ZEITmagazin Reisespezial (Ausgabe 17/2023)

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RAUSAUSDEM GRAU

20.4.2023N0

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EineReiseumdieWelt

das Coverfoto dieser Ausgabe ist, wenn man so will, aus extremer Langeweile entstanden. Der Fotograf Osma Harvilahti war für einen Auftrag in Saint-Tropez unterwegs, fand die Stadt aber so fad, dass er lieber nach Marseille fuhr. Dort hat er die Dame entdeckt, die Sie auf unserer Titelseite sehen, sie kam gerade vom Fischmarkt. »Bei der Frau hat mich das leuchtend gelbe Kostüm fasziniert, weil ich mich immer frage, wie es dazu kommt, dass man etwas anzieht, was so viel Aufmerksamkeit erzeugt«, erzählt er im Interview (S. 16) zu seiner fotografischen Weltreise, die ihn auch nach Palermo geführt hat, wo er den Herrn im roten Jogginganzug auf dem zweiten Titelfoto traf. Von einer anderen Art, Reisen zu verarbeiten, erzählt Justizminister Marco Buschmann. Der FDP-Politiker, dessen liebstes Hobby die Elektromusik ist, vertont gerne mal seine Dienstreisen. Nachdem er im November vergangenen Jahres mit dem Zug nach Kiew gefahren war, komponierte er auf dem Rücksitz seines Dienstwagens einen Song namens »Train to Kyiv«. Wie er seinen eigenen Sound beschreibt und woher seine Leidenschaft kommt, lesen Sie ab Seite 36. Wie man professionell kreativ ist, das erklärt Rick Rubin, der wichtigste Musikproduzent der Welt, im Interview (S. 42).

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Sind Sie noch auf Instagram? Falls ja, folgen Sie dem Account @hirokolele, der Bilder der Blumenfrisuren einer hawaiianischen Omi zeigt

Jugendliche haben aus einer Schule in NRW Blockflöten geklaut. Toll! Hoffentlich haben sie auch die Flöten-Reinigungsbürsten mitgenommen, vor denen unsereinem noch heute graut

»OM: Das Masturbieren ist eine Fertigkeit, die man tatsächlich lernen kann, so wie kochen.

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Aus Big Swiss, Jen Beagins schrulligem Roman

über einen Sexcoach, seine Patientin und die Frau, die die Therapiesitzungen transkribiert (Atlantik)

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Der Rapper Central Cee hat der Vogue verraten, was er immer in der Handtasche dabeihat: nein, keine Goldzähne, sondern einen Zungenreiniger! So ein Teil wollen Sie jetzt auch? Dieses ist von Manufactum

Offenbar gibt es Hinweise, dass Timothée Chalamet, oscarnominierter IndieSchauspieler, und Kylie Jenner, steinreiche Kosmetikunternehmerin, ein Paar sind. Artdirektorinnen, Keramikkünstlerinnen, ZEITmagazin-Kritikerinnen in aller Welt reiben sich entsetzt die ungeschminkten Augenringe: War das nicht einer von, also für uns? Dabei sollten wir froh über diese Liaison sein: Die Finanzierung von Chalamets erstem Arthouse-Film wäre damit gesichert

Die Entdeckungen der Woche von Claire Beermann

Wie elegant so eine Sardinenbüchse ist, erkennt man an dieser davon inspirierten Lederbrosche (über anne-marieherckes.com)

Das zauberhafte Buch Women Holding Things der Künstlerin Maira Kalman zeigt Bilder von Frauen, die etwas (aufrechter-)halten: ein Huhn, einen Stein, ihre Würde (HarperCollins)

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HEITER BIS GLÜCKLICH
Fotos hirokolele/Instagram; istock; Studio Loriot; Mobile Phone Museum; Getty Images (2); Anne-Marie Herckes; Manufactum; Maira Kalman/Harper Design

Über den Weltmeister im Heiraten

Als ich die Nachricht las, dass Christian Wulff und Bettina Wulff einander zum dritten Mal geheiratet haben, wurde ich neugierig darauf, welcher Mensch in neuerer Zeit wohl am häufigsten geheiratet hat. So also stieß ich auf Glynn Wolfe, genannt Scotty, einen Baptisten aus Indiana, USA. Scotty hat zwischen 1926 und 1996, laut Wikipedia, 31 Mal sein Jawort gegeben. Laut Los Angeles Times, die mir glaubwürdiger erscheint, waren es 29 Ehen. Ein Rekord ist es auf jeden Fall. Die kürzeste Ehe dauerte nur ein paar Tage, die längste sieben oder elf Jahre, auch da gibt es unterschiedliche Angaben. Die Zahl der ehelichen Kinder könnte 19 betragen. Auch das ist nicht sicher.

Vier Ehefrauen starben, drei Frauen heiratete er zweimal. Manchmal wurde er verlassen. Manchmal war er es, der ging. Es gab freundschaftliche Trennungen und streitige. Von einer Frau ließ er sich scheiden, weil sie im Bett Sonnenblumenkerne aß, von einer anderen, weil sie immer seine Zahnbürste benutzte. Die Frauen waren oft jung, manche auch Großmutter, sie konnten ein solides Bauernmädchen sein oder eine Prostituierte. Alle sahen wohl ziemlich gut aus, so entnehme ich es meiner Hauptquelle, dem großen

Scotty­Porträt in der L.A. Times Scotty war charmant, witzig und ebenfalls nicht hässlich, Typus: big daddy. Zeitweise verdiente er wohl recht ordentlich, hatte ein Hotel, trat als Prediger im Radio auf, verkaufte Versicherungen. In dem Porträt wurde beschrieben, wie Scotty üblicherweise das Herz seiner Ehefrauen gewann: »Er brachte sie zum Lachen, gab ihnen Geld und ließ ihre Zähne richten.« Scotty pflegte zu sagen, dass er Frauen liebe, mehr so ganz allgemein. Seine Frauen aber finde er nach einer Weile immer langweilig. Dann bekomme er Lust auf einen Wechsel. Am Anfang scheint Sex Scottys Hauptmotiv gewesen zu sein, und den hielt er wohl nur in der Ehe für statthaft. Irgendwann tauchte er in Talkshows auf und wurde bekannt. Er war jetzt wer, nämlich der Typ mit den vielen Ehen. Ehefrauen wurden sein Markenzeichen. Mit fast 80 ließ er eine 17­Jährige von den Philippinen kommen, Daisy, angelockt von der Aufenthaltserlaubnis in den USA. Nach sechs Jahren warf er sie raus und gab ihr zum Abschied 100 Dollar. Sein Geld war aufgebraucht. Danach heiratete er aus Showgründen und für die Medien Linda, naturgemäß schon älter, denn sie war die Frau

mit den meisten Ehen, sein Gegenstück, 23 Ehemänner bis dahin. Nach einer Woche reiste sie ab, er sah sie nie wieder, wie fast alle seiner Frauen. Ein Jahr später wurde sie seine Witwe, immerhin als einzige.

Und nur ein einziges der mindestens 19 Kinder wuchs – zumindest irgendwie – bei ihm auf, John, dessen Mutter, Nummer 14, eine Woche nach der Geburt abgehauen war. Aufgezogen wurde er hauptsächlich von Frau Nummer 11 und Nummer 13. Als Scotty starb, war John Anfang 30, mittellos und arbeitete weit weg in einem Burger King. Seine Mutter kannte er nicht. Von all den Kindern und Frauen reiste nur er zur Beisetzung an. Scotty war verwirrt im Heim gestorben und hatte zuletzt angekündigt, demnächst werde er Lady Diana heiraten.

John erfuhr, dass sein Vater ihn kurz vor seinem Tod enterbt hatte, einziger Erbe war der Besitzer des Copyshops, wo Scotty immer seine Ehe­ und Scheidungsurkunden kopierte. Scotty hinterließ 336 Dollar. John ging, darauf deuten die Berichte hin, wohl trotzdem zur Trauerfeier. Die Urne des Mannes, der sich so oft gebunden hatte, wurde in einem Gemeinschaftsgrab beigesetzt, vermutlich anonym.

HARALD MARTENSTEIN
Zu hören unter www.zeit.de/audio 10
Illustration Martin Fengel

N E U : D I E L I N E N S

G a n z g l e i c h , o b D u a u f d e m B a l k o n e i n e T a s s e K a f f e e g e n i e ß s t o d e r D i c h f ü r e i n e n A b e n d i n S c h a l e w i r f s t , i n d e n L i n e n s s i e h s t D u

g a r a n t i e r t g u t a u s u n d f ü h l s t D i c h g r o ß a r t i g U n s e r e n e u e n H o s e n s i n d l u f t i g , l e i c h t u n d s c h i c k V e r a n t w o r t u n g s v o l l p r o d u z i e r t i n

P o r t u g a l a u s e i n e r M i s c h u n g a u s b e l g i s c h e m L e i n e n u n d B i o - B a u m w o l l e J e t z t i n 9 e l e g a n t e n F a r b e n e r h ä l t l i c h

M R M A R V I S . D E

Türkisches Zitronenlamm

Zutaten für 2 Personen: 350 g Lammschulter (ohne Knochen), Olivenöl, Salz, ein paar schwarze Pfefferkörner, 1 Lorbeerblatt, 1 Rosmarinzweig, 2 Knoblauchzehen, 100 g Schalotten, 1 große Möhre, 100 g Kartoffeln, 1 Eigelb, Saft aus ½ Zitrone, 2 Dillstängel

Kann ein Lammschmortopf ein leichtes Gericht sein? Ja, denn was viele nicht wissen: Es ist gar nicht gesetzlich vorgeschrieben, Lamm in Rotwein zu schmoren. Man kann auch alles ganz anders machen und das Fleisch in Wasser schmoren. Das Gemüse bereitet man separat zu, damit es nicht zerkocht. Und dann braucht man natürlich Zitrone. Und schließlich wendet man noch einen Trick an: Man verquirlt ein Eigelb, mit dem man die Soße cremig macht, aber nicht beschwert. Kenner sagen jetzt: Aber das ist doch ein französisches Kalbsragout, Blanquette de veau!

Das stimmt, aber ich glaube, die Menschen hatten auf verschiedenen Erdteilen dieselbe Idee, was bekanntlich mit allen großen Ideen, den schlechten wie den guten, der Fall ist. Das Fleisch in ungefähr 5 cm große Stücke schneiden. Etwas Olivenöl in einen Schmortopf geben, das Fleisch darin von allen Seiten anbraten. Salzen. Pfefferkörner, Lorbeerblatt, Rosmarinzweig hinzufügen sowie so viel kochendes Wasser, dass das Fleisch gerade nicht bedeckt ist davon. Fleisch in dem Wasser mit geschlossenem Deckel ungefähr 1 Stunde lang kochen.

Fleisch aus dem Topf nehmen, die Fleischbrühe durch ein feines Sieb abgießen. In den Topf wieder etwas Olivenöl geben, darin das klein geschnittene Gemüse andünsten, also Knoblauch, Schalotten, Möhre, Kartoffeln. Etwas Farbe annehmen lassen, dann die Brühe dazugeben sowie das Fleisch. 20 bis 25 Minuten lang köcheln lassen, bis das Gemüse gar ist. Das Eigelb mit Zitronensaft verquirlen, 2 EL von der heißen Fleischbrühe hineinrühren. Diese Mischung in den Topf geben, sodass die Soße gebunden wird. Mit etwas fein gehacktem Dill servieren.

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WOCHENMARKT LEICHTES LAMM
Foto Silvio Knezevic

ORIGINAL BIKE JEANS

A N T I - R U T S C H - B A N D

I M E L A S T I S C H E N B U N D

R E F L E K T O R E N A N D E N

H O S E N A U F S C H L Ä G E N

S T R E T C H A N T E I L F Ü R H O H E N

B E W E G U N G S K O M F O R T

O E K O T E X ®

S T A N D A R D 1 0 0 Z E R T I F I Z I E R T

Letztens kam ich abends am Denkmal des sowjetischen Führers Mykola Schtschors vorbei. In Kiew wurden in den letzten Monaten viele solche kommunistischen Denkmäler an Straßen, Bahnhöfen und U-Bahnen demontiert. Das von Schtschors ist mittlerweile das letzte, das noch steht. Anders als die meisten kommunistischen Führer zwischen 1917

und 1920 war er ukrainischer Herkunft, was die Sowjets geschickt zu nutzen wussten. Sie brauchten damals dringend »lokale Helden«, die dem Volk zeigten, wo es langgeht. Diskussionen über die Entfernung des Denkmals gibt es seit 2014, als das Lenin-Denkmal am anderen Ende der Straße gestürzt wurde. Bei einer Demonstration vor ein paar Jahren

schnitten Aktivisten ein Bronzebein des Pferdes ab. Außerdem hat jemand »Schlächter« auf das Denkmal geschrieben.

Das nun scheinbar sichere und nahe Ende des Denkmals berührte mich an diesem Abend. Die Stimmung vor Ort war geradezu dramatisch, und ich hielt es nicht aus, lange zu bleiben.

