WELTKUNST Lübeck

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Die Hansestadt am Wasser feiert

100 Jahre Zauberberg

Eine Sonderveröffentlichung des ZEIT Weltkunstverlags
Frühjahr 2024
Lübeck
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LÜBECK
Kapitänin für einen Tag! Auf der Trave und Wakenitz locken im Sommer Stand-up Paddling, Kanutouren und E-Boot-Ausflüge

Magische Aussichten

Lübeck, das ist so viel auf einmal: das berühmte

Holstentor, die Silhouette mit ihren sieben Türmen, die Altstadt als UNESCO-Welterbe, Heimat der Hanse, elf Museen, drei Nobelpreisträger und eine ungemein lebendige Stadt, die zum »Zauberberg«Jubiläum 2024 Erstaunliches zu bieten hat.

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Volker Corsten

Krähen, hier in einer Visualisierung der britischen Künstlerin Heather Philipson, spielen ab September eine wichtige Rolle in der Ausstellung »Extra Time« in der Kunsthalle St. Annen. Links das Heiligen-Geist-Hospital am Koberg mit seiner eindrucksvollen Backsteinarchitektur. Unten: Blick auf das Museumsgelände des Europäischen Hansemuseums mit Burgkloster und Beichthaus

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LÜBECK
Bilder: Cover: LTM_N.Zellermann; S.2: LTM_O.Malzahn; S.4: Foto: © Werner Huthmacher, Heather Phillipson, S.3, 4, 5: Hannes Wiedemann

MManchmal muss man sich locker machen und einfach losspringen. In der Kunsthalle St. Annen, einem minimalistischen Bau von 2003 in der Lübecker Altstadt, hohe Decken, viel Glas und Sichtbeton, stehen in einem großen Raum drei runde Trampoline. Jedes ist etwa 1,50 Meter im Durchmesser, mit blauem, dickem Rand und kurzen Beinen, so wie man sie aus Kinderzimmern kennt. Hoch über jedem hängt das Bild einer Künstlerin aus der Sammlung, in der Mitte etwa ein Selbstporträt von Käthe Kollwitz‘. Wer sie auf Augenhöhe betrachten möchte, der hat keine Wahl - der muss springen. Die Installation heißt »Jump up!«, konzipiert hat sie der Künstler Ahmet Öğüt für die erste Ausstellung von Noura Dirani, der neuen, jungen Direktorin der Kunsthalle St. Annen. Die Schau heißt schlicht und direkt »Hello Lübeck!«. Dirani, die 2022 von den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden nach Lübeck kam, möchte das Publikum mit ihrem Programm überraschen, herausfordern, animieren, vor allem aber will sie »nie in die Gemütlichkeit verfallen, einfach nur ein paar nette Ausstellungen zu zeigen«, wie sie lachend betont. Sie steht mit ihrem Anspruch, ihrem Enthusiasmus und der Aufbruchstimmung, die sie vermittelt, ziemlich gut für eine Stadt, in der gerade viel in Bewegung ist.

Die Altstadt – sehr lebendiges Welterbe Lübeck, das ist – natürlich – das »Haupt der Hanse«, 1143 gegründet, das ist das ikonische spätgotische Holstentor, das berühmte mittelalterliche Rathaus und auch schräg gegenüber der Flagshipstore des Marzipanherstellers Niederegger. Lübeck, das ist vor allem ein Ort der kurzen Wege mit einer Altstadtinsel, die sich gerade im Frühling und Sommer wunderbar erlaufen oder auch mit einem geliehenen E-Boot auf der Trave umrunden lässt und schon seit 1987 als Ganzes zum Welterbe der UNESCO gehört. Die Lübecker Altstadt, das bedeutet fünf Kirchen mit sieben Türmen und einem tollen Überblick von St. Petri aus; das sind das historische Heiligen-Geist-Hospital und allein elf Museen auf engstem Raum, drei davon den Nobelpreisträgern der Stadt gewidmet: Thomas Mann, Günter Grass und Willy Brandt. Die Orte liegen hier so eng beieinander, dass die Gärten des Grass‘ und des Brandt-Hauses sogar aneinanderstoßen. Die Altstadt ist dabei aber kein zu Tode saniertes Museum, sondern ein sehr lebendiger Ort mit allein vier Gymnasien, deren Schüler:innen ab der Mittagszeit in die Gassen strömen. Ein Ort mit vielen Cafés, Restaurants und liebevoll von den Hausbewohner:innen gepflegten und begrünten Gängen und Innenhöfen. Und ein Ort, an dem nicht nur das Alte bewahrt, sondern an diversen Stellen auch ausprobiert wird, wie so eine Altstadt in Zukunft aussehen sollte.

