BAUKULTUR Zeitschrift des DAI Verband Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine e.V.
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Schwerpunkt Bauen mit Beton
AIV Hamburg Bauwerke des Jahres 2012
BAUKULTUR
beton
www.zueblin.de
BAUEN MIT VISIONÄRER KRAFT
Große Ingenieurleistungen erfordern vor allem eins: einen starken Partner, der anspruchsvolle Bauvorhaben professionell, präzise und kostenbewusst umsetzt. Die Ed. Züblin AG überzeugt seit mehr als 110 Jahren durch bautechnologische Pionierleistungen, die es ermöglichen, visionäre Bauvorhaben auf der ganzen Welt zu realisieren. Stadtbildprägende Architekturen zählen ebenso zu unseren Leistungen wie spektakuläre Brückenkonstruktionen, hochkomplexe Tunnel oder anspruchsvolle Spezialtiefbauten. Wirtschaftliches Denken, partnerschaftliche Zusammenarbeit und ein bewusster Umgang mit Ressourcen gehen bei Züblin Hand in Hand. Das Ergebnis sind Bauleistungen, die sich durch Nachhaltigkeit und hervorragende Qualität weltweit einen Namen machen. Ed. Züblin AG Albstadtweg 3, 70567 Stuttgart Tel. +49 711 7883-0 info@zueblin.de
editorial
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LIEBE KOLLEGINNEN UND KOLLEGEN, VEREHRTE LESER UND FREUNDE DER BAUKULTUR, ein weiterer Jahreswechsel steht bevor. Das zu Ende gehende Jahr war ein durchaus politisches Jahr: Landtagswahlen in Niedersachsen, Bayern und Hessen. Außerdem wurde der Bundestag am 22.9.2013 neu gewählt. Beim Verfassen dieser Zeilen ist die Regierung noch immer nicht gebildet. Wir hoffen aber sehr, dass das neue Jahr auch mit einer neuen Bundesregierung starten kann und dann auch die fachlichen Zuschnitte klar sind, damit wichtige Projekte vorangetrieben werden können. Kurz nach dem letzten Verbändegespräch in Berlin haben die Verbände und Kammern nochmals einen dringlichen Appell an die Koalitionsverhandler gerichtet, damit die Zuständigkeit für die HOAI in Zukunft im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung gebündelt wird. Sobald das „Interregnum“ hinter uns liegt, wird auch der DAI seine politische Arbeit fortsetzen und intensivieren. Zu lange schon haben die Räder mehr oder weniger stillgestanden. Mit Blick auf das gesellschaftspolitische Großprojekt Energiewende fehlt nach wie vor der Durchbruch. Zu vieles läuft augenscheinlich unkoordiniert. Zwar wurde mit der Verabschiedung der Energieeinsparverordnung Anfang Oktober ein weiterer Schritt in Richtung Energieeffizienz getan. Ohne Einbindung in eine Gesamtstrategie greifen einige der Maßnahmen aber schlicht zu kurz – oder gar nicht. Beim DAI Tag in Koblenz haben wir zu diesen und anderen Themen intensiv diskutiert. Sie haben einige Eindrücke in der vergangenen Ausgabe der BAUKULTUR mitnehmen können und finden auch in dieser Ausgabe weitere Hinweise dazu, so die Laudatio von Reinhard Hübsch auf den diesjährigen DAI Literaturpreisträger Gerhard Matzig. Darüber hinaus haben wir eine Bilderreihe auf der Web-Seite unter www.dai.org eingestellt. Bei der Bundesstiftung Baukultur hat es im vergangenen Frühjahr einen Führungswechsel gegeben. Dipl.-Ing. Reiner Nagel ist der neue Vorstandsvorsitzende, mit dem wir uns regelmäßig austauschen. Die Kolumne in dieser Zeitschrift, die unter seinem Vorgänger etabliert wurde, bleibt fester Bestandteil und Ausdruck der engen Kooperation zwischen Stiftung und unserem Verband. Dass der DAI ein dynamisches Netzwerk ist, wissen Sie. Auch im ablaufenden Jahr hat es Veränderungen bei den