Der Illustrator Sergiy Maidukov, 43, ist in Donezk geboren und aufgewachsen, seit 2006 wohnt er in Kiew. Für uns zeichnet er, wie er sein Land in diesen Tagen sieht und erlebt

14 DENKMAL
TAGEBUCH AUS KIEW

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usa Durk Dehner, der Präsident der Tom of Finland Foundation, die sich seit über 35 Jahren »dem Schutz, der Bewahrung und der Förderung« von erotischer Kunst widmet, hält ein langes Blatt in einem Garten in Los Angeles

vietnam Ein Roller mit Hunderten Windblumen, den ich mindestens über fünf Blocks durch Ho-Chi-Minh-Stadt gejagt habe

DIE FARBEN DER WELT

Der finnische Fotograf Osma Harvilahti nimmt uns mit auf seine Reisen

vietnam Zwei Mädchen vom Volk der Hmong haben einen TikTokMoment am Rande der Berge

peru Das Regenbogengebirge in der Nähe von Cusco kam erst vor 40 Jahren zum Vorschein, nachdem die Temperaturen immer weiter stiegen und der Schnee auf den Bergen zu schmelzen begann

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frankreich Diese Tomate hatte zu lange im Fußraum unseres Fiat Panda geschwitzt. Ich nenne das Bild »Automato«

griechenland Ich traf Kostas in seinem Kiosk am Hafen von Amorgos. Er kümmert sich um seine Kunden, als wären sie Familienmitglieder bei ihrem jährlichen Besuch auf dieser abgelegenen Insel. Kostas hatte vor Kurzem mit dem Rauchen aufgehört, und wir feierten seinen Entschluss, indem wir ihm dieses Zigarettenhemd schenkten

japan Ein Autolager auf dem Bauernhof der Eltern eines Freundes in Yamanashi. Nach der Pandemie ließen viele junge Leute Tokio hinter sich und eröffneten Kunstgalerien in der Nähe der nebligen Berge und Yuzu-Bäume

japan Am frühen Morgen auf dem alten Tsukiji-Markt in Tokio. Um hineinzukommen, erzählten meine japanischen Freunde dem Wachpersonal, dass ich ein skandinavischer Koch sei, der an der berühmten Thunfischauktion teilnehme

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äthiopien Tuk-Tuks in Äthiopiens Hauptstadt Bahir Dar werden je nach Geschmack ihres Besitzers mit Aufklebern verziert

italien Als wir im Oktober 2019 nach Sizilien kamen, war Catania noch im Lockdown. Auf diesem Bild trägt ein Fischer seine Fische in einem kleinen Holzkorb

são tomé Als ich gebeten wurde, auf die Inseln São Tomé und Príncipe zu reisen, wusste ich zum ersten Mal nichts über das Land, das ich besuchen wollte. Ich wusste auch nicht, dass dieser gewaltige Berg namens Pico de São Tomé der erstaunlichste Vulkan der Welt ist

26 italien
Eine junge Frau in Palermo mit einem sizilianischen Kürbis

südafrika In der Township Gugulethu in Kapstadt unterstützt das iKapa Dance Theatre die Gemeinde, indem es den Kindern Tanzunterricht und neue Horizonte bietet

griechenland Ein Tisch in der Cafeteria eines dieser alten und verstaubten, aber charmanten Kreuzfahrtschiffe, die zwischen den Kykladen verkehren. Serviert werden Pommes frites und Mini-Eis, während sich die Mägen bei den waghalsigen Hafenanfahrtmanövern des Kapitäns umdrehen

usa Eine Begegnung zwischen einem roten Einkaufswagen und den ikonischen roten Blumen, die überall in Los Angeles herumwuchern

herr harvilahti, Sie sind in Helsinki aufgewachsen, erinnern Sie sich noch an den ersten Urlaub mit Ihrer Familie?

O ja. Wie viele, die im Norden aufwachsen, habe ich mich von klein auf an Orte gesehnt, die wärmer und sonniger sind. Wir sind mit der Familie oft nach Griechenland oder in die Türkei gereist. Diese sonnigen Tage waren für mich die Höhepunkte des Jahres. Das helle Licht! Meine Mutter hatte übrigens eine besondere Art, unsere Reiseziele zu verkünden.

Ah ja?

Sie hat eine Art Performance daraus gemacht. Sie ist oft mit meinem älteren Bruder, meiner jüngeren Schwester und mir allein verreist, mein Vater ist in Finnland geblieben. Meine Eltern haben sich früh scheiden lassen.

Wie sah so eine Performance aus?

Meine Mutter hat uns zum Beispiel einen Monat vor den Sommerferien in ein Café eingeladen, und plötzlich fiel wie zufällig etwas aus ihrer Tasche. »O«, hat sie gesagt, »da ist etwas rausgefallen, Osma, kannst du es aufheben?« Und das waren dann die Flugtickets für den Urlaub. Meine Mutter erzählt mir übrigens auch bis heute immer wieder diese Geschichte über das erste Jahr meines Lebens: Das habe ich in Italien verbracht, weil mein Vater, der Wissenschaftler ist, ein Forschungsprojekt in Italien hatte und wir mitgekommen sind. Was erzählt Ihnen Ihre Mutter über diese Zeit?

Ich hatte als Baby ein paar blonde Locken, was in dem Dorf, in dem wir gelebt

haben, natürlich aufgefallen ist. Wenn wir mit dem Bus gefahren sind, so erzählt es meine Mutter, wurde ich von den italienischen Großmüttern oft herumgereicht: »Bambino, Bambino!« Ich habe diese Aufmerksamkeit offenbar sehr genossen. Als wir kurz vor dem Beginn des Winters nach Finnland zurückgezogen sind, muss das für mich wie ein Schock gewesen sein. In Italien habe ich den Leuten auf der Straße zugewunken, sie haben natürlich zurückgewunken und gegrüßt. Aber in Finnland winkt niemand auf der Straße, und ich habe dann auch schnell wieder damit aufgehört.

Wenn man sich Ihre Bilder heute ansieht, Ihr Gespür für Farben und für Licht: Vielleicht haben diese ersten Monate in Italien Sie auch künstlerisch geprägt?

Darüber denke ich wirklich oft nach. Das Reisen, die Wärme, das besondere Licht anderswo waren für mich immer ein Grund zur Freude. Ich merke richtig, dass sich meine Schultern entspannen, wenn ich in der Sonne bin. In Paris, wo ich vor sieben Jahren hingezogen bin, ist das auch so.

Wann haben Sie angefangen zu fotografieren?

Direkt nach der Schule und nach meinem Militärdienst bin ich erst einmal nach Australien gegangen, das war vor zehn Jahren. Das ganze Backpacker-Ding, ich habe es voll durchgezogen. Mein Stiefvater hatte mir für diese Reise eine Kamera geschenkt, und ich habe angefangen, Bilder zu machen von Momenten, die mir auffielen.

Heute arbeite ich immer noch so, wie ich es damals in Australien getan habe. Abgesehen von Ihrer Reisefotografie arbeiten Sie heute oft im Auftrag von Modehäusern und für Magazine. Da müssen Sie Ihre Motive stärker inszenieren, oder? Es ist so: Wenn ich im Alltag einen Moment zwischen Menschen beobachte oder eine ungewöhnliche Kombination von verschiedenen Materialien sehe, mache ich mir immer eine Notiz dazu in meinem Handy. Ich habe eine endlose Liste solcher Beobachtungen. Das kann eine Farbkombination sein, die mir gefallen hat, oder eine konkrete Situation, zum Beispiel: Eine Person hatte diesen Gegenstand in der Hand, während eine andere Person jenes in der Hand hatte. Und solche Momente, die Sie auf Ihren Reisen aufschnappen, inszenieren Sie dann später für eine Modekampagne?

Genau. Es müssen gar nicht unbedingt lange Reisen sein, hier in Paris gehe ich oft spazieren, raus aus der Innenstadt, in die Banlieues. Ich laufe herum und beobachte und mache mir Notizen. Oder wenn ich in der Bäckerei um die Ecke eine ältere Frau sehe, die ein Tuch mit einem bestimmten Muster trägt, und ich sehe im nächsten Moment ein Autofenster, das mit einem ganz anderen Muster verhängt ist – diese Kombination kann schon reichen für eine interessante Nahaufnahme.

Paris als Ort ist dabei also nicht so wichtig, es geht eher um das Detail?

Ja. Mit dieser Art zu fotografieren habe ich in New York angefangen, da habe ich

osma harvilahti ist in Helsinki geboren und aufgewachsen. Dort studierte er Kunstgeschichte und Modesoziologie, inzwischen lebt er in Paris. Seine Fotos erscheinen in der »New York Times« und in Magazinen wie »Apartamento« und »M Le Monde«

31 Von CHRISTOPH AMEND

ein Jahr lang gelebt, bevor ich nach Paris gezogen bin. Das Problem an New York ist: Alles sieht aus wie New York. Sie meinen, wie ein Klischee?

Ja. Wenn Sie Nahaufnahmen von Menschen und Dingen machen, werden die Bilder oft abstrakter, das hat mich viel mehr interessiert.

Auf dem Doppelcover dieses ZEITmagazins sind zwei Bilder von Ihnen zu sehen, in denen Fische eine Rolle spielen. Auf der ersten Titelseite hält eine Frau eine Plastiktüte mit Fischen, auf der zweiten sehen wir einen Mann in einem Hafen, der einen Fisch hochhält.

Bei der Frau hat mich das leuchtend gelbe Kostüm fasziniert, weil ich mich immer frage, wie es dazu kommt, dass man etwas anzieht, was so viel Aufmerksamkeit erzeugt. Ich hatte damals den Auftrag von Louis Vuitton, ein Buch über Saint-Tropez zu fotografieren, und ich war extrem gelangweilt.

Warum?

Ich habe in dieser Stadt einfach nichts gesehen, was mich fotografisch interessiert hat. Wir sind dann zwischendurch mit unserem Fiat Panda nach Marseille gefahren. Ich wünschte, ich hätte ein Buch über Marseille gemacht! Die Frau kam übrigens gerade vom Fischmarkt in Marseille.

Und der Mann?

Das Bild habe ich in Sizilien gemacht, in Palermo, während eines Lockdowns, was großartig für mich war: Die Straßen waren leer, keine Touristen, nur Kinder, die herumgerannt sind. Und ein paar Män-

ner, die aussahen wie Mafiosi, goldene Halskette, Sonnenbrille, das Haar lang und nach hinten gegelt. Ich wollte sie natürlich fotografieren, aber mein Produzent, der mir vor Ort geholfen hat, hat mich gewarnt: Du kannst sie nicht fotografieren, das sind Mafiosi. Das ist lustig, habe ich geantwortet, sie sehen wirklich genau so aus, wie man sich Mafiosi vorstellt. Ja, hat er gesagt, weil sie Mafiosi sind! Er hat dann trotzdem einen für mich angesprochen, der tatsächlich antwortete, dass ich ihn nicht fotografieren dürfe – er müsse eigentlich zu Hause sein, er stehe unter Hausarrest. Und wie ist dieses Bild mit dem Mann am Hafen entstanden?

Er hat meine Kamera gesehen und fing an, Fische und Meerestiere hochzuhalten. Als ich ihn fragte, ob ich ihn fotografieren dürfe, freute er sich.

Auf einem anderen Bild sehen wir einen Mann, der umgeben ist von weißen Kisten ...

... das war auch auf einem Fischmarkt, vor ein paar Jahren in Tokio. Ich war mit Freunden unterwegs, die uns ganz früh am Morgen die besten Sushi-Orte zeigen wollten. Die Atmosphäre dort war sehr ernst, es wurden Geschäfte gemacht, Leute haben Zehntausende Dollar für den besten Thunfisch geboten. Faszinierend!

Gibt es überhaupt noch einen Ort, den Sie noch nicht kennen und gern besuchen würden?

Um ehrlich zu sein, genieße ich das Reisen in letzter Zeit nicht mehr so wie frü-

her. Ich versuche, die meiste Zeit in Paris zu bleiben. Und wenn es geht, nehme ich bei meinen Reisen nur noch den Zug. Ich fliege nicht gern. Immer schon?

Nein, das ist erst seit ein paar Jahren so. Früher saß ich extrem viel im Flugzeug, im Auftrag von Kunden, ständig nach Amerika, nach Asien. Aber irgendwann fängt der Körper an, darauf zu reagieren, es hat mir auf die Dauer nicht gutgetan. Vielleicht hat es auch etwas mit dem Älterwerden zu tun. Wir haben uns am Anfang über meine frühe Sehnsucht unterhalten, in die Welt hinauszuziehen, auch um mich mit anderen Menschen zu verbinden. Aber ich weiß mittlerweile, dass ich dafür gar nicht unterwegs sein muss. Wie ist Ihnen das klar geworden?

Durch Meditieren und Lesen – beides hilft mir dabei, bei mir zu sein, und zwar zu Hause.

Fotografieren Sie eigentlich immer noch mit Film?

Meistens ja. Wobei ich gar kein Problem damit habe, digital zu arbeiten. Aber wenn ich auf Reisen bin, mag ich es, dass ich nicht sofort sehen kann, was ich fotografiert habe. Ich will mich auf die unmittelbare Erfahrung konzentrieren, die ich gerade mache. Und nicht auf das Abziehbild der Wirklichkeit, das da gerade entstanden ist. Ich kann auch Bildschirme nicht mehr sehen! Ich bin geradezu allergisch auf Bildschirme geworden. Mittlerweile habe ich in Paris einen Bildbearbeiter und Drucker, dem ich ver-

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K A R L S R U H E 4 . – 7. M a i 2 0 2 3 | M e s s e K a r l s r u h e K l a s s i s c h e M o d e r n e u n d G e g e n w a r t s k u n s t T I C K E T S O N L I N E u n t e r a r t - k a r l s r u h e . d e / t i c k e t s

traue. Dadurch konnte ich meine Zeit vor Monitoren stark reduzieren.