Besonders offensichtlich ist das im Gründungsviertel, dem ältesten Kaufmannsviertel. Es liegt nur fünf Gehminuten entfernt von Holstentor und Tourist-Information, dem traditionellen Ausgangspunkt für die Erkundung der Altstadtinsel. Im Jahr 1942 komplett zerbombt und nach dem Krieg »zweckmäßig« wieder aufgebaut, ist das Viertel eines der interessantesten städtebaulichen Projekte überhaupt. Denn da, wo einmal das Zweckmäßige stand, wird gerade auf den historischen Grundmauern eine Neuinterpretation des historischen Viertels gewagt. Ein paar Jahre waren die Straßenzüge, wie oft in Lübeck, deshalb eine einzige große Ausgrabungsstätte – und auch jetzt sind noch nicht alle neuen Häuser gebaut. Denn die Stadt hat das Gebiet bewusst nicht an einen Investor vergeben, sondern die 38

»Kunst sollte für alle zugänglich sein und alle repräsentieren. Dafür wollen wir die Brücken bauen.«

Noura Dirani, Direktorin Kunsthalle St. Annen

Parzellen an diverse Käufer:innen, die wiederum verschiedene Architekt:innen beauftragten, was etwa in der Fischstraße zu sehr unterschiedlichen zeitgenössischen Interpretationen der traditionellen Kaufmanns-Giebelhäuser führt. Das Viertel, mitten in der Wiederbelebung, wird sich vom 7. bis 9. Juni während des HanseKultur-Festivals präsentieren können. Es findet alle zwei Jahre statt und macht jeweils eines der Stadtviertel zur bunt geschmückten Festmeile.

Europäisches Hansemuseum am historischen Hafen Wer sich intensiver mit der Hanse-Historie der Stadt vertraut machen will, für den gibt es kaum einen besseren Ort als das Europäische Hansemuseum. Seit 2015 wird hier die Geschichte der legendären Kaufmannsvereinigung in multimedial aufwändig gestalteten Szenerien anschaulich gemacht. Neubau und Ausstellungsdesign des Hauses, beide preisgekrönt, entwarf der Architekt Andreas Heller. Das Museum ist Teil eines Gebäudekomplexes, der zahlreiche Facetten der Lübecker Geschichte miteinander verbindet. Wie ein Monolith erhebt es sich mit seiner Backsteinfassade am Fuße des Burghügels. Darüber thront das alte Burgkloster, welches als Teil des

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Bilder: S.6: Hannes Wiedemann; S.7: © Lena Morgenstern

Am Wasser entspannen

Lübeck liebt das Wasser! Dieses lebendige maritime Lebensgefühl ist in der ganzen Stadt spürbar, besonders an den Ufern der Trave oder Wakenitz. Mittendrin ist man hier im Altstadtleben und zugleich in einer grünen Oase am Wasser. Der neue Drehbrückenplatz an der Untertrave, der Strandsalon auf der Wallhalbinsel oder der Malerwinkel am Traveufer sind die Lieblingswasserplätze der Lübecker. Sie eignen sich perfekt für einen Zwischenstopp beim Stadtbummel oder für einen Ausflug mit dem Picknickkorb.

