Niviaq Korneliussen Nuuk
ohne Filter Aus dem Dänischen von Giannina Spinty-Mossin und Katja Langmaier Mit einem Glossar
zaglossus
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Das Kapitel „Home – INUK“ des Romans enthält an einigen Stellen gewaltvolle Sprache gegenüber Schwulen und Lesben. Dies kann traumatische Erinnerungen und Angst auslösen.
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Niviaq Korneliussen
Nuuk #ohneFilter Roman
zaglossus
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Die Übersetzerinnen bedanken sich für die Förderungen durch die Danish Arts Foundation und durch ein Übersetzerstipendium der Stadt Wien. Wir bedanken uns für die Förderungen durch die Fakultätsvertretung Geisteswissenschaften an der Universität Wien, die Institutsgruppe Germanistik an der Universität Wien, die Institutsgruppe Geschichte an der Universität Wien und die Basisgruppe Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Universität Wien.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Originaltitel: HOMO sapienne © 2014 Niviaq Korneliussen and milik publishing Published by agreement with Antas Bindermann Listau GbR, Berlin. © für die deutsche Ausgabe: Zaglossus e. U., Wien, 2016 1. Auflage 2016 Alle Rechte vorbehalten Lektorat: Nicole Alecu de Flers Druck: Prime Rate Kft., Budapest Printed in Hungary ISBN 978-3-902902-47-4 Zaglossus e. U. Vereinsgasse 33/12+25, A-1020 Wien E-Mail: info@zaglossus.eu www.zaglossus.eu
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Qaaqa All I can say is thank you simply for being my sister simply for enriching my world to the fullest simply for being you Your world is mine my world is yours Nuka
Crimson & Clover – FIA
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Home – INUK
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Walk of Shame – ARNAQ
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Stay – IVIK
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What a Day – SARA
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Glossar
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Nuuk: ohne Filter
Crimson & Clover Unsere Pläne: 1. Sobald ich mit meiner Ausbildung fertig bin und Geld da ist, kaufen wir ein Haus mit vielen Zimmern und einem Balkon. 2. Wir heiraten. 3. Wir bekommen drei, vier Kinder. 4. Tag für Tag für Tag kaufen wir nach der Arbeit ein und fahren in unserem Auto nach Hause. 5. Wir werden alt und sterben. Peter. Ein Mann. Drei Jahre. Tausend Pläne. Millionen Einladungen zum Abendessen. Staubsaugen und putzen, ein vorgezeichneter Weg, bis in die Unendlichkeit. Künstliches Lächeln, das immer hässlicher wird. Trockene Küsse, steif wie Dörrfisch. Schlechter Sex, der vermieden werden muss. Meine vorgetäuschten Orgasmen immer unglaubwürdiger. Aber wir schmieden weiterhin Pläne. Die Tage werden dunkler. Leere breitet sich in mir aus. Meine Liebe schmeckt nach nichts mehr. Meine Jugend 9
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wird alt. Das, was mich am Leben erhält, ist am Sterben. Mein Leben ist abgenutzt, gealtert. Leben. Welches Leben? Mein Herz? Das ist eine Maschine. „Was wollen wir zum Abendessen kochen?“ Klebrige Schweineschwänze, so wie das, was du in der Hose hast, habe ich Lust, ihm zu antworten. „Was machst du, wenn du aushast?“ Was machst du, wenn ich dir nicht antworte, habe ich Lust, ihn zu fragen. „Hast du Lust auf einen gemütlichen Abend mit mir?“ Scheiß-König der Gemütlichkeit, wann warst du das letzte Mal unterhaltsam, habe ich Lust, ihn anzuschnauzen. Würdest du schlappmachen, wenn ich niemals mehr nach Hause käme? Würdest du weinen? Wäre dein Leben vorbei? Würde dein Leben beginnen? Komm schon, was würdest du tun? „Liebst du mich?“, fragst du. Ich liebe deine Liebe, aber nein, dich liebe ich nicht. Entschuldige, aber „so ist das Leben“. Ist das Leben so? War das das Einzige, was die Liebe zu bieten hatte? Wenn ja, dann kann ich es einfach nicht verstehen. Nein, ich kann es nicht akzeptieren. Habe ich Fehler gemacht? Wenn ich so schaue, ist es ein Fehler. Wenn ich mich so hinstelle, ist es ein Fehler. Wenn ich mich wieder bewege, ist es ein Fehler. „Akzeptiere deine Fehler, akzeptiere das Leben“, verflixt nochmal, nein! Niemals. Wenn das Leben kein Fehler ist, ist es ein Fehler, Fehler zu machen. Vielleicht ist es das Leben, das Fehler macht. Danke, dass du mich liebst, mich, die Fehler macht. Aber nein, nein und nochmal nein! „Ich brate ein paar Steaks.“ „Ich treffe dich in der Stadt, sobald ich aushabe.“ 10
