Ausgabe 5_2019: berlinerBAUKULTUR

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BAUKULTUR Zeitschrift des DAI Verband Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine e.V.

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Schwerpunkte DAI Tag 2019 Bauen in Berlin

berliner

BAUKULTUR


A S C H E R S L E B E N 25.10.2019

Neo Rauch & Rosa Loy

Prof. Arno Lederer

Prof. Dr. Braungart

Im Oktober diesen Jahres lädt die NOVO-TECH das zweite mal Fachpublikum zum Aschersleber Architekturtag ein. Der Aschersleber Architekturtag wird in diesem Jahr erneut zum Anlass genommen, die zukünftigen Herausforderungen und Anwendungsgebiete von Material zu diskutieren: von der technologischen Weiterentwicklung des Rohstoffs bis zur Gestaltungsvielfalt unter Verwendung von modernen, ressourcenschonenden Forschungs- und Produktionsverfahren. Die Prämisse ist, gemeinsam Visionen für die Zukunft des Bauens zu entwickeln. Vor allem die Themen Ökologie und Umweltfreundlichkeit stehen im Mittelpunkt des 2. Aschersleber Architekturtags. Aschersleben, die älteste Stadt Sachsen-Anhalts, ist Zentrum und Produktionsstätte eines innovativen Holzwerkstoffes: megawood®. Der Holzwerkstoff nimmt eine Vorreiterrolle in puncto Nachhaltigkeit und ressourcenschonender Produktionsverfahren ein. In diesem Zusammenhang wird Prof. Dr. Michael Braungart über konsequente Kreislaufwirtschaft nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip referieren. Darüber hinaus steht eine Präsentation von Prof. Arno Lederer auf dem Programm sowie eine Fahrt durch die Aschersleber „Moderne“ in die Grafikstiftung Neo Rauch.

Jetzt kostenfrei anmelden: www.asl-architekturtag.de

NOVO-TECH Trading GmbH & Co. KG Siemensstraße 31, 06449 Aschersleben Tel.: +49 3473 / 22 50 59 www.megawood.com architekturtag@megawood.com


editorial

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LIEBE LESERINNEN UND LESER, VEREHRTE FREUNDE DER BAUKULTUR, Berlin ist unter Druck. Die Stadt des Mauerfalls, die wiedergeborene Hauptstadt, die Stadt, die immer attraktiver wird für die internationale Jugend und viele andere hat Wachstumsschmerzen. Die große Anziehungskraft ist nicht nur im Verkehr zu spüren, auch die Mieten stiegen in den letzten drei Jahren jährlich um 6–9 %, von den Preisen für Eigentumswohnungen ganz zu schweigen. Für viele Berliner wird die Situation ungemütlich, und die Frage, ob man sich die Stadt in Zukunft noch leisten kann, erfasst viele. Es muss mehr gebaut werden, das sagt nicht nur die Logik des Marktes, sondern das weiß auch die Politik. Doch sie schafft es offenbar nicht, den veränderungsmüden Berlinern klar zu machen, dass das auch vor der eigenen Haustür passieren muss. Allgemein ist man sich einig, doch wenn es konkret wird, geht gar nichts mehr. Und es ist der Verwaltung nicht mehr möglich, beweglich und schnell zu sein, zu sehr hat die Wohlstandsgesellschaft sie mit Verfahren und Regeln umstellt. So kommt Panik auf, und die ist bekanntlich kein guter Ratgeber. Nicht anders kann man die Diskussionen um Enteignungen und Mietendeckel verstehen, die – so zeigen aktuelle Reaktionen des Marktes – zum Gegenteil dessen führen, was beabsichtigt ist: Die ersten Neubauprojekte von privaten Bestandshaltern werden ganz abgesagt, als Mietwohnungsbau vorgesehene Projekte in Eigentumswohnungen umgewandelt und vor dem Beschluss des Mietendeckels in Häusern bisher gemäßigter Vermieter noch schnell die Mieten erhöht. In dieser Situation ist das erste Opfer die Baukultur. Dass jetzt, wo doch unbedingt Wohnungen und Büros hermüssen, noch über Städtebau und Architektur nachgedacht werden, geschweige denn durch IBAs, kritische Rekonstruktion etc. Gelerntes angewendet werden könnte, scheint zu

viel verlangt zu sein. Schon entstehen von Wohnungsbaugesellschaften scheußlichste Neubau-Platten für „Sozialschwache“ – diesmal mit Dämmschaum drumherum. Schon wird geklotzt, dass einem die Tränen kommen. Schon rufen Entscheider nach seriellem Bauen, die keine Ahnung davon haben, ob und was das bringt. Wir, die Architekten und Ingenieure dieser und anderer Städte, müssen hier lauter als bisher rufen: Nutzt die Chance des großen Bedarfs! Wiederholt nicht die Fehler der Vergangenheit! Baut gemischte und vielfältige Quartiere! Betreibt Stadtreparatur! Baut funktionierende öffentliche Räume! Gebt dem Druck nicht die Herrschaft über die Planung! Setzt die Interessen der Gesamtheit gegenüber Partikularinteressen durch! Und macht Euch ein Bild von der Zukunft! Die schöne und lebensfähige Stadt ist kein Bild der Vergangenheit. Natürlich können wir das auch heute. Andere Städte wie z. B. Kopenhagen machen uns längst vor, wie man Stadt erfolgreich verändern und neu bauen kann. Lasst uns die ideologischen Scheuklappen aller „Ismen“ ablegen und gemeinsam das Richtige tun. Aber wo fangen wir an? Nicht in der Innenstadt, nicht in der Vorstadt oder auf den Äckern ringsherum, sondern in unseren Köpfen. Don’t crack under pressure! Ihr

Dipl.-Ing. Tobias Nöfer Vorsitzender des AIV zu Berlin


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DAI bundesweit

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Kiel

Pinneberg

DAI Fachexkursion 2019 Unter dem Motto „Orientalische Wunder entlang der Seidenstraße“ führt die DAI Fachexkursion für Planer, Architekten und Ingenieure in diesem Jahr nach Usbekistan. Für beide Reisetermine sind noch Plätze frei:

Osnabrück

Dortmund

• 19.–26.10.2019 • 04.–11.11.2019

Leipzig Düsseldorf

Das Anmeldeformular finden Sie unter: Oberhessen

www.dai.org/veranstaltungen/ verbandstermine

Wiesbaden Aschaffenburg Bamberg

Mainz

Reiseziel 2020 zum Vormerken: World EXPO in Dubai

Mannheim

Saar

Nürnberg

Folgen Sie dem DAI im Netz: www.dai.org

Freiburg

www.facebook.com/baukultur www.twitter.com/baukultur DAI Mitgliedsverein

www.instagram.com/ baukultur_dai/

kein DAI Mitgliedsverein DAI Mitgliedsverein mit Textbeitrag in der vorliegenden Ausgabe

DAI MITGLIEDSVEREINE AIV Aschaffenburg AIV Aschersleben-Staßfurt AIV Bad Hersfeld AIV Braunschweig AIV Frankfurt AIV Hanau AIV Hannover AIV Hildesheim AIV Karlsruhe AIV Koblenz

AIV KölnBonn AIV Konstanz AIV Leipzig AIV Magdeburg AIV Marburg AIV Mark Sauerland AIV Oberhessen AIV Schweinfurt AIV Stuttgart AIV Ulm

AIV Würzburg AIV zu Berlin Dortmunder AIV Mittelrheinischer AIV Darmstadt Münchener AIV Münsterländer AIV Oberrheinischer AIV Freiburg Oldenburgischer AIV Ruhrländischer AIV zu Essen Schwäbischer AIV Augsburg


inhalt

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Berlin 2019 in DAI Tag elden unter: m g Jetzt an 19_ Anmeldun G A IT A bit .ly/D

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Rubriken Nachrichten Kolumne Bundesstiftung Baukultur Wirtschaft + Recht DAI aktuell Aus dem Präsidium

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Schwerpunkt: Bauen in Berlin 2020: Berlin wird 100 Jahre alt Sebastian Rost: Eosanderportal im Humboldt Forum David Chipperfield Architects: James-Simon-Galerie auf der Museumsinsel Christoph Langhof Architekten: Hochhaus Upper West am Breitscheidplatz Graetz Architekten: Umnutzung des Krankenhauses Am Urban Sauerbruch Hutton Architekten: Wohn- und Ateliergebäude in Berlin-Mitte Tchoban Voss Architekten: Büroensemble am Südkreuz Müller Reimann Architekten: Büro- und Gewerbekomplex in Berlin-Adlershof Urbansky Architekten: Dachgeschossausbau in Berlin-Prenzlauer Berg

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Advertorials | Anzeigen Keimfarben GmbH: Carré am Schinkelplatz Hagemeister GmbH & Co. KG: Wohn- und Geschäftskomplex Spree One Sika Deutschland GmbH: Berlin baut mit Sika Renolit SE: Geschäftshaus in Berlin-Charlottenburg Zech Building GmbH: Holz-Hybrid-Bauweise Cree by Zech Vallox GmbH: Dezentrales Lüftungssystem

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Titel: Blick von der James-Simon-Galerie Richtung Berliner Fernsehturm (Foto: © Luna Zscharnt für David Chipperfield Architects)

Editorial Tobias Nöfer DAI bundesweit Inhalt

Autoren | Vorschau | Impressum

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nachrichten

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die mit der Entwicklung der Stadt zur sozialistischen Metropole verbundenen lebensgeschichtlichen Erfahrungsräume der dort lebenden Menschen sichtbar gemacht. www.stadtmuseum.de

Ausstellungseröffnung „da! Architektur in und aus Berlin“ (Foto: Till Budde)

Architektur in und aus Berlin Seit 1999 zeigt die Ausstellung „da! Architektur in und aus Berlin“ jährlich beispielhafte Projekte von Berliner Architekten, Stadtplanern, Landschaftsarchitekten und Innenarchitekten. In der diesjährigen Jubiläumsausstellung im stilwerk Berlin sind bis zum 6.3.2020 subkulturelle Kreativräume und ambitionierte Großbauprojekte genauso zu sehen wie innerstädtische Nachverdichtungsprojekte, Kultur- und Naherholungsstätten, innovative Wohn- oder wegweisende Schulneubauten. www.ak-berlin.de 100 Experiments Die von der lettischen Designerin Anna Butele vom Büro Annvil aus Riga initiierte Ausstellung thematisiert das Wirkungsprinzip

Mathematische Berechnungen am Schiffsheck der Le Triton (Foto: Service historique de la Défense, Vincennes, Analyse nach J. Pieper)

nimmt bis zum 13.10.2019 die Wechselwirkung von Landarchitektur und Schiffsheckarchitektur im Barock und ihren Einfluss auf die Leitmotive des Rokoko in den Blick. Zentrale Themen sind die Entwicklung der Schiffe von zweckmäßigen Wasserfahrzeugen zu schwimmender Herrschaftsarchitektur, die Wirkung der geometrischen Prinzipien des Schiffbaus auf die architektonischen Elemente und die Übernahme von Dekormotiven der Schiffe in die Interieurs des Rokoko. www.sdtb.de/Technikmuseum

Ausstellung im Aedes Architekturforum Berlin (Foto: © Annvil)

der Inspiration in der kreativen Gestaltung. Im Aedes Architekturforum Berlin sind bis zum 26.9.2019 insgesamt 100 Arbeiten zu sehen, die im Rahmen eines kollaborativen experimentellen Projekts entstanden sind. Zeichnungen, Grafiken, Fotografien und Modelle namhafter Architekten aus 28 Ländern bilden ein Netzwerk von Impulsen, in dem jeder Beitrag Referenz auf eine vorangegangene Arbeit nimmt. www.aedes-arc.de Architectura navalis Was verbindet ein Barockschloss mit einem Schiffsheck? Die Sonderausstellung „Architectura navalis – Schwimmender Barock“ im Deutschen Technik Museum Berlin

Bauarbeiter bei Montagearbeiten an der Leuchtschrift auf dem „Haus der Statistik“, 13.8.1969 (© Bundesarchiv, Foto: Eva Brüggmann, Bundesarchiv, Sign.: 183-H0813-0026-001)

Ost-Berlin – Die halbe Hauptstadt In einer gemeinsamen Ausstellung widmen sich das Stadtmuseum Berlin und das Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam bis zum 9.11.2019 der Geschichte der „Hauptstadt der DDR“. Im Mittelpunkt stehen das urbane Leben und der städtische Alltag in Ost-Berlin. Zu sehen ist die Stadt als Lebenswelt im Spannungsfeld zwischen ihrer Funktion als Machtzentrum des SED-Regimes und der sozialen und kulturellen Diversität. Mit einem gesellschaftsgeschichtlichen Portrait werden

Häuser des Jahres 2019 Am 25.9.2019 werden die Preisträger des diesjährigen Wettbewerbs Häuser des Jahres geehrt und anschließend bis zum 24.11.2019 im Deutschen Architekturmuseum (DAM) in Frankfurt präsentiert. Neben der architektonischen Qualität waren die Auseinandersetzung mit dem ländlichen oder städtischen Kontext, die räumliche Gestaltung eines Lebensbereiches und das intelligente Zusammenspiel zwischen Ästhetik, Material und Konstruktion ausschlaggebende Kriterien. www.dam-online.de Energy Research for Future Die Umsetzung der Energiewende zeigt aktuell eine deutliche Klimaschutzlücke, sodass der Handlungsdruck für die Entwicklung und den Aufbau eines klimaneutralen Energiesystems weiter steigt. Der ForschungsVerbund Erneuerbare Energien diskutiert auf seiner Jahrestagung am 22./23.10.2019 in

Berlin Herausforderungen und Lösungsoptionen für eine treibhausgasneutrale Gesellschaft in 2050. Zu den Themen gehören u. a. die Wärme- und Kälteversorgung für Gebäude und Industrie. www.fvee.de Korrektur Leider ist uns in der BAUKULTUR 4_2019 innerhalb der Berichterstattung des Münsterländischen AIV zum Schlaun-Wettbewerb 2018/2019 ein Fehler unterlaufen. So haben Lukas Richter und Mira Sophie Vitt von der Uni Siegen den 1. Preis in der Teilaufgabe Architektur erhalten, während Nico Volkhausen von der TH Köln mit dem 1. Preis in der Teilaufgabe Städtebau ausgezeichnet wurde. red.