5 Tipps für Lübeck

Blick auf die Stadt von oben

Von der Aussichtsplattform von St. Petri bietet sich der beste Blick über Lübeck und bis zur Ostsee. Die zwischen 1227 und 1250 erbaute romanische Kirche wurde im 15. und 16. Jh. zur fünfschiffigen gotischen Hallenkirche erweitert. Heute wird St. Petri nicht mehr als Kirche genutzt, sondern hat sich mit ihrem 800 Jahre alten, lichten Kirchenraum zu einem lebendigen Veranstaltungsund Ausstellungszentrum entwickelt.

Hinter den Fassaden

Die verborgene Welt der historischen Wohngänge zieht sich wie ein Labyrinth durch die Hinterhöfe fast der gesamten Altstadt. Von den einst rund 180 bewohnten Gängen und Höfen existieren noch etwa 90, von denen die meisten frei zugänglich sind. Die liebevoll restaurierten Ganghäuschen sind heute begehrter Wohnraum und an Idylle und Romantik kaum zu übertreffen. Ebenfalls lohnend ist ein Besuch des Heiligen-GeistHospitals am Koberg mit seiner kunsthistorisch bedeutenden Ausstattung.

Frischer Fisch und viel mehr

Lübeck is(s)t lecker! Für Gaumenfreuden sorgen zahlreiche kleine und feine Restaurants in der Altstadt. Den besten Fisch gibt es im »Fangfrisch« an der Drehbrücke. Direkt an der Trave überzeugt Ralf Schulte mit »The Newport« kulinarisch und als Gastgeber. Ein Beispiel für gelungene Integration ist das Pilgercafé Camino. Und wer es traditionell mag, der ist in der Schiffergesellschaft bestens aufgehoben.

HanseKulturFestival 2024

Alle zwei Jahre verwandelt sich eines der Altstadtquartiere in eine bunte Festmeile. 2024 wird das Gründungsviertel vom 7. bis 9. Juni zur lebendigen Bühne für das HanseKulturFestival. Mit Straßenmusik, Akrobatik, Kleinkunst und regionalen Köstlichkeiten präsentiert sich Lübeck als authentischer Erlebnisort.

Mehr Informationen und Tipps sowie die Möglichkeit, Erlebnisse zu buchen finden Sie auf luebeck-tourismus.de

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»Das Europäische Hansemuseum am historischen Hafen ist der perfekte Ausgangspunkt für die Entdeckung Lübecks.«

Dr. Felicia Sternfeld, geschäftsführende Direktorin des Europäischen Hansemuseums

Europäischen Hansemuseums u.a. für Sonderausstellungen genutzt wird. Mit seinem Kreuzgang bildet es den Kontrast zur zeitgenössischen Inszenierung der Hanse im Neubau. Gemeinsam ergibt das eine ziemlich perfekte Symbiose von Alt und Neu – ein Grund dafür, dass auch dieser Teil der Altstadt aufblühte. Eine großzügige Treppe führt nicht nur zum Eingang des Museums, sondern verbindet auch den einstigen Hafen mit der Altstadt. Das gemütliche Café im ehemaligen Beichthaus des Klosters lädt mit hausgemachten Kuchen und Kaffeespezialitäten zum Verweilen ein – und der Außenbereich mit Kinderspielplatz ist immer voller Leben.

Vor dem Museum, entlang des Wassers, haben sich Cafés und Restaurants wie etwa das »The Newport« angesiedelt, aus Hafenschuppen wurden Eventlocations. Von der Dachterrasse des Museums aus hat man einen perfekten Blick auf den historischen Hafen, von dem einst die Koggen der Hanse in die Welt zogen und in dem heute noch das nachgebaute Hanseschiff »Lisa von Lübeck« vor Anker liegt. Rund um die Altstadt gibt es viele schöne Orte für einen milden Abend am Wasser, aber die Dachempore am Europäischen Hansemuseum ist nur schwer zu übertrumpfen. In solchen Momenten ist Lübeck ein wahrhaft magischer Ort.