Nuuk: ohne Filter
„Ja, gut.“ „Ja, ich liebe dich.“ Fuck. Plan: Zusammenleben. Sobald ich aushabe, gehe ich im Schneeregen zu Brugsen, Steaks, Limonade und Obst, haben Sie eine Kundenkarte, heimwärts in einem stinkenden Bus voller lächelnder Menschen, die grüßen, iggu, wie süß du bist, meine Lippen lächeln, mein Hirn ist am Explodieren, stop smiling, you ugly son of a bitch, du bist auch süß, sei still, ich kann nicht aufhören, daran zu denken, wie sehr ich mich freue, heute Abend ins Bett zu gehen, in eine andere Welt zu verschwinden, morgen für genauso einen Scheißtag wie heute aufzuwachen, hoffe, er wird nicht versuchen, Sex mit mir zu haben, glaube aber, dass es sein könnte, welche Ausrede kann ich mir einfallen lassen, lass uns ausgehen, autsch, habe seit heute Morgen dröhnende Kopfschmerzen, denke, ich werde heute früh zu Bett gehen, iggu, ich werde schon für dich sorgen, dich in den Arm nehmen, zum Teufel nochmal, hatte gehofft, er hätte etwas zu tun und würde spät zu Bett gehen, wünschte, er würde wenigstens Videospiele spielen, aber nein, er ist ein Gentleman, wünschte, er hätte andere Frauen, aber nein, er guckt nicht mal, wenn ein Mädchen mit einem tollen Hintern an ihm vorbeigeht, dieser Gentleman, ScheißGentleman, iggu, du wirkst müde, war heute viel los bei euch, du brauchst verdammt nochmal nicht jeden deiner Sätze mit iggu anzufangen, ja, hatten wahnsinnig viel zu tun, ein echter Mann, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen werde, ein Mann, der auf mich aufpasst, anstatt einem tollen Hintern hinterherzugaffen, wünschte, 11
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er würde einem Hintern nachstarren, der nicht meiner ist, iggu, ich werde dir Essen machen, wusste, dass er das sagen würde, ich kann selbst Essen machen, du kannst mit deinen Freunden abhängen, gibt’s kein Fußball, iggu, nein, ich kümmere mich um dich, wenn’s dir nicht gut geht, ich gebe auf und nicke, habe ihn schon nach einer Dreiviertelstunde satt, will allein sein und zünde mir eine Zigarette an, bevor ich reingehe, iggu, smoking kills, scherzt er, ha, ha, ha, wie lustig, kill me already, funktioniert bestimmt am besten mit Inhalieren und wenn ich sie ganz fertig rauche, er findet, Rauch stinkt, also wasche ich meine Hände nicht und er ignoriert meinen schlechten Atem, ein Gentleman, der sich nie beschwert, iggu, ruh dich aus, das Leben wäre etwas spannender, wenn er sich wenigstens ein klitzekleines bisschen beschweren würde, ich gehe zu ihm hin, küss mich, er küsst mich und drückt mich an sich, iggu, ich hoffe, es geht dir bald besser, ich gebe auf und gehe ins Zimmer, logge mich bei Facebook ein, würde gern Peter taggen und schreiben, wer will diesen Gentleman, der sich nie beschwert und nie dem Hintern einer anderen hinterherschaut, ich hab mein Leben satt, mein Rücken tut mir weh, weil ich ständig den Kopf hängen lasse, er liebt mich so sehr, dass ich mir wünschte, der Teufel würde in mich fahren, damit ich ihn erstechen könnte, vier Jahre in der Anstalt, Resozialisierung, ein neues Leben, vielleicht ein spannenderes Leben, dieser Freund hier, dieser zukünftige Ehemann hier, liebt, bis der Tod uns scheidet, iggu, das Essen ist bald fertig, iggu iggu iggu, you better run for your fucking life, oder ich könnte mich selbst erdolchen, ein Grabstein mit meinem Namen, Geburtsdatum, Todestag, du warst ja schon so tot, dass du genauso gut sterben konntest, solange du noch jung warst, und ich würde als die Frau in Erinnerung bleiben, die für alles Böse steht, Mütter würden ihren Kindern erzählen, 12
