Ausgabe 5_2017: münsteranerBAUKULTUR

Page 1

BAUKULTUR Zeitschrift des DAI Verband Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine e.V.

2017

5

Schwerpunkt Bauen in und um Münster

AIV Marburg Marburger Erklärung Exkursion nach Darmstadt

Münsterländer AIV Schlaun-Ideenwettbewerb 2017

BAUKULTUR

münsteraner


> Beim Neubau der Mehllager/ Trennanlage in Ibbenbüren wurden unter anderem 20 Silos bis zu einer Höhe von 48m im Gleitbauverfahren erstellt.

Echt erfahren. BÖRGEL ist seit 85 Jahren Ihr kompetenter Partner im Hochbau, Ingenieurbau, Umweltbau, Behälterbau und Industriebau – im Münsterland und darüber hinaus. Erfahren Sie mehr auf boergel.de

Echtes Bauen.


editorial

BAUKULTUR 5_2017

3

LIEBE LESERINNEN UND LESER, VEREHRTE FREUNDE DER BAUKULTUR, Baukultur beschreibt dem Grunde nach die Summe menschlicher Leistungen, die natürliche oder gebaute Umwelt zu verändern. Gleichzeitig bezeichnet Baukultur sowohl das eigentliche Werk als auch die Beziehung der Planenden untereinander, die dem Bauherrn gemeinschaftlich Erfolg schulden. Baukultur sollte möglichst innovativ, kreativ und einzigartig und eine Reflektion von Zeit, Wissen und Können sein. Die Erforschung neuer Dimensionen sollte formalästhetisch in der Welt der Fantasie und zeitgleich visionär, konstruktiv-technisch in der Welt der Realität fortschreiten. Die Stadt Münster hat mit ihrer gebauten Wirklichkeit allzeit eine sehr gute Antwort auf die von Heinrich Hübsch im Jahr 1928 in Karlsruhe gestellte Frage „In welchem Stile sollen wir bauen?“ gefunden. Papst Benedikt, der in Münster als Kardinal Ratzinger an der Universität gelehrt hat, beschrieb Münster als „eine schöne, ja geradezu sehr vornehme Stadt. Hier korrespondiert große Vergangenheit mit dynamischer Gegenwart.“ „Beeindruckend!“ stellte er fest. Durch die Baukultur manifestiert Münster seinen Führungsund Machtanspruch als regionales Zentrum nicht nur des Münsterlandes, sondern in ganz Westfalen und steht damit im direkten Wettbewerb mit dem Rheinland. Die Jonglage der Formsprache in städtebaulicher und architektonischer Sicht erfolgt in Münster erfolgreich im Spannungsfeld zwischen Geschichte, Image, Funktion, Konstruktion und Natur und verliert dabei – bodenständig, wie wir Westfalen nun mal sind – nie den passenden Maßstab. Diese münsterländische Baukultur spiegelt unsere christliche Geschichte und die ländlichen Traditionen der mittelstandsgeprägten Gesellschaft in Westfalen wider und ist nicht zuletzt mit unseren Hochschulen als Wissensstandort sinnstiftend. Auch die Verantwortung für die Qualität der gebauten Umwelt liegt hier nicht allein bei uns Fachleuten, sondern wird von der Stadtgesellschaft Münsters als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe betrachtet. Die weit über die Region Westfalen hinaus bekannten münsterländischen Kaufleute, Planer und Handwerker pflegen das partnerschaftliche Miteinander durch eine enge und vertrauensvolle Verbindung zwischen den Berufsverbänden, Kammern und Interessenvertretungen.

komplexeres Normwesen und nicht zuletzt aufgrund der hohen Fehleranfälligkeit durch baubegleitende Planung mit einer Prozessflut überschüttet wurden, atmen aktuell auf und empfinden sich endlich wieder als kreativ Schaffende und erfahren gesellschaftliche Anerkennung. Verbliebene Konversionsflächen und Todräume unserer Stadt, die aktuell teilweise als reine Autoparkplätze genutzt werden und zu einer geradezu organisierten Zerstörung unseres Kulturgutes Stadt auch im täglichen Umgang miteinander führen, werden zukünftig als neue Stadtquartiere wieder einer urbanen Nutzung in unserer wachsenden Stadt zugeführt. Das Gegenteil von Baukultur ist aktuell die finanzgetriebene Barbarei der kurzzeitigen Renditeoptimierung, die letztlich anderswo nur einen schutzlosen unmündigen Bürger als reinen Konsumenten in sterbenden Stadtteilen und Städten zurücklässt. Als Konsens zwischen Verwaltung und Planenden beinhaltet Baukultur in Münster sämtliche Elemente der gebauten Umwelt; Baukultur geht über die architektonische Gestaltung von Gebäuden weit hinaus und umfasst so auch den Städtebau, die Gestaltung von Infrastruktur und Verkehrsanlagen sowie insbesondere auch die Kunst am Bau und die Kunst im öffentlichen Raum. Wir freuen uns daher umso mehr, Sie im Rahmen des DAI Tages zeitgleich zur Ausstellung Skulptur Projekte 2017 in Münster begrüßen zu dürfen! Radeln Sie mit uns vom Dom mit seinem Wochenmarkt an den Bauten von Johann Konrad Schlaun und Harald Deilmann vorbei, zu neuen Werken und Stadtquartieren an der Stubengasse und dem Kreativkai am Hafen und erleben eine wachsende Stadt, die durch ihren Mittelstand, der die Errungenschaften der sozialen Marktwirtschaft pflegt und dabei unter Bewahrung unserer christlicher Traditionen und Werte erfolgreich auch für die Schwachen unserer Stadtgesellschaft selbstbewusst in die Zukunft schreitet. Erleben und erfreuen Sie sich gemeinsam mit uns an unserer wunderbaren quicklebendigen Stadtgesellschaft und wohltuenden Baukultur! Ich verbleibe mit dem Zitat des Kabarettisten Dieter Hildebrand: „Es wird unheimlich viel geliebt und getrunken in dieser Stadt Münster“. Herzlichst Ihr

Der deutschlandweite Trend der vergangenen Jahre, in denen Einkäufer und Juristen uns Planer zur Beute erklärt haben, ist aufgrund der aktuell sehr guten Wirtschaftslage nicht nur in Münster gebrochen. Architekten und Ingenieure, die durch die Banalisierung der Baukultur durch Dritte der Entmündigung des Planers durch Regelungswut und immer

Dr. Markus Johow Vorsitzender des Münsterländer AIV


4

DAI bundesweit

BAUKULTUR 5_2017

Kiel

Pinneberg

DAI Fachexkursion 2017 Die internationale DAI Fachexkursion für Architekten und Ingenieure führt im Herbst nach Südafrika: vom KrügerNationalpark zum Kap der Guten Hoffnung. Es werden zwei Reisetermine angeboten: • •

Osnabrück

Dortmund

Düsseldorf

24.10. bis 3.11.2017 1.11. bis 11.11.2017 Oberhessen

www.dai.org/veranstaltungen

Wiesbaden Aschaffenburg Bamberg

Mainz

Mannheim

Saar

www.dai.org

Nürnberg

Freiburg

www.facebook.com/baukultur www.twitter.com/baukultur DAI Mitgliedsverein

https://plus.google.com/ +DaiOrgBaukultur

kein DAI Mitgliedsverein DAI Mitgliedsverein mit Textbeitrag in der vorliegenden Ausgabe

DAI MITGLIEDSVEREINE AIV Aschaffenburg AIV Aschersleben-Staßfurt AIV Bad Hersfeld AIV Bielefeld AIV Braunschweig AIV Frankfurt AIV Hamburg AIV Hanau AIV Hannover AIV Hildesheim AIV Karlsruhe

AIV Koblenz AIV KölnBonn AIV Konstanz AIV Magdeburg AIV Marburg AIV Mark-Sauerland AIV Oberhessen AIV Schweinfurt AIV Stuttgart AIV Ulm AIV Würzburg

AIV zu Berlin Dortmunder AIV Mittelrheinischer AIV Darmstadt Münchener AIV Münsterländer AIV Oberrheinischer AIV Freiburg Oldenburgischer AIV Ruhrländischer AIV zu Essen Schwäbischer AIV Augsburg


inhalt

BAUKULTUR 5_2017

25

32 3 4 5 6–9 6–7 8 9

Titel: Skulptur Projekte 2017: CAMP (Shaina Anand und Ashok Sukumaran), Matrix (Foto: © Skulptur Projekte 2017, Henning Rogge)

30

Editorial Markus Johow DAI in Deutschland Inhalt Rubriken Nachrichten Wirtschaft + Recht Kolumne Bundesstiftung Baukultur

10–11 10 10–11

DAI aktuell Aus dem Präsidium DAI Literaturpreis 2017

11–13 11 12 12–13

DAI regional AIV Marburg: Marburger Erklärung AIV Marburg: Exkursion nach Darmstadt Münsterländer AIV: Schlaun-Ideenwettbewerb 2017

14–41 14–16 17–19 20–21 22–23 24 25–27 28–29 30 31 32–33 34 35 36–37 38–39 40 41

Schwerpunkt: Bauen in und um Münster Stadtentwicklung von Münster Weiterbauen nach 1990 Stadtplan von Münster Skulptur Projekte 2017 Hanse Carré Umbau und Neubau in der Stubengasse Philosophikum am Domplatz Stadtbücherei Münster Kita + Wohnen an der Sebastiankirche Domsingschule Münster Wohnen + Arbeiten im Pius-Hof Städtische Gesamtschule Münster Neubau des Verbands der Nordwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie Verwaltungsgebäude H7 am Stadthafen Gebäudeensemble am Stadthafen Schlautbogen in Mecklenbeck

42–46 42 43 44–45 46

Advertorials | Anzeigen Fuchs Fertigteilwerke GmbH: Oberfinanzdirektion in Münster Wohn + Stadtbau GmbH: Qualitätvolles Planen und Wohnen Umweltlabor ACB GmbH: Gesundes Raumklima Vallox GmbH: Lüftungskomfort in der Stadtwohnung

47

Autoren | Vorschau | Impressum

5


6

nachrichten

Münster will nach oben Die städtebauliche Entwicklung Münsters nach dem Wiederaufbau, die Zeit des Stadtwachstums, der Erneue r u n g und des Umbaus bis zum Anfang des 21. Jahrhunderts ist T h e m a dieses Buchs. In den letzten 50 Jahren kletterte Münster nach oben. Es wurde 4 Mal größer an Fläche und um 100.000 Einwohner, um neue Baugebiete und Bauten. Fast jährlich erhielt die Stadt Preise, wie 2004 die Medaille als lebenswerteste Stadt der Welt oder 2015 als Kulturerbe Europas. Die Dokumentation beschreibt Stationen eines fast unerwarteten Aufstiegs, Fehlschläge und Erfolge. Karliczek, Rainer: Münster will nach oben, 50 Jahre Planen und Bauen (1965–2015), Münster 2015. www.aschendorff-buchverlag.de Nix Genaues weiß man nicht Das Buch enthält 75 voneinander unabhängige kurze Geschichten: Satirische Berichte, skurrile Schicksale, kritische Komment a r e , humorvolle bis tödliche Repor tagen, alberne Interviews, erfundene Anekdoten, alles in allem ein Feuerwerk von Spitzfindigkeiten für allerbeste kurzweilige Unterhaltung in nie langweilig werdender sprachlicher oder literarischer Form. Und was ist die ulkigste Geschichte? Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Rainer Karliczek: Nix Genaues weiß man nicht, 75 Satiren und Lügengeschichten aus Münster und Sonstwo – garniert in Quatsch mit Soße, Münster 2017. www.westfaelische-reihe.de

BAUKULTUR 5_2017

Münster / Münsterland Mit einer über 1.200-jährigen Geschichte, mehr als 300.000 Einwohnern und einer attraktiven Altstadt ist Münster ein moderner Wirtschaftss t andor t , eine Univ e r s i t ät s s t ad t s o w i e Oberzentrum des M ü n s t e rlandes mit hoher Strahlkraft in die Region und darüber hinaus. Anhand von 170 Bauten und Projekten erzählt der Band die Architekturgeschichte in Münster und dem Münsterland seit 2006. Viele der vorgestellten Objekte sind Preisträger aus Wettbewerbsverfahren, andere mit Architekturpreisen ausgezeichnet, nicht wenige zum Teil überregional bekannt. Sie alle zeugen vom lebendigen und erfolgreichen Diskurs zwischen Architekten und Bauherrn weit über die regionale Baukunst und baukulturelle Ansprüche hinaus. Anke Tiggemann, BDA Münsterland (Hrsg.): Münster / Münsterland, Architekturführer, Bauten und Projekte seit 2006, Münster 2017. www.dom-publishers.com

Künstlern, die an den Ausstellungen „Skulptur Projekte“ der vergangenen Jahrzehnte teilgenommen haben. Und mit dem Werk „Pure Consciousness“ des japanischen Künstlers On Kawara machen auch die diesjährigen „Skulptur Projekte“ im Picasso-Museum offiziell Station. www.kunstmuseum-picasso-muenster.de Berthold Socha: Fotografien Berthold Socha hat die Ausstellungen der „Skulptur Projekte“ in Münster seit 1977 begleitet. Das Stadtmuseum Münster

Claes Oldenburg: Giant Pool Balls, Skulptur Projekte, Münster 1977 (Foto: Berthold Socha)

zeigt bis zum 24.9.2017 rund 80 Aufnahmen der vergangenen 4 Skulpturenausstellungen. Dabei stehen nicht die Kunstwerke selbst im Mittelpunkt, sondern stets ihre Einbindung in Raum und Zeit. Berthold Sochas Interesse galt vor allem der Begegnung des Publikums mit den Skulpturen. www.stadt-muenster.de/museum

Von Christo bis Kiefer Das Picasso-Museum Münster zeigt bis zum 1.10.2017 die einzigartige Kunstsammlung des französischen Galeristen Yvon Lambert mit Werken von Jean-Michel Basquiat, Miquel Barcelo, Christo, Anselm Kiefer, Gordon MattaClark, Sol LeWitt, Cy Twombly, Richard Long und Bruce Nauman. Die Präsentation schlägt eine Brücke zu vielen

Beuys und Oldenburg Als Journalist hat Erhard Obermeyer während der ersten „Skulptur Projekte“ in Münster 1977 die Entstehung wichtiger Kunstwerke in Wort und Bild begleitet. Er hielt den Aufbau der „Giant Pool Balls“ von Claes Oldenburg ebenso fest wie das Gießen des Fettkeils von Joseph Beuys, der später unter dem Titel „Unschlitt/Tallow“ im LWL-Museum für Kunst und Kultur präsentiert wurde. Das Stadtmuseum Münster zeigt bis

On Kawara: Installationsansicht von „Pure Consciousness“, Goa, Indien, 2013, Courtesy of The Estate of On Kawara

Joseph Beuys in der Werkstatt des Bauunternehmens Hermann Borchard in Münster, 1977 (Foto: Erhard Obermeyer)


nachrichten

BAUKULTUR 5_2017

zum 10.9.2017 ausgewählte Fotografien Obermeyers und einen Amateurfilm, der die Herstellung der beiden Skulpturen dokumentiert. www.stadt-muenster.de/museum Frau Architekt Vor mehr als 100 Jahren wurden Frauen erstmals an den Technischen Hochschulen in Deutschland zu diplomierten Architektinnen ausgebildet. Wie kaum eine andere Disziplin war Architektur von jeher eine Männerdomäne. Seit einigen Jahren studieren jedoch mehr Frauen als Männer an den Architekturhochschulen.

Mitarbeiterinnen im Büro von Ingeborg Kuhler, Mannheim, 1986 (Foto: © Büro Ingeborg Kuhler)

Der Trend ist europaweit, in Deutschland mit mehr als 53 % am deutlichs-

ten. Andererseits gibt es unter den im Beruf tätigen Architekten erst 30,9 % Frauen. Die Gründung von Büros, die Besetzung einflussreicher Stellen und Professuren ist noch immer Männersache. Die Ausstellung „Frau Architekt“ – Seit über 100 Jahren: Frauen im Architekturberuf“ im Deutschen Architekturmuseum Frankfurt (DAM) geht diesem Phänomen nach. www.dam-online.de Ettore Sottsass – Rebell und Poet Der österreichisch-italienische Designer Ettore Sottsass (1917–2007) war einer der bedeutendsten und gleichzeitig unkonventionellsten Gestalter des 20. Jahrhunderts. Bekannt wurde er für seine Entwürfe für den Bürogerätehersteller Olivetti, für poetisch-minimalistische Objektskulpturen und als Kopf des Designkollektivs Memphis in den 1980er Jahren. Sottsass hinterließ in verschiedenen Disziplinen ein faszinierendes Gesamtwerk, das mit vielen Objekten bis zum 24.9.2017 im Vitra Design Museum in Weil am Rhein vertreten ist. www.design-museum.de

Ettore Sottsass: Tischlampen, 1977–1988 (Foto: Jürgen Hans)

Baukulturwerkstatt „Umbaukultur“ Mehr als 70% aller Bauinvestitionen in Deutschland gehen in den Bestand. Neben wirtschaftlichen und ökologischen Aspekten birgt das Um- und Weiterbauen auch Potenziale für baukulturelle Innovationen. Gefragt sind Strategien, wie historisch gewachsene gebaute Strukturen weitergenutzt werden können. Darum laden die Bundesstiftung Baukultur und die StadtBauKultur NRW zur Baukulturwerkstatt „Umbaukultur“ nach Bochum ein. Der Werkstatttag bietet in offenen Diskussionsrunden und anhand konkreter Projekte Impulse zu Möglichkeiten und Erfordernissen des Umbauens. www.bundesstiftung-baukultur.de

Bau auf Uponor mit Smatrix Style Unser neues formschönes Designthermostat mit Temperatursensorik optimiert das Raumklima und steigert den thermischen Komfort bei reduzierten Energiekosten

Spart bis zu 20 % Energie durch innovativen, hydraulischen Autoabgleich Einfach zu installieren und zu bedienen via Bedienmodul, Smartphone und Tablet Ideal für den Neubau oder als nachrüstbares Thermostat für die Renovierung

7

www.smatrixstyle.com/de


8

wirtschaft + recht

BAUKULTUR 5_2017

§§ Die in Berlin, München, Frankfurt und Wien ansässige Kanzlei Zirngibl Rechtsanwälte Partnerschaft mbB ist Premiumpartner des DAI. Zu ihren bundesweiten Arbeitsschwerpunkten zählen das Immobilien-, Bau- sowie das Vergaberecht.

NEUES AUS DEM... ...Grundstücks- und Immobilienrecht

...Vergaberecht

Grundstückstransaktionen und Altlasten: Erst vertragliche Regelungen machen Risiken kalkulierbar!

E-Vergabe: Unverschlüsselte Angebote sind unzulässig!