Mitgliedern gegeben. Der Oberrheinische AIV Freiburg hat beschlossen, ab dem 1.1.2014 dem DAI beizutreten. Das freut uns sehr. Bedauerlicherweise hat sich der AIV Mecklenburg-Strelitz aufgelöst. Damit bleibt es bei einer Mitgliederzahl von 32 Vereinen. Allerdings konnten wir 2013 drei weitere Förderpartner für unsere Arbeit gewinnen: Das ECBNetzwerk der Firma BayerMaterial Science AG, die Anwaltsund Wirtschaftskanzlei Zirngibl Langwieser sowie das Unternehmen Schindler Deutschland AG & Co. KG. Das ist mehr als erfreulich. Gemeinsam mit dem ECB-Netzwerk konnten wir Ende November eine gute Veranstaltung unter aktiver Mitwirkung der AIVe in Hamburg und Pinneberg in der Hamburger Kunsthalle durchführen. Im DAI Präsidium besprechen wir dieser Tage auch die Planungen für 2014. Die internationale Fachexkursion im kommenden Herbst wird wieder einmal nach Osten führen: Singapur und Bali stehen auf dem Programm, das Sie bereits heute auf unserer Web-Seite einsehen können. Wir werden weiterhin an den intensiven und fruchtbaren Gesprächen der DAI Regionaltreffen festhalten. Hierzu sind wir u.a. mit dem AIV Leipzig im Gespräch. Aber auch in Augsburg werden wir ein weiteres Mal zusammenkommen, um den DAI Tag 2014 vom 26.–28. September in der Fugger-Stadt vorzubereiten. Auch sind weitere Fachveranstaltungen mit unseren Partnern geplant. Über die Inhalte und die Termine werden wir Sie rechtzeitig informieren. Freuen wir uns also auf ein spannendes und erfolgreiches neues Jahr. Persönlich wünsche ich Ihnen in erster Linie viel Gesundheit. Achten Sie auf sich, auf die BAUKULTUR und auf das gute Miteinander im Dachverband der Deutschen Architekten- und Ingenieurvereine. Die planenden und bauenden Berufe verdienen unser aller Aufmerksamkeit – heute und in Zukunft. Herzlichst Ihr
Prof. Dipl.-Ing. Christian Baumgart DAI Präsident
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DAI in deutschland
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Neue DAI Förderpartner Seit 1.11.2013 gehört die Schindler Deutschland AG & Co. KG zu den DAI Förderpartnern. Das Unternehmen Schindler mit Hauptsitz in der Schweiz ist ein weltweit führender Konzern für Aufzüge und Fahrtreppen. Neueste, zukunftsorientierte Technologien sind die Basis für Schindler Produkte und Services. Nachhaltigkeit und Umwelteffizienz sind integrale Bestandteile der Firmenphilosophie.
Kiel
Pinneberg
Osnabrück
Dortmund
Düsseldorf
Seit 1.12.2013 gehört die Rechtsanwaltskanzlei Zirngibl Langwieser zu den DAI Förderpartnern. Die Rechtsanwaltskanzlei Zirngibl Langwieser ist eine überregional tätige, mittelständische Kanzlei mit über 50 Rechtsanwälten an 4 Standorten (Berlin, Frankfurt, München, Wien). Sie ist umfassend im Vergaberecht sowie im Bau- und Immobilienrecht tätig.
Wiesbaden Aschaffenburg Mainz
Mannheim
Saar
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DAI Mitgliedsverein mit Textbeitrag in der vorliegenden Ausgabe
DAI MITGLIEDSVEREINE AIV Aschaffenburg AIV Aschersleben-Staßfurt AIV Bad Hersfeld AIV Bielefeld AIV Braunschweig AIV Frankfurt AIV Hamburg AIV Hanau AIV Hannover AIV Hildesheim AIV Ulm
AIV Karlsruhe AIV Koblenz AIV KölnBonn AIV Konstanz AIV Leipzig AIV Magdeburg AIV Marburg AIV Mark-Sauerland Hagen AIV Schweinfurt AIV Stuttgart AIV Wetterau
AIV Würzburg AIV zu Berlin Dortmunder AIV Mittelrheinischer AIV Darmstadt Münchener AIV Münsterländer AIV Oberrheinischer AIV Freiburg Oldenburgischer AIV Ruhrländischer AIV zu Essen Schwäbischer AIV Augsburg
inhalt
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Editorial Prof. Christian Baumgart DAI in Deutschland Inhalt
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Nachrichten Kolumne Bundesstiftung Baukultur Was kann Baukultur leisten?