kolumne

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ÖFFENTLICHE RÄUME GUT GESTALTEN Immer mehr Menschen zieht es in die Städte. Dort wird verdichtet, Brachflächen werden bebaut, Baulücken geschlossen. Der Raum für die Allgemeinheit wird knapper und muss vielen Ansprüchen gerecht werden: Bei der Verteilung der vorhandenen Flächen konkurrieren Verkehr, Freizeit, Handel, Gastronomie und weitere Nutzungen miteinander. Gleichzeitig engagieren sich Bürgerinitiativen für mehr Mitbestimmung bei der Gestaltung öffentlicher Räume. Gründe genug für die Bundesstiftung Baukultur, dem Thema „Öffentliche Räume“ einen eigenen Baukulturbericht zu widmen, der im Sommer 2020 erscheint. Im Rahmen der Erarbeitung des Berichts hat die Bundesstiftung in diesem Jahr drei Baukulturwerkstätten zum Thema „Öffentliche Räume“ durchgeführt. Insgesamt mehr als 320 Bauschaffende aus Wirtschaft und Kommunen, von Initiativen und Verbänden nahmen an den zweitägigen Veranstaltungen teil. Sie diskutierten über den Umgang mit öffentlichen Räumen, nahmen Stadterkundungen vor und konnten im persönlichen Austausch neuen Input für ihre eigenen Projekte und Arbeitsfelder mitnehmen. Erfurt/Weimar: Städtebau Den städtebaulichen Aspekt öffentlicher Räume beleuchtete die Werkstatt in Thüringen. Aus den Vorträgen und Gesprächen an den Werkstatttischen wurde deutlich, dass öffentliche Räume keine Lobby haben, für unsere Städte aber von zentraler Bedeutung sind – sie entscheiden über Lebensqualität, sozialen Zusammenhalt und sind die wichtigste kommunale Handlungsebene in der Raumgestaltung. Städtebau schafft Stadtstrukturen, also langlebige Baukultur. Daraus ergibt sich für die Planung die Empfehlung, schon im Maßstab 1:1000 an Stadtentwicklungsprojekte heranzugehen und sie städtebaulich zu qualifizieren, um die Dimensionen und Auswirkungen bestmöglich erfassen zu können. Stadtplaner, Landschaftsplaner und Verkehrsplaner müssen Hand in Hand arbeiten, um integrierte Entwicklungs- und Planungsprozesse anzustoßen. Bei der Arbeit mit Investoren ist der Dialog „auf Augenhöhe“ enorm wichtig, um ein Vertrauensverhältnis aufzubauen und eine Gesprächskultur zu etablieren. Köln: Elemente und Gestaltung Die zweite Baukulturwerkstatt widmete sich der haptischen, ästhetischen Dimension öffentlicher Räume. Aus den Diskussionen an den Werkstatttischen kristallisierten sich Empfehlungen für den Umgang mit öffentlichen Räumen heraus: Angesichts der Heterogenität des öffentlichen Raums ins-

besondere durch Bodenbeläge, technisches Mobiliar, Wegeleitsysteme usw. ist Kommunen eine Gestaltungssatzung zu empfehlen. Die kontinuierliche Pflege der öffentlichen Räume ist enorm wichtig. Hierfür sollte kontinuierlich mehr Geld investiert werden, anstatt Schäden aufwändig beheben zu müssen. Stadtentwicklung ist die Moderation verschiedener Interessen. Der Prozessstruktur eine Ordnung zu geben, ist für eine gute Qualität der Gestaltung notwendig. Ulm: Demokratie und Prozesskultur In Ulm ging es um Fragen nach der Einbindung bürgerschaftlichen Engagements und gelingenden Prozessen bei der Planung, Gestaltung und Nutzung öffentlicher Räume. Deutlich wurde, dass der öffentliche Raum eines besonderen Schutzes bedarf, da er Allgemeingut ist: Kommunen dürfen öffentliche Räume als Grundgerüst der Stadt weder aus der Hand geben, noch mit Boden spekulieren. Im Sinne einer positiven Stadtrendite ist eine aktive, gemeinwohlorientierte Bodenpolitik für öffentliche Räume nötig. Zunehmend werden die weichen Faktoren wie soziale und demokratische Werte als wesentlich für öffentliche Räume erkannt. Daher ist eine Leistungsbewertung des öffentlichen Raums wünschenswert, bei der es nicht nur um ökonomische Wertschöpfung geht. Es braucht eine aktive Verwaltung, die die Schnittstelle zwischen zivilgesellschaftlichem Engagement und politischem Gestaltungswillen bildet. Beteiligungsprozesse und -verfahren sind wünschenswert und sollten professionell moderiert werden. www.bundesstiftung-baukultur.de

unten Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum (Foto: © Kölner Rheinboulevard von dronepicr / CC BY 2.0 / via flickr)

Sabrina Ginter


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wirtschaft + recht

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§§ EUGH HÄLT MINDEST- UND HÖCHSTSATZREGELUNGEN DER HOAI FÜR EUROPARECHTSWIDRIG! WELCHE AUSWIRKUNGEN HAT DIES AUF DIE PRAXIS? Die Entscheidung hat sich seit langer Zeit angekündigt. Spätestens seit der Generalanwalt Anfang dieses Jahres beantragt hatte, der EuGH solle die Unvereinbarkeit der Mindest- und Höchstsatzregelungen der HOAI mit dem Europarecht feststellen, war absehbar, dass die Tage der HOAI, so wie wir sie alle kennen, gezählt sind. Jetzt hat der EuGH in dem Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland am 04.07.2019 (Az: Rs. C-377/17) entschieden, dass die verbindlichen Vorgaben von Mindest- und Höchstsatzrahmen in der HOAI nicht mit der Richtlinie 2006/123/ EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 12. 12.2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt („Dienstleistungsrichtlinie“) zu vereinbaren sind. Das Urteil des EuGH ist nicht anfechtbar. Das zwingende Preisrecht der HOAI in der heute bekannten Form steht somit vor dem Aus. Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Entscheidung und gibt erste Antworten auf die zentralen Fragen. Was hat der EuGH entschieden? Der EuGH hat entschieden, dass die Bundesrepublik Deutschland gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. G und Art. 3 der Dienstleistungsrichtlinie verstoßen hat, indem sie in der HOAI verbindliche Honorarrahmen für Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren innerhalb der Mindest- und Höchstsätze vorgibt. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass der Marktzugang von Architekten aus dem europäischen Ausland erschwert wird, wenn diese nicht in einem freien Preiswettbewerb günstigere Preise anbieten können als es die HOAI zulässt. Ein solcher erschwerter Marktzugang wäre nur zulässig, wenn er sich durch besondere Umstände rechtfertigen ließe. Die von Seiten der Bundesrepublik vorgebrachten Rechtfertigungsgründe, wie etwa die Qualitätssicherung der Planungsleistungen, der Verbraucherschutz, die Bausicherheit, die Erhaltung der Baukultur sowie das Ziel des ökologischen Bauens hat der EuGH durchaus gewürdigt, im Ergebnis aber als nicht ausreichend angesehen. Der EuGH begründet seine Entscheidung zu den Mindestsätzen im Wesentlichen mit dem Umstand, dass in Deutschland Planungsleistungen auch von Dienstleistern erbracht werden können, die nicht ihre entsprechende fachliche Eignung nachgewiesen haben müssen. Dies ließe im Hinblick auf das erklärte Ziel der HOAI, mit den Mindestsätzen eine hohe Qualität der Planungsleistungen zu erhalten, eine Inkohärenz der deutschen Regelung erkennen. Die Sicherung eines Mindesthonorars über die Beibehaltung der Mindestsätze für die Vergütung von Leistungen, für deren Erbringung keine Mindestqualität erforderlich ist, könne die Qualität der Leistungen selbst nicht sichern.

Die Beibehaltung der Höchstsätze trage zwar zum Verbraucherschutz bei, indem Transparenz hinsichtlich der von den Dienstleistern angebotenen Honorare geschaffen wird und diese daran gehindert werden, überhöhte Vergütungen zu verlangen. Dieses Ziel könne aber mit anderen, weniger einschneidenden Maßnahmen erreicht werden. Es fehle daher an der Verhältnismäßigkeit der zwingenden Höchstsatzvorgabe, so der EuGH. Im Ergebnis ist der EuGH damit der Auffassung, dass diese Regelungen der HOAI die Anforderungen der Dienstleistungsrichtlinie an das Einführen von Höchst- und Mindestsätzen nicht erfüllen. Was bedeutet die Entscheidung für die HOAI? Die HOAI als solche hat weiterhin Bestand. Das Urteil hat lediglich Auswirkungen auf das insbesondere in § 7 HOAI verankerte zwingende Preisrecht, das Honorarvereinbarungen nur im Rahmen der Mindest- und Höchstsätze zulässt. Diesbezüglich muss die Bundesrepublik Deutschland die HOAI an die Vorgaben aus der Entscheidung anpassen. Dies kann bedeuten, dass das zwingende Preisrecht vollständig abgeschafft wird. Die übrigen Regelungen der HOAI sind von der Entscheidung des EuGH grundsätzlich nicht betroffen. Daher können etwa die in den einzelnen Leistungsbildern beschriebenen Grundleistungen und Besonderen Leistungen weiterhin die Basis für vertragliche Vereinbarungen bilden. Sie bleiben auch geschuldet, soweit entsprechende Vereinbarungen bereits getroffen wurden. Weiter besteht nach wie vor die Möglichkeit, eine vertragliche Vergütungsvereinbarung auf die Honorarparameter der HOAI zu stützen. Eine solche Vereinbarung basiert nicht auf dem verbindlichen Preisrecht, sondern auf einer freien Entscheidung der Parteien. Zudem spricht einiges dafür, dass auch die Formvorschrift gemäß § 7 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 HOAI weiter Bestand haben wird. Dies bedeutet, dass einem Architekten auch weiterhin nur der Mindestsatz zusteht, wenn er die Vergütungsvereinbarung bei Auftragserteilung nicht schriftlich trifft. In diesem Fall wird nicht der Marktzugang von Architekten aus dem europäischen Ausland behindert, sondern allein ein Formverstoß sanktioniert.


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§§

Wie wirkt sich die Entscheidung auf Mindestsatzklagen aus? Soweit die Parteien ein am Mindestsatz orientiertes Honorar konkret vereinbart haben, ist diese Vereinbarung nach wie vor wirksam und ein entsprechendes Honorar erfolgreich einklagbar. Problematischer ist jedoch die sehr praxisrelevante Frage, wie es sich im Hinblick auf so genannte Aufstockungsansprüche verhält. Hiermit sind Fälle gemeint, in denen die Parteien einen unterhalb des Mindestsatzes liegenden Preis vertraglich vereinbart haben und der Architekt von seinem Auftraggeber das bis zum Mindestsatz bestehende Delta einfordert. Grundsätzlich haben Richtlinien nach ständiger Rechtsprechung keine unmittelbare Auswirkung auf das Verhältnis privater Personen untereinander, solange sie nicht in nationales Recht umgesetzt wurden. Das Mindest- und Höchstsatzsystem der HOAI gilt daher grundsätzlich zunächst weiter fort. Es müsste demnach für die Änderung der Rechtslage zwischen den Vertragspartnern die Reaktion des Verordnungsgebers abgewartet werden. Allerdings wird auch vertreten, dass gerade der hier in Frage stehende Art. 15 der Dienstleistungsrichtlinie so konkret gefasst ist, dass das Verbot von zwingendem Preisrecht unmittelbar auch zwischen Privaten gilt, mit der Folge, dass Mindestsatzklagen seit dem 04.07.2019 (auch laufende Verfahren) keine Aussicht auf Erfolg mehr hätten. Diese Auffassung steht nicht im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des EuGH, der eine mittelbare Anwendbarkeit von Richtlinien zwischen Privaten grundsätzlich ablehnt. Die ersten Reaktionen der nationalen Gerichte sind uneinheitlich. Ein Teil der Gerichte neigt dazu, das Urteil des EuGH als Anlass zu nehmen, eine Berufung auf die Mindestsätze der HOAI abzulehnen oder zumindest Vergleichsverhandlungen der Parteien anzustoßen. So hat etwa das OLG Celle am 17.07.2019 (Az. 14 U 188/18) eine Mindestsatzklage zumindest auch unter Berufung auf das Urteil des EuGH abgewiesen. Zudem haben einzelne Kammern des Landgerichts Berlin sowie des Landgerichts München infolge der EuGH-Entscheidung bereits darauf hingewiesen, dass es eine Berufung auf die Mindestsätze für ausgeschlossen hält, wenn die Parteien die HOAI nicht ausdrücklich vereinbart haben. Das OLG Hamm hat hingegen am 23.07.2019 (Az. 21 U 24/18) entschieden, dass sich Architekten in laufenden Verfahren weiter auf die Mindestsatzregelungen der HOAI berufen können. Weder der EuGH noch der BGH haben bislang über die konkrete Frage entschieden, ob sich ein privater Auftraggeber gegenüber dem Architekten darauf berufen kann, dass er den Mindestsatz aufgrund der Unvereinbarkeit mit Unionsrecht nicht schulde. Eine solche klärende Entscheidung steht noch aus.

Eine weitere interessante Frage ist, ob sich die öffentliche Hand gegenüber einem Architekten darauf berufen kann, dass die Mindestsatzregelungen der HOAI unionsrechtswidrig sind. Hiergegen spricht, dass sich ein Mitgliedstaat grundsätzlich nicht zu seinen Gunsten auf eine nicht ordnungsgemäß umgesetzte Richtlinie berufen darf (keine sog. umgekehrt vertikale Wirkung). Der Mitgliedstaat soll auf diese Weise für seine Untätigkeit sanktioniert werden. Letztlich muss abgewartet werden, wie sich die Gerichte in nächster Zeit hierzu positionieren. Die Erfolgschancen von Aufstockungsklagen sind durch die Entscheidung des EuGH jedenfalls nicht gestiegen. Soweit im Einzelfall nichts entgegensteht (z. B. drohende Verjährung), sollte mit der Einlegung etwaiger Aufstockungsklagen abgewartet werden, bis in der Rechtsprechung eine klare Linie absehbar ist. Wie wirkt sich die Entscheidung auf Vergabeverfahren aus? Die Mitgliedstaaten sind gehalten, den Verstoß gegen die Richtlinie unmittelbar zu beachten und die gegen diese verstoßenden Normen nicht mehr anzuwenden. Demnach können Angebote in Vergabeverfahren der öffentlichen Hand nicht mehr mit der Begründung ausgeschlossen werden, sie verstießen gegen das Gebot der Mindestsätze. Die Ministerien haben bereits begonnen, die jeweils zuständigen Stellen über diese Folge zu informieren (z.B. Rundschreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 11.07.2019). Nach wie vor besteht jedoch die Möglichkeit, die Honorarparameter der HOAI als Berechnungsmaßstab für das Angebot vorzugeben. Ebenso kann im Vergabeverfahren gemäß § 58 Abs. 2 VgV ein Festpreis vorgegeben und die Auswahl der Bieter allein von ihrer Qualität abhängig gemacht werden. Die Norm geht auf die unionsrechtliche Vorgabe in Art. 67 Abs. 2 UAbs. 2 RL 2014/24/EU zurück. Dementsprechend bestehen keine europarechtlichen Bedenken. Ausblick Das Ende des verbindlichen Preisrechtes ist eine Chance für neue Vergütungsmodelle, die individuell auf den Vertrag und dessen Leistungssoll zugeschnitten werden. Bislang kamen die essentiellen Gedanken zur Definition der Leistung und der dafür vereinbarten Vergütung im Vertrauen auf die HOAI häufig zu kurz. Dies hat dann zu Auseinandersetzungen geführt. Dies ließe sich vermeiden, wenn sich die Parteien eines Architekten- oder Ingenieurvertrages zukünftig deutlich mehr Gedanken über die Vertragsgestaltung bezüglich der zu erbringenden Leistung und ihrer Vergütung machen. Für die Qualität von Architekten- und Ingenieurverträgen liegt hierin eine echte Chance. Rechtsanwalt Dr. Patrick Gasch


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§§ Die in Berlin, München, Frankfurt und Wien ansässige Kanzlei Zirngibl Rechtsanwälte Partnerschaft mbB ist Premiumpartner des DAI. Zu ihren bundesweiten Arbeitsschwerpunkten zählen das Immobilien-, Bau- sowie das Vergaberecht.

