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Wasserkraft-Allrounder verdoppeln die Kraftwerksleistung

NEUARTIGE FISCHFREUNDLICHE JANK-TURBINE VERDOPPELT LEISTUNG VON TRADITIONSKRAFTWERK

Im Zuge einer Erneuerung wurde die seit mehr als 150 Jahren am linken Traisenwerksbach gelegene Wasserkraftanlage Schüller im niederösterreichischen St. Pölten durch die Jank GmbH umfassend saniert. Durch den Einsatz einer neuen Jank-Turbine konnte die Leistung bei gleichbleibender Fallhöhe und Ausbauwassermenge verdoppelt werden. An sonnigen Tagen wird durch eine großflächige Photovoltaikanlage am Dach des Kraftwerks die Leistung sogar verdreifacht. Beim neuesten Eigenkraftwerk der oberösterreichischen Wasserkraftallrounder kommt die besonders fischfreundlich konstruierte Turbine erstmals zum Einsatz, womit in ökologischer Hinsicht neue Standards gesetzt werden. Gemeinsam mit der Solaranlage am Dach wird das rundum erneuerte Traditionskraftwerk im Regeljahr mehr als 900.000 kWh nachhaltig erzeugten Strom liefern.

Das Kleinwasserkraftwerk Schüller blickt auf eine lange Historie zurück und zählt wohl zu den ältesten Wasserkraftwerken in der niederösterreichischen Landeshauptstadt St. Pölten. Archivierte Aufzeichnungen des Wasserkraftstandorts reichen bis auf das Jahr 1854 zurück. Anfang des 20. Jahrhunderts ging die Anlage in den Besitz von Maximilian Schüller über, dem Namenspaten der Anlage. Das Kraftwerk wurde schließlich für die Produktion von elektrischem Strom umgerüstet und diente für lange Jahre zur Versorgung einer großen Spinnerei in St. Pölten. Seit der Stilllegung der Textilproduktion im Jahr 1978 speist das Kraftwerk Schüller in das öffentliche Stromnetz ein.

UMFASSENDE ERNEUERUNG

Anfang des Vorjahres wurde das Traditionskraftwerk am linken Traisenwerksbach von der oberösterreichischen Jank GmbH übernommen. „Nach der Vertragsunterzeichnung im Jänner 2021 ging alles Schlag auf Schlag. Das Einreichprojekt wurde innerhalb von drei Wochen ausgearbeitet und der zuständigen Behörde vorgelegt. In dieser kurzen Zeit wurde ein durchdachtes Konzept für den Standort entwickelt, mit dem die Anlage sowohl in technischer als auch in ökologischer Hinsicht ein neues Level erreicht“, erklärt Jank-Konstruktionsleiter Siegi Jank bei der Inbetriebnahmefeier Mitte Mai. Aufgrund des schlechten Zustands der vorhandenen Bausubstanz entschlossen sich die Wasserkraftallrounder zu einer umfassenden Erneuerung. Von der bestehenden Infrastruktur blieb im Prinzip lediglich die Außenhülle des Maschinengebäudes erhalten. Mit der Umsetzung der Hoch- und Tiefbauarbeiten wurde die Anton Traunfellner GmbH aus dem niederösterreichischen Scheibbs beauftragt, mit der die Jank GmbH erst vor kurzem beim Neubau des EVN-Kraftwerks Brandstatt sehr gute Erfahrungen gemacht hat. Nach der Stilllegung des Altkraftwerks starteten die Abrissarbeiten im Juli des Vorjahres. Für die Umleitung des Wassers diente ein ursprünglich als Überlauf konzipiertes Nebenschussgerinne, wodurch die Bauarbeiten im Trockenen neben dem gefluteten Kanal durchgeführt werden konnten.

Vogelperspektive auf das umfassend erneuerte Kleinwasserkraftwerk Schüller in St. Pölten. Innerhalb von acht Monaten sorgte der oberösterreichische Wasserkraftallrounder Jank GmbH für einen bemerkenswerten Leistungsschub der Anlage.

