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Für Industriespezialisten ist keine Armatur zu groß

Bei der Revisionsmaßnahme am Stausee Verzasca im Schweizer Kanton Tessin sorgte die Bilfinger Industrial Services GmbH für den fachgerechten Aus- und Einbau von zwei Drosselklappen. Im Bild wird eine ausgediente Drosselklappe DN2800 über die enge Zufahrtsstraße abtransportiert.

Foto: Bilfinger

ÖSTERREICHISCHEN INDUSTRIE- UND WASSERKRAFTSPEZIALISTEN IST KEINE ARMATUR ZU GROSS

Mit ihrem Hauptsitz in Linz und neun weiteren Standorten in Österreich und dem benachbarten Ausland zählt die Bilfinger Industrial Services GmbH zu den größten heimischen Industriedienstleistern. Das Portfolio deckt von Consulting, Engineering, Fertigung, Montage, Instandhaltung, Anlagen-Erweiterungen und deren Generalrevisionen bis hin zu Umwelttechnologien und digitalen Anwendungen die gesamte Wertschöpfungskette ab. Im Wasserkraftsektor hat sich Bilfinger bei einer Vielzahl von Projekten im In- und Ausland seit Jahrzehnten einen ausgezeichneten Ruf als zuverlässiger Partner erarbeitet. In der jüngeren Vergangenheit konnten die Spezialisten ihre Kompetenz beim Handling von großformatigen Verschlussorganen bei drei Großwasserkraftanlagen in der Schweiz und in Österreich unter Beweis stellen.

Der Lago di Vogorno ist ein Speichersee im Schweizer Kanton Tessin mit einem Gesamtstauraum von ca. 105 Millionen m³ und dient als Reservoir für das Kavernenkraftwerk Gordola. Entstanden ist der Speicher zwischen 1961 und 1965 durch die Errichtung einer 220 m hohen Bogenstaumauer, der vierthöchsten Talsperre in der Schweiz. Zur Stromerzeugung werden bis zu 50 m³/s Ausbauwassermenge über eine Bruttofallhöhe von 277 m zu drei vertikalachsigen Francis-Turbinen und einer horizontalachsigen Pelton-Turbine mit einer Gesamtleistung von knapp 110 MW geleitet. Im Regeljahr erzeugt das Kraftwerk Gordola rund 230 GWh Ökostrom. 56 Jahre nach der Fertigstellung war es im Vorjahr an der Zeit, die Stahlwasserbau-Infrastruktur am Grund des Speichers im Rahmen einer geplanten Revision zu erneuern. Dazu wurde der See erstmals seit seiner Entstehung komplett entleert.

Foto: Siegfried Ecker

MILLIMETERARBEIT GEFRAGT

Die Bilfinger Industrial Services GmbH erhielt vom Kraftwerksbetreiber Verzasca SA den Auftrag zur Demontage zweier Drosselklappen, die in einer Schieberkammer untergebracht sind. Vom Hersteller der neuen Absperrklappen, der Adams Schweiz AG, wurde Bilfinger im gleichen Zug mit den Montagearbeiten beauftragt. Laut Bilfinger Projektlei-

Inklusive Antriebe wiegen die neuen Drosselklappen vom Hersteller Adams Schweiz AG, der Bilfinger mit der Montage beauftragte, jeweils 66 Tonnen. Das Ein- und Ausheben der Absperrorgane durch den Revisionsschacht erfolgte in Millimeterarbeit.

In einer Schieberkammer des Vorarlberger Speicherkraftwerks Obervermuntwerk I montierte Bilfinger zwischen Juni und September 2019 einen neuen Kugelschieber DN1500.