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DAI Blickpunkt Prof. Dr. Irmgard Lochner-Aldinger, AIV Stuttgart
10–12
DAI aktuell DAI Literaturpreis 2013: Laudatio
14–16
DAI regional AIV Hamburg: Bauwerke des Jahres 2012
17–34 17 18–19 20–23 24–27 28–29 30–31 32–33 34
Schwerpunkt Bauen mit Beton Auszeichnung: Bewegungsfeld in Würzburg Farbgebung von Sichtbeton Methoden der Topologieoptimierung: Entwurfsstudien für das Gestalten mit Beton Interview: Museum für Architekturzeichnung in Berlin Beton 2+: Zweifamilienhaus in Stuttgart Puristische Schönheit: Kelterhalle eines Weinguts in der Südpfalz Üppig geformt: Schauturbine in Pernegg Betoninstandsetzung: Balduinbrücke in Koblenz
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Advertorials Liapor GmbH & Co. KG: Gestockte Fassadenoberfläche Caparol Farben Lacke Bautenschutz: Glasgewebe der Zukunft Bilfinger Hochbau GmbH: Nachhaltig und flexibel
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Titel: Museum für Architekturzeichnung in Berlin (Foto: Patricia Parinejad)
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nachrichten
58. Beton-Tage Steigende technische und ökologische Anforderungen an das Bauen, neue Normen und Gesetze sowie zunehmend komplexe Planungsprozesse fordern intelligente Materialien und Produkte. Welche Rolle der Baustoff Beton dabei zukünftig spielen wird, thematisieren die 58. BetonTage, die vom 18.–20.2.2014 in Neu-Ulm stattfinden werden. www.betontage.de Architekturpreis Beton Der Architekturpreis Beton zeichnet herausragende Leistungen der Architektur und Ingenieurbaukunst aus, deren Qualität von den gestalterischen, konstruktiven und technologischen Möglichkeiten des B au s t o f f s B e t o n geprägt ist. Auslober ist das InformationsZentrum Beton in Kooperation mit dem BDA. Architekten, Ingenieure und Bauherrn sind eingeladen, in Deutschland realisierte Projekte des Wohn-, Kultur- oder Verwaltungsbaus wie auch Industriebauten und Ingenieurbauwerke einzureichen, die nach dem 1.1.2010 fertiggestellt wurden. Die Einreichungsfrist endet am 20.3.2014. Der Preis ist mit 25.000 Euro dotiert. www.architekturpreis-beton.de Klimaschonender Zement Die Zementherstellung und -verwendung sind für rund 6 % des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich. Eine Forschergruppe der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg in Sankt Augustin hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese CO2-Emissionen
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zu reduzieren. Mit der Forschung bei innovativen Zusätzen zum Zement soll erreicht werden, dass die Kristallisation von Zementphasen besser steuerbar wird. Mit den zugesetzten Additiven lässt sich zudem die Festigkeit des Werkstoffs verbessern, sodass bei der Errichtung von Gebäuden weniger Zement zum Einsatz kommen muss. Die Klimabilanz beim Bau lässt sich so nachhaltig verbessern. Innerhalb des Projekts erfolgt neben den Grundlagenuntersuchungen beim Abbinden des Zements auch die Umsetzung der gewonnenen Kenntnisse in Empfehlungen für die Baupraxis. Als Partner sind die Universität Siegen sowie die Unternehmen Portlandzementwerk Wittekind Hugo Miebach Söhne KG, Cirkel GmbH & Co. KG, Temcon solutions GmbH und Henkel AG & Co.KGaA beteiligt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert mit 416.000 Euro. www.h-brs.de Kontrolle von Stahlfaserbeton Stahlbetonbau ist zeitraubend. Eine zeitsparende Variante stellt der Einsatz von Stahlfaserbeton dar. Dabei werden dem flüssigen Beton kiefernnadellange Stahlfasern beigemischt. Im ausgehärteten Beton übernimmt dieses Fasergewebe dann die Aufgabe der klassischen Bewehrung. Aufgrund seiner nur schwer zu ermittelnden Qualität hat sich der Stahlfaserbeton bislang jedoch nicht durchgesetzt. Für eine zuverlässige Bewertung sorgt jetzt ein Analyseverfahren, das am FraunhoferInstitut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM entwickelt wurde. Es geht darum zu ermitteln, wie die Fasern in einer Betonprobe verteilt sind. Die Forscher nutzen dafür Röntgendaten aus einem Computertomografen (CT).
