er der was riecht er dort im fünften stock wartet wittert und unten ist es laut gegenüber engel löwen köpfe auch die habe ich mir angeschaut was sieht er der wie weit sieht er der hätt gerne mich auch raufgetraut um auch zu schauen so weit und lang als er dann plötzlich seitwärts sprang da steht er wieder schaut – und unten geht ein jäger – was sieht er der wohin schaut er der da oben wacht vertraut und unvertraut
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wale sind groß… 32
ich bin bereit
… können aus kupfer sein fleckig sein sehr alt sein auf dächern schwimmen und innen die nacht verschlingen die zwischen hölzern wartet und mit der wal seinen aufruf startet: was hab ich alles verschluckt hab mich doch nur umgeguckt bin fast wie eine maschine gewesen bin doch auch nur ein blechernes wesen hast du unter meinem auge die tränen entdeckt die von oben nach unten gehen – kannst sie vielleicht dort noch sehen – und meine lamellenborten horten die zeit die in mir klingt wenn das kind in mir singt aufauf in die lüfte durch meer mauern und stadt kinder, licht an, licht aus, ich bin bereit wir fliegen wir schwimmen plötzlich bin ich befreit und wir schweben, es ist doch möglich, bis an die grenzen der ewigkeit!
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stopptanzstill!
manno dickmann ich sachte doch schau jetzt sieh mal also hier unten neinlinks du wirst doch nich glauben dass du also ich lande mal unten an du links ab sagte ich schon zu zweit mal nach links blödsinn riko mag sich ausruhen doch nich jetzt!!!
doch jetzt! ruhe bitte um was geht es da? die sieben zerstieben nicht fürs foto halten sie : stopptanzstill und das ist für so quasselraben zeitlich schon viel
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schmeckender wurm
in der wollzeile wohnte er direkt überm geschäft er fraß einmal blumen weshalb er nicht alt wurde sondern so frisch wie die blumen blieb eigentlich war er lieb aber er roch nicht gut er stank deshalb musste er über dem gang bleiben und durfte nur leise reden am besten schweigen man konnte ihn nicht verstecken er war zu groß zu schwer und beißen konnte er das sieht man ja sehr heute lebt er hier und wenn du ganz still bist ihn anschaust ihm zuhörst wer weiß ob er nicht mit dir spricht?!
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Wo die Tiere wohnen
Alle Tiere in diesem Buch befinden sich entweder im Wien Museum oder im Wiener Stadtraum.
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Register
Igel Seite 2–3 Dieser Igel war einmal an einem Haus in Wien angebracht. Früher gab es in Wien viele Häuser mit solchen Tier- und Menschenfiguren oder anderen sogenannten Hauszeichen. Das war nicht nur schön zum Anschauen, sondern auch praktisch: Denn es gab damals keine Straßenschilder und Hausnummern, wie wir sie heute haben. Wenn man also ein bestimmtes Haus suchte, dann war es gut zu wissen, welches Zeichen es hatte. Dieser Igel stammt übrigens von einem Gasthaus, das es vor 300 Jahren gegeben hat. Hauszeichen und Wirtshausschild „Zum Roten Igel“, 1700–1750, Eisenblech, getrieben und ziseliert, 4., Wien Museum Karlsplatz
Wildschwein Seite 4–5 An manchen Wiener Hauswänden werden Geschichten der Stadt mit Bildern erzählt. Auf dieser Hausfassade geht es um den Prater. Oben sieht man, was der Prater früher einmal war: nämlich ein Waldgebiet, in dem nur der Kaiser und Adelige jagen durften. Erst als dann der Prater für alle geöffnet wurde, entstand der Wurstelprater mit seinen Attraktionen. Sein Wahrzeichen ist natürlich das Riesenrad – das ist auch auf diesem Bild nicht zu übersehen! Prater, Künstler:in unbekannt, undatiert, Wandrelief, 2., Ausstellungsstraße 53
Seelöwe Seite 6–7 Seelöwen trifft man in einer Stadt normalerweise nur im Zoo an. Denn sie leben an den Küsten Amerikas und Neuseelands und das Wasser ist ihr eigentliches Element. Stell dir vor: Sie können bis zu 15 Minuten lang und 200 Meter tief tauchen! Doch zurück zu diesem steinernen Seelöwen. Er steht im Hof eines Gemeindebaus in Favoriten und ist ein Kunstwerk. Aber nicht nur das: Man darf auch auf ihn raufklettern! Solche schönen Tierfiguren, die zum Spielen einladen, findet man in Wien immer wieder. Franz Waldmüller: Seelöwe, 1959, Kunststein, 10., Gußriegelstraße 51–59
Kuh und Wolf Seite 8–9 Eine Kuh mit Brille, die mit einem Wolf (der im Gedicht ein Hund ist) Backgammon spielt: Hast du so etwas schon gesehen? Das ungewöhnliche Bild befindet sich über einem Gasthaus namens „Specht“. Es ist mehrere Hundert Jahre alt. Lange Zeit konnte man das Bild gar nicht sehen, weil es unter einem Wandverputz versteckt war. Ein Teil ist heute abgeschnitten: Vom Wolf ist nur der Kopf sichtbar. Mit den beiden Tierfiguren sollen die katholische und die protestantische Religion gemeint sein, die einst in kriegerischem Streit miteinander lagen. Bisschen schwer zu verstehen, diese Geschichte, auch für Erwachsene! Allwo die Kuh am Brett spielt, 16. / 17. Jahrhundert, Fresko, 1., Bäckerstraße 12
Unbekanntes Tier Seite 10–11 Diese kleine Figur ist ein Gefäß: Man kann oben etwas Flüssiges einfüllen, hinten gibt es eine kleine Öffnung, aus der man es wieder heraussaugen kann. Vielleicht war es ein Fläschchen für Babys? Das könnte sein, aber sicher ist es nicht. Vielleicht war es auch für Medizin gedacht. Oder für andere wertvolle Flüssigkeiten, die man bei besonderen Anlässen trank. Das Gefäß ist über 3.000 Jahre alt. Über die Lebensweise der damaligen Menschen weiß man nicht viel – und deshalb gibt uns diese Tierfigur ein Rätsel auf, das wir vielleicht niemals lösen werden. Gefäß in Tierform, um 1200–1100 v. Chr., Keramik, handgeformt, gefunden: Vösendorf, Eisgrubfeld 4., Wien Museum Karlsplatz
Fische Seite 12–13 Diese zwei Fische verraten uns nicht, ob sie Zierfische oder Speisefische sind. Aber zum Klettern und Durchschlüpfen eignen sie sich ausgezeichnet. Und sie erinnern auch daran, dass Wien an der Donau liegt. Denn die Menschen hier haben den Fluss früher als Nahrungsquelle genutzt. Ob Karpfen, Hechte, Zander oder Welse: Was auch immer sie fangen konnten, wurde verspeist. Luise Wolf: Fische, 1970 / 71, Kunststein bemalt, 11., Thürnlhofstraße 21–23
Löwe Seite 14–15 Löwen sind ziemlich mächtige Tiere. Wer als stark gelten will, nimmt für sein Wappen lieber den Löwen oder den Adler und nicht die Maus oder den Hasen. Ein geflügelter Löwe ist zum Beispiel das Stadtzeichen von Venedig. Aber auch in Wien findet man überall goldene, bronzene oder
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