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tretet nicht in ihre Fußstapfen, und ich wäre von Nutzen, verflixt nochmal, ja, würde ich von da unten lachen und zu mir selbst sagen, geschieht dir ganz recht, du hast es dir selbst zuzuschreiben, mit deinem Selbstmitleid, und iggu iggu iggu zu mir selbst sagen, und meinen beerdigten Körper quälen, das soll mir eine Lehre sein, iggu, komm, das Essen ist fertig, der Teufel hat mich zur Erde zurückgebracht, bestraft mich, bevor mein Tagtraum zu schön wird, ich darf nicht lachen, setze mich an den Tisch, hmm, lecker, iggu, iss, es sind viele Vitamine im Gemüse, ich seufze, höre nicht mehr hin, was er sagt, nicke einfach, bemerke, dass er mich etwas fragt, was, hab’s nicht ganz verstanden, deine Kollegen, was, der liebste Mann weiß, dass ich nicht zuhöre, versucht es dennoch erneut, iggu, hast du Jørgens Arbeit gesehen, jetzt wieder, nein, warum, iggu, ich glaube, sie könnte mich inspirieren, nicke nochmals, iggu, was bist du heute schlaff, habe den Drang zu gehen, nein, brauche wohl nur etwas Luft, ich gehe mal spazieren, iggu, ja, das klingt gut, könnte selbst gut etwas Luft vertragen, verflixt, bereue es augenblicklich, iggu, zieh dich warm an, ich habe Lust, ihm zu antworten, dass ich kein Baby bin, hör auf, so mit mir zu reden, aber als er meine Hand nimmt, nehme ich seine Hand, als er mir sein Herz gibt, halte ich es, als er sein Herz als Opfergabe darbietet, habe ich Lust, es zu zerquetschen, weil Opfer sterben, es ist sowieso bald Schlafenszeit, bin ja dabei, noch einen Tag zu überleben, habe genug Kraft, schaffe das schon, wird mir besser gehen, sobald ich geschlafen habe, kann noch einen Tag überleben, wenn ich heute Nacht vom Leben träume, vielleicht gibt’s morgen ein neues Leben, vielleicht ein anderes Leben, vielleicht auch nicht, vielleicht noch so einen Tag wie heute, sicherlich, Hoffnung nützt nichts, die Hoffnung ist tot, hat ’nen Grabstein draufgesetzt bekommen, Hoffnung, als du doch nicht aufgetaucht 13
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bist, habe ich herausgefunden, dass du gar nicht mehr unter uns weilst, endlich sind wir fast wieder zu Hause, die frische Luft hat mir nicht gutgetan, bin nur feucht geworden, nicht in der Pussy, nur dank Schnee und Schneeregen, bin so trocken in der Pussy, hoffe wirklich, dass er es heute Abend nicht versucht, iggu, wozu hast du Lust, wenn wir nach Hause kommen, als er mir zuzwinkert, bestätigt sich, dass die Hoffnung bereits gestorben ist, bin einfach so unglaublich müde, dass ich ins Bett gehe, iggu, eine Massage werde ich dir schon noch geben, schon gut, ich putze mir die Zähne und gehe hellwach ins Bett, er massiert mich, mir geht’s etwas besser, mein Liebling, tausend Dank, es ist schon besser, und er legt sich auf mich, bevor ich den Satz beenden kann, verdammt, etwas Hartes berührt meinen Körper, iggu, dein Körper ist so schön, dass ich Lust auf dich bekommen habe, ich küsse ihn, nein, ich bin wirklich müde, wie wäre es mit morgen Früh, iggu, na gut, er lässt nach, weil er ein Gentleman ist, aber ist ein bisschen traurig, ich liebe dich, mein Schatz, ich hab dich lieb, ich hab nur nicht richtig Lust, weil ich so müde bin, er lächelt, weil er das gehört hat, was er hören will, iggu, das ist völlig okay, lass mich dich im Arm halten, bis du einschläfst, und er hält mich, bis ich einschlafe, der liebe Mann, meine Gedanken sind an anderen Orten, ich denke, wie kann ich ein solches Leben leben, ich bin ja tot, wie kann ich einen lieben Mann so schlecht behandeln, was soll ich tun, na, muss einfach versuchen zu schlafen, es gibt sowieso keine Antworten auf meine Fragen, und noch ein Tag, nochmal der gleiche Tag kommt daher, und ich werde diese heilige Nacht anbeten, Hoffnung, du mögest in Frieden ruhen, es ist so ärgerlich, dass du dich umgebracht hast.