Fotos: Jank

GUTE NACHRICHTEN FÜR DIE FISCHE

Völlig neu gestaltet wurde der Einlaufbereich des Kraftwerks. Der alte Grundablass wurde durch eine Klappe ersetzt. Anstelle des vormals im Krafthaus untergebrachten vertikalen Einlaufrechens mit Seilzugrechenreiniger kommt nun ein direkt beim neuen Einlauf platzierter horizontaler Schutzrechen zum Einsatz. Die Reinigung der Rechenfläche übernimmt eine elektrohydraulisch betriebene Rechenreinigungsmaschine. Das von der Putzharke entfernte Geschwemmsel wird über eine Spülklappe in den Unterwasserbereich abgeführt. Besonders stolz zeigen sich die Innviertler über die Entwicklung einer besonders fischfreundlichen Turbine: „Als Familienbetrieb in vierter Generation liegt uns nicht nur die Wasserkraft, sondern auch das Thema Innovation und Nachhaltigkeit in den Genen. Der hier in St. Pölten von uns weltweit zum ersten Mal eingesetzte Turbinenpro-

Geschäftsführer Klaus Jank, der St. Pöltner Vizebürgermeister Harald Ludwig und Konstruktionsleiter Siegi Jank (v.l.) bei der offiziellen Kraftwerkseröffnung im Mai.

Bei der Konstruktion der vertikalachsigen Turbine lag das Hauptaugenmerk auf größtmöglicher Fischfreundlichkeit – ohne Abschläge bei der Leistung hinzunehmen. Den direkt mit dem 4-flügeligen Laufrad gekoppelten Permanentmagnet-Generator mit äußerst leisem Betriebsgeräusch lieferte der deutsche Hersteller Krebs & Aulich.

Technische Daten

• Ausbauwassermenge: 5 m³/s • Bruttofallhöhe: ca. 2,7 m • Turbinentyp: Jank-Turbine • Turbinenachse: vertikal • Regelung: hydraulisch • Ø Laufrad: 1.350 mm • Drehzahl: 187,5 U/min • Engpassleistung: 112 kW • Hersteller: Jank GmbH • Generator: Permanentmagnet • Spannung: 428 V • Nennleistung: 135 kW • Hersteller: Krebs & Aulich GmbH • Jahresarbeit PV-Anlage: ca. 70.000 kWh • Jahresarbeit Wasserkraft: ca. 850.000 kWh

totyp weist insgesamt nur vier Turbinenschaufeln auf. Auch sonst wurde alles unternommen, dass Fische die Turbine möglichst ohne Verletzung passieren können. Dadurch ist das System deutlich fischfreundlicher als derzeit vergleichbare Anlagen bei gleichzeitig extrem hohen Wirkungsgraden“, erklärt Siegi Jank.

INNOVATIVE TURBINE

Die Turbine wurde komplett bei Jank entwickelt, an der Technischen Universität München wurde das Modell vermessen und auf höchstem akademischem Niveau überprüft und validiert, führt der Konstruktionsleiter weiter aus: „Auf Basis umfangreicher Modellversuche an der TU München und numerische Berechnungen ist eine äußerst leistungsfähige Turbine entstanden, die bei minimalem Verletzungsrisiko für die Fische ein Maximum an Leistung ermöglicht.“ Von der Bauweise her ist die innovative Turbine, die für Fallhöhen bis 10 m eingesetzt werden kann, am ehesten mit einer vertikalachsigen Kaplan-Turbine vergleichbar. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass die einfachfachregulierte Jank-Turbine ohne Leitapparat und dazugehörige Leitschaufeln, die im Betrieb ein Verletzungsrisiko für Fische darstellen, auskommt. „Bei der Entwicklung der Maschine wurde auch darauf Bedacht genommen, diese möglichst einfach zu konstruieren, um in weiterer Folge die Kosten zu senken. Diese Thematik ist bei Kleinwasserkraftprojekten stets ein wichtiger Punkt. Durch den Wegfall des Leitapparats ist die Turbine im Vergleich zu einer Kaplan-Maschine um ca. 30 Prozent günstiger, zudem kann die Spirale viel einfacher konstruiert werden“, so Jank.

FLÜSTERLEISER GENERATOR

Für das Kraftwerk Schüller wurde die Turbine wie beim Altbestand auf eine Bruttofallhöhe von ca. 2,7 m und eine Ausbauwassermenge von 5 m³/s ausgelegt. Auch das Stauziel im Oberwasserbereich blieb im Zuge der Sanierung unverändert. Im Volllastbetrieb erreicht die mit exakt 187,5 U/min rotierende Turbine eine Engpassleistung von 112 kW. Das Laufrad mit 1.350 mm Durchmesser wurde ohne zwischengeschaltetes Getriebe direkt mit einem Synchron-Generator in Permanentmagnet-Ausführung vom deutschen Hersteller Krebs & Aulich GmbH gekoppelt. „Obwohl die Anrainer des Kraftwerks relativ weit entfernt wohnen, war es uns ein wichtiges Anliegen, die Schallemissionen möglichst gering zu halten. Aus diesem Grund haben wir uns für einen leisen Permanentmagnet-Generator von Krebs & Aulich entschieden, die wir schon von früheren Projekten als kompetente Partner kennen“, sagt Jank. Während der Inbetriebnahmefeier konnte der auf eine Frequenz von 50 Hz und eine Spannung von 428 V ausgelegte Generator seine Vorzüge eindrucksvoll unter Beweis stellen. Trotz Volllastbetrieb waren von der flüsterleisen arbeitenden Maschine kaum Geräusche vernehmbar. Auch das erwärmte Kühlwasser des Generatormantels hat einen nützlichen Zweck. Dieses wird mittels in den Wänden verlegter Schläuche zur Heizung des Gebäudes verwendet.