Was Sie gerade sagen, betrifft ja im Grunde alle Reisenden, die ihren Urlaub mit dem Smartphone dokumentieren. Meine Freundin und ich unterhalten uns die ganze Zeit darüber. Sie ist Modedesignerin, sie muss auch ständig auf Bildschirme schauen. Wir überlegen uns jeden Tag aufs Neue, wie es uns gelingen kann, nicht immer in der Nähe unserer Smartphones zu sein. Wenn wir ein Handy in der Hand haben und etwas Interessantes sehen, machen wir ein Bild davon, und im nächsten Moment betrachten wir nur noch das Foto und überlegen uns, wie wir das jetzt mit anderen teilen können. Ich habe mich sogar schon dabei ertappt, meiner Freundin ein Foto zu schicken, obwohl sie direkt neben mir saß. Es ist verrückt!

Wenn Sie jetzt die Augen schließen und an ihren glücklichsten Urlaub denken: Welcher fällt Ihnen ein?

Mmh (schließt die Augen und denkt nach), vor einem Jahr wäre mir die Antwort nicht so leichtgefallen. Und ich will auch nicht allzu spirituell klingen, aber seitdem ich damit aufgehört habe wegzulaufen, um mich selbst zu finden, kann ich sagen: Es waren die Sommerferien, die ich im vergangenen Jahr mit meiner Freundin verbracht habe. Wir hatten uns beide fünf Wochen freigenommen, es waren unsere ersten gemeinsamen Ferien. Und wir hatten uns eine Buch-und-FilmDiät vorgenommen.

Keine Handys?

Keine Handys. Abends haben wir zusammen Filme angesehen, tagsüber hat jeder für sich Bücher gelesen, wir waren gemeinsam schwimmen und sind in der Natur spazieren gegangen, haben lange Gespräche geführt.

Interessanterweise haben Sie gar nicht erwähnt, wo Sie den Urlaub verbracht haben. Ist das vielleicht ein Geheimnis eines glücklichen gemeinsamen Urlaubs? Dass es gar nicht so sehr um den Ort an sich geht?

Oh, stimmt. Das ist wahrscheinlich der Punkt. Wir waren in Griechenland, auf dem Land in Frankreich und in Finnland und Estland. Ich habe auch ganz wenige Bilder gemacht in der Zeit – das ist vielleicht gar kein schlechtes Zeichen!

Sie sind für Ihre farbenfrohen Bilder bekannt, haben Sie eigentlich eine Lieblingsfarbe?

Ja! Wenig überraschend: Blau. Aber Blau in verschiedenen Tönen, so wie es in der Natur vorkommt oder auf Oberflächen, die mit verschiedenen Farbtönen bemalt wurden. Hauptsache, es ist nicht gleichbleibend perfekt. Aber wissen Sie was, in letzter Zeit bin ich des Blauen etwas überdrüssig geworden, ich habe es zu oft fotografiert. Und haben Sie schon eine neue Lieblingsfarbe?

Gelb. Ich liebe es, wenn die Sonne aufgeht und sich ihr Gelb mit Orange, mit etwas Blau und Weiß mischt. Wahrscheinlich hat auch das am Ende alles mit meiner eigenen Geschichte zu tun: der blaue Himmel und die gelbe Sonne.

20.4.23 N0 17 THE W O W E V ENT L OC A TION IN BERLIN • 2 7 0 0 m 2 I n d o o r • 9 0 0 m 2 O u t d o o r • B i s z u 1. 5 0 0 P e r s o n e n • E i g e n e r S c h i f f s a n l e g e r • Ü b e r 5 0 0 0 V e r a n s t a l t u n g e n • M e h r a l s 8 0 0 0 0 0 T e i l n e h m e r w w w . w e c c . d e/ s p e c i a l s L O C A T I O N
34 IM APRIL
DA DRAUSSEN
Illustration Barbara Dziadosz

In unserer Naturkolumne analysieren wir die überraschenden Lebensgemeinschaften von Bartgeiern

Wir standen auf einer kleinen Anhöhe gegenüber einer Bergwand. Durch das Fernglas sah man im Beige der Wand einen flimmernden Fleck, der ein Nest sein sollte. Darin lag ein Ei, das dem achtjährigen Bartgeiermännchen Fortuna und seiner Partnerin, der 21-jährigen Ambo, gehörte.

Jetzt kreiste das Weibchen über dem Nest, während das Männchen das Ei wärmte. Sein Kopf zuckte. »Kann sein, dass es in dem Ei schon piepst«, sagte der Biologe, mit dem ich hergekommen war, das Küken würde bald schlüpfen. Seit zwei Jahren leitet Toni Wegscheider, 44, für den Landesbund für Vogel- und Naturschutz ein Wiederansiedlungsprojekt für Bartgeier. An diesem Tag war er mit mir nach Österreich gefahren, um mir dieses Nest zu zeigen.

1913 war in den Alpen der letzte Bartgeier abgeschossen worden, seither gilt die Art in den Alpen als ausgerottet. Dank des Wiederansiedlungsprogramms, das 1986 begann, leben inzwischen wieder um die 340 Bartgeier in den Alpen, davon etwa 70 Paare. Während wir auf die Bergwand starrten, unterhielten wir uns über GeierExemplare, die in lustigen Lebensgemeinschaften leben. Die meisten Bartgeier führen heterosexuelle Langzeitbeziehungen, aber Wegscheider kannte mehrere Paare, die sich das Nest mit einem Dritten teilten. Zwei Paare gibt es, die ihre Eier zu viert bebrüten und kreuz und quer kopulieren (natürlich in Frankreich), sowie drei

Männchen in Österreich, die miteinander Sex haben und gemeinsam ein leeres Nest bewachen.

Wegscheider schaffte es, diese Geschichten ohne jeden koketten Unterton zu erzählen. Er hat Biologie studiert und ist ein belesener Mensch. Auf der Fahrt in die Berge hatte er mir ganz nebenbei die Energieverteilung im Universum vom Urknall bis heute und die malerischen Innovationen am Ende der Renaissance durch Caravaggio erklärt. Ich war es, die sich nicht über die schwulen Geier beruhigen konnte, denn so ganz, na ja, natürlich im Sinne der Evolution schien mir das nicht: drei Männchen und ein leeres Nest, bei aller Sympathie für queere Lebensformen.

»Sie üben miteinander«, sagte Wegscheider. (Wie häufig homosexuelle Beziehungen generell in der Vogelwelt sind, ist ziemlich unerforscht, was auch daran liegt, dass Männchen und Weibchen bei vielen Arten optisch für Menschen kaum zu unterscheiden sind.)

Durchs Fernrohr sah man jetzt, wie Ambo ins Nest einschwebte. Kurze Übergabe, dann flog das Männchen los.

In der Bartgeier-Community gelten die beiden als sehr harmonisches Paar.

Sämtliche Bartgeier, die heute in den Alpen leben, stehen unter genauer menschlicher Beobachtung. Sie haben Namen, tragen Sender, ihre Federn werden genetisch untersucht. Es ist ein Programm, mit dem europaweit Hunderte Menschen beschäftigt sind, Tierärzte, Tierpfleger in Zoos und vier Zuchtstationen, PR-Fachleute, Prakti-

kanten, Nationalpark-Ranger, Genetiker, Fundraiser. 600.000 Euro kostet es allein in Berchtesgaden, insgesamt sechs Bartgeier wieder anzusiedeln. Wir befinden uns in der Zeit eines großen Artensterbens, die UN warnt, dass die Klimaerwärmung nicht auf 1,5 Grad begrenzt werden kann. In solchen Zeiten ist es beruhigend, wenn die Natur an manchen Stellen wieder wie vor hundert Jahren aussieht, dachte ich, deshalb können sich alle auf Wiederansiedlungsprogramme einigen, Umweltschützer, Konservative, sogar Autokraten. In China gebe es Wiederansiedlungsprojekte für Spatzen, die in der Kulturrevolution fast ausgerottet wurden, hatte Wegscheider erzählt. In den nächsten Wochen wird er aus einem Zoo irgendwo in Europa zwei junge Bartgeier bekommen, um sie in den Bergen von Berchtesgaden auszuwildern. Es wird einen Riesenaufmarsch geben, mit Blaskapelle, der bayerische Umweltminister wird anwesend sein, und Wegscheider wird die neuen Vögel den Berg hinaufbringen. Auf 1300 Meter Höhe wird er sie in eine Höhle setzen, wo sie noch ein paar Wochen mit Wildfleisch gefüttert werden, ehe sie alt genug sind und ihr genetisches Programm abrufen, das ihnen sagt, was es heißt, ein Geier unter Geiern zu sein. (Am 23. Juli bietet der LBV für ZEIT-Leser eine Führung zu den Bartgeiern in Berchtesgaden an, die dann ihre ersten Flugversuche machen. Anmeldungen bitte frühzeitig unter bartgeier@lbv.de)

35 Von Heike Faller
Beratung Gerhard Haszprunar, Generaldirektor der Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns (SNSB)

Justizminister Marco Buschmann über sein liebstes Hobby: Elektromusik

DEN TRACK NOCH LAUTER, MACH IHN NOCH GRÖSSER«

Keyboard im Justizministerium tüftelt Marco Buschmann an seinen elektronischen Sounds herum

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Fotos DIANA PFAMMATTER An diesem

Hinter dem Ministerbüro von Marco Buschmann in der Berliner Mohrenstraße gibt es einen kleinen Raum mit zwei Boxen und einem Synthesizer. Hier sitzt Buschmann gelegentlich und produziert Musik. An einem Dienstagmorgen im März drückt er auf seinem MacBook eine Taste. Musik ab! Buschmanns jüngster Track, Memories of Jerusalem, schallt aus den Lautsprechern. Zwei Tage zuvor hat er ihn auf der Musikplattform Soundcloud unter seinem Künstlernamen MBSounds veröffentlicht. Doch nun scheint er nicht sehr zufrieden damit zu sein.

Marco BuscHMann: Die Höhen sind ein bisschen zu laut. Mir gelingt es nicht, den letzten Pfiff aus meinen Songs rauszukitzeln. Mixing und Mastering sind nicht meine Stärke. Auf den Kopfhörern war die Qualität besser. Aber jetzt klingt ein Hauch Blecheimer mit.

Die Streicher im Stakkato, der laute Bass – das könnte auch Musik für einen Hollywoodfilm sein. Ganz schön theatralisch. Ich habe eine Schwäche für epische Soundtracks. Ich bin 1977 geboren, da kam Star Wars in die Kinos. Diese Saga wurde meine Jugendreligion. Und der Soundtrack von John Williams ist voller Pathos. Vielleicht sagt mir deshalb mein Bauch ständig: Mach den Track noch lauter, mach ihn noch größer, leg noch eine Tonspur obendrauf.

Kennen Sie die Musikproduzentin Marusha?

Klar, Marusha ist eine der bekanntesten Musikerinnen der Neunzigerjahre. Ohne Marusha kann man sich deutsche Technomusik schwer vorstellen.

Wir haben Marusha einige Ihrer Songs geschickt und sie um eine Einschätzung gebeten.

O Gott. (hält sich die Hände vor das Gesicht) Sie findet Ihre Musik »mutig«.

O Gott, o Gott.

Nun die schlechte Nachricht. Sie sagt, Ihre Musik sei zu monoton. Ihr fehle die Dramaturgie.

Marusha hat wohl recht. Ich mache meine Musik ja zwischendurch, zum Beispiel auf Dienstreisen. Oder ein­, zweimal im Jahr, wenn etwa lange Haushaltssitzungen sind, auf die ich bis tief in die Nacht warten muss. Ehe es losgeht, sitze ich in dem kleinen Raum hier neben meinem Büro und komponiere. Und irgendwann sage ich: Fertig. Und dann habe ich das Problem vieler Hobbymusiker.

Das wäre?

Ich will zu viel. Es ist wie in der Rhetorik, wenn du alles gleichzeitig sagen willst. Am Ende versteht dich dann keiner mehr. So ist das bei manchen meiner Tracks. In den letzten Jahren ist es aber besser geworden, glaube ich.

Marusha glaubt, Sie tanzen zu wenig zu Ihrer Musik.

Techno ist Musik zum Tanzen. Ich mache aber keinen Techno. Das glauben zwar manche, weil ich mit Synthesizern und krachenden Sounds arbeite. Das meiste ist jedoch einfach elektronische Musik, die eher einer Art Soundtrack zu bestimmten Erlebnissen und Ereignissen entspricht. Außerdem sind meine Tracks nur zwei, drei, maximal dreieinhalb Minuten lang. Viel zu kurz, um sich richtig in Trance zu tanzen.

Wann haben Sie sich das letzte Mal in Trance getanzt?

Ich war schon lange nicht mehr in einem Club. Mit Anfang 20 ging ich häufiger in den Decadance Penthouse Club in Essen, eine Disco mit tollem Sound und harter Tür. Später war ich auch einmal mit Christian Lindner nachts in Düsseldorf unterwegs. Zufällig sind wir im »Salon des Amateurs« gelandet. Und da war Beppe Loda. Beppe Loda?

