BAUKULTUR Zeitschrift des DAI Verband Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine e.V.
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Schwerpunkt Bauen am Wasser
AIV KölnBonn 140-jähriges Jubiläum
AIV zu Berlin Schinkel-Wettbewerb 2015
OAIV Freiburg Jahreshauptversammlung 2015
BAUKULTUR
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www.schindler.de
editorial
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LIEBE LESERINNEN UND LESER, VEREHRTE FREUNDE DER BAUKULTUR, die Erde wird auch der „Blaue Planet“ genannt. Mehr als 70 % sind mit Wasser bedeckt. Viele Wissenschaftler nehmen an, dass Wasser der Ursprung des Lebens ist. Auf jeden Fall ist Wasser eine Lebensgrundlage.
Mitgliedschaften im Förderverein zeigt, dass wir auf einem guten Weg sind. Unterstützen auch Sie den breit angelegten Dialog über die Baukultur, werden auch Sie Mitglied im Förderverein.
Die europäische Kulturlandschaft ist geprägt von Wasserläufen. Diese sind unerlässlich für den Transport. Sie dienen dem Wasserabfluss, der Trinkwasserversorgung sowie der Be- und Entwässerung. Wir nutzen Wasser zur Energieversorgung, etwa in Form von Wasserkraftwerken, aber auch als Kühlmittel für gängige Wärmekraftwerke. Durch die Fischerei tragen Gewässer zur Sicherung der Nahrungsgrundlage bei. Zudem dienen Meer, Flüsse und Seen unserer Erholung, denn das Wasser zieht die Menschen seit jeher an. Das zeigt sich auch in der hohen Besiedelungsdichte am Wasser.
Der Baukulturbericht 2014/15 der Bundestiftung setzt Maßstäbe in der nationalen und internationalen Diskussion. Er ist für Architekten, Planer, aber natürlich auch Bauherren und Investoren richtungsweisend. Der Bund muss dabei seiner Vorbildfunktion gerecht werden. Es ist gut und richtig, dass wir unsere Bundesstiftung Baukultur mehr als bisher auch in die Entwicklung und die Untersuchungen bundeseigener Bauten einbeziehen. So können Hinweise und Erkenntnisse der Stiftung für die Umsetzung der Bundesbauten besser genutzt werden. Die Arbeit der Bundesstiftung Baukultur ist gerade in Zeiten erhöhter Bau- und Sanierungstätigkeit von großer Bedeutung.
Die große Bedeutung von Wasser und sein Nutzungspotenzial spiegeln sich in der Baukultur wider. Denken wir nur an die prähistorischen Pfahlbauten in Deutschland, an die Aquädukte der alten Römer oder z. B. an den Schiffs- und Brückenbau. Die Wassertürme in unserem Land dienen nicht nur der Trinkwasserhygiene, sondern haben sich vielerorts zu identitätsstiftenden Wahrzeichen entwickelt. Die Integration und Nutzbarmachung von Wasser stellen Architekten und Ingenieure vor große Herausforderungen. So entstanden baukulturelle Denkmäler, wie z. B. die Dresdner Elbbrücke „Blaues Wunder“ oder das Schiffshebewerk Niederfinow bei Berlin – zwei Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst, die sich durch hohe architektonische aber ebenso durch hohe technische Qualität auszeichnen. Die Förderung der Baukultur in Deutschland steht auch im Fokus der Bundespolitik. Die Bundesstiftung Baukultur bringt dies zum Ausdruck. Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart: Wir werden die Bundesstiftung stärken und damit den breit angelegten Dialog im baukulturellen Bereich besser unterstützen. 1,3 Mio. Euro stehen jährlich im Bundeshaushalt für die Stiftung zur Verfügung, weitere 100.000 Euro stellen wir in diesem Jahr bereit. Das ist gut angelegtes Geld, auch mit Blick auf den Förderverein, der der Bundesstiftung Baukultur zur Seite gestellt ist. Ziel des Fördervereins ist es, Projekte, Akteure und Stiftungsaktivitäten miteinander zu vernetzen und den Erfahrungsaustausch zu intensivieren. Architekten, Verbände und Bauunternehmen engagieren sich über den Förderverein und setzen sich für die Belange der Baukultur ein. Das wiederum entlastet am Ende des Tages auch ein Stück weit den Bundeshaushalt und hilft, die Arbeit der Stiftung zu verstetigen. Die steigende Anzahl der
Auch das Wasser ist im Baukulturbericht 2014/15 ein wesentliches Thema. Die Renaturierung von kanalisierten und verrohrten Gewässern wirkt sich positiv auf das Klima aus und wertet städtische Erholungsräume auf. Desweiteren stehen auch die Instandhaltung und Erneuerung von Brücken und Leitungssystemen im Fokus. In manchen Städten brauchen wir bessere Entwässerungsanlagen. Die Hochwasserkatastrophe im Jahr 2013 hat uns erneut vor Augen geführt: Wasser ist nicht nur Lebensgrundlage. Wasser ist auch eine Naturgewalt. Wir müssen den Flüssen wieder mehr Raum geben und an bestimmten Stellen die Menschen besser vor ihnen schützen. Dazu haben wir im letzten Jahr das nationale Hochwasserschutzprogramm entwickelt. Lassen Sie uns, alle Akteure des Bauwesens, die großen Herausforderungen im Bauwesen gemeinsam angehen. Es sollte unser aller Ziel sein, dass bei der alltäglichen Kultur des Bauens Funktionalität und Ästhetik, Kostenbewusstsein und Nachhaltigkeit, aber auch baukulturelles Erbe und moderne Gestaltung künftig noch stärker ins Blickfeld rücken. Ihr
Volkmar Vogel, Mitglied des Deutschen Bundestages (MdB)
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DAI in deutschland
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DAI Tag 2015 Der DAI Tag findet in diesem Jahr vom 25.–27.9.2015 in Hannover statt. Im Rahmen der Gremiensitzungen wird am 25.9.2015 das DAI Präsidium neu gewählt. Höhepunkt der abendlichen Festveranstaltung am 26.9.2015 wird die Verleihung des DAI Literaturpreises in Schloss Herrenhausen sein. Für den 27.9.2015 sind verschiedene Thementouren in und um Hannover geplant.
Kiel
Pinneberg
Der DAI und der AIV Hannover freuen sich auf ihre Gäste!
Osnabrück
www.dai.org/veranstaltungen Dortmund
DAI Fachexkursion 2015
Düsseldorf
Ziel der diesjährigen DAI Fachexkursion für Architekten und Ingenieure ist Kuba. Es werden zwei Reisetermine angeboten: 30.10.–7.11.2015 und 20.11.–28.11.2015.
Wiesbaden Aschaffenburg Mainz
Das detaillierte Reiseprogramm und das Anmeldeformular finden Sie auf der DAI Web-Seite.
Mannheim
Saar
Nürnberg
www.dai.org/veranstaltungen
Freiburg
Folgen Sie dem DAI im Netz: www.dai.org www.facebook.com/baukultur
DAI Mitgliedsverein kein DAI Mitgliedsverein
www.twitter.com/baukultur
DAI Mitgliedsverein mit Textbeitrag in der vorliegenden Ausgabe
DAI MITGLIEDSVEREINE AIV Aschaffenburg AIV Aschersleben-Staßfurt AIV Bad Hersfeld AIV Bielefeld AIV Braunschweig AIV Frankfurt AIV Hamburg AIV Hanau AIV Hannover AIV Hildesheim AIV Ulm
AIV Karlsruhe AIV Koblenz AIV KölnBonn AIV Konstanz AIV Magdeburg AIV Marburg AIV Mark-Sauerland AIV Schweinfurt AIV Stuttgart AIV Wetterau AIV Würzburg
AIV zu Berlin Dortmunder AIV Mittelrheinischer AIV Darmstadt Münchener AIV Münsterländer AIV Oberrheinischer AIV Freiburg Oldenburgischer AIV Ruhrländischer AIV zu Essen Schwäbischer AIV Augsburg
inhalt
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Titel: Wohnen auf dem Wasser im Amsterdamer Stadtteil Ijburg, Niederlande (Foto: Marcel van der Burg)
Editorial Volkmar Vogel DAI in Deutschland Inhalt Rubriken Nachrichten Kolumne Bundesstiftung Baukultur Wirtschaft + Recht DAI aktuell Aus dem Präsidium
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DAI regional AIV KölnBonn: 140-jähriges Jubiläum AIV zu Berlin: Schinkel-Wettbewerb 2015 entschieden OAIV Freiburg: Jahreshauptversammlung 2015
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Schwerpunkt: Bauen am Wasser Museumsschiff: Erweiterungsbau des Rhein-Museums in Koblenz Maritim und hafenaffin: Bürogebäude im Neusser Hafen Der Hafen gibt, der Hafen nimmt: HafenCity Hamburg Urban-maritime Atmosphäre: Stadthafen Senftenberg Wassertouristische Erlebniswelten: Leipziger Neuseenland Die ultimative Freiheit des Wassers: Waterbuurt-West in Amsterdam Unterwegs in der Karibik: Moderne Kreuzfahrtschiffe Neubauten für den Schiffsbetrieb: Zwei Beispiele
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Advertorials | Anzeigen Trilux GmbH & Co. KG: Leuchtende Hafenpromenade
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Autoren | Vorschau | Impressum
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nachrichten
Deutscher Fassadenpreis für VHF 2015 Mit dem Deutschen Fassadenpreis für vorgehängte hinterlüftete Fassaden (VHF) würdigt der FVHF außergewöhnliche Leistungen von Architekten, Ingenieuren und ihren Bauherren. Die Anforderungen an Fassaden reichen von hoher energetischer Effizienz und Wirtschaftlichkeit über das sensible Einfügen in die Umgebung bis hin zu exzellenter handwerklicher Ausführung und langfristiger Beständigkeit. Beste Chancen auf eine Auszeichnung haben innovative Projekte, deren nachhaltige Fassadenlösungen gestalterische, technische und wirtschaftliche Vorzüge gleichermaßen vereinen. Einsendeschluss ist der 15.5.2015. Am 1.10.2015 präsentiert der FVHF die Preisträger in einer Festveranstaltung im Deutschen Architekturmuseum Frankfurt (DAM). www.fvhf.de Deutscher Brückenbaupreis 2016 Die Bundesingenieurkammer und der Verband Beratender Ingenieure VBI haben den „Deutschen Brückenbaupreis 2016“ ausgelobt. Der 2006 ins Leben gerufene Preis ist der bedeutendste Ingenieurbaupreis Deutschlands. Er wird in den beiden Kategorien „Straßen- und Eisenbahnbrücken“ und „Fußund Radwegbrücken“ an jeweils ein besonders kreatives, konstruktiv und ästhetisch herausragendes Bauwerk vergeben. Es können Bauwerke vorgeschlagen werden, deren Fertigstellung, Umbau oder Instandsetzung zwischen 1.9.2012 und 1.9.2015 abgeschlossen worden ist. Die Ausschreibung ist online abrufbar. Einsendeschluss ist der 12.9.2015. www.brueckenbaupreis.de Frei Otto 1925–2015 Der diesjährige Pritzker-Architekturpreis wird posthum an Frei Otto verliehen, weil er nach Aussage der Jury nicht nur Architekt, sondern auch „Forscher, Erfinder, Formfinder, Ingenieur, Baumeister, Lehrer, Mitarbeiter, Umwelt-Aktivist, Humanist und Schöpfer unvergesslicher Gebäude und Orte“ gewesen sei. Frei Otto war einer der bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts. Für sein Lebenswerk wurde er 1996 mit dem Großen DAI Preis für Baukultur ausgezeichnet. In seiner Arbeit hat er sich wesentlich
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dem Leichtbau verschrieben. Zu den bekanntesten Projekten gehören bis heute die Überdachung der OlympiaSportstätten in München (mit Günter Behnisch und Jörg Schlaich) und die Großvoliere im Münchener Tierpark Hellabrunn. Frei Otto ist am 9.3.2015 gestorben. Architektur der Unabhängigkeit Als viele zentral- und schwarzafrikanische Länder in den 1960er Jahren ihre Unabhängigkeit erlangten, wurde experimentelle und futuristisch anmutende Architektur zu einem wesentlichen Mittel, die nationale Identität der jungen Staaten zum Ausdruck zu bringen. Eine Ausstellung in der Vitra Design Museum Gallery präsentiert bis 31.5.2015 erstmals diese außergewöhnliche Periode der jüngsten Architekturgeschichte, recherchiert von dem Architekten und Autor Manuel Herz und mit einem
Independence Arch in Accra (Ghana), 1961 (Foto: © Manuel Herz)
wesentlichen Beitrag des Fotografen Iwan Baan. Die Ausstellung dokumentiert über 50 Bauten in Kenia, der Côte d‘Ivoire, Sambia, Ghana und Senegal, die den hoffnungsvollen Geist widerspiegeln, der zu jener Zeit in diesen Ländern herrschte. www.design-museum.de 52 Wochen, 52 Städte Diese Ausstellung mit Fotografien von Iwan Baan ist bis 14.6.2015 im Deutschen Architekturmuseum Frankfurt (DAM) zu sehen. Iwan Baan ist ein großer Meister seines Fachs und hat die Werke all derer fotografiert, die in der Architektur Rang und
Traditionelles Lobi-Dorf, Nordghana (Foto: © Iwan Baan)
