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Warum nachhaltiges Handeln alternativlos ist Christoph Pohl
Energiepreise auf historischem Allzeithoch, bis zum Zerreißen gespannte Lieferketten und eine Inflationsrate auf Rekordniveau: Viele Unternehmen stehen angesichts der schwierigen Wirtschaftslage vor existenziellen Herausforderungen. Gleichzeitig zwingen Klimawandel und Biodiversitätsverlust alle Ebenen unserer Gesellschaft zu verantwortlichem und schnellem Handeln. Europa will bis zum Jahr 2050 der erste klimaneutrale Kontinent der Welt werden. Deutschland ist dieses Ziel noch nicht ambitioniert genug, bereits 2045 sollen hierzulan-
de Wirtschaft, Staat und Lebensweise der Menschen klimaneutral sein. Die Mehrheit der Unternehmen ist jedoch aktuell einem Spannungsfeld zwischen der Bewältigung wirtschaftlicher Herausforderungen und der langfristigen Transformation zu klimaneutralem und nachhaltigem Wirtschaften ausgesetzt. Angesichts der schwierigen Wirtschaftslage stellt sich vielen Unternehmen daher die grundsätzliche Frage, ob nachhaltiges Handeln noch finanzierbar ist.
Dabei ist die Notwendigkeit unbestritten, denn der Klimawandel schreitet voran. Es gibt zunehmend häufiger dürrebedingte Ernteausfälle, stark schwankende Erträge bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen und somit immer volatilere Preise und Verfügbarkeiten. Zudem resultiert die Erderwärmung auch in einen massiven weltweiten Biodiversitätsverlust, dessen Folgen für Ökosysteme verheerend sein können und wir wissen, dass auch die Menschen in den besonders vom Klimawandel betroffenen Regionen stark unter den Auswirkungen leiden.
Als größtes europäisches Handelsunternehmen sehen wir uns bei Lidl nicht nur mit dem Klimawandel konfrontiert, sondern tragen auch eine Verantwortung für die Auswirkungen unseres Wirtschaftens. Nachhaltigkeit ist Teil des Preis-/Leistungsversprechens von Lidl und damit Teil unseres Markenkerns. Das gilt auch für unseren eigenen Geschäftsbetrieb, bei dem wir beispielsweise bis 2030 unsere betriebsbedingten Emissionen um mindestens 80 Prozent reduzieren werden, Photovoltaik auf unseren Filialen stark ausbauen und bereits dieses Jahr in allen Ländern komplett auf Grünstrom umgestellt haben. Als Handelsunternehmen liegt jedoch ein Großteil unseres ökologischen Fußabdrucks in den vorgelagerten Stufen der Wertschöpfungskette. Daher ist es unser Ziel, dass wir mit unseren Geschäftspartnern ein faires, nachhaltiges und gesundes Sortiment gestalten, um somit einen Beitrag zu leisten, Konsum innerhalb der planetaren Grenzen zu ermöglichen. Der Nachhaltigkeitsgedanke ist ein wesentlicher Bestandteil unserer
Produktqualität und steckt für uns als Discounter tief in unserem Selbstverständnis. Dies wird nicht nur dadurch deutlich, dass wir als Unternehmen äußerst effizient mit unseren Ressourcen umgehen.
Entscheidend für eine erfolgreiche Transformation der europäischen Wirtschaft wird sein, dass die Bevölkerung Maßnahmen und Konsequenzen verstehen und verkraften kann und als persönlichen Nutzen empfindet. Ein gutes Beispiel bietet das Themenfeld
Warum nachhaltiges Handeln alternativlos ist
Auch in Krisenzeiten sollten Unternehmen die langfristigen Aufgaben im Blick behalten.
Ernährung. Wissenschaftler haben ein Modell entwickelt, wie man zehn Milliarden Menschen innerhalb der ökologischen Belastungsgrenzen dieses Planeten gesund ernähren kann. Eine pflanzenbetonte, ballaststoffreichere Ernährung ist gut für die menschliche Gesundheit und den Planeten. Die sogenannte Planetary Health Diet verknüpft also den persönlichen Nutzen mit einem nachhaltigen Ernährungsverhalten. Wir sind überzeugt, das kann der Speiseplan der Zukunft sein und richten unser Sortiment vermehrt nach diesen Erkenntnissen aus. Dabei ist uns wichtig: Nachhaltigkeit darf nicht zum Luxus werden, sondern muss bezahlbar bleiben. Um verantwortungsbewusste Kaufentscheidungen zu ermöglichen, bedarf es dabei auch mehr Transparenz. Daher nutzen wir bei unseren Eigenmarken den Nutri Score, um die ernährungsphysiologischen Eigenschaften eines Produktes darzustellen und pilotieren aktuell in mehreren Ländern Nachhaltigkeitskennzeichnungssysteme, die einfach und verständlich den ökologischen Fußabdruck eines Produktes aufzeigen. Dadurch wollen wir gesunden und nachhaltigen Konsum ermöglichen.
Christoph Pohl
Vorstand Lidl Stiftung & Co. KG
Nur im Zusammenspiel mit der gesamten Wertschöpfungskette vom einzelnen Landwirt über die Lebensmittelindustrie, den Handel und die Konsumenten können wir die erforderliche Transformation gemeinsam mit den staatlichen Akteuren vorantreiben. Im gegenseitigen Vertrauen können Lösungen entwickelt werden, die marktorientiert und effizient zu den gewünschten Ergebnissen führen. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass Erzeuger und Unternehmen meist auch in einem internationalen Wettbewerb weiter bestehen müssen. Eine klare Perspektive, Planungssicherheit und zielgerichtete Unterstützung sind daher notwendig, um weitreichende Nachhaltigkeitsinvestitionen zu tätigen.
Die Ernährungsstrategie der Bundesregierung kann hier wesentliche Anreize setzen und ein zukunftsfestes Leitbild für eine umweltverträgliche und gesunde Ernährung innerhalb der planetaren Grenzen setzen. Die Politik muss mit zielgenauen Maßnahmen dafür sorgen, Ökologie und Ökonomie in Einklang zu bringen.
Wir bei Lidl sind überzeugt, wir sollten die langfristigen Aufgaben in den aktuellen Krisen nicht vergessen. Dabei sehen wir uns als Teil der Lösung und stehen der Politik als Partner zur Verfügung, gerade weil wir als Discounter in der Mitte der Gesellschaft stehen. Zusammen wollen wir uns auf den Weg nach morgen machen! l