Der Mann ist Legende. Beppe Loda hat seit den Achtzigern Italo­ und Synthiepop aufgelegt. Bei uns in Düsseldorf, ich wohnte dort Mitte der 2000er­Jahre, hat er ein unfassbares Set abgerissen: Vangelis, Giorgio Moroder, krachende Soundeffekte. Und dann fing er an, mit seiner virtuellen Laserharfe zu spielen. Das war ganz groß. Und Sie und Christian Lindner? Wir haben getanzt.

Tanzen Sie gut?

Da sollte man sich nicht selber beurteilen. Und es geht doch auf der Tanzfläche nicht darum, ob jemand besonders akrobatisch tanzt oder nicht.

Jetzt sagen Sie schon: Wie tanzen Sie? Wie es mir gerade einfällt. Manchmal tanze ich auch gar nicht – zum Beispiel wenn mich ein Song flasht. Da muss ich mich konzentrieren. Ich will verstehen, wie dieser großartige Sound produziert wurde.

Wann hören Sie Ihre eigene Musik?

Manchmal drehe ich meine Musik am Wochenende morgens laut auf, wenn ich

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Von MIGUEL HELM und FABIAN HILLEBRAND

das Frühstück herrichte und meine Frau unter der Dusche steht. Wenn sie aus dem Bad kommt, mache ich dann Jazz an. Ihre Frau mag Ihre Musik nicht?

Doch, aber zu meinen etwas pathetischen und epischen Tracks kann man nicht in Ruhe frühstücken. Ich würde sonst noch mit dem Schmiermesser herumdirigieren. Seit neun Jahren veröffentlichen Sie Ihre Musik auf Soundcloud, 27 Songs kann man hören. Tun aber nicht viele. Manche Tracks haben gerade einmal einen Like. Ärgert Sie das?

Gar nicht, denn darum geht es mir ja nicht. Ich habe über 3000 Follower auf Soundcloud, und manche Tracks wurden über 90.000-mal gespielt. Das ist ziemlich viel für einen Hobbymusiker. Ich weiß natürlich, die meisten Leute hören meine Lieder nicht wegen ihrer ach so herausragenden Qualität. Sie finden es vielmehr interessant, dass ein Justizminister Musik macht. Mich freut es trotzdem.

Kürzlich ging ein Video mit Omid Nouripour viral, dem Parteivorsitzenden der Grünen. Nouripour stand am DJ-Pult und legte den Hit Jump Around von House of Pain auf. Die Menge rastete aus. Kann man sich mit Ihnen schwer vorstellen. Neidisch?

Omid Nouripour belagert mich seit Monaten. Er will unbedingt einen Track mit mir produzieren. Ich sage immer: »Wann sollen wir das denn machen?«

Sind Sie nun neidisch?

Nein, ich bin überhaupt nicht neidisch. Ich habe vor mehr als 20 Jahren die Hymne der Jungen Liberalen geschrieben ...

... »Denn wir sind jung und wir sind frei / und eins ist klar, wir sind dabei / Rot und Grün kann uns nicht schrecken, / Schwarz niemals das Herz erwecken.« Bei manchen Partys der FDP wird der Track nachts immer noch aufgelegt. Dazu tanzen dann auch Hunderte auf der Tanzfläche und singen lauthals den Text mit. Und mal ganz ehrlich: Dass Leute auf

einer Party zu einem bekannten Lied wie Jump Around tanzen, ist nun wirklich nichts Besonderes, oder?

Einer ihrer erfolgreichsten Songs ist sieben Jahre alt und heißt Wutrede. Christian Linder, damals FDP-Chef in NRW, war bei einer Landtagsdebatte ausgeflippt, Sie unterlegten Ausschnitte daraus mit Musik. War das mit ihm abgesprochen?

Nee, ich habe die Rede gehört und dachte einfach: Es wäre doch eine gute Idee, wenn ich Industrial-Drums mit ganz viel Distortion und Overdrive darunterlege. Und dann habe ich mit Sounds des CS-80 experimentiert, eines legendären Synthesizers von Yamaha. Alles klang irgendwann sehr aggressiv und wütend. Ich dachte: Das passt doch zu einer Wutrede.

Hielt Christian Lindner es auch für eine gute Idee?

Er hat sich kaputtgelacht.

Sie waren im November in der Ukraine. Ihre Reise war Inspiration für den Song Train to Kyiv.

Ich konnte im Nachtzug nicht schlafen, weder auf der Hin- noch auf der Rückfahrt, obwohl ich todmüde war. Die ganze Nacht hörte ich dieses eine Geräusch: trr-trr-trr. Das war die erste Idee für das Stück. Zurück in Deutschland saß ich während einer langen Dienstreise hinten im Dienstwagen, den Laptop auf dem Schoß, die Kopfhörer auf den Ohren, und habe komponiert.

Das Lied wirkt gehetzt, die Instrumente jagen einander.

Es waren so viele Eindrücke auf dieser Reise. Da war ein Informationsblatt, in dem stand, was zu tun sei, wenn der Zug entgleist. Der mitreisende Feldnotarzt erklärte mir die Prozedur, wenn ich angeschossen werden sollte. Da war der Luftalarm, der zum ersten Mal seit mehreren Tagen losging, als ich mit dem Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko vor einem

Das bunte Wandbild hinter Buschmann zeigt einen abstrakten Phoenix und wurde extra für ihn angefertigt

zerbombten Gebäude stand. Zum anderen waren da auch die Menschen in den Cafés, für die der Luftalarm leider zum Alltag geworden ist – ein Stück normales Leben zwischen all dem Krieg. Die Musik war meine Art, die vielen Eindrücke der Reise zu verarbeiten.

Bei welcher Art von Musik kommen Ihnen die Tränen?

John Williams, der Star Wars-Komponist, war 2021 in der Berliner Philharmonie. Meine Frau hatte mir Karten geschenkt, erste Reihe! Da sah ich diesen alten Mann, damals 89 Jahre alt, für mich das Maß aller Dinge in der Musik. Als ich sein Orchester hörte, war ich schon sehr ergriffen. Was fühlen Sie, wenn Sie komponieren?

Musik ist eine Sprache der Gefühle, aller Gefühle. Daher kann es kein musikalisches Standardgefühl geben.

Sie haben einen Track für die Gedenkfeier des FDP­Bundestagsabgeordneten Jimmy Schulz geschrieben. Er starb 2019 an Bauchspeicheldrüsenkrebs, im Alter von 51 Jahren.

Ich kann darüber nur schwer reden. Wir saßen einmal in einem Restaurant, und Jimmy sagte zu mir: »Pass auf, Marco, ich muss mich jetzt um ein paar Dinge kümmern, weil mein Leben bald enden wird.« Er hat sich auch Gedanken über seine Gedenkfeier bei der Fraktion gemacht, damit andere es nicht tun mussten. Jimmy sagte, es wäre nett, wenn ich ein Stück für die Feier schreiben könnte. Das hat mich zunächst völlig überfordert. Inwiefern?

Ich habe mich ganz oft gefragt: Ist das richtig? Kann ich das machen? Werde ich dem gerecht? Ich habe mit vielen Leuten darüber gesprochen. Die haben gesagt: »So einen Song zu schreiben, das wird schwierig.« Am Ende habe ich es gemacht. Jimmy hatte es sich schließlich gewünscht.

Was gibt Ihnen die Musik für Ihre Arbeit als Politiker?

Sie hilft mir, den Kopf freizubekommen. Manchmal sitze ich stundenlang über meinen Akten und lese. Irgendwann geht dann nichts mehr. Dann nehme ich abends meinen Laptop und komponiere. Irgendwie werden dabei Hirnareale aktiviert, die mich auf neue Ideen bringen. Christian Lindner segelt, Horst Seehofer hat eine Modelleisenbahn im Keller, Julia Klöckner fährt Vespa, Karl Lauterbach twittert. Braucht man als Politiker ein Hobby?

Als Politiker muss man sich nüchternen Fakten stellen. Ich habe aber auch eine spielerische Ader! Und die lebe ich mit meiner Musik aus.

Und Sie sprechen offenbar gern darüber. Machen Sie Musik eigentlich auch für das Image?

Nein. Jahrelang hat sich fast kein Mensch für meinen Soundcloud-Account interessiert. Ich mache das, weil es mir Freude bereitet und mich entspannt. Nicht alles, was ein Politiker macht, dient einem strategischen Ziel.

Wenn Sie einen Song zum Zustand der Ampelkoalition komponieren müssten, wie würde der klingen?

Wie eine dreistimmige Fuge. Klar, in der Koalition wird viel mehrstimmig unter den drei Partnern diskutiert, aber das ist besser als Totenstille oder monotoner Gleichklang. Und am Ende macht vieles dann doch Sinn.

In der Koalition hakt es überall: Annalena Baerbock findet Olaf Scholz außenpolitisch zu lasch, Umweltministerin Steffi Lemke und Verkehrsminister Volker Wissing streiten über den Bau von Autobahnen, Sie und Innenministerin Nancy Faeser liegen im Clinch über die Vorratsdatenspeicherung.

Durch die Reibung sind auch viele der guten Entscheidungen zustande gekommen, die wir im letzten Jahr gefällt haben. Zu einer Fuge gehören gerade die melodischen Kontrapunkte.

Wurde in Ihrer Familie musiziert?

Nein, nicht in meinem Elternhaus. Aber meine Oma hat mir Keyboardunterricht

Zeit zum Komponieren findet Marco Buschmann manchmal auch in Verhandlungspausen

bezahlt, für 55 Mark im Monat. Ich habe auf einem kleinen Yamaha VSS 200 gelernt. Das hatte ein Mikrofon, damit konnte man allen möglichen Krach sampeln. Großartig!

Kinder lernen sonst eher Klavier. Meine Eltern hatten nicht das Geld, um mir einen 20.000-Euro-Flügel oder ein 5000-Euro-Klavier zu kaufen und auch kein Haus, in dem so was Platz gehabt hätte. Brauchte ich auch nicht. Ich hatte das Keyboard, mit dem ich verrückte Sachen machen konnte. Das war wunderbar!

Als Kind lebten Sie mit Ihrem Bruder, Ihren Eltern und Ihrer kranken Oma auf 70 Quadratmetern in Gelsenkirchen.

Ja, zeitweise. Was ich jedoch nicht verstehe: Immer wieder wird mir meine Herkunft wie eine defizitäre Geschichte vorgelegt. Ich habe das nie so empfunden. Im Gegensatz zu vielen meiner wohlhabenderen Klassenkameraden hatte ich eine ganz wunderbare Kindheit. Mein ganzes Leben war ein langes Crescendo.

Wie meinen Sie das?

Es ging immer vorwärts, immer aufwärts, immer weiter. Meine Eltern standen immer hinter mir. Die fanden es großartig, wenn Dinge geklappt haben und auch, wenn nicht.

Sie schrieben die Musik für Musicals, die an Ihrer Schule inszeniert wurden.

Einmal haben wir Jean Anouilhs Version der Antigone aufgeführt. Der Leiter der Theater-AG hat mich gefragt, ob ich das vertonen möchte. Die Bühne war in dunkle Farben gehüllt. Als sich zu meiner Musik Kreon die Pulsadern öffnete, fing unsere Schulleiterin, eine Mathematikerin, an zu weinen. Es war wohl ein recht emotionales

Erlebnis. Wir waren alle gemeinsam sehr stolz. Und ja: Ich habe auch einige Songs für ein Schulmusical geschrieben.

Als Teenager spielten Sie in einer Band namens Los Penderejos.

Das stimmt nicht. Ich habe einmal für einen Freund, der in der Band spielte, im Studio ein paar Synthie-Krach-Effekte beigesteuert.

Die Band hat ein Album mit dem Namen Greatest Tits herausgebracht.

Na ja, warum macht man als Teenager Musik? Um Krawall zu machen, um Spaß zu haben und sich an dem zu reiben, was andere Leute für sittlich korrekt halten. Wir haben mit einem Bandmitglied gesprochen, Ingmar Lauer.

Ein guter Freund. Wir sind einmal mit dem Bio-Leistungskurs nach Rom gefahren. Danach entstand auf seinem Vierspurrekorder ein Song mit dem Titel Peroni – eine Hymne auf ein bekanntes italienisches Bier.

Aber Sie trinken doch keinen Alkohol? Ich habe Alkohol in meiner Jugend natürlich ausprobiert, aber er hat mir nicht geschmeckt.

Haben Sie selber mal gekifft? Nein, aber ich hatte sehr viele Menschen in meiner Umgebung, die gekifft haben. Gregor Gysi hat einmal erzählt, er habe einen Joint probiert, um in der Debatte um Cannabis mitreden zu können. Ihr Ministerium bereitet die Legalisierung vor –aber Sie haben keine Ahnung von einem Cannabisrausch?

Ich hatte gute Freunde, die früh in ihrem Leben Schmerzmedikamente brauchten. Die Ärzte haben ihnen gesagt: »Die Medikamente, die du dein Leben lang nehmen wirst, haben schlimme Nebenwirkungen. Besorg dir lieber ab und zu eine Tüte.« Also dachte ich mir damals schon: Da kann doch mit dem Verbot irgendwas nicht stimmen. Beim medizinischen Cannabis ist die Regierung inzwischen weiter.