Dazu wird ein 10 cm langer Bohrkern aus dem Beton gezogen und mit Röntgenstrahlung abgetastet. Das System macht mikrometerfeine Strukturen sichtbar. Das Ergebnis ist ein hochau fgelö s ter dreidimensionaler Datensatz mit etwa 8 Mrd. Bildpunkten, die mittels einer Software analysiert werden. Auf diese Weise wird nicht nur ermittelt, Auswertung CT-Aufnahme: Der Riss verläuft entlang wie hoch der der dunklen Fläche (Foto: Faseranteil in Fraunhofer ITWM) der Betonprobe ist, sondern auch, wie die Fasern ausgerichtet sind. Dies ist wichtig, wenn die Betonbauteile Kräfte aus einer bestimmten Richtung aufnehmen müssen. www.itwm.fraunhofer.de Schnelltest für Brückenschäden Am Institut für Massivbau und Baustofftechnologie (IMB) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) wurde ein neues Testverfahren entwickelt, das die Überprüfung von externen Spanngliedern an Betonbrücken ermöglicht. Damit können Brücken bei laufendem Verkehr innerhalb nur eines Tages auf Schäden an den Spannseilen untersucht werden. Die Technologie-LizenzBüro GmbH (TLB) unterstützt das KIT bei der Vermarktung und sucht nun Anwender und Lizenznehmer für das neuartige Messverfahren. www.imb.kit.edu/mb
Festball der Architekten und Ingenieure – traditionell veranstaltet vom AIV Hamburg Am 8.2.2014 findet der alljährlich vom Architekten- und Ingenieurverein Hamburg organisierte Festball für alle Architekten und Ingenieure aus der Metropolregion Hamburg statt. Alle rund um das Baugeschehen in Norddeutschland Engagierten sind herzlich eingeladen, auf einem der größten etablierten Hamburger Festbälle bis in den frühen Morgen zu tanzen und zu feiern. Der Ball bietet seit Jahrzehnten die Möglichkeit, inmitten der Ballsaison Freunde und Kollegen, Auftraggeber und Verbandsaktive zu treffen und sich in festlicher Atmosphäre auszutauschen. An Hamburgs feiner Adresse, dem Hotel Grand Elysée, zentral und exklusiv an der Rothenbaumchaussee gelegen, freut sich der AIV Hamburg darauf, Sie herzlich begrüßen zu dürfen. Nach Sektempfang und feinem 3-Gänge-Menü folgt auf zwei Tanzflächen der Start in eine rauschende Ballnacht. Der reguläre Eintritt beträgt 85 Euro. Ein Nachlass von 5 Euro auf diesen Preis wird für die Bestellung der Ballkarten bis zum 31.12.2013 gewährt. Studenten zahlen vergünstigt 45 Euro. Gleiches gilt für „late night guests“, ohne Teilnahme am Sektempfang und Menü. Der AIV Hamburg kann mit der Wahl dieses exklusiven Veranstaltungsortes nur eine begrenzte Kapazität an Plätzen anbieten, sodass um frühzeitige Anmeldung gebeten wird. Zur Anmeldung nutzen Sie bitte das Internet-Portal unter www.aivhh.de Tischarrangements mit Ihren Gästen stimmen Sie bitte mit der Geschäftsstelle des AIV Hamburg ab
kolumne
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Die Bundesstiftung Baukultur stellt ihre Arbeit vor
WAS KANN BAUKULTUR LEISTEN? Baukultur ist eine öffentliche Aufgabe, die sich für alle Fragen der Gestaltung von Landschaft, öffentlichem Raum, Architekten- oder Ingenieurbauwerken stellt. Aber was kann sie konkret bewirken? „Baukultur entsteht, wenn fach- und akteursübergreifend in einem strukturierten Dialog das gemeinsame Ziel einer qualitätsvollen Umwelt angestrebt wird. Im Ergebnis verbessern sich nicht nur die Lebensbedingungen unserer Gesellschaft, sondern es stellt sich eine Lust am guten Bauen ein“, stellte Reiner Nagel, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung Baukultur anlässlich der Verleihung des Deutschen Fassadenpreises 2013 in Frankfurt am Main fest. Die Bundesstiftung Baukultur will Lobbyistin für gutes Bauen und gebaute Umwelt sein. Dafür setzt sich die Stiftung nicht nur in Fachkreisen und interdisziplinären Runden ein, sondern will mit ihren Formaten auch die allgemeine Öffentlichkeit ansprechen. Dies ist umso dringender der Fall, wenn in den nächsten 5 Jahren vermutlich 1 Mio. Neubauwohnungen in Deutschlands Ballungszentren gebaut werden. Die Zinssätze sinken seit 2009 kontinuierlich, im November 2013 wurde der Leitzins von der Europäischen Zentralbank (EBZ) auf 0,25 % gesenkt. Die Immobilienbranche feiert den historisch günstigen Zinssatz, und der Wohnungsneubau erlebt einen Boom: Von Januar bis September 2013 wurde der Bau von 202.100 Wohnungen genehmigt, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Das