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Plan: Sterben. Der Tod hat begonnen, in meinen Träumen aufzutauchen, und ich bin entsetzt. Mord. Der Tod der Seele. Ein verdorrter Körper. Selbstmord. Der Tod hat begonnen, mich zu besuchen, und ich bin entsetzt. Massenmord. Die Toten verhöhnen. Ein missglückter Selbstmord. Neidisch auf die Toten. Ich habe begonnen, an der Hand des Todes zu gehen, und ich bin entsetzt. Ich treffe eine Entscheidung, weil der Tod in meinen Gedanken ist. „Hallo?“ „Hey.“ „Iggu, entschuldige, dass ich so spät komme, hatte so viel zu tun!“, sagt er. „Peter, wir müssen reden.“ „Warum hast du deine Sachen gepackt?“ And then something like, was ist los, bist du in Ordnung, gehst du, was machst du denn, verlässt du mich, und so weiter und so weiter und so weiter, and I’m like, hör mir doch mal zu, setzen wir uns hin und reden, ich liebe dich, ich bin nicht glücklich, du bist nicht glücklich, scheint, meinem Leben fehlt etwas, auch wenn uns nichts fehlt, muss allein sein, weil wir nicht glücklich sind etc., and then the drama begins, fühlst du dich nicht geborgen, warum willst du nicht mit mir zusammen sein, was hab ich getan, hab ich dich verletzt, hab ich es vergeigt, and then golden words like, nein, bin es müde, geborgen zu sein, du hast nichts vergeigt, ich will für mich selbst sorgen, will mich selbst finden, ich ich ich and never you, it’s not you, it never is and so on, and then the most predictable, hast du jemand anders gefunden, liebst du mich nicht mehr, 15
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liebst du mich nicht, magst du mich nicht, bin ich dir egal, and then trying not to lose control, ich liebe dich wirklich sehr, ich mag dich sehr, aber es ist vorbei, es geht nicht anders, du musst es verstehen, du musst es akzeptieren, es ist meine endgültige Entscheidung, this is final, Schluss, aus, Ende, verlässt du mich wirklich, kommst du wirklich nicht zurück zu mir, trennen unsere Wege sich wirklich, gehst du wirklich, verlässt du mich wirklich, and on it goes, ja, ja, ja, verlässt du mich, ich verlasse dich, kommst du zurück, ich komme nicht zurück, verlässt du mich, ja, ich verlasse dich, and you know the fucking rest, but I’ll tell you anyways. Got to read his own fucking version of How to understand the 5 fucking stages of loss, in endless text messages. Couldn’t stop thinking of him, probably because he called every 5 fucking minutes. Had the fucking privilege to wipe off his tears in the middle of the night, 5 fucking nights to be exact. It was an honor to hold your heart, but my hands are all bloody, so you better take it or I’m gonna have to drop that little sticky heart of yours. „Your call“ were my final words. Then, just like that, I was free. But the word ‚free‘ didn’t come with relief. It was his future after all. „Jetzt komm schon, geh mal aus. Drei Wochen! Peter kommt schon zurecht!“ Arnaq hat mich langsam satt und ich komme nicht drum herum, zu der Party an der Universität mitzugehen. Es tut mir leid, dass Peter allein zu Hause rumhockt, aber weil ich Gefahr laufe, dass meine Mitbewohnerin sauer wird, wenn ich nicht mitkomme, mache ich mich langsam zum Gehen bereit. „Ich hoffe wirklich, dass ich dann nicht gerade zufällig Peter treffe“, sage ich zu Arnaq. 16