Nun ist der nächste Schritt, sich zu fragen: Warum erlauben wir harten Alkohol, aber vergleichbare Substanzen nicht? Wir brauchen gute Gründe, wenn wir Cannabis verbieten. Letztlich ist die Frage der Legalisierung unabhängig vom eigenen Konsum eine Frage danach, was richtig ist. Die Details sind aber kompliziert wegen des geltenden Völker- und Europarechts.

Elektronische Musik wird mit Rausch verbunden, mit Pillen und Ekstase. Sie hingegen bezeichnen sich selbstironisch als Büroklammer. Wie passt das zusammen?

Ich glaube, ich bin ein Sinnsucher. Ich versuche, eine Verbindung zwischen den Dingen zu erkennen, auch mithilfe der Musik. Es ist wie mit Filmen, die aus einzelnen Szenen bestehen: Die Musik trägt dazu bei, sie zu etwas Ganzem zu machen. Herr Buschmann, wenn Ihnen eine Fee anbieten würde: Statt Justizminister könnten Sie sofort ein großer Musikproduzent sein, epische Hollywoodfilme vertonen wie John Williams. Würden Sie annehmen?

Ich würde die Fee fragen, ob ich das nicht noch im Ruhestand machen könnte. Die Fee sagt: Jetzt oder nie.

Das wäre schon ein verlockendes Angebot. Aber ich kann als Justizminister viel Gutes bewirken. Das tauscht man nicht ein.

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RICK RUBIN FOLGT DEM UNIVERSUM

Illustration AGNÈS RICART

Was weiß der bedeutendste Musikproduzent unserer Zeit über Kreativität?

Zoom-Call in ein Haus in Kalifornien: Am anderen Ende der Leitung, braun gebrannt, lächelnd und trademarkgemäß zerzaust wie ein Swami, ist der Musikproduzent Rick Rubin. Eine lebende Legende! Das darf man ruhig so sagen. Kleine Auswahl der Künstler, die mit ihm zusammengearbeitet haben: Run DMC, Johnny Cash, Neil Young, Adele, Ed Sheeran, Kanye West, Slayer. Rubin hat kürzlich ein Buch über Kreativität veröffentlicht, das gemischt aufgenommen worden ist. Es enthält keine Anekdoten über Sessions, dafür viel Mystizismus. Viele Leute hat das genervt, und vielen Leuten hat das gefallen.

herr rubin, Ihr Buch über Kreativität ist in Deutschland in einem Verlag für spirituelle Literatur erschienen. Finden Sie das angemessen?

Rick Rubin: Total. Mir war von Anfang an klar, dass mein Buch ein spirituelles werden würde. Weil das Wesen meiner Arbeit letztlich spirituell ist, weil Kreativität ein spiritueller Akt ist. Ich kenne jedenfalls keine Möglichkeit, über Kreativität zu sprechen, ohne irgendwann den Bereich des Spirituellen zu berühren. Können Sie uns erklären, warum man Kreativität nicht ohne das Spirituelle begreifen kann?

Weil wir mit Nichts anfangen, und aus dem Nichts manifestiert sich etwas Konkretes. Vieles an diesem Prozess entzieht sich unserer Kontrolle. Ich habe so oft erlebt, wie man an etwas arbeitet und nichts klappt, und dann passiert etwas Ungreifbares, und plötzlich verändert sich die ganze Stimmung, es entsteht etwas Wundervolles – und kein einziger der Beteiligten versteht, warum. Wir haben womöglich Ideen, mit denen wir losziehen, die wir ausprobieren wollen. Aber ob das gut geht oder nicht, entzieht sich

unserem Willen komplett. Da ist noch etwas jenseits von uns selbst im Spiel.

Lähmt das nicht, wenn man sich sagt, dass man nicht der Meister des eigenen kreativen Geschicks ist?

Es ist eher befreiend, weil man dann vielleicht auch aufhört, mit dem Kopf gegen die Wand zu rennen, sich abzukämpfen an einer fixen Idee, die nicht gelingen will. Man sollte versuchen zu erkennen, welche Botschaften das Universum gerade bevorzugt durchgeben will. Derzeit beschäftigt viele ja eine sehr viel schnödere Idee von der Kreativität als jene eines sprechenden Universums. Wir erleben den Output von künstlichen Intelligenzen wie ChatGPT oder Midjourney als Schöpfungen – also als Einbruch in eine Domäne, die bislang dem Menschen vorbehalten war. Die Maschinen dichten jetzt, sie malen, schreiben Kurzgeschichten. Das machen sie, indem sie Vorhandenes zerlegen und analysieren, um es danach so zusammenpuzzeln, dass es für uns Sinn ergibt. Was nahelegt, dass Kreativität nichts anderes ist als eine Neuzusammensetzung des Alten. Ein weniger spiritueller Ansatz.

Alles, was wir als Menschen schaffen, ist im Kern bloß eine Reformulierung der Eindrücke, die uns im Laufe unseres Lebens bewegt haben. Zuvorderst übrigens der Natur, die uns den ersten und tiefsten Eindruck von Schönheit vermittelt. Der Unterschied zwischen uns und der Maschine besteht darin, dass die Maschine diese Reformulierung mit dem Ziel vornimmt, verständlich zu sein. Wir Menschen sind da anders. Wenn wir etwas Neues schaffen, muss es überhaupt keinen Sinn ergeben, oder der kann erst später oder erst für andere ersichtlich werden. Was wir schaffen, muss zuerst unserer persönlichen Empfindung und Ästhetik genügen.

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Von ALARD VON KITTLITZ

Wollen Künstler nicht auch ein Publikum erreichen?

Für meine Begriffe wird Kunst jedenfalls erst zur Kunst durch persönlichen Ausdruck. Es ist ja so: Die vier, fünf großen KI-Unternehmen, von denen derzeit die Welt spricht, füttern ihre Maschinen, soweit ich weiß, alle mit dem mehr oder weniger gleichen Datensatz – bestimmten Quellen aus dem Netz. Und offenbar rechnen die Programmierer dieser Unternehmen mit einer Zukunft, in der ihre KIs auf Grundlage derselben Daten dieselbe Frage mit derselben Antwort versehen – nämlich der vermeintlich »besten«, »richtigsten«. Und das ist das Gegenteil menschlichen Ausdrucks. Wenn man dasselbe Drehbuch fünf Regisseurinnen gibt, werden daraus fünf verschiedene Filme entstehen. Die Menschen suchen nach etwas anderem, nach dem Ausdruck ihrer persönlichen Perspektive, einer neuen Einsicht in das Wesen der Welt.

Sie schreiben in Ihrem Buch, dass Kreativität dem Angeln ähnele. Man wirft die Schnur aus und wartet, dass die Fische beißen. Die Schnur kann man kontrollieren, die Fische nicht. Das ist ein sehr schönes Bild. Was man beim Angeln allerdings weiter braucht: Ruhe, Zeit.

Das sind auch zwei Elemente, die im Herzen des kreativen Prozesses stecken, so wie ich ihn verstehe. Wenn ich mit einer Künstlerin, einem Künstler ein Projekt angehe, dann immer unter der Voraussetzung, dass wir daran so lange arbeiten werden, bis es sein ganzes Potenzial erfüllt hat. Manchmal vollzieht sich der kreative Akt sehr schnell, und manchmal dauert er Jahre. Beides ist okay.

In der Hinsicht bin ich mit Zeit nicht kleinlich. Wie wissen Sie, dass etwas fertig ist?

Das ist ein Gefühl. Und ich arbeite ja nie allein. In der Regel fühlen das also die Künstler und ich. Ich habe gerade ein Album mit der Popkünstlerin Kesha produziert, und ich war schon sechs Monate vor ihr der Auffassung, dass wir fertig sind. So was ist in Ordnung. Es ist in den sechs Monaten nichts schlechter geworden, und manche Sachen haben sich verändert und ihr Freude gemacht, das ist schön. Es kann aber auch andersrum laufen. Dass die Künstler sagen, sie sind fertig, und ich selbst meine, dass da noch etwas Unerfülltes geblieben ist und wir noch Zeit brauchen.

Auf der Platte, die Sie für LL Cool J produziert haben, steht lustigerweise nicht »Produced by Rick Rubin«, sondern »Reduced by Rick Rubin«. Dafür sind Sie als Produzent ja berühmt geworden: für Reduktion, einen direkten, oft beinahe rohen Sound. Aber Einfachheit und Reduktion darauf, dass man bloß eine einzige Sache macht, ohne zeitliche Vorgabe, ohne Druck – das erscheint einem in unserer Zeit wie ein ganz unerhörter Luxus.

Das ist doch auch der Gipfel des Luxus! Und so viele von uns verkennen das, im Krach und Glitzern der Welt! Es gibt nichts Schöneres als Einfachheit. Mir scheint, dass der Kern der materialistischen Lebensweise unserer Zeit in konstanter Ablenkung besteht

durch ein stetes Mehr an immer Geringerem – more lesser things Ich unterdessen bin der Auffassung, dass es besser ist, bloß eine einzige richtig gute Sache zu haben und von der ganz eingenommen zu sein. Kürzlich war ich in einer Ausstellung, in der in einem großen Raum bloß eine einzige, eher kleine Skulptur stand. Dadurch gewann diese Skulptur immens an Bedeutung und Tiefe. Hätte man sie in einen Raum mit anderen Arbeiten gestellt – selbst mit schlechteren, unter denen sie deutlich herausgestochen hätte –, hätte das immens abgelenkt und alles verändert.

Der Raum hinter Ihnen wirkt auch einigermaßen kahl. Ich lebe in einem Haus, das sehr leer ist. Wenn man in einem leeren Raum lebt und man etwas Schönes in der Welt sieht, dann überlegt man sich sehr genau, ob man das mitnimmt und wie das den eigenen Raum verändern würde. Ich liebe Malerei, aber ich habe keine Kunst in meinem Haus. Ein Gemälde, auch ein Abstraktes, wäre mir zu suggestiv, zu laut, es würde zu viel sagen. Viel lieber habe ich ein großes Fenster mit einer Aussicht, die sich immer verändert, mit der Jahreszeit, dem Licht. Das ist für mich viel interessanter. Ich gehe gerne in Museen und schaue mir Bilder an, aber mit denen zu leben würde mein Leben kleiner machen. Haben Sie denn ein Smartphone?

Ja.

Wie gehen Sie damit um, wie handhaben Sie dieses ständig Aufmerksamkeit erheischende Ding?

Ich benutze es nie als Telefon. Meine einzige Kommunikation sind Messages. Zum einen, weil ich viel im Tonstudio bin, da ist es laut. Aber bei mir klingelt auch nie irgendwas. Bei mir zu Hause ist es sehr leise, da läuft höchstens noch klassische Musik. Mir gefällt an den Messages die Idee, dass ich selbst entscheiden kann, wann ich mit Leuten kommunizieren will und wann nicht. Ich versuche, den Zeitplan meinen Bedürfnissen anzupassen, statt es umgekehrt zu handhaben. Wir haben hier auch keinen Fernseher, sondern nur einen Projektor. Es ist eine ganz andere Erfahrung, ob die Bilder auf eine Wand geworfen werden oder wie bei einem Bildschirm direkt in die Augen. Wir haben keine Vorhänge, man kann also auch gar nicht tagsüber irgendwas angucken, das geht erst, wenn es dunkel wird. Ich mag das so.

Es gibt da natürlich einen Usus: dass an eine Wand Bilder gehören, in ein Zimmer ein Sofa, in die Hand ein Smart-

rick rubin, 60, lebt mit seiner Frau und seinem sechsjährigen Sohn in Kalifornien und Italien. Seine Arbeiten waren in ganz verschiedenen Genres stilprägend: Er hat Klassiker im Hip-Hop, Country, Metal und Pop produziert

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phone. Es ist schwer, sich den überhaupt bewusst zu machen, und schwer, sich ihm zu entziehen, finden Sie nicht?

Dass ich das tue, fällt mir aber erst auf, wenn ich es Ihnen erzähle. Ich glaube allerdings, dass meine Art zu leben vielen Menschen gefallen würde! Als ich das erste Mal nach Kalifornien zog, suchte ich mir auch noch so eine große, alte Los-Angeles-Villa, und die stand dann voller Antiquitäten. Dann beschloss ich, dass ich öfter das Meer sehen will, und kaufte ein Haus in Malibu, das anfänglich natürlich noch ganz leer war. Und ich stellte fest, dass mir diese Leere sehr gut gefiel. Ich dachte: So soll das hier bleiben, und ich will eigentlich auch nicht mehr zurück in das Haus in der Stadt mit all dem Besitz darin. Das war mir vorher nicht klar gewesen. Aber als ich das spürte, habe ich es anerkannt und meine Umstände dementsprechend verändert. Sie wirken ein bisschen stolz darauf.

Das vielleicht nicht, aber ich erlaube mir, mein Leben meinem Erleben entsprechend zu gestalten oder zu verändern. Als ich jung war, dachte ich zum Beispiel auch immer, ich würde mein Leben in New York City verbringen. Ich bin außerhalb der Stadt auf Long Island groß geworden, und ich wollte immer irgendwann in die Stadt ziehen. Aber als es dann so weit war, machte es mir überhaupt keine Freude. Ich begriff, dass ich eigentlich gern den Horizont sehen will, und das geht in New York natürlich nicht, da sieht man nur Häuser. Und so ist das jetzt eben auch mit der relativen Leere hier: Die ist das Ergebnis meiner Erfahrung der Welt. Können Sie mit dem Barocken, Komplizierten, Byzantinischen denn ästhetisch irgendwas anfangen?