2024: Ganz im Bann des »Zauberberg« Im Zentrum steht in Lübeck aber in diesem Jahr Thomas Mann. Ausnahmsweise nicht mit den »Buddenbrooks«, seinem Roman über den Verfall einer Lübecker Kaufmannsfamilie. Sondern mit dem Roman »Der Zauberberg«, weltweit berühmt unter dem englischen Titel »Magic Mountain«. Er feiert 2024 das 100. Jubiläum seiner Veröffentlichung – und eine »Magic Mountain«-Mania möchte man in diesem Jahr auch unter den Gästen seiner Heimatstadt entfachen, obwohl der Roman in der Höhenluft des Sanatoriums Berghof im Schweizer Davos spielt. »Wenn wir hier zum ›Zauberberg‹, dem bis heute wichtigsten Roman deutscher Sprache, keine Ausstellung machen, dann müssen wir zu keinem Roman mehr eine machen«, sagt Dr. Caren Heuer dazu trocken, die Leiterin des Lübecker Buddenbrookhauses. Das Buddenbrookhaus steht in der Mengstraße 4, erbaut wurde es 1758, es war der Stammsitz der Familie Mann und ist heute Forschungsstätte und Museum. Vom Gebäude aus schaut man zur Straße hin auf die majestätische Backsteinkirche St. Marien, direkt dahinter liegt das historische Rathaus, in dessen Innenhof auch der zum Buddenbrookhaus gehörende Shop liegt. Caren Heuer hat mit ihrem Team das Programm für das »Zauberberg«-Jubiläum geplant. Es ist äußerst vielfältig, geht von den extrem beliebten »Literarischen Stadtspaziergängen« durch die Altstadt, die es nun auch zum »Zauberberg« geben wird, über eine bereits im Januar gestartete Ringvorlesung (»Magic Mountain – Visiten der Gegenwart«) bis zum Workshop für begeisterte Hobby-Botaniker:innen zur »Sprache der Blumen« im Roman. Im Juni wird zum HanseKulturFestival sogar eine Liegekur à la »Zauberberg« veranstaltet. Unter Anleitung von Schauspieler:innen kann man sich im Innenhof des Rathauses auf Liegen betten, fachgerecht in Decken wickeln und sich fühlen wie Hans Castorp und die anderen Sanatoriumsgäste einst in den Schweizer Alpen. Der absolute Höhepunkt, die große »Zauberberg«-Ausstellung mit dem Titelzusatz »Fiebertraum und Höhenrausch« aber wird an einem Freitag, den 13. September eröffnet. Ein Tag, passend zur Bedeutung des Okkulten im Roman. Die Schau selbst findet nicht im Buddenbrookhaus statt. Es wird zur Zeit saniert und modernisiert, wobei die Ausstellungsfläche sich durch eine Erweiterung um das Nebengebäude verdoppeln soll. Daher hat die »Buddenbrooks«-Ausstellung aktuell ihr Quartier im nur ein paar Minuten entfernten Museum Behnhaus Drägerhaus, einem klassizistischen Stadtpalais, bezogen. Die »Zauberberg«-Jubiläumsausstellung wird hingegen im Museumsquartier St. Annen gezeigt, also jenem Komplex, in dem auch die moderne Kunsthalle steht, in der Noura Dirani gerade das Publikum zum Hüpfen bringt. Die Wege in der Stadt sind sehr kurz, die Zusammenarbeit zwischen den Institutionen ist eng.