Der Eigentümer eines Altlastengrundstücks kann kraft Gesetzes zur Sanierung und/oder zu sonstigen kostenintensiven Gefahrenabwehrmaßnahmen verpflichtet werden, unabhängig davon, ob er die Kontaminierung verursacht hat oder kannte: Es handelt sich um eine Garantiehaftung gegenüber dem Staat. Dabei kann sich die Sanierungspflicht auch auf das Grundwasser und – bei einer Ausbreitung der Verunreinigungen – auf umliegende Grundstücke erstrecken. Wenn der Eigentümer die Altlast kannte oder kennen musste, ist er im Verhältnis zur öffentlichen Hand auch nach der Veräußerung neben dem neuen Eigentümer haftbar, ist er der Verursacher der Kontaminierung, ist die Haftung in der Regel betragsmäßig unbegrenzt. Beim Verkauf eines Grundstücks treffen den Verkäufer im Verhältnis zum Käufer weitgehende Aufklärungspflichten: Ist die Kontaminierung bekannt, müssen die Fakten hierzu mitgeteilt werden; auch bei fehlender Kenntnis sind ungefragt Verdachtsmomente offenzulegen. Neben einer hinreichenden Aufklärung des Erwerbers und deren beweiskräftiger Dokumentation gilt es also gerade für professionelle Marktteilnehmer, die vorhandenen und zurechenbaren Kenntnisse, die überhaupt erst eine Aufklärung des Erwerbers ermöglichen, im Rahmen einer Verkäufer-DD zu sammeln.

Das OLG Karlsruhe hat in dem durch Zirngibl erwirkten Beschluss vom 17.03.2017 (15 Verg 2/17) entschieden, dass ein elektronisches Angebot unbedingt verschlüsselt einzureichen ist. Eine fehlende Verschlüsselung führt zum Angebotsausschluss.

Bei Verletzung der Aufklärungspflicht können den Verkäufer Ansprüche auf Kaufpreisminderung und Schadensersatz, Rücktritts- oder Anfechtungsrechte treffen. Die Berufung auf einen vereinbarten Haftungsausschluss kann verwehrt sein. Aus Erwerbersicht sind Kontaminierungsrisiken möglichst kaufpreismindernd zu berücksichtigen und im Falle einer vereinbarten Freistellung des Veräußerers von seiner Sanierungspflicht die zu erwartenden Kosten der Sanierungshaftung zu begrenzen.

In dem zugrundeliegenden Vergabeverfahren über Bauleistungen waren Angebote über die Vergabeplattform „vergabe24“ hochzuladen. Ein Bieter versuchte dies vergeblich. Ein technischer Fehler verhinderte die Datenübertragung. Kurz vor Ablauf der Angebotsfrist schickte der Bieter sein Angebot zunächst unverschlüsselt im Anhang einer E-Mail an den Auftraggeber. Nach Fristablauf konnten der Proxyserver des Bieters als Fehlerursache identifiziert und das Übertragungshindernis beseitigt werden. Sodann reichte der Bieter ein inhaltlich identisches Angebot auch über die Vergabeplattform ein. Der Auftraggeber wollte das Angebot werten. Hiergegen wandte sich der zweitplatzierte Bieter mit einem Nachprüfungsantrag. Das OLG Karlsruhe tendiert dazu, dass hier insgesamt nur ein Angebot vorliege, das jedoch zweimal eingereicht worden sei. Dieses Angebot sei jedoch auszuschließen. Voraussetzung für die Wertung sei, dass ein elektronisches Angebot verschlüsselt sowie form- und fristgerecht auf dem hierfür vorgegebenen Weg bei der zuständigen Stelle eingereicht werde. Dies sei bei der hier erfolgten Angebotseinreichung mittels unverschlüsselter E-Mail nicht der Fall. Auch durch die nach Fristablauf erfolgte verschlüsselte Einreichung des identischen Angebots könne die Datensicherheit nicht wiederhergestellt werden. Vielmehr sei auch das zweite Angebot mit dem Datensicherheitsverstoß bei der ersten Angebotsabgabe infiziert.

Fazit: Nur eine bewusste Risikoverteilung zwischen den Kaufvertragsparteien durch die Vereinbarung von Haftungsbeschränkungen oder -freistellungen schafft bei Grundstückstransaktionen Kalkulationssicherheit. Sind die Altlasten bekannt, kann auch der Abschluss eines Sanierungsvertrages mit der zuständigen Behörde Rechtssicherheit schaffen.

Fazit: Elektronische Angebote sind immer verschlüsselt und auf dem hierfür vorgegebenen Weg einzureichen. Bei Problemen mit der Einreichung über die Vergabeplattform sollte das Angebot nicht auf andere Weise übermittelt werden. Stattdessen ist der Auftraggeber zur Fristverlängerung aufzufordern. Der Auftraggeber sollte diese im Zweifel – natürlich allen Bietern – gewähren, zumal die Fehlerursache i.d.R. nicht sofort identifiziert werden kann.

Rechtsanwältin Dr. Christina Penningroth, LL.M.

Rechtsanwalt Adrian Clemens Tews

Ansprechpartner Berlin: RA Lars Robbe, Tel.: 030–880331–231, Fax: 030–880331–100, Mail: l.robbe@zl-legal.de, www.zl-legal.de Ansprechpartner München: RA Dr. Ulrich May, Tel.: 089–29050–231, Fax: 089–29050–290, Mail: u.may@zl-legal.de, www.zl-legal.de


kolumne

BAUKULTUR 5_2017

9

Die Bundesstiftung Baukultur stellt ihre Arbeit vor

WOHNEN UND BAUKULTUR NICHT NUR IN METROPOLEN Die deutschen Großstädte wachsen rasant, Wohnungen werden dort immer knapper und teurer. Gleichzeitig haben viele Klein- und Mittelstädte mit Leerstand und Abwanderung zu kämpfen. Dabei könnten gerade Städte außerhalb der Metropolen dazu beitragen, die Wohnungsnot in Großstädten zu dämpfen und abgehängte ländliche Räume zukunftsfähig zu machen. Baukulturelle Aufwertungen spielen dabei eine zentrale Rolle, wie die Bundesstiftung Baukultur und der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) in einem gemeinsamen Positionspapier festhalten. „Wir brauchen Maßnahmen, mit denen wir die Lebensqualität kleinerer und mittlerer Städte in ländlichen Räumen gemeinsam sichern können“, so Reiner Nagel, Vorstandsvorsitzender Bundesstiftung Baukultur, und Axel Gedaschko, Präsident des GdW, auf dem WohnZukunftsTag 2017 in Berlin. Es gelte, Orte mit Strahlkraft als Standortalternative zu stärken und Standorte mit Entwicklungspotenzial zu identifizieren. Durch baukulturelle Aufwertung und bürgerschaftliches Engagement entstehen Ankerstädte, die sich durch ein attraktives Orts- und Stadtbild sowie eine aktive Stadtgesellschaft auszeichnen. Als zentraler Wohn-, Handels- und Kommunikationsstandort fördern sie die Entstehung nachhaltig lebendiger Wohn- und Lebensräume in ihrer jeweiligen Region. Gleichzeitig sichern diese Ankerstädte die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in der Fläche und bilden das Rückgrat der vielfältigen Siedlungsstruktur Deutschlands. Den Wohnwünschen der Deutschen würde eine Stärkung ländlicher Regionen offenbar ebenfalls entsprechen: Laut einer Umfrage der Bundesstiftung Baukultur wollen 44 % am liebsten in einer Landgemeinde wohnen, 33 % in einer Kleinoder Mittelstadt und nur 21 % in der Großstadt. Zudem ist zu beobachten, dass sich das bisherige Pendlermuster umkehrt: Traditionell ländliche Auspendlerregionen werden zunehmend zu Einpendlerregionen. In ihrem Positionspapier zur polyzentralen Standortsicherung von Abwanderungsregionen in Deutschland empfehlen die Bundesstiftung Baukultur und der GdW:

rechts Reiner Nagel, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung Baukultur, bei der Präsentation des Positionspapiers auf dem WohnZukunftsTag 2017 in Berlin (Foto: Bundesstiftung Baukultur)

1. Die Polyzentralität wiederbeleben Politisches und planerisches Handeln nicht nur auf Metropolen und große Zuzugsstädte konzentrieren, sondern auch kleine Städte berücksichtigen. Eine infrastrukturelle und gute digitale Anbindung ist dafür die Grundvoraussetzung. Auf Bundes- und Länderebene sollten mehr Initiativen für ländliche Räume geschaffen, gebündelt und gestärkt werden. 2. Ortskerne und den Bestand baukulturell stärken In der Kombination aus Zugang zum Arbeitsmarkt und attraktivem Wohnen entstehen Ankerstädte für die Regionen. Gemeinden sind gefragt, neuartige, gemischte und bedarfsgerechte Konzepte zu entwickeln, um lebendige Ortszentren zu schaffen. Die wohnungspolitische Förderung des Bundes und der Länder sollte vorrangig für Kauf sowie Sanierung, Bestandsumbau und Ersatzneubau in integrierten Lagen bereitgestellt werden. Ortsspezifisches Bauen stärkt die Identität. Ein kontextuell sensibles Einfügen und die Berücksichtigung lokaler oder regionaler Baustile, Materialien und Formen bei Neu- und Umbauten sind dafür Voraussetzungen. 3. Durch aktive Bodenpolitik steuern Aktive Bodenpolitik stärkt die öffentliche Verantwortung und macht eine Gemeinde (neu) handlungsfähig. Ankerstädte in ländlichen Räumen benötigen stärkere Eingriffsrechte bei der Stadtentwicklung als bisher. So sollte z. B. das Zusammenlegen von zu kleinen Grundstücken sowie die Bereinigung nicht mehr funktionsfähiger Grundstücksflächen und Gebäudegrundrisse ermöglicht werden. Die Kommunen sollten ihr Vorkaufsrecht in besonderen Lagen häufiger einsetzen und mit Hilfe revolvierender Bodenfonds Entwicklungen in Gang setzen. Sabrina Ginter www.bundesstiftung-baukultur.de


10

DAI aktuell

BAUKULTUR 5_2017

AUS DEM PRÄSIDIUM Baukulturbericht 2016/17 Ende Juni wurde der Baukulturbericht 2016/17 vom Bundestag im Rahmen einer Beschlussfassung offiziell ins parlamentarische Verfahren aufgenommen. Kurz zuvor hatte die Bundesstiftung Baukultur unter Leitung des Vorstandsvorsitzenden Reiner Nagel und unter Mitwirkung des DAI Präsidenten Prof. Christian Baumgart zu einer Frühstücksrunde mit Bundestagsabgeordneten eingeladen. Die Diskussion war so vielfältig wie die relativ große Runde. DAI Präsident Baumgart gab u. a. zu bedenken, dass es Ziel der Stiftung und aller um Baukultur Bemühten sein muss, die Dinge nicht zusätzlich zu komplizieren. Kosten steigen zu lassen, um sie dann mit aufwendigen Förder-

programmen wieder einzufangen, stelle sich mehr und mehr als nicht wirksam heraus. Zudem brauche es eine Bestandsaufnahme dessen, was an Regelwerken und Fördereinrichtungen vorhanden sei. Außerordentliche Präsidiumssitzung Einige Mitglieder des DAI Präsidiums kamen Mitte Juli zu einer außerordentlichen Sitzung auf Hofgut Dachsborn zusammen, dem Wohnsitz von Mitglied Alexander von Canal. Im Lauf des Wochenendes wurden Möglichkeiten diskutiert, wie unseren Anliegen insgesamt mehr Gehör verschafft werden kann. Zentrale Elemente für die Verbandsarbeit sollen weiterhin die fachlich ausgerichteten Veranstaltungen

mit unseren Partnern bleiben und die seit einigen Jahren durchgeführten DAI Regionaltreffen. Münsteraner Erklärung Mit Blick auf den diesjährigen DAI Tag in Münster wird derzeit eine Münsteraner Erklärung vorbereitet. Inhaltlich beschäftigt sich diese Verlautbarung mit einem maßvollen Planen und Bauen. Die vielbeschworene Kostenexplosion und der anhaltende hohe Bedarf gerade im Wohnungsmarkt erfordern andere Antworten als immer neue Förderprogramme und Kommissionen. Das Planen und Bauen muss sich in Zukunft wieder auf das Wesentliche konzentrieren können. Udo Sonnenberg

DAI LITERATURPREIS 2017 In diesem Jahr verleiht der DAI turnusmäßig den DAI Literaturpreis. Der DAI und der Münsterländer AIV haben sich entschieden, diesen Preis erstmals als Filmpreis zu vergeben. Erhalten wird ihn der Schweizer Filmemacher Maurizius Staerkle Drux für seinen erstaunlichen und berührenden Dokumentarfilm über eine Architekten-Dynastie und ihre Liebe zum Bauen: „Die Böhms: Architektur einer Familie“. Die festliche Preisverleihung findet am 23.9.2017 anlässlich des DAI Tages 2017 in Münster statt. Maurizius Staerkle Drux Der 1988 geborene Filmemacher Maurizius Staerkle Drux absolvierte 2008– 2012 ein Studium der Filmregie an der Zürcher Hochschule der Künste. Ab 2009 arbeitete er als Konzepter und Tonmeister; seit seinem Hochschulabschluss als Regisseur und Tongestalter. 2013 gründete Staerkle Drux das Filmund Tonstudio MAXDRUX & Co. GmbH mit Sitz in Zürich. Sein 2014 entstandener Dokumentarfilm „Die Böhms – Architektur einer

Familie“ gewann auf dem Internationalen Filmfestival in Leipzig den Dokumentarfilmpreis des Goethe-Instituts 2014. Darüber hinaus wurde der Film auf mehreren internationalen Festivals ausgezeichnet, u. a. am Internationalen Dokumentarfilmfestival München mit dem ersten Preis für den besten Nachwuchsstoff, an den Bozener Filmtagen mit dem Hauptpreis des Festivals, mit dem Prix du Jury am Festival International du Film sur l‘Art (FIFA) und mit einer Lobenden Erwähnung am Filmfestival Max Ophüls Preis. Der Film war im Jahr 2015 einer der zuschauerstärksten Dokumentarfilme im Deutschen Kino. Quelle: Wikipedia

links Der Dokumentarfilmer Maurizius Staerkle Drux erhält im Rahmen des diesjährigen DAI Tages in Münster den DAI Literaturpreis 2017 (Foto: www.maxdrux.com)

Architektur einer Familie Der Film „Die Böhms“ ist vorrangig natürlich ein Film über das Bauen, vor allem aber ist es ein Film über die Erbauer, über die Bande, die sie zusammenhalten, und über die Spannung, unter der diese stehen. Neben Gottfried Böhms Ehefrau und Kollegin Elisabeth sind da die Söhne und Kollegen Stephan, Peter und Paul, selbst ausgewiesene Experten ihres Fachs und allesamt mit großen, Aufsehen erregenden Gebäuden hervorgetreten. Gemeinsam wie auch individuell nehmen die Familienmitglieder den Betrachter mit auf die Suche nach den Möglichkeiten und der Bedeutung der Architektur und des Familienzusammenhalts in einer Konkurrenzsituation. Es sind Momentaufnahmen, Situationen, die im Gedächtnis bleiben. Und, immer wieder: Töne, Geräusche, Klänge, teils musikalisch, teils abstrakt. Neben den Geräuschen, die von außen eindringen, ist es vor allem


DAI aktuell | DAI regional

BAUKULTUR 5_2017

11

rechts Das Anwesen der Böhms im Kölner Stadtteil Marienburg ist der zentrale Drehort des Films (Foto: www.maxdrux.com)

die Architektur, die klingt. Die vielfältigen Räume, die die Kamera erkundet, besitzen ein akustisches Eigenleben. Sie sind hörbar. Und es ist großartig, wie wenig sich der Autor und Tongestalter Maurizius Staerkle Drux selbst beschränkt: Hier darf groß klingen, was groß ist. Dokumentation und Tonkunstwerk Die Nähe zu den Protagonisten ist von entscheidender Bedeutung: Sie ermöglicht es, Zeuge zu sein von Momenten großer Intimität. Diese Momente sind

es, die „Die Böhms“ zu einem besonderen Film machen. Verluste, Ängste, Hadern und Ringen, Trauer und Sinnsuche, Getriebensein und Ankommen: Was schon ein einzelnes Leben zur Gänze auszufüllen vermag, ist im Mikrokosmos dieser in Beruf und Berufung, aber auch in geschwisterlicher Solidarität und beruflicher Konkurrenz verbundenen Familie potenziert. Zu jedem Zeitpunkt des Films ist das Vertrauen zu spüren, das die Beteiligten dem Regisseur entgegenbringen. Die teils assoziativ verbundenen

Momentaufnahmen montiert Staerkle Drux zu einer ebenso komplexen wie liebevollen Bestandsaufnahme, die mit ihrer anrührenden Zärtlichkeit überrascht und zugleich den Eindruck einer großen, unüberwindlichen Kraft hinterlässt. Dass in einem Film über Architektur neben dem Emotionalen auch das Formale zu seinem Recht kommen muss, versteht sich von selbst. Matthias Hornschuh (Auszug aus einem Artikel in: Filmdienst, 2/2015)

AIV Marburg

MARBURGER ERKLÄRUNG Die „Marburger Erklärung“ vom 12.6.2017 zum Vergabeverfahren Freiberuflicher Leistungen für öffentliche Aufträge im Unterschwellenbereich ist hier in gekürzter Form wiedergegeben. Die vollständige Fassung finden Sie auf der DAI Web-Seite unter www.dai.org. Die „Marburger Erklärung“ stellt Folgendes fest: 1. Das Hessische Vergabe- und Tariftreue Gesetz (HVTG) ist ungeeignet für die Vergabe von Freiberuflichen Leistungen. 2. Muss das HVTG auf Freiberufliche Leistungen angewendet werden, sind die Variablen der HOAI bei der Anfrage festzulegen. 3. Die Grenze zur freien Vergabe ist von 10.000 Euro auf 50.000 Euro anzuheben. 4. Ist ein Interessenbekundungsverfahren (IBV) vorgeschaltet, muss die Bewertungsmatrix fachbezogen sein und bei der Anfrage veröffentlicht werden.