waren 13,5 % oder 24.000 Wohnungen mehr als in den ersten 9 Monaten 2012 – so viele wie seit 2004 nicht mehr. Uns sollte es nicht egal sein, wie diese Wohnungen aussehen, wie nachhaltig sie sind und wie technologisch innovativ ihr Beitrag zum Klimawandel ist. Auf der ersten Baukulturwerkstatt am 18.1.2014 in Berlin wird die Bundesstiftung Baukultur daher das Thema „Gemischte Quartiere“ behandeln: Konkrete Fallbeispiele aus Architektur, Planung, Stadtentwicklung, Immobilien- und Wohnungsbranche stehen im Mittelpunkt. Der Trend hin zur Stadt stellt Deutschland vor Herausforderungen, der Zuzug in die Städte lässt Wohnraum knapp, die U-Bahn voller und die Straßen verstopfter werden. Das urbane Leben wird auch in den nächsten Jahren die Menschen anziehen – national wie auch international. Und die Gesellschaft will sich in der Stadt wiederfinden. Deshalb müssen alle Akteure, wenn es um die Baukultur geht, an einen Tisch. Die Baukulturwerkstätten 2014 sind ein geeignetes Format: Neben den gemischten Quartieren geht es dort auch um die technische Infrastruktur, den Ver-
kehr und den öffentlichen Raum und um die Frage, wie gute Planungs- und Baukultur entsteht. Krisen bei Großvorhaben (BER, Elbphilharmonie oder Stuttgart 21) können zum Reputationsverlust vieler Akteure führen, die mit Bau und Kultur im Zusammenhang stehen: Architekten, Ingenieure, Planer, Stadtverwaltungen, Baugewerbe, Wohnungswirtschaft und nicht zuletzt die Politik. Die Bürger müssen als Betroffene und Nutzer in den Prozess eingebunden sein – dank der digitalen Kommunikation ist das auch so einfach wie nie zuvor. Baukultur ist eben auch Prozesskultur: Sie ist alltäglich sehr viel präsenter als wir glauben und muss raus aus dem Nischendasein. Denise Junker www.bundesstiftung-baukultur.de
Vorstandsvorsitzender Reiner Nagel am 13.11.2013 in Berlin: Baukultur braucht Dialog (Foto: Till Budde)
Die Bundesstiftung Baukultur war Anfang November 2013 im Tübinger Mühlenviertel unterwegs, um vorbildliche Quartiersentwicklung vorzustellen (Foto: Andreas Stein)
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DAI blickpunkt
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DAI MITGLIED IM BLICKPUNKT Irmgard Lochner-Aldinger Prof. Dr.-Ing. Bauingenieurin Beiratsmitglied im AIV Stuttgart
Peter und Lochner Beratende Ingenieure für Bauwesen GmbH Haußmannstraße 78 70188 Stuttgart www.pul-ingenieure.de
Zur Person 1991 – 1997 Studium Bauingenieurwesen, Universität Stuttgart 1994 – 1995 Studium Bauingenieurwesen, University of Bath (England) 1997 Diplom, Institut für Leichte Flächentragwerke IL, Stuttgart 1998 – 1999 Prof. Polónyi und Partner, Berlin 1999 Ove Arup, Berlin seit 2000 Peter und Lochner Beratende Ingenieure, Stuttgart 2000 – 2005 Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin, Institut für Leichtbau, Entwerfen und Konstruieren ILEK, Universität Stuttgart 2001 – 2005 Lehrauftrag, Ecole Nationale des Ponts et Chaussées, Paris seit 2007 Professur Tragwerkslehre, Hochschule Biberach seit 2012 Stiftungsrat Stiftung Geißstraße seit 2013 Beirat AIV Stuttgart
„Kokon“ im Innenhof der KVB in München, Arch. realgrün Landschaftsarchitekten
Zum Büro Das Büro Peter und Lochner plant und prüft mit ca. 30 Mitarbeitern Bauvorhaben im In- und Ausland. Das Büro deckt das gesamte Spektrum eines klassischen Ingenieurbüros für Tragwerksplanung ab. Die Referenzliste umfasst Brücken, Hochbauten, Sanierung historischer Bauten, Türme und Industriebauten. Der Maßstab der Objekte reicht vom Standsicherheitsnachweis für Kunstobjekte bis hin zur Objektplanung großer Industrieanlagen. Das Büro hat zahlreiche Wettbewerbe gewonnen und vielfache Auszeichnungen erhalten. Das Büro Peter und Lochner, Beratende Ingenieure VBI, wurde im Oktober 1965 von den beiden Partnern Jörg Peter und Georg Lochner als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) gegründet. Im Januar 1998 wurde die GbR in die Peter und Lochner Beratende Ingenieure für Bauwesen GmbH umgewandelt. Seitdem sind die Diplomingenieure Peter Bock, Dieter Lippold und Roland Wetzel als Geschäftsführende Gesellschafter sowie die Diplomingenieure (FH) Martin Hertenstein und Christoph Wentz als Gesellschafter bestellt worden. Seit 2009 ist Prof. Dr.-Ing. Irmgard Lochner-Aldinger Gesellschafterin.