Namen haben – von Rem Koolhaas über Herzog de Meuron und SANAA, von Steven Holl über Toyo Ito bis zu Zaha Hadid. Aber die klassische Architekturfotografie, kühl und makellos inszeniert, reicht ihm nicht. Iwan Baan denkt und fotografiert in sozialen Kontexten, vielmehr daran interessiert, wie Menschen sich zur Architektur in Beziehung setzen, sie in Besitz nehmen, benutzen und damit verändern. www.dam-online.de ZOOM! Architektur und Stadt im Bild Bis 21.6.2015 zeigt das Architekturmuseum der TU München Fotografien und Videoarbeiten von 18 internationalen Fotografen, die sich mit der Beziehung und Abhängigkeit von Architektur und gesellschaftlichem wie wirtschaftlichem Wandel beschäftigen. In ihren Arbeiten konzentrieren sie sich nicht auf eine Repräsentation von Bauten, sondern auf eine Annäherung an Stadtstrukturen und deren Veränderungsprozesse sowie auf individuelle Lebensräume. Im Nebeneinander der Aufnahmen aus verschiedenen Ländern und Kontinenten werden Brüche und Gemeinsamkeiten sichtbar. Ziel und Aufgabe der Ausstellung ist es zu zeigen, dass auch die zeitgenössische Architekturfotografie „so bedeutend ist wie nie zuvor“ (in Anlehnung an Michael Fried) – wenn sie denn ihre Relevanz in wandelnden gesellschaftlichen Bedingungen aktiv wahrnimmt. www.architekturmuseum.de 15. Deutsche Betonkanu-Regatta Die diesjährige Betonkanu-Regatta findet vom 19.–20.6.2015 in Brandenburg an der Havel statt. Sie wird von der BetonMarketing Deutschland und der BetonMarketing Nordost veranstaltet. Die Teilnehmer kommen aus Schulen, Hochschulen und anderen Institutionen, an denen Betontechnik gelehrt wird. Im Wettbewerb geht es darum, die Festigkeit und Wasserdichtheit der Baustoffe so in der Konstruktion zu nutzen, dass leichte und gleichzeitig robuste Kanus entstehen. Prämiert werden nicht nur sportliche Höchstleistungen, sondern auch Kreativität bei der Gestaltung der Boote und besonders originelle Mannschaftsauftritte. Bei Entwurf, Bau, Transport und Rennen sind Phantasie, Engagement und vor allem Teamwork gefragt. www.betonkanu-regatta.de
kolumne
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Die Bundesstiftung Baukultur stellt ihre Arbeit vor
NEUE RÄUME – BAUKULTUR IN DEUTSCHLANDS STÄDTEN Baukultur jetzt auch am Kiosk
Wir brauchen neue Räume in Deutschlands Städten – doch welche? Wer plant, gestaltet und belebt diese neuen Orte, Plätze, Straßen und Gebäude? Mit der Zeitschrift „Neue Räume – Baukultur in Deutschlands Städten“ werden die Themen des Baukulturberichts 2014/15 und der Baukulturwerkstätten durch das Team der Zeitschrift Stadtaspekte neu beleuchtet und der Begriff Baukultur durch Reportagen, Interviews, Bildstrecken und Illustrationen mit Leben gefüllt. Die seit 20.3.2015 erhältliche Sonderausgabe von Stadtaspekte, die in Zusammenarbeit mit der Bundesstiftung Baukultur entstand, fragt nach der Realität von Planen, Leben und Wohnen und stellt die deutsche Stadt der Gegenwart auf den Prüfstand. Mit den drei Themenbereichen Planen, Leben und Wohnen werden die Schwerpunkte der Bundesstiftung Baukultur „Planungskultur“, „Öffentlicher Raum und Infrastruktur“ und „Gemischte Quartiere“ aufgegriffen. So werden aus den Baukulturwerkstätten 2014 und dem Baukulturbericht 2014/15 bekannte Projekte aus einem neuen Blickwinkel betrachtet und durch zusätzliche Fallbeispiele ergänzt. Aktuelle Themen wie Bürgerbeteiligung, Gentrifizierung und Wohnraummangel werden sowohl in einen allgemeinen Zusammenhang gestellt als auch an konkreten Beispielen erzählt oder mit Ergebnissen aus den Umfragen, die für den Baukulturbericht
links Die Sonderausgabe „Neue Räume“ der Zeitschrift Stadtaspekte entstand in Zusammenarbeit mit der Bundesstiftung Baukultur
durchgeführt wurden, in Beziehung gesetzt. Und nicht zuletzt kommen die wichtigsten Akteure der Baukultur zu Wort: die Nutzer. Bei allen Betrachtungen stehen weniger der fachliche Blick im Fokus als vielmehr neue und unverstellte Perspektiven auf städtische Räume und Phänomene: Autorin Lisa Rüffer verbringt einen Tag in Ulms neuer Stadtmitte, die auf einer ehemals 6-spurigen Straße errichtet wurde. Architekturvermittler Riklef Rambow erläutert an einem Baugruppenprojekt in der Ritterstraße in Berlin-Kreuzberg, warum es Architektur so schwer fällt, sowohl den Laien- als auch den Expertengeschmack zu bedienen, und Redakteur Sven Stienen besuchte die Margarethenhöhe in Essen, die erste Gartenstadt Deutschlands, in deren kleinbürgerlicher Idylle sich ein Generationenkonflikt abzeichnet. Neben großformatigen Fotostrecken und Illustrationen erhalten auch freiere Textformate einen Platz im Heft – wie ein die einzelnen Artikel verknüpfender Beitrag, Portraits von Bewohnern des Hamburger Weltquartiers und eine aufwändig ermittelte Sprachanalyse von Münchner Wohnungsinseraten. Mit der Darstellung ihrer Themen im Zeitschriftenformat und der unverstellten Betrachtung von außen durch das junge Redaktionsteam von Stadtaspekte beschreitet die Bundesstiftung Baukultur Neuland. Abstrakte Begriffe werden anschaulich und greifbar gemacht, verschiedene Blickwinkel auf das Gebaute und den öffentlichen Raum zugelassen. „Neue Räume“ spiegelt damit den Anspruch der Bundesstiftung Baukultur wider, über unsere Lebensräume und ihre Qualitäten nachzudenken, Baukultur als Planungs- und Kommunikationskultur zu sehen sowie interdisziplinär zu diskutieren und zu handeln. Das Heft verdeutlicht, dass Baukultur gestalterische, funktionale, ökonomische und soziale Mehrwerte erzeugt – und es stellt klar: Baukultur hat alltägliche Relevanz! Die Zeitschrift mit 112 Seiten kann im deutschen Bahnhofs- und Flughafenpressehandel, in ausgewählten Architektur- und Fachbuchläden sowie unter www.stadtaspekte.de für 8,90 Euro erstanden werden. Zudem erscheint das Heft auch in englischer Sprache unter dem Titel „New Spaces – Baukultur in German Cities“ im Fachhandel des europäischen und amerikanischen Auslands. Auch die englische Ausgabe ist unter www.stadtaspekte.de zu erhalten. Sebastian Schlüter, Heiko Haberle
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wirtschaft + recht
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§§ Die in Berlin, Frankfurt, München und Wien ansässige Kanzlei Zirngibl Langwieser Rechtsanwälte Partnerschaft ist Premiumpartner des DAI. Zu ihren bundesweiten Arbeitsschwerpunkten zählen das Immobilien- und Baurecht sowie das Vergaberecht.
NEUES AUS DEM... ...Immobilien- und Baurecht
...Vergaberecht
Beurkundungspflicht eines Bauvertrags, der eine Bebauung auf einem zu erwerbenden Grundstück vorsieht?
Aufhebung der Ausschreibung wegen falscher Kostenschätzung?
Ein Fall aus der Baupraxis ist es, dass ein Bauunternehmer dem Eigentümer eines baureifen Grundstücks anbietet, Kaufinteressenten für dessen Grundstück zu vermitteln. Der Bauunternehmer erwirbt nicht selbst Eigentum an dem Grundstück, bewirbt dieses jedoch einheitlich mit der Bebauung zu einem Festpreis, führt die gesamte Korrespondenz mit Interessenten und verhandelt mit diesen den Grundstückskaufvertrag. Verkäufer und Käufer treten erstmals bei der Beurkundung miteinander in Kontakt.
Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte Tischlerarbeiten europaweit im Offenen Verfahren ausgeschrieben. Bieter A hatte ein Angebot abgegeben und wurde vom AG allein zu einem Aufklärungsgespräch eingeladen. Im folgenden hob der AG das Vergabeverfahren auf, weil die Angebotssummen sämtlicher Angebote weit über den veranschlagten Haushaltsmitteln lagen, und kündigte eine Neuausschreibung der Leistungen an; später schrieb er diese Leistungen erneut aus und erteilte auch den Zuschlag. Dagegen wehrte sich A.
Im Vorfeld der notariellen Beurkundung des Kaufvertrags wird dann ein Bauvertrag zwischen Käufer und Bauunternehmer geschlossen, der eine Bebauung auf dem noch zu erwerbenden Grundstück vorsieht. Dieses Vorgehen führt zu der Frage der Beurkundungspflichtigkeit des Bauvertrags.
Nach der neuen BGH-Rechtsprechung ist somit in der vorliegenden Konstellation neben dem Kaufvertrag auch der Bauvertrag notariell zu beurkunden, da ansonsten eine Formnichtigkeit beider Verträge droht. Hinzuweisen ist jedoch auf die Heilung der formnichtigen Verträge durch Auflassung und Eintragung des Käufers in das Grundbuch.
Nach Auffassung des OLG Naumburg (Beschluss vom 27.11.2014 – 2 U 152/13) habe der AG die Ausschreibung rechtswidrig aufgehoben und insoweit eine schuldhafte Pflichtverletzung begangen; er habe seinen Pflichten aus § 2 Abs. 5 und § 17 Abs. 1 VOB/A nicht genügt. Nach § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A dürfe eine Ausschreibung nur dann aufgehoben werden, wenn „andere schwerwiegende Gründe“ bestünden, also Gründe, die in ihrer Bedeutung mit denen in § 17 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 VOB/A vergleichbar seien. Ein solch schwerwiegender Grund könne zwar grundsätzlich auch darin liegen, dass ausreichende Haushaltsmittel nicht zur Verfügung stünden. Hierfür genüge jedoch die objektive Überschreitung der Ansätze der eigenen Kostenschätzung und Kostenplanung alleine nicht. Denn nach § 2 Abs. 5 VOB/A dürfe ein AG Bauleistungen nur ausschreiben, wenn er berechtigt davon ausgehen dürfe, dass er die Leistungen auch bezahlen könne. Dies erfordere regelmäßig eine pflichtgemäße Ermittlung der voraussichtlichen Kosten sowie eine Prüfung, dass ihm die erforderlichen Haushaltsmittel dafür zur Verfügung stünden. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH komme eine sanktionslose Aufhebung einer Ausschreibung nur dann in Betracht, wenn der schwerwiegende Aufhebungsgrund erst nach Beginn der Ausschreibung eingetreten sei oder dem Ausschreibenden zuvor jedenfalls nicht bekannt sein konnte. Das schließe es aus, dass der AG die Aufhebung der Ausschreibung erfolgreich auf eine Kostenschätzung und die Überschreitung der darin ermittelten Kostensätze stützen könne, wenn seine Kostenschätzung nicht ordnungsgemäß zustande gekommen sei.
Rechtsanwalt Dr. Fabian Drescher
Rechtsanwalt Michael Werner
Bislang wurde dies nach der Rechtsprechung des V. und VI. BGH-Senats verneint, sofern die Kaufvertragsparteien den Kaufvertrag unabhängig vom Abschluss des Bauvertrags abschließen wollten. Im Ergebnis anders entschied der VII. Senat des BGH mit Urteil vom 22.07.2010 (VII ZR 246/08), dessen Auffassung auch durch ein Urteil des OLG Koblenz vom 25.03.2014 (3 U 1080/3) gestützt wird: Danach kommt es bei einem vor einem Grundstückskaufvertrag geschlossenen Bauvertrag nicht auf den Willen der Kaufvertragsparteien, sondern den der Parteien des Bauvertrags an. Der Bauvertrag ist demnach beurkundungspflichtig, wenn die Bauvertragsparteien übereinstimmend davon ausgehen, dass der Grundstückserwerb nach dem Willen der Parteien des Kaufvertrags vom Bauvertrag abhängt. Dies wiederum ist u. a. anzunehmen, wenn laut Bauvertrag die Bebauung gerade auf dem zu erwerbenden Grundstück erfolgen soll.
Ansprechpartner Berlin: RA Lars Robbe, Tel.: 030–880331–231, Fax: 030–880331–100, Mail: l.robbe@zl-legal.de, www.zl-legal.de Ansprechpartner München: RA Dr. Ulrich May, Tel.: 089–29050–231, Fax: 089–29050–290, Mail: u.may@zl-legal.de, www.zl-legal.de
DAI aktuell
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AUS DEM PRĂ„SIDIUM Das diesjährige DAI Regionaltreffen West fand am 13.3.2015 auf Einladung des AIV KĂślnBonn in KĂśln-Ehrenfeld statt. Neben den aktuellen baupolitischen Fragen wurden verschiedene Themen aus den DAI Mitgliedsvereinen besprochen. DAI Präsident Prof. Christian Baumgart gab einen Ăœberblick Ăźber die politische Arbeit des Verbandes in Berlin: Aus der Gastgeberrolle des DAI beim letzten Verbändegespräch mit Baustaatssekretär Gunther Adler sind einige konkrete Aufgaben und politische Projekte erwachsen. Insbesondere mit Blick auf die Berufspolitik und die Ausbildung (vgl. Augsburger Erklärung des DAI) haben sich Kammern und Verbände auf eine Reihe von Eckpunkten verständigt, die es nun gilt, weiter zu verfolgen. Beim Vergaberecht sei man ebenso in Verhandlungen wie hinsichtlich der Weiterentwicklung der HOAI und des Architekten- und Ingenieurvertragsrechts.
Was die Bedeutung der Energiewende und die damit einhergehende energetische Gebäudesanierung fĂźr die planenden und bauenden Berufe angeht, so wurde u. a. von der gemeinsamen Veranstaltung des DAI zusammen mit ECB (Eco Commercial Building Programm der Bayer MaterialScience AG) und iproplan Anfang März in Chemnitz berichtet. Eine gemeinsame Presseerklärung im Nachgang hat die Diskussion zusammengefasst. Es muss immer wieder betont werden, dass die Architekten und Ingenieure die bereits ausgebildeten Fachleute sind, und es nicht noch zusätzlich eine Fachrichtung „Energieberatung“ geben muss, von der keiner genau weiĂ&#x;, welche Qualifikation gefordert und am Ende gefĂśrdert wird. AuĂ&#x;erdem ist es den bauenden und planenden Berufen ein Anliegen, nicht alle baukulturell wertvollen Errungenschaften auf dem Altar der energetischen Sanierung zu opfern.