Sinn des HVTG ist es, eine verbindliche Regelung bei der Beschaffung von Bauleistungen und Baudienstleistungen zu geben. Hier werden Vergabeverfahren festgelegt und Auftragssummen als Verfahrensabgrenzungen benannt. Ziel ist ein fairer Wettbewerb zwischen Bauunternehmen und Baudienstleistern. Über eine Leistungsbeschreibung, das Leistungsverzeichnis (LV), werden die angefragten Leistungen klar beschrieben und ein Preisvergleich ermöglicht. Der Bauunternehmer muss sich gleichzeitig zu Tariflöhnen bekennen, wenn er für den öffentlichen Auftraggeber arbeitet. Während für Planungsleistungen oberhalb des Schwellenwertes von 209.000

Euro Netto-Honorar die Vergabe in der Verdingungsordnung für Freiberufliche Leistungen (VOF) geregelt war, gab es für Planungsleistungen unterhalb von 209.000 Euro (Unterschwellenbereich) keine Regelungen. Um diese Lücke zu schließen, wird seit 2015 das HVTG auch auf die Vergabe von Freiberuflichen Leistungen bei öffentlichen Planungsaufträgen angewendet. Die Begründung hierfür erfolgt durch die Gleichsetzung von Freiberuflichen Leistungen mit Baudienstleistungen. Diese Gleichsetzung erweist sich inhaltlich und verfahrenstechnisch als folgenschwerer Irrtum. Marc Böttcher


12

DAI regional

BAUKULTUR 5_2017

rechts Mitglieder des AIV Marburg und des MAIV Darmstadt

AIV Marburg

EXKURSION NACH DARMSTADT Am 19.5.2017 unternahmen 11 Mitglieder des AIV Marburg eine Exkursion nach Darmstadt. Am Bahnhof wurden sie von drei Mitgliedern des Mittelrheinischen AIV Darmstadt in Empfang genommen. Zu Beginn referierte Herr Zechner gekonnt über die Entstehung des Bahnhofs und über das Bahnhofsumfeld samt Fürstensaal. Über Luisenplatz und Marktplatz ging es weiter zur TU Darmstadt. Großes Staunen gab es unter den ehemaligen Darmstädtern des AIV Marburg über die Entwicklung des Campus Stadtmitte. Der Physik-Hörsaal, das 11erGebäude, der neue Hörsaal in der alten Maschinenhalle, die neue Bibliothek – hier wurde viel gebaut. Höhepunkt der Exkursion war die Besichtigung des Darmstadtiums. Herr

Müller, Verantwortlicher Projektleiter beim Bauverein, übernahm die sehr informative Führung. Nach der Mittagspause in der Kantine eines Fraunhofer-Instituts folgte die Besichtigung des renovierten Hessischen Landesmuseums. Die Architekturmodelle aus Kork und die Funde aus Messel werden den Teilnehmern in bester Erinnerung bleiben. Insgesamt war die Stimmung freundlich und das Interesse am jeweils Anderen groß: Wie viele Mitglieder zählt Euer Verein? Wie viele darunter sind aktiv? Wie gewinnt Ihr neue Mitglieder? Der AIV Marburg bedankt sich herzlich für die gelungene Einladung des MAIV Darmstadt und freut sich schon sehr auf den Gegenbesuch. Marc Böttcher

Münsterländer AIV

SCHLAUN-IDEENWETTBEWERB 2017 Unter Vorsitz von Prof. Martin Korda hat vom 6.–7.4.2017 in Aachen das Preisgericht für den 6. Schlaun-Ideenwettbewerb getagt. Von den 12 Preisrichtern wurden insgesamt 106 Arbeiten in den Fachrichtungen Städtebau, Architektur und Bauingenieurwesen aus 42 verschiedenen deutschsprachigen Hochschulen und Fachhochschulen bewertet. Fachbereich Städtebau Die Städtebauer befassten sich unter dem Thema „Aachen Nord 2030“ mit diesem vielfältigen, heterogenen Stadtteil. Das Preisgericht war beindruckt von den erbrachten Leistungen und Ideen für die schwierige und ambitionierte Aufgabe. Der 1. Preis wurde geteilt: Bei der Arbeit von Marcel Tröger, Mathias Maurerlechner und Karolina Hasenstab von der TU Berlin würdigte das Preisgericht besonders, dass „durch eine starke mittlere Grünachse (...) die beiden angrenzenden Siedlungsbereiche eine verbindende grüne Mitte“ erhalten. Bei der Arbeit von Sarah Wolter und Thomas Klinkhammer von der RWTH Aachen wurde hervorgehoben, dass sie „der einzige Beitrag“ ist, „der das Quartier von innen mit einer abwechslungsreichen Raumbildung entwickelt“. Fachbereich Architektur Im Fachbereich Architektur sollte für die rund 180 m lange Garbe-Lahmeyer-Halle, ein frühes Beispiel rheinischer Industriearchitektur, eine neue Verwendungsmöglichkeit entwickelt werden. Der 1. Preis ging an Maria Shadrova von der RWTH Aachen. Hier hob das Preisgericht hervor, dass „der

Beitrag (...) die Möglichkeit unterschiedlicher Nutzungen durch eingestellte Gebäudevolumina zeigt“ und „durch ein Tageslichtangebot an unterschiedlichen Stellen“ brilliert. Fachbereich Bauingenieurwesen Schließlich sollte im Fachbereich Bauingenieurwesen ein ca. 25–30 m hoher Turm im Wettbewerbsgebiet entworfen werden. Der 1. Preis ging an Kai Stefan Allmendinger, Dominik Eichelsdörfer, Christian Gahn und Stefan Lukas Seeber von der Hochschule Coburg. „Die Lösung zeichnet sich durch eine gelungene Verknüpfung der Tragkonstruktion mit der gestalterischen Einbindung in den Standort aus,“ so das Preisgericht. Das Ziel, mit dem Schlaun-Ideenwettbewerb Studierende und junge Planer in den Fachrichtungen Städtebau, Architektur und Bauingenieurwesen zu fördern und von ihnen besondere künstlerische, technisch-wissenschaftliche und nachhaltige Planungsleistungen zu verlangen, sei aufgegangen, so Dr. Wolfgang Echelmeyer, Sprecher des SchlaunForums e.V.


DAI regional

BAUKULTUR 5_2017

Schlaun-Fest mit Preisvergabe Das Schlaun-Forum e.V. feierte am 28.5.2017 zum 7. Mal sein Schlaun-Fest im Erbdrostenhof in Münster. Anlässlich der Feier erfolgte die Preisverleihung an die Preisträger des diesjährigen Schlaun-Ideenwettbewerbs. DAI Präsident Prof. Christian Baumgart dankte in seinem Grußwort dem Schlaun-Forum e.V. für die intensive und kompetente Durchführung des Wettbewerbs. „Der DAI unterstützt Wettbewerbe. Mit dem Schlaun-Wettbewerb wird Studenten und jungen Planern die Möglichkeit gegeben, Erfahrungen im Wettbewerbswesen zu sammeln“, so Prof. Christian Baumgart. NRW.BANK-Vorstandsmitglied Dietrich Suhlrie dankte in seinem Grußwort dem Schlaun-Forum e.V. für die intensive und kompetente Durchführung des Wettbewerbs: „Als Förderbank liegt uns die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in Nordrhein-Westfalen sehr am Herzen. Deshalb unterstützen wir seit Beginn den Schlaun-Wettbewerb, der es talentierten jungen Stadt- und Landschaftsplanern, Architekten und Ingenieuren ermöglicht, ihre Ideen und Konzepte zur Stadt- und Regionalentwicklung zu präsentieren.“ „Der Schlaun-Ideenwettbewerb für Studierende und junge Planer in den Fachrichtungen Städtebau, Architektur und Bauingenieurwesen ist im deutschsprachigen Raum inzwischen etabliert und eine feste Größe“, freut sich Dr. Wolfgang Echelmeyer, Sprecher des Schlaun-Forums e.V. In diesem Jahr waren die Stadt Aachen und die NRW.BANK Hauptförderer. Darüber hinaus unterstützten die LVM Versicherung, die WSG Wohnungs- und Siedlungs-GmbH, der Münsterländer AIV und der DAI diesen Wettbewerb.

13

oben 1. Preis im Fachbereich Bauingenieurwesen: Kai Stefan Allmendinger, Dominik Eichelsdörfer, Christian Gahn und Stefan Lukas Seeber von der Hochschule Coburg unten 1. Preis im Fachbereich Architektur: Maria Shadrova von der RWTH Aachen

Volker Busen Weitere Informationen: www.schlaun-wettbewerb.de unten 1. Preis im Fachbereich Städtebau: Sarah Wolter und Thomas Klinkhammer von der RWTH Aachen

unten 1. Preis im Fachbereich Städtebau: Marcel Tröger, Mathias Maurerlechner und Karolina Hasenstab von der TU Berlin

EF52

kanten.sprung der norde der de nord nor d n verk verknü verkn rknü knü knüp k nü ft.

produktiver Park

Verbindung nach Haaren

133533

Nordschleife Landschaftspark

Nord.Blick ord.Blic rd Blick lick ick ck k

Gemeinschafts Park

Wohnen am Park Kleingärten

Schulcampus Sch ul mpus ulcampus mpus

Wurmteich

Pionier Park

Kultur.Platz r.Pla r.Plat .P Pla Schlachthof achtho

Kleingärten

Wurmtal

Jahrhundert. Markthalle

KulturPark Haupteingang Park Jahrhundert. hun nd t. Platz

Farwick Park

Stadtteil Bibiliothek Aachen Nord

Wurm. Feuchtwiesen Gut Kalkofen SalavtorBerg Kleingärten

Landschaftsweg R g Ring Stadtpark Aachen

Haupteingang Park

Museu M Museum useum ms ms Platzz MuseumsPark

KurPlatz Ludwig Forum

Ring Ring Ri

ENTWURF TWURF WUR W U 1:25 25 250 500 50 BlücherPlatz

EuropaPark


14

münsteranerBAUKULTUR

BAUKULTUR 5_2017

Die mittelalterlich-barocke Stadt Münster mit der von ihrem Bischof erbauten Zitadelle und dem Schussfeld auf die Stadt (Pictorius, um 1680)

STADTENTWICKLUNG VON MÜNSTER Anfänge Erste Spuren von Ansiedlungen um 750–450 v. Chr. finden sich östlich der sumpfigen Aa. Ansiedlungen auf dem Domhügel sind für das 2. und 3. Jahrhundert belegt. Im 8. Jahrhundert ist das Gehöft eines „Mimigern“ an einer Furt der Aa bezeugt, an der Mönch Luidger um 793 ein Kloster erbauen ließ, um das sich Handwerker und Händler ansiedelten. Dort liegt der Kern des „Mimigernafords“. 805 wurde Luidger zum Bischof geweiht und der Mimigernaford auf Betreiben Karls des Großen zum Bistum erhoben. Wahrscheinlich lagen hinter einem Wallgraben die zunächst hölzernen und später steinernen Gebäude. Für diese Domburg ist seit 1065 erstmals die Bezeichnung „Monasterium“ belegt. Daraus entwickelte sich der Name „Münster“, der erstmals 1206 gebraucht wurde. Außerhalb der Domburg etablierten sich ringsum und entlang der damaligen Fernstraßen Gebäude, Märkte und die erste Pfarr- und Marktkirche, die Vorgängerin der heutigen Lambertikirche. Um 1173 verlieh Hermann von Katzenelnbogen, Fürstbischof und Landesherr des Bistums, der Stadt die Stadtrechte. Um sie herum wurde eine 4 km lange und 8-10 m hohe Mauer mit vorgelagertem Graben errichtet.

rechts Der Dom bildete über viele Jahrhunderte das Zentrum der Domburg (Foto: Presseamt Münster, Andreas Lechtape)

Um 1250 entstand ein Rathaus. Der 1225–1264 errichtete Dom wurde im Zweiten Weltkrieg stark zerstört und in den 1950er Jahren wieder aufgebaut. Reformation und Wiedertäufer Die Reformation fasste seit 1528/29 in Münster Fuß und konnte sich zunächst in allen Pfarrkirchen durchsetzen. Im Streit mit dem Bischof wurde 1533 ein Vertrag geschlossen, nach dem Dom und Klöster katholisch bleiben sollten. Das änderte sich, als die Protestanten Jan van Leiden und Jan Mathijs aus den Niederlanden nach Münster kamen. Sie verkündeten für 1534 den Weltuntergang, sahen in Münster das „Neue Jerusalem“, führten die Erwachsenentaufe, Viel-


münsteranerBAUKULTUR

BAUKULTUR 5_2017

15

Der mittelalterliche Festungsring wurde im 18. Jahrhundert zur Promenade umgestaltet, nach Westen ist die Innenstadt über den Aasee direkt mit der freien Landschaft verbunden (Foto: Presseamt Münster, Bernhard Fischer)

weiberei und Gütergemeinschaft ein. In einem Bildersturm wurden Altäre, Kirchenschmuck und Skulpturen zerstört, die Kirchturmspitze der Überrwasserkirche abgetragen, um hier Kanonen aufzustellen. Im September 1534 ließ sich Jan van Leiden zum König ausrufen. Inzwischen wurde die Stadt vom Fürstbischof von Waldeck durch 7 Söldnerlager eingekesselt und schließlich 1535 eingenommen. Die Anführer der Wiedertäufer wurden hingerichtet, die Leichen der drei Protagonisten in drei eisernen Käfigen am Lambertikirchturm zur Schau gestellt. Danach gab es zunächst eine Koexistenz unter den Christen. Doch ab 1585 wurde der katholische Glaube mit Hilfe der Jesuiten konsequent durchgesetzt.

Residenzstadt Die Friedensverhandlungen nach dem Dreißigjährigen Krieg wurden für die katholischen Parteien in Münster und für die evangelischen Parteien in Osnabrück geführt. Hierfür hatte die Stadt Münster juristisch ein Sonderstatut vom Kaiser erhalten, das sie praktisch vom Landesherrn unabhängig machte und das sie sich auf Dauer bewahren wollte. Dies ließ jedoch der damalige Landesherr Christoph Bernhard von Galen nicht zu. Er belagerte die Stadt zweimal, ließ sie beschießen und überschwemmen. 1661 war die Stadt zur Kapitulation gezwungen. Nun errichtete der Bischof im Westen eine Zitadelle mit freiem Schussfeld (Glacis) auf die Stadt. Das Schussfeld ist heute noch vorhanden, es ist der zweitgrößte innerstädtische Platz in Europa. Der Bischof führte ein absolutistisches Regiment, und im Laufe der Jahrzehnte entwickelte sich Münster zur Residenzstadt. Nun errichteten auch Adelige ihre repräsentativen Bauten in der Stadt. Allmählich wurden unter dem aufgeklärten Minister Franz von Fürstenberg Reformen durchgeführt. Die Befestigungsanlagen wurden 1770 zur Promenade umgebaut, die Zitadelle machte 1767–87 dem Bau eines Schlosses Platz. 1773 wurde eine Universität gegründet, die jedoch 1843 von den Preußen wieder geschlossen wurde. links Prinzipalmarkt mit Rathaus und Stadtweinhaus (Foto: Presseamt Münster, Tilman Roßmöller)


16

münsteranerBAUKULTUR

BAUKULTUR 5_2017

Das 1767–1787 von Johann Conrad Schlaun und Wilhelm Ferdinand Lipper als fürstbischöfliche Residenz errichtete Schloss ist heute Hauptgebäude der Universität (Foto: Presseamt Münster, MünsterView)

Der Erbdrostenhof wurde 1753–1757 von Johann Conrad Schlaun für den Erbdrosten Adolf Heidenreich Freiherr von Droste zu Vischering erbaut (Foto: Presseamt Münster, MünsterView)

Napoleon und Preußen Preußen hatte nach ersten mit dem napoleonischen Frankreich geführten Kriegen 1795 einen Sonderfrieden geschlossen, trat als Schutzmacht für den norddeutschen Raum auf und erhielt den östlichen Teil des Fürstbischofstums samt Münster zugesprochen. Schon ein Jahr später aber wurde Münster von den Franzosen besetzt und 1810 ins französische Staatsgebiet eingegliedert. Nach dem Wiener Kongress 1815 kam Münster endgültig zu Preußen und wurde Provinzialhauptstadt der preußischen Provinz Westfalen. Es entstand die benötigte Infrastruktur: Kasernen, Gefängnis, Landtagsgebäude, Kollegialgericht, Regierungsgebäude, Postamt, Zollamt, Reichsbank, Landesmuseum, Eisenbahn, Hafen am Dortmund-Ems-Kanal, Gasanstalt, Straßenbahn, Warenhaus, KIiniken, Schulen usw. Die Universität wurde 1902 neu gegründet.

torischer Umgebung, wie z. B. beim Stadttheater. Erst 2010 konnte mit der Bebauung der Stubengasse die letzte große Kriegslücke in der Altstadt geschlossen werden.

Die beiden Weltkriege Der Erste Weltkrieg hinterließ keine Spuren. In der Zwischenkriegszeit wurden Wohnungen (u. a. Gartenstadt Habichtshöhe), die Torminbrücke über das Aa-Tal, die Halle Münsterland oder auch die Universitätskliniken gebaut. Im Dritten Reich konzentrierte sich die Bautätigkeit auf Wehrmachtsbauten, wie z. B. Lazarett, Luftkreiskommando, Flugplatz, 10 Hochbunker für 13.000 Personen oder die Planung einer Gauhauptstadt, die nach dem Krieg entstehen sollte. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Altstadt 1943 innerhalb von 15 Minuten zerstört. Weitere Angriffe folgten noch bis 1945. Zur Zeit der Kapitulation 1945 war die Altstadt nach 102 Luftangriffen zu 91 % zerstört, die Gesamtstadt zu 63 %. Die meisten Militäranlagen blieben allerdings erhalten. Jahre des Wiederaufbaus Von Anfang an bestand ein großer Konsens zwischen Bürgerschaft und Stadtverwaltung, die Stadt auf altem Grundriss wieder aufzubauen. Entscheidende Grundlage war ein Altstadtplan in isometrischer Darstellung, der also die Stadt als Baukörper in dreidimensionaler Form auf tradiertem Grundriss darstellte. Die Promenade sollte als Grüngürtel erhalten bleiben und die Altstadt weitgehend vom Durchgangsverkehr freigehalten werden. Während solche städtebaulichen Grundsätze in kurzer Zeit festgelegt werden konnten, gab es zu Fragen von Denkmalschutz und Architektur jahrelange Diskussionen, z. B. beim Wiederaufbau des Prinzipalmarktes, der Kirchen, des Schlosses und bei Neubauten in his-

Flächennutzungsplan 1960 gab sich die Stadt mit dem ersten Flächennutzungsplan ein Instrument, um die weitere Stadtentwicklung zu steuern. Es entstanden neue Stadteile, neue Gewerbegebiete, sogar – nicht unumstritten – Hochhäuser. 1975 wurde durch die Kommunalreform das Stadtgebiet auf 300 km2 vergrößert. Damit war Münster nach Köln hinsichtlich der Fläche die zweitgrößte Stadt von Nordrhein-Westfalen. Schwerpunkt der Stadtentwicklung waren nach 1980 zunächst die Stadterneuerung und nach 1989 nach der deutschen Wiedervereinigung wiederum die Stadterweiterung mit dem Schwerpunkt Wohnungsbau. Es wurde ein Programm aufgestellt, um über 20.000 Wohnungen bis 2010 zu bauen. Dieses Ziel konnte erreicht werden. Wachstumspläne Inzwischen wohnen über 300.000 Menschen in Münster. Nach derzeitigen Prognosen soll Münster – im Gegensatz zu anderen Großstädten – auch weiter wachsen. Woran liegt das? Und was ist der Grund dafür, dass Münster 2004 den internationalen Liv-Com-Award als „lebenswerteste Stadt der Welt“ in der Kategorie der Städte zwischen 200.000 und 759.000 Einwohnern erhalten hat? Dafür gibt es viele Gründe. Die Jury hat „nach Aktenlage“, also nach Akten, die die untersuchten Städte selbst vorgelegt hatten, entschieden. Gewertet wurden dabei Daten zu Verkehr, Umweltqualität, Infrastruktur, Grünflächen, soziale und kulturelle Struktur. Für alle bedeutenden Bauaufgaben wurden Architektenwettbewerbe durchgeführt, für Wohnsiedlungen ab 50 Wohneinheiten, für alle wichtigen Bauten auf eigenen und fremden Grundstücken‚ obwohl es seit Jahren auch einen Gestaltungsbeirat gibt, der alles kritisch beurteilt und entsprechende Empfehlungen für die parlamentarischen Ausschüsse ausspricht. Münster gilt als „wettbewerbsfreundlichste Stadt von Nordrhein-Westfalen“. Rainer Karliczek


münsteranerBAUKULTUR

BAUKULTUR 5_2017

17

rechts Münster Arkaden, Wettbewerbsbeitrag Kleihues+Kleihues, 1. Preis, Modell, 2006

WEITERBAUEN NACH 1990 Während in den Jahren nach der deutschen Wiedervereinigung im Außenraum der Stadt Münster viele Gebiete ohne große öffentliche Anteilnahme bebaut wurden, sorgten im innersten Zentrum einzelne Neubauten für Beruhigung und Belebung gleichermaßen. Von 1990 bis 2012 ist die Bevölkerungszahl Münsters von 260.000 auf 300.000 Einwohner gestiegen. Bis 2030 wird mit weiteren 30.000 Zuzügen gerechnet. Schon 1990 war sich die Stadt der Konkurrenz preisgünstiger Umlandgemeinden bewusst. 1993 beschloss sie mit dem „Handlungsprogramm Wohnen“, kurzfristig 8.000 Wohnungen und bis 2010 weitere 14.000 Wohnungen zu bauen. Weitere Programme und damit neue Wohngebiete, zumeist in den Stadtteilen, folgten. Durch Aktivierung letzter Reserven im Flächennutzungsplan sollte jeder Bauwillige in Münster selbst fündig werden. Das größte Areal stellte hierbei das Gievenbecker Auenviertel mit allein 2.070 Wohnungen dar. Aus der Altstadt wurde folgerichtig das Freiherr-vom-Stein-Gymnasium (Rainer M. Kresing, 2004–2006) dorthin verlagert. Mit der Stadtbücherei (Bolles+Wilson, 1986–1993), gewissermaßen ein Geschenk an die Bürger zum 1.200-jährigen Stadtjubiläum, zeigt sich ein identitätsstiftender Bau von großer Ausstrahlung in moderner Gestalt inmitten der historischen Umgebung, das jedes Nachbargebäude respektvoll mit einbindet. Der Bau bedeutete für Münster nach dem Stadttheater einen erneuten Aufbruch in der Stadt- und Architekturentwicklung. Ein Leitplan zur Erneuerung der Innenstadt (Zlonicky/Wachten/Ebert, 1989) wurde aufgestellt – mit einem Betrachtungsfeld, das über die Altstadt hinaus bis zum Ring reichte. Ein weiterer Rahmenplan vertiefte 1995 den Bereich Altstadt samt Bahnhofsviertel.