NEUES AUS DEM... ...Bau- und Architektenrecht

...Vergaberecht

Keine Stundenlohnvergütung ohne ausdrückliche Vereinbarung

Keine Nachforderung der fehlenden Angaben bei unvollständigen Referenzen

Die Abrechnung auf Stundenlohnbasis bedeutet grundsätzlich ein unüberschaubares Kostenrisiko für den AG und hat deswegen Ausnahmecharakter. Daher bedarf es hierfür nach § 2 Abs. 10 VOB/B einer ausdrücklichen Abrede zwischen den Parteien eines Werkvertrages. Der BGH hat in diesem Zusammenhang kürzlich mit seinem Beschluss vom 20.02.2019 (VII ZR 179/16) unter Bestätigung des Urteils des OLG München vom 07.06.2016 (9 U 1677/15) klargestellt, es sei unerheblich, ob die Stundenlohnzettel vom Bauleiter oder Architekten abgezeichnet werden. Es komme maßgeblich auf eine Stundenlohnabrede vor Ausführung der Arbeiten an.

Ob Referenzen für die Eignungsprüfung berücksichtigt werden können, hängt unter anderem davon ab, ob diese in inhaltlicher Hinsicht die vom Auftraggeber geforderten Angaben enthalten.

Architekten und Bauleiter sind grds. nicht zu einer solchen Absprache berechtigt. Hat der Bauherr Kenntnis von einer solchen Absprache und duldet dies, dann ist jedoch von einer sog. Duldungsvollmacht des Bauleiters/Architekten auszugehen.

Dazu hat das OLG Düsseldorf durch den Beschluss vom 07.11.2018 (Verg 39/18) entschieden, dass die Vorschriften über die Nachforderung nicht anzuwenden sind, wenn ein Nachweis oder eine geforderte Erklärung nicht fehlt, sondern lediglich inhaltlich hinter dem geforderten zurückbleibt.

An den Nachweis einer vorherigen mündlichen Stundenlohnabrede sind nach der oben zitierten Rechtsprechung besonders hohe Anforderungen zu stellen, wenn der Vertrag ein (grds. als AGB unwirksames) Schriftformerfordernis formuliert. Grundsätzlich gilt, dass der AN im Werklohnprozess die konkreten Umstände der Absprache detailliert vortragen muss, wobei er insbesondere vortragen muss, welche Arbeiten zu welchem Stundenlohn vergütet werden sollten.

In dem zur Entscheidung vorliegenden Fall ging es um die Vergabe von Lieferungsleistungen bezüglich der portablen Wärmebildkameras mit Zubehör. Zum Nachweis der Eignung mussten zumindest 4 Referenzen über die Lieferung von Wärmebildtechnik an Behörden mit Sicherheitsaufgaben eingereicht werden. Die Benennung des Ansprechpartners des damaligen Auftraggebers mit Angabe der Kontaktdaten war dabei obligatorisch. Als ein Bewerber die Referenzen ohne die Angabe der Kontaktdaten einreichte, forderte der Auftraggeber ihn dazu auf, die fehlenden Angaben zu vervollständigen. Diese Nachforderung hielt das OLG Düsseldorf für unzulässig, weil die Referenz nicht fehlte, sondern inhaltlich unzureichend war.

Wenn also zwischen den Beteiligten eine wirksame Stundenlohnvereinbarung geschlossen werden soll, dann sollte dies schriftlich und unter ausdrücklicher Zustimmung des Bauherrn erfolgen. Aus Sicht des Bauherrn sollte darauf geachtet werden, dass etwaigen Absprachen zwischen dem AN und dem Bauleiter/ Architekten bei Kenntnisnahme umgehend widersprochen wird, soweit dies nicht gewollt ist. Rechtsanwalt Milan Meixelsberger

Grundsätzlich steht dem Auftraggeber gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 VgV die Möglichkeit offen, fehlende, unvollständige oder fehlerhafte unternehmensbezogene Unterlagen, darunter auch Referenzen, nachzufordern. Eine inhaltliche Nachbesserung oder Vervollständigung bereits vorliegender, aber inhaltlich unzureichender Referenzen oder sonstiger Nachweise wird aber von dieser Möglichkeit nicht gedeckt.

Da die Nachforderung von fehlenden Angaben in den Referenzen dem Auftraggeber nicht möglich ist und solche Referenzen in der Folge nicht berücksichtigt werden können, sollten die Bewerber die inhaltlichen Anforderungen der Auftraggeber ernst nehmen und einhalten. Rechtsanwältin Anna Deutinger

Ansprechpartner Berlin: RA Lars Robbe, Tel.: 030–880331–231, Fax: 030–880331–100, Mail: l.robbe@zl-legal.de, www.zl-legal.de Ansprechpartner München: RA Dr. Ulrich May, Tel.: 089–29050–231, Fax: 089–29050–290, Mail: u.may@zl-legal.de, www.zl-legal.de


DAI aktuell

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AUS DEM PRÄSIDIUM DAI Präsidiumssitzung Das DAI Präsidium traf sich am 17.6.2019, also am früheren Tag der Deutschen Einheit, zu einer weiteren Sitzung in diesem Jahr. Es standen die Vorbereitungen für den DAI Tag im Mittelpunkt der Diskussion. Neben den genauen Veranstaltungsorten ging es um die Kosten, das Angebot der Exkursionen, die künstlerischen Darbietungen, die Neuaufstellung des Präsidiums, Satzungsänderungen, Fachvorträge u.v.m. Außerdem wurde die bevorstehende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zu den Mindest- und Höchstsätzen der HOAI erörtert. Der DAI hatte dazu u.a. eine Pressemitteilung veröffentlicht. Das nächste Treffen des Präsidiums ist für den 21.9.2019 in Berlin vorgesehen. DAI Jubiläum Große Ereignisse werfen bekanntlich ihre Schatten voraus: Übernächstes Jahr wird der DAI sein 150-jähriges Jubiläum begehen. Hierzu ist bisher ein Büro für Geschichtsforschung mit Vorrecherchen beauftragt. Darüber hinaus sind alle AIVe gebeten worden, in ihren Vereinen zu schauen, ob es historisches Material gibt, das in Bezug auf die Geschichte des Dachverbandes von Bedeutung ist. Der Aufruf bleibt bestehen. Außerdem ist beabsichtigt, professionell Sponsoren anzuwerben.

Prof. Dr. Werner Durth erhält den diesjährigen DAI Literaturpreis 2019

DAI Literaturpreis Im Rahmen des DAI Tages am 21.9.2019 in Berlin wird der Architekt, Soziologe, Architekturhistoriker, Hochschullehrer und Buchautor Prof. Dr. Werner Durth mit dem DAI Literaturpreis 2019 ausgezeichnet. Durth wurde insbesondere wegen seiner zahlreichen Publikationen nominiert. Als Laudator konnte Prof. Dr. Wolfgang Pehnt gewonnen werden, der 1984 selbst den DAI Literaturpreis erhalten hatte. Der DAI Literaturpreis wird im jährlichen Wechsel mit dem Großen DAI Preis für Baukultur vergeben. Er findet Ausdruck in einer ca. 1,5 kg schweren Bronze-Plakette des Berliner Künstlers Emanuel Scharfenberg (1932–2006) und ist ein reiner Ehrenpreis. Udo Sonnenberg

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rechts Die neue Stadtgemeinde (Groß-)Berlin seit dem 1.10.1920: Dunkel hervorgehoben ist das alte Berlin, das 1920 in 6 Bezirke aufgeteilt worden ist (Quelle: Paul Wittig: Das Verkehrswesen der Stadt Berlin und seine Vorgeschichte, Berlin 1931, S. 79)

2020: BERLIN WIRD 100 JAHRE ALT! Berlin, wie wir es heute kennen, wird am 1.10.2020 100 Jahre alt. Erst mit dem Groß-Berlin-Gesetz von 1920 wuchs Berlin in seine heutigen Grenzen: Aus 8 Städten, 59 Landgemeinden und 27 Gutsbezirken entstand über Nacht eine Metropole von 878 km2 Fläche und knapp 3,9 Millionen Einwohnern. Eine große Herausforderung! Unter ganz anderen Rahmenbedingungen der Beziehungen von Kernstadt zu Randbezirken, von Wohnen und Arbeit, von individueller und öffentlicher Mobilität, von städtebaulicher und architektonischer Gestaltung begegnen uns heute ähnliche Aufgaben: Die Vernetzung von Stadt und Umland muss dringend neu gedacht und politisch neu gefasst werden, um den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts nachhaltig begegnen zu können. Stadtplanerisches Jahrhundertereignis Vor gut 100 Jahren stand die neue Metropole vor ähnlichen Herausforderungen, denn in der Kaiserzeit wuchs Berlin mit seinen Nachbarstädten und Vororten jährlich um 90.000 Einwohner, also etwa doppelt so dynamisch wie heutzutage. Im Jahr 1908 brachten die Berliner Architektenvereine dank einer großen privat finanzierten Kampagne einen Wettbewerb zur Gestaltung von Groß-Berlin auf den Weg. Dieses stadtplanerische Jahrhundertereignis prägt Berlin bis heute. Der „Groß-Berlin-Wettbewerb“ stellte 1910 die Weichen für die Entwicklung zur heutigen Metropole. Die letzten 100 Jahre waren jedoch alles andere als eine lineare Entwicklung vorwärts. Während in den krisengeschüttelten Jahren der Weimarer Republik erstaunliche Projekte der Infrastruktur und des Wohnungsbaus realisiert werden konnten, brachte die nationalsozialistische Diktatur Abriss, Krieg und Zerstörung, aber auch erste Ansätze der autogerechten Stadt. Die Spaltung Berlins bremste das stürmische Wachstum, verhinderte aber auch eine großräumige Zersiedelung. Einzigartige Potenziale Heute ist Berlin nicht nur ein Zeugnis einzigartiger Geschichte – als Bahnmetropole, als Autometropole, als Bühne zweier Diktaturen, als Experimentierfeld für unterschiedlichste Formen und Trägerschaften des Wohnungsbaus, als Widerspruch von Stein und Grün, als ungeliebte Hauptstadt. Berlin hat auch einzigartige Potenziale, die auf dieser besonderen Geschichte beruhen – nicht zuletzt die unglaubliche Vielfalt an Zentren. So besitzt die Metropole heute allein drei

Hauptzentren von internationalem Rang: die Berliner Mitte, die City West und die Potsdamer Mitte. Doch von Anfang an hat die Metropole Schwierigkeiten mit sich selbst, mit einer angemessenen politischen Form: Der Widerspruch zwischen Bezirken und Magistrat bzw. Senat sowie zwischen Berlin und Brandenburg hat die widersprüchliche Entwicklung immer begleitet. Hier müssen Hürden überwunden werden. Städtebaulicher Ideenwettbewerb Um Strategien zur Entwicklung der Hauptstadtregion diskutieren zu können, werden Leitkonzepte und Leitprojekte benötigt. Um diese zu erlangen, schrieb die Berlin 2020 gemeinnützige GmbH im Vorfeld des Jubiläums im Juli 2019 den zweiphasigen Internationalen Städtebaulichen Ideenwettbewerb „Berlin-Brandenburg 2070“ aus, der Architekten und Stadtplaner dazu auffordert, interdisziplinäre Konzepte für die städtebauliche Zukunft der Großstadtregion zu entwickeln. Gegenstand der ersten Phase ist die Erarbeitung von Leitideen und -bildern, einer räumlichen Entwicklung der Großstadtregion Berlin-Brandenburg im Sinne eines Metropolenmodells mit dem Zeithorizont auf das Jahr 2070 sowie eine exemplarische städtebauliche Darstellung (Maßstabssprung) für einen kleinen Teilraum im Jahr 2070 auf vorgegebenen digitalen Formaten. In der zweiten Phase geht es um die Vertiefung struktureller Entwicklungszusammenhänge im Rahmen eines Gesamtplans im M 1:100.000 sowie um Vorschläge zu drei konkreten Teilräumen, die auf der Grundlage von 10 vorgegebenen Themenschwerpunkten frei gewählt werden können. Von den drei ausgewählten Teilräumen muss einer in Brandenburg und einer in Berlin liegen. Teilnahmeberechtigt sind Architekten und/oder Stadtplaner in Zusammenarbeit mit Landschaftsarchitekten. Es wird für die Wettbewerbsbearbeitung empfohlen, bei Bedarf Fachplaner weiterer Disziplinen beratend mit heranzuziehen, so z. B. Mobilitäts- oder Verkehrsplaner. Es können sich auch Institutionen und Firmen etc. beteiligen. Die Architektenkammer Berlin und die Brandenburgische Architektenkammer wirken


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links Modelllandschaft der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg in der Wuhlheide, Mai 2019 (Foto: Prof. Dr. Harald Bodenschatz)

beratend mit. Die Baukammer Berlin und die Brandenburgische Ingenieurkammer werden beteiligt. Der Regierende Bürgermeister hat die Schirmherrschaft über das Projekt übernommen. Präsentation der Wettbewerbsergebnisse Ab dem dritten Quartal 2020 werden die Resultate des Wettbewerbs im Rahmen der Ausstellung „100 Jahre (Groß-) Berlin. Ein unvollendetes Projekt” der Öffentlichkeit präsentiert. Die Ausstellung wird daher sowohl zurück als auch nach

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vorne blicken. Die von der Ausstellung eröffneten Denkräume betreffen nicht nur die Hauptstadtregion, sondern haben paradigmatische Bedeutung über Deutschland hinaus. Explizit sucht die Ausstellung den Vergleich mit den Städten London, Moskau, Paris und Wien, die sich in den letzten 100 Jahren zu dynamischen Metropolregionen entwickeln konnten. Erneut können Berlin und seine Nachbarn in Brandenburg im Zuge eines solchen Projektes europaweit eine Vorbildfunktion übernehmen. Ideenwettbewerb und Ausstellung bilden ein großes Projekt, in das viele weitere institutionelle Partner eingebunden sind, darunter das Architekturmuseum der TU Berlin, das Center for Metropolitan Studies der TU Berlin, der Council for European Urbanism Deutschland, der Deutsche Werkbund Berlin, die Gemeinsame Landesplanung Berlin-Brandenburg, die Hermann-Henselmann-Stiftung, das Kommunale Nachbarschaftsforum und die Stiftung Zukunft Berlin. Mit dem Stadtmuseum Berlin besteht eine enge Kooperation. www.bb2020.de

Patrick Zamojski


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rechts Historische Ansicht der Westfassade des Berliner Schlosses mit Portal III – Eosanderportal (Quelle: Album von Berlin, Globus Verlag, Berlin 1904, public domain)