K&A berechnet, entwirft, konstruiert und baut seit über 20 Jahren elektrische Maschinen mit höchsten Wirkungsgraden und für besondere Anforderungen. Mit mittlerweile fast 100 Mitarbeitern bilden wir eine hohe Wertschöpfungstiefe ab und Förderdauer: 20 Jahrekönnen so Permanent Magnetisch erregte Generatoren Ab 2016: jährlich minus 0,5% auf neu vergütete Anlagen nach Maß und Kundenwunsch individuell fertigen. Ab 2017: die Vergütungshöhe pro Kilowattstunde erzeugtem Strom wird durch Ausschreibungen festgelegt

Der „anzulegende Wert“ in der Direktvermarktung ist 0,20 ct/kWh höher als die Einspeisevergütung.

___________________________ Baden-Württemberg: Kleinerzeugerbonus? folgt

DIE SPEZIALISTEN AM BAU

PHOTOVOLTAIK AM DACH

Als Komplettanbieter sorgte die Jank GmbH in Eigenregie für die Ausführung des elektro- und leittechnischen Equipments. Die Steuerung des Kraftwerks übernimmt die von Jank selbst entwickelte Leittechnik JaPPOS (Jank Power Plant Operating System). Das permanent weiter entwickelte System bietet eine individuell angepasste Visualisierung mit intuitiver Bedienung und sorgt für den vollautomatischen Betrieb des Kraftwerks. Dem Stand der Technik entsprechend kann die Anlage selbstverständlich mittels gesicherter Online-Anbindung aus der Ferne überwacht und geregelt werden. „Um ein Maximum an Effektivität aus dem Standort herauszuholen, wurde die gesamte Dachfläche des Kraftwerks mit Photovoltaik-Paneelen bestückt. Wir rechnen damit, dass die PhotovoltaikAnlage pro Jahr rund 70.000 kWh zusätzlich an sauberer Energie erzeugen wird“, so Siegi Jank. Die Photovoltaik-Anlage ist wie das Wasserkraftwerk mit der Jank-POWERCLOUD verbunden. Dabei handelt es sich um eine ebenfalls selbst entwickelte Monitoring-Plattform zum Informationsmanagement verschiedener Erzeugungsanlagen, bei der die wichtigsten technischen und wirtschaftlichen Daten visuell aufbereitet zusammengeführt werden.

Auch das komplette Stahlwasserbauequipment wie die horizontale Rechenreinigungsmaschine am Kraftwerkseinlauf wurde von der Jank GmbH in Eigenregie gefertigt. Die Hoch- und Tiefbauarbeiten erledigte die niederösterreichische Anton Traunfellner GmbH.

LEISTUNG VERDREIFACHT

Nach einer rekordverdächtigen Bauzeit von knapp acht Monaten wurde die Anlage Mitte Mai im Rahmen einer Eröffnungsfeier offiziell in Betrieb genommen. Neben Vertretern der am Umbau beteiligten Unternehmen freuten sich die Betreiber über die Teilnahme des St. Pöltner Vizebürgermeisters Harald Ludwig und das Interesse der Anrainer. Den kirchlichen Segen für das neue Kraftwerk spendete Pfarrer Karl Höllerer. Geschäftsführer Klaus Jank dankte in seiner Ansprache den ausführenden Unternehmen für die hervorragende Arbeit, die diese während der herausfordernden Begleitumstände der COVID-19-Pandemie geleistet haben. „Die Erneuerung des Kraftwerks Schüller hat sich definitiv ausgezahlt. Im Vergleich zum Altbestand konnten wir die Leistung des Wasserkraftwerks verdoppeln. Wenn die Sonne scheint erzielen wir dank der großflächigen Photovoltaik-Anlage sogar eine Verdreifachung der Leistung“, resümiert Siegi Jank, der nicht unerwähnt lässt, dass sich die nächste fischfreundliche Turbine bereits in Fertigung befindet.

High-End-Design

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