Beide Planwerke lieferten die Grundlage für zahlreiche Projekte, die ab 2000 in der Stadt entstanden. Von hoher Qualität zeugt das LWL-Museum für Kunst und Kultur (Staab Architekten, 2014), das für den Domplatz als Sequenz von 4 Höfen entwickelt wurde. Ebenso verwandelte die Diözesanbibliothek (Max Dudler, 2005) benachbart zur Überwasserkirche Gebäude aus mehreren Jahrhunderten in einen vielstimmigen, öffentlichen Ort. Mit den Münster Arkaden (Kleihues+Kleihues, 2005/06) entstand ein zentraler Passagenraum, der das Umfeld aufwertet – mit gelungenem Anschluss zum Picasso-Museum (Hilmer & Sattler und Albrecht, 2000). Zusammen mit der Neukonzeption der Stubengasse gelang eine Belebung der östlichen Altstadt. Neben der Platzbebauung sind vor allem die anliegenden Projekte Hanse Carré (Andreas Deilmann, Rainer M. Kresing, 2009/10) und der Umbau des Parkhauses Stubengasse (Fritzen + Müller-Giebeler, 2010) hervorzuheben.

unten links LWL-Museum für Kunst und Kultur, Wettbewerbsbeitrag Staab Architekten, 1. Preis, Modell, 2014 unten Platzgestaltung Stubengasse, Wettbewerbsbeitrag Fritzen + Müller-Giebeler, 1. Preis, Modell, 2010


18

münsteranerBAUKULTUR

BAUKULTUR 5_2017

Hinter den historischen Fassaden am Prinzipalmarkt prägt seit den späten 1950er Jahren das Stadthaus 1 als neues Verwaltungsgebäude die Stadtsilhouette von Münster (Foto: Presseamt Münster, Tilman Roßmöller)

Auch das nahe Bahnhofsviertel wurde in den letzten Jahren erheblich aufgewertet. Mit dem Neubau bzw. der Modernisierung des Hauptbahnhofs erfüllte sich im Juni 2017 für die Stadtgesellschaft ein langgehegter Wunsch. Bei einem Wettbewerb für den Bremer Platz konnte sich das Büro kadawittfeldarchitektur mit einem neuen rückwärtigen Zugangsgebäude durchsetzen, dessen Umsetzung bis 2019 geplant ist. Ein ganz anderer Stadtraum eröffnet sich im benachbarten Stadthafen. Seit 1990 wird das einstige Industrieareal in mehreren Stufen zum urbanen Gebiet entwickelt. Entlang der Uferpromenade und jüngst auch mit der Bio-Schaukäserei (hartig I meyer I wömpner, 2013–2015) und dem 7-geschossigen Hochhaus „H7“ (Andreas Heupel Architekten, 2015/16) am gegenüberliegenden Mittelhafen entstanden abwechslungsreiche Neubauten. Zu den wenigen erhaltenen historischen Gebäuden zählen die Alte Städtische Feuerwache, ehemalige Speichergebäude sowie der Flechtheim- und Rhenusspeicher (Umbau Pfeiffer Ellermann Preckel, 2014–2016), die jeweils Büros, Atelier- und Ausstellungsräume sowie ein Theater aufnehmen. Dagegen mussten erhaltenswerte Bauten wie die ehemalige Hafendirektion oder die Alte Post weichen. Für den Erhalt eines ehemaligen Hill-Speichers aus den 1920er Jahren im Mittelhafen engagiert sich die Kulturinitiative „B-Side“. Die Entwicklung des weiträumigen OSMO-Areals und der Hafenspitze stellt noch eine Herausforderung dar. Hier ist nach Plänen von Manfred Bukowski und Kleihues+Kleihues

eine blockhafte Uferbebauung mit einigen Turmbauten für Hotel- bzw. Wohnnutzung vorgesehen, die sich neben dem Fernmeldeturm und der Herz-Jesu-Kirche als neue Dominanten im Hafengebiet verstehen. In der weiteren Innenstadt liefern die Infill Apartments (Bolles+Wilson, 1997) und die Wohnanlage Havichhorststraße (Burhoff und Burhoff, 1999–2001), die jeweils leere Hofräume nutzten, vorbildliche Projekte der städtebaulichen Verdichtung. Auch die Wohnsiedlung Merschkamp (Ortner & Ortner, 2005/06) in St. Mauritz, die auf einem ehemaligen Sportplatz entstand, versteht sich als kompakte Siedlung in der Stadt und damit als Gegenthese zu oftmals überindividuellen Neubaugebieten. Ganz eigene Quartiere stellen auch die ehemaligen Kasernenareale nach Abzug der britischen Streitkräfte seit 1990 dar. Während sich die Lincoln-Kaserne (Wohn+Stadtbau / Altbau und Carsten Lorenzen / Neubau, 1996–2002) und die Portmouth-Kaserne heute als weitläufige Wohnparks darstellen, konnte sich die Winterbourne-Kaserne als moderner Büro- und Archivstandort der neuen Speicherstadt (Umbau Schoeps & Schlüter, 2002–2013) etablieren. Ebenso wurde das ehemalige Militärgebiet Loddenheide nach 1994 wieder zugänglich und ist in ein Gewerbegebiet umgewandelt worden. Mit der Oxford-Kaserne und der York-Kaserne stehen zwei weitere Konversionsgebiete vor der Entwicklung. Sie sollen als attraktive Wohngebiete mit großen Freiräumen gestaltet werden. Die Büros Kéré Architecture (mit SchultzGranberg) und Carsten Lorenzen konnten sich in den Wettbewerben durchsetzen. Verdichtung, Neubau, Weiterbau: Die wachsende Stadt zeigt sich an vielen Stellen im Stadtgebiet – mit ihren Licht- und Schattenseiten. Nicht selten muss erhaltenswerte Bausubstanz für renditeträchtige Projekte weichen. Gerade in einer

links 2005 bezog die von Max Dudler errichtete Diözesanbibliothek an der Überwasserkirche ihren Neubau (Foto: Presseamt Münster, Angelika Klauser)


BAUKULTUR 5_2017

münsteranerBAUKULTUR

19

Stadthafen Münster (Foto: Presseamt Münster, Tilman Roßmöller)

stark kriegszerstörten Stadt, in der nur wenig Vorkriegssubstanz überlebt hat, kann jedoch die Devise nur Behutsamkeit heißen. Dies gilt vor allem für die denkmalgeschützte Justizvollzugsanstalt (Carl Ferdinand Busse, 1840–1853), die im Sommer 2016 überraschend aus Sicherheitsgründen leergezogen wurde – und nun einer ungewissen Zukunft entgegensieht. Als sternförmige Anlage zählt diese zu den ersten modernen Gefängnisbauten in Preußen. Einst am Rande der Altstadt gelegen, befindet sie sich heute höchst zentral in der Innenstadt. Eine Umnutzung wäre nur folgerichtig.

Die Zukunft der Stadt wird davon abhängen, wie sehr es weiterhin gelingt, die überlieferte Stadt in ihrem Charakter zu stärken – und dabei spezifische Orte, die Tradition und Innovation verbinden, entstehen zu lassen. Stefan Rethfeld (aus: Architekturführer Münster, Reimer Verlag, 2016)


münsteranerBAUKULTUR

BAUKULTUR 5_2017

STADTPLAN MÜNSTER

dweg

Ring ans-

r

Orlé

rte fu ein

St

Horstmarer Lan

MS Ibb

Grevener Str.

Münster Nord (77), BAB 1 Osnabrück/Bremen B 54 MS-Nienberge, Gronau, Niederlande

Mendelstr.

MS-Gievenbeck

Wilh

St

elm

Orlé a

sstr. ren Cor

nsRi

ng

r.

str.

tr.

ins

ste

Ein

Von-Esmarch -Str.

MS-Gievenbeck MS-Roxel

tr. r-S ze t i we

Parkplatz

Domagkstr.

Parkplatz mit geringerer Kapazität

WC

h t-Sc Alber Zentralklinikum

Parkhaus Parkhaus mit Behindertenparkplatz (kostenpflichtig) P+R DB

Rishon-Le-Zion-Ring

Botanischer

Sch Schlossgarten

Garten

pl

Universitätskliniken

Park+Ride-Parkplatz

Hüfferstr. str. dois Lan

Hauptbahnhof tr. -S ch Ro ber t-Ko

Fernbushaltestelle

Haltestelle für Reisebusse (nur Ein- und Ausstieg)

H

Bushaltestelle

Taxi

Taxi-Halteplatz

Zentralfriedhof

Tax

alen-Ring

P

Kardinal-von-G

Reisebusparkplatz

e

lle

e ett

-A

n

Tourist-Information

An

as

e

e

Franz-Hitze Haus

Krankenhaus

A

20

WC WC

J

tr.

up

ntr

D

S er

Se

Campingplatz

w

d Mo

Öffentliche Toilette Radstation mit Fahrradvermietung

ns

oh

ers

Barrierefreie, öffentliche Toilette

Mühlenhof Naturkundemuseum Planetarium

str.

orst

arnh

Sch

Kolde-Rin

Post St.-Paulus-Dom

Aa

Allwetterzoo

Fußgängerzone

e

se

ke

n

c be

Umweltzone

frei

C MÜNSTER MARKETING 06/17 Grafik: Vermessungs- und Katasteramt

WC

Me

le ck

rS

tr.

MS-Mecklenbeck MS-Albachten MS-Amelsbüren Dülmen

Müns BAB BAB


münsteranerBAUKULTUR

BAUKULTUR 5_2017

MS-Kinderhaus, Sprakel

S-Kinderhaus, Sprakel benbüren

Cherusker ring

Friesenring

MS-Coerde Lublinring

str.

lee sal Piu

hstr.

tr. rs te

nc

en

ke

ad

-S

e

tr.

os

-V i

om

Vo n

H merstr.

MS-Wolbeck

tr.

tr.

Str.

str.

Ha

Süds

str.

ns a ri ng

H

WC

Bremer

-St Vo n

str .

Bremer Platz

Taxi

nho fs

eu be n-S

lstr . ge fen

ker

Hafen Kreativkai

str .

g

inger Weg d Frie

Sta

E

eg rW

B 51

Kiesekamps Mühle

he lo

Messe u. Congress Centrum Halle Münsterland

rs

Industrieweg

hric

be

Hammer Str.

Weißenburgstr.

Hafenweg

be r tStr .

tr. ler S We se

Sentmar

Al

ster Süd (78) 1 Dortmund 43 Recklinghausen

rS

Berliner Platz Taxi

tr.

le or

Manfred-vonRichthofen-Str.

ke

DB

H

ist

Preußenstadion

Hohenzoll ernring

nstr.

Friedri c

tr.

rs Kl Pr

tr.

Ha

Jun

MS-Handorf MS-Gelmer

tr.

Ge

P+R

Str.

ec

t ho

WC

Josefstr.

r

Wo lb

Bah

ann

D H

nstr.

ind

En

m Her

Str.

H

Urba

rsts

Sch

Warendo rfe

Eisenbah

se

Stubengas

Ludgeri-H platz Taxi

er Str.

a

sm

e Lo

W

onengraben Kan

Hamm

rck

Am

Stif tsherrenstr.

Ne ub rüc kens tr.

Al t m er ar kt

Drub-

rkt bel

Ludgeristr.

Taxi

H

tr.

Raphaelsklinik

H

r.

nstr.

tr.

Taxi WC

Verspoel t rs ste K lo

e

Vo nKlu ck-S tr.

ler Wese

ee

all

Bi

alm a

Pri nzip

egas se Pferd

r. ist di gi Ae

Prom

lzs

He Brüinrich nin g Str. -

Sc hla str un.

agen Katth

a A

n Timp e m Krum er

H

ing

ütze

ilhelm-R

Sch

Kaiser-W

erallee

tr.

H Ade nau

Sa

WC

bergs

se

me Str.

Krum

as

nstr.

n

eG

Hötteweg

Königsstr.

be ra

ün

e

g dt

de

na

Gr

enad

S ta

me

H

t-

n Fürste

H

enad

g we

pl.

eg

str.

Am

Pro

WC

Syn H dika

Villa ten Hompel

M au r Taxi itzs

Alt

KlemenH sstr. Taxi

rg Rothenbu

Aegidiimarkt

H

i

Taxi WC DomplatHz

H

WC

h

inw

ts tä

ghof Bispin

c Fis

Ste

ers H i

BüH WC lt

e

er

Univ

WC

ss

Sonne

en gg kt ar

Frauenstr.

str.

ster

Hör

ga

Boh

H

Prom

Spie H WC kerho f Bog e str. n-Ro Taxi m

atz

Gerichtsstr. H

MÜNSTER

Vo ß

MS-Handorf MS-Gelmer

lweg

H

. rstr

Ro s

THEATER

H

e ing har Lot

r.

Bergstr.

en

gst

. str

ag

Ber

en

h Kat t

Schlossplatz

hloss-

B

RosenH platz

Tibusstr.

r.

nde tr. ud s

zstr.

Überwasserst

WC

Kreu

recke enb str.

. Kuhstr

r-

H

Holl

H

de fel de r. Jü st

Taxi

l

Breu

Taxi

Münzstr.

fstr.

tor

r

str. ten Gar

Kreuz

uto

WC e

enad

Prom

Bahnho

r.

Kleimannstr.

Ne

H

rin g

Am

st

ttre za a L

Heerdestr.

Nied ersa chs en

Aa

tr.

dts

Stu

Kana lstr.

Nordstr.

Raesfeld

D

m ort

dth

un

afe

d-E

nI

-K ms

an

al

Telgte Warendorf

P+R

P+R

MS-Hiltrup B 54 Hamm MS-Amelsbüren Dortmund

MS-Gremmendorf MS-Angelmodde

21


22

münsteranerBAUKULTUR

BAUKULTUR 5_2017

links „Pointing their fingers at an unidentified event out of frame“ von Nora Schultz: Das Museumsfoyer wird zum skulpturalen Körper – ein negativer Raum, dessen Ränder, aber auch scheinbare Leere modelliert und (um)geformt werden können

SKULPTUR PROJEKTE 2017

In diesem Jahr findet die internationale Ausstellung Skulptur Projekte in Münster zum 5. Mal statt. Dabei ist der Entstehungsprozess seit 1977 nahezu unverändert: Künstler werden nach Münster eingeladen, um Projektvorschläge zu entwickeln. Das Ausstellungsprofil bildet sich so erst mit den realisierten Arbeiten heraus. Es schreibt sich in die baulichen, historischen und gesellschaftlichen Kontexte der Stadt ein, gleichzeitig weist es weit darüber hinaus. Eine Verstetigung der Skulptur Projekte im 10-Jahres-Rhythmus war in den Jahren 1977 und 1987 noch nicht absehbar. Erst 1997 – mit einem klaren Bekenntnis dazu seitens der Stadt und des Landschaftsverbandes WestfalenLippe (LWL) sowie mit einem deutlich höheren Budget ausgestattet – wurde der Grundstein für das periodische Format gelegt.

Kunst als Reflexion Alle anderen Bedingungen jedoch haben sich seit den 1970er Jahren massiv verändert: Es gibt insgesamt mehr Künstler, mehr Ausstellungen und mehr Möglichkeiten, sich global und nahezu in Echtzeit über diese zu informieren. Der städtische Raum, immer weniger im Besitz der Kommunen, wird durch Werbung und kommer-

zialisierte Veranstaltungen dominiert, seine Nutzung unterliegt einem ausgefeilten Regelwerk. Zudem besteht ein wesentlich breiteres Interesse an Kunst als einer Form von Freizeitgestaltung, seit den 1990er Jahren ergänzt durch ein immer ehrgeizigeres Stadtmarketing. Die Geschwindigkeit des Kommunizierens, Transportierens und Reisens ist allein im Vergleich zu den Skulptur Projekten 2007 rasant gestiegen – zwischen 1977 und 2017 liegen Welten. Reflexionen über die Frage, wie zunehmende Digitalisierung, Globalisierung und die dazugehörigen neuen Ökonomien die Kunstwelt, aber vor allem unsere Vorstellungen von Körper, Zeit und Ort verändern, haben die Entstehung der Skulptur Projekte 2017 grundlegend begleitet. Ihnen ist die im Vorfeld der Ausstellung erschienene dreiteilige Magazinreihe – Out of Body, Out of Time, Out of Place – gewidmet.

links „Benz Bonin Burr“ von Cosima von Bonin und Tom Burr: Der temporär aufgestellten Bronzeskulptur „The Archer“ von Henry Moore (1964/65) steht ein LKW mit einer Kiste zur Seite, der vermeintlich bereit ist, Kunst zu transportieren


münsteranerBAUKULTUR

BAUKULTUR 5_2017

23

„Tender Tender“ von Michael Dean

„Angst“ von Ludger Gerdes

„A work in situ“ von John Knight

Rhythmus der Entschleunigung Die vermeintliche Verfügbarkeit von allem und allen rund um die Uhr lässt die Zeit schrumpfen. Gegenüber dieser Entwicklung eine gewisse Unabhängigkeit zu bewahren, wird immer wichtiger – zumal Entschleunigung eine Qualität darstellt, die grundsätzlich eng mit dem Medium Skulptur verknüpft ist. Als entscheidend erweist sich deshalb das Beharren auf dem schwerfälligen 10-jährigen Veranstaltungsrhythmus, der Brigitte Franzen, Kuratorin der Ausgabe 2007, dazu veranlasste, im Bezug auf die Ausstellung von einer Langzeitstudie zu sprechen. Zu den Konstanten gehört, neben der Stadt Münster, auch die Person von Kasper König, der seit 1977 alle Ausstellungen in unterschiedlichen Teamkonstellationen umgesetzt hat. Die Befürchtung, die Stadt und der LWL als Träger der Skulptur Projekte könnten das Intervall auf 5 Jahre verringern, war für ihn der ausschlaggebende Grund, 2017 erneut die künstlerische Leitung zu übernehmen, um auf diese Weise das bestehende Format im bisherigen Zeitrhythmus zu garantieren.

jekte sichtbar. Sie gestatten den Blick auf die Stadt, die Gesellschaft und die vorhandene und temporär ausgestellte Kunst als Schnitt in die Zeit. Die regelmäßige Wiederkehr der Ausstellung rückt diachrone Entwicklungen, Differenzen und Fortschreibungen ins Bewusstsein. Die langsame Taktung ermöglicht Reflexionen über Skulptur als Medium und den distanzierten Rückblick auf die Themen einer Dekade. Das Format kommt einer Offenlegung der Befindlichkeiten der Stadt Münster gleich, es bietet Blicke hinter ihre Fassaden, untersucht ihr Eigenleben, ihre Eigenliebe.