EOSANDERPORTAL IM HUMBOLDT FORUM Als kulturelles Stadtquartier entsteht das Humboldt Forum im Berliner Schloss mit dem Ziel, den Dialog zwischen Kunst und Wissenschaft zu fördern. Für die Rekonstruktion der Portaldurchfahrten übernahm die Berliner Stuckateurfirma Sebastian Rost GmbH die Ausführung der Stuck- und Rabitzarbeiten. Dabei arbeitete sie eng mit der Firma Dressler Bau GmbH zusammen, die die Natursteinarbeiten am Portal III ausführte. Geschichte Das Berliner Schloss des Architekten und Bildhauers Andreas Schlüter zählt seit dem 18. Jhrd. zu den bedeutendsten profanen Barockbauten nördlich der Alpen. Im Zweiten Weltkrieg stark zerstört, wurde es politisch motiviert 1950 gesprengt und an dessen Stelle der Palast der Republik errichtet. Nach Schließung des Hauses 1990 und nachfolgender Asbestsanierung, die das Gebäude nur noch im Rohbau stehen ließ, entschloss sich der Deutsche Bundestag zum Abriss. Begleitet von der Schlossbaudebatte fiel die Entscheidung für die Wiedererrichtung des Berliner Schlosses mit Rekonstruktion dreier Außenfassaden mit Kuppel sowie dreier barocker Fassaden des Schlüterhofes im historischen Grundriss, um das historische Berliner Zentrum wieder zu einer baulichen Einheit zu führen. Portal III – Eosanderportal Für die Orientierung des Schlossbaus nach Westen ist die Rekonstruktion des ursprünglich 1710 von Johann Friedrich Eosander von Göthe nach Vorbild des römischen Konstantinbogens errichteten Eosanderportals unerlässlich, gerade im Hinblick auf die monumentale Durchfahrt, die die äußere Fassade mit den inneren des Schlüterhofes verbindet. Neben der Wiederherstellung der historischen Durchfahrt mit ihren mächtigen Säulen und Pilastern werden auch die Decke, bestehend aus einem großen Tonnengewölbe (ca. 17,0 x 9,5 x 4,8 m Stichhöhe) mit mehrfach verkröpften Gurtbögen, profilierten Spiegelfeldern und gezogenem Ring im Kreuzungspunkt, sowie die kleineren seitlichen Kreuzgewölbe (ca. 8,5 x 8,5 x 1,35 m Stichhöhe) aus sich kreuzenden Tonnen rekonstruiert. Konchen mit begleitenden Spiegelfeldern in den Seitenwänden des Hauptdurchgangs sind wichtige Details bei der Wiederherstellung. Traditionelle Stuckateurstechnik Grundlegendes Konstruktionselement der Gewölbe im Portaldurchgang bildet die Rabitzunterkonstruktion, mit deren Hilfe diese komplexen Gewölbeformen an die Betondecke des Rohbaus gehängt wurden. Über Lehrbögen wird ein Grundgerüst aus tragenden Rundeisen, die mit Bindedraht verbunden sind, gespannt. An diesem wurde ein Metallgewe-

be als Putzträger verdrahtet. Danach folgten Ausdruck und Verputz der Konstruktion mit einem glatt geriebenen Gipsputz. Diese traditionelle Technik des Stuckateurhandwerkes gibt die Möglichkeit, fast frei alle Arten von abgehängten Decken, Gewölben, nichttragenden Wänden, Ummantelungen von Stützen oder Lüftungskanälen feuersicher auszuführen. Sie ist benannt nach Carl Rabitz, der die Technik Mitte des 19. Jhrd. aus Frankreich nach Deutschland brachte und überarbeitete. Vorläufer aus organischem Material wie Holz und Schilf reichen noch weiter zurück. Anspruchsvolle Aufgaben Bedingt durch die zu gewährleistende Barrierefreiheit in den über der Durchfahrt liegenden Räumen wurde der eigentlich historische Kreisbogenquerschnitt des Tonnengewölbes der Hauptachse (Ost-West) in einen mehrfachen Korbbogen umgewandelt. Neben der von vornherein anspruchsvollen Aufgabe, die Kreuzgewölbe der Nebenachsen präzise ineinanderlaufen zu lassen und dabei geometrisch korrekte, gerade verlaufende Gewölbegrate zu erhalten, bestand die zusätzliche Herausforderung darin, dieses mit den unterschiedlichen Radien der sich kreuzenden Gewölbe zu schaffen. Hier waren eine sehr genaue Planung und ein 1:1-Aufriss zur Konstruktion der Lehrbögen vonnöten. Dies galt auch für die großen Tonnengewölbe der Hauptachse sowie die kleineren, sich anschließenden Tonnen der Nebenachse, die ebenfalls in Rabitztechnik ausgeführt wurden. Für das Erscheinungsbild des Portaldurchgangs unerlässlich war die Rekonstruktion der 12 Säulen und 16 Pilaster mit einer Höhe von 9 m aus Naturstein. Bekrönt wurden sie von Kapitellen mit Seitenlängen von 1,4 m aus glasfaserarmierten Gipsfertigteilen, die in Stückformen aus Silikon mit Gips in der Werkstatt hergestellt und vor Ort angesetzt wurden. Als Vorlage dienten Gipsmodelle in Originalgröße, welche in der Schlossbauhütte nach historischen Vorbildern hergestellt worden waren. Durchgangsdecken Portale I und V Im Gegensatz zu den Durchgängen am Portal III werden die übrigen Decken der Portaldurchfahrten in reduzierter Formensprache wiederhergestellt, die die Abmessungen der


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oben Säulenkapitell von Portal III, das als Modell zur Herstellung der Form diente (Foto: © Fa. Rost/Mike Schicht) rechts Portal III während der Bauarbeiten (Fotos: © SHF/Stephan Falk)

historischen Decken aufgreifen. Auch diese Decken wurden allesamt als abgehängte Drahtputzdecken in Rabitztechnik gefertigt. Die Deckenfelder von Portal I und V greifen stark vereinfacht die Aufteilung der originalen Kassettendecken auf und schließen mit einfachen Vouten zur Wand ab. In den Wänden des Durchgangs wurden ebenfalls die Konchen nach den historischen Maßen mit einer Rabitzunterkonstruktion gefertigt und anschließend glatt verputzt. Fazit Die Beherrschung historischer Techniken, wie der hier verwendeten Rabitztechnik unter Anwendung, Kombination und Erweiterung durch heutige Herstellungstechniken bzw. Materialien in Einklang mit den Erfordernissen an den modernen Kulturbetrieb ermöglichten eine erfolgreiche Rekonstruktion der Portaldurchfahrten im Humboldt Forum nach historischem Vorbild. Auch heute noch bilden traditionelle handwerkliche Techniken und Materialien die Grundpfeiler für die Arbeit eines guten Stuckateurs, welche sich sehr gut in den heutigen Baubetrieb einbringen und modifizieren lassen. Johannes Schroeter-Behrens unten Kreuzgewölbe in der Nebenachse von Portal III mit eingerichteten Putzlehren auf der gespannten Unterkonstruktion (Foto: © Fa. Rost/Mike Schicht)

unten Tonnengewölbe in der Hauptachse von Portal III mit teilweise fertig hergestellter Rabitzunterkonstruktion (Foto: © Fa. Rost/Mike Schicht)

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JAMES-SIMON-GALERIE

Eingangsgebäude für die Berliner Museumsinsel Mit der James-Simon-Galerie von David Chipperfield Architects ist zwischen Kupfergraben und Neuem Museum ein Eingangsgebäude für das Ensemble der Berliner Museumsinsel entstanden. Gemeinsam mit der Archäologischen Promenade bildet die James-Simon-Galerie das Herzstück des 1999 entwickelten Masterplans, der seither als Ausgangspunkt für alle weiteren Planungen auf der Museumsinsel diente. Tor an neuralgischem Ort Als neues Tor zur Berliner Museumsinsel kommt der JamesSimon-Galerie besondere Bedeutung zu. Sie agiert an diesem neuralgischen Ort, indem sie das Spiel der Raumrichtungen auf der Insel und zur Stadt ergänzt und orientiert. Mit 4 Zugängen auf drei Ebenen macht sie die Mitte der Insel unten Blick zum Alten Museum am Lustgarten (Foto: © Simon Menges)

durchlässig und hebt ihre Trennungen auf. Sie ermöglicht es, eine große Anzahl an Besuchern aufzunehmen und alle notwendigen Service-Einrichtungen anzubieten. Der Neubau ist zum Lustgarten, der Schlossbrücke und dem Kupfergraben ausgerichtet. Oberirdisch schafft er die direkte Anbindung an das Pergamonmuseum und verknüpft dieses auf Höhe unten Hauptebene entland des Kupfergrabens (Foto: © Ute Zscharnt für David Chipperfield Architects)


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links Namensgeber für das neue Eingangsgebäude ist der Mäzen James Simon, der den Berliner Museen zu Beginn des 20. Jahrhunderts seine Kunstsammlungen und Grabungsfunde vermacht hatte (Foto: © Ute Zscharnt für David Chipperfield Architects)

des Sockelgeschosses über die Archäologische Promenade mit dem Neuen Museum, dem Alten Museum und dem Bode-Museum. Durch die Staffelung der Gebäudevolumen bleibt der Blick von der Schlossbrücke in die Tiefe der Museumsinsel und auf das Neue Museum erhalten. Die Uferkante zum Kupfergraben wird durch einen hohen Sockel ausgebildet, über dem sich die Hochkolonnade als klassisches Piano nobile erhebt. Weite Bereiche dieser Hauptebene sind auch außerhalb der Öffnungszeiten frei zugänglich und erweitern den öffentlichen Raum. Die als Leitmotiv eingesetzten schlanken Stützen führen die am Neuen Museum endende Stülersche Kolonnade in zeitgenössischer Form fort und bilden zwischen Neuem Museum und James-Simon-Galerie einen kleinen Kolonnadenhof. Organisation und Einbindung Eine breite Freitreppe zwischen dem langgestreckten Sockel und der unteren Kolonnade lädt zum Betreten des Gebäudes ein. Auf der oberen Ebene gelangt man in das großzügige Foyer, das sich entlang des Kupfergrabens zu einer großen Terrasse öffnet. Im Mezzaningeschoss befinden sich Museumsshop, Garderobe und WCs, im Sockelgeschoss liegen die temporären Ausstellungsbereiche und das Auditorium. Die Architektursprache der James-Simon-Galerie bedient sich vorgefundener Elemente der Museumsinsel, vor allem aus der Freiraumarchitektur, wie gebaute Topografie, Kolonnade und Freitreppe, und bezieht sich damit auf Schinkel, Stüler und die anderen Architekten, die hier gewirkt haben. Materialien Betonwerkstein ist das prägende Material der Fassaden aus großformatigen Fertigteilen. Zuschläge aus weißem Lengefelder Marmorschotter binden das Eingangsgebäude tonal in die vielfältigen Materialien der Museumsinsel ein. Hinter den vorgelagerten schlanken Stützen aus demselben Material ist die Gebäudehülle durch Glasfassaden geschlossen. 8 m hohe „Glasschwerter“ hinter der Hochkolonnade stabiliunten Hochkolonnade mit Verbindung zum Pergamonmuseum (Foto: © Luna Zscharnt für David Chipperfield Architects)

sieren die Verglasungen. Gleichzeitig öffnen sie den Blick auf die Umgebung und schaffen eine Verbindung von Innen und Außen. Das Innere ist von sorgfältig gestalteten und hochwertig strukturierten Oberflächen bestimmt, insbesondere glattgeschalten Ortbetonwänden und -decken in Sichtbetonqualität und Fußböden aus hellem Crailsheimer Muschelkalk. Mezzaningeschoss und Auditorium erhielten ein Parkett aus geräucherter Eiche. Hinzu kommen Einbauten aus europäischem Nussbaum im Museumsshop und der Garderobe sowie Wandbekleidungen aus demselben Material im Auditorium und im unteren Foyer. Neben Bronze für Fensterprofile, Türen und Handläufe im gesamten Gebäude wurde ein Kupfergeflecht an ausgewählten Decken eingesetzt. Der Eingang der Hauptebene und die Abschlusswand der oberen Eingangshalle sollten in der Tradition historischer Bauten durch den Einsatz transluzenten Materials mit einer geheimnisvollen Leuchtkraft akzentuiert werden. Die Wahl fiel auf einen sehr hellen, gebänderten Marmor aus Thassos im Norden Griechenlands, der in dünnen Scheiben auf Glas aufgebracht wurde. Nachhaltigkeit Die James-Simon-Galerie weist eine sehr gute energetische Gebäudequalität auf. Das Gebäude unterschreitet die in der Energieeinsparverordnung zum Zeitpunkt des Bauantrages geforderten Werte erheblich. Die Planung erfolgte nach dem Nachhaltigkeitsgrundsatz, den Energiebedarf zu mindern anstatt die Deckung des Energiebedarfs zu optimieren. Das Energiekonzept ist insbesondere in den Ausstellungsbereichen durch hohe Anforderungen an die Klimakonstanz geprägt. Die Optimierung von u. a. baulichem Wärmeschutz und nutzbarer Speichermassen mindert den hierfür notwendigen Energieverbrauch. Der Einsatz von Drehtrommeltüren und Windfängen reduziert Wärmeverluste durch Lüftung trotz der erwarteten hohen Nutzungsfrequenz nachhaltig. David Chipperfield Architects unten Eingangsfoyer mit Info- und Kassenbereich (Foto: © Ute Zscharnt für David Chipperfield Architects)


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rechts Das Upper West am Breitscheidplatz vollendet die städtebauliche Torsituation am Eingang zur Kantstraße (Alle Fotos: Tobias Nikolajew)

UPPER WEST – HOCH IM WESTEN Hochhaus am Breitscheidplatz

Mit einem strahlend weißen Monolithen direkt an der Gedächtniskirche im Westen der Stadt ist Berlin seit Mai 2017 um ein Wahrzeichen reicher. Mit seiner schlanken Erscheinung zieht der optische Doppelturm am Breitscheidplatz die Blicke auf sich. Architekt für die komplette äußere Erscheinung, den städtebaulichen Entwurf, die Gebäudeskulptur und die Fassadenplanung ist Professor Christoph Langhof. Geschwungene Eleganz Mit seinen 118,80 m zählt das Upper West zu den 4 höchsten Gebäuden der Stadt. Seine geschwungene Kubatur mit der stufigen Verjüngung nach oben sowie seine einheitlich helle, durch vorgesetzte Bleche strukturierte Elementfassade verleihen ihm eine eindrucksvolle Plastizität. Prominent ist der Ort am Schnittpunkt von Zoologischem Garten, Kurfürstendamm und Kantstraße nicht zuletzt auch wegen der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche und des generalsanierten, denkmalgeschützten „Bikini Berlin“. Die Türme leuchten schon aus der Ferne. Das Upper West besteht aus zwei Baukörpern, dem vorgelagerten 8-geschossigen Riegelgebäude und einem als „optischer Zwillingsturm“ konzipierten Hochhaus. Die strahlend weiße Fassade und goldene Stilelemente verleihen ihm einen modernen Glanz, was auch auf die City West ausstrahlt, den jahrelang vernachlässigten einstigen Show-, Unterhaltungs- und Flaniermittelpunkt in der Metropole Berlin.

Kubische und runde Formen Die Fassade erinnert an eine netzartige Haut, die den sich nach oben verjüngenden 33-geschossigen Baukörper umgibt. Diese Netzstruktur unterstreicht die unterschiedlichen Höhenstaffelungen und den subtilen Wechsel von kubischen zu runden Formen. Das Auge nimmt in erster Linie die weichen Formen wahr und lässt den Turm als monolithische Skulptur erscheinen. Die Fassade besteht aus L-förmigen weißen Aluminiumelementen, die gegeneinander versetzt sind. Dadurch entsteht der Schwung in der Fassade in den oberen Stockwerken. Die Fenster schützen selbstverständlich vor Sonneneinstrahlung und lassen sich zusätzlich seitlich öffnen. Speziell für den Flugverkehr sind sie mit einer Radardämpfung versehen. Im Sockelgeschoss wurden die Elemente aus Faserbeton mit messinggoldenen Aluminiumelementen optisch verstärkt. Sie verleihen dem vorgelagerten Bau eine besonders edle Note.

