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Deutschland muss ein Einsteiger-Land werden  Friedrich Merz MdB

Foto: AdobeStock©Worawut

Deutschland muss ein Einsteiger-Land werden

Deutschland muss sich einem Mentalitätswandel unterziehen und Neues wagen.

Wenn wir Erfolg haben wollen bei dem, was in dieser Welt in den nächsten Jahren und Jahrzehnten geschieht, dann brauchen wir in diesem Lande einen grundlegenden Mentalitätswandel. Vereinfacht gesagt: Wir müssen in Deutschland mehr darüber sprechen, wo wir einsteigen. Wir müssen aufhören darüber zu reden, wo wir überall aussteigen. Deutschland muss ein Einsteiger-Land werden!

Einige Beispiele möchte ich nennen: Nehmen Sie etwa den Transrapid. Das war eine der wegweisenden Technologien in der Bahntechnik. Wir haben hier in Deutschland einen Zug über Jahre im Kreis fahren lassen, bis es einen tragischen Unfall gab. Seither wurde diese Technik hierzulande nicht mehr angewandt, in anderen Ländern der Welt findet sie große Verbreitung und wird in der Praxis erprobt.

Nehmen Sie das Beispiel Kernenergie: Wir waren uns alle im Jahr 2011 einig, dass wir aussteigen. Heute sind wir uns alle einig, dass wir nicht wiedereinsteigen wollen in diese alte Technologie. Aber wir bringen es noch nicht einmal fertig, Kernkraftwerke unter völlig veränderten Rahmenbedingungen für zwei bis drei Jahre weiterlaufen zu lassen.

Nehmen Sie das Beispiel des Verbrennungsmotors: Ich halte es für eine grundlegend falsche Entscheidung, wiederum nur mit einem Verbot auf diese Herausforderung zu antworten. Das hat Folgen. Und zwar nicht erst im Jahre 2035, sondern heute. Es wird uns so ergehen wie beim Ausstieg aus der Kernenergie. Sie werden kaum noch Studenten finden, die in diesem Bereich ein Maschinenbau-Studium beginnen. Sie werden immer weniger Hochschulen finden, die in diesem Bereich forschen und entwickeln. Und Sie werden am Ende des Tages auch kein Unternehmen mehr finden, das das in Deutschland praktiziert. Aber wir werden selbstverständlich den Verbrenner noch in 40 Jahren auf unseren Straßen sehen. Anders, hoffentlich anders, aber eben als Verbrennungsmotor.

Es gibt positive Beispiele, wo wir eingestiegen sind – wie etwa Curevac und Biontech, nachdem wir große Teile der pharmazeutischen Industrie verloren haben. Deutschland ist faktisch ausgestiegen aus der forschenden pharmazeutischen Industrie. Wir waren einmal die Apotheke der Welt. Heute sind die großen forschen-

den pharmazeutischen Unternehmen Europas weitgehend außerhalb Deutschlands angesiedelt. Wichtig ist deshalb auch, dass wir endlich einen einheitlichen europäischen Kapitalmarkt schaffen. Wenn uns das nicht gelingt, werden wir im Innovationswettbewerb mit den USA und China nicht bestehen können. l

Friedrich Merz MdB

Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Bundesvorsitzender der CDU Deutschlands

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