Von Traum und Rausch

»In der Zauberberg-Ausstellung wollen wir den Roman in sieben Themen und sieben Räumen erzählen«, erklärt Caren Heuer das Konzept. »Sieben ist die magische Zahl im ›Zauberberg‹, sieben Mal am Tag etwa wird im Sanatorium Fieber gemessen, natürlich sieben Minuten lang.« Das Ganze wird eine multimediale Inszenierung, die das komplexe thematische Panorama des Romans am Vorabend des Ersten Weltkriegs erlebbar macht. Mit historischen Exponaten wie einem Lungenröntgenapparat genauso wie mit einer Botoxspritze von heute (Thema: Körperkontrolle und Wellnesswahn), mit Video, Sound und Textschlagwörtern. »Wir schicken die Besucher:innen mit dem ›Zauberberg‹ auf eine Traumreise und am Ende wachen wir alle gemeinsam auf«, sagt Heuer. Weil der Roman das Zeugnis einer großen Zeitenwende sei, in vielem der Gegenwart nicht unähnlich, »wird sich natürlich auch eine Spur ins Heute ziehen.«

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»Das Jahrhundertwerk ›Zauberberg‹ würdigen wir gleich mit zwei Ausstellungen, die für ›Magic Moments‹ in Lübeck sorgen werden.«

Dr. Tilmann von Stockhausen, Direktor der LÜBECKER MUSEEN

Der Aktualitätsspur folgen können Besucher:innen dann gleich nebenan in der neuen Kunsthalle St. Annen, die gemeinsam mit dem (alten) Museum St. Annen das Museumsquartier bildet. Zeitgleich mit der »Zauberberg«-Schau wird die britische Künstlerin Heather Phillipson, bekannt für ihre ausgeklügelten multimedialen Rauminstallationen, die Kunsthalle St. Annen in ein begehbares Kunstwerk verwandeln. Ausgehend von einer Beerdigungsszene und Disko im Keller wird sich (passend zur vertikalen Architektur des Gebäudes) ein assoziativer Zauberberg die Stockwerke hinauftürmen. »Extra Time« lautet der Titel der Ausstellung, inspiriert von dem im Roman so bedeutsamen Motiv der Zeit – zum einen als das individuelle Erleben von Zeit (die sich in Davos ins Unermeßliche dehnt), zum anderen als großes Zeitpanorama, in dem progressive und reaktionäre Kräfte miteinander ringen. Phillipson bevölkert die Kunsthalle mit krähenähnlichen Charakteren, die in massenhaften Versammlungen die Gegenwart verhandeln und die Besucher:innen einladen, in ihre Gedankenwelten einzutauchen. »Die Krähe ist eine der intelligentesten Vogelarten und gilt in der Mythologie als Vorbote von Umbrüchen«, erläutert Noura Dirani, die Kunsthallen-Direktorin, und zeigt auf ihrem Handy eine Visualisierung, die ihr die Künstlerin aus London geschickt hat. Zu sehen sind sehr viele Krähen in einem grünen Raum, dazu weiße Linien von Fußballfeldern und überall Orangen. So soll ab September das Foyer im Erdgeschoss aussehen. Sehr bunt, sehr surreal, und sicher bestes »eye candy«.

Das Museumsquartier St. Annen wird damit 2024 zum Epizentrum der »Magic Mountain«-Mania. Denn natürlich wird sich auch das Museum St. Annen selbst beteiligen und im Kreuzgang Exponate aus seiner Sammlung zeigen, die an den »Zauberberg« anknüpfen. Das 500 Jahre alte ehemalige Kloster war 1843 durch ein Feuer zerstört und wieder aufgebaut worden, nur die Klosterkirche blieb eine Ruine. Erst 2003 entstand die moderne Kunsthalle auf dem Grundriss der Klosterkirche.

Der Neubau ist ein Geschenk der Possehl-Stiftung, auch eine Lübecker Besonderheit. Gegründet 1919 vom Unternehmer und Senator Ernst Possehl (die Possehl Group ist heute ein weltweit agierender Technologiekonzern) ist das Stiftungsziel die Förderung »alles Guten und Schönen in Lübeck«. Davon profitiert die Kulturstadt am Wasser seit Jahrzehnten und wird es hoffentlich noch lange tun.