Nutzungsspektrum Die Gesamtfläche des Gebäudes beträgt 53.000 m2, davon sind rund 20.500 m2 Bürofläche und 3.900 m2 Einzelhandelsfläche im Riegelbau. In den unteren 16 Stockwerken des Turms befindet sich ein Hotel. Die Gäste haben direkten Ausblick auf die Gedächtniskirche und eine Dachterrasse im 10. Stock. Auf den folgenden Etagen entstanden hochwertige Gewerbeflächen. In der 33. Etage auf 110 m Höhe ist Gastronomie zwischen Fernsehturm und Funkturm, über Ku’damm und Gedächtniskirche geplant. Projekt mit Geschichte Eine außerordentliche Herausforderung war der Standort in unmittelbarer

rechts Die L-förmigen Aluminiumelemente sind gegeneinander versetzt montiert, sodass sich ein schwungvolles Fassadenbild ergibt


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oben Im vorgelagerten Gebäudetrakt rahmen glänzende, messingfarbene Aluminiumleisten die plastisch geformten Faserbetonelemente und unterstreichen die elegante Erscheinung

Nähe zur Gedächtniskirche. Bereits 1994 entwickelte Professor Christoph Langhof die ersten Pläne für das Hochhaus. Genau am Ort des heutigen Upper West war damals sein Büro. Er erwirkte das Planungsrecht 2003 und auf dieser Basis auch die Baugenehmigung 2005. 2013 wurde diese den neuen funktionalen Bedürfnissen angepasst. Baubeginn war schließlich

2014. Nach nur drei Jahren war der weiße Turm fertig gestellt. Das Hochhaus bekam von Beginn an Zuspruch aus der Bevölkerung, von der Politik und den Medien. Bis dahin war es ein langer Weg gegen viele Widerstände. Mehr als 20 Jahre hat es gedauert von den ersten Entwürfen bis hin zum fertigen Gebäude. Christoph Langhof


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KLEINE STADT IN DER STADT Umnutzung eines Krankenhausareals

Eine Baugemeinschaft privater Anwohner hatte den gesamten Altbaubereich des denkmalgeschützten Krankenhauses Am Urban in Berlin-Kreuzberg mit der Absicht gekauft, das Areal mit seinen 19 Gebäuden stadtteilgerecht, ökologisch, energieeffizient, kulturell und sozial als Wohnstandort zu entwickeln. Der 1890 errichtete, teilweise kriegsbeschädigte und zwischenzeitlich verdichtete und umgebaute Komplex wurde durch die Graetz Gesellschaft von Architekten in seiner Ursprungsbestimmung aufgelöst und in den Jahren 2010–2012 in ein allgemeines Wohngebiet umgewidmet. Ausgangssituation Das Grundstück grenzt im Osten an die Grimmstraße, im Süden an die Urbanstraße und im Westen an das 1970 von Peter Poelzig errichtete Hochhaus an. Die symmetrische Anordnung der zweigeschossigen Pavillons entlang einer zentralen Gartenachse bildet eine „kleine Stadt in der Stadt“. Die historische Backsteinarchitektur war dem Stil der Industriearchitektur und Schinkelschen Schule verpflichtet. Das gesamte Areal ist autofrei gehalten. Der Industriearchitektur verpflichtet Zur Annäherung an den ursprünglichen Zustand wurden die Bauten neben Rückbau- und Neugestaltungsmaßnahmen zwischen 2009 und 2012 von Grund auf saniert, ertüchtigt und umgebaut, um sie den heutigen energetischen Erfordernissen, den bautechnischen Notwendigkeiten sowie den individuellen Anforderungen des Wohnungsbaus anzupassen. Entstanden sind insgesamt 145 individuelle Wohneinheiten mit Geschosswohnungen, Townhouses und Lofts nach den Wohn- und Arbeitsvorstellungen der Eigentümer.

rechts Das Krankenhaus Am Urban wurde 1890 von dem Berliner Architekten und Stadtbaurat Hermann Blankenstein in offener Pavillonbauweise errichtet

Im Quartier verwurzelt Die Gebäude und die Gartenanlage stehen als Ensemble unter Denkmalschutz. Die Lage im Zentrum Kreuzbergs, am Urbanhafen und Landwehrkanal zeichnet die Qualität des Wohnens an diesem Ort aus. Hier findet innerstädtisches Leben statt, das durch den gewachsenen Quartierscharakter mit kleinen Läden, familiären Handwerksbetrieben, Gastronomie, Schulen und Wohnen geprägt ist. Die Wohnanlage lebt mit und von der Identifikation und dem Engagement der Bewohner mit ihrem Kiez. Sie ist zum Kiez hin offen und will sich in das Quartier integrieren. Kulturelle und soziale Träger, wie z. B. eine psychiatrische Tagesklinik, das Mutter-KindProjekt des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes oder das


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oben Der öffentlich zugängliche Spielplatz trägt zur Verwurzelung des Wohnareals im Kiez bei

Westliche Buddhistische Tor sind in das Gesamtmodell eingebunden. Veranstaltungsräume in der Kapelle Am Urban, dem Atelier Pretzer, der öffentlich zugängliche Spielplatz oder das zugängige Gesamtareal bieten sich zur Nutzung an. Bewohnerstruktur Die Wohnbedürfnisse der einzelnen Gesellschafter und Käufer wurden bereits sehr frühzeitig aufgenommen und entsprechend in der Planung berücksichtigt. Wirtschaftliches Ziel des Projekts war, Einzelparteien den Erwerb einer ca. 100 m² großen Wohnung zu ermöglichen und entsprechend viele Einwohner aus dem direkten Kiezumfeld und aus der näheren Umgebung anzusprechen. Die Bewohnerstruktur setzt sich heute heterogen und generationenübergreifend zusammen. Auffallend ist der hohe Anteil junger Familien, die sich als Bauherren Wohnungseigentum geschaffen haben. Diese Entwicklung zeigt, dass das Konzept an konkrete Bedürfnisse anknüpft und dass junge Familien ihre Zukunft in der zentralen Stadtlage im entsprechenden Umfeld mit Kiezanbindung bei privat gepflegten Außenanlagen und Autofreiheit sehen. Wesentlich teureren Wohnraum könnte diese Gruppe nicht finanzieren. Mit der Umwidmung des Krankenhausareals wurde eine nachhaltige kiezgerechte Entwicklung in Gang gesetzt, die zu der dringend notwendigen Stabilisierung der Einwohnerstruktur dieses Stadtteils beiträgt. Das Projekt wurde vom Bezirk unterstützt und in seinen Zielsetzungen gefördert. Georg Graetz

oben Das Haus der Parität bietet Räume für betreutes Wohnen und Beratungsangebote unterschiedlicher sozialer Träger unten Das im Areal neu errichtete Reihenhaus steht mit seiner Putzfassade im Kontrast zur umgebenden Klinkerarchitektur

unten In den individuell und großzügig geschnittenen Wohnungen sind teilweise Galerien eingezogen und die charakteristischen preußischen Kappendecken sichtbar geblieben

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FLIESSENDE ERSCHEINUNG Haus 6 im Werkhof L57

Das Wohn- und Ateliergebäude Haus 6 der Architekten Sauerbruch Hutton für eine Baugruppe von 10 Parteien ist ein weiterer Baustein auf dem Werkhof L57 in Berlin, einem Ensemble historischer Kasernenbauten und moderner Auf- und Neubauten, das sich in den letzten 20 Jahren zu einem sehr lebendigen Kreativquartier entwickelt hat. Einbindung in das Areal Haus 6 wurde auf dem Werkhof L57, einem ehemaligen Kasernengelände der preußischen Armee des deutschen Kaiserreichs, errichtet. Das an der Kruppstraße im Berliner Bezirk Mitte liegende, ca. 9,7 ha große Areal umfasst 4 unter Ensembleschutz stehende Klinkerbauten mit rund 9.000 m2 Nutzfläche, die heute mit Ateliers, Büros, Werkstätten und Wohnungen belegt sind. Auf dem Gelände lebt und arbeitet eine kleine Gemeinschaft von Architekten, Designern, Künstlern, Filmproduzenten, Musikern und Handwerkern. Die an das Grundstück von Haus 6 angrenzenden Bestandsbauten Haus 1, Haus 2 und Haus 5 stammen aus dem Jahr 1889. Das Grundstück ist zur Kruppstraße mit einer wiederhergestellten historischen Mauer begrenzt, die wegen des bestehenden Ensembleschutzes unter Denkmalschutz steht. Aufgrund der maroden Substanz wurde die Mauer abgetragen und in den Neubau integriert. Ebenfalls integriert wurden eine bestehende Ulme und eine wild gewachsene Robinie. Zwei charaktergebende und geschützte
alte Kastanien stehen auf dem westlich angrenzenden Grundstück von Haus 5. Haus 6 besetzt das Baufeld zwischen einem zeitgenössischen Sichtbetonbau und einem historischen Backsteingebäude. Höhe und Dachform vermitteln zwi-

schen diesen beiden Nachbarn, während das streng rechteckige Volumen den militärischen Duktus der Bestandsbauten fortsetzt. Zugleich reflektiert das wellige Edelstahlblech der Fassade die umliegenden Gebäude ungleichmäßig und löst das Gebäude optisch in eine fast fließende Erscheinung auf. Maximale Flexibilität Die wechselnden Räumlichkeiten im Innern spiegeln die individuellen Vorstellungen vom Wohnen und Arbeiten der unterschiedlichen Mitglieder der Baugruppe wider. Gemeinsam war der Wunsch nach maximaler Flexibilität und (auch zukünftiger) Freiheit in der Aufteilung und Nutzung der Flächen. Erreicht wurde dies mit Hilfe einer Konstruktion aus Spannbetondecken, die die Grundfläche von 47 x 10 m komplett stützenfrei lässt, sowie durch die Verlegung der Leitungsschächte in die Fassadenebene. Damit jede der maximal 8 Wohnungen pro Etage nach Norden und Süden ausgerichtet werden kann, erfolgt ihr Zugang über Erschließungsbalkone an der Südfassade, auf die man über ein mittig liegendes Treppenhaus gelangt. So entstehen gemeinschaftliche Außenbereiche, die auch als private Balkone genutzt werden können.


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oben Die Wohnungen werden über Balkone auf der Südseite des Gebäudes erschlossen

Nachverdichtung im Bestand Das an der Lehrter Straße gelegene Haus 9 wurde als Neubau ebenfalls von Sauerbruch Hutton Mitte 2014 errichtet. Haus 1 erhielt 2013 eine Dachaufstockung. Auch für Haus 4 ist in den nächsten Jahren eine eingeschossige Aufstockung vorgesehen. Das Gelände wird über die zum Teil historisch erhaltenen Außenanlagen als ein Ensemble betrachtet, eine Abtrennung der einzelnen Grundstücke ist aus diesem und auch aus feuerpolizeilichen Gründen nicht möglich. Sauerbruch Hutton Fotos: Jan Bitter

oben und unten Die Verkleidung aus gewollt welligem Edelstahlblech zieht sich in langen Bahnen über Dach und Fassade und erzeugt verzerrt schimmernde Reflexionen

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BEGEHBARE RAUMSKULPTUR Büroensemble am Südkreuz

Die städtebauliche Qualität rund um einen der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte in Berlin – den Regional-, Fern- und S-Bahnhof Südkreuz – überzeugt bisher kaum. Die Mischung aus nah gelegenem Wohngebiet und Gewerbearealen wird von Gleisanlagen und einem Autobahnkreuz bestimmt. Mit dem Entwurf eines Bürogebäudes durch Tchoban Voss Architekten wird das Areal gänzlich neu strukturiert. Grün, offen und gleichzeitig präsent wird sich das neue Ensemble in die Umgebung einschreiben und diese neu organisieren. Orientierung im Umfeld Zwei Baukörper bilden zur HedwigDohm-Straße eine Flanke und lassen zum Bahnhof Südkreuz eine eindeutige Platzsituation entstehen. Die Orientierung im städtischen Raum wird mit den beiden klar geformten und positionierten 7-geschossigen Volumen deutlich erleichtert. Das kleinere Gebäude MK1 folgt als langgezogener Solitär der Bauflucht des größeren Gebäudes MK2, das mit einem unregelmäßigen quadratischen Grundriss als Carré ausgebildet ist und mit einem großzügigen, überdachten Atrium offen und einladend wirkt.

rechts Das Büroensemble besteht aus zwei Baukörpern, die zum Bahnhof Südkreuz eine Platzsituation ausbilden (Visualisierung: © Tchoban Voss Architekten)

Dialog der Volumen Die beiden Bauvolumen nehmen das urbane Gefühl des Ortes auf und geben dieses mit ihrer Gesamterscheinung, der Wahl der Materialien und der Gestaltung der Oberflächen wieder. Die Fassaden sind in einem gleichmäßigen

Raster aus Faserbeton gedacht, das durch horizontale Bänder und durch farbige vertikale Paneele eine Gliederung erhält. Pilaster aus Faserbeton stärken visuell den Sockelbereich beider Gebäude. Auf den ersten Blick sehr ähnlich, führen die beiden Volumen


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links Die Fassaden werden durch horizontale Bänder und farbige vertikale Paneele in einem gleichmäßigen Raster gegliedert (Visualisierung: © Tchoban Voss Architekten)

durch ihre individuell gewählten Farben und Dimensionen einen Dialog. Im Inneren handelt es sich um eine modulare Holz-Beton-Verbundhybridkonstruktion, die eine spürbare Gewichtseinsparung mit sich bringt. Für die teils vorgefertigten Konstruktionen wurde Holz als regeneratives Material verwendet. Grüne Kommunikationszonen Das größere Gebäude ist wie der Platz selbst, der als offene und begrünte Fläche durch harte städtebauliche Faktoren wie Verkehr und Gewerbe definiert ist: Ein großzügiges, verglastes Atrium mit einem Eingangsbereich von 7,4 m lichter Höhe öffnet das massive und strikt gerasterte Volumen und lockt ins Innere. Unter einem transparenten EFTE-Foliendach, das auf einer Holzbinderkonstruktion ruht, wachsen baumähnliche Gebilde in unterschiedliche Höhen. Filigrane Treppen führen hinauf und von hier jeweils in eine der Büroeinheiten, die sich in den 6 Obergeschossen befinden. Diese „Baumhäuser“ holen das lebendige Element als grüne Erholungs- und Kommunikationszonen in das Gebäude hinein. Modulares Grundrissraster Das Projekt nimmt den Gedanken einer Öffnung mit zwei Glasflächen auf, die unregelmäßig in die Fassade eingeschnitten sind. In der hier ansässigen Bürowelt markieren sie grüne Kommunikations- und Erholungsinseln. Im Erdgeschoss ist die Nutzung um Gewerbeeinheiten, Einzelhandel und gastronomische Einrichtungen erweitert. Beide Gebäude haben auf allen Ebenen ein flexibles modulares Grundrissraster, das sich bei Umnutzung den meisten Wünschen anpassen kann. Bei der Errichtung, unterstützt durch die Holz-Hybrid-Bauweise, sind ein DGNB-Platin-Zertifikat und ein WELL Core Gold Zertifikat angestrebt. Tchoban Voss Architekten

oben Die Platzsituation zum Südkreuz wird durch Gewerbeeinheiten und Verkehrszonen definiert (Visualisierung: © Tchoban Voss Architekten)

oben und unten Im Atrium dienen baumähnliche Gebilde der Erschließung und Kommunikation (Skizze: ©Sergei Tchoban / Visualisierung: © Tchoban Voss Architekten)

PROJEKTDATEN BGF: 32.000 m² Fertigstellung: 2021 Planung: LP 1-4, Leitdetails und KOL: Tchoban Voss Architekten, Berlin LP 5: Granz & Zecher Gesellschaft von Architekten mbH, Berlin Projektentwickler: EDGE Technologies, Berlin Generalunternehmer: Arge ZECH Bau / CREE / Rhomberg, Berlin

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BBB BRAIN BOX BERLIN

Büro- und Gewerbekomplex in Berlin-Adlershof Der Wissenschaftsstandort Berlin-Adlershof zählt mit seinen 6 naturwissenschaftlichen Fakultäten der Humboldt Universität sowie einer ganzen Reihe von Forschungseinrichtungen und Technologiezentren zu den 15 größten Science Parks weltweit. Der Büro- und Gewerbeflächenkomplex „Brain Box Berlin“ von Müller Reimann Architekten versteht sich programmatisch, städtebaulich und architektonisch als Bestandteil dieses Areals. Gebäudekomposition Zwei mäandrierende, 4- bis 5-geschossige Bauteile bespielen das sich verengende, langgestreckte Grundstück. Der Baukörper lässt eine Abfolge unterschiedlich proportionierter, landschaftlich gestalteter Höfe entstehen, die über Durchgänge im Erdgeschoss zu einem gemeinsamen Campus verbunden werden. Die Gesamtanlage wird einerseits als einheitliche Großform wahrgenommen, die sich in einem weitläufigen, heterogenen Umfeld behauptet. Aus der Nähe wird sie zugleich als Komposition unterschiedlicher Situationen und Gebäude in Erscheinung treten, die jeder Nutzungseinheit eine klare „Adresse“, Orientierung und räumliche Anbindung an einen attraktiven Freiraum bietet. rechts Die Gesamtanlage wird von luftigen Durchgängen und offen gestalteten Höfen aufgelockert und bietet flexible Mieteinheiten für ca. 1.400 Büroarbeiter

Den östlichen Abschluss der Figur bildet ein 8-geschossiger Turm, der den Eingang zum Wissenschaftsstandort Adlershof markiert. Ein integrierter Marktplatz mit Kantine, Café und Shops wird den neuen Campus weiter aufwerten. Die Skybar und ein Loungebereich im obersten Geschoss des Turmes ergänzen das Angebot.

