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Schlauchwehrsysteme überzeugen

Beim Ersatzneubau der Wehranlage Barrage de Vaux an der Yonne sorgt das flexible Schlauchwehrsystem von Hydro-Construct seit Ende 2019 für die Stauhaltung. In etwa zeitgleich ging beim Kraftwerk Aqua Bella am Fluss Arc die zweite Anlage der Oberösterreicher in Frankreich erfolgreich in Betrieb.

Fotos: Hydro-Construct

SCHLAUCHWEHRSYSTEME VON HYDRO-CONSTRUCT ÜBERZEUGEN IN FRANKREICH AUF VOLLER LINIE

Die international renommierte Hydro-Construct GmbH aus Steyr in Oberösterreich konnte 2019 und 2020 mit der Inbetriebnahme von zwei Schlauchwehranlagen erstmals auch in Frankreich Fuß fassen. Für das neue Wasserkraftwerk Aqua Bella am Fluss Arc mit vier „Very Low Head“ (VLH)-Turbinen lieferte Hydro-Construct eine wassergefüllte einfeldrige Schlauchwehranlage mit 34,5 m Breite und 4,15 m Verschlusshöhe. Bei der Erneuerung der Stauanlage Barrage de Vaux am Fluss Yonne nahe der Stadt Auxerre ersetzt ein ebenfalls wassergefülltes Schlauchwehr in zweifeldriger Ausführung ein aus dem 19. Jahrhundert stammendes Nadelwehr. Jedes der einzeln bzw. parallel regulierbaren Wehrfelder besitzt eine Verschlusshöhe von 1,9 m und eine Breite von jeweils 27,3 m. Nach der Inbetriebnahme der ersten beiden Referenzanlagen ist man bei Hydro-Construct guter Dinge, dass in Bälde weitere Aufträge in Frankreich folgen werden.

Ein wesentlicher Vorteil von flexiblen Schlauchwehrsystemen an großen Gewässern liegt auf der Hand: Gegenüber konventionellen Verschlüssen zur Stauhaltung oder Wasserspiegelregulierung können Schlauchwehranlagen auch an sehr breiten Flüssen eingesetzt werden, ohne den natürlichen Abflussquerschnitt durch massive Einbauten zu beeinträchtigen. Dies beweisen die, je nach Einsatzzweck, luft- oder wassergefüllten Schlauchwehrsysteme der oberösterreichischen Hydro-Construct GmbH, die seit vielen Jahren rund um den Globus zum Einsatz kommen. 2012 realisierte das in Steyr ansässige Unternehmen in Albanien das längste

Eindruck vom Innenleben der Schlauchwehranlage Barrage de Vaux. Montage der Füll- und Entleerleitungen und der Ankerschienen.

Anlieferung der aufgerollten hochbeständigen SchlauchwehrMembranen zur Kraftwerksbaustelle Aqua Bella.

Zur Stromproduktion nutzt das Arc-Kraftwerk Aqua Bella vier VLH-Turbinen, die im Verbund eine Maximalleistung von ca. 2,2 MW erreichen.

Schlauchwehr Europas mit 265 m Länge und 2,3 m Höhe. Beim 2020 in Betrieb genommenen italienischen Kraftwerk Casale Monferrato am Po lieferte Hydro-Construct ein Schlauchwehr mit der größten Verschlussfläche in Europa. Mit einer Länge von 200 m und einer Regulierhöhe von 4,3 m übertrafen die Oberösterreicher ihre eigene Bestmarke. Das größte Schlauchwehr Indiens in Uttar Pradesh mit den Abmessungen 270 x 3,2 m konnte im Jahr 2017 installiert werden. Bei dem neuen Wasserkraftwerk Aqua Bella und dem Ersatzneubau der Wehranlage Barrage de Vaux, die 2019 und 2020 fertiggestellt wurden, konnte Hydro-Construct seine ersten Referenzanlagen in Frankreich realisieren. „Mit geschätzt mehr als 200 Nadelwehranlagen im Land, die sukzessive einer Erneuerung bedürfen, ist Frankreich natürlich ein sehr interessanter Markt für uns“, bekräftigt Hydro-Construct-Geschäftsführer Dipl.-Ing. Dr. techn. Rudolf Fritsch.