Das Projekt von Cosima von Bonin und Tom Burr auf dem Museumsvorplatz entstand in Kooperation mit dem Westfälischen Kunstverein, der zeitgleich zu den Skulptur Projekten mit Surplus of Myself dem Künstler Burr eine Einzelausstellung widmet. Auch die Installation von Ludger Gerdes’ Leuchtschrift Angst (1998) am Aegidiihof gegenüber dem Museum, die im Zuge des Skulpturentauschs mit Marl nach Münster gewechselt ist, lässt sich als Kommentar zur Situation auf dem Vorplatz lesen: Seit der Eröffnung des Neubaus präsentiert sich der Landschaftsverband durch ein großes Logo in Otto Pienes Arbeit Silberne Frequenz (1970/1971, 2014) – eine Entscheidung, die nach wie vor zu Recht die Gemüter erhitzt.

Skulptur als Medium Die katholisch geprägte Stadt Münster erweist sich aufgrund ihrer vergleichsweise homogenen Sozialstruktur und ihres leicht zu lesenden städtebaulichen Aufbaus als ideales Testfeld für die Beobachtung synchroner und diachroner Entwicklungen. Synchrone Zustände, die Zeitgenossenschaft der Dinge, werden durch die Skulptur Pro-

Kunst im Museum Das Westfälische Landesmuseum, heute LWL-Museum für Kunst und Kultur, ist als Veranstalter traditionell eng mit den Skulptur Projekten verknüpft. 2017 sind 5 künstlerische Positionen im Museum angesiedelt. Es wird nicht als Abfolge von Ausstellungsräumen erschlossen, sondern durch einzelne Projektstandorte perforiert. Die Installationen von Nora Schultz im Foyer und Michael Dean im Lichthof schreiben sich in den Gesamtkontext der Architektur ein und reflektieren das Selbstverständnis der Institution. Neben die Dichotomie von öffentlichem und privatem Raum, wie sie durch Gregor Schneiders im Wechselausstellungsbereich eingebaute Wohnung aufgegriffen wird, tritt der institutionelle Raum, dessen Niveau John Knight an der Nordspitze des Baus durch eine große Wasserwaage auslotet.

Alle Positionen, wie auch die der Kunstvermittlung der Skulptur Projekte, lassen sich im Wunsch vereinen, mittels Kunst einen kritischen Erfahrungsraum zu schaffen, der sich nicht auf ein kunstimmanentes Verhältnis beschränkt, sondern sich auf vielfältige Art und Weise zu gesellschaftlichen, philosophischen und politischen Fragen in Beziehung setzen lässt. Kasper König Britta Peters Marianne Wagner Fotos: © Skulptur Projekte 2017, Henning Rogge www.skulptur-projekte.de


24

münsteranerBAUKULTUR

BAUKULTUR 5_2017

HANSE CARRÉ Münsters Innenstadt mit ihrem historischen und speziellen Gassensystem stellte die städtebauliche Kernanforderung für das Geschäfts- und Wohnhausareal „Hanse Carré“ in der Stubengasse dar. Mit der Planung war das Münsteraner Büro Kresings Architektur GmbH beauftragt. Ziele waren die Würdigung der Historie, Stützung der Vitalität und Förderung der Zukunft.

oben Mit der Stubengasse wurde die letzte große Kriegsbrache im Zentrum der Stadt in ein attraktives Stadtquartier verwandelt (Foto: Presseamt Münster, Bernhard Fischer) unten Im Hanse Carré an der Stubengasse sind die Strukturen der mittelalterlichen Bebauung in eine zeitgemäße Architektursprache umgesetzt

Gestalterischer Archetypus der Stadt sind Giebelhausstrukturen in mannigfaltiger Ausprägung. Angelehnt an diesen Typus setzte das Baukonzept bewusst auf kleinteilige Fassaden. Als abstraktes Zitat wurden die mittelalterliche Maßstäblichkeit aufgegriffen und eine zeitgemäße und zukunftsgerichtete Antwort auf die Altstadt gegeben. Zwei Baublöcke sind als Solitäre im Wegesystem entstanden. Sie werden ergänzt und fixiert durch einen gläsernen Pavillon. Die neuen Monolithe haben keine Rückfronten, sondern nur Fassaden, was sie zu einem bisher nicht gestalteten Typ macht. Zwei „Stadtstempel“ zeigen eine ganz eigene Identität. Die Rundum-Fassaden sind über das Gassensystem und die entsprechenden allseitigen Eingangssituationen erfahrbar und erlebbar. Die monolithischen Gebäude bieten von der Tiefgarage bis zum Dach ein umfassendes Nutzungskonzept. Erdgeschoss und 1. Obergeschoss sind mit großflächigen individuellen Verkaufsräumen belegt. Auf der Dachetage beginnt im Hanse Carré eine eigene private Welt. 8 gestalterisch individuelle komfortable Wohnhäuser mit jeweils zugeordnetem Gartenbereich bilden eine Roof-Top-Idee mit besonderem Charme: unten town – oben privacy. Kresings Architektur Fotos: Christian Richters


münsteranerBAUKULTUR

BAUKULTUR 5_2017

25

Für die Platzgestaltung und Neubebauung an der Stubengasse ist die Stadt Münster mit dem Deutschen Städtebaupreis 2010 ausgezeichnet worden (Foto: Presseamt Münster, Tilman Roßmöller)

UMBAU UND NEUBAU IN DER STUBENGASSE In der Stubengasse in Münster wurde ein altes Parkhaus zum Wohn- und Geschäftshaus umgebaut und erweitert. In direkter Nachbarschaft entstand der Neubau für ein Hotel sowie für Einzelhandel, Gastronomie und eine Bank. Verantwortlich für beide Planungen war das Münsteraner Büro Fritzen + Müller-Giebeler Architekten BDA. Ehemaliges Parkhaus 2008 erfolgte der Auftrag durch die städtische Tochter WBI, das abgängige Parkhaus durch Umbau und Erweiterung in ein Wohn- und Geschäftshaus umzuplanen. Der Bestand von 1964 wurde in Teilbereichen durch Entkernung und Abtragen der oberen Geschosse rückgebaut. Basis des Entwurfs war der Erhalt wesentlicher Teile der alten Bausubstanz bei völlig veränderter Nutzung. So wurde der ehemalige Außenraum zum Innenraum und ein nüchterner Zweckbau zum komplexen Raumgefüge. Eigentlich für die Nutzung als Parkhaus optimiert, entfaltet die Stahlbetontragstruktur durch das Erscheinen im neuen Zusammenhang eine ästhetische Wirkung, die den Stadtraum prägt und mit ihrem rauen Charme Charakter und Atmosphäre des Ortes bestimmt.

Rückgewinnung von Stadtraum Erdgeschoss und 1. Obergeschoss wurden zu Verkaufs- und Ausstellungsflächen mit Loftcharakter sowie zu Büroräumen umgebaut. Auch wurde eine vollautomatische Fahrradgarage für 400 Fahrräder integriert. Die Struktur des vormaligen Parkhauses bleibt ablesbar. Die Kragarme der versetzten Parkhausebenen ragen in den Luftraum, ruppig und offen. Durch die große Glasfläche ist das Tragwerk auch außen erkennbar. Sichtbetonstreifen zeichnen als veredelte Reminiszenz die Höhen des alten Parkhauses nach und bilden den Rahmen für die Verglasungen. Die Fassaden erscheinen als Kombination aus rauem Backstein in changierender Farbigkeit mit hellen Sichtbetonfertigteilen. Urbanes Wohnen Die oberen beiden Geschosse wurden auf dem bestehenden Tragwerk neu errichtet. Die Ableitung der statischen Lasten erfolgte dabei über das alte Betonskelett. Entstanden sind 8 Wohnungen mit Loggien, die über ein begrüntes Atrium erschlossen werden. 7,5 m lange, goldene Vorhänge an den dienen der Verschattung. Inszeniert wird eine spannende Beziehung zwischen Ein- und Ausblicken mit dem Gegenüber des städtischen Platzes.

links Das umgenutzte Parkhaus bildet eine wichtige Raumkante am neu geschaffenen Platz an der Stubengasse


26

münsteranerBAUKULTUR

BAUKULTUR 5_2017

Neues Hotel in freier Innenstadtlage Das Hotel in der Stubengasse wurde nach international ausgelobtem Wettbewerb durch Fritzen + Müller-Giebeler Architekten BDA in Arbeitsgemeinschaft mit Prof. E. Kasper † und dem Investor Harpen Immobilien in den Jahren 2006–2009 realisiert. Die Nutzungsstruktur besteht aus einem 140-Betten-Hotel sowie Einzelhandel, Gastronomie und der Hauptstelle der Deutschen Bank in Münster. Mit dem Projekt wurden zwei Bauvolumina gestaltet, die jeweils als Ergebnis von Maßstab, Blickbezügen und funktionaler Optimierung eine stadtbildnerisch autonome Form haben. Die neu geschaffenen Plätze und räumlichen Verengungen weben sich in die Strukturen und den Rhythmus der Altstadt ein und bilden neue Raumfolgen mit hoher Aufenthaltsqualität.

Seitenfassade des ehemaligen Parkhauses in der Stubengasse

Farbigkeit und Materialien Die Maßstäblichkeit der Gebäude wird durch tiefe Einschnitte in die Baukörper mit begrünten Dachgärten erzeugt. Das für Münster typische Ziegelrot der Fassaden wirkt vor dem lichten Grau der massiven Muschelkalkfassade wie ein Hologramm. Eingestreute Ziegel bilden den Fond für die deutlich gesetzten Ziegellinien. Öffnungen und Einschnitte folgen klaren Regeln und Proportionen. Das Grün bildet Inseln im Außenraum, aber auch in den eingeschnittenen Dachgärten. Verkettung von Räumen Im Bereich der Stubengasse entstand durch die dominante Bebauung ein zentraler, städtisch geprägter Platz. Bis auf einen bestehenden großen Baum wird auf Grünstrukturen

Die Tragstruktur des ehemaligen Parkhauses ist in den neu geschaffenen Innenräumen ablesbar

An der Stubengasse ist ein neues stadträumliches Gefüge entstanden


BAUKULTUR 5_2017

links Hotel an der Stubengasse: Das für Münster typische Ziegelrot der Fassaden wirkt vor dem lichten Grau der massiven Muschelkalkfassade wie ein Hologramm

verzichtet. Die Fläche ist mit langformatigen VollverbundKlinkern gepflastert und erhält ihren Maßstab durch eine zurückhaltende Bänderung. Das Rückgrat bildet ein von Nord nach Süd verlaufendes Granitband, das die Trasse der historischen Stubengasse markiert. Die zur Seite der Klemenskapelle orientierte „Wische“ ist ein ruhiger Platz. Hier bestimmt das Grün den Charakter. Die vorhandenen Bäume wurden zum großen Teil erhalten und stehen auf leicht modellierten Grünflächen. Der Platz erhält seine Struktur durch regelmäßig gepflanzte Hecken, die auch den direkten Weg von der Stubengasse zur Klemenskapelle und weiter zur Salzstraße weisen. Die Loerstraße behält als Zufahrt zu den Tiefgaragen und als Bustrasse wesentliche Verkehrsfunktionen und erhielt einen breiten gepflasterten, beidseitig überfahrbaren Mittelstreifen. Zusammen mit den gepflasterten Seitenbereichen im gleichen Material wirken die bituminierten Richtungsfahrbahnen nicht als dominante Verkehrsanlagen. Für die in Münster besonders gefragten Fahrradstellplätze gibt es an der Loerstraße eine Fahrradgarage für 130 Dauerparker. Ergänzend wurden Bügel an zentralen Stellen aufgestellt. Vom Harsewinkelplatz über den neuen Platz an der Stubengasse zur Klemensstraße findet sich eine Verkettung unterschiedlicher Stadträume. Bestehende Wege wurden aufgewertet, neue Verbindungen geschaffen. Entstanden ist ein neues stadträumliches Gefüge mit überraschenden Blickbeziehungen und hoher Aufenthaltsqualität. Das Gesamtensemble an der Stubengasse ist mit dem Deutschen Städtebaupreis 2010 ausgezeichnet worden.

Vallox Flat Box Champion in Sachen Luftverteilung! Die optimale Frischluftversorgung im Mehrfamilienhaus.

Steuern Sie in bis zu 256 Wohnungen den individuellen LuftVolumenstrom eines zentralen Lüftungsgerätes mit der neuen Wohnungsübergabestation Flatbox von Vallox. Sie verbindet Steuerung, Schalldämpfung, Volumenstromregelung und Verteiler auf 75er Rundrohr in einem kompakten Modul. Eine bedarfsgeführte Steuerung über VOC oder Feuchte ist ebenfalls möglich.

Fritzen + Müller-Giebeler Architekten BDA Fotos: Guido Erbring unten Hotel an der Stubengasse: Das Zusammenspiel von Weite und Enge im Straßenraum setzt sich in der Architektur fort, indem die Geschosse teilweise versetzt zueinander angeordnet wurden

Jede Flatbox kann individuell über das in jeder Wohnung installierte Bedienteil Mini oder das komfortable Bedienteil Touch gesteuert werden.

vallox.de


28

münsteranerBAUKULTUR

BAUKULTUR 5_2017

rechts Zum Platz hin erscheint der Neubau als hohe Regalwand (Visualisierung: Peter Böhm Architekten)

PHILOSOPHIKUM AM DOMPLATZ Der Bestandsbau des Philosophikums in Münster mit seinen drei vorspringenden Risaliten und der auch damit verbundenen Querausrichtung bildete eine schwierige und unruhige Ausgangslage für einen neuen öffentlichen Stadtraum. So haben Peter Böhm Architekten hier einen sehr schmalen Riegel vorgestellt, der in Proportion und Traufhöhe auf sein Gegenüber, das Fürstenberghaus, eingeht und so einen harmonischen und ruhigen Platz formt. Städtebau Die schöne Lage des Planungsgebiets zwischen Domplatz und dem Grün an der Aa veranlasste die Planer, den Hof als kleinen und ruhigen Stadtplatz auszubilden, bei dem die Verflechtung der Universität mit der Altstadt besonders zum Ausdruck kommt. Großes Augenmerk wurde auf die öffentlichen Räume gelegt, wo das studentische Leben sich mit der Öffentlichkeit mischt. Der Weg vom Domplatz durch eine schmale Gasse zum Philosophikum und weiter am Theologikum vorbei bis zur Aa soll den urbanen Charakter der Uni unterstützen. Baulich gefasst wird der neue „Platz am Philosophikum“ im Norden durch den Neubau-Riegel der Bibliothek. Die rundum gleiche Traufhöhe der umstehenden Bauten und die steinerne Materialität, die in ihrer Farbe Bezug zur Umgebung aufnimmt, sorgen für Ruhe und Prägnanz. Ein als flache Stufenrampe modellierter Bodenbelag führt hinunter zu den Eingängen des Philosophikums und des Instituts der Theologie. Unten mündet der Platz in eine querliegende Piazzetta mit dreieckigem Grundriss. Hier liegt der Zugang zum theologischen Institut. Der Querplatz verengt sich spitz in Richtung Bischofsgartenmauer, rechts Grundriss Erdgeschoss (Visualisierung: Peter Böhm Architekten)

in seinem Fluchtpunkt ist eine markante Skulptur geplant. So entstehen für die Eingänge der Institute und der Studiobühne schöne Vorplatzsituationen. Der alte Zugang im denkmalgeschützten Gebäude von der Domplatz-Seite her wird als weiterer Zugang reaktiviert. Gebäude Der Neubau des Philosophikums bildet mit dem Altbau eine Einheit, verbunden durch eine Halle. Dieser einheitliche Charakter wird gestärkt durch die Materialien der Fassaden aus Ziegelmauerwerk, das mit einem hellen sandfarbenen Kalk-Zement-Mörtel geschlämmt wurde. Der ursprünglich orangerote Ziegel schimmert nur wenig durch diese Oberfläche hindurch und verändert dabei seine Farbe ins Gräulich-Violette. So wie außen wurden auch innen die Wände des Foyers, der

Studiobühne, der Bibliothekshalle und der innen liegenden Flure behandelt. So entsteht im gesamten Gebäude der einheitliche Charakter mit einer hellen und freundlichen Atmosphäre. Zum Platz hin zeigt sich das Gebäude mit der Bibliothek, die als Riegel eine markante Fassung dieses städtischen Raumes bildet. Ihre Fassade wird aus den Kopfenden einer hohen 4-geschossigen Regalwand gebildet, in der die Bücher untergebracht sind. Schmale horizontale Streifen aus Betonfertigteilen in Deckenhöhe gliedern die vertikalen Pfeiler aus geschlämmtem Ziegel. Dabei korrespondiert der raue sandfarben geschlämmte Ziegel sehr schön mit dem exakten scharfkantigen grauen Beton. Es entsteht eine strenge, feingliedrige Struktur, die auch in ihrer Maßstäblichkeit Bezug zur alten Bebauung in der Umgebung aufnimmt.


münsteranerBAUKULTUR

BAUKULTUR 5_2017

29

oben Eingang zur Studiobühne rechts In der Bibliothek stehen sich die Wände von Alt- und Neubau eng gegenüber

Innere Organisation Dem hohen Foyer sind Bibliothek und Studiobühne direkt angegliedert. Hier wird die Fassade in das Innere des Gebäudes hineingeführt, teilweise mit offenen Fugen für die Akustik. In der Bibliothek stehen sich die Wände des Alt- und Neubaus eng gegenüber. Die Altbauwand ist durchbrochen durch Fenster, die die dahinter liegenden Flure mit dem Atrium verbinden. Auf der Riegelseite führen zwei lange Treppen in die Geschosse mit den Bücherregalen. In dieser Fassade sind die Brüstungen als Lesepulte aus Lärchenholz ausgebildet, die als Arbeitsplätze mit Blick in die Halle genutzt werden können. Das Lärchenholz, aus dem auch die Regale bestehen, korrespondiert sehr schön mit dem geschlämmten Ziegel und trägt somit sehr prägend zum Raumeindruck bei. Das oberste Geschoss des

Neubauriegels wird zunächst mit Büros belegt, es ist jedoch geplant, sie später als Bibliothekserweiterung zu nutzen. Im gegenüber liegenden Altbau befinden sich im 1. und 2. Obergeschoss die Seminarräume und der Hörsaal, darüber die Büros. Die klare und übersichtliche Erschließungsstruktur mit den zum Atrium belichteten Fluren und den beiden an den Kopfenden angeordneten Treppenhäusern trägt zur offenen Atmosphäre des Hauses bei. Konzept Neu- und Umbau Bis auf den Mittelrisalit mit dem alten Treppenhaus und dem Dach, das erneuert werden musste, ist der Bestand des Altbaus weiter genutzt worden. Während der Baumaßnahme waren jedoch umfangreiche Sicherungsvorkehrungen an der Grundsubstanz erforderlich. Die Gründung musste an zahlreichen Stellen unterstützt werden. Die Wände erbrachten ebenfalls nicht überall die notwendige Tragfähigkeit. Die Kappendecken zeigten immer wieder Risse und mussten ersetzt werden. Der alte denkmalgeschützte Teil des Altbaus erhielt eine Innendämmung, während die übrigen Teile des Altbaus von außen gedämmt werden konnten.