Freie Grundrissgestaltung Die Gebäudekörper weisen in den Obergeschossen durchgehend eine Tiefe von 15 m auf. Die Büroflächen werden in Nutzungseinheiten unterschiedlicher Größe bis max. 400 m2 aufgeteilt. Sie können zu noch größeren Mietbereichen miteinander verbunden werden. Nach ihrer Fertigstellung wird die Brain


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oben Die wellenförmig mäandrierende Kubatur aus Bauteilen mit 4 bzw. 5 Geschossen gipfelt in einem 30 m hohen Turm (Alle Visualisierungen: Staub Werbeagentur) links Die Fertigstellung der Brain Box Berlin ist für Sommer 2020 geplant

Box Berlin insgesamt rund 27.200 m² Fläche für Firmensitze, Forschung, Entwicklung und Produktion zur Verfügung stellen. Das Gebäude wird als massive Stahlbetonkonstruktion ausgeführt und ist auf einem 1,35 m Fassadenraster aufgebaut, das auch das Ausbauraster definiert. Die Grundrisse können als Einzelarbeitsplätze, Co-WorkingLandschaften oder Open-Space-Bereiche frei gestaltet werden. Für die Produktion eignen sich die Erdgeschosse, die auch durch deren lichte Raumhöhe von rund 4 m hierfür ausgelegt sind. Bewegte Gebäudefigur Die asymmetrisch gefaltete Metallfassade unterstützt durch ihr Spiel der unterschiedlich ausgerichteten Lisenen die bewegte Gebäudefigur und

fasst diese gleichzeitig zusammen. Der Sockelbereich wird mit Fertigteilen aus Architekturbeton verkleidet. Abgerundete Ecken verleihen dem Neubau und insbesondere dem Turm eine eigene Eleganz und Dynamik und lassen die Außenräume fließend ineinander übergehen. Die Abfolge unterschiedlicher Freiräume, Teilvolumina, die unterschiedlichen Reflexionen und die Farbigkeit der Aluminiumlisenen lassen das Gebäude im Blick aus unterschiedlichen Richtungen und bei verschiedenen Licht- und Wettersituationen immer anders erscheinen. Sie verleihen der großen Form überraschende Lebendigkeit und Detailreichtum, ohne ihre Einheit in Frage zu stellen. Ivan Reimann

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GRAFFITI MEETS GRÜNDERZEITHAUS Dachgeschossausbau in Prenzlauer Berg

Eine vierköpfige Familie baute ein bisher ungenutztes Dachgeschoss im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg nach ihren Wünschen aus: Viel Platz für die Kinder, ein großzügiger Bereich für Wohnen, Kochen und Essen sowie reichlich Tageslicht. Dass im Sommer das Dachgeschoss nicht heiß und stickig wird, war der Familie ebenfalls wichtig. Sie beauftragte Architekt Marcus Schröger von Urbansky Architekten, der mit Velux Dachfenstern und Flachdach-Fenstern nicht nur eine lichtdurchflutete Wohnung entwarf, sondern zugleich innovative Lüftungstechnik einsetzte. Der Ausbau Bereits in den 1990er Jahren wurde der Dachboden des Gründerzeit-Mietshauses für einen Ausbau vorbereitet. Aus dieser Zeit stammen wohl auch die Graffitis, die ein Hausbewohner am Ziegelmauerwerk der Brandmauer hinterlassen hatte. Neben deren Erhaltung lagen der Bauherrenfamilie ein großzügiger offener Wohn-, Koch- und Essbereich, helle lichtdurchflutete Räume sowie zwei Bäder am Herzen. Mit diesen Vorgaben entwarf Architekt Marcus Schröger eine Wohnung, die durch die Form und den Verlauf des U-förmigen Grundrisses geprägt ist: Jeder Teil bietet Platz für einen bestimmten Bereich. Die Form Im Vorderhaus ist Platz für den ca. 60 m² großen offenen Wohn-, Ess- und Kochbereich. Eines der großen Graffitis ist hier gleich beim Betreten der Wohnung zu sehen. Die alten Steine der Brandmauer wurden lediglich rund um das Graffiti weiß getüncht – so wirkt es wie gerahmt. Dieser Bereich der Wohnung wird über bodentiefe Fenster belichtet. Weiß geöltes Eichenparkett und dezent gemusterte Zementfliesen in der Küche betonen zusätzlich Helligkeit und Großzügigkeit. Da Schröger bei dem komplett neu aufgebauten Dachtragwerk darauf achtete, dass die Wohnung weitgehend stützenfrei bleiben konnte, gibt es lediglich eine Stütze, die gleichzeitig Küche und Essbereich optisch voneinander trennt.

Dem Essbereich schließt sich der Flur im Seitenflügel an, von dem man in die Kinderzimmer und das Kinderbad gelangt. Auch hier ziert ein buntes Graffiti die ansonsten weiße Wand. Im Hinterhaus schließen sich die Räume der Eltern an: Durch ein großes Bad gelangt man in das Schlafzimmer und das dahinterliegende Ankleidezimmer der Eltern. In diesen beiden Hausteilen blieb die klassische Berliner Dachform mit Kombination aus Schräg- und Flachdach erhalten. Die Belichtung Um mehr Wohnfläche mit voller Stehhöhe zu gewinnen, ließ der Architekt das Dach anheben und den Winkel des Schrägdachs steiler ausbilden. Sowohl Schräg- als auch Flachdach nutzte er, um die Zimmer großzügig mit Tageslicht zu versorgen: In allen Zimmern im Seitenflügel und Hinterhaus gibt es große Velux Lichtlösungen oder Dachfenster. Bei Bedarf können die Schlaf- und Kinderzimmer mit Rollos komplett verdunkelt werden. Der Flur und das Elternbad werden zusätzlich von oben durch Velux Flachdach-Fenster mit Licht und Luft versorgt. „Flure sind ja oft die Stiefkinder der Wohnungen und eher dunkel“, findet Architekt Schröger. „Durch die üppige Belichtung mit Tageslicht durch die FlachdachFenster kann der lange Flur allerdings wie ein zusätzlicher Raum genutzt werden“. Dank elektrischem Antrieb können die Flachdach-Fenster ganz bequem per Fernsteuerung geöffnet werden.


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oben Der offene Koch- und Essbereich im Vorderhaus wird durch bodentiefe Fenster belichtet rechts Die hohe Anzahl von Velux Dachfenstern garantiert im Elternschlafzimmer und in den beiden Kinderzimmern ausreichend Tageslicht und frische Luft

Die Lüftung Die in Neu- oder sanierten Altbauten sehr gute Dämmung und annähernd luftdichte Bauweise hat allerdings auch einen Nachteil: Sie sorgt dafür, dass kaum mehr ein Luftzug durch ehemals undichte Fugen oder Ritzen dringt und Feuchtigkeit oder Schadstoffe in der Luft nicht mehr automatisch aus dem Raum entweichen. Damit ist Lüftung umso wichtiger. Aus Platzgründen empfahl Architekt Schröger eine dezentrale Lüftung mit Fensterlüftern. Die Wahl fiel auf Velux Balanced Ventilation – eine unkomplizierte Alternative, die auch den nach DIN 1946-6 erforderlichen Mindestluftwechsel erfüllt. Das Lüftungselement ist in einem speziellen Markisenkasten am Velux Dachfenster integriert. Mit diesem Zubehör strömt dann bei wenig Wind mehr Luft durch das Fenster als bei der Standard-Lüftungsklappe des Dachfensters. So ist auch in windarmen Regionen und bei jeder Witterung ein ausreichender Luftwechsel garantiert. Sorgen vor stickiger, gesundheitlich bedenklicher schlechter Raumluft oder dem Risiko der Schimmelpilzbildung durch zu feuchte Raumluft gehören damit der Vergangenheit an. Bei starkem Wind hingegen drosselt das Lüftungselement mittels einer mechanisch gelagerten, selbstregulierenden Membran den Luftvolumenstrom und gewährleistet damit eine gute Energieeffizienz, da es so unnötige Wärmeverluste und Zugerscheinungen vermeidet. Optisch nehmen Dachgeschossbewohner das Element innen wie außen überhaupt nicht wahr. Um feuchte Luft schnell durch die weit geöffneten Fenster aus dem Badezimmer herauszulüften oder frische, kühlere Abendluft nach einem heißen Sommertag in den Raum hereinzulassen, dafür bleibt die herkömmliche Form der Stoßlüftung natürlich weiterhin jederzeit eine Option. Barbara Nauerz

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TRADITION UND MODERNE Carré am Schinkelplatz

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oben Steidle Architekten: Die Staffelungen in der Fassadenoberfläche sind weitgehend mit unterschiedlichen Putzstärken aufgebaut (Foto: Marcus Ebener)

Die Gebäude des Carrés am Schinkelplatz schließen in offener Blockrandbebauung eine der letzten verbliebenen Lücken im Zentrum Berlins an prominenter Stelle: Im Osten das rekonstruierte Stadtschloss (Humboldt Forum), im Süden die zum Wiederaufbau vorgesehene Bauakademie, im Westen die Friedrichswerdersche Kirche und im Norden die Neue Kommandantur. An dem Bauvorhaben beteiligt waren Staab Architekten, Steidle Architekten und Klaus Theo Brenner Stadtarchitektur. Masterplan Nach hitziger Debatte kurz nach der Wende stellte Senatsbaudirektor Hans Stimmann die Weichen für eine Re-Urbanisierung des Ortes in Anlehnung an den historischen Stadtgrundriss. 2005 erhielt der Berliner Architekt Klaus Theo Brenner den Auftrag für einen Masterplan, der bauliche Qualität garantieren sollte, auch wenn sich verschiedene Bauherren und Architekten die Realisierung teilen. Brenner definierte 5-geschossige Stadthäuser unterschiedlicher Typologie mit differenzierten, farblich abgestimmten Putzfassaden. Es wurde ein Architektenwettbewerb ausgelobt, das Grundstück in Parzellen aufgeteilt und der Auftrag an die drei Preisträger Staab Architekten, Steidle Architekten und Klaus Theo Brenner Stadtarchitektur vergeben. Staab Architekten wurden zudem mit der Gesamtleitung des Projekts betraut. Staab Architekten Das Bürogebäude von Staab Architekten besticht durch eine feine Transformation der Fassade, die historischen Fassadengliederungen gleicht, und fügt sich sensibel in die Umgebung ein. Die Fassade aus geschlemmtem Sichtbeton wird durch zeitgenössisch interpretierte Gesimsbänder rhythmisiert, die Fensterfaschen sind in den Reliefverlauf eingebunden. Das tiefe Relief der um das 10-fache vergrößerten Putzstruktur im unteren Teil der zweischaligen Ortbetonfassade

erinnert an die Bossierung historischer Sockelgeschosse. Die Plastizität der Fassadenoberfläche nimmt zur Traufe hin kontinuierlich ab, während sich die Fensteröffnungen nach oben leicht vergrößern und die Fensterebenen sich von Geschoss zu Geschoss weiter nach außen schieben. Die Fenster mit ihren bronzefarbenen Rahmen sind vertikal gegliedert, jedoch im Gegensatz zu ihren historischen Vorbildern durch Unter- statt durch Oberlichter. Die Sohlbänke wurden jeweils an den Blickwinkel zum Schinkelplatz angepasst und verstärken die Transformation der Fassade. Es sind die gestalterischen Feinheiten, die außergewöhnliche Mischung aus Form, Struktur und Material, die auf den ersten Blick zu einem vertrauten Fassadenbild führen und auf den zweiten Blick durch bewusste Umkehrung historischer Tradition damit brechen und ihre Zeitgenossenschaft verdeutlichen. Die plastische Ortbetonvorsatzschale erhielt eine leicht raue Putzstruktur-Optik. Nach der Vorbehandlung mit KEIM Betonschnellreiniger wurde ein zweifacher Betonanstrich auf SolSilikat-Basis, System KEIM Concretal-W, im Airless-Spritzverfahren aufgebracht. Zum Innenhof hin kam das mineralische Wärmedämmverbundsystem KEIM X-Por mit Glattputzoberfläche und einem 2-fachen Anstrich mit KEIM Soldalit zum Einsatz. Innen sind sämtliche Decken- und Wandflächen vollflächig mit mineralischem Spachtel KEIM-LS-Pro geglättet und mit KEIM Biosil und KEIM Innotop ausgeführt.