Das diesjährige DAI Regionaltreffen West fand auf Einladung des AIV KÜlnBonn statt
Aus den AIVen wurde berichtet, dass verschiedene Wettbewerbe laufen und in KĂźrze zum Abschluss gebracht werden, so auch der studentische Wettbewerb des AIV KĂślnBonn mit einem Projekt in Siegburg. Die KĂślnBonner Vertreter berichteten weiterhin Ăźber ihre 140-Jahr-Feier im Januar. Insgesamt sei auch die Mitgliedersituation in den Vereinen stabil, wenngleich neue Ideen fĂźr NachwuchsfĂśrderung und -gewinnung immer dankend entgegen genommen werden. Udo Sonnenberg
��.RORQLDOHV (UEH XQG PRGHUQH $UFKLWHNWXU´ Erleben Sie unsere Fachstudienreise nach
Kuba
Vom 30.10. bis 07.11.2015 sowie vom 20.11. bis 28.11.2015 ( L Q P D O L J H . R PE LQ D WLR Q DX V HLQHP W RXULVW LVFKHQ 3URJUDPP XQG HLQ H P ) D F K S UR J UD PP IÂ U 3 OD Q HU $UFKLW HNW HQ XQG ,QJHQLHXUH Detaillierte Informationen unter http://bit.ly/Kuba_Reise_2015
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AIV KölnBonn
140-JÄHRIGES JUBILÄUM Im Januar 2015 beging der AIV KölnBonn sein 140-jähriges Jubiläum. Vorsitzender Helmut Löhr begrüßte vor ca. 120 Teilnehmern eine Reihe von Ehrengästen, darunter den Dekan der FH Köln, Prof. Josef Steinhoff, Prof. Hans Peter Achatzi, die ehemals mit der AIV Plakette ausgezeichneten Preisträger Prof. Hiltrud Kier, Dr. Otmar Schwab und Prof. Stefan Polonyi sowie Hubertus Oelmann, der die Festrede hielt. Löhr erinnerte an die ersten sog. Wanderversammlungen (die heutigen DAI Tage) der Gründungsjahre. Sie waren die Keimzellen für die Verbreitung des AIV im damaligen Reichsgebiet, nachdem sich der DAI 1871 in Berlin gegründet hatte. Durch sie wurden Kontakte zu anderen Städten geknüpft, in denen ebenfalls AIVe gegründet wurden, so auch in Köln am 9.1.1875 (seit 2005 durch Fusion AIV KölnBonn) als Verein für den Niederrhein und Westfalen. Es war die Zeit zu Beginn der Industrialisierung, als sich der Beruf des Architekten als eigenständige akademische Disziplin herausbildete und durch neue Bauaufgaben in Statik und Ingenieurtechnik das Berufsbild des Bauingenieurs entstand. Die AIVe wollten damals wie auch heute die Klammer für das notwendige Miteinander der auseinander driftenden und sich immer weiter spezialisierenden Berufsgruppen sein. Auch in der Pflege guter Kontakte zu den benachbarten AIVen sieht Helmut Löhr ein bedeutsames Anliegen. So konnte er mit Freude die ebenfalls angereisten Vorsitzenden des AIV Düsseldorf und des AIV Koblenz, Dieter Schmoll und Alexander von Canal, begrüßen. Schon 1888 brachte der damalige AIV Köln eine 800-seitige Festschrift über „Köln und seine Bauten“ heraus, die für ihre Zeit zu einem Standardwerk der Stadtbaugeschichte wurde. Die seit der Zeit veröffentlichten Publikationen, zuletzt 2011 über den Kölner Rheinauhafen, waren während der Veranstaltung zur Einsichtnahme ausgelegt. In das Bemühen um Bewusstseinsschärfung für eine anspruchsvolle Planungs- und Baukultur fällt auch die Auseinandersetzung mit der Alltagspraxis durch Besichtigungen
Helmut Löhr, Vorsitzender des AIV KölnBonn (links), und Festredner Hubertus Oelmann (rechts)
in der Region, aber auch jährliche Studienreisen mit Architektur- und Ingenieurschwerpunkt: Für dieses Jahr ist Marseille in Vorbereitung. Zu den weiteren Aktivitäten zählen die Nachwuchsförderung durch Studentenwettbewerbe, die Mitgliedschaft im Haus der Architektur, die Mitgliedschaft in der Bundesstiftung Baukultur, seit 1979 in 3-jährigem Turnus die Verleihung der „Plakette für Verdienste um unsere gebaute Umwelt“ an Persönlichkeiten, die in besonderer Weise die Baukultur gefördert haben. Rückblickend sei die Bilanz der 140 Jahre AIV KölnBonn absolut positiv und gebe genügend Anlass, optimistisch in das nächste Jahrzehnt zu starten. Es folgte der Festvortrag von Hubertus Oelmann, ausgezeichnet mit der AIV Plakette 2012, Dezernent der Stadt Köln für Tiefbau und Verkehr von 1985–2001, danach 5 Jahre Vorstand der Stadtentwässerungsbetriebe. Der Vortrag über die Entwicklung der Baugeschichte von der Römerzeit bis heute, über die Stellung des Architekten und Ingenieurs in der heutigen Gesellschaft, über Strategien zur Übernahme von mehr gesellschaftspolitischer Verantwortung, mündete in eine Präsentation mit Beispielen für das Miteinander von Architekten und Ingenieuren, im Wesentlichen demonstriert an der Umsetzung des 430 Mio. Euro teuren Kölner Hochwasserschutzkonzeptes. Lothar Michalowitz
AIV zu Berlin
SCHINKEL-WETTBEWERB 2015 ENTSCHIEDEN Wilde Wiesen, verlassene Gewerbebauten auf Brachen unweit der Spree in Berlin-Lichtenberg: Das überwiegend gewerblich-industriell geprägte Wettbewerbsgebiet in Nachbarschaft zum Kraftwerk Klingenberg zwischen Spreeufer und Blockdammweg soll ein neues Wohnviertel werden. Möglichkeiten dazu zeigen die Entwürfe der Teilnehmer beim 160. Schinkel-Wettbewerb des AIV zu Berlin. Das diesjährige Motto lautete „Neuland Lichtenberg“. Stadtraum statt Brache Für den vom AIV zu Berlin ausgelobten größten Ideen- und Förderwettbewerb für junge Architekten, Ingenieure und Künstler im deutschsprachigen Raum wurden 137 Entwürfe von rund 300 Teilnehmern eingereicht, für die Preisgelder in Höhe von insgesamt 19.500 Euro vergeben wurden.
Der Berliner David Hein (BTU Cottbus-Senftenberg) und die drei Münchner Philipp Hoß, Julian Schäfer und Quang Huy Le (TU München) erhalten für ihre herausragenden Leistungen die beiden mit je 3.000 Euro dotierten Schinkelpreise 2015. 9 weitere Arbeiten zeichnete die Jury mit Anerkennungs- und Sonderpreisen aus. Die prämierten Entwürfe entwickeln
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Den Schinkelpreis für Architektur erhielt David Hein von der BTU CottbusSenftenberg
Den Schinkelpreis für Städtebau und Landschaftsarchitektur erhielten Philipp Hoß, Julian Schäfer und Quang Huy Le von der TU München
das „Neuland Lichtenberg“ für 15.000–20.0000 Einwohner als Stadtteil mit einer Vielfalt von Wohnformen, öffnen das Areal zur Spree hin als Naherholungsraum und vernetzen es gleichzeitig stärker mit dem städtischen Umfeld. Für die den Ort prägenden Industriebauten schlagen die Teilnehmer sowohl gewerbliche Nutzungen wie Kultur- und Freizeiteinrichtungen vor. „Mit originellen Ideen gelingt es den jungen Planern, in einer großen Bandbreite unterschiedlichste Perspektiven aufzuzeigen, wie in dem innerstädtischen BerlinLichtenberg mit Spreelage auf Freiflächen neue lebendige Quartiere und in Bestandssituationen Qualitäten gefunden und belebt werden könnten“, erklärte Dr. Melanie Semmer, Juryvorsitzende und 2. Vorsitzende des AIV zu Berlin.
ge Anbindung an den entlegenen Ort, die landschaftsplanerisch gut eingebunden sei, lobte die Jury. Um den Bestand so wenig wie möglich zu beeinträchtigen, stellt David Hein in seinem Entwurf Boxen ein, die als Arbeitsräume sowie für Kultur- und Freizeitangebote nutzbar sind. Damit setzte er sich überzeugend mit einem oft geforderten, aber selten erreichten Ziel auseinander, für ein Denkmal eine angemessene Nutzung zu finden. Für den behutsamen Umgang mit dem Bestand erhielt David Hein neben dem Schinkelpreis zusätzlich den vom Verband Restaurator im Handwerk e. V. gestifteten Sonderpreis in Höhe von 1.500 Euro.
Schinkelpreis für Architektur Um eine bessere Vernetzung des Gebiets mit den umliegenden Stadtteilen zu erreichen, waren Ideen gefragt, die eine umfangreichere Nutzung umweltfreundlicher Verkehrsmittel ermöglichen sollen. David Hein schlägt in seinem Entwurf den Bau einer Seilbahn vor, die das „Neuland Lichtenberg“ über den S-Bahnring an das Berliner Zentrum anbindet. Die 3,2 km lange Strecke startet an der Station Treptower Park und überquert die Spree. Endhaltepunkt ist der Backsteinbau des denkmalgeschützten Kraftwerks Rummelsburg (Baujahr 1907). Eine verkehrstechnische und leistungsfähi-
Schinkelpreis für Städtebau und Landschaftsarchitektur Zwischen Spreeufer und Blockdammweg planen die mit dem Schinkelpreis für Städtebau und Landschaftsarchitektur ausgezeichneten Landschaftsarchitekten Philipp Hoß, Julian Schäfer und Quang Huy Le drei Kieze. Zu einem lebendigen Quartier gehören in ihrem Entwurf Läden- und Gewerbeflächen in den Erdgeschossen wie auf dem Blockdammplatz, in dessen Mittelpunkt ein alter Wasserturm steht. Die Planer nutzen die Freiflächen für die Gestaltung von Erholungsräumen als Parks oder Skater- und Kletterarena. In der Spree platzieren sie einen Sprungturm als Teil eines Flussbades. Jörg Brause
unten Schinkelpreis für Städtebau und Landschaftsarchitektur: Die Jury würdigte den explizit kooperativen Ansatz der Arbeit, den Grad der Durcharbeitung und die Darstellung der Inhalte
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DAI regional
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rechts Teilnehmer der OAIV Herbstreise am Kö-Bogen in Düsseldorf
Anlässlich der Jahreshauptversammlung am 30.1.2015 erläuterte der Vorsitzende des OAIV Freiburg, Hans-Joachim Bumann, seinen Rechenschaftsbericht für das vergangene Jahr und stellte das Programm für 2015 vor. OAIV Freiburg
JAHRESHAUPTVERSAMMLUNG 2015 Der Höhepunkt in 2014 war die Herbstreise nach Düsseldorf und ins Ruhrgebiet, wo die Schwebebahn in Wuppertal und die Zeche Zollverein in Essen besonders beeidruckten. In Neviges besichtigte der OAIV die Wallfahrtskirche von Gottfried Böhm. Der Besuch des Museums Folkwang und des Gasometers in Oberhausen rundete das Programm ab. In 2015 stehen Besichtigungen in Freiburg auf dem Programm, wie z. B. die neue Unibibliothek oder das Haus der Bauern, aber auch Exkursionen zum Vitra Design Museum in Weil am Rhein und nach Ludwigsburg. Die diesjährige Herbstreise wird den OAIV nach Regensburg und Nürnberg führen, wo ein Blick auf die Erneuerung historischer Städte fallen und aktuelle Architektur besichtigt werden soll. Erfreulich ist für den OAIV, dass immer wieder neue Mitglieder gewonnen werden können. Die Zusammenarbeit mit den dem Baugeschehen und der Baukultur ebenfalls verpflichteten Vereinen, wie z. B. dem Bund Deutscher Baumeister, der verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft oder auch dem Architekturforum und der Vereinigung der Straßenbau- und Verkehrsingenieure, wird vom OAIV weiter gepflegt und ausgebaut. Der Beitritt in den DAI im vergangenen Jahr und damit verbunden der Bezug der Zeitschrift BAUKULTUR fand unter den Mitgliedern große Zustimmung, sieht man hier doch auch eine Stärkung der Berufsgruppe der Architekten und Ingenieure im vorpolitischen Raum.
Im zweiten Teil der Mitgliederversammlung stand der Vortrag des technischen Geschäftsführers des Zweckverbands Regio-Nahverkehr Freiburg (ZRF), Uwe Schade, auf dem Programm. Im ZRF treiben die Stadt und die Landkreise Emmendingen und Breisgau-Hochschwarzwald den Ausbau des regionalen Nahverkehrs voran. Uwe Schade berichtete über die aktuell anstehenden Modernisierungs- und Umbaupläne. Im Fokus steht dabei die Elektrifizierung der Kaiserstuhlbahn und der Linie Freiburg–Breisach. Diese Maßnahme soll 2018 fertig gestellt sein und ermöglicht dann eine weitere Taktverdichtung. Dass dies notwendig ist, belegte Schade mit den stetig ansteigenden Fahrgastzahlen. Fuhren 1997 noch 650.000 Fahrgäste, waren es 2007 bereits 3,4 Mio., was eine Zunahme von 420 % bedeutet. Bis 2013 gab es nochmals eine Steigerung auf 4,1 Mio. Personen. Mit der anstehenden Elektrifizierung dieser Strecke, Baubeginn 2016, ist dann eine durchgehende Nahverkehrslinie von Breisach über Freiburg bis nach Neustadt möglich. Neue Wagen erhöhen den Komfort und die Kapazität. Uwe Schade hofft, dass dies die heute zu Hauptverkehrszeiten auftretenden Kapazitätsprobleme lösen wird. Weitere Projekte sind die Elektrifizierung der Elztalbahn und der barrierefreie Umbau und die Verlängerung bestehender Bahnsteige.
Medienhafen in Düsseldorf
Rheinbrücke in Duisburg mit dem neuen Geh- und Radwegabgang
Hans-Joachim Bumann
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rechts Ansicht altes Schulgebäude und neuer Annex Schiffshalle
MUSEUMSSCHIFF Dem Erweiterungsbau des Rhein-Museums in Koblenz als Schifffahrtsmuseum liegt als Entwurfsmetapher die Form eines Schiffes zugrunde. Für den Entwurf zeichnet das Hochbauamt der Stadt Koblenz verantwortlich, für die Ausführung und Durcharbeitung der Planung das Architekturbüro BDA Jens J. Ternes, Koblenz. Die Tragwerksplanung wurde vom Ingenieurbüro H. J. Kraus übernommen. Tragkonstruktion In der Achse der ehemaligen Kaimauer des Hafenbeckens von Ehrenbreitstein wurde am Fuße der Festung eine 2-geschossige Schiffshalle als Erweiterungsbau an ein ehemaliges Schulgebäude errichtet. Die verschiedenen Ebenen des Bestandes werden durch einen Aufzugsschacht und eine offene Treppenanlage im Neubau verbunden. Alle konstruktiven Bauteile sind sichtbar und lassen so die Tragkonstruktion in Sichtbeton ablesen.