SCHLAUCHWEHR REGULIERT WASSERSTAND FÜR VLH-TURBINEN

Das Wasserkraftwerk Aqua Bella befindet sich auf dem Gebiet der Gemeinden Aiguebelle und Randens im ostfranzösischen Department Savoyen und wurde von der auf erneuerbare Energien spezialisierten AKUO-Gruppe gebaut. Zur Stromproduktion nutzt die Anlage am Fluss Arc vier „Very Low Head“ (VLH)-Turbinen, die ihre konstruktionsbedingten Stärken bei Kraftwerken mit niedriger Fallhöhe und hohem Durchfluss ausspielen. Unter Volllast erreichen die Maschinen im Verbund eine Engpassleistung von rund 2,2 MW. Nach der Fertigstellung im Dezember 2019 wurde das Kraftwerk offiziell in Betrieb genommen. Im Regeljahr kann die Anlage den Ökostrombedarf von rund 4.800 durchschnittlichen Haushalten abdecken. Die gesamten Hoch- und Tiefbauarbeiten des Projekts erledigte das französische Bauunternehmen Léon Grosse. Hydro-Construct lieferte als Subauftragnehmer der Baufirma das wassergefüllte Schlauchwehrsystem für die einfeldrige Wehranlage mit einer Breite von 34,5 m und einer Verschlusshöhe von 4,15 m. „Der Einsatz von vier VLH-Turbinen erforderte schnelle Stellzeiten der Wehranlagen, um Pegelschwankungen beim Starten oder Stoppen einer Turbine auszugleichen. Die Stellzeiten für die gesamte Wehranlage, also das vollständige Aufstellen oder Absenken der Membrane, betragen für das Aufstellen im Regelbetrieb ca. 1,5 Stunden und für die Entleerung ca. 2 Stunden. In speziellen Fällen kann das Schlauchwehr aber auch in weniger als einer Stunde komplett abgesenkt werden“, erklärt Rudolf Fritsch.

SYSTEM DREIFACH ABGESICHERT

Eine der wesentlichen Herausforderungen des Projekts Aqua Bella bestand in der Anlieferung des Wehrschlauchs. „Die mit vier Gewebeeinlagen gefertigte Membrane mit einer Wandstärke von 18 mm erreichte ein Eigengewicht von knapp 20 to, das brachte einen erhöhten logistischen Aufwand mit sich. Zum Einheben der auf zwei Rollen angelieferten Membrane war der Einsatz eines mobilen Schwerlastkrans unabdinglich, darüber hinaus fand die Montage bei beengten Platzverhältnissen statt“, so Rudolf Fritsch. Hergestellt wurde die Membrane vom Hydro-Construct Partner und Mitgesellschafter Rubena Nachod in Tschechien. Das hochbeständige Material wird mittels Vulkanisier-Presse gefertigt und kann theoretisch in beliebiger Länge hergestellt werden. Beim Projekt-Engineering erhielt Hydro-Construct Unterstützung von dem ebenfalls aus Tschechien stammenden Mitgesellschafter Aquatis aus Brünn. Die Regulierorgane der Schlauchwehranlage wie Pumpen, Schieber und Stellantriebe befinden sich in einem Schachtbauwerk neben der Kiesschleuse des Kraftwerks. Die kontinuierliche Regelung der Kronenhöhe, vom vollen bis leeren Schlauchwehr, geschieht über leistungsstarke Pumpen. Zur Gewährleistung der Anlagensicherheit setzt Hydro-Construct auf ein dreifaches System. Die erste Sicherheitsebene bildet eine Überdruckbegrenzung. Zweitens kann die Anlage auf manuellem Weg durch die Betätigung eines Schiebers bzw. Ventils entleert werden. Die dritte Sicherheitseinrichtung stellt eine Entleerklappe mit Schwerkraftantrieb dar, die durch einen definierten Überstau aktiviert wird. Für die Regelung des Schlauchwehrsystems kommt eine von Hydro-Construct selbst entwickelte Automatisierungslösung zum Einsatz. Umgesetzt wurde die Steuerung vom Automatisierungs-Partner ESA aus Wolfern bei Steyr. Die Steuerung ist an die übergeordnete Leittechnik des Kraftwerks angebunden, operiert allerdings auf komplett autonomer Basis und ermöglicht somit jederzeit einen vollautomatischen und sicheren Betrieb der Schlauchwehranlage.