Zwischen August 2017 und September 2019 sorgte Bilfinger beim Bau des neuen Pumpspeicherkraftwerks Nant de Drance im Grenzgebiet zwischen der Schweiz und Frankreich für die Montage von insgesamt zwölf Kugelschiebern zum Absperren der sechs reversiblen Pumpturbinen. Im Bild ein Auslaufkugelschieber DN2800 vor dem Einbau.

ter Michael Falkner war das Projekt mit einer ganzen Reihe von Herausforderungen verbunden: „Um den Stillstand des Kraftwerks so kurz wie möglich zu halten, bedurfte es schon im Projektvorfeld einer detaillierten Planung. In logistischer Hinsicht mussten die schwersten Komponenten mit einem Selbstfahrer über die enge Zufahrtsstraße von der Zentrale bis zum Schieberschacht ab- und antransportiert werden. Das Ein- und Ausbringen der Komponenten durch den 60 m hohen Schieberschacht mit 3,6 m Durchmesser erfolgte in Millimeterarbeit mit einem Kran. Für das Ausrichten der neuen Klappen zu den bestehenden ober- und unterwasserseitigen Anschlussflanschen der Druckrohrleitung wurde ein Passring vermessen, um den axialen Versatz auszugleichen.“

DREHUNG ERFORDERLICH

Die Demontage der alten Komponenten mit der dazugehörigen technischen Infrastruktur ging im heurigen Jänner erfolgreich über die Bühne. Zwischen Mitte März und Mitte Mai wurden die neuen Absperreinrichtungen mit einem Gesamtgewicht von jeweils 66 Tonnen inklusive Antriebe montiert. Zum Ausbringen der alten Klappen musste zunächst eine spezielle Vorrichtung montiert werden, womit diese um 60° gedreht und somit aus dem Schieberschacht gehoben werden konnten. Die neuen Absperreinrichtungen mit der Nennweite DN2800 wurden in der Schieberkammer auf neuen Fundamentkonsolen montiert. Neben der Montage der neuen Drosselklappen DN2800, die beim Einheben ebenfalls um 60 Grad gedreht werden mussten, zählte auch die Installation der ölhydraulischen Steuerung und die Verrohrung der Hydraulikleitungen zum Auftragsumfang von Bilfinger. Nach der Beendigung der Montagearbeiten und den Dichtheitskontrollen wurde der Lago di Vogorno von der Betreibergesellschaft wieder aufgefüllt, die Inbetriebnahme des Kraftwerks Gordola steht unmittelbar bevor.

Foto: Bilfinger

NEUER KUGELSCHIEBER FÜR TRADITIONSKRAFTWERK

Vom größten Vorarlberger Energieversorger, der illwerke vkw, wurde Bilfinger im Jahr 2019 mit der Montage eines neuen Kugelschiebers beim Speicherkraftwerk Obervermuntwerk I beauftragt. Bei dem zwischen 2014 und 2019 neu gebauten Pumpspeicherkraftwerk Obervermuntwerk II hatte Bilfinger bereits für die Panzerung des Druckschachts gesorgt. Das 1943 fertiggestellte Obervermuntwerk I mit einer Engpassleistung von 30 MW nutzt die Gefällestufe vom Silvrettasee zum Vermuntsee. Zum Zeitpunkt ihrer Inbetriebnahme waren die beiden 19-MVA-Drehstomgeneratoren der Anlage die größten bis dahin in Österreich gefertigten Wasserkraftgeneratoren. Zwischen Juni und September 2019 sorgte Bilfinger für die Erneuerung des notschlusstauglichen Kugelschiebers DN1500, der sich als oberwasserseitiges Absperrorgan der Triebwasserführung in einer Schieberkammer befindet. Der Auftrag umfasste neben der Montage der Komponenten und Nebenanlagen auch die Lieferung und den Einbau der öl- und wasserhydraulischen Steuerung.

AUFTRAG IN DREI MONATEN ERLEDIGT

Ebenfalls im Bilfinger-Leistungsumfang enthalten war die Organisation und Durchführung sämtlicher Transporte bzw. Schwertransporte zur Baustelle. „Dies umfasste den Kugelschieber, der inklusive Antrieb ca. 107 Tonnen auf die Waage bringt, die Fundamentkonsolen, das Hydraulikaggregat und die Rohrleitung für die Kugelschiebersteuerung“, sagt Michael Falkner. Für den Einbau des neuen Absperrorgans wurden zunächst die neuen Fundamentkonsolen montiert. Im Anschluss konnte der neue Kugelschieber eingehoben und ausgerichtet werden. Das neue Hydraulikaggregat und der Steuerschrank wurden ebenfalls in der Schieberkammer untergebracht. Zusätzlich zur Herstellung der ölhydraulischen Verrohrungen wurden auch die Füll- und Entleerungsleitungen von Bilfinger hergestellt. Komplettiert wurde der Auftrag durch das chemische Beizen der Schweißnähte an den rostfreien Rohrleitungen. Nach Abschluss der Revisionsmaßnahme konnte das Traditionskraftwerk im Montafon im September 2019 wieder den Regelbetrieb aufnehmen.