Nachhaltigkeit Der kompakte Baukörper bietet eine gute Grundlage für das sehr energieeffiziente Gebäude. Das günstige Verhältnis von Außen-Oberfläche zum großem Volumen und die Speichermasse sowohl im Altbau mit den dicken Wänden als auch im Neubau mit den Betondecken und den Ziegelpfeilern tragen zu einem gleichmäßigen Klima bei. So konnte in der Bibliothek auf eine Klimaanlage verzichtet werden. Die Räume an der Südseite werden durch automatisch geregelte Fensteröffnungen natürlich belüftet. Zusätzlich sind die Betondecken mit einer Betonkerntemperierung versehen. Das Atrium wirkt als thermische Pufferzone. Zur Aufrechterhaltung der hygienischen und thermischen Behaglichkeit sind im Wesentlichen nur im Hörsaal und der Studiobühne lufttechnische Anlagen vorgesehen. Eine energetisch hocheffiziente Gebäudehülle dient dem sommerlichen Wärmeschutz und der Minimierung von Wärmeverlusten im Winter. Bodennahe Fenster und Sonnenschutz sorgen für optimale Tageslichtnutzung. Darüber hinaus notwendiger Kunstlichteinsatz wird tageslicht- und präsenzabhängig geregelt. Peter Böhm Architekten

links Lageplan (Visualisierung: Peter Böhm Architekten)

Fotos: H. Schilling


30

münsteranerBAUKULTUR

STADTBÜCHEREI MÜNSTER Die Stadtbücherei in Münster war der erste große öffentliche Auftrag für Bolles + Wilson durch einen Wettbewerbserfolg im Jahr 1987. Ihre Räumlichkeiten sind nach wie vor bei den Besuchern sehr beliebt. Das begründet sich in ihrer funktionalen Konzeption und in der Sorgfalt, der Detaillierung, der räumlichen Vielfalt und der Atmosphäre im Gebäude. Komplexe Form Die Komplexität der Gebäudeform ergibt sich aus den Funktionsabläufen und der Neuordnung des heterogenen, fragmentierten Umfelds. Die mittlere Achse der zwei parallel angeordneten Baukörper läuft auf den Chor der nahe gelegenen Lambertikirche zu und bietet so einen direkten Bezug. Während der eine Baukörper mit den umliegenden Bestandsgebäuden einen geschlossenen dreieckigen Block bildet, steht der andere Baukörper, ein wie ein Schiff

Die Haupterschließungsachse der Bücherei liegt unterhalb des geneigten Kupferdachs und erhält durch ein Oberlichtband natürliches Tageslicht

BAUKULTUR 5_2017

oben Geneigte Kupferwände säumen die Büchereigasse, die den Büchereikomplex in zwei Baukörper trennt

anmutender Solitär, in nur loser Verbindung zur vertrauten Blocktypologie. Als neuer Fußweg teilt die Büchereigasse die Gebäudemasse. Dieser Einschnitt wird mit gefalteten Screens geschlossen. Die Architektur ist modern, aber zeitlos und steht in einem heterogenen Kontext zwischen der ursprünglichen Bücherei im Krameramtshaus von 1589 und dem Kiffe Pavillon aus den 1950er Jahren. Funktionale Organisation Die Drei-Zonen-Bücherei reagiert auf die gewandelten Nutzerbedürfnisse und Strukturen der Informationsgesellschaft. Die erste Zone beinhaltet das nicht-öffentliche Archiv. Die mittlere Zone im Kreissegment steht im Dienste von Ausleihe und Beratung. Hier werden die geschwungenen Wände von Büchern gesäumt. Innovativ ist die dritte Zone, der Nahbereich, mit einem Supermarkt der Informationen, einer Straße der Medien (Infothek, Literathek, Novithek, Glossothek, Hobbythek, Phonothek, Münsterthek). Diese ist von der mittleren Zone durch die Büchereigasse getrennt. Als Verbindung dient eine Brücke im 1. Obergeschoss, wo sich die Hauptinformationstheke befindet. Auch im Untergeschoss mit der Kinder- und Medienbibliothek gibt es eine Verbindung. Im Eingangsbereich befinden sich eigenständige, unabhängig geöffnete Räume: Café, Ausstellungsraum, Lesesalon und die vollautomatisierte Rückgabe der Leihmedien. Wo das Gebäude in zwei Volumen geteilt ist, wird es von geneigten Kupferwänden abgeschlossen. Unterhalb dieser Wände findet intern die Bewegung auf den Hauptachsen statt. Oberlichter sorgen für natürliches Licht. Ein verglaster Streifen ermöglicht Durchblicke von der Gasse in das Innere der Bibliothek. Die Gasse bietet Stellplätze für Fahrräder, Rampen für barrierefreien Zugang und einen neu angelegten Fußweg. Bolles + Wilson Fotos: Christian Richters


münsteranerBAUKULTUR

BAUKULTUR 5_2017

31

rechts Die elegante Form des elliptischen Kirchenschiffs konnte nach der Profanierung als Erinnerungs- und Orientierungspunkt für Gemeinde und Quartier erhalten werden (Foto: Peter Wilson)

KITA + WOHNEN AN DER SEBASTIANKIRCHE Seit die in den 1960er Jahren errichtete Kirche St. Sebastian 2008 profaniert wurde, stand ihr möglicher Abriss zur Disposition. Der mutige Entwurf der Münsteraner Architekten Bolles + Wilson erhielt nicht nur die schöne und elegante Form des Kirchenschiffs, er gab ihr auch neues Leben und eine neue Funktion: eine Kindertagesstätte, eingerahmt und geschützt durch die Randbebauung. Kindertagesstätte Das elliptische Kirchenschiff ist der fokussierende Erinnerungs- und Orientierungspunkt für das umgebende Quartier. Im unteren Raumbereich ist heute die Kita mit drei Gruppenräumen im Erdgeschoss und zwei Gruppenräumen im 1. Obergeschoss untergebracht. Die Decken wurden zu Allwetter-Spieldecks innerhalb der Kirchenmauern, aber klimatisch als Außenflächen ausgebildet. Grasgrüner Fallschutzboden erweitert das Grün-auf-Grün-Konzept des Innenraums auf das „Spielzimmer“. Die existierende Ziegelfassade ist von 50 x 50 cm großen Öffnungen durchbrochen, die eine gesunde Querlüftung durch das Innen-/Außen-„Spielzimmer“ garantieren. Im Winter kalt, im Sommer angenehm temperiert, aber immer trocken können die Kinder ganzjährig hier spielen. Das ursprüngliche Dach musste ersetzt werden, jetzt bringen transluzente Kuppeln viel Licht ins Innere. Ein neuer Anbau, der auch von anderen Gruppen aus der Nachbarschaft genutzt werden kann, vermittelt zwischen umprogrammierter Kirche und Straße. Hier führt ein verglaster Eingangsbereich sowohl zur Kita als auch zu den angedockten Bereichen.

Wohnbebauung Der Wohnriegel schirmt die Kita vor der verkehrsreichen Hammer Straße ab und bildet eine präzise räumliche Kante zum benachbarten Park. Sämtliche Wohnungen orientieren sich mit ihren Balkonen zum grünen Innenhof um das ehemalige Kirchenschiff herum. Zur Straße hat der Gebäudeteil mit den Laubengängen der öffentlich geförderten Wohnungen eine Putzfassade in weiß und pink. Ein großer solitärer Baum wird förmlich „umarmt“ von der vorkragenden weißen Fläche. Der Bereich der frei finanzierten Wohnungen zeigt sich mit dunklen Klinkern hinter großen alten Bäumen zum Park. Unerwartete pastellige Farben animieren den Aufzugs- und Treppenturm und die Unterseiten der Laubengänge zur Hammer Straße. Das polychrome Spiel belebt auch die Skyline der zurückgesetzten Putzfassaden der Apartments des Staffelgeschosses. Große weiße Umrandungen der Fenster zum Park verleihen dem Wohngebäude einen noblen Maßstab und eine vertikale Hierarchie. Aber letztendlich sind es die mächtigen Bäume, welche die führende Rolle in der räumlichen Choreografie für sich beanspruchen. Bolles + Wilson

Die 1962 durch den Architekten Heinz Esser errichtete Kirche St. Sebastian wurde 2008 entweiht und zur Kita umgebaut (Foto: Roman Mensing)

Die 4-geschossige Wohnbebauung schirmt die Kita zur vielbefahrenen Hammer Straße ab (Foto: Roman Mensing)


32

münsteranerBAUKULTUR

BAUKULTUR 5_2017

DOMSINGSCHULE MÜNSTER Zur Entwicklung der künftigen Chorarbeit hatte das Domkapitel Münster beschlossen, die beengten Übungsmöglichkeiten im Dom durch den Neubau einer eigenständigen Domsingschule zu erweitern. Den dafür ausgeschriebenen Wettbewerb gewann das Büro Kuckert Architekten BDA aus Münster, das auch mit der Realisierung beauftragt wurde. Räumliche Erweiterung Die neue Domsingschule mit zwei Sälen, Studierzimmern und Verwaltungsbereich bietet dem Domchor St. Paulus, dem Knabenchor Capella Ludgeriana und der Mädchenkantorei im Dom mit ihren rund 300 Sängerinnen und Sängern ausreichend Platz für Proben, Stimmbildung und Konzerte. Der Baubeginn war 2011, Eröffnung und Übergabe im Juli 2013.

Lage im Stadtraum Die stadträumliche Situation des Baugrundstücks in der Nähe der Innenstadt wird geprägt durch vielschichtige Wohnbebauungen, ein angrenzendes Studentenwohnheim und den Gebäudekomplex der Friedensschule. Kleinteilige Frei- und Grünflächen mit Baumbestand und die Boeselager Straße mit der Bushaltestelle sind darüber hinaus ortsbestimmend. Die vorhandenen

stadträumlichen Bezüge wurden aufgenommen und bilden mit dem Gebäude eine neue, logische Abfolge von Kubatur zu Freiflächen, die den zukünftigen Entwicklungen gerecht werden. Übergänge von öffentlichen, halböffentlichen zu privaten Räumen sind klar definiert und in der Architektur zum Ausdruck gebracht. Der vorhandene Ort wird gestärkt, und eine neue Adresse ist entstanden.


münsteranerBAUKULTUR

BAUKULTUR 5_2017

33

oben und unten Das Gebäude entwickelt sich wie selbstverständlich aus den raumordnenden Begrenzungsmauern und bietet spannende Bezüge zwischen innen und außen

Verbindung und Abgrenzung Die Architekten schlugen eine ruhige, zurückhaltende, den Stadtraum ordnende Architektur vor. Das neue Gebäude entwickelt sich wie selbstverständlich aus den raumordnenden Begrenzungsmauern. Es verbindet und grenzt in gleicher Weise ab und lässt eine den Bestand stärkende eigene Identifikation des Neuen entstehen. Die Architektur basiert auf Zeitlosigkeit und der Wirkung der einfachen Mittel. Funktionalität und Organisation Der Anspruch an die Architektur war ein funktional zeitloses Konzept mit nach-

haltiger Nutzbarkeit und einer Materialund Werktreue, die auf Dauerhaftigkeit in Form und Gebrauch zielt. Die Materialität beschränkt sich auf wenige hochwertige Elemente wie Stein, Beton, Holz und Glas. Die Räume sind wohlproportioniert und technisch der vorgesehenen Nutzung entsprechend ausgestattet. Die Gesangsräume entsprechen den Anforderungen des entscheidenden Verhältnisses zwischen Akustik und Mensch mit dem ihn umgebenden Raum. Alle Räume sind hell, offen und einladend, dennoch introvertiert und der notwendigen Konzentration auf das Musizieren zuträglich.

Der zentrale Innenhof ist Bindeglied und Aufenthaltsort zum einen, zum anderen ein Ort des Austauschs und Treffens in fröhlicher Gemeinschaft. Die Domsingschule ist klar und logisch aufgebaut, gleichwohl bietet sie spannungsvolle Raumabfolgen und interessante Bezüge zwischen Innen- und Außenräumen. Sie dient ihren Nutzern nachhaltig und in unaufgeregter Art und Weise. Christian Kuckert


34

münsteranerBAUKULTUR

BAUKULTUR 5_2017

Die denkmalgeschützte Villa bildet den Mittelpunkt des Ensembles

WOHNEN + ARBEITEN IM PIUS-HOF Für ihren Wettbewerbsbeitrag Pius-Hof im Nordosten der Innenstadt von Münster wurde das Münsteraner Architekturbüro bk|a mit dem 1. Preis ausgezeichnet. Die Baumaßnahme wurde 2014 abgeschlossen. Auf dem rund 3.900 m² großen Grundstück befindet sich eine in Teilen denkmalgeschützte Villa aus dem Jahr 1936, die einer repräsentativen Büronutzung zugeführt wurde. Ergänzend entstand an der Piusallee auf über 1.600 m² Wohnraum für eine anspruchsvolle, qualitätsbewusste Zielgruppe. Als zeitgemäße Interpretation der historischen „Beginenhöfe“ wurden rund um die denkmalgeschützte Villa drei Baukörper positioniert, die sich in Form und Maß an der umliegenden Bebauung orientieren. Mit der Stadtvilla, den Townhäusern und Atriumhäusern wurden unterschiedliche Typologien verwirklicht, die mit Wohnflächen zwischen 135 und 155 m² individuelle Wohnansprüche erfüllen. Angelehnt an die Bautradition der Region kam für sämtliche Fassaden der charakteristische rote Klinkerstein zum Einsatz, der dem Gebäudeensemble optischen Zusammenhalt verleiht. Unterschiedliche Höhenstaffelung, größtmögliche Transparenz und gezielt gesetzte Blickbezüge bieten ein hohes Maß an Lebensqualität. agn bka Fotos: Espendiller und Gnegel Designer

links Die durchmodellierten Baukörper mit ihren verschiedenen Abstaffelungen sorgen für vielfältige Blickbezüge und eine gute Belichtung der Wohnbereiche


münsteranerBAUKULTUR

BAUKULTUR 5_2017

35

oben Die Fertigstellung des Neubaus für die Oberstufe ist für 2018 geplant (Visualisierung agn bka) rechts Als städtebaulich wichtigste Komponente steht der Erhalt der solitären Wirkung der Überwasserschule

STÄDTISCHE GESAMTSCHULE MÜNSTER Nach dem Gewinn des internationalen Wettbewerbes zur ersten städtischen Gesamtschule Münsters konnte das Münsteraner Architekturbüro agn bka auch das folgende Vergabeverfahren für sich entscheiden. Der Grundgedanke des Entwurfs ist die Bildung eines innerstädtischen Schulensembles um einen gemeinsamen, zentralen Mittelpunkt. Dieser wird durch den solitären Baukörper der ehemaligen Überwasserschule gebildet, dessen Sockelgeschoss mit Bibliothek und Schülercafé neue öffentliche Nutzungen erhält und über einen zusätzlichen Eingang zur Jüdefelderstraße erschlossen wird. Durch die weitestgehende Übernahme der vorhandenen Bestandsstrukturen werden kostenintensive Umbaumaßnahmen im Bestand auf ein Minimum reduziert.