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„Du kommst mit? Yes, yes, yes!“ Sie beginnt zu tanzen. Ich stupse sie leicht an. „Es wird schon lustig werden! Du wirst es nicht bereuen!“ „Arnaq …“ „Was? Ich freue mich einfach, mit dir zu feiern. Es ist so lange her!“ „Ich werde nicht trinken.“ „Ach, komm schon …“ „Arnaq.“ „Ja. Ja. Ist ja schon gut. Aber du kommst mit in die Stadt!“ „Wir werden sehen.“ „Ganz im Ernst, gib dir ’nen Ruck und lebe ein bisschen!“ „Man lebt also nur, wenn man in die Stadt geht?“ „Ja, du wirst schon sehen! Typen! You know?“ Sie lässt eine Haarbürste baumeln, als wäre diese ein Pimmel. „Naamik. Nein. No. Typen sind passé!“ „Da sind auch Frauen, wenn du Männer leid bist!“ „Arnaq, du Idiotin. Du bist so pervers!” Arnaq lacht laut, ich lache ein wenig mit und mache mich ausgehfertig. Verrückte Frau. Als wir im Universitätszentrum Ilimmarfik ankommen, gehe ich mit Arnaq aufs Klo, wo sie sich ein letztes Mal im Spiegel ansieht. Ich betrachte sie, während sie ihr Gesicht zurechtmacht. „Scheiße, bist du blass!“, sagt sie erschrocken. „Ist schon gut.“ „Komm her!“ „Arnaq, ist schon okay.“ Sie kommt zu mir rüber und trägt etwas Rouge auf meine Wangen auf, auch wenn ich nicht wirklich Lust dazu habe. „So!“ „Komm schon, lass uns rübergehen.“ 17
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Wir verlassen das Klo, gehen am Fahrstuhl und an den Sofas vorbei und betreten den Raum. „We’re in the house!“, ruft Arnaq. Mit meinem gesenkten Kopf sehe ich aus wie eine Dienerin hinter der beschissenen Diva und begrüße nur die Leute, die ich kenne. Zwei von denen, die mit uns studieren, sind total begeistert, uns zu sehen, holen gleich ein paar Stühle und machen am Tisch Platz. Ich sehe zu, dass ich neben Arnaq sitze, weil ich keine Lust habe, mit Leuten zu quatschen, die ich nicht kenne. Arnaq stürzt sich sofort auf ihr Tuborg, weil sie ja eine ganze Woche lang nichts getrunken hat. Es sieht aus, als würde es ein langer Abend werden. Ich ziehe mein Handy hervor, um zu sehen, wie spät es ist. 21:49 Uhr. Erst. Öffne meine Cola. Und genau zu diesem Zeitpunkt, ganz genau da, beginnen meine Lungen wieder zu atmen. Ah … „Ist da was drin?“ Ich bemerke, dass jemand mit mir redet, und schaue auf. Werde von Schönheit geblendet und ganz durchei nandergebracht. „Was?“ „Ist da was drin?“, versucht sie es erneut. „Wo?“ „In dem, was du trinkst.“ „Ob da was drin ist? Wie meinst du das?“, frage ich, immer noch verwirrt. „War nur Spaß“, sagt sie unbeholfen. Ich schaue schnell nach unten. Ob da was drin ist? What? Ach, ob da was drin ist! Ich bin so blöd! Oh nein! Breathe in, breathe out. Beruhige mich selbst. Es ist in Ordnung. 18
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Oh nein, mich hat’s erwischt. Bin entsetzt und murmle etwas in Richtung Arnaq, von wegen rausgehen, eine rauchen. Bin so was von komplett verwirrt, ich könnte ebenso gut betrunken sein. Zünde mir eine Zigarette an und atme den herrlichen Duft des Frühlings ein. It can’t be. It just can’t be. Ich muss nach Hause. Ich will nach Hause zu Peter. Und ich höre, wie die Tür aufgeht. „Ahh, hier riecht’s gut!“, sagt sie. „Was? Die Luft?“ „Nein, die Zigarette. Aber der Frühling auch“, antwortet sie. Ich schnaube ein unbeholfenes Lachen. „Sara“, sagt sie. „Wer?“ „Sara. Ich.“ „Ah, ich dachte grade …“ Ich weiß nicht, was ich sagen soll, und halte einfach den Mund. „Und du?“, fragt sie. „Wie bitte?“ „Wie du heißt“, lacht sie los. „Fia.“ „Hallo, Fia.“ „Hallo, Sara.“ Ich starre verlegen auf den Boden. Ich sehe so bescheuert aus, dass ich mir überlege, zu ihr zu sagen: ‚Ich hab so viel in meinem Hirn rumrattern, dass ich ziemlich leicht verwirrt werde.‘ „Du bist einfach so hübsch, dass ich nicht ordentlich antworten kann.“ WHAT. „Wie?“, fragt sie ein wenig erschrocken. „Du bist wahnsinnig hübsch.“ Where did that come from? 19