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oben Staab Architekten: Die Plastizität der Fassade aus geschlemmtem Sichtbeton nimmt zur Traufe hin kontinuierlich ab (Foto: Keimfarben)

Steidle Architekten Bei den beiden Wohnhäusern von Steidle Architekten wurde auf große Gesten verzichtet. Sie fügen sich in den historischen Kontext ein, ohne historisierend zu wirken oder in Konkurrenz zur Umgebung zu treten. Die Fassadengliederung entwickelt sich aus der inneren Logik des Gebäudes, Unterscheidungen ergeben sich allein durch eine subtile Farbdifferenzierung, die sich auf alle Bauteile bezieht. Das Sockelgeschoss wird durch raumhohe Fenster aus Baubronze betont. Auch die darüber liegenden Wohnungen haben große Fensteröffnungen. Hier wird das Putzthema gestalterisch durch feine Rücksprünge variiert. Im Grunde ging es darum, die Wand durch Profilierungen, die sich konsequent in der Staffelung der Fenster fortsetzen, in Bewegung zu bringen. Nicht die Betonung des Einzelfensters war beabsichtigt, sondern die Strukturierung der Wand als Ganzes. Die Staffelungen wurden weitgehend mit unterschiedlichen Putzstärken aufgebaut, was entsprechend hohe, mehrlagige Schichten zur Folge hatte. Diese Profile mit der notwendigen Präzision auszuführen, war eine echte Herausforderung. Der extrem anspruchsvolle Putzaufbau hat drei Lagen mit einer Gesamtschichtstärke von bis zu 8 cm. Die Armierung mit KEIM-Universalputz und präzisen Gewebeeckwinkeleinlagen war kompliziert. Als Deckputz kam KEIM Brillantputz glatt mit fein gefilzter Oberfläche mit 1 mm Korn zum Einsatz. Die Beschichtung erfolgte im klassischen KEIM Granital-System: schlämmender Grundanstrich, anschließend KEIM GranitalGrob und Deckanstrich mit KEIM-Granital. Klaus Theo Brenner Stadtarchitektur Den Abschluss des Ensembles bilden zwei weitere Stadthäuser, eines von Steidle Architekten, das andere von Klaus

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oben Klaus Theo Brenner Stadtarchitektur: Schmale, in leichten Rücksprüngen angeordnete Ornamentfelder erzeugen individuelle Ausdruckskraft (Foto: Klaus Theo Brenner Stadtarchitektur)

Theo Brenner Stadtarchitektur geplant. Im Vergleich zu seinen Projektkollegen arbeitete Brenner spielerischer und mit deutlich mehr Ornamentik. Die in massivem Mauerwerk mit ocker-beigefarbigem Putz ausgeführte Fassade ist durch liegende und dreigeteilte Fensterformate geprägt. Dabei klappen die äußeren Glasflächen nach innen und bilden so eine gefaltet wirkende Oberfläche. Das Thema Putz wird ebenfalls gestalterisch variiert: In einem schönen Zusammenspiel aus Form und Material laufen zwischen den Fensterbändern schmale Ornamentfelder in leichten Rücksprüngen. Über Putz und Farbe konnten eine individuelle Ausdruckskraft und Vielfalt in den Bau gebracht werden. Resumée Es sind die hochwertigen Oberflächen der Lochfassaden, die edlen Materialien im Innern und die Ausführung auf handwerklich hohem Niveau, die dazu beigetragen haben, das architektonisch-städtebauliche Konzept der Verbindung von Tradition und Moderne zu realisieren. Bei aller Eigenständigkeit der einzelnen Büros finden sich in vielen Details gemeinsame Lösungen, z. B. mit dem gestaltprägenden Kupferdach aller Häuser oder dem Einsatz mineralischer Produkte der Firma KEIM mit einer 20-jährigen Farbtongarantie für die Fassadenanstrichsysteme. Letztlich ist dies die Klammer, die die unterschiedlichen Bauten in Material, Form und Farbe so zusammenführt, wie es der Masterplan vorgesehen hat. KEIMFARBEN GMBH Keimstraße 16 86420 Diedorf www.keimfarben.com


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BELEBTES GANZES

Wohn- und Geschäftsgebäude in Berlin-Charlottenburg

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oben Sandgelber Klinker in starker Nuancierung sorgt für das ausdrucksstarke Fassadenbild des neuen Wohn- und Geschäftskomplexes SPREE ONE

Im Berliner Stadtteil Charlottenburg befindet sich am Zusammenfluss von Spree und Landwehrkanal der Wohn- und Geschäftskomplex SPREE ONE. Der im Jahr 2018 fertig gestellte Neubau ersetzt ein Gebäude aus den 1960er Jahren und bildet zusammen mit dem östlich gelegenen Allianz-Gebäude eine asymmetrische Tor-Situation. Für die Fassade war es dem Büro Nöfer Architekten wichtig, dass diese einen dauerhaften Charakter aufweist. Deshalb entschied es sich für das langlebige Material Klinker. Städtebauliche Einbindung Das 10-geschossige Gebäude schließt am Landwehrkanal die Stadtkante zwischen Spreeresidenzen und dem Verwaltungsgebäude auf der Ostseite der Dovestraße. Es ist mittig in die Achse der 650 m langen Cauerstraße positioniert und bekommt dadurch eine besondere Präsenz im Stadtraum. „Das Haus ist ein Solitär, der sich kontextuell in die Umgebung einbindet. Er ist städtebaulich, architektonisch und funktional in der Lage, die ehemals disparate Situation vor Ort neu zu ordnen und die Mitte selbstverständlich zu füllen“, erläutert Architekt Tobias Nöfer.

Funktional und ästhetisch Das Haus umfasst 4 wesentliche Funktionen, die von außen nicht unmittelbar ablesbar sind: am Kanal ein Bürohaus, zu den Nachbarn ein Wohnhaus, zur Straße zwei Supermärkte und ein Café sowie zum Hof eine Kita und ein Garten. „Das alles so zusammenzubringen, dass es in jeglichen Belangen funktioniert, war sehr aufwendig“, so Nöfer. Der Gebäudekomplex ist für die Umgebung ein wesentlicher Baustein, ohne den das urbane Leben nicht stattfindet. Die Architektur dient diesem öffentlichen Leben und öffnet sich besonders im Erdgeschoss den umgebenden Räumen.


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Bau für die Ewigkeit Die Fassade sollte nicht nur dauerhaft wirken, sondern auch sein. Daher entschieden sich die Architekten für den zeitlosen Baustoff Klinker. „Zwischen den westlichen Nachbargebäuden mit ihrem roten Klinkermauerwerk und den östlichen Häusern aus schwarzem Granit wollten wir ein ausdrucksstarkes Material, das dem Projekt in diesem außergewöhnlichen Ensemble eine eigenständige, stabilisierende Rolle ermöglicht“, sagt Tobias Nöfer. Viele Universitätsgebäude in der Nähe wurden zudem mit derselben Farbgebung des traditionellen Greppiner Klinkers gestaltet, so fügt sich das Wohn- und Geschäftshaus harmonisch in das Gesamtbild ein. Bei SPREE ONE wählten die Architekten eine stark nuancierte Sortierung, damit der Klinker auch auf die große Entfernung als solcher in Erscheinung tritt. „Jeder Klinker ist ein haptisch erlebbares Stück Handwerk. In der großen Menge verbinden sich die Einzelstücke zu einem belebten Ganzen“, unten Der farblich abgestimmte Natursteinsockel und die rahmenden Rundstützen verleihen dem Eingang einen starken Portalcharakter

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so der Projektarchitekt. Der sandgelbe Klinker Meißen FU wurde als Riemchen im Kreuzverband verarbeitet. Dazu kamen Vormauer- und Formteilklinker. Trotz dieser unterschiedlich eingesetzten Klinkerformen ist an der Fassade eine einheitliche Oberfläche entstanden, sodass man die verschiedene Materialdicke der Ziegel nicht wahrnimmt. Ausdrucksstarke Details Das Haus steht auf einem Natursockel aus Pfraundorfer Dolomit, der farblich sehr gut zum Mauerwerk passt. An den Straßenfassaden ist die Klinkerwand geschossweise mit horizontalen Putzgesimsen gegliedert, die bei den Wohnetagen ganz in Putzoberflächen übergehen. Ein besonderes Highlight findet sich am Eingang des Gebäudes. Hier wurden 6 Stützen mit so genannten Radialklinkern verarbeitet, die einen starken Portalcharakter verleihen. www.hagemeister.de unten Horizontale Putzgesimse gliedern die Klinkerfassade geschossweise zur Straße hin und gehen im Bereich der Wohnetagen ganz in Putzoberflächen über


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Die Rudolf-Wissell-Brücke gehört zu dem am drittstärksten befahrenen Autobahnabschnitt in Deutschland (Foto: CopterCloud GmbH)

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Das Forschungsgebäude für die Systembiologen des BIMSB/MDC entstand nach Plänen von Staab Architekten (Foto: Sika Deutschland GmbH)

BERLIN BAUT MIT SIKA Sika ist auf allen 5 Kontinenten in 101 Ländern vertreten und produziert in über 200 Fabriken. Als Tochterunternehmen der global tätigen Sika AG, Baar/Schweiz, zählt die Sika Deutschland GmbH zu den weltweit führenden Anbietern von bauchemischen Produktsystemen und industriellen Dicht- und Klebstoffen. Innovatives Denken und Handeln haben eine lange Tradition bei Sika: Es werden Produkte und Lösungen entwickelt und optimiert, die neue, attraktive Chancen für die Partner in der Baubranche, in der Industrie und im Handel eröffnen. Die unternehmerischen Kernkompetenzen – Dichten, Kleben, Dämpfen, Verstärken und Schützen von Tragstrukturen – münden seit über 100 Jahren sowohl im Bausektor, als auch in der industriellen Fertigung in einer großen Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten. Projekte rund um den Globus Sika-Produkte sind vielleicht nicht immer sichtbar, aber die Resultate, die sie erzielen, sind deutlich zu sehen. Von komplett neuen Stadtteilen wie dem Hudson Yards in New York bis zum Waterview Connection Tunnel in Neuseeland setzt Sika Zeichen auf der ganzen Welt. Natürlich auch in Berlin: von den Dächern des Bundeskanzleramts, des Hamburger Bahnhofs oder des Tempodroms über den Korrosionsschutz beim Berliner Funkturm bis zur Bodenbeschichtung in der Beuth Hochschule Berlin. Ganz gleich, ob Sika einen Keller oder ein Dach abdichtet, einen Wolkenkratzer oder ein Auto versiegelt, an einem Haus oder einem Gebäudekomplex arbeitet, man erkennt stets, warum Sika für „Building Trust“ steht. Zwei besondere Projekte in Berlin sind sicherlich die Rudolf-Wissell-Brücke und das Berlin Institute for Medical Systems Biology (BIMSB). Brückensanierung der Rudolf-Wissell-Brücke Die Fahrbahnsanierung der Rudolf-Wissell-Brücke war ein Wettlauf gegen die Zeit. Denn am drittstärksten befahrenen Autobahnabschnitt Deutschlands hatte die starke Beanspruchung durch den täglichen Verkehr ihre Spuren auf dem Fahrbahnbelag hinterlassen: Insbesondere die vom Schwerlastverkehr frequentierte jeweils rechte Spur musste vollständig saniert und neu abgedichtet werden. Denn wenn

sich die Fahrbahn zu sehr abnutzt, birgt dies durch eindringendes Wasser Korrosionsgefahr für die Betonkonstruktion. Da eine Sanierung mit konventionellen Abdichtungsmaßnahmen nicht möglich war, entschieden sich die Planer für das Brücken-Abdichtungssystem der Sika Deutschland GmbH. Die Entscheidung für ein HANV-Abdichtungssystem, das eingespielte und erfahrende Ausführungsteam und die schnell zu verarbeitenden Produkte verkürzten die Sanierung um zwei Wochen, sodass der Verkehr schon nach 4 Wochen wieder wie gewohnt fließen konnte. Berlin Institute for Medical Systems Biology Auf dem Campus Nord der Humboldt-Universität Berlin beschäftigen sich Wissenschaftler künftig auch mit Systembiologie – Anfang 2019 wurde hier ein neues Forschungszentrum bezogen. Besonderen Wert legten die Planer auf die Nachhaltigkeit des Gebäudes – die das Frischbetonverbundsystem der Sika Deutschland GmbH von Grund auf möglich macht. Der Gebäudekomplex ist voll unterkellert. Das gesamte Tiefgeschoss befindet sich in Höhe des Grundwasserspiegels und wird während der späteren Nutzung dauerhaft mit Wasserdruck beaufschlagt. Aufgrund der äußerst sensiblen Nutzung des Gebäudes waren höchste Anforderungen an die Ausbildung der Konstruktion gestellt. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, setzte man auf die innovative Bauweise der Frischbetonverbundtechnologie. Basis dieser Bauart bildet eine WU-Betonkonstruktion, welche außenseitig mit einem Frischbetonverbundsystem kombiniert wird. Das Frischbetonverbundsystem hat die Aufgabe, eventuell auftretende Risse und Fehlstellen in der Betonkonstruktion dauerhaft vor drückendem Wasser zu schützen und im Zusammenspiel mit einem druckwasserdichten Hinterlaufschutz ein Maximum an Sicherheit zu erreichen. Mit seinem Haftverbund und der hochflexiblen FPO-Bahn bietet SikaProof A ein zuverlässiges und dauerhaft rissüberbrückendes Frischbetonverbundsystem. Selbst später auftretende und zum Zeitpunkt der Nutzung nicht einsehbare Risse werden so berücksichtigt, durch den druckwasserdichten Hinterlaufschutz hohe Sicherheit erzeugt und das verbleibende Restrisiko auf ein Minimum reduziert. www.sika.de


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RENOLIT REFACE VERSCHÖNERT DIE HAUPTSTADT Die Wilmersdorfer Straße gilt nach wie vor als die meistbesuchte Einkaufsstraße in Berlin. Während sie in der Vergangenheit durch ihren einzigartigen Charme berühmt war, prägen heute triste Häuserfassaden das Erscheinungsbild der Straße. Mit der RENOLIT REFACE Hochleistungsfolie konnte die Fassade eines Eckhauses in der Wilmersdorfer Straße kostengünstig sowie optisch und qualitativ hochwertig saniert werden. Mit der Farbkombination Anthrazitgrau, Lichtgrau und Verkehrsgrau ist das Gebäude erneut zu einem Blickfang in der Hauptstadt geworden. Die Anforderungen Das Gebäude hatte über die Jahre seinen Glanz verloren und sollte renoviert werden, damit es optisch und zeitgemäß in das Straßenbild neben der neu errichteten Shopping-Mall, den Wilmersdorfer Arcaden, passt. Die Problematik war die Reinigung und Sanierung der Fassadenplatten, noch vor der

Folierung. Durch Werbeschilder und Gerüstankerbohrungen waren über die Jahre unzählige Bohrlöcher an der Fassade entstanden. Weiterhin waren viele Kassetten verbeult, und undichte Silikonabdichtungen mussten entfernt werden. Abgesehen davon war die Fassade von einer Schmutzschicht bedeckt, und einzelne Kassetten wiesen erhebliche Rostbildung auf. Die Löcher wurden mit einer 2-Komponenten-Dichtmasse verschlossen und plan geschliffen. Nach Abschluss der Reinigung waren die größten Bedenken ausgeräumt. Nun musste nur noch der Wunsch des Gebäudebesitzers in Bezug auf die mehrfarbige Folierung der einzelnen Kassetten berücksichtigt werden. Die Lösung Da die Kassetten nicht wie üblich in einer Farbe foliiert werden sollten, sondern je zur Hälfte in Anthrazitgrau und Signalweiß respektive in Verkehrsgrau und Anthrazitgrau, entschied sich unser zertifizierter Verklebepartner Andreas Norenz von „Norenz Foliensysteme“ für den so genannten „Tapeten Doppelschnitt“. Der Vorteil bei dieser Schnitttechnik besteht darin, dass kein Dickenunterschied wie bei einer überlappenden Verklebung entsteht. Bei einer Überlappung wäre diese in Form einer minimalen Kante optisch wahrnehmbar gewesen. Jeweils zwei Folien wurden, nachdem sie übereinander gelegt und leicht angerakelt wurden, am späteren Stoß entlang geschnitten. Die überlappenden Teile der Ober- und Unterfolie wurden entfernt und die Folien danach passgenau aneinander gefügt. Der Vorteil der RENOLIT REFACE Folie ist, dass sie kein Nachschrumpfverhalten zeigt. Somit ist garantiert, dass sich auch nach mehreren Jahren kein schmaler Spalt zwischen den zusammengefügten Kanten auftut. Insgesamt wurden 850 m² RENOLIT REFACE professionell und zügig verklebt, sodass es auch temperaturbedingt keine Komplikationen gab und die Baustelle vor dem herannahenden Winter 2017 abgeschlossen werden konnte. www.renolit-reface.de


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rechts Illwerke Zentrum Montafon (IZM) in Österreich, errichtet 2013 durch das Architekturbüro Hermann Kaufmann ZT GmbH (Foto: © Norman A. Müller)

Mit dem Projekt EDGE Südkreuz Berlin werden derzeit zwei besondere Gebäude in der richtungsweisenden und modularen Holz-Hybrid-Bauweise CREE by ZECH errichtet. Hierzu haben sich ZECH, Rhomberg und CREE Deutschland zu einer ARGE zusammengeschlossen.