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Der verwunschene Skulpturengarten des St. Annen-Museums Bilder: S.8: Die LÜBECKER MUSEEN –Wittern; Hannes Wiedemann; S.9: Thorsten Wulff

MUSEUM BEHNHAUS

DRÄGERHAUS

Im zauberhaften Ambiente eines klassizistischen Stadtpalais ist eine reiche Sammlung von Gemälden, Grafiken und Plastiken aus der Romantik und der klassischen Moderne zu finden – von Caspar David Friedrich bis Edvard Munch.

BUDDENBROOKHAUS

In der Mengstraße 4 lädt das Literaturmuseum hinter der im bürgerlichen

Stil des 19. Jh. gehaltenen Fassade dazu ein, mehr über den Literaturnobelpreisträger Thomas Mann, seine Herkunft und natürlich die berühmte Romanfamilie »Buddenbrooks« zu erfahren. Das Museum befindet sich aktuell in einer Umbau- und Erweiterungsphase, weswegen es bis voraussichtlich 2028 nicht besucht werden kann. Mann-Fans müssen jedoch nicht darben; an verschiedenen Orten der Hansestadt sind wechselnde Sonderausstellungen oder Veranstaltungen des Buddenbrookhauses zu finden. Im großen Zauberberg-Jubiläumsjahr 2024 steht alles im Zeichen des gleichnamigen Weltliteratur-Romans von Thomas Mann.

14.9. bis 31.8.2025: »Thomas Manns ›Der Zauberberg‹. Fiebertraum und Höhenrausch«

GÜNTER GRASS-HAUS

Das Haus in der Glockengießerstraße präsentiert

Leben und Werk des vielseitigen Künstlers und Literaturnobelpreisträgers

Günter Grass und macht seinen Debütroman »Die Blechtrommel« mit allen Sinnen erlebbar. Das Haus versteht sich als Forum für Literatur und Bildende Kunst und präsentiert in seinen Sonderausstellungen häufig Kunstschaffende, die ganz nach dem Vorbild von Günter Grass ebenfalls in mehreren künstlerischen Disziplinen zuhause sind.

Bis 15.1.2025: »GRASS TANZBAR«

Die Lübecker Museen

Das Buddenbroockhaus

MUSEUM HOLSTENTOR

Das weltberühmte Holstentor ist nicht nur Wahrzeichen Lübecks, sondern beherbergt auch ein Museum, in dem die Lebenswelt der Hanse dargestellt wird: Thematische Räume, etwa zu Handel oder Seefahrt entführen in vergangene Zeiten!

INDUSTRIEMUSEUM

GESCHICHTSWERKSTATT HERRENWYK

Das Industriemuseum beschäftigt sich auf anschauliche Weise mit der Geschichte und Kultur des ehemaligen Arbeiterstadtteils Herrenwyk: von Beginn der Industrialisierung über die Zeit von Kriegen und Wirtschaftswunder bis zum Konkurs

des Hochofenwerks und der Flenderwerft.

Bis 30.8.2024: »Hellinge, Kräne, Dockbauplätze –Schiffbau in Lübeck im 20. Jahrhundert«

28.9.2024 bis 26.2. 2025: »Vom Ruheforst zum Coffin Dance: Bestattungskulturen in Lübeck und der Welt«, Völkerkundesammlung Lübeck im Industriemuseum Herrenwyk

KATHARINENKIRCHE

Die um 1300 errichtete Katharinenkirche zählt zu den Höhepunkten sakraler Architektur in Lübeck und war einst Teil des Franziskanerklosters. Ihre reiche Innenausstattung dokumentiert die wechselvolle Geschichte der Stadt und

ST. ANNEN-MUSEUM

In den Räumen des ehemaligen St. Annen-Klosters lädt das Museum auf eine Zeitreise ein: Von mittelalterlichen Altären über Gemälde deutscher und niederländischer Meister bis hin zu Alltagsgegenständen des historischen Lübeck taucht man tief in die Geschichte der Hansestadt ein.

