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Wie arbeitet ein Pflegestützpunkt?

Pflege(not) organisieren

Wie arbeitet ein Pflegestützpunkt?

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Pflegestützpunkte sind Anlaufstellen, in denen pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen rund um das Thema Pflege beraten werden. Uta Reiberg ist Leiterin des Pflegestützpunktes Reinickendorf und seit 24 Jahren in diesem Arbeitsfeld tätig. WIR haben Sie zur aktuellen Situation befragt.

Stichwort Pflegenotstand -mit welchen konkreten Anliegen kommen Menschen derzeit vorrangig zu Ihnen?

Die Auswirkungen des Pflegenotstandes erleben wir als Beratungsstelle zum Thema Alter und Pflege täglich in unserer Arbeit.

Pflegebedürftige Menschen rufen beispielsweise bei uns an, weil sie keine Kurzzeitpflegeeinrichtung finden oder keinen Pflegedienst, der zweimal am Tag zum Waschen oder Anziehen kommt, der eine zeitintensive Pflege leistet oder das morgendliche Insulinspritzen und das einmal wöchentliche Stellen von Medikamenten übernimmt. Wir beraUta Reiberg ten nicht nur zur pflegerischen Versorgung. Auch in anderen Bereichen erleben wir den Personal- und Fachkräftemangel wie zum Beispiel im handwerklichen Bereich, bei der baulichen Wohnungsanpassung oder bei den Haushaltsdiensten. Es wird immer schwieriger, Hilfe und Unterstützung zu organisieren.

Gibt es Anfragen bzw. Anforderungen, die lokalspezifisch sind?

In allen 36 Pflegestützpunkten im Land Berlin haben wir, wenn auch mit unterschiedlichen Gewichtungen, die gleichen Anfragen, zu denen wir beraten. Hierzu gehören Fragen zur Versorgung zuhause, zu Wohnformen im Alter und bei Pflegebedürftigkeit, zu Angeboten für Menschen mit Demenz, zur Entlastung pflegender Angehöriger bis hin zu den Leistungen der Pflegeversicherung oder zu Möglichkeiten der Wohnungsanpassung.

Inwiefern hat sich die Situation im Lauf Ihrer Berufstätigkeit verändert?

Ich arbeite seit 24 Jahren in diesem Arbeitsfeld. In den Anfängen meiner Beratungsarbeit hatten die Anbieter in der Regel freie Kapazitäten. Die pflegebedürftigen Menschen konnten zwischen verschiedenen Anbietern auswählen. Man bekam schneller und in dem benötigten Umfang Hilfe und Unterstützung. Auch für uns als Beratungsstelle war es wesentlich unkomplizierter, notwendige Hilfen zu vermitteln und zu organisieren. Was sich natürlich auch bemerkbar macht, ist der demografische Wandel. Die Anzahl pflegebedürftiger Menschen und damit auch der Bedarf an Beratung nimmt zu.

Ich vermute, Sie bekommen die geballte Hilflosigkeit und das Leiden an den Mängeln im System direkt ab. Wie gehen Sie damit um?

Auch für uns ist es natürlich immer schwerer und auch psychisch belastender, zu erleben, dass Menschen verzweifelt sind, weil sie keine oder nicht ausreichende Hilfe bekommen, Dienste, mit denen sie unzufrieden sind, nicht wechseln, weil sie keinen neuen Anbieter finden oder auch als pflegende Angehörige überbelastet sind.

Was braucht es, dass es gut oder besser für pflegebedürftige Menschen weitergehen kann?

Hier möchte ich nur einige Stichpunkte nennen, die aus meiner Sicht relevant wären: mehr und teilweise auch qualitativ bessere Angebote, eine flexiblere und unkompliziertere Nutzungsmöglichkeit der Leistungen der Pflegeversicherung, neue Modelle zur Finanzierung von Pflege oder auch eine Diskussion über den Marktcharakter und die Kommerzialisierung der Pflege.

Vielen Dank!

Helga Hofinger

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