900 MW PUMPSPEICHERKRAFTWERK

Beim Pumpspeicherkraftwerk Nant de Drance in der Schweiz hat die schrittweise Inbetriebnahme 2021 begonnen. Nach seiner Fertigstellung, die für das heurige Jahr avisiert ist, wird die Anlage mit einer Engpassleistung von 900 MW zu den leistungsstärksten Pumpspeicherkraftwerken in Europa zählen. Zur Stromproduktion nutzt die Anlage einen Höhenunterschied von 425 m zwischen dem Stausee Vieux-Emosson und dem darunter liegenden Speicher Emosson. Die elektromechanische Ausstattung, deren Herzstücke

sechs reversible Francis-Pumpturbinen bilden, befindet sich in einer unterirdischen Kaverne. Im Regeljahr wird das neue Pumpspeicherkraftwerk ca. 2,5 TWh Ökostrom liefern, wobei wurde die Anlage vorrangig zum Ausgleich der schwankenden bzw. unregelmäßigen Stromproduktion von Windkraft- und Photovoltaikanlagen konzipiert. Zum Absperren der sechs Pumpturbinen dienen jeweils zwei Einlauf- und Auslaufkugelschieber, deren Montage die Bilfinger Industrial Services GmbH im Auftrag vom Hersteller GE Renewable realisierte.

KEIN AUFTRAG ZU GROSS

Der Auftrag war vor allem in logistischer Hinsicht mit einigen Herausforderungen verbunden, so Michael Falkner: „Einige Kugelschieber mussten zeitgleich moniert werden. Da es sich um einen Neubau handelt, waren eine ganze Reihe verschiedener Lieferanten und Unternehmen gleichzeitig auf der Baustelle am Werk. Um die Arbeiten zeitgerecht abschließen zu können, bedurfte es einer exakten Koordinierung der vorhandenen Personalressourcen.“ Die Einlaufkugelschieber mit einem Gewicht von je 98 Tonnen ohne Antriebe wurden jeweils mit der Nennweite DN2100 ausgeführt. Jeder Auslaufkugelschieber bringt jeweils 127 Tonnen ohne Antrieb auf die Waage und wurde mit einer Nennweite von je DN2800 gefertigt. Die Einlaufkugelschieber wurden auf einen Nenndruck von 65 bar ausgelegt, die Auslaufkugelschieber haben eine Druckstufe von 35 bar. Neben der Montage der großformatigen Absperreinrichtungen war Bilfinger auch für die fachgerechte Herstellung der dazugehörigen Verrohrungen wie Bypässe oder Entleerungsleitungen und den Einbau der wasserhydraulischen Steuerungen zuständig. Der im August 2017 gestartete Auftrag konnte im September 2019 erfolgreich abgeschlossen werden. Bei Bilfinger zeigt man sich zurecht stolz, dass Hersteller und Anlagenbetreiber rund um den Globus seit Jahrzehnten bei anspruchsvollen Projekten auf die Kompetenz und das Know-how der Österreicher vertrauen. Durch die Bündelung von Ressourcen und Knowhow werden die Voraussetzungen geschaffen, um die Kunden kompetent aus einer Hand bedienen zu können.

Jeder Einlaufkugelschieber DN2100 beim Pumpspeicherkraftwerk Nant de Drance bringt ohne Antrieb 98 Tonnen auf die Waage. Foto: Bilfinger

WE MAKE HYDROPOWER WORK

Bilfinger Industrial Services GmbH ist seit Jahrzehnten Ihr kompetenter Partner in der Wasserkraftbranche. Mit unserem Know-How montieren wir herstellerunabhängig Turbinen, Generatoren sowie Armaturen jeglicher Art und Dimension.

www.bis-austria.bilfinger.com

BILFINGER INDUSTRIAL SERVICES

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