Aber klar. Ich liebe es auch, solche Welten für eine Weile zu betreten und zu erleben. Es gibt da kein richtig oder falsch. Ich ziehe es inzwischen eben vor, nicht in so einer Welt zu leben.

Was gefällt Ihnen selbst denn gerade?

Ich arbeite gerade an einer Dokumentation über den Komiker Rodney Dangerfield. Über die denke ich viel nach. Und über meinen neuen Podcast, Tetragrammaton, in dem ich mit Menschen spreche, die mich interessieren und beeindrucken. In der ersten Folge ist das Phil Jackson, der legendäre Coach der Chicago Bulls und LA Lakers, den ich total faszinierend finde – obwohl ich kein Basketball-Fan bin.

Das ist schon Ihr zweiter Podcast. Was reizt Sie an dem Format?

Ich bin halt neugierig. Ich hatte Ihnen vorhin ja gesagt, dass ich mir für meine Musikprojekte unendlich viel Zeit zu nehmen bereit bin, dass ich mit Zeit nicht kleinlich bin. Die einzige Sache, für die es mir gefühlt aber wirklich an Zeit fehlt, ist das Lernen.

Und das geht am besten im Gespräch?

Es kann auch ein Buch, ein Podcast, ein Audiobook sein. Am Strand spazieren zu gehen und dabei ein Buch zu hören, finde ich ganz wundervoll. Ich höre gerne zu.

Das legt Ihr Beruf natürlich auch irgendwie nahe. Nennen Sie doch bitte mal drei tote Künstler, die Sie gern in Ihren Podcast einladen würden.

Als erster fällt mir John Lennon ein. Ich bin ein BeatlesFanatiker. Die Beatles sind für mich ein Gottesbeweis. Anders ist mir diese Band nicht erklärlich. Es ist zu unglaublich: dass diese vier Kids derart weit über alles hinausgehen konnten, was vor ihnen kam, in einer derart kurzen zeitlichen Spanne – zwischen dem ersten und dem letzten Album sind ja nur sieben Jahre vergangen. Das ist mir unbegreiflich, eigentlich scheint es unmöglich. Und ich habe Paul getroffen und George und Ringo, aber John habe ich nicht kennengelernt. Dann würde ich gern Erik Satie begegnen, dessen Kompositionen ich liebe und die so radikal waren im Kontext ihrer Zeit, so irre neu. Wie kam es dazu? Und Franz Kline. Ich weiß kaum etwas über ihn, aber ich habe bei seiner Malerei den Eindruck, dass er eins war mit seinem Pinsel. Wenn es die Möglichkeit gäbe, den heute Abend zum Dinner einzuladen für ein Gespräch, würde ich das sofort machen. Das wären gerade drei. Aber wenn Sie mich zu einem anderen Zeitpunkt fragen würden, sähe die Liste wohl ganz anders aus. Finden Sie eigentlich, dass unsere Gesellschaft Kunst und Kreativität angemessene Wertschätzung entgegenbringt?

Es wird ja mindestens so getan: Erfinder, »Disruptoren« werden wie Helden gefeiert. Aber finden Sie, dass dem kreativen Prozess hinreichend Achtung gezollt wird?

Ich weiß nicht. Das Seltsame am genuin Neuen ist doch, dass es in der Regel auf großen Widerstand stößt. Die Gesellschaft wünscht selten Veränderung. Ich kann Ihnen versichern, dass Hip-Hop – heute die populärste Musik der Welt – anfangs nicht gerade mit Freude aufgenommen, sondern in erster Linie verachtet wurde: »Das ist keine Musik« und so weiter. Und solche Abwehr gibt es ja nicht nur in der Musik, so geht es doch auch in den Wissenschaften, in allen möglichen anderen Bereichen zu. Der echten Avantgarde werden selten die Türen aufgemacht. Das habe ich wieder und wieder erlebt, auch dass die Dinge, die mir gefielen, den wenigsten anderen Spaß machten. Wenn man etwas anders macht, gibt es immer Pushback. Aber dann passieren auch die interessantesten Dinge.

Was gewinnen die Leser Ihres Buches eigentlich, wenn sie dessen Inhalt ernst nehmen und eigenen kreativen Impulsen nachzugehen beginnen?

Wenn wir etwas erschaffen, verleiht uns das ein wundervolles Gefühl der Erfülltheit. Dieses Gefühl hält nicht lange an, das muss ich leider sagen, das ist so! Aber wenn man etwas Schönes macht, ist das erst mal immens zufriedenstellend: Da gibt es jetzt etwas, das es vorher nicht gab, an dessen Entstehung ich beteiligt war, das ich mit anderen Menschen teilen kann, das denen etwas sagen kann darüber, wer ich bin, und in ihnen eigene, neue Zustände auslösen kann. Das macht süchtig.

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STIL
Gepflegt ungepflegt: Slip-Kleid von Prada
Von Tillmann Prüfer Foto Peter Langer

Wenn man heute auf den Laufstegen Slip-Kleider sieht, würde man nicht darauf kommen, dass man diesen Look früher als Unterwäsche betrachtet hätte. Dabei wurden die leichten Kleider einst entworfen, um schwere Roben bequemer tragbar zu machen. In den Zwanzigerjahren wurde dieses Unterkleid zum Vorbild des Charleston-Kleides, ein kurzes, taillenloses Trägerkleid. Dies markierte eine Zeit, in der immer mehr junge Frauen nicht mehr bereit waren, sich als Anhängsel der Männerwelt behandeln zu lassen. Mit dem Tragen solcher Kleider wehrten sie sich gegen die ihnen von der Gesellschaft aufgezwungene Silhouette, die vor allem die Brust und die Taille betonte. In den neuen Kleidern erschien der Körper geradliniger. Es war eine Selbstbefreiung der jungen Frauen von der Betonung der Mütterlichkeit. Das Slip-Kleid in seiner heutigen Form hatte seinen großen Auftritt in den Neunzigerjahren.

Die Ikonen jener Zeit trugen es, die Rocksängerin Courtney Love etwa oder das Supermodel Kate Moss. Und kein Kleid passte besser zum erbarmungslosen Schlankheitsideal dieser Dekade. Und welche Bedeutung hat dieses Kleid heute?

Wir sehen es zum Beispiel in der Kollektion von Balmain, wo es mit einem Flammenprint versehen ist, oder in Froschgrün bei Givenchy. Bei Etro ist das Kleidchen superknapp. Bei Prada ist es aus verknitterter Seide – und daran ist vielleicht am besten die Haltung zu erkennen, mit der man es offenbar tragen soll, nämlich: mit der größtmöglichen Nonchalance. Die Trägerin zieht sich ein dünnes Kleidchen über und ist damit schon komplett gekleidet.

Was so viel heißen soll wie: Es ist ihr maximal egal, was ihre Umwelt über sie denkt. Sie wandelt durch die Welt, als sei sie gerade erst aufgestanden und einfach im Nachthemd geblieben. So wie die Schauspielerin Anya Taylor-Joy, die im gesamten Film The Menu ein lilafarbenes Slip-Kleid trägt.

In den 2020er-Jahren soll diese Art von Kleid also nicht mehr den zurechtgehungerten Körper ausstellen, wie das noch in den Neunzigerjahren der Fall war. Es ist auch nicht mehr als Protest gegen das Ideal der Mütterlichkeit zu verstehen wie in den 1920er-Jahren. Stattdessen soll es signalisieren, dass die Frau sich überhaupt nicht um modische Gepflogenheiten schert. Das ist vielleicht die bislang anspruchsvollste Art, ein solches Kleid zu tragen. Denn natürlich darf es keineswegs dem Zufall überlassen bleiben, wie das Kleid getragen wird. Die Kunst ist also, so auszusehen, als wäre man einfach mal so im Nachthemd auf die Straße gegangen – ohne dabei so auszusehen, als wäre man aus Versehen im Nachthemd unterwegs.

OHNE STROM

Mirko Borsche, Creative Director des ZEITmagazins, testet jede Woche einen neuen

Alltagsgegenstand

ORGANIZER

VON

CARHARTT

Maße: 25 x 39 x 8 cm;

Material: 100 %

Polyester; Preis: 44,99 Euro

In Organizern können wir all unser Chaos verstauen. Sie bringen nicht nur Ruhe in Büro und Wohnzimmer, sie ermöglichen auch außerordentlich harmonische Autofahrten. Als Vater und Fahrer hatte ich in den vergangenen Jahren bei Ausflügen mit meinen drei Kindern viel zu tun: Ich reichte Tüten nach hinten, nahm Müll nach vorn an, verteilte Malbücher und quetschte Trinkflaschen in Autonischen. Das alles machte ich so lange mit, bis ich nun bei meiner fünfjährigen Tochter endlich gelernt habe: Es gibt Organizer auch für das Auto. Wie hatte ich das so lange übersehen können?

Es ist nämlich eigentlich sehr langweilig, Auto zu fahren, das weiß jedes Kind. Und es ist lästig, wie jeder Erwachsene weiß, wenn Kinder dauernd fragen, wie lange die Fahrt denn noch dauert. Seit der Organizer von Carhartt an der Rückseite meines Sitzes hängt, höre ich von meiner Tochter auf der Rückbank kaum einen Pieps mehr. Manchmal fehlt es mir inzwischen sogar, ab und zu ihr Stimmchen zu hören.

Im Organizer gibt es für alles ein Fach: fürs Einhornbuch, für Knabberzeug, Stifte, Haargummis und Trinkflaschen. Statt etlicher kleiner Täschchen ist da nun endlich ein einziger großer Behälter, der die Dinge bündelt und interaktiv zugänglich macht –klasse. Sogar meine Arbeitskollegen, die dann und wann hinten in meinem Auto mitfahren, habe ich schon im Rückspiegel dabei beobachtet, wie sie ihre Smartphones in die kleinen Fächer geschoben haben. Als sie merkten, wie praktisch das ist, haben sie auch ihre Snacks und Stifte hineingetan. In seinem Schwarz wirkt der Organizer sehr schlicht, professionell, erwachsen. Andere – kinderfreundliche – Farben würden dem Car Organizer aber bestimmt auch gut stehen.

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Aufgezeichnet von CYNTHIA CORNELIUS Foto Carhartt

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Schluß mit Langeweile

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Selbstbewusste Singlefrau sucht gleichgesinnten

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ER SUCHT SIE

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ZA 135482 DIE ZEIT, 20079 Hamburg

Eigentlich ganz einfach ... Kommunikative, sinnliche, kreative, warmherzige, weltoffene sowie lebendige und begeisterungsfähige Frau (69, 1,65) möchte einen Mann finden mit dem sie reden, lachen, nachdenken, genießen, für andere dasein und Neues entdecken kann für eine vertrauensvolle und verbindliche Beziehung, in der sich beide gegenseitige Energiequelle sind und miteinander wohlfühlen (am einfachsten PLZ 2 und 3) ZA 135465 DIE ZEIT, 20079 Hamburg

Als "kultivierter" Individualist von kalendarisch 65 J.+ (geschätzt: 50 J.+, 177, 70 kg, eleg. Erscheinung, Dipl.-Ing. mit geisteswiss. Zweitstud., der sich mehr auf Sein als Haben (wert-)orient., mit einem Hang zum Luxus (z.B. Kunst, Wissenschaft, "Erringen eines holden Weibes"), als eher charakterstark, nachdenklich-kritisch, mit breitem Int.-Spektrum (belesen), diskussionsfreudig, konsensorientiert, tolerant, empathisch und mit Takt, Stil sowie ausgeprägten musisch-ästhet. Neigungen (insbes. visuell-ästhet., z.B. Design, Antiquitäten, Ambiente/Interieurs) einschätzt, bin ich zu alt, um nur zu spielen, zu jung, um ohne den Wunsch zu sein, mit einer seelen-/wahlverwandten, jüngeren, very "fair Lady" eine bereich., harmon., dauerh. Partnerschaft auf der Basis von gegens. Wertschätzung und g. Vertrauen aufzubauen, in der sich monogame Partnerschaft u. individ. Freiraum ("living apart together") nicht ausschließen. Wenn Sie mit mir die Goldene Mitte zw. Nähe, die nicht einengt, und Distanz, die nicht entfremdet, leben möchten, sowohl als 2 differente Individuen als auch 2 komplementäre Pole einer Einheit, so schreiben Sie mir (b.m.Bild) aus München/Süd-Dtl.