BESSER BAUEN MIT NACHWACHSENDEN ROHSTOFFEN Holz-Hybrid-Bauweise CREE by ZECH

Durch die intelligente Kombination des nachwachsenden Rohstoffs Holz mit Beton reduzieren sich die für die Herstellung des Rohbaus anfallenden CO2-Emissionen im Vergleich zur konventionellen Stahlbetonbauweise um bis zu 80 % pro m² Nutzfläche. Dabei werden tragende Elemente aus Holz vorgefertigt und mit Betondeckenelementen kombiniert. Die statisch im Verbund wirkenden Elemente werden mit hoher Präzision vorgefertigt. Die Fassadenelemente können als Holzrahmen inklusive der Fenster ausgeführt und mit Wärmedämmung gefüllt werden. Die Bauteile werden gemeinsam auf die Baustelle angeliefert und aufgestellt. Die konsequente Anwendung von digitalen Planungsmethoden lässt dabei einen wachsenden Katalog von Lösungen entstehen, die den Anwendern von CREE zur Verfügung gestellt werden. Modulare Ordnung Die Modulmaße für die Systeme (1,35 – 1,50 m) bilden alle gängigen Ausbauraster von zeitgemäßen Verwaltungs- und Hotelgebäuden ab. Die einfache Transportfähigkeit wird bei den Regelelementen mit Breiten unter 3,50 m erreicht. Die Fassadenelemente zeigen so eine Geschosshöhe, die selbst bei der Nutzung von installierbaren Hohlraum- und Doppelböden eine großzügige Raumhöhe von netto 3,00 m unter den Konstruktionsbalken zeigt. Die Systembreiten betragen 2,70 m (bis 3,00 m). Die Decke spannt über 8,10 m. Die Kernfläche hängt von den Aussteifungsanforderungen ab. Inklusive aller Erschließungsbereiche beträgt sie in der Regel weniger als 20 % der Grundrissfläche. Konstruktion – Brandschutz – Bauphysik Das vom österreichischen Unternehmen CREE entwickelte modulare Holz-Hybrid-System verbindet die Vorteile des Holzbaus und die des Stahlbetonbaus in den Bereichen der Konstruktion, Brandschutz und Bauphysik.

Konstruktion Vertikale und horizontale Lasten werden entlang der Stützen und in den Erschließungskern abgetragen. Die Betondecken sind mit mind. 10 cm bemessen, um die Brandsicherheit und den Schallschutz zu gewährleisten. Das Traggerüst besteht aus Brettstapelholz, welches mit hoher gleichbleibender Qualität in regionalen Handwerksbetrieben vorgerichtet wird. Das Holz bleibt unverkleidet und braucht wegen der technischen Trocknung keine weiteren Holzschutzmaßnahmen. Die Betonfertigteilplatte wird im Werk mit den Holzträgern gemeinsam geschalt. Die Schubverbindungen entstehen hier durch Kerven und Schraubverbindungen. Die Holzstützen erhalten Stahlplatten und Zentrierdorne für eine präzise und einfache Bauteilpositionierung. Mit diesem System können bis zu 30-stöckige Hochhäuser mit einer Höhe von bis zu 100 m realisiert werden. Brandschutz CREE hat den Feuerwiderstand der Hybriddecken in Brandtests entsprechend der europäischen Normung nachgewiesen. Die Holz-Beton-Hybriddecke besitzt nachweislich einen Feuerwiderstand von mind. zwei Stunden. Das CREE-Bausystem bietet weitere konstruktive Vorteile: Massive Leimholzquerschnitte sind nahezu unmöglich zu entzünden. Holz wird nur für Stützen und Balken verwendet, was die Ausbreitung eines Brandes erheblich erschwert. Die Betonplatte als Teil der Holz-Beton-Hybriddecke stellt eine kontinuierliche Barriere aus nicht brennbarem Material dar, die verhindert, dass sich Brände über mehrere Stockwerke ausbreiten. Bauphysik Die Betonplatte erzielt als Rohdecke einen rechnerischen Norm-Trittschallpegel von 82 dB, die Hohlraumböden und z. B. Teppichböden verbessern den Trittschallschutz auf < 53 dB. Der Nachweis des Luftschallschutzes kann unter


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Illwerke Zentrum Montafon (IZM) in Österreich (Foto: © Norman A. Müller)

Bankgebäude BTV in Memmingen (Foto: © Tom Haider)

Berücksichtigung eines üblichen Innenausbaus in Trockenbauweise für ein bewertetes Bau-Schalldämm-Maß von > 54 dB geführt werden. Darüber hinaus gehende Anforderungen sind möglich.

Digitale Systemplanung Vor dem Produktionsbeginn wird anhand der Systemdatenbanken und in der Systematik des Building Information Modeling (BIM) genannten Verfahrens ein vollständiger „digitaler Zwilling“ erzeugt. Das digitale Modell ist die Grundlage für eine elementgenaue Ablaufplanung auch in der Bauleitung. Das Resultat: Die Bauzeit verkürzt sich insgesamt um rund ein Fünftel.

Schnelligkeit Je nach den Anforderungen an den Innenausbau und dem verfügbaren Personal dauert der Aufbau eine Woche pro Stockwerk. Der Ausbau erfolgt im witterungsdichten, vollständig abgeschlossenen Innenraum. Trocknungs- und Aushärtungszeiten fallen nicht an. Die digitale Systemplanung unterstützt die Fertigung und den Aufbau mit Hilfe einer automatisierten Fertigung und strukturierter Ablaufplanung in der Bauüberwachung und Logistik. Nachhaltigkeit Der wohl wichtigste Aspekt des von CREE entwickelten HolzHybrid-Systems liegt in der Nachhaltigkeit der Baumaterialien, des Systembaus und der Wiederverwendbarkeit. Das Bausystem ermöglicht eine radikale Reduzierung der Betonmengen, die Gebäude werden leichter, die Gründungen weniger aufwendig, wodurch von der Produktion über den gesamten Lebenszyklus der Immobilie nur ein Fünftel der üblichen CO2-Belastung entsteht. Die verwendeten Baumaterialien sind weitgehend recyclingfähig nach dem Cradle-to-CradlePrinzip. unten Die Konstruktion besteht aus Doppelstützen aus Brettschichtholz, Randbalken aus Stahlbeton und Hybrid-Deckenelementen aus einem mind. 10 cm starken Holz-Beton-Verbund

Baukosten Zwar sind Holz-Hybrid-Gebäude aktuell noch etwas teurer als herkömmliche Betonbauten. Die digitale Entwicklung in den Fertigungsbetrieben und die Bewertung der geringeren CO2-Belastung werden schon bald zu Kostenvorteilen des Systems führen. Die modulare Bauweise verkürzt die Bauzeit auf der Baustelle, was Vorteile bei den Gemeinkosten der Baustelle bietet. Wandel in der Baukultur Die mit der CREE-Bauweise errichteten Gebäude haben eine deutlich verbesserte CO2-Bilanz. CREE verwendet ökologisch wertvolle Standardbauprodukte, die leicht auf dem heimischen Markt zu finden sind. Dadurch werden die Transportwege kurz gehalten. Der Wandel in der Baukultur führt weg von ausschließlich Stahlbetonbauten hin zu intelligenten und ökologischen Systembauten, die die Vorteile von Stahlbeton mit denen von Holz kombinieren. Vor diesem Hintergrund erhielt ZECH Building zu Beginn des Jahres den Auftrag, den zweiten Bauabschnitt für Siemens am Standort Erlangen mit CREE Deutschland zu errichten. Arnold Ernst


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Über das dezentrale Lüftungsgerät wird kontinuierlich Frischluft in den Raum geleitet, die zuvor durch Filter von Pollen und Staub gereinigt wird

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Das dezentrale Lüftungsgerät B 44 ist ein effizientes Einzelraumgerät zum Be- und Entlüften für den Einbau in die Außenwand

Das Laibungselement stellt eine alternative Form der Entlüftung dar, bei der keine Außenwandgitter an der Fassadenfront sichtbar sind

NEIN ZU SCHIMMEL UND POLLEN – JA ZU DESIGN Frische Luft atmen, Energie sparen und dabei ein wohltemperiertes Klima ohne Zugluft genießen – dafür sind kontrollierte Lüftungssysteme mit Wärmerückgewinnung da. Früher waren solche Geräte gleich an der Hausfassade sichtbar, was Planer und Architekten oft störte. Der Spezialist für Frischluftsysteme mit Wärmerückgewinnung Vallox hat deshalb Geräte entwickelt, die sich schnell und leicht mittels Fensterlaibungsmodul einbauen lassen. Energiesparen ist Pflicht, nicht nur beim Neubau, sondern auch bei Sanierungen. Die immer dichtere Isolierung von Fassaden und Fenstern macht den Einsatz einer Lüftungsanlage unabdingbar. So können Fenster geschlossen bleiben, um Wind, Kälte, Feinstaub und Pollen draußen zu lassen. Die Raumluft ist damit sauber und sauerstoffreich, und Schimmelbildung wird verhindert. Eine Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung hält zudem die Wärme im Haus. Dezentrale Lüftungsgeräte Insbesondere bei der energetischen Sanierung von Gebäuden lohnt sich der Einsatz von dezentralen Lüftungsgeräten. Sie werden raumweise installiert und gewährleisten umfassenden Feuchteschutz. Somit verhindern sie effektiv die Bildung von Schimmel durch einen kontinuierlichen Luftaustausch. Hierbei bleibt die in der Abluft enthaltene Wärme über einen effizienten Wärmetauscher erhalten. Dezentrale Lüftungsgeräte werden normalerweise neben dem Fenster oder im Bereich der Fensterbank installiert. In nur einem einzigen Gerät sind Abluft und Zuluft geregelt. Kontinuierlich wird Frischluft in den Raum geleitet, die zuvor durch Filter von Pollen und Staub gereinigt wird. Einzelraum-Lüftungsgerät B44 Das Einzelraum-Lüftungsgerät B44 von Vallox mit einer Luftleistung bis 45 m³/h lässt sich schnell und einfach in die Außenwand einbauen. Ein hocheffizienter Keramikwärmespeicher, Strömungsgleichrichter und EC-Ventilator, eingebettet in ein EPP-Gehäuse, garantieren hochgradige Wärmerückgewinnungswerte (Temperaturänderungsgrad bis 88 %) und einen stromsparenden Betrieb. Die glatte Oberfläche des Keramikspeichers ist zudem besonders schmutzabweisend und gewährleistet in Verbindung mit dem Schutzgitter und integriertem G3-Filter einen dauerhaft hygienischen Betrieb. Durch die optimale Konstruktion des Gerätes mit

integrierter Tropfnase wird Kondenswasser über die Außenblende abgeführt und läuft nicht direkt über den Putz der Außenfassade. So werden Verschmutzungen und Frostschäden wirkungsvoll vermieden. Die leicht verschließbare Design-Innenblende ist das einzige sichtbare Element im Innenraum. Die lichtbrechende Oberfläche sorgt dafür, dass sich die Blende unauffällig in die Raumoptik einfügt. Alternative zur Außenblende Beim Einbau in die Außenwand schließt die Wandhülse nach außen mit einer optisch unauffälligen Metall-Außenblende ab. Noch dezenter ist die Be- und Entlüftung über das Laibungsmodul von Vallox. Die Außenfassade bleibt durch diese Installationsvariante unangetastet. Einzig sichtbar ist das dezente Wandgitter (Farben: weiß – pulverbeschichtet oder Edelstahl) in der Fensterlaibung. Der Volumenstrom wird dank der strömungsorientierten Kanalgeometrie nicht beeinträchtigt. Die symmetrische Formgebung des Laibungsmoduls erlaubt den Einbau links oder rechts neben einem Fenster. Integrierte Befestigungspunkte ermöglichen die Fixierung ohne lästiges Kleben. Langfristiger, hygienischer Betrieb Und auch die Hygiene passt: Eine integrierte, sichere Kondensatableitung, Material, das kein Wasser aufnimmt und die einfache Zugänglichkeit stellen einen langfristigen hygienischen Betrieb der Lüftungsanlage sicher. Kostenlose Lüftungsplanung für Planer und Architekten Auf Basis der Planungsinformationen erhalten Fachbetriebe von Vallox kostenfrei einen konkreten Planungsvorschlag sowie eine Einschätzung der Kosten für Projekte zur dezentralen Lüftung. www.vallox.de


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BAUKULTUR 5_2019

Impressum BAUKULTUR – Zeitschrift des DAI 41. Jahrgang ISSN 1862-9571 Herausgeber DAI Verband Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine e.V. DAI Geschäftsstelle Albrechtstraße 13, Aufgang A 10117 Berlin Telefon: +49 (0)30.214 731 74 E-Mail: kontakt@dai.org www.dai.org DAI Geschäftsführung Udo Sonnenberg M.A. E-Mail: sonnenberg@dai.org DAI Präsidium Prof. Dipl-Ing. Christian Baumgart (Präsident) Dipl.-Ing. Arnold Ernst (Vizepräsident) Dipl.-Ing. Alexander von Canal (Schatzmeister) Dipl.-Ing. Dagmar Schierholz (Veranstaltungen und Mitgliederbetreuung) Marion Uhrig-Lammersen (Presse- und Öffentlichkeitsarbeit) Verlag, Gestaltung, Anzeigenverwaltung VBK Verlag S. Kuballa Verlag für Bau + Kultur Zur Leiten 11 95517 Emtmannsberg (Lkr. Bayreuth) Telefon: +49 (0)9209.91 86 240 Telefax: +49 (0)3212.45 26 570 E-Mail: kuballa@vbk-verlag.de www.vbk-verlag.de Chefredaktion Susanne Kuballa M.A. E-Mail: kuballa@dai.org Anschrift wie Verlag Redaktion Dipl.-Ing. Sylvia Jung E-Mail: jung@vbk-verlag.de Anzeigen Dipl.-BW (FH) Ines Moritz E-Mail: moritz@vbk-verlag.de Gültig ist Anzeigenpreisliste Nr. 13 vom 1.10.2018. Druck Benedict Press Vier-Türme GmbH Abtei Münsterschwarzach www.benedictpress.de Der Bezug der Zeitschrift ist im DAI Mitgliedsbeitrag enthalten.

Vorschau Ausgabe 6_2019 >> umBAUKULTUR Autoren dieser Ausgabe Anna Deutinger Zirngibl Langwieser Rechtsanwälte Partnerschaft Berlin www.zl-legal.de Dr. Patrick Gasch Zirngibl Langwieser Rechtsanwälte Partnerschaft Berlin www.zl-legal.de Sabrina Ginter Bundesstiftung Baukultur Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Potsdam www.bundesstiftung-baukultur.de Georg Graetz Graetz Gesellschaft von Architekten mbH Berlin www.graetz-architekten.de Christoph Langhof LANGHOF GmbH Studio für Architektur – Design Berlin Milan Meixelsberger Zirngibl Langwieser Rechtsanwälte Partnerschaft Berlin www.zl-legal.de Barbara Nauerz Velux Deutschland GmbH Team Architektur und Planung www.velux.de

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BAUKULTUR | Zeitschrift des DAI | September 2019 | Ausgabe 5 | ISSN 1862-9571

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