Die Mensa ist rückwärtig an das Foyer der Paul-Gerhard-Schule angebaut

Die Realisierung erfolgt in zwei Bauabschnitten, die sich dem Nutzer entsprechend an dem Beginn der jeweiligen Schuljahre orientieren. So wurden der Umbau der ehemaligen Paul-Gerhard- und Überwasserschule sowie der Neubau der Mensa zum Schuljahr 2015/2016 fertig gestellt. Der Neubau für die Oberstufe samt Doppelsporthalle soll nach den Sommerferien 2018 bezugsfertig sein. agn bka Fotos: Espendiller und Gnegel Designer


36

münsteranerBAUKULTUR

BAUKULTUR 5_2017

ANMUTUNG EINES TEXTILEN FALTENWURFS

Neubau des Verbands der Nordwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie in Münster Der Neubau des Verbands der Nordwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie in Münster hat eine außergewöhnliche Klinkerfassade. Sie besteht aus 74.000 Sondersteinen und erweckt den Eindruck eines riesigen Tuchs, das sich über das Gebäude legt. Idee und Umsetzung lagen in Hand von behet bondzio lin architekten aus Münster. Abstraktion des Materials Der Verband der Nordwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie vertritt rund 260 Unternehmen der Branche in Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Bremen und Hamburg mit insgesamt mehr als 28.000 Mitarbeitern. Bei der Entscheidung für einen Neubau stand schnell fest, dass das Gebäude eine eigene, dem Textilverband angemessene Anmutung haben sollte. Auf den ersten Blick sollten der Verband und sein Sitz als Teil der Branche Textil und Mode zu erkennen sein. Paradoxe Wahrnehmung Als Inspiration diente der täuschend echt aussehende Alabaster-Faltenwurf der Beethoven-Statue von Max Klinger im Leipziger Bildermuseum. Der Betrachter sieht dort ein scheinbar fließend leichtes Tuch über den Knien von Beethoven und erkennt zugleich, dass es aus massivem Stein besteht. Ausgehend von dieser Vorlage verfolgte man zunächst die Idee, über die unterschiedliche Fugenbreite ein Hell-Dunkel-Spiel zu erzeugen. Letztlich stellte sich aber heraus, dass der Effekt am besten über die Ziegel selbst zu erzielen war.

rechts Durch den unterschiedlichen Hub der Steine erscheint die Fassade in Bewegung

Aufwändige Detailarbeit Während der Konzeptentwicklung wurden alle Darstellungen Linie für Linie zeichnerisch umgesetzt. In der Entwurfsphase änderten die Architekten jedoch die Arbeitsmethode: Schwarz-Weiß-Bilder von textilen Faltenwürfen wurden in ein Computerprogramm geladen, in dem bestimmten Graustufen bestimmte Schatten und folglich bestimmte Ziegelsteine zugewiesen wurden. Es sind also keine Linien von X nach Y gezogen worden, sondern die Linien wurden nach definierten Regeln durch das Programm erzeugt. Miteinander verknüpfte Parameter führten bei jeder einzelnen Veränderung zu Veränderungen an anderen Stellen des Entwurfs. Mit diesem


BAUKULTUR 5_2017

links Nach Norden öffnet sich das Gebäude über eine großflächige Verglasung

planerischen Werkzeug wurde die Position der Sondersteine festgelegt. Diese wurden in enger Zusammenarbeit mit der Ziegelei Deppe aus Uelsen entwickelt. Vorbildhafte Baukultur Schon während der ersten Experimentierphase bestand ein enger Austausch zwischen Architekten und Bauherrn. In dieser Hinsicht erwies sich der Neubau als vorbildliches Projekt im Sinne von Baukultur, von der Entscheidungsfindung über den gesamten Planungsprozess bis zum fertigen Gebäude und seinen Außenanlagen. Mauern nach Zahlen Für den Neubau des Verbands der Nordwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie wurde der komplexe Entwurfsprozess erst durch das parametrische Entwerfen beherrschbar. Am Ende standen Ausführungspläne, in denen jeder einzelne Stein einer exakten Position zugeordnet werden konnte. Für die Handwerker war die anspruchsvolle Arbeit nach dem Prinzip „Mauern nach Zahlen“ ungewöhnlich, führte aber auch zu besonderem Stolz auf das eigene Werk. Textile Vielfalt Die Fassade mit textiler Anmutung liegt auf der Südseite des Gebäudes und bildet, da sie ohne Fenster auskommt, zugleich Schutz gegen Sonneneinstrahlung. Sämtliche Mitarbeiterbüros und Besprechungsräume liegen auf der fast komplett verglasten Nordseite. Die Temperaturregulierung erfolgt mittels Betonkernaktivierung. Doch nicht nur die Fassade, auch die Inneneinrichtung ist auf den Bauherrn zugeschnitten. So wurden im Vorfeld Textilien und deren Entstehungsprozesse studiert. Materialien aus den Mitgliedsunternehmen finden sich nun auch im neuen Verbandssitz wieder. Blickfang ist ein 13 x 4 m großes Filzgeflecht im Besprechungsraum, das speziell angefertigt wurde und für gute Luft und Akustik sorgt. Dazu gibt es noch viele weitere stoffliche Elemente, die allesamt zum eigens entworfenen Farbkonzept passen. Dazu zählen auch die speziell angefertigten dekorativen Filzbilder mit Pinnwandfunktion in den Mitarbeiterbüros. Die Themen Textil und Stoff wurden zudem bei den Lichtdecken und -wänden in

W IR PRÄG EN S TA DT B I L D E R . So individuell wie Ihr Projekt sind unsere Klinker. Mit unseren Formsteinen bringen wir Leben in Ihre Fassade!

Deppe Backstein-Keramik GmbH Neuenhauser Straße 82 49843 Uelsen-Lemke www.deppe-backstein.de

den Besprechungsräumen und Flurbereichen aufgegriffen. Der Sanitärbereich ist mit Segeldecken aus reversiblen Rahmen mit textiler Bespannung abgehängt. Mit Ausnahme der stark frequentierten Bereiche wie dem Foyer ist im Gebäude Teppichboden verlegt. Marlen Benen Fotos: Thomas Wrede Foto Anzeige: behet bondzio lin architekten unten Sonne und Wolken erzeugen ein Spiel von Licht und Schatten (Visualisierung: behet bondzio lin architekten)


38

münsteranerBAUKULTUR

BAUKULTUR 5_2017

Verwaltungsgebäude „H7“ am Stadthafen von Münster: Durch die Verglasung wird die innere Konstruktion des Gebäudes nach außen sichtbar

GRÜNER LAUBMANTEL

Verwaltungsgebäude „H7“ am Stadthafen in Münster 7 Geschosse umfasst das Verwaltungsgebäude „H7“ einer regionalen Bio-Einzelhandelskette am Stadthafen von Münster. Um dem ökologischen Anspruch des Hauptinvestors gerecht zu werden, wurde Holz als primärer Baustoff festgelegt. Ziel war es, mit dem Neubau die Qualitäten und Anwendungsbereiche des nachhaltigen Materials als konstruktivem Baustoff zu demonstrieren. Die Planung stammt von Andreas Heupel Architekten BDA aus Münster. Differenzierte Erscheinung Die städtebauliche Situation am Stadthafen von Münster ist gekennzeichnet durch ein heterogenes Umfeld von Solitären und dem erkennbaren Strukturwandel des nicht mehr betriebenen Hafens. Zusammen mit dem Nachbargebäude formt das neue Verwaltungsgebäude H7 einen Platz, über den die Haupteingänge erreicht werden. Das schmale Grundstück prägt den Baukörper nicht nur in seiner Grundriss-, sondern vor allem in seiner Höhenentwicklung. Verbreiterungen und Einschnitte folgen den Maßgaben der einzuhaltenden Abstandsflächen und geben dem Volumen sein differenziertes Erscheinungsbild. Baustoff Holz Die Innovationsleistung des H7 umfasst das Zusammenspiel der Ausnutzung der statischen Eigenschaften von Holz und seiner klaren Berechenbarkeit im Brandfall. Durch die Vergrößerung der statischen Querschnitte um das Maß der Abbrandrate von 6,3 cm pro 90 min. konnte auf die sonst übliche Kapselung der Holzbauteile verzichtet werden. Dadurch erst wurde es möglich, die „soziale“ Komponente

von Holz mit seinem „wärmenden“ Ausdruck zu erhalten und gleichzeitig die Konstruktion ablesbar zu machen. Die weitreichenden Möglichkeiten der Vorfertigung im Holzbau waren ein weiterer Aspekt des Entwurfs. So wurden die großformatigen Wandelemente (innenseitig) oberflächenfertig und mit bereits eingebauten Fenstern angeliefert. Auch die Holz-Beton-Verbunddecken wurden vorgefertigt, um dann „just-in-time“ zur Baustelle gebracht zu werden. Konstruktive Details Die Holzhybridkonstruktion ist eine Weiterentwicklung der Forschungsergebnisse des involvierten Tragwerkplaners ARUP vom 20-geschossigen LifeCycle Tower in Österreich. Das zentrale Rückgrat des Gebäudes bildet eine zweireihige Stahlbetonmittelachse, die die Nebenräume und Versorgungstrassen aufnimmt. Sie ist angelehnt an einen aussteifenden, als Sicherheitstreppenhaus ausgebildeten Turm. Die raumprägenden Außenwände sind hingegen als tragende Massivholzkonstruktion ausgeführt. Zwischen Außenwand und Mittelachse sind vorgefertigte Holzbetonverbunddecken eingehängt. Mittels spezieller Schrauben


münsteranerBAUKULTUR

BAUKULTUR 5_2017

39

oben und rechts Das Grün der Fassade steht zum einen für die Idee der Ökologie im allgemeinen, zum anderen symbolisiert es den „Laubmantel“ des Holz-Hybrid-Hauses

sind dabei BSH-Balken mit den 12 cm starken Stahlbetondeckenplatten verbunden. Die Decke wurde mit einem Ringbalken aus Ortbeton bis an die Vorderkante der Holzaußenwände geführt, um die Geschosse im Sinne des Brandschutzes konsequent voneinander zu trennen. Durch den Einsatz von Holz konnten im Vergleich zu einem herkömmlichen Stahlbetonbau 262 t CO2 eingespart werden. Terrakottaverkleidung Charakteristisch für das äußere Erscheinungsbild ist die eigens für das Projekt entwickelte Terrakottaverkleidung. Als grünes Kleid legt sie sich mit nur 4 cm Stärke in drei verschiedenen Farbtönen über die Längsfassaden. Terrakotta als Material war die logische Konsequenz des ökologischen Ansatzes. Der natürliche mineralische Baustoff hat eine hohe Widerstandsfähigkeit und lässt sich komplett recyceln. Zum Einsatz kamen Terrakottaplatten mit Breiten zwischen 0,5 m und 1,35 m. Drei verschiedene Mundstücke dienten der Ausführung unterschiedlicher Reliefs mit variierenden Rastern. Die Reliefs überspielen die horizontalen Stöße. Als Farbtöne wurden drei Abstufungen eines Moosgrün entwickelt. Je ein Brüstungsfeld und ein Pfeiler bilden zusammen ein Farbfeld. Eine gewisse Ordnung sorgt dafür, dass nie die gleiche Farbe aneinander stößt. Für den Übergang zwischen Stirn- und Längsseiten wurden Lisenenprofile aus Terrakotta entwickelt. Die Stirnseiten sind komplett verglast, um die innere Konstruktion auch von außen sichtbar zu machen.

Technisches Konzept Auch das technische Konzept ist stark von den Zielen der Nachhaltigkeit beeinflusst. So dient die Fernwärme des angrenzenden Kraftwerks als Heiz- und Kühlenergie. Im gesamten Haus wird außerdem konsequent LED-Lichttechnik verwendet. Eine PV-Anlage komplettiert die Idee eines „grünen“ Hauses. Das H7 erhielt beim Deutschen Holzbaupreis 2017 eine Anerkennung und beim „best architects 18 award“ eine Auszeichnung in Gold. Andreas Heupel Architekten Fotos: Christian Richters


40

münsteranerBAUKULTUR

BAUKULTUR 5_2017

oben Das Gebäudeensemble am Stadthafen ist wie seine Lagerhaus-Vorgänger nicht festgelegt, welche Güter oder Aktivitäten es beherbergt

oben Ohne Anforderungen an Transparenz erscheinen die Nordfassaden geschlossener in rotem Ziegel bzw. als Wandbild aus gedämpften Farben

GEBÄUDEENSEMBLE AM STADTHAFEN Die beiden Bürogebäude am Hafenweg 14 + 16 errichteten die Münsteraner Architekten Bolles + Wilson in den Jahren 2003–2005. Für die meisten Passanten stellen sie nur eine Kulisse dar, den Teil eines Ensembles umgenutzter Lagerhäuser. Im Gebäude am Hafenweg 16 besetzt das Büro Bolles+Wilson die zwei oberen Etagen. Gebäude am Hafenweg 16 Ein tiefer, nach dem Loftprinzip organisierter Grundriss, freie Ebenen, ein oder zwei Nutzungseinheiten pro Etage, eine Vielzahl möglicher Layouts. Servicekerne sitzen mittig an den 22 m tiefen Seitenwänden. Eine dritte Box zur Erschließung ist asymmetrisch zur Straßenfassade angeordnet. Die Sichtbetondecken sind vollkommen frei von jeglicher Installation. Sie dienen als durchlaufende Reflexionsfläche für die frei stehende Raumbeleuchtung. Das in die Decken integrierte Niedrigdruck-Wassersystem aktiviert das Wärmespeicher- und Kühlpotenzial der Gebäudemasse (Bauteiltemperierung). Wie auf Öl reflektiertes Licht Die Artikulierung der zwei Fassaden verleiht der Schnittstelle zwischen den neutralen Ebenen im Innern und der Umgebung des Gebäudes Charakter. Frei von Anforderungen an Sonnenschutz verwebt die Straßenfassade auf der Nordseite Festverglasungen von maximaler Größe mit stehenden Öffnungsflügeln. Das resultierende Patchwork ermöglicht auch Zellenbüros im Innern und die texturliche Weiterentwicklung des Patchwork-Themas in den sich abwechselnden

Farben der eloxierten Fassadenpaneele. Dunkles Aubergine, Blau und Grün variieren ihre Farbwerte wie auf Öl reflektiertes Licht je nach Tageszeit und Witterung von „melancholischem Halbschatten“ bis zu einem „Frühlings-Paul Klee“. Drei Boxen erweitern das Patchwork in die dritte Dimension. Eine davon, mit Atem beraubender Auskragung akrobatisch von einer ihrer Seitenwände gehalten, vereinnahmt die Rolle des Eingangsvordachs und gibt als Vitrine Raum für sporadische Installationen von Künstlern. Sonnenschutz-Ballett Die Südfassade öffnet sich zum Panorama des Hafenbeckens. Zwischen eloxierten Seitenwänden ereignen sich auf den Balkonen mit Glasbrüstungen die von Tag zu Tag unterschiedlichen Sonnenschutz-Kompositionen. Wenn sich alle Verschattungen zu einer komplett geschlossenen Fläche vereinen, erzeugen die sich nach unten hin weiter heraus schiebenden Balkone einen wasserfallartigen Vorhang. Bolles + Wilson Fotos: Christian Richters

Der aufmerksame Betrachter kann eine 3 cm hohe „Strich-Punkt“-Inschrift an den unteren Stirnseiten der Balkone entdecken, eine Arbeit der niederländischen Künstlerin Milou van Ham. Alte Frachtschiffkapitäne und fleißige Schulklassen werden den Text entziffern: guten tag! sie lesen (jetzt) ein gebaeude (2005- ) von Bolles+Wilson (1980- ). sie lesen (jetzt) ein kunstwerk (2005- ) von milou van ham (1964- ). sie lesen (jetzt) morse kode (1837-2000) von samuel morse (1791-1872). sie sind (jetzt) im hafen (1898-2005- ) von muenster (793- ). spruchende.


münsteranerBAUKULTUR

BAUKULTUR 5_2017

41

Die Schlautstiege liegt wie ein geschwungenes Band in der Landschaft

SCHLAUTBOGEN IN MECKLENBECK Der so genannte Schlautbogen an der Kreuzung Schlautstiege/Fritz-Stricker-Straße in Mecklenbeck entstand im Jahr 2013 nach Plänen der Büros w+b Ingenieure aus Münster und Wolters Partner Architekten und Stadtplaner aus Coesfeld. Im Jahr 2016 wurde die Brücke mit dem Preis des Deutschen Stahlbaus ausgezeichnet. Dynamischer Bogenverlauf Brücke und Schlautstiege verbinden sich zu einem selbstverständlichen Ingenieurbauwerk. Die Konstruktion entwickelt sich aus einer organisch geformten Stahlfläche, die zu einem geschlossenen Hohlkörper verschweißt wurde. Der geschwungene Querschnitt minimiert die Ansichtsflächen an den Brückenaußenseiten und lässt das Bauwerk aus der Perspektive der Autofahrer leicht und dynamisch wirken. Durch die geschwungene Führung der Brücke im Grundriss wird die Wegeführung der Schlautstiege ergänzt. Zusätzlich weitet sich die Fahrbahn zur Brückenmitte hin auf. Die Geländer sind mit besonders geschnittenen Stahllamellen ausgebildet. Je nach Lichtsituation ergibt ein dynamischer Bogenverlauf dem Brückengeländer eine unverwechselbare Form. Zur ihrer Betonung wurde lediglich ein Handlaufholm mit einer LED- Beleuchtung ausgestattet. Tragkonstruktion Die Querschnitte setzen sich aus zwei in der Brückenachse zusammengefügten Bögen zusammen, die je nach Wegbreite und Konstruktionshöhe einen unterschiedlichen Radius erfordern. Für die Unterseite entstehen dadurch in drei Dimensionen asymmetrisch gekrümmte Stahlflächen, die mit Querschotten und durchgehenden Längsrippen stabilisiert sind. Die gewählte Profilhöhe entspricht der außergewöhnlichen Schlankheit der Brücke und basiert auf der Einspannung der Brückenenden an den Stahlbeton-Widerlagern als integrale Stahlverbundbauweise. Die Fundamente sind mit Bohrpfählen gegründet. Die Stahlflächen enden 30 cm oberhalb der Böschungslinie fließend in die Gründungskörper, eine Berührung des Stahlkörpers mit der Umgebung ist ausgeschlossen. Durch die Konstruktion des Tragwerks

aus einem geschlossenen, geschweißten Stahlhohlkörper mit den eingespannten Stahlbeton-Widerlagern wurden die Wartungs- und Unterhaltungskosten optimiert. Die Herstellung der ca. 48 t schweren Brücke führte ein spezialisiertes Stahlbauunternehmen durch. Sie konnte fast vollständig im Stahlbauwerk vorgefertigt werden. w+b Ingenieure Wolters Partner Architekten und Stadtplaner

PROJEKTDATEN Gesamtlänge: 37,00 m Stützweite: 34,00 m Brückenfläche: 117,00 m2 Min. Konstruktionshöhe: 0,60 m Max. Konstruktionshöhe (Auflager): 1,35m Min. Breite zwischen den Geländern: 3,00 m Max. Breite zwischen den Geländern: 3,88 m


42

advertorial | anzeige

BAUKULTUR 5_2017

Die regional typische Klinkerfassade besticht durch ihre haptische Qualität

MARKANTE KLINKEROPTIK Oberfinanzdirektion in Münster

Im August 2016 wurde der Neubau der Oberfinanzdirektion Münster nach weniger als drei Jahren Bauzeit feierlich eingeweiht. 500 Finanzexperten sind dort untergebracht. Die Fassade aus Architekturbeton und Natursteinklinker übernimmt eine optisch wie technisch tragende Rolle. Innovation bei Optik und Technik Das Bürogebäude ist 4-geschossig errichtet und verfügt über eine Kammstruktur. Über eine Magistrale entlang des Albersloher Wegs werden 5 dahinter liegende „Kammzinken“ erschlossen. Stützen und Wandbereiche mit eingelegten Klinkern und bodentiefe Fenster bilden die markante, gleichmäßig strukturierte Gebäudehülle. Dabei trägt die Architekturbeton-Fassade auf der Längsseite das Bauwerk und macht Stützen an vielen Innenwänden entbehrlich. Dies bot nicht nur gestalterische Freiheiten, sondern auch einen Zugewinn an Grundfläche und Flexibilität bei der Raumaufteilung, die auch bei möglichen Umgestaltungsmaßnahmen von Vorteil sein kann. An den Querseiten war eine massive Fassade vorgesehen. Um die Optik beizubehalten, wurde eine Vorhangfassade, ebenfalls mit eingelegten Klinkern,

entwickelt. Diese Fassade verläuft in verschiedenen Winkeln gefaltet und verdeutlicht die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten von Fertigteilfassaden. Fortschritt durch Planbarkeit Stahlbeton, beliebig formbar und witterungsbeständig, überzeugt als grundsätzliches Fassadenmaterial. Um die Anzahl von Fugen am Gebäude zu reduzieren, wurden in der Wandproduktion im FUCHS Fertigteilwerk Gladbeck großflächige Teile angefertigt. Nach Montage der Fassadenbauteile wurden die Decke eingeschalt, die Bewehrung verlegt, mit den Querkraftkörben der Fassade verbunden und die Geschossdecke betoniert. Die thermische Trennung ist dabei durch Querkraftkörbe der Fa. Max Frank gewährleistet. Interdisziplinäre Zusammenarbeit Vor Produktionsstart wurden die Klinkerausbildung, die Montierbarkeit und das äußere Erscheinungsbild anhand eines Musterelements zwischen Bauherrn, Architekten und dem Fertigteilwerk gemeinsam abgestimmt. Die FUCHS Fertigteilwerke sind am Produktionsstandort Gladbeck auf die Herstellung von Architekturbeton-Fassaden spezialisiert. Das Portfolio reicht von der Vorsatzfassade als Massivwand über die Sandwichfassade mit innenliegender Dämmung, tragende Fassaden als Ersatz für Stützen-Riegel-Konstruktionen bis hin zu aktivierten Fassaden zur Energiegewinnung. Mit der passenden Auswahl an Zuschlagstoffen sowie Oberflächenbehandlung oder mit Hilfe von Matrizen können vielfältige Oberflächenstrukturen realisiert werden. www.fuchs-beton.de


advertorial | anzeige

BAUKULTUR 5_2017

43

rechts Wettbewerbsgebiet Arnheimweg

QUALITÄTVOLLES PLANEN UND WOHNEN Die Finanzierbarkeit von Baumaßnahmen ist in Zeiten von rapide steigenden Grundstückspreisen und konstant steigenden Baukosten sowie immer höheren energetischen und baurechtlichen Anforderungen eine große Herausforderung. Die Wohn + Stadtbau investiert dabei ganz bewusst in die Durchführung von Wettbewerben. Derzeit werden 4 Wettbewerbsergebnisse baulich umgesetzt, eine weitere Auslobung ist in Vorbereitung. Hauptaufgabe der Wohn + Stadtbau als städtische Wohnungsbaugesellschaft ist es, in Münster bezahlbaren Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung zu schaffen. Dabei sind Wettbewerbe im Ringen um dauerhaft gute architektonische Lösungen gerade im Innenstadtbereich das Mittel der Wahl. Die Wettbewerbsteilnehmer entwickeln unterschiedliche Lösungsansätze, und das Preisgericht kann die für die konkrete Aufgabe beste Lösung finden. Auf diese Weise erhalten Mieter und Erwerber qualitätvolle Lösungen. Wettbewerbe helfen, alle Beteiligten von Beginn an einzubinden und deren berechtigte Interessen zu konsolidieren. Die Durchführung von Wettbewerben führt zu einer breiten Akzeptanz und erleichtert die weitere Projektabwicklung erheblich. Darüber hinaus diszipliniert die Erstellung der Auslobung zu einer sorgfältigen Bedarfsplanung. Je besser die Bedarfe, Anforderungen, Wohnungsmixe und sozialen Belange definiert sind, desto besser werden die Ergebnisse. Dies ist ein klarer Vorteil und sichert die Planungskultur.