Eingang zur neuen Schiffshalle
Spartanische Erscheinung Die Halle wirkt durch glatte Betonoberflächen, Fertigteildecken und transparente Verglasungen reduziert und geradezu spartanisch gegenüber dem verklinkerten Schulgebäude aus der Zeit der Jahrhundertwende. Im Eingangsbereich ist eine historische Sandstein-Bogenkonstruktion aus dem Fundus der Ehrenbreitsteiner Hafenbebauung integriert. Im rückwärtigen Bereich des Erweiterungsbaus befindet sich ein abgesenkter Teil des Hafenbeckens, in dem der bei Ausgrabungen im Sanierungsgebiet von Ehrenbreitstein entdeckte „Schiffsfund“ ausgestellt wird. Axiale Erschließung Ein Teil der Kaimauer wurde erhalten und gibt die axiale Erschließungsrichtung vor. Im Gebäude selbst werden im Verbund mit dem Bestand Schiffe und weitere Details der Rhein-Geschichte ausgestellt. Der Ausführung des Gebäudes lag ein knappes Baukostenbudget zugrunde, was u. a. zur Lösung einer offenen Konstruktion und einer reduzierten Ausbaustufe führte. Jens J. Ternes
rechts Abgesenkter Teil des Hafenbeckens mit dem„Schiffsfund“
Historische Sandsteinbögen im Eingangsbereich
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MARITIM UND HAFENAFFIN Die Stadt Neuss, strategisch günstig am Rhein gelegen, gilt seit jeher als bedeutende Hafenstadt. Als drittgrößter Binnenhafen Deutschlands und als trimodaler Logistikstandort verfügt der fusionierte Neuss-Düsseldorfer Hafen über eine direkte Verkehrsanbindung über Wasser, Schiene und Straße für die unmittelbar an die historische Altstadt grenzenden Industriebetriebe. Erklärtes städtebauliches Ziel der Stadt Neuss ist, den Hafen und insbesondere das Hafenbecken I näher an die Innenstadt heranzurücken. Urbaner Standort Anstatt die ursprüngliche Hafennutzung der heimischen Industrie und Logistikunternehmen auf dem Ostufer des Hafenbeckens I zu verdrängen, wie z. B. im Düsseldorfer Medienhafen oder im Kölner Rheinauhafen geschehen, wird von der Stadt unter dem Projektnamen „Neusser Waterfront“ eine Patchworknutzung angestrebt. Das 5-geschossige Kopfgebäude von Ingenhoven & Ingenhoven Architekten ging bereits 2007 als Gewinner aus einem Architektenwettbewerb hervor. Es entstand als urbaner Standort an der Schnittstelle zwischen der historischen Stadtmauer, die die Neusser Altstadt umfasst, und dem um rund 5 m tiefer liegenden Hafengebiet auf dem Westufer des Hafenbeckens I. Der mit dem Projekt einhergehende Bau einer öffentlich zugänglichen Fußgängerbrücke über eine die Stadt vom Ufer trennende Straße hinweg bewirkte erst die Öffnung der Innenstadt zu ihrer Wasserseite. Das als Stahlfachwerk konzipierte Brückenbauwerk erschließt auf Niveau des 1. Obergeschosses eine dem Kopfgebäude vorgelagerte Außenterrasse. Von hier aus gelangt man entweder über den in die
Gebäudefassade integrierten Aufzug oder über eine einläufige Stahltreppe zur neu gestalteten Uferpromenade entlang des Hafenbeckens I. Gebäudekonzept Das gesamte, nicht unterkellerte Stahlbetongebäude ist auf einem 2 m hohen Fundamentrost gegründet, der über Verdrängungspfähle im tragenden Untergrund des ehemaligen Rheinvorlandes gut 12 m tief verankert ist. Das Erdgeschoss befindet sich 1,5 m über der überschwemmungsgefährdeten Uferpromenade und liegt somit außerhalb des maximalen Hochwasserstandes. Die beiden Stirnseiten der als Rhomboid entworfenen Gebäudeskulptur neigen sich um 25° in Richtung Stadteingang und verleihen dem Gebäude den bewusst herbeigeführten maritimen und hafenaffinen Charakter. Darüber hinaus lassen großformatige und in Teilbereichen geschossübergreifende Glasfassaden das Kopfgebäude nahezu schwebend erscheinen. Sie markieren zugleich die zwei gleichwertigen Zugangsbereiche im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss.
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oben Das von Ingenhoven & Ingenhoven Architekten errichtete Bürogebäude in Neuss entstand an der Schnittstelle zwischen der historischen Stadtmauer und dem rund 5 m tiefer liegenden Hafengebiet
Signalwirkung Die wasserseitige Fassade wird von zwei statisch begründeten Diagonalen dominiert, die die Lasten der stützenlosen Auskragung in den Untergrund einleiten. Die hieraus resultierenden dreieckigen und trapezförmigen Fensteranlagen zusammen mit den allseitig frei angeordneten Fensterformaten und Typen erhöhen die dynamische Anmutung insbesondere der hafenseitigen Ansicht. Der Solitär entfaltet seine Signalwirkung auch aus dem Rückgriff auf eine einfache, schnell zu erfassende geometrische Figur im Zusammenspiel mit einer schlichten, zurückhaltenden und vereinheitlichten Materialsprache. So prägen grob abgeriebene Putzflächen mit einer UV- und witterungsbeständigen metallischen Schlussbeschichtung die geschlossene Kubatur und lassen den Baukörper je nach Tageszeit und Sonnenstand in einem variierenden Glanzgrad und Farbton erscheinen. Energieeffizienz Das Gebäude bietet rund 2.500 m² Büro- und Praxisflächen und konnte bereits während der Bauphase komplett vermietet werden. Es wird konventionell über einen Gasbrennwertkessel beheizt und verfügt über individuell steuerbare Heizkörper in den einzelnen Räumen einer jeden Mieteinheit. Eine stille Kühlung erfolgt mittels Betonkerntemperierung über Kühlmatten, die in die Stahlbetondecken einbetoniert sind. Das energieeffiziente und energiesparende System nutzt hierbei die Speichermasse und Trägheit des Baustoffs
Beton und erlaubt eine gleichmäßige und als angenehm empfundene Kühlung des Gebäudes im Sommer, zumal auch die angrenzenden Wände zur Temperaturregulierung beitragen. Zusätzlich wird dem Grundwasser aus dem eigenen Brunnen Energie entzogen und dem System zugeführt. Das Gebäude wurde Ende 2013 fertiggestellt. Ingenhoven & Ingenhoven Architekten Alle Fotos: Holger Knauf
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DER HAFEN GIBT. DER HAFEN NIMMT. Die Idee der später so genannten Hafencity in Hamburg wurde über ein Jahrzehnt in aller Stille und Verschwiegenheit verfolgt. Sie war keineswegs von Anfang an vorgegeben, sondern entwickelte sich nach jahrelanger fachlicher Auseinandersetzung. Dies zeigt ein Blick in die Entstehungsgeschichte. Zu Beginn eine Vision Die Feier zum 75-jährigen Bestehen des Hamburger Überseeclubs im Mai 1997 geriet zur Sensation. Bundespräsident Roman Herzog hielt im frisch restaurierten großen Saal des Hamburger Rathauses die Festrede. Dann verkündete Bürgermeister Dr. Henning Voscherau dem völlig überraschten Auditorium die Vision einer neuen Hafencity. Die CDUOpposition hielt die Vision schlichtweg für eine Utopie und verwies stattdessen auf die eher denkbare Bebaubarkeit des zu verlegenden Flughafenareals. Die Grünen ahnten hafenbezogene Zusammenhänge und verwahrten sich vorsorglich dagegen, dass womöglich aus einem Grundstückserlös für Wohnungsbauten im Hafen der geplante Containerterminal Altenwerder finanziert werde. Gestaltungsgutachten 1984 erhielt Volkwin Marg den Auftrag für ein Gestaltungsgutachten: „Entwicklungsstudie Grasbrook-Baakenhafen“. Die Hafenbecken nördlich der Elbe sollten schrittweise zugeschüttet und einem modern operierenden Quartiermannsgewerbe in ebenerdigen Schuppen mit Bahnanschluss und Gabelstaplerbetrieb Platz bieten. Statt sich aber mit dem Gestaltungsauftrag für mit der Speicherstadt verträgliche Schuppen zu bescheiden, widersetzte sich der Gutachter der Prämisse, dafür die Hafenbecken, insbesondere den Sandtorhafen als historisch bedeutsames erstes und tideoffenes Hafenbecken an der Stelle früherer Wallanlagen zuzuschütten. Er proklamierte stattdessen in drei Fortschreibungen die Idee, den Sandtorhafen als Wasserfläche zu bewahren, mittels urbaner Randbebauung durch Kontorhäuser räumlich zu fassen und die Speicherstadt im Bereich Binnenhafen und Kehrwiederspitze zu komplettieren. HTC Hanseatic Trade Center Die vorgeschlagene Kontorhausbebauung an der Kehrwiederspitze erwies sich als möglich, nachdem die Freihafengrenze zurück verlegt worden war, um den zwischenzeitlich geplanten Fährterminal im Zollinland abfertigen zu können. Stattdessen wurde der Terminal nach Altona verlegt und der kanadische Investor „Canadian Royal Trust“ erteilte 1989 den Planungsauftrag für ein innerstädtisches Quartier mit Kontorhäusern und Hotel. Das präsentierte Projekt wurde aber von Oberbaudirektor Kossak abgelehnt, der diesen dem Freihafen abgewonnenen Bereich selbst gestalten wollte, dafür Wettbewerbe auslobte und einen anderen Investor suchte. Daraus ist das heutige HTC – Hanseatic Trade Center entstanden.
Wegbereiter der Hafencity Als dessen ungeachtet der Sandtorhafen dennoch zugeschüttet werden sollte, weil dem expandierenden Kaffeezentrum vor Ort keine Erweiterungsmöglichkeiten geboten werden konnten, wandte sich Volkwin Marg hilfesuchend an den Vorstandsvorsitzenden der HHLA, Peter Dietrich, der die städtebauliche Problematik sofort verstand und für Abhilfe sorgte, indem er für die Kaffeelagerei umgehend benachbarte Schuppen zur Verfügung stellte. Über diesen Anlass hinaus ließ er sich von der viel weitergehenden urbanistischen Vision für eine grundlegende städtebauliche Umgestaltung des gesamten nördlichen Hafenbereiches überzeugen. In aller Stille und völliger Verschwiegenheit agierte er als Wegbereiter des Projektes Hafencity und überzeugte Bürgermeister Henning Voscherau, die Umnutzung des gesamten nördlichen Hafengebietes im Rahmen eines großen räumlichen und finanziellen Interessenausgleiches zwischen Stadt- und Hafenentwicklung zu planen. Diese persönliche Verabredung stand unter dem Motto: „Der Hafen gibt, der Hafen nimmt“. Chancen erweiterter Flächen Stadt- und Hafenentwicklung sind von jeher durch die Hamburger Verfassung untrennbar miteinander verbunden. Große Entscheidungen hatte es schon im 19. Jahrhundert gegeben. Der Zusammenbruch des Ostblocks nach 1989 mit der Wiedervereinigung Deutschlands und der Rückgewinnung des traditionellen Hinterlandes eröffnete für Hamburg neue wirtschaftliche und verkehrsgeographische Chancen und die Herausforderung zur Hafenerweiterung mit neuen Infrastrukturen. Ein räumlicher und finanzieller Konflikt zwischen Hafen- und Stadtentwicklung zeichnete sich ab. Die Notwendigkeit eines weit in die Zukunft weisenden Interessenausgleiches wurde erkennbar. Er wurde im engsten Kreis geprüft und entscheidungsreif vorbereitet, erst unter 4 Augen, dann, nach vorgelegtem Finanzierungskonzept für die Neuordnung der Hafengebiete, durch briefliche Billigung auch der Mehrheit der Senatoren. Die stadteigene HHLA gründete die GHS Gesellschaft für Hafen- und Standortentwicklung mbH mit dem Vorstandsvorsitzenden der HHLA als einzigem Geschäftsführer und ohne Angestellte. Die GHS erwarb in den folgenden Jahren die Mehrheit an allen Betrieben samt deren Baulichkeiten, Investitionen, Rechten und Verträgen zwecks Dislozierung in andere Hafenbereiche, um diesbezügliche Spekulationen mit Verlagerungskosten auszuschließen.
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Hafencity Hamburg (Skizze: © gmp)
Vorbereitung zur Umsetzung Bereits erteilte Baugenehmigungen für Investitionen nördlich der Elbe wurden zurück gekauft und fehlende Restgrundstücke für den Bau des Containerhafens Altenwerder am Köhlbrand angekauft. Ein kleines, nicht störendes Gaskraftwerk für die innerstädtische Fernwärmeversorgung ersetzte das große Kohlekraftwerk am Grasbrookhafen. Die GHS wurde Träger des gebildeten Sondervermögens und sollte ohne Gewinn oder Verlust nach späteren Senats- und Bürgerschaftsbeschlüssen von der FHH übernommen werden, womit die gesamten Hafenbereiche einschließlich der bereits im 19. Jahrhundert sozialisierten Grundstücke des Freihafens für die Stadtentwicklung verfügbar wurden. Die GHS veranlasste in vertraulicher Zusammenarbeit mit wenigen Experten wirtschaftliche, technische und politische Machbarkeitsstudien für die Räumung des nördlichen Hafenrandes. Städtebauliche Studie Im Sommer 1996 wurde der mit den Gegebenheiten seit den 1980er Jahren vertraute Architekt Volkwin Marg unter der Auflage strikter Geheimhaltung und Fristsetzung zum Jahresende mit der städtebaulichen Studie für das inhaltliche Programm, Art und Maß der Nutzung, Hochwasserschutz, Erschließung sowie mit der etappenweise Realisierung des neuen Stadtteils beauftragt. Aus Gründen der Geheimhaltung wurde das Projekt nicht im Hamburger Architekturbüro, sondern an Margs Lehrstuhl für Stadtbereichsplanung und Werklehre an der RWTH in Aachen erarbeitet und als akademische Übung getarnt.