Brücke in Tübingen, Arch. R. Bogenrieder (oben) DFS-Tower, Arch. Ondra + Heinzelmann (unten)
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Zementwerk Lengerich: Aus statisch-konstruktiver Sicht ist das räumliche Tragverhalten der Schalenkonstruktion interessant
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Phosphat-Lagerhalle in Marokko: Die Herstellung der weitgespannten Konstruktion aus Fertigteilen hat die Montagezeit deutlich reduziert
Kassenärztliche Vereinigung Bayern KVB in München Die Besonderheit dieses Gebäudes liegt in der Integration von Nutzung, Tragwerk und Haustechnik in Verbindung mit dem Kombibüro-Konzept. Die Kommunikationszone in der Gebäudemitte wird von einer trogförmigen Konstruktion überspannt, die gleichzeitig der Ver- und Entsorgung dient und eine sehr wirtschaftliche Tragkonstruktion ermöglicht. „Kokon“ im Innenhof der KVB in München Verzinkte Bewehrungsstäbe sind an den Kreuzungspunkten des Rankgerüsts für Kletterpflanzen mit einfachen Schlauchklemmen miteinander verbunden. Bei der Montage spürbar war das Gefüge der zunächst biegeweichen Bewehrungsstäbe zum starren doppelt gekrümmten Flächentragwerk. Fuß- und Radwegbrücke in Tübingen Als Fahrbahnträger dient ein schlanker Stahlbeton-Plattenbalken. Dieser wird an den Widerlagern, am Pylon und zwei Zugstäben als Abspannungen unterstützt. Die Unterstützung am Pylon ist exzentrisch gesetzt, um die Torsion aus den Aufhängepunkten am Außenrand der Brücke auszugleichen. DFS-Tower in Düsseldorf Der DFS-Tower am Flughafen Düsseldorf ist mit 90 m Höhe der höchste einer ganzen „Turmfamilie“, die in den vergangenen Jahren an verschiedenen Standorten gebaut wurden. Für die Bemessung des Turmschafts aus Stahlbeton ist die Begrenzung der Schwingungen zur Sicherstellung der Behaglichkeit maßgebend. Die asymmetrisch aufgesetzten bzw. angehängten Elemente bestehen aus Stahl. La-Ferté-Steg in Stuttgart-Zuffenhausen Das klassische Prinzip, Stahl oben/Beton unten, ist auf den Kopf gestellt und in ein ungewöhnliches Verhältnis von Beton-Überbau zu extrem schlanken Stützen gesetzt. Die Form der Brücke ermöglicht eine zwängungsarme Verformung in radialer Richtung, sodass eine fugen- und lagerlose Bauweise möglich wurde. BW Bank in Böblingen Das Bauvolumen mit geschlossenen und offenen Flächen wurde in Bezug auf die Raumkanten der Nachbargebäude entwickelt. Die Umsetzung des räumlich wirkenden Tragsystems mit großen Auskragungen und geschwächten Scheiben erfolgte am FEM-Gesamtsystem.
Der La-Ferté-Steg in Stuttgart-Zuffenhausen erhielt 2006 den Deutschen Brückenbaupreis, Arch. asp Architekten
BW Bank in Böblingen, Arch. Kauffmann Theilig & Partner (oben) KVB in München, Arch. Lanz Architekten + Generalplaner (unten)
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