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LEXIKON DER LIEBE

HERZKLOPFEN

Wenn Sie uns etwas über die Liebe erzählen wollen, schreiben Sie uns an liebe@zeit.de

KENNENLERNEN

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ER SUCHT SIE

Es besteht Vertrauensverlust gegenüber der Politik und einzelnen Vertretern. Manche halten nicht mehr her als Vorbilder für Moral und Integrität. Manchmal möchte ich andere Meinungen zum Schweigen bringen, weil ich keinen Bedarf an vieldeutigen Interpretationen habe. Ich möchte Grenzen austesten, übertreiben und das gerne im Wir-Modus. Wir wissen uns zu bremsen, ohne uns anzuhalten. Gerade weil du rastlos, kompliziert und manchmal schwach bist, liebst du dich und die Menschen neben dir, du kannst es ausdrücken. Du spürst das Leben und fragst nicht, ob du es ertragen kannst. Du lässt dich lieben, ohne die Verantwortung zu fürchten, überschreitest unsere Grenzen und kennst den Weg zurück. Ich kann mich an dir messen, du strauchelst nicht und hörst nicht auf. Ich möchte dich erleben in Abenteuern, Lust, Unvernunft, Vertrauen und Sehnsucht. Von allem etwas oder auch viel. Nicht immer oder jeden Tag, aber sehr häufig. In unserer Individualität kommen wir großartig alleine zurecht. Aber manchmal wäre es besser nicht ohne den anderen. Wäre gut, wenn du in den 60ern bist, NRW oder so. BmB und sanfter Direktheit, belesen, kritikfähig, diskussionsfreudig? Fährst du Rad oder wanderst du? Mosel oder Loire? Überzeuge mich von deiner Linie eines Wir. Reiz mich, wir werden eine gute Zeit haben. Chiffre ZA 135474 DIE ZEIT, 20079 Hamburg

HannaH*, 30: » Als ich Sophie in der Küche unserer WG sagte, was ich für sie empfinde, war ich mir sicher: Ihre Antwort würde mit ›Danke für deine Offenheit, aber ...‹ beginnen. Meine Gefühle wollte ich ihr trotzdem anvertrauen, denn ich finde: Wenn man schon Liebe zu geben hat, dann sollte man sie verdammt noch mal auch zeigen. Doch die höfliche Zurückweisung blieb aus. Stattdessen hielt Sophie im Türrahmen inne und sagte zögernd: ›Ich habe grade krasses Herzklopfen. Ich kann das nicht ignorieren.‹ Sie war meine Mitbewohnerin, oder vielmehr: ich ihre. Für drei Monate wohnte ich bei ihr zur Untermiete und war schon nach zwei Tagen so verknallt, dass ich einer Freundin davon erzählen musste. Die lachte mich ein bisschen aus: Dass ich grade entdeckte, wie anziehend ich Frauen finde, war ein offenes Geheimnis. Ständig verguckte ich mich. Mein Freund, mit dem ich seit acht Jahren zusammen und gerade in einer Fernbeziehung bin, hatte mir dazu sein

Einverständnis gegeben. Das stärkte unsere Beziehung zunächst – ich fühlte mich gesehen und unterstützt und bin ihm nach wie vor wahnsinnig dankbar dafür.

Doch anders als bei meinen bisherigen Crushes wurde die Situation mit Sophie zwingend, unentrinnbar. Irgendwann konnte ich die Gefühle nicht länger verschweigen. Die Heftigkeit, mit der Sophie sie in den kommenden Wochen erwiderte, überraschte uns beide. Sie ist 42 und war noch nie in eine Frau verliebt. Der Abend, der in der Küche begann, endete wenige Meter weiter in ihrem Bett. Die ganze Nacht hielten wir uns aneinander fest, so wie in jeder Nacht seitdem.

Jetzt ziehe ich zurück in die Stadt, in der mein Freund lebt. Er macht sich große Sorgen, das verstehe ich. Auch Sophie ist bedrückt, obwohl oder gerade weil wir jede Sekunde miteinander genießen. Und ich hoffe, dass wir einen Weg finden, mit dem wir uns gut fühlen – alle.«

Aufgezeichnet von Lea Marlen Balzer

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Alles leuchtet für die Liebe

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Kennenlernen

ANNA
Illustration
HOFMANN *Namen geändert
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Genussvoll durch den Frühling

Erleben Sie im neuen ZEITmagazin WOCHENMARKT genussvolle Momente –mit den einfachen, aber immer besonderen Rezepten von Kolumnistin Elisabeth Raether, vielfältigen Reise-Tipps und spannenden Geschichten rund um die Themen Kochen und Genießen.

Kürzlich las ich auf der spanischsprachigen Webseite es.chessbase. com vom argentinischen Schachgroßmeister Herman Pilnik (1914–1981) und erinnerte mich an dessen Bemerkung gegenüber dem einstigen deutschen Vorkämpfer Wolfgang Unzicker: »Am besten spiele ich, wenn ich aus dem Bett komme.« Herman Pilnik wurde mit 15 Stuttgarter Meister und emigrierte 1930 mit seinen Eltern nach Buenos Aires, wo sie den Jüngling »El alemancito« nannten. In den Fünfzigerjahren war »der kleine Deutsche« freilich zu einem starken Großmeister herangewachsen, der Argentinien bei fünf Schacholympiaden vertrat und weltweit Turniere gewann. Obwohl er, nicht gerade professionell, seine Freizeit am liebsten »in Geselligkeit und mit schönen Frauen verbrachte« (Luděk Pachman). Sein großer Rivale im Land, Miguel Najdorf, beschrieb ihn so: »Weltenbummler, Bohemien, immer optimistisch, intelligent und kultiviert, der Französisch, Englisch, Deutsch und Holländisch beherrschte, führte Herman ein Leben wie aus einem Roman, das völlig seiner Passion galt: dem Schach.« Und Pilnik selbst? »Es begeistert mich, wenn ich, mitten in der Anspannung des Gefechts, den Sinn und die Logik der Züge erkenne.« Diesen »Zustand der intellektuellen Ekstase« (Pilnik) hatte er vermutlich auch, als er 1952 beim Maróczy-Gedenkturnier in Budapest auf Hans Platz (DDR) traf. Wie konnte er als Schwarzer am Zug kombinatorisch fette Beute erobern?

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Lösung aus Nr. 16: Welcher starke Zug gewann schnell für Weiß? Nach 1.Dh5! gab Schwarz auf, weil die Annahme des Damenopfers mit 1...gxh5 durch 2.Tg3+ Lg7 3.Txg7+ Kf8 (3...Kh8 4.Tg6 matt) 4.Txh7 ebenso zum Matt auf h8 geführt hätte wie 1...h6 2.Dxh6! Lxh6 3.Txh6

Impressum EDITORIAL DIRECTOR   Christoph Amend  CHEFREDAKTION   Sascha Chaimowicz, Emilia Smechowski  STELLVERTRETENDE CHEFREDAKTION  Anna Kemper, Tillmann Prüfer  CREATIVE DIRECTOR   Mirko Borsche  ART DIRECTOR   Jasmin Müller-Stoy  TEXTCHEFINNEN   Christine Meffert, Annabel Wahba   BILDCHEFIN  Milena Carstens

BERATER (BILD)  Andreas Wellnitz   STYLE DIRECTOR  Claire Beermann  REDAKTIONELLE KOORDINATION  Margit Stoffels   REDAKTION  Amelie Apel, Anita Blasberg, Jörg Burger, Johannes Dudziak, Alard von Kittlitz, Friederike Milbradt, Lena Niethammer, Khuê Pha m, Ilka Piepgras, Jürgen von Rutenberg;

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Welche junge Frau kann schon berichten, dass sie ganz allein ans Ende der Welt gereist ist und dort im fernen Tasmanien bei einer Talent-Show gesiegt hat? Sie hat das so erlebt während ihrer Auszeit, die für drei Monate geplant war und dann doch viel länger dauerte, denn fernab der bis dato vertrauten Umgebung entwickelte sie ihre vielen Talente. Mit Gitarre, Gesang und ansteckendem Lachen animierte sie die Menschen auf der Straße zum Zuhören, lernte zu moderieren, schrieb und spielte eigene Songs. Und als sie nach drei Jahren in ihre Heimat zurückkehrte, wusste sie, was sie wollte: einen Uni-Abschluss – und richtig Erfolg mit der Musik. »Ich bin davon überzeugt, dass man heutzutage auch ohne große Labelmaschinerie eine schöne und solide Karriere aufbauen kann«, hat sie in einem Interview gesagt und dies dank einer Art Businessplan auch bewiesen: Regelmäßig stellte sie sich in kleinen Foren dem Urteil von Publikum und Jurys, gewann Preise, finanzierte mit Crowdfunding eine Live-CD, tauchte hin und wieder im Fernsehen auf. Und kürzlich hat sie nun das vierte Werk vorgelegt, mit dem sie durch gut gefüllte Hallen zieht. Sie stehe für eine aufregende neue Generation in ihrer Sparte, lautet das Etikett für eine Künstlerin, die ihren eigenen und einzigartigen Stil längst gefunden hat. So kommt sie mal angriffslustig, mal skurril, mal tröstlich oder verträumt daher – aber stets mit jenem feminin geprägten Humor, der selbst die manchmal schweren Dinge im Leben leichter machen kann. Wer ist’s?

Lösung aus Nr. 16: Gerhart Rudolf Baum, geb. 1932 in Dresden – wo er 1945 die Bombennacht überlebte – ist Rechtsanwalt und FDP-Politiker. Er lebt in Köln und Berlin, gehörte 1972–1994 zum Deutschen Bundestag und war 1978–1982 Bundesinnenminister im Kabinett von Helmut Schmidt. Baum gilt als FDP»Urgestein«, er engagiert sich als Verteidiger von Rechtsstaat und Demokratie, führte 2004 die Verfassungsbeschwerde gegen den »Großen Lauschangriff«

SUDOKU

In jeder Zeile, jeder Spalte und jedem mit stärkeren Linien gekennzeichneten 3 × 3-Kasten müssen alle Zahlen von 1 bis 9 stehen.

Nächste Woche an dieser Stelle: die Logelei und die Auflösung aus Nr. 16

Mitarbeit: Klaus Stockhausen (Contributing Fashion Director)   GESTALTUNG  Nina Bengtson, Mirko Merkel, Gianna Pfeifer   BILDREDAKTION  Nora Hollstein   AUTOR(INNEN)  Heike Faller, Harald Martenstein, Jana Simon, Matthias Stolz  KORREKTORAT

Thomas Worthmann (verantw.)   DOKUMENTATION  Mirjam Zimmer

(verantw.)  HERSTELLUNG

Torsten Bastian (verantw.), Oliver Nagel, Frank Siemienski   DRUCK  Mohn Media Mohndruck GmbH  REPRO  Twentyfour Seven Creative Media Services GmbH   ANZEIGENPREISE  ZEITmagazinPreisliste Nr. 17 vom 1. 1. 2023   ANSCHRIFT VERLAG  Zeitverlag Gerd Bucerius GmbH & Co. KG,

Doppelter Wortwert

Doppelter Buchstabenwert

Dreifacher Wortwert

Dreifacher Buchstabenwert

Es gelten nur Wörter, die im Duden, »Die deutsche Rechtschreibung«, 28. Auflage, verzeichnet sind, sowie deren Beugungsformen. Die Regeln finden Sie im Internet unter www.scrabble-info.de

Die vor Wochenfrist lobgepriesene Scrabble-Koryphäe Claudia Aumüller macht aus ihren Kenntnissen kein Geheimnis. Bei Turnieren nimmt sie weniger erfahrene Teilnehmer gern bei der Hand und teilt mit ihnen ihr Wissen, was sowohl Vokabeln als auch Taktik angeht. So gab sie mir auch bereitwillig Antwort auf die Frage, welche kurzen Wörter sie für wichtig hält, um ganz vorn mitzumischen: »DULT, EISS und GAND sind Begriffe, die ich häufiger mal in Endphasen von Partien oder zwischendurch – statt Tauschens – zur Bereinigung meines Bänkchens lege.« Um mit einem Augenzwinkern hinzuzufügen: »Nicht selten werden diese Formen dann noch angefochten ...« Bedeutet: Ihrem Kontrahenten werden zehn Punkte für unberechtigtes Anzweifeln abgezogen. Fortsetzung folgt. Die hier abgebildete Konstellation schickte mir Natalie Mol. Dazu schrieb die Bochumerin: »Neulich trat diese Situation an unserem häuslichen ScrabbleTisch ein. Der Zug, der sich ergab, war bislang punktemäßig mein Rekordzug.« Kein Wunder, ist er doch dreistellig dotiert.