Anlässlich des 75. Jubiläums des Überseeclubs im Mai 1996 wurde das Projekt Hafencity erstmals öffentlich präsentiert. Der Überraschung folgten erstaunte Akzeptanz und alsbald Begeisterung. Start eines Jahrhundertprojektes Im August 1997 löste die Hamburger Bürgerschaft den Start des Jahrhundertprojektes aus. Im Dezember 1998 definierte der Senat den Entwicklungsrahmen. 1999 wurde auf Basis der vorliegenden und öffentlich präsentierten städtebaulichen Studie ein internationaler Stadtplanungswettbewerb ausgeschrieben, bei dem unter 8 eingereichten Alternativen die Konzeption des deutsch-holländischen Teams Hamburgplan/Kees Christiaanse/ASTOC ausgewählt wurde. Im folgenden Jahr entstand der Masterplan. Der modernste Containerhafen der Welt ging in Altenwerder in Betrieb. Die GHS wurde in eine städtische Gesellschaft umgewandelt und heißt seitdem HafenCity Hamburg GmbH. Sie wurde zum Jahrhundertprojekt an der Wende zum neuen Jahrtausend. Unbeirrbare persönliche Begeisterung und Überzeugungskraft führten über Jahrzehnte zu einer politisch und städtebaulich abgesicherten Konzeption, bevor sie ausgereift öffentlich präsentiert, diskutiert und schließlich mit breitem politischem Konsens beschlossen wurde. Hamburg hat damit demonstriert, wie ein großes Projekt professionell vorbereitet und politisch in kluger Weise öffentlich präsentiert wird und so eine wohlwollende demokratische Akzeptanz findet. Volkwin Marg
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URBAN-MARITIME ATMOSPHÄRE Stadthafen Senftenberg
Bei der Entwicklung des Lausitzer Seenlandes steht die Frage im Vordergrund, wie die landschaftlichen Potenziale der neu entstehenden Gewässerlandschaft touristisch profiliert werden können. Mit dem Bau des Stadthafens Senftenberg wurde ein regionales Schlüsselprojekt zur Stärkung der Beziehung zwischen Stadt und Tagebaufolgelandschaft realisiert. Der erste Preis des Realisierungswettbewerbs im Rahmen der IBA See ging an bgmr Landschaftsarchitekten mit ASTOC Architects and Planners und Ecosystem Saxonia. Baukulturelle Aufgabe Bereits in den 1960/1970er Jahren wurde der staubige und umweltbelastende Tagebau mit der Flutung des Senftenberger Sees in eine landschaftsbezogene Wasserlage transformiert. Die Maßnahme stand am Beginn der sukzessiven Entstehung einer Erholungslandschaft in unmittelbarer Nähe zur Stadt. Die Herausforderung und das Anliegen der Stadt Senftenberg und der IBA See bestanden darin, den Hafen als urbane Intervention und Bindeglied zwischen Stadt- und Erholungslandschaft zu entwickeln. Nach einer Realisierungszeit von zwei Jahren und 2-jährigem Betrieb zeichnet sich ab, dass dieses Anliegen zukunftsweisend umgesetzt wurde. Wesentlicher Erfolgsfaktor war, dass das „technische Bauwerk“ Hafen von Beginn an als baukulturelle Aufgabe verstanden wurde. Der Hafen sollte zudem mehr leisten als ein reiner Funktionshafen. So verbindet er heute Stadt und Wasser durch mehrdimensionale Nutzungsangebote und dient als Motor für die urbane Neudefinition und Weiterentwicklung der Stadt.
wickelt. Er ist über den Steindamm in die Stadtraumfolge Altstadt-Schlosspark-See eingebunden. Darüber hinaus ist er als Seehafen fester Bestandteil der gereiften Folgelandschaft. Die urban-maritime Atmosphäre macht diese Mittlerfunktion deutlich erfahrbar. Das Projekt wurde durch ein interdisziplinäres Team von Landschaftsarchitekten, Architekten, Stadtplanern, Tragwerks- und TGA-Planern sowie Bau- und Wasserbauingenieuren in Zusammenarbeit mit der Stadt und dem Zweckverband Lausitzer Seenland geplant. Die Schnittstelle zwischen technischer Infrastruktur und Baukultur war im Planungsteam als Aufgabe definiert. Über das unmittelbare Hafenumfeld hinaus waren die städtischen Bezugsräume von Beginn an in die Planungen einbezogen. Bereits in der Bauzeit entstanden Neubauten wie das Hafenfunktionsgebäude und das so genannte WAL-Gebäude des Wasserzweckverbands. Ebenso wurde das Bieterverfahren für ein neues Café und Hotel am Hafen erfolgreich abgeschlossen. Folgeinvestitionen konnten somit auf den Weg gebracht werden.
Interdisziplinäre Planung Der im April 2013 fertig gestellte Hafen hat sich als elementarer Bestandteil des IBA-Projekts „SeeStadt Senftenberg“ zum Anziehungspunkt in der Lausitzer Seenlandschaft ent-
Schalenförmige Anordnung Die unterschiedlichen Nutzungen sind schalenförmig um das Hafenanlage angeordnet und auf diese Weise gestalterisch und funktional klar gegliedert. Die höher liegende, städtisch
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links Der Stadthafen Senftenberg ist Teil des Konzepts „Lausitzer Seenland“, das die neu entstehenden Wasserflächen der Bergbaufolgelandschaft in einen übergeordneten wassertouristischen Verbund stellt (Alle Fotos: © Hanns Joosten)
„Aussichtsbalkon“ an der Westmole
orientierte Ebene beinhaltet Servicefunktionen, ein Hotel und Gastronomieangebote. Die untere Ebene ist als Hafenpromenade mit Anbindung an den Uferrundweg nutzbar. Als innerste Schale besetzt ein ca. 500 m langer Steg (Südwestmole-schwimmend, Nordufer-fest, Ostmole-schwimmend) die Schnittstelle zum See. Der Übergangsbereich von Steg und Hafenpromenade sowie die äußere Begrenzung der Steganlage werden durch ein Sockelband aus hochwertigen Weißbetonelementen mit eingeschnittenen Sitzgelegenheiten, Treppen und Rampen flankiert. Im Bereich der Westmole steigt der Seebrückenkopf bis auf 5 m Höhe über den See auf und bildet als Aussichtsbalkon den süd-westlichen Abschluss des Hafenareals. Das Bauwerk lagert auf einer 80 m langen und 8 m breiten mehrteiligen Betonschwimmstegkonstruktion. Durch die Realisierung schwimmender Molen und Anleger konnte die Uferzone trotz fehlender Gründungsebene baulich besetzt werden. Die entwickelten Sonderkonstruktionen für die Verankerung der schwimmenden Bauteile im Seegrund sind innovatives Vorbild für zukünftige Erschließungen vergleichbarer Lagen im Seenland. Landseitig ist die mit großformatigen, in drei Farbnuancen changierenden Platten ausgestattete Promenade hafentypisch flexibel nutzbar. Sie nimmt die vorhandenen Wege der angrenzenden Uferparklandschaft auf und bindet über Rampen und großzügige Freitreppen die angrenzenden Nutzungsebenen an. Im Hafen befinden sich Liegeplätze für 150 Sportboote, eine Bootstankstelle und eine Slipanlage. Der Anleger für die Fahrgastschifffahrt besteht aus dem Sanitärtrakt im Osten, dem Lager in der Mitte und der Hafenmeisterei im Westen mit dazwischen liegenden Treppenanlagen. Westlich des Stadthafens sind Flächen für weitere private Investitionen im Tourismusbereich vorgesehen. Carlo W. Becker, Oliver Hall
PROJEKTDATEN Bauherr: Zweckverband Lausitzer Seenland Brandenburg Planung: ARGE Stadthafen Senftenberg: bgmr Landschaftsarchitekten (ARGE-Leitung) mit ASTOC Architects and Planners / Ecosystem Saxonia Tragwerksplanung Seebrücke/Gangways: ifb frohloff staffa kühl ecker Objektplanung Seebrücke/Gangways: Sauerzapfe Architekten Objektplanung/Statik Schwimmsteganlagen: AbTiWa Schwimmstege: Clement Germany GmbH Leuchten: Bega Beläge und Sitzelemente: Rinn Beton- und Naturstein GmbH & Co. KG
Die Promenade bildet das urbane Ufer des neuen Hafens
Treppendurchgänge bieten Ein- und Ausblicke
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Ferienhäuser in der Lagune Kahnsdorf am Hainer See (Foto: LMBV)
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Großer Goitzsche See mit Marina und Schloss (Foto: LMBV)
WASSERTOURISTISCHE ERLEBNISWELTEN Ein ehemals vom Bergbau geprägter Industrieraum verwandelt sich in eine abwechslungsreiche und spannende Flussund Seenlandschaft. Das Leipziger Neuseenland soll sich zwischen Großem Goitzschesee, Haselbacher See, Pleiße, Elster und Mulde zu einer beliebten touristischen Region entwickeln. Leipziger Neuseenland Im Vergleich zu anderen alten und neuen wassertouristischen Regionen in Deutschland ist das Besondere am Leipziger Neuseenland das Nebeneinander von neuen Gewässerlandschaften, ursprünglicher Natur sowie vielfältigen Stadträumen. Wasser und Kultur sind eng verflochten und werden für den Tourismus in der Region ideenreich und anziehend inszeniert. Bereits heute sieht man auf Bootstouren naturnahe Auwälder, aber auch Industriearchitektur der Stadt Leipzig aus dem 19. Jahrhundert. Vom Segeln und Baden bis zum Aktiv- und Trendsport bieten die vielen Seen schon heute große Abwechslung. Zum Leipziger Neuseenland zählen u. a. der Hainer See, der Goitzsche See, der Kulkwitzer See, der Gröberner See, der Zwenkauer See, der Geiseltalsee und der Gremminer See. Wassertouristisches Nutzungskonzept Die Gewässerverbindungen und die neuen Schleusen und Brücken werden nicht nur als technische, sondern auch als baukulturelle Aufgabe verstanden. Die Umsetzung des Gewässerverbundes erfordert das Zusammenwirken vieler Fachdisziplinen und Akteure. Sie zielt darauf ab, die neuen Seen der Bergbaufolgelandschaft mit den Fließgewässern und Kanälen der Stadt Leipzig schiffbar zu verknüpfen. Hierzu wurde ein wassertouristisches Nutzungskonzept erarbeitet, das auch Umweltbelange berücksichtigt. Dieses Konzept sieht rund 200 km befahrbare Gewässerstrecke auf 8 miteinander verbundenen Kursen vor. Die Kurse sind 7–41 km lang und bilden ein attraktives, innovativ verknüpftes Netz. Gewässerverbund Leipzig Der Gewässerverbund Leipzig ist im Leipziger Neuseenland ein Schlüsselprojekt für die Regionalentwicklung, dessen Kernanliegen die Verbindung der urbanen Landschaften der Stadt Leipzig über die Landschaften der Flussauen mit den „Landschaften nach der Kohle“ im Einklang mit der Natur ist. Seit dem Jahr 2000 erfolgen zielgerichtete Schritte, um die
wassertouristischen Kurse befahrbar zu machen. Insbesondere Häfen, Verbindungskanäle und Schleusen bilden dabei technische und finanzielle Herausforderungen. Nach der Einweihung der Schleuse am Cospudener See 2006 wurden 2011 mit der Inbetriebnahme der Schleuse am Connewitzer Wehr und 2012 mit der Kanuparkschleuse zwischen Störmthaler und Markkleeberger See weitere Zeichen gesetzt. Der Anschluss an das Bundeswasserstraßennetz über den Elster-Saale-Kanal zur Saale, die Herstellung einer schiffbaren Verbindung zwischen Seelhausener See und Großem Goitzschesee sowie die Anbindung des Hainer Sees über die Pleiße an den „Leipziger Wasserknoten“ sind wichtige wassertouristische Anliegen. Anbindung an die Saale Mit der rasanten Entwicklung des Leipziger Neuseenlandes wurde auch die Vision der Anbindung des Leipziger Gewässernetzes an die Saale und an das Saale-Unstrut-Triasland wieder aufgenommen. Im Blickfeld steht dabei die 7,8 km lange, durch kriegsbedingten Baustopp entstandene Fehlstrecke des Elster-Saale-Kanals zur Saale. Im ländlichen Raum zwischen den mitteldeutschen Metropolen Leipzig und Halle war das Projekt zwischenzeitlich in Vergessenheit geraten. Nur die überwiegend vormodellierte und heute von der Natur teilweise zurück eroberte Trasse sowie die beeindruckenden Betonriesen der in den Vorkriegsjahren zum Teil errichteten Doppelschleuse Wüsteneutzsch zeugen heute noch davon. Die wassertouristische Entwicklung des Raumes zwischen dem sächsischen Leipziger Neuseenland und dem sachsen-anhaltischen Saale-Unstrut-Triasland wurde 2011 im Rahmen einer länderübergreifend erarbeiteten Potenzialanalyse untersucht. Die Anbindung des Elster-Saale-Kanals an die Saale wurde erstmals umfassend und belastbar quantifiziert und qualifiziert, es wurden Potenziale und mögliche Synergieeffekte für den Raum beurteilt, Kosten und Nutzen möglicher Trassenvarianten gegenübergestellt. Als ideale Kanaltrasse hat
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Koschen-Kanal (Foto: LMBV)
Flutung des Bergbaufolgesees Concordiasee im Mai 2011 (Foto: LMBV)
sich eine beinahe parallele Führung zur ehemals geplanten und inzwischen begrünten Alttrasse herausgestellt, mit dem Anschluss an die Saale bei Kreypau. Zur Überwindung des Höhenunterschieds zwischen Elster-Saale-Kanal und Saale von 22 m, für die ursprünglich die Doppelschleuse Wüsteneutzsch vorgesehen war, ist aus Sicht des Tourismus und des Wasserbaus ein Schiffshebewerk in unmittelbarer Nähe denkbar. Als Sehenswürdigkeit mit überregionaler Ausstrahlung würde es weitere Besucher anziehen. Für die Regionalentwicklung und den Tourismus wäre die Fertigstellung des Elster-Saale-Kanals demnach eine enorme Bereicherung. Sowohl das Leipziger Neuseenland als auch das Saale-Unstrut-Triasland könnten für Wasserwander- und Bootstouristen und – bei entsprechender Infrastruktur wie dem Ausbau des Radwegenetzes – auch für Landbesucher aufgewertet und zusammengeführt werden. Immer stärker nachgefragte, aber bisher noch wenig berücksichtigte Marktpotenziale, wie z. B. das Wohnen am und auf dem Wasser, hätten hier auch Chancen. Beide Regionen würden mit dem Elster-Saale-Kanal ein verbindendes Element gewinnen, das die Vision einer gemeinsamen mitteldeutschen Wassersportregion näher rücken lässt.