KUNSTHALLE ST. ANNEN

Im Jahr 2003 auf dem Grundriss der ehemaligen St. Annen-Kirche errichtet, präsentiert die Kunsthalle in ihren hellen Räumlichkeiten moderne Kunst ab 1945. Wechselnde Sonderausstellungen mit zeitgenössischer Kunst sorgen für frischen Wind in Lübecks Kunst und Kulturszene. Das Highlight der Sammlung ist Andy Warhols Pop ArtKunstwerk »Holstentor«. Die Kunsthalle St. Annen versteht sich als ein Ort des Dialogs und Austauschs für alle. Neu ist seit 2023 die Kinderkunsthalle als fester Bestandteil des Hauses.

12.4. bis 28.7.2024:  »Hello Lübeck. Eine Ausstellung im Wandel«, 14.9. bis 28.1.2025:  »Extra Time«. Die Kunsthalle St. Annen tritt in einen Dialog mit dem Roman »Magic Mountain«

beeindruckt mit Tintorettos »Die Erweckung des Lazarus«.

MUSEUM FÜR NATUR UND UMWELT

Das Museum bietet Einblicke in die Naturgeschichte Schleswig-Holsteins sowie in die Lebensräume und die artenreiche Tierund Pflanzenwelt des Lübecker Raumes. Die dabei behandelten Themen sind Evolution, Ökologie und Biodiversität. Bis 1.9.2024: »Grundwasser lebt!“, 27.4. bis 2.2.2025:  »Unsere Wakenitz – 25 Jahre Naturschutzgebiet« 12. 10. bis 18. 5. 2025: »Gärtnern in der StadtDie grüne Vielfalt Lübecks«

VÖLKERKUNDESAMMLUNG

Was die Lübecker als frühe Weltreisende mit an die Trave brachten, findet sich heute in der Völkerkundesammlung. Wertvolle Objekte aus Afrika, Europa, Asien, Ozeanien und Amerika schlummern in den Magazinen im Zeughaus und werden im Rahmen von Sonderausstellungen an wechselnden Orten präsentiert.

Mehr Infos unter die-luebecker-museen.de

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Auf den Spuren der Hanse

Wer in die Geschichte der berühmten Kaufmannsvereinigung auf anschauliche und moderne Weise eintauchen möchte, der ist im Europäischen Hansemuseum (EHM) genau richtig.

Lübeck, das ist Geschichte –und vor allem die Geschichte der Hanse. Und für die gibt es am nördlichen Ende der Altstadt seit knapp zehn Jahren ein neues Haus: das Europäische Hansemuseum (EHM). Es ist, neben dem Holstentor mit seiner klassischen Ausstellung zur Stadtgeschichte, mit Sicherheit der beste Ort, um in die reiche Geschichte der Stadt einzutauchen und seine Entdeckungstour zu beginnen.

Der spektakuläre minimalistische Neubau des Hamburger Architekten Andreas Heller, 2015 eröffnet, liegt am Fuß des einstigen Burghügels und ist Teil einer der bedeutendsten Klosteranlagen des Mittelalters. Der Ort ist eine gelungene, vielfach preisgekrönte Symbiose aus alter und neuer Architektur. Im Dominikanerkloster aus dem 13. Jahrhundert, welches auf dem Hügel über dem Neubau thront, sind die Sonderausstellungen zu sehen, während der Neubau mit der ständigen Ausstellung die Geschichte der berühmten Kaufmannsvereinigung aus einer größeren, eben europäischen Perspektive

Oben: Im »London«-Raum erwartet die Gäste »Das Lebende Buch« – vor ihren Augen erwacht der hansische Textilhandel mit England mit Hilfe von Animationen, Musik und Stimmen zum Leben. Links: Blick in den Kreuzgang des einstigen Dominikanerklosters. Linke Seite: Die Treppe führt zum Haupteingang mit dem Foyer und Museumsshop

erzählt – anschaulich, hochmodern, wahlweise in deutscher, englischer, schwedischer oder russischer Sprache und übrigens für Besucher:innen unter 18 Jahren mit freiem Eintritt.