SCHWINGUNGEN REDUZIERT

Beim Ersatzneubau der Wehranlage Barrage de Vaux in der ostfranzösischen Region Bourgogne-Franche-Comté konnte Hydro-Construct bereits 2019 seine Kompetenz in Frankreich unter Beweis stellen. In Auftrag gegeben wurde das Projekt am Fluss Yonne auf dem

Das 34,5 m breite Schlauchwehr mit einer Verschlusshöhe von 4,15 gewährleistet den vier VLHTurbinen des Kraftwerks Aqua Bella eine konstante Stauzielregulierung und schnelle Stellzeiten.

Gebiet der Gemeinde Vaux von „Voies navigables de France“ (VNF), der staatlichen Wasserstraßenverwaltung Frankreichs. Die als Nadelwehr ausgeführte Wehranlage wurde im 19. Jahrhundert errichtet und zuletzt 1896 maßgeblich umgebaut. Das neben einer Schiffsschleuse befindliche Wehr war 2018 bei einem Hochwasserereignis schwer in Mitleidenschaft gezogen worden und bedurfte einer dringenden Erneuerung. Als Generalauftragnehmer engagierte VNF das Bauunternehmen MAÏA SONNIER. Hydro-Construct lieferte für die beiden Wehrfelder ein wassergefülltes Schlauchwehrsystem mit einer Länge von jeweils 27,3 m und einer Verschlusshöhe von 1,9. m. Für die Umsetzung der Anlagensteuerung suchte man, anders als beim Kraftwerk Aqua Bella, die Zusammenarbeit mit einem französischen Unternehmen. Die zentrale Herausforderung beim Projekt Barrage de Vaux lag in der Schwingungsthematik, erläutert Rudolf Fritsch: „Im Prinzip ging es darum, die durch den permanenten Unterwassereinstau verursachten Schwingungen der Wehranlage möglichst gering zu halten, damit im Betrieb keine Schäden an der Membrane oder der Verankerung entstehen. Dazu wurde im Projektvorfeld von der Technischen Universität Graz eine Analyse durchgeführt, die die Auswirkungen von Schwingungen auf die Befestigungskomponenten untersuchte. Die Lösung der Schwingungsthematik an sich haben wir, basierend auf den gegebenen Richtlinien bzw. den Erfahrungen von anderen Instituten, selbst erarbeitet. Zur Minimierung der Schwingungen wurde schließlich ein spezieller Regulierablauf für die beiden Wehrfelder entwickelt, der das Umschalten von der parallelen auf die serielle Regelung bei ansteigender Wasserführung optimiert und somit das rasche Durchfahren der kritischen Schlauchwehrposition gewährleistet.“

INTERESSANTER MARKT

Dank günstiger Witterungsbedingungen und der vorbildlichen Kooperation der beteiligten Unternehmen konnte das Projekt Barrage de Vaux noch im Herbst 2019 abgeschlossen werden. Mit der Inbetriebnahme der modernen Schlauchwehranlage ist der Schiffsverkehr an der Yonne im Bereich der Gemeinde Vaux wieder uneingeschränkt möglich. Rudolf Fritsch zeigt sich zuversichtlich, dass nach der Fertigstellung der ersten beiden Projekte von Hydro-Construct in Frankreich bald die nächsten Schlauchwehre in der „Grande Nation“ in Betrieb gehen werden: „Wir konnten zwei sehr schöne Referenzanlagen in Frankreich verwirklichen, was uns die Option auf weitere Aufträge im Land eröffnet hat. Mit dem Bauunternehmen MAÏA SONNIER befinden wir uns aktuell in der Angebotsphase für ein weiteres Schlauchwehrprojekt. Auch die AKUO-Gruppe, der Betreiber der Anlage Aqua Bella, plant die Errichtung eines neuen Wasserkraftwerks inklusive einer Schlauchwehranlage. Basierend auf dem positiven Feedback, das wir von den Betreibern erhalten haben ist davon auszugehen, dass die nächsten Hydro-Construct-Projekte in Frankreich in naher Zukunft in die Realität umgesetzt werden.“

Teilgefüllte Membrane zur Dichtheitsprobe am Schlauchwehr Aqua Bella während der Endphase des Projekts im April 2019.

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