weiteren privaten Freizeiteinrichtungen ebenfalls in Form einer schwimmenden Architektur eine maritime Erlebniswelt mit hoher Aufenthaltsqualität bilden. Die gesamte Steganlage ist in der Form eines Bumerangs angelegt und wird eine Fläche von etwa 500–700 m² einnehmen. Derzeit wird ein Betreiberkonzept zur Prüfung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit erarbeitet. Sebastian Holweg
Wassertourismus auch in Bayern Das Fränkische Seenland ist eine gut frequentierte Naherholungsregion in Bayern. Die Gewässerstruktur, naturräumliche Gegebenheiten, sehr gute Infrastruktur, gute Erreichbarkeit und Anbindung wie auch eine Vielzahl von engagierten Akteuren vor Ort bilden zusammen eine gute Basis für innovative und zugleich nachhaltige Entwicklungsszenarien. Schwimmende Architektur Mitten im Fränkischen Seenland liegt der Brombachsee, für dessen gleichnamigen Zweckverband die mediamare consulting GmbH aus Wildau bei Berlin ein Nutzungskonzept zur baulichen Umgestaltung des Ramsberger Segelhafens erarbeitet hat. Mit dem Projekt „Maritime Meile Ramsberg“ sind innovative Angebotsstrukturen für die ganzjährige touristische Nutzung geplant worden. So ist im Bereich des Ramsberger Segelhafens auf einem großen Ponton ein schwimmendes touristisches Informations-, Seminar- und Veranstaltungszentrum geplant. Es soll in Kombination mit
unten Schwimmendes Tourismuszentrum in Ramsberg am Brombachsee (Visualisierung: © Nautilus Hausboote GmbH/mediamare consulting GmbH)
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Die Anordnung der Wohnungen bietet möglichst vielen Bewohnern freie Sicht auf das Wasser (Foto: Luuk Kramer)
DIE ULTIMATIVE FREIHEIT DES WASSERS Die Bewohner von Waterbuurt-West im Amsterdamer Neubaubezirk Ijburg leben in einem außergewöhnlichen Haus in einer außergewöhnlichen Nachbarschaft. In der Umgebung befinden sich 158 Wohnungen am Wasser, 55 davon treiben. Aber das Viertel hat einen ausgesprochen städtischen Charakter, Ergebnis des sorgfältigen städtebaulichen und architektonischen Entwurfs durch das Architectenbureau Marlies Rohmer. Treibende Häuser Waterbuurt-West ist auf künstlichen Inseln im Ijmeer gebaut. Mit dem Boot kann man in kurzer Zeit sowohl in die historischen Grachten Amsterdams fahren als auch aufs offene Wasser hinaus. Eine Schleuse sorgt dafür, dass das Binnenmeer, auf dem die Wohnungen treiben, vom Ijmeer abgetrennt ist und somit sauber und geschützt bleibt. Mit einer Dichte von 100 Wohnungen pro Hektar ist das Viertel vergleichbar mit dem Viertel Jordaan in der Amsterdamer Innenstadt. Größte städtebauliche Herausforderung war, das Wasser direkt herankommen zu lassen. Sie bildet nun auch die entscheidende Qualität des Viertels. Allein mit treibenden Wohnungen entlang des Ufers oder an Pieren hätte die Dichte nicht erreicht werden können. Hinzu kommt, dass das Gebiet an der wichtigsten Straße von Ijburg liegt, wodurch eine hohe Lärmbelästigung drohte. Dieses Problem wurde gelöst, indem treibende Wohnungen an Stege gelegt und längs des Weges auf eine Plattform im Wasser gesetzt wurden. Auf dieser Plattform stehen auch die Autos derjenigen
Bewohner, die in treibenden Wohnungen leben. Das Parken erforderte eine eigene Maßnahme, da Autoverkehr auf den Stegen ausgeschlossen ist und ein offener Parkplatz am Kai die Atmosphäre zunichte gemacht hätte. Freie Sicht über das Wasser Je Steg treiben 4 bis 25 Wohnungen. In einigen Fällen sind sie in Reihen verschachtelt, wodurch auf niedrigere Preisklassen reagiert werden konnte. Drei „Pfahlwohnungen“ schaffen Höhenakzente und markieren die Querbrücken zwischen den Stegen. Die Unterteilung wurde so vorgenommen, dass möglichst viele Wohnungen freie Sicht über das Wasser haben, sowohl auf der Vorder- als auch auf der Rückseite. Stege und Wohnungen schließen aneinander an, wobei die Stege öffentlich zugänglich sind: Waterbuurt ist ein Teil der Stadt, keine „gated community“. Zwischen Steg und Fassade ist immer 1 m Abstand gehalten, damit das Wasser überall präsent ist. Oberhalb der Eingangsbereiche kragen die Wohnungen leicht aus. In einem Zwischenraum unterhalb der Laufflä-
chen aus Aluminium sind die Leitungen verlegt. Ein automatisierter Durchspülmechanismus verhindert das Aufwärmen der Trinkwasserleitungen, ein Heizband verhindert das Gefrieren im Winter. Die Zählerkästen für Gas und Strom sind in der Reling eingelassen. Zwischen dem Zählerkasten und den Wohnungen sind die Leitungen flexibel. Sie fangen den Höhenunterschied zwischen den Wohnungen, die sich mit dem Wasserpegel einige Dezimeter herauf und herunter bewegen, und dem Steg ab. Auch die Laufplanken bewegen sich mit, und für die mittlere von drei zusammengeschalteten Wohnungen wurde eine spezielle Treppe entwickelt, die auf zwei Seiten Scharniere hat. Flexibles Bausystem Die Vorder- und Rückseiten der treibenden Wohnungen sind hell gehalten mit großflächigen Fenstern und weißen Kunststoffprofilen. Die Seitenwände mildern die Ausstrahlung mit abwechselnden Weiß- und Brauntönen. Die Architektur bezieht sich auf die Wasserwelt, ermöglicht aber auch einen
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„Manchmal liegt unsere Wohnung schon schief, wenn wir ein Bücherregal verstellen. Dann gehen die Schubkästen auf, und das Duschwasser läuft nicht mehr ab.“ (Bewohner von Waterbuurt-West)
oben Je Steg treiben 4 bis 25 Wohnungen (Foto: John Gundlach)
Wohnkomfort, der dem der übrigen Neubauten in Ijburg in nichts nachsteht. Dank des sehr flexiblen Bausystems konnten die Käufer großen Einfluss auf die Einrichtung und Ausführung ihrer Wohnungen nehmen. Sie konnten wählen, auf welcher Seite die Aussicht dominiert und auf welcher die Privatheit, oder ob die Dachterrasse vorne, in der Mitte, oder hinten liegen sollte. Der Grundriss und die Lage der Fenster konnten persönlichen Wünschen angepasst werden. Darüber hinaus gab es verschiedene Vergrößerungsmöglichkeiten, z. B. durch eine schwimmende Terrasse, eine Veranda oder einen Umlauf. Konstruktive Aspekte Konstruktiv bestehen die Wohnungen aus einem Unterbau aus Beton und einem hölzernen Aufbau. Dadurch haben sie einen tiefen Schwerpunkt. Der Unterbau wurde ohne Nähte in einem Stück gegossen. Wenn er sich auch größtenteils unter Wasser befindet, ist der Unterbau doch bewohnbar. Von Hochbetten aus ergibt sich ein freier Blick nach draußen. Die Wohnungen
sind mit dem Grund des Wassers verbunden, da aus juristischen Gründen ein klarer Unterschied zu Wohnbooten gegeben sein muss. Die Verankerung an zwei Pfählen, diagonal einander gegenüber, sorgt für optimale Stabilität. Eine Schiebekonstruktion ermöglicht, dass sich die Wohnungen mit dem Wasser mitbewegen. Stabiles und gerades Liegen wird nicht nur durch die Konstruktion erzeugt, sondern auch durch das Interieur. Das Platzieren schwerer Elemente, wie z. B. der Sanitärmöbel, wurde genau berechnet und, wo notwendig, kompensiert. Alle verwendeten Baustoffe erfordern wenig Unterhalt und setzen beim Kontakt mit Wasser keine gesundheitsschädlichen Stoffe frei. Marlies Rohmer
rechts Das flexible Bausystem ermöglicht einen Wohnkomfort, der dem der übrigen Neubauten in Ijburg in nichts nachsteht (Fotos v.o.n.u.: George Steinmetz, Roos Adlershoff, Matteo Rossi)
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Luxusliner Norwegian Getaway (Foto: Meyer Werft)
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Luxusliner Norwegian Breakaway (Foto: Meyer Werft)
UNTERWEGS IN DER KARIBIK Moderne Kreuzfahrtsschiffe sind eine Mischung aus Luxushotel und hochseetauglichem Schiff. Die Gäste an Bord erwarten Erholung und Erlebnis. Bei der Meyer Werft in Papenburg entstehen Luxusliner, die allerhöchsten Ansprüchen genügen. Computergestützte Technologien für Design, Planung, Konstruktion und Fertigung sind dabei in alle Arbeitsprozesse integriert. Norwegian Breakaway Höchste technische Standards und innovative Technologien prägten den Bau des Luxusliners „Norwegian Breakaway“. Das 324 m lange und 40 m breite Schiff wurde aus 73 Stahlblöcken gefertigt. Der erste Block wurde im Mai 2012 auf Kiel gelegt. Im Frühjahr 2013 wurde die Norwegian Breakaway in Dienst gestellt und verstärkt seitdem die Flotte der amerikanischen Reederei Norwegian Cruise Line. Mit einer Vermessung von 146.600 BRZ war die Norwegian Breakaway zu dieser Zeit das größte jemals in Deutschland gebaute Kreuzfahrtschiff. Der Luxusliner wurde nach dem innovativen Konzept des „Freestyle Cruising“ gebaut, das den Passagieren maximale Individualität, Freiheit und Flexibilität an Bord ermöglicht. Über 2.000 Kabinen bieten Platz für bis zu 4.000 Passagiere. Es gibt Studios für Alleinreisende, Kabinen mit KingsizeBett oder Doppelkabinen für Familien. Der Heimathafen der Breakaway ist New York, von wo aus sie im Frühling und Sommer zu den Bermudas aufbricht. Im Winter kreuzt das Schiff auf den Bahamas und in der Karibik. Norwegian Getaway Die Norwegian Getaway ist das Schwesterschiff der Norwegian Breakaway. Die Montage des Schiffs hat mit der Kiellegung im Herbst 2012 begonnen. Bei der Kiellegung wurde der erste von 73 Baublöcken des 146.600 BRZ großen Schiffs in das überdachte Baudock der Werft gehoben. Nach einer nur 15-monatigen Bauzeit konnte das Schiff im Januar 2014 an die Reederei abgeliefert werden. Das Kreuzfahrtschiff verbindet modernste Erlebnisgastronomie des “Freestyle Cruising“-Konzeptes mit vielen neuen Freizeitangeboten, wie z. B. einem Klettergarten und Freifallrutschen. Zudem beeindruckt das Schiff mit seiner luxuriösen Ausstattung und modernster Technik.
Ein interaktives Kommunikationssystem sowie eine umfangreiche Bühnentechnik an Bord ermöglichen Unterhaltung nach den neuesten technischen Standards. Umweltfreundliche Motorentechnik, diesel-elektrische Pod-Antriebe, verbesserte Hydrodynamik sowie zahlreiche Energieeinsparungen sorgen für ein ökologisches Kreuzfahrterlebnis und erheblich reduzierte Betriebskosten. Von Miami aus startet das Schiff ganzjährig zu seinen wöchentlichen 7-Nächte-Kreuzfahrten in die östliche Karibik. Durchdachte Lichtstimmungen Die beiden Kreuzfahrtschiffe „Breakaway“ und „Getaway“ der US-amerikanischen Reederei Norwegian Cruise Line (NCL) sind mit einer hochmodernen Beleuchtungsanlage ausgestattet. Sie leuchtet die unterschiedlichen Aufenthaltsbereiche optimal aus, entspricht allen Sicherheitsbestimmungen und vermittelt den rund 4.000 Gästen an Bord einen modernen Wohlfühl- und Eventcharakter. Die Gäste gehen durch dezent erhellte Flure in ihre Kabinen, treffen in den Restaurants auf durchdachte Lichtstimmungen und können sich im Theater von farbenfrohen und spektakulären Lichteffekten umhüllen lassen. Die Beleuchtungstechnik entwickelte die Meyer Werft gemeinsam mit dem Unternehmen Osram. Unterschiedlichste Anforderungen Kreuzfahrtschiffe sind im Hinblick auf die Beleuchtung sehr anspruchsvoll. Vom gesamten Energieaufkommen eines Schiffs – der Antrieb ausgenommen – werden je nach Schiffstyp zwischen 25 % und 40 % für das Licht benötigt. Da der Strom an Bord erzeugt wird, liegt das Hauptaugenmerk hinsichtlich steigender Treibstoffpreise und gestiegener Umweltauflagen auf der Energieeffizienz. Zudem spielt die Verknüpfung unterschiedlicher Lichtanwendungen auf
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Poolbereich auf dem Deck der Norwegian Breakaway (Foto: Meyer Werft)
Atrium auf der Norwegian Breakaway (Foto: Meyer Werft)
engstem Raum eine wichtige Rolle. An die Qualität und Atmosphäre der Beleuchtung in den Kabinen und öffentlichen Bereichen, Restaurants, Bars, Shops oder auch im Sportund Wellnessbereich werden hohe Anforderungen gestellt. Ebenso bestehen sehr hohe Standards im Bereich der Salzwasserbeständigkeit der Leuchten und des Brandschutzes. Deutliche Energieeinsparungen Durch den Einsatz der LED-Technologie können bei beiden Kreuzfahrtschiffen Energiekosten von bis zu 18 % eingespart werden, ohne Berücksichtigung des Antriebs. LEDs verbrauchen nicht nur weniger Strom, sie entwickeln auch weniger Wärme. Infolgedessen muss weniger gekühlt werden. Außerdem sind LEDs sehr unempfindlich und mit rund 50.000 Betriebsstunden langlebiger. In den Kabinen wurde die LED-Technologie u. a. hinter den Spiegeln, in den Nasszellen, hinter den Vorhängen und in den Lichtvouten verbaut. Entscheidend für die Planung war, wo die Vorschaltgeräte unterbracht werden können, wieviel Wärme abgegeben wird oder wie die Leuchten auf dem Deckenmaterial reflektieren. Auf den beiden Kreuzfahrtschiffen wurden rund 17,5 km flexible LED-Module und weitere Leuchten verbaut. Insgesamt rund 30.000 m Kabel wurden für die Beleuchtungsanlage verlegt. Zwischen 60.000 und 80.000 Lichtpunkte, vom einfachen Strahler über Kronleuchter bis zur Diskobeleuchtung, installierte die Meyer Werft pro Schiff, darunter Halogen- und Energiesparlampen oder LED-Leuchtmittel. Vielfältige Lichtlösungen illuminieren die Schiffe: Lampen mit Vorschaltgeräten, flexible LED-Systeme und LED-Leuchten bis hin zu dynamischen Licht- und Steuerungslösungen. www.meyerwerft.de www.osram.de
rechts Haven Suite auf der Norwegian Breakaway (Foto: Meyer Werft)
Flurzone auf der Norwegian Breakaway (Foto: Osram)
Manhattan Room auf der Norwegian Breakaway (Foto: Osram)
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rechts Löschbrücke I im Ölhafen Emden nach der Sanierung
NEUBAUTEN FÜR DEN SCHIFFSBETRIEB Viele der vor mehr als 50 Jahren errichteten Hafenbauwerke für den Schiffsbetrieb haben das Ende ihrer Nutzungszeit erreicht. Der hohe Bebauungsgrad in den deutschen Häfen und die Ansiedlung der mit dem Umschlag verbundenen Landbauwerke erfordern dabei oft einen Ersatz der Bauwerke an gleicher Stelle. Der Weiterbetrieb der Anlagen und die Anlegemöglichkeiten für den Schiffsumschlag sind dabei auch während der Bauzeit zu gewährleisten. Im Folgenden werden zwei Bauwerke für den Schiffsumschlag betrachtet, für die von der Ingenieurberatung Bröggelhoff GmbH Ersatzbauwerke geplant wurden. Beide Anlagen weisen höchst unterschiedliche Konstruktionen und Randbedingen für die Planung auf. Bedingung war jeweils, den laufenden Betrieb auch während der Bauzeit zu gewährleisten.