Wettbewerbsgebiet York Höfe

Die Wohn + Stadtbau ist überzeugt, dass sich Qualität in der Architektur, die mit Hilfe von Wettbewerben entsteht, nicht nur unternehmerisch, sondern auch für die Stadt Münster und die Mieter auszahlt. Die Quartiere funktionieren besser und bleiben stabil. Dem Anspruch an hohe städtebauliche Qualität wird genüge getan, das Wohngebiet besitzt ein besseres Image, die Identifikation der Bewohner wird erhöht, die Schaffung eines funktionierenden sozialen Umfeldes gelingt besser und die zukünftigen Bewirtschaftungskosten können reduziert werden. Langfristig führt dies zum Werterhalt der Immobilien, und auch eine langfristige Vermietbarkeit ist gewährleistet. Wohn + Stadtbau Wohnungsunternehmen der Stadt Münster GmbH Steinfurter Straße 60 48149 Münster www.wohnstadtbau.de

Wettbewerbsgebiet Eschweiler

Wettbewerbsgebiet Friesenring


44

advertorial | anzeige

BAUKULTUR 5_2017

GESUNDES RAUMKLIMA Nach Jahren der Zurückhaltung bei der Renovierung oder Modernisierung von Bestandsgebäuden ist in den letzten Jahren, auch unter Berücksichtigung energetischer Sanierungsmaßnahmen, ein deutlicher Zuwachs festzustellen. Insbesondere die Beurteilung von Bauschadstoffen in Altbauten, aber auch die Verwendung von neuen Baustoffen stellen eine Herausforderung dar. Darüber hinaus ist der Umgang mit Zwangs- oder Fensterlüftungen in Neubauten oder ertüchtigten Gebäuden von erheblicher Bedeutung. Bauschadstofferhebung Bei der Renovierung von Altbauten steht die Bauschadstofferhebung als wesentlicher Baustein der Leistungsbeschreibung im Fokus der Umweltlabor ACB GmbH. Durch qualifiziertes, geschultes Personal mit langjähriger Erfahrung in der Schadstofferkundung werden Probenahmen durchgeführt und die erforderlichen physikalisch-chemischen Untersuchungen durch Mitarbeiter im eigenen Haus vorgenommen. Bei der Modernisierung und Renovierung von Gebäuden sind sowohl offensichtliche Schadstoffe als auch verdeckte Bauschadstoffe, die hinter neueren Wandverkleidungen verborgen sind, zu besorgen. Im Rahmen der Erhebung werden, falls erforderlich, Materialproben entnommen und überprüft, ob es sich um Baustoffe mit schädlichen Verunreinigungen handelt. In Abhängigkeit von den Ergebnissen ergeben sich unter Umständen Sanierungsmaßnahmen, bei denen z. B. asbesthaltige Baustoffe sowohl im Inneren von Gebäuden als auch an der Außenfassade von Fachfirmen ordnungsgemäß zu demontieren sind. Darüber hinaus sind Arbeitsschutzmaßnahmen beim Vorhandensein von Dämmungen auf Basis künstlicher Mineralfasern, behandelter Hölzer sowie von Wandfarben oder Fugendichtstoffen, sofern diese PCB-haltige Inhaltsstoffe aufweisen, erforderlich. Der zielgerichtete Ausbau von Schadstoffen dient der Planung

eines geordneten Baustellenablaufs und einer verlässlichen Zeitplanung und ist Grundvoraussetzung für die durch den Auftragnehmer zu erstellende Gefährdungsbeurteilung. Ermittlung von Bauschadstoffen Die sorgfältige Ermittlung von Bauschadstoffen im Rahmen der Grundlagenermittlung (Leistungsphase 1 HOAI) respektive der Vorplanung (Leistungsphase 2 HOAI) optimiert die Kostenkontrolle mit Blick auf die Entsorgung der anfallenden Abfallfraktionen. Auf Grundlage des Schadstoffkatasters ist es möglich, bereits zum Zeitpunkt der Ausschreibung die Kosten der Entsorgung zu berücksichtigen. Hierdurch können erhebliche Mehrkosten aufgrund von Nachträgen der ausführenden Auftragnehmer durch verunreinigte Abfallfraktionen verhindert. Verträglichkeit alter und neuer Baustoffe Nach dem Ausbau von alten Baustoffen aus der Zeit der Errichtung und des Umbaus von Gebäuden ist zu beachten, dass die neu eingebrachten Materialien mit den alten Baustoffen verträglich sind. Hier führen unzureichende Kenntnisse der Altbaustoffe zu Unverträglichkeiten zwischen alten und neuen Produkten. Als Folge werden teilweise Geruchsbelästigungen nach Umbau- und Renovierungsarbeiten festge-


advertorial | anzeige

BAUKULTUR 5_2017

45

Ein Ortstermin ist der erste Baustein zur Ursachenermittlung

stellt. Durch vorherige Überprüfung des Objekts und Abstimmung der Schnittstellen zwischen Altbaustoffen und neuen Produkten lassen sich diese Beeinträchtigungen minimieren. Lokalisierung von Schadstoffen Insbesondere bei der energetischen Ertüchtigung von Gebäuden ist die Kenntnis zur Lage von Schadstoffen auch an der Außenfassade des Objekts von erheblicher Relevanz. Dies gilt insbesondere für asbesthaltige Bauteile, die nicht mit einem Wärmedämmverbundsystem überdeckt werden dürfen. Aber auch die Abdeckung von schwerflüchtigen organischen Verbindungen, wie Teeröle, Holzschutzmittel oder polychlorierte Biphenyle, können dazu führen, dass die zuvor an der Außenhaut befindlichen Schadstoffe ohne Innenraumrelevanz nach der Abdichtung des Gebäudes und dem Aufbringen von Wärmedämmsystemen zur Beeinträchtigung der Raumluft führen. Die Neubeurteilung von ggf. vorliegenden Schadstoffkatastern von Gebäuden ist unter Berücksichtigung der geplanten energetischen Ertüchtigung der Gebäude zwingend durch einen Fachmann für die Beurteilung von Bauschadstoffen erforderlich. Folgen unzureichenden Luftwechsels Bei Neubauten, aber auch bei Altbauten nach energetischer Ertüchtigung ist der mangelnde Luftaustausch in den Gebäuden, einhergehend mit erhöhter Feuchtigkeit in der Raumluft, ein häufig festzustellender Beschwerdegrund. Der unzureichende Luftwechsel führt zu einer Anreicherung von Gerüchen, welche auf Emissionen neuerer oder älterer Baustoffe bzw. einer vorhergehenden Nutzung zurückzuführen sind. Darüber hinaus führt, insbesondere in Schulen und Büroräumen, der mangelnde Luftaustausch zu einem CO2-Anstieg in der Raumluft, gefolgt von Müdigkeit, Kopfschmerz etc. Nur durch ausreichende Kenntnis der Lüftungsanforderungen lassen sich diese Beeinträchtigungen minimieren. Ein Fenster auf Kippstellung ist keine Lüftung. Zug- und Querlüftung heißt, Fenster und Türen gegenüber liegender Räume werden zeitgleich geöffnet. Die Lüftung ist ausreichend, wenn Zug- und Querlüftung für wenige Minuten durchgeführt werden. Ständige Kipplüftung von Fenstern führt lediglich zur Auskühlung von Bauteilen, ohne einen Luftwechsel in einem geschlossenen Raum zu erreichen. Durch Änderung der Gebäudehülle sowie geänderte Lebensgewohnheiten bzw. der im Gebäude verbauten Baustoffe lässt sich zunehmend eine erhöhte Luftfeuchtigkeit in der Raumluft feststellen, die nicht durch regelmäßige Zug- und Querlüftung entfernt werden kann. Regelmäßige Zug- und Querlüftung lässt sich aufgrund von geänderten Lebensge-

Bauschadstoffe in Gebäuden Asbestuntersuchung

Schimmelpilze

Legionellen und Wasseruntersuchung Mehr Infos unter: www.umweltlabor-acb.de

Albrecht-Thaer-Str. 14, 48147 Münster, Tel 0251 28 52- 0

wohnheiten, wie z. B. Ganztagsschulen oder Berufstätigkeit von Erziehenden, nicht realisieren. Nach dem morgendlichen Duschen werden Fenster und Türen aus Sicherheitsgründen verschlossen. Die in das Gebäude eingebrachte Feuchtigkeit kann in der verbleibenden Zeit bis zum Verlassen des Gebäudes nicht mehr fortgelüftet werden. Durch zeitgleiches Absenken der Raumtemperatur während der Abwesenheitszeit (Energiesparen) reduziert sich die Temperatur an Wänden und Decken. Es resultieren Taupunktunterschreitungen, Feuchtigkeit und Schimmelpilzbildung. Bei dem sichtbaren oder verdeckten Schimmelpilzbefall können aus dem Ortstermin und der mikrobiologischen Untersuchung die Beeinträchtigungen des gesundheitlichen Risikos abgeschätzt werden. Hinweise zu Sofortmaßnahmen oder sinnvollen Sanierungen können gegeben werden. Ein Ortstermin ist der erste Baustein zur Ursachenermittlung. Fazit Modernisierung, Renovierung und energetische Ertüchtigung von Gebäuden stellen eine Herausforderung für vielfältige Fachdisziplinen dar. Insbesondere die Kenntnis von Bauschadstoffen, den Eigenschaften von Baustoffen und die klimatischen Anforderungen an ein Gebäude können durch einen Gutachter für Schadstoffsanierung beurteilt werden. Diese stehen bei der Umweltlabor ACB GmbH zur Verfügung. Umfangreiche Erfahrungen mit Umbauarbeiten von Wohnhäusern, Schulen und öffentlichen Gebäuden haben zum Erkenntnisgewinn beigetragen. www.umweltlabor-acb.de


46

advertorial | anzeige

BAUKULTUR 5_2017

oben und rechts Die Lüftungsgeräte von Vallox sind unauffällig in Abstellräumen oder Wandnischen installiert, die Verteilleitungen sind innerhalb der Betondecke verlegt

LÜFTUNGSKOMFORT IN DER STADTWOHNUNG Auf dem ehemaligen Gelände der Augsburger Kammgarnspinnerei entwickelt sich seit geraumer Zeit ein neuer Stadtteil, der architektonisch einen Bogen zwischen respektablen Industriedenkmälern und modernem, intelligenten Wohnungsbau spannt. Den Mittelpunkt bilden 4 Mehrfamilienhaus-Neubauten mit insgesamt 50 Wohnungen, die jeweils mit einem eigenen Komfortlüftungs-System ausgerüstet sind. Das Bauunternehmen GS Wohnbau integrierte die Lüftungstechnik des renommierten Anbieters Vallox GmbH bereits in der frühen Planungsphase – mit dem beispielgebenden Ergebnis, dass die Luftverteilung durch eine vom Standardmaß abweichende Deckenstärke komplett in der Deckenkonstruktion verlegt wurde. Die GS Wohnbau, ein seit 1927 bestehendes Bauunternehmen, fokussiert die Entwicklung und Planung von architektonisch gelungenen und handwerklich wie technisch perfekten Häusern. Seit 1990 erstellt das Bauunternehmen schlüsselfertige Objekte und platziert mit dem Bauvorhaben „Wohnen am Schäfflerbach“ im Augsburger Kammgarn-Quartier moderne Mehrfamilienhäuser direkt neben der historischen Kulisse ehemaliger Textilindustrie. Insgesamt umfasst das Projekt 4 Gebäude mit 50 Wohneinheiten von 55 bis 180 m² Wohnfläche. Neben der geforderten Energieeffizienz zählt somit auch eine luftdichte Bauweise zu den Voraussetzungen. Die Lüftungsgeräte von Vallox sind unauffällig in Abstellräumen oder Wandnischen, teilweise auch in Bädern installiert. Mit im Fokus steht stets der Schutz der Bausubstanz, ein immens wichtiger Aspekt, wenn es um die Prävention von Schimmel geht. Besonders positiv fällt auf, dass es keine Deckenabhängungen oder kastenförmige Abkofferungen gibt, die Leitungs-

systeme verbergen. Die Verteilleitungen sind nämlich sehr clever innerhalb der Betondecke verlegt. Bei der Planung der Deckenkonstruktion wurden ValloFlex-Rohre von Vallox gewählt, die mit 75 mm Außendurchmesser und besonders flexibler Materialstruktur innerhalb der Rohdecke verlaufen. Die glatte Innenwandung der aus geruchsneutralem PE gefertigten Lüftungsrohre vermeidet zudem hygienische Risiken. Die wesentlichen Vorteile für die Wohnungseigentümer und Nutzer sind ein erhöhter Wohnkomfort durch permanent frische und gefilterte Luft sowie eine bessere Raumluftqualität, da Gerüche und Feuchte kontinuierlich abgeführt werden. Ein weiterer deutlicher Vorteil macht sich auf der Nebenkostenabrechnung bemerkbar. Die integrierte Wärmerückgewinnung mittels Kreuz-Gegenstrom-Wärmetauschern holt bis zu 90 % der Wärme aus dem Abluftvolumenstrom als nutzbare Energie zurück. Heizenergie, die ansonsten durch Fensterlüftung verloren geht, wird so in das Lüftungssystem zurückgeführt und zur Vorwärmung der Zuluft genutzt. Vallox GmbH Von-Eichendorff-Straße 59 a 86911 Dießen www.vallox.de


autoren | vorschau | impressum

BAUKULTUR 5_2017

Impressum BAUKULTUR – Zeitschrift des DAI 38. Jahrgang ISSN 1862-9571 Herausgeber DAI Verband Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine e.V. DAI Geschäftsstelle c/o KEC Planungsgesellschaft mbH Salzufer 8 10587 Berlin Telefon: +49 (0)30.400 54 100 Telefax: +49 (0)30.21 47 31 82 E-Mail: kontakt@dai.org www.dai.org DAI Geschäftsführung Udo Sonnenberg M.A. E-Mail: sonnenberg@dai.org DAI Präsidium Prof. Dipl-Ing. Christian Baumgart (Präsident) Dipl.-Ing. Arnold Ernst (Schatzmeister) Marion Uhrig-Lammersen (Presse- und Öffentlichkeitsarbeit) Dipl.-Ing. Alexander von Canal (Veranstaltungen und Mitgliederbetreuung) Verlag, Gestaltung, Anzeigenverwaltung VBK Verlag S. Kuballa Verlag für Bau + Kultur Zur Leiten 11 95517 Emtmannsberg (Lkr. Bayreuth) Telefon: +49 (0)9209.91 86 240 Telefax: +49 (0)3212.45 26 570 E-Mail: info@vbk-verlag.de www.vbk-verlag.de Chefredaktion Susanne Kuballa M.A. E-Mail: kuballa@dai.org Anschrift wie Verlag Redaktion Dipl.-Ing. Sylvia Jung E-Mail: jung@vbk-verlag.de Anzeigen Dipl.-BW (FH) Ines Moritz E-Mail: moritz@vbk-verlag.de Gültig ist Anzeigenpreisliste Nr. 11 vom 1.10.2016. Druck Benedict Press, Vier-Türme GmbH Abtei Münsterschwarzach www.benedictpress.de Der Bezug der Zeitschrift ist im DAI Mitgliedsbeitrag enthalten.

Vorschau Ausgabe 6_2017 >> umBAUKULTUR Autoren dieser Ausgabe Marlen Benen Sputnik GmbH Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Münster www.sputnik-agentur.de

Kasper König Skulptur Projekte Künstlerischer Leiter Münster www.skulptur-projekte.de

Dr. Marc Böttcher AIV Marburg, 1. Vorsitzender Ingenieurbüro Dr. Böttcher Wetter www.bueroboettcher.de

Christian Kuckert Kuckert Architekten BDA Münster www.kuckertarchitekten.de

Volker Busen Schlaun-Forum e.V. Pressesprecher Münster www.schlaun-wettbewerb.de Sabrina Ginter Bundesstiftung Baukultur Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Potsdam www.bundesstiftung-baukultur.de Matthias Hornschuh H2 Filmmusik Köln www.hornschuh-musik.de Dr. Markus Johow Münsterländer AIV, Vorsitzender Roxeler Ingenieurgesellschaft mbH Münster www.maiv.de www.roxeler.de Dr. Rainer Karliczek Münsterländer AIV, Mitglied Ehem. Leiter Stadtplanungsamt Münster Autor und Karikaturist Münster www.maiv.de

DAI Kooperationspartner

Dr. Christina Penningroth Zirngibl Langwieser Rechtsanwälte Partnerschaft Berlin www.zl-legal.de Britta Peters Skulptur Projekte Kuratorin Münster www.skulptur-projekte.de Stefan Rethfeld Projektbüro Stefan Rethfeld Münster www.stefanrethfeld.de Udo Sonnenberg DAI Geschäftsführer elfnullelf® Unternehmensberatung Berlin www.dai.org Adrian Clemens Tews Zirngibl Langwieser Rechtsanwälte Partnerschaft Berlin www.zl-legal.de Marianne Wagner Skulptur Projekte Kuratorin Münster www.skulptur-projekte.de

47


BAUKULTUR | Zeitschrift des DAI | September 2017 | Ausgabe 5 | ISSN 1862-9571

DAI Premiumpartner

DAI Fรถrderpartner


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.