Lösung aus Nr. 16: Aumüller legte die Pluralform DIORAMEN auf I5–I12 und konnte sich 64 P. gutschreiben. Den gleichen Wert hätte LIMONADE auf G8–G15 gebracht, mit der sie jedoch den Zugang zum Wortprämienfeld H15 ermöglicht hätte

Buceriusstraße, Eingang Speersort 1, 20095 Hamburg; Tel.: 040/32 80-0, Fax: 040/32 71 11;

E-Mail: DieZeit@zeit.de  ANSCHRIFT REDAKTION  ZEITmagazin, Schöneberger Str. 21 A, 10963 Berlin; Tel.: 030/59 00 48-0, Fax: 030/59 00 00 39;

E-Mail: zeitmagazin@zeit.de, www.zeitmagazin.de

KORREKTUR NR. 14/23

In unserer Naturkolumne haben wir geschrieben, dass Julia Ickler nichts gegen unvernünftige Summen in Bezug auf die Preise von MonsteraPflanzen habe. Korrekt müsste es heißen, dass Ickler nichts gegen teure Monstera habe, zumindest nicht, wenn es sich dabei um besondere Stücke handele

LEBENSGESCHICHTE SCRABBLE SPIELE
9 6 1 7 4 8 3 5 6 2 9 1 4 3 4 3 2 7 2 9 8 2 9 5 7 1 8 6 4 7 3 7 3 2 3 5 4 7 9 9 2 4 1 7 6 9 7 4 8 3 8 3 1 5 7 6 4 1 7 5 3 6 3 2 4 8 9 1 6 4 5 1 2 8 6 4 6 5 8 7 3 1 2 3 5 8 9 5 6 1 2 6 2 9 4 7 2 8 9 1 5 3 9 4 2 8 5 6 8 1 9 7 Lösung aus Nr. 15

waagerecht 7 Lieber ... als ... ums Morgen schlecht schlafen! 11 Gern wohl in des Freiherrn Freienspläne einbezogen 14 Gemecker nimmerbraver Schäfchen? 16 Zwei Wörter Kapazitätsmeldung aus der Garderobe –ein Wort Qualitätshinweis im Blusenladen

18 Onlineziffern von Substanz 19 Gehört zur 17 senkrecht, zum Dampfer, zur Förde

20 Verkörpert Musik 21 Armlastige Reisetätigkeit 22 Wissen macht ... (Sprichwort)

24 Vergriffene Münze, Schwarzwälder Wasser, Laubträgerinnen – in einem Wort: Wiedererkennensgarant 27 Zustimmabgabe, allerdings! 28 Grüntreiber, Knospenrufer, Blütenzauberer 30 Oft geglaubt: der könne

3 senkrecht 31 Unter den Schuhen von Señor Kerkeling, als er mal weg war 34 Teils schuppenständig, bei Bedarf zurhandgängig

37 Backtag bei Rumpelstilzchen 38 Nichts blüht ... (Cicero) 40 Deutsch für MegaShop? Wie man solchen verlässt! 41 Anmutprobandinnen, ägäisch 42 Gongig? Steppenmäßig! 43 Das bringt die Notwende senkrecht

1 Fünf Teile Johann-Schwarm, vier Teile Laubträgerin, vier Teile TischZustand: Aufreger für Ordnungsliebende

2 Auf münsterländischem Ortsschild gesehen, oder massenhaft beim Waldspaziergang

3 Lippenbekenntnis zu zwischenmenschelndem 7 senkrecht 4 Ein P vorweg bezeichnet eine unschöne 5 Wie’s unter 2 senkrecht zugeht oder auch mal am Spargelende 6 Das kündet dem Ohr von Stichlingen der Lüfte

7 Der Augenblick ist nichts als der wehmütige Punkt zwischen ... und Erinnern (Robert Musil) 8 Als Preis-Gestaltung willkommen

meist 9 Wer klopft, wird’s wollen 10 Spitzenerzeugnis der Maurerkunst 11 Geschenk seitens der Aufmerksamen 12 Der Mann, der Spulementen inneren Sinn gibt 13 Multivisionswesen des Wassers scheinbar nur 15 Zeitvertreib für Hitzkopf und Zicke 16 Das hellt die Stimmung auf bei Verehrern der Weißheit 17 Auch eine schwere gibt’s, im Eisenwarenhandel 23 Aller Anfang ist ..., die Schwelle ist der Platz der Erwartung (Goethe) 25 Zeichen eines traditionellen Alphabets 26 In denen geht’s rund gen Grund 29 Statthaus 32 Hier noch am Ufer, da schon überm 10 senkrecht 33 Für Englisch-Schüler eine Hilfe 35 Mann, schafft der Wasser mittelmeerwärts 36 Bewertet Stein und Stahl, Tanne und Leute 39 Sprichwörtlich: ... findet, Humor erfindet

»Es wird die ganze weite Welt in Frühlingsfarben glühen« lautet die Lösung des Osterpreisrätsels aus der Nr. 15/23 aus dem Gedicht »Frühling« von Hermann Löns

Lösung von Nr. 2688: Waagerecht 6 SAECKEL 10 mild tätig und MILDTAETIG 14 Osterhase: FESTE und feste 16 ARIANE(-Rakete) in M-ariane-ngraben 17 RANGELEI aus L-a-n-g-e-i-e-r 21 ESWIRDDIEGANZEWEI 22 BAAL 23 INGER und Springer 24 EGG = Ei (engl.) 26 GANTER in G-esch-n-a-t-t-e-r 28 EMIL aus m-i-l-e 30 von E-Mails ersetzter BRIEF 31 TEWELTINFRUEHLIN mit Flint (Feuerstein) 35 DATEI 37 UEFA = Union of European Football Associations 39 ERST-ausgabe 40 FEUER-eifer 41 TIEFEN 46 LASURstein 47 EOS 48 GSFARBENGLUEHEN 50 GELEGE 51 BETTEN 52 »sich etwas auf der ZUNGE zergehen lassen« – Senkrecht 1 PASSANT 2 HERD 3 NINE = neun (engl.) 4 KANZEL 5 MILE = Meile (engl.) 6 SEEBAEDER 7 ETWA 8 KARFREITAG aus A-g-i-e-r-k-r-a-f-t 9 LID 10 3-buchstabig: MAI 11 LEGIERUNG 12 DRAN 13 EGER 15 EILE in Oster-eile-gen 18 Rolling Stones, »ANGIE« 19 EWER in B-ewer-tung 20 EIGENTORE aus R-e-g-i-e-n-o-t-e 25 GINSENG 27 TETES = Köpfe (franz.) 29 häufiger Name MUELLER 30 BLEU = blau (franz.), in Gel-bleu-chtenden 32 WERFEN 33 »alter HASE« und »Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts« 34 IRREN 36 »AUGEN machen« 38 FAUN in Faun-a 42 IRE in Buenos A-ire-s 43 EBBE 44 FEE (»Dornröschen«) 45 ENTE 49 »seinen HUT nehmen«

Lösung von Nr. 2689: Waagerecht 6 »schwank« und ein SCHWANK 10 ANFANGEN 15 SCHARNIER 17 Pudel in Goethes »Faust«: PUDELWOHL 19 LUEGE 20 LIANE aus a-l-i-e-n = Fremder (engl.) 21 MUSSE 22 aus Zahlen und beim AUSZAHLEN 24 DRITTER im Wettkampf mit Bronzemedaille 26 MEMME 28 REES 30 Karl DALL 32 TARIF 34 MEPHISTO (Goethe, »Faust«) 37 MAEHNEN (»König der Löwen«, »Madagascar«, Tina Turner, Palina Rojinski) 38 ZEIT 39 AMOUREN 40 BUND (Schiller, »Die Bürgschaft«) 41 Person + Alm + Angel = PERSONALMANGEL 42 INES aus s-e-i-n 43 VERSTIMMT 44 DIENER – Senkrecht 1 SCHLUMMER-taste am Wecker 2 »Hang-Ar« und HANGAR 3 marié = verheiratet (franz.): Louis XVI mit MARIE Antoinette, Pierre Curie mit Marie Curie 4 HADER 5 NEWS 6 SCHAETZEN 7 HAUS 8 NIE 9 Maurer-, Suppen-, WertungsKELLE 11 FUNDAMENTE 12 Rot-GLUT, »zur Weißglut bringen« 13 NOSE = Nase (engl.), in Na-nose-kunde (»Rudolph the red-nosed reindeer«) 14 EHERINGE 16 REZEPTOR 17 »die Büchse der PANDORA« 18 EMILE Zola, »J’accuse« zur Dreyfus-Affäre 23 Bundesministerium für Inneres und HEIMAT 25 TANNIN 27 Kohl-MEISEN und Meisenknödel 29 STUMM 31 lang und Pianist LANG Lang 32 THULE 33 REDNER 35 HANSE 36 Soli(-daritätszuschlag) und SOLI 40 Stirn-BEIN

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 UM DIE ECKE GEDACHT NR. 2690 SPIELE Schach HELMUT PFLEGER Lebensgeschichte FRAUKE DÖHRING Sudoku ZWEISTEIN Scrabble SEBASTIAN HERZOG Kreuzworträtsel ECKSTEIN

Juli ist 9 Jahre alt.

Ihr Vater Tillmann

Prüfer schreibt hier im wöchentlichen

Wechsel über sie und seine anderen drei Töchter im Alter von 23, 17 und 16 Jahren

PRÜFERS TÖCHTER

Juli soll aufräumen. Das findet sie einfach furchtbar. Es gibt zwei Arten des Aufräumens: »oberflächlich aufräumen« und »echt aufräumen«. Juli versteht sich ganz gut auf »oberflächlich aufräumen«. Sie benutzt das Wort »oberflächlich« übrigens auch ausschließlich im Zusammenhang mit dem Aufräumen. Oberflächlich bedeutet für Juli: flüchtig. Alles, was unter die Oberfläche geht, ist ihr ein Graus. Neulich hat Juli einen neuen Schrank bekommen. Einen Spind aus Blech. Ich habe den neuen Schrank mühselig zusammengeschraubt, endlich aber in ihr Zimmer schieben können. Das alles geschah auch noch ganz in Julis Sinne. Selbst das Einräumen des Schranks gelang ihr noch einigermaßen, wobei einige Socken auftauchten, zu denen das Gegenstück fehlte. Die Angelegenheit kippte allerdings doch ins Dramatische, als wir, die Eltern, anregten, Juli möge doch jetzt, wo so ein schöner neuer Schrank in ihrem Zimmer stehe, auch den Rest ihres Zimmers »schön machen«. Sprich: echt aufräumen. Immerhin versuchte Juli es. Aber schon nach wenigen Minuten tönten Wutschreie aus ihrem Zimmer. »Jetzt ist da alles rausgefallen!!«; »Na toll, jetzt ist alles runtergefallen!!!«; »Ich hasse aufräumen!!« Der Rest ging in Wutgeheul unter. Wir brachen den Aufräumversuch ab. »Aufräumen macht alles nur noch schlimmer«, schimpfte Juli. Und das stimmt ja auch. So ein Kinderzimmer ist ein kompliziertes Gebilde, in dem alles Mögliche ständig irgendwohin gestapelt und gesteckt wird. Man kann die Dinge auf Tischen stapeln, in Regalfächern schichten oder am besten in Schubladen verschwinden lassen. Etwas anderes ist es aber, solche Schubladen aufzuräumen. Sachen zu sortieren, Regalfächer auszuräumen. Man zieht nur ein Buch heraus, schon kullern die daneben festgestopften Stofftiere und Socken hinterher. Diese Sachen müssen dann alle eingeordnet werden in Fächer, die dafür erst einmal ausgeräumt werden müssen. Sehr schnell hat man überall Chaos. Dagegen sollte man doch aber aufräumen!

Juli hat recht: Aufräumen macht alles schlimmer. Sie investiert Arbeit und bekommt nur Unordnung. Sicher, wenn man alles erst einmal ausgeräumt, wenn man Unmengen weggeschmissen, die verlorenen Teile von Puzzles zusammengesucht und sich schmerzvoll von vielen Dingen getrennt hat, dann lockt eine andere, eine tiefere Ordnung, eine neue Klarheit. Nun ist alles griffbereit, man hat sich befreit von Dingen, mit denen man doch nichts anfangen kann – ein ganz anderes Leben ist möglich. Jedenfalls theoretisch. Praktisch gesehen ist jede Ordnung der Beginn eines neuen Chaos.

Und machen wir es im späteren Leben denn nicht genauso? Wer räumt schon auf mit all den kaputten Sachen? Ist es nicht viel eher so, dass wir bemüht sind, alles Belastende in unseren inneren Schubladen zu verstauen? Und ist es nicht die höhere Weisheit, sich von den unangenehmen Dingen einfach nicht zu sehr belasten zu lassen, sondern sie nachgerade zu vergessen? In diesem Sinne ist Juli schon zu einer höheren Einsicht gelangt als ich. Und es ist ihr gutes Recht, das Chaos um und in ihrem neuen Schrank wachsen zu lassen. Solange er stehen bleibt. Ich habe ihn nur oberflächlich zusammengebaut.

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Illustration ALINE ZALKO Zu hören unter www.zeit.de/audio
»Aufräumen macht alles nur noch schlimmer«

Was ich gern früher gewusst hätte

Die Liebe darf nicht zur Gewohnheit verkommen.

Es ist nicht die Liebe, die scheitert. Wir scheitern oft an der Liebe.

Begrenze deinen Ehrgeiz.

Man braucht Geld, aber man sollte es nicht lieben.

Gelassenheit hilft immer und Panik gar nicht.

Gesund zu bleiben, das steht leider nicht in unserer Macht.

In Bewegung bleiben, wie auch immer.

Der Endlichkeit ehrlich in die Augen schauen.

Alles Unwichtige an E-Mails und Nachrichten sofort löschen.

In Maßen genießen.

Genuss und Askese schließen sich aus.

Wer sich früh von seiner Heimat entfernt, wird Jugendfreundschaften verlieren.

Hier schreiben jede Woche Prominente, was sie erst spät begriffen haben. Mario Adorf, geboren 1930 in Zürich, ist Schauspieler und Autor. Er hat in mehr als 130 Kinofilmen mitgespielt, unter anderen in Die Blechtrommel, Der große Bellheim und Rossini. Adorf ist in zweiter Ehe verheiratet und lebt abwechselnd in München, Paris und Saint-Tropez

Aufgezeichnet
von EMILIA SMECHOWSKI Illustration ROBERT RADZIEJEWSKi (Foto ullstein bild)
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Die schöne Art, Englisch zu lernen!

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