Löschbrücke I im Ölhafen Emden Die 1960 errichtete Löschbrücke I befindet sich im südlichen Teil des Ölhafens im Binnenhafen in Emden. Sie besteht aus einer Stahlbetonpierplatte auf Stahlrammpfählen. Aufgrund ihrer langjährigen Nutzung als Umschlagsanlage für verschiedene Flüssiggüter weist die Löschbrücke erhebliche Mängel an der Bausubstanz auf. Die Schiffe legen an 5 Anlegedalben unterschiedlicher Bauform an, die im Zuge des Ersatzneubaus ebenfalls ersetzt werden. Randbedingungen für die Planung Das Ersatzbauwerk entsteht in unmittelbarer Nähe zur Bestandsbrücke. Sie ist auf die drei bisherigen Nutzer sowie die Reserve für einen vierten Nutzer ausgelegt. Die berücksichtigten umzuschlagenden Produkte haben dabei keine höhere Wassergefährdungsklasse als Stufe a bis c. Pro Betreiber wurde ein Rohrleitungsbedarf von maximal zwei Leitungen mit Durchmessern bis 10 Zoll angesetzt. Der Umschlag aller Produkte erfolgt über Schlauchleitungen mit Schnellverschlusskopplung. Von jedem Nutzer werden eigene Rohrleitungssysteme aufgebaut. Die neue Löschbrücke wird zukünftig von PKW, Gabelstaplern und leichten Fahrzeugen befahren. Eine Belastung mit Lagerlasten wird auch bei einer späteren Nutzungsänderung ausgeschlossen. Hier sollen Seeschiffe bis zu einer Tragfähigkeit von rund 35.000 tdw und Binnenschiffe zum Umschlag festmachen. Die Schiffe legen an den der Löschbrücke vorgelagerten Anlegedalben an und nicht direkt an der Plattform. Die vorhandene Löschbrücke I war 2012 an ca. 51 Tagen mit Seeschiffen und an ca. 229 Tagen durch Binnenschiffe belegt. Mit einer vergleichbaren Belegung war auch für die Bauzeit auszugehen.
Aufgrund der angestrebten geringen Abmessungen der Pierplatte ist ein Zugang zur Plattform mit den schiffseigenen Gangways bei großen Seeschiffen nicht in jedem Fall möglich. Der Entwurf der neuen Löschbrücke sollte daher auch eine Gangway-Plattform mit Treppenturm umfassen. Entwurf der neuen Löschbrücke Die Entwurfsplanung umfasst alle Teilmaßnahmen der Infrastruktur: • Neubau der Pierplatte mit Gründungspfählen und landseitigem Anschluss • Neubau von 5 Anfahrdalben • Errichtung einer Gangway-Plattform mit Treppenturm • Anordnung Binnenschiffsanleger, Sicherheitsausrüstungen wie Steigeleitern, Geländer etc., Ver- und Entsorgungsleitungen Alle Einrichtungen, die ausschließlich mit dem Transport der Umschlaggüter zu tun haben, gehören zur Suprastruktur, die später von den Nutzern gestellt wird. Für die Entwurfsplanung wurde nur berücksichtigt, was für die Dimensionierung der Plattform erforderlich war: • Gemeinsame Schlauchablage für alle Nutzer • Auffangwanne und Kontrollcontainer • Platz für Leitungen während des Umschlags • Leitungszuführungen • Vorgelagertes Kranpodest zum Anheben der Leitungen Konstruktion der tief gegründeten Pierplatte Die neue Löschbrücke wird als Massivbauwerk mit Stahlbetonplatte und -balken auf Stahlrohren mit Stahlbetonpfahlaufsetzern hergestellt. An der Wasserseite ist sie 20,00 m lang, ihre Breite beträgt 2,25 m. Die Oberkante der Plattform wird in Höhe des dahinter liegenden Geländes auf NN +3,40 m angeordnet. Die Unterkante liegt oberhalb des mittleren Hafenwasserstandes von NN +1,10 m. Die Ausbautiefe (Solltiefe) liegt bei NN –9,40 m. Gemäß EAU, E 36 [1], ergibt sich eine rechnerische Hafensohle von NN –10,50 m. Diese Tiefe ist ausreichend für den Umschlag mit Seeschiffen bis zu einer Tragfähigkeit von 35.000 tdw (Bemessungsschiff) mit einem Tiefgang von 10,00 m.
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rechts Geestekaje in Bremerhaven während der Sanierung
Der Stahlbetonüberbau wird auf einem Balkenrost aus umlaufenden Stahlbetonbalken und Halbfertigteilbalken gebildet. Die Platte soll aus Fertigteilelementplatten hergestellt werden, auf denen die Ortbetonschicht aufgebracht wird. Platte und Zugangsbrücke erhalten eine umlaufende Aufkantung von ca. h = 20 cm. Zur Oberflächenentwässerung werden Teilbereiche der Oberseite mit Gefälle hergestellt. Andere Bereiche erhalten zur leichteren Aufstellung von Auffangwanne und Kontrollcontainer kein Gefälle. Das Oberflächenwasser wird durch eingebaute Abläufe abgeführt. Die Balkenabmessungen betragen b/h = 80/60 cm, umlaufende Balken mit einer zusätzlichen Aufkantung bertragen b/h = 30/40 cm. Die Jochträger unterhalb der Brückenfahrbahn haben die Abmessungen b/h = 100/60cm. Die Pfahlaufsetzer sind als Stahlbetonfertigteile vorgesehen und haben die Abmessungen b/l/h = 80/80/50 cm. Im Bereich der Zugangsbrücke werden auskragende Jochträger für die Leitungszuführung der Nutzer angeordnet. Neben Umschlagsmedien ist zusätzlicher Platz für die Verlegung von Leitungen für Schiffsabwässer, Trinkwasser und Strom vorgesehen. Die Gründung von Platte und Zugangsbrücke erfolgt mit Stahlrohrrammpfählen, die bis auf Tiefen von NN –13.00 m bis NN –19.00 m gerammt werden. Anlegedalben und Leinensteg Die 5 Anlegedalben werden auf Tiefen von NN –20.00 m gerammt. Auf dem Poller-/Dalbenkopf werden 800 kN Kantenpoller eingebaut. Anlegedalben unmittelbar vor der Löschbrücke erhalten zusätzliche Seitenpoller und einen seitlich angeordneten Leinensteg, der als Stahlkonstruktion hergestellt und an der Stahlbetonplatte bzw. auf einem Stahlrohrpfahl verankert wird. Zur Aufnahme von Bewegungen werden die Übergänge vom Leinensteg zum Dalben beweglich gestaltet. Zugangspodest und Gangwayplattform Für die bessere Zugänglichkeit der zu erwartenden Schiffstypen mit entsprechender Freibordhöhe wird auf der Löschbrücke eine 2,0 m breite, 13,0 m lange und NN +7,40 m hohe Gangway-Plattform hergestellt. Sie ist über eine einläufige Treppenanlage mit Zwischenpodest erreichbar und als Stahlkonstruktion hergestellt. Die verschiedenen Ebenen sind über einen zweiläufigen Treppenturm mit Abmessungen von 3,00 m x 5,50 m erreichbar. Für Binnenschiffe wird eine separate Zugangsplattform (ca. 2,20 m/ 1,90 m) mit Treppenanlage als Stahlkonstruktion hergestellt. Baudurchführung Um den Betrieb der vorhandenen Löschbrücke möglichst wenig durch die Bauarbeiten einzuschränken, sind für die Herstellung der neuen Löschbrücke vorgefertigte Bauteile zu verwenden. Unabhängig von der Wahl des Standorts muss der überwiegende Teil der Arbeiten mit schwimmendem Gerät vom Wasser aus erfolgen. Die Gründungspfähle und
Dalben werden vom Wasser aus gerammt. Die StahlbetonPierplatte wird in Halbfertigteilbauweise errichtet. Hierzu werden zunächst die Pfahlaufsetzer, Balkenelemente und Plattenunterseiten als Fertigteile hergestellt und vor Ort mit schwimmendem Gerät montiert. Die Schal- und Bewehrungsarbeiten für die Plattenoberseite erfolgen von Land aus mit Unterstützung von schwimmendem Gerät (Materiallagerung, Hebewerkzeug). Die Betonierarbeiten vor Ort erfolgen ebenfalls von der Land- und/oder Wasserseite aus.
Geestekaje in Bremerhaven Die Geestekaje in Bremerhaven liegt am nördlichen Ufer der Mündung der Geeste in die Weser. Ziel der Grundinstandsetzung ist die Herstellung einer neuen, voll funktionstüchtigen und dauerhaft betriebssicheren Kaje. Veranlassung für die Grundinstandsetzung Die ersten Uferbefestigungen am Nordufer der Geeste wurden 1836–1840 gebaut. Die zu Beginn der Planungen bestehende Geestekaje vor dem Tonnenhof des Wasser- und Schifffahrtsamts (WSA) Bremerhaven ist ca. 295 m lang und wurde 1953–1959 über der alten Kaimauer errichtet. Sie besteht aus 4 Abschnitten mit unterschiedlich ausgebildeten Querschnitten. Abschnitt 1 (Länge = 54,95 m): Die Kajenwand von 1953 besteht aus einer Winkelstützmauer aus Beton, gegründet auf einem Pfahlbock aus Holzpfählen und einer Spundwand auf der Wasserseite. Abschnitt 2 (Länge = 73,60 m): 1982 wurde eine kombinierte Spundwand aus PSp Peinereinzelbohlen und PZi Zwischenbohlen vor die Kajenwand von 1936 gerammt. Die Wand von 1936 wurde als Winkelstützmauer aus Beton auf einem Pfahlbock aus Holzpfählen und einer wasserseitigen Spundwand errichtet. Die Wände sind über einen Betonüberbau miteinander gekoppelt. Abschnitt 3 (Länge = 70,83 m): Die Kaje von 1955 wurde als Winkelstützmauer aus Beton – gegründet auf einem Pfahlbock aus Holzpfählen – auf einer Spundwand errichtet. In diesem Abschnitt erfolgt die Entwässerung aller Abschnitte in die Geeste. In Abschnitt 3 ist eine Treppe als Zugang zu einem Liegeplatz eingebaut. Abschnitt 4 (Länge = 96,14 m): Der Bau der Kaje erfolgte 1959 mit der Herstellung des Geestesperrwerks. Die Wand besteht ebenfalls aus einer Winkelstützmauer aus Beton, gegründet auf einem Pfahlbock aus Stahlbetonrammpfählen, Stahlpfählen und einer wasserseitigen Spundwand.
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Alle Winkelstützmauern sind nur für die Aufnahme des Erddrucks ausgelegt. Der Bereich hinter den Wänden wird über Tonrohre in den Sohlen der Winkelstützmauern in den darunter liegenden Boden entwässert. Seit dem Jahr 2000 kam es nach Überflutungen der Kajenfläche zu Versackungen bis zu 1,50 m Tiefe hinter der Spundwand. Die Spundwand zeigte auf der gesamten Kajenlänge größere Risse, die in der Lage zu den Sackstellen passten. Zur Ursachensuche wurde die Spundwand an 4 Stellen unterhalb der Winkelstützmauer geöffnet. Eine in den Bestandsplänen eingetragene und statisch erforderliche Spundwanddrainage war, soweit sichtbar, zerstört bzw. nicht vorhanden. Stattdessen wurden hinter der Spundwand Hohlräume gefunden. Es war zu vermuten, dass durch die Löcher (Risse, Durchrostungen) in der Spundwand der anstehende Boden trichterförmig ausgespült wurde. Die Folge waren Versackungen an der Oberfläche. Alle 4 Spundwandabschnitte sind überlastet. Um die Sicherheit auf der Kajenfläche weiterhin zu gewährleisten, wurden bis zum Abschluss der Erneuerung folgende Einschränkungen für den Betrieb getroffen: • Der Umschlag an den Schiffen mit dem Autokran wurde auf den Abschnitt 2 beschränkt. • Alle anderen Bereiche wurden für das Befahren mit Lastkraftwagen und dem Autokran gesperrt. Randbedingungen für die Planung Die Geestekaje liegt im Tidebereich der Weser. • MThw 2004/08, NHN +1,86 m • HHThw, NHN +5,35 m (17.2.1962) • MTnw 2004/08, NHN –1,89 m • NNTnw, NHN –4,19 m (15.3.1964) Die jetzige und die zukünftige Oberkante des Spundwandholms liegen auf NHN +3,65 m. Somit sind die Baustelle und die Baustelleneinrichtungsfläche auf dem Tonnenhof nicht hochwasserfrei. Auch während extremer Wasserstandsereignisse (Überflutungen der Kaje, extremes Niedrigwasser) war der Bauablauf so zu gestalten, dass die Standsicherheit der bestehenden Kaje durchgängig gewährleistet ist. Weiterhin galten die im Vorfeld getroffenen Einschränkungen hinsichtlich des Betriebs auf der Kajenfläche auch für den Baustellenverkehr in den noch nicht sanierten Bereichen. Die Kaje und die Flächen dahinter werden vom WSA als Tonnenhof genutzt. Der Betrieb sollte auch während der Bauzeit aufrecht erhalten und nicht übermäßig behindert werden. Die Zugänge zu den Dienst-, Werkstatt- und Sozialgebäuden waren während der gesamten Bauzeit zu gewährleisten. Jeweils zwei zusammenhängende Kajenabschnitte werden durchgängig zum Anlegen der Schiffe des WSA benötigt. In unmittelbarer Nähe zur Baustelle stehen mehrere Betriebsund Wohngebäude, die teilweise tief gegründet sind, andere verfügen über eine Flachgründung. Fassade und Stahlkonstruktion der Tonnenhalle stehen unter Denkmalschutz. Im Osten schließt die Baustelle an das Geestesperrwerk an, dessen Öffnungen durchgängig frei zu halten sind.