Die Schau zur Geschichte der Hanse führt chronologisch vom 12. bis zum langsamen Niedergang im 17. Jahrhundert und darüber hinaus; sie zeigt neuralgische Punkte in der Historie jeweils an einem der großen Hanse-Kontore in Nowgorod, Brügge, London und Bergen. Zu jeder der Stationen gibt es aufwändig-multimedial inszenierte Räume, ergänzt durch vertiefende Museumskabinette mit wertvollen Objekten aus ganz Europa, archäologischen Funden und Faksimiles wichtiger Quellen. So kommt man etwa ziemlich am Anfang in einen dunklen Raum, im Hintergrund plätschert leise der Soundteppich eines Flusses am Morgen, in der Mitte liegt ein altes Segelschiff voller Waren im Schilf, hinter dem Schiff ist eine verschwommene Flusslandschaft auf die Leinwand projiziert. Atmosphärisch inszeniert wird hier der Ursprungsmythos

der Hanse: Bereits 1193, also lange bevor 1358 erstmals der Begriff »deutsche Hanse« (»dudesche hense«) in einem Schriftstück gefunden wurde, taten sich Fernhändler aus verschiedenen niederdeutschen Städten am Delta der Newa zusammen. Sie wählten einen »Ältermann«, der im Namen aller beim Fürsten von Nowgorod für sie Privilegien verhandelte. Nowgorod war damals ein zentraler Handelsplatz etwa für Pelze und Wachs. Nachgebaut wurde die NewaSzenerie vom Studio Babelsberg, Vorbild für das Schiff ist die »Kollerup-Kogge«, die in dem gleichnamigen dänischen Ort gefunden wurde und typisch für diese Zeit war. Jedes Detail in den Inszenierungen beruht auf einer historischen Quelle, das ist der Grundsatz im EHM – und natürlich gibt es rundherum in den Räumen vielfältigste Informationen: Grafiken, Animationen, Videos, sogar vereinzelt »Soundduschen«, unter die man sich stellen kann, um bestimmte Geschichten zu hören. Und wer zwischendurch einmal Ruhe möchte, der kann sich im Raum zum Hanse-Kontor »Stalhof«

(Steelyard) in London um 1500 ans Ufer der Themse setzen und den Blick über die (projizierten) Schiffe vor der London Bridge schweifen lassen.

Zudem gibt in jedem Raum an vielen Stellen den Hinweis für die Besucher:innen, ihre persönliche Chipkarte daran zu halten. Die Karte bekommen die Museumsgäste am Eingang, sie können dabei ein paar kurze Angaben machen: Welche Sprache bevorzugen Sie? Gibt es eine Hansestadt, die Sie besonders interessiert? Und gibt es ein Thema, welches Sie vertiefen möchten? Auf die Wand werden dann jeweils an den Stationen im Raum zusätzliche Informationen gespielt. Es ist, ähnlich wie die für das EHM entwickelte App »Abenteuer Hanse« (siehe QR-Code), ein Beispiel für die zeitgemäße Art, mit der das Europäische Hansemuseum komplexe Wirtschafts- und Sozialgeschichte fassbar macht.

Mehr Informationen unter hansemuseum.eu/abenteuer-hanse

Bilder: S.10: © Werner Huthmacher; S.11: © Olaf Malzahn 11
Marketing, Europäisches Hansemuseum Redaktion WELTKUNST Boxhagener Straße 18, 10245 Berlin
Artdirector
Redaktion Ralph Gerstenberg Corporate Publishing Lara Rath, lara.rath@weltkunst.de Produktion Jan Menssen Verlag ZEIT Verlag GmbH & Co KG, Speersort 1, 20095 Hamburg Litho twentyfour Seven Druck Frank Druck,
IMPRESSUM Herausgeber LÜBECKER MUSEEN, Lübeck und Travemünde
Director Editorial Matthias Ehlert
Anja Büchner
Preetz
ER | ID -2 20 71 24 0

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