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Die Entwässerungsleitungen der Dachflächen der WSASozial- und Betriebsgebäude sowie von Tonnenhalle und Sandstrahlschuppen münden alle in der Sammelleitung, die entlang der Kaje verläuft und im Abschnitt 3 in die Geeste geführt wird. Die Tonnenhoffläche wird ebenfalls in diese Sammelleitung entwässert. Die Ableitung musste während der gesamten Bauzeit gewährleistet werden. Während der gesamten Bauzeit legen in den nicht von der Maßnahme betroffenen Abschnitten Schiffe an. Der vorhandene Schmutzwassersammelschacht mit Hebeanlage in Abschnitt 3 muss während der gesamten Baumaßnahme betriebsbereit gesichert werden. Entwurf Die Erneuerung erfolgt durch Einbringen einer neuen Wellenspundwand vor die vorhandenen Kajenkonstruktionen. Die bestehende Kaje wird auf den oberen 1,50 m abgebrochen. Die für die Abbruch- und Aushub-arbeiten als Baugrubenverbau dienende Spundwand bleibt im Endzustand als Spundwandschürze im Boden. Am landseitigen Ende der vorhandenen Winkelstützmauer wird ein Filtervlies in Höhe der Sohle Winkelstützmauer bis zu dieser Spundwand zur Verhinderung weiterer Versackungen eingebaut. Die Tonnenhoffläche wird auf einer Breite von ca. 20,50 m hinter dem neuen Spundwandholm erneuert. Im Rahmen der Baumaßnahme sind die Leitungen, Kanäle und Schächte der Oberflächenentwässerung, Schmutzwasserentsorgung, Trink- und Stromversorgung neu zu verlegen. An der Vorderkante der Kaje werden die Versorgung der Schiffe mit Strom und Wasser sowie die Übergabe der Abwässer an 7 neuen Landanschlussstationen zusammengefasst. Bauablauf Die Erneuerung der Geestekaje wird in zwei Bauabschnitten durchgeführt. Da bis zur Fertigstellung des ersten Bauabschnitts nur Abschnitt 2 für den geforderten Umschlag mit Autokran zur Verfügung steht, werden die Abschnitte 3 und 4 im ersten Bauabschnitt erneuert. Beginn der Rammarbeiten ist am Geestesperrwerk. Es folgt die Erneuerung der Abschnitte 1 und 2. Die Rammarbeiten schließen an die neue Spundwand des Abschnitts 3 an und laufen weiter in süd-westliche Richtung. Neue Uferspundwand Vor die 4 Abschnitte der Geestekaje wird eine neue WellenSpundwand gesetzt, auf den vollen Wasserdruck bemessen und nicht mit einer Spundwandentwässerung ausgerüstet. Das Vorsetzmaß der neuen Wand zur vorhandenen Wand beträgt im Abschnitt 2 am Spundwandfuß 0,98 m. Die neue Spundwand wird ohne Neigung eingebracht. Die vorhandenen Spundwände weisen eine Neigung von 1:10 auf. Am Kopf beträgt der Abstand zwischen alter und neuer Konstruktion zwischen 3,37 m und 4,34 m. Die Spundwand wird durch verpresste Mikropfähle einfach rückverankert. Der Ankeranschluss an die Spundwand liegt bei NHN +0,50 m.
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rechts Geestekaje in Bremerhaven nach der Sanierung
Die neue Spundwand schließt an der Oberfläche mit einem Betonholm ab. Der Raum zwischen neuer und alter Wand wird bis zur Oberfläche mit Sand verfüllt. Hauptabmessungen Uferspundwand • OK Kaje: NHN +3,65 m • Soll-Hafensohle: NHN –7,50 m • Rechn. Entwurfstiefe: NHN –8,50 m • Spundwandneigung: 1 : ∞ Spundwandausrüstung In den Spundwandtälern werden Sturmpfähle angeordnet, deren Oberkante auf NHN +7,00 m liegt. Die Sturmpfähle sind gemäß neuem Liegeplatzkonzept des WSA Bremerhaven für die Geestekaje in Abständen zwischen 2,11 m und 22,40 m angeordnet und zusätzlich mit Führungsseilen zum Festmachen ausgestattet. Ebenfalls dem Liegeplatzkonzept des WSA folgend werden 6 Treppenanlagen in die neue Kaje integriert. Steigeleitern, Haltebügel und Festmacheeinrichtungen (Haltekreuze und Kantenpoller) werden gemäß E 14 der EAU [1] ausgebildet und angeordnet. Sicherung der Kaje Die bestehende Kajenkonstruktion wird ab Beginn jedes Bauabschnitts durch neu herzustellende Entwässerungsschlitze in den Spundwänden und Entwässerungsöffnungen in der Vorderseite der Winkelstützmauern entwässert und so vom Wasserdruck entlastet. Zusätzlich wird der Boden landseitig der vorhandenen Kaje zu Beginn jeder Bauphase bis auf NHN +2,00 m ausgehoben. Die Winkelstützmauern der vorhandenen Kajenwand werden bis auf 1,50 m unter Gelände abgebrochen und Hohlräume unterhalb der Winkelstützmauern mit eingespültem Sand verfüllt. Zur Verfüllung werden der Boden im Schutz einer Baugrubenspundwand bis zur Unterkante der Sohle Winkelstützmauer ausgebaut und Kernbohrungen durch die Sohle hergestellt. Durch die Kernbohrungen und von der Landseite erfolgt das Einspülen von Sand. Nach dem Verfüllen wird die Sohle der Winkelstützmauern mit einem Filtervlies abgedeckt, das über den Bodenaushub hinter der Wand bis zur Baugrubenspundwand geführt wird, um Nachsackungen zu verhindern. Im Endzustand dient die rückwärtige Spundwand als Spundwandschürze und verhindert Materialtransporte in eventuell verbleibende Hohlräume. Ver- und Entsorgungsleitungen Das komplette Rohrleitungssystem für die Schmutzwasserentwässerung wird im Bereich der Kaje demontiert und durch neue Leitungen und Schächte ersetzt. Der Schacht mit der Pumpe (Hebeanlage) und die vorhandene Druckleitung zur Hebestation im Sozialgebäude bleiben während der Bauzeit des ersten Bauabschnitts zunächst erhalten. Erst zum Ende des ersten Bauabschnitts wird der Schacht mit der Pumpe erneuert und an die vorhandene Druckleitung angeschlossen. Das Rohrleitungssystem für die Oberflächenent-
wässerung einschließlich der Schächte wird im Bereich der Kaje durch neue Leitungen, Einläufe und Schächte ersetzt. Die Entwässerung der Dach- und Tonnenhoffläche muss während der Baumaßnahme durch temporäre bauliche Maßnahmen wie Pumpen und mobile Schlauchleitungen ins Hafenbecken gewährleistet werden. Die vorhandene Entwässerung der Parkplatzflächen und Dächer wird an die neue Sammelleitung angeschlossen. Sie entwässert über zwei Ausläufe DN 600 in die Geeste. Für die Auslaufleitungen sind Kernbohrungen in den Winkelstützmauern und Öffnungen mit Rückstauklappen in der neuen Spundwand erforderlich. Zusammenfassung Die beiden Planungsaufgaben „Neubau der Löschbrücke I im Ölhafen Emden“ und „Grundinstandsetzung der Geestekaje in Bremerhaven“ sind durch höchst unterschiedliche Anforderungen an die Konstruktion sowie Randbedingungen an die Weiterführung des Schiffsbetriebs während der Bauzeit gekennzeichnet. Bei der Löschbrücke im Emder Hafen war ein wirtschaftlicher Entwurf der Gesamtanlage nach Auswertung der aktuellen Schiffsbelegung durch Anordnung von Rohrdalben, Einkürzen der Leinenstege und Nutzung der vorhandenen Landpoller möglich. Bei der Grundinstandsetzung der Geestekaje konnte der Betrieb des WSA-Tonnenhofs durch Aufteilung der Maßnahme in zwei Bauabschnitte aufrechterhalten werden. Durch geschickte Wahl der Schnittstelle wird der größte Teil des Altbestands bis zur Erneuerung weiter genutzt. Frühzeitiger Erdaushub und die Herstellung neuer Entwässerungsöffnungen gewährleisten die Standsicherheit des Altbestands und die Betriebssicherheit des dahinter liegenden Tonnenhofs in allen Bauphasen. Die beiden Bauwerke für den Schiffsbetrieb zeigen, dass es kein einheitliches Vorgehen für einen Neubau bei Weiterbetrieb vorhandener Anlagen während der Bauzeit gibt. Wirtschaftliche Entwürfe sind nur bei Berücksichtigung der jeweiligen Anforderungen an den wasserseitigen Umschlag sowie landseitigen Betrieb möglich. Dazu sind umfassende Abstimmungen mit den Eigentümern und Nutzern erforderlich. Wilfried Schmeling, Susanne Potthoff Literatur [1] EAU Empfehlungen des Arbeitsausschusses „Ufereinfassungen“ Hafen und Wasserstrassen 2004/2012, Verlag Ernst & Sohn.
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rechts Die TRILUX Lumega 600 LED ist Bestandteil des innovativen Leuchtenkonzepts am Düsseldorfer Parlamentsufer
LEUCHTENDE HAFENPROMENADE Noch vor 20 Jahren war der Düsseldorfer Medienhafen alles andere als ein innovativer Stadtteil mit Zukunft. Damals dominierten die Brachflächen des Industrie- und Warenverkehrs mit Kränen, Silos und Lagerhallen das Bild des Binnenhafens. Die umfassende Umgestaltung des Areals lässt nun zeitgenössische Architektur und Außenanlagen als prägende Elemente erscheinen. Zwischen Landtag und Medienhafen liegt das Düsseldorfer Parlamentsufer, das täglich hunderte Spaziergänger auf seine Promenade lockt. An der Landzunge präsentiert sich der Yachthafen mit Frank O. Gehry‘s charakteristischen Bauten, gleichzeitig eröffnet sich ein großartiger Blick auf das gegenüber liegende Rheinufer. Als beeindruckende Kulisse wirkt das Parlamentsufer bei Nacht, wenn die Gebäude rund um den Medienhafen in Kunstlicht getaucht werden. Das war nicht immer so, vielmehr erschien das Ufer früher durch veraltete und falsch platzierte Beleuchtung schattig und finster. Erst die Umgestaltung der Promenade mit dem Einsatz von hocheffizienten TRILUX Lumega 600 LED brachte Licht ins Dunkel. Gezielt wurde die Beleuchtung für Plätze, Flächen und Wege eingesetzt und schafft so neben einer angenehmen Atmosphäre ein Gefühl von Sicherheit.
Mit einer Energieeinsparung von 50 % im Vergleich zu den alten Leuchten wird deutlich, dass dieses Konzept richtig ist und moderner Umweltschutz attraktiv aussehen kann. Den Stadtplanern ist es gelungen, die leistungsfähige LEDBeleuchtung vorbildlich im Verkehrsbereich zu integrieren, Baumalleen zurückhaltend zu beleuchten und Grünflächen wie Wegenetze in Szene zu setzen.
Der Einsatz von moderner Technik war der Stadt Düsseldorf bei der Umgestaltung besonders wichtig. Aufgrund eines städtischen Beschlusses von 1997 verpflichtete sie sich, umweltgerechte und innovative Technologien zu fördern. Ein deutliches Zeichen für die Bedeutung von nachhaltiger und zukunftsorientierter Stadtentwicklung.
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BAUKULTUR 3_2015
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Impressum BAUKULTUR – Zeitschrift des DAI 37. Jahrgang ISSN 1862-9571 Herausgeber DAI Verband Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine e.V. DAI Geschäftsstelle c/o KEC Planungsgesellschaft mbH Salzufer 8 10587 Berlin Telefon: +49 (0)30.400 54 100 Telefax: +49 (0)30.21 47 31 82 E-Mail: kontakt@dai.org www.dai.org DAI Geschäftsführung Udo Sonnenberg M.A. E-Mail: sonnenberg@dai.org DAI Präsidium Prof. Dipl-Ing. Christian Baumgart (Präsident) Dipl.-Ing. Gerd Schnitzspahn (Vizepräsident) Dipl.-Ing. Arnold Ernst (Schatzmeister) Marion Uhrig-Lammersen (Presse- und Öffentlichkeitsarbeit) Dipl.-Ing. Alexander von Canal (Veranstaltungen und Mitgliederbetreuung) Verlag, Gestaltung, Anzeigenverwaltung VBK Verlag S. Kuballa Verlag für Bau + Kultur Zur Leiten 11 95517 Emtmannsberg (Lkr. Bayreuth) Telefon: +49 (0)9209.91 86 240 Telefax: +49 (0)3212.45 26 570 E-Mail: info@vbk-verlag.de www.vbk-verlag.de Chefredaktion Susanne Kuballa M.A. E-Mail: kuballa@dai.org Anschrift wie Verlag Redaktion Dipl.-Ing. Sylvia Jung E-Mail: jung@vbk-verlag.de Anzeigen Christina Ahr M.A. E-Mail: ahr@vbk-verlag.de Dipl.-BW (FH) Ines Moritz E-Mail: moritz@vbk-verlag.de Gültig ist Anzeigenpreisliste Nr. 9 vom 1.10.2014. Druck Benedict Press, Vier-Türme GmbH Abtei Münsterschwarzach www.benedictpress.de Der Bezug der Zeitschrift ist im DAI Mitgliedsbeitrag enthalten. Druckauflage: 5.200 Exemplare (IVW III/2014)
Vorschau Ausgabe 4_2015 >> fassadenBAUKULTUR Autoren dieser Ausgabe Prof. Dr. Carlo W. Becker bgmr Landschaftsarchitekten Berlin www.bgmr.de
Lothar Michalowitz AIV KölnBonn, Mitglied www.aiv-koelnbonn.de
Jörg Brause AIV zu Berlin, Pressesprecher www.aiv-berlin.de
Susanne Potthoff Ingenieurberatung Bröggelhoff GmbH Oldenburg, Emden www.broeggelhoff.de
Hans-Joachim Bumann OAIV Freiburg, 1. Vorsitzender www.oaiv-freiburg.de
Marlies Rohmer Architectenbureau Marlies Rohmer Amsterdam (Niederlande) www.rohmer.nl
Dr. Fabian Drescher Zirngibl Langwieser Rechtsanwälte Partnerschaft www.zl-legal.de Heiko Haberle Bundesstiftung Baukultur Presse- und Öffentlichkeitsarbeit www.bundesstiftung-baukultur.de Oliver Hall ASTOC Architects and Planners Köln www.astoc.de Sebastian Holweg mediamare consulting GmbH Wildau www.mediamare.de Ingenhoven & Ingenhoven Architekten Neuss www.ingenhoven-architekten.com Prof. Dr. h.c. Vokwin Marg gmp Architekten von Gerkan, Marg und Partner Hamburg www.gmp-architekten.de
DAI Kooperationspartner
Sebastian Schlüter Bundesstiftung Baukultur Presse- und Öffentlichkeitsarbeit www.bundesstiftung-baukultur.de Wilfried Schmeling Oldenburgischer AIV, Mitglied Ingenieurberatung Bröggelhoff GmbH Oldenburg, Emden www.aiv-oldenburg.de www.broeggelhoff.de Jens J. Ternes AIV Koblenz, Mitglied Architekturbüro BDA Jens J. Ternes www.aiv-koblenz.de www.architektternes.de Volkmar Vogel Mitglied des Deutschen Bundestages (MdB) www.bundestag.de Michael Werner Zirngibl Langwieser Rechtsanwälte Partnerschaft www.zl-legal.de
BAUKULTUR | Zeitschrift des DAI | Mai 2015 | Ausgabe 3 | ISSN 1862-9571
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