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Die Kritik am großen ökologischen Fußabdruck reißt nicht ab
Bei all ihren positiven Eigenschaften weisen gerade die bekanntesten Vertreter der modernen Kryptowährungen einen exorbitanten Energieverbrauch auf. Wäre Bitcoin ein Land, läge es mit seinem Energieverbrauch an 29. Stelle – weltweit.
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DIE KRITIK AM GROSSEN ÖKOLOGISCHEN FUSSABDRUCK DES KRYPTO-MINING VERSTUMMT NICHT
Für viele sind sie ein Buch mit sieben Siegeln: die digitalen Währungen, denen doch immer mehr Schlagzeilen in den Medien gehören. Sie heißen Bitcoin oder Etherum, oder tragen andere originelle Namen. Was ihnen gemein ist: Sie werden allesamt in Computern generiert, aktuell in geschätzt über 2 Millionen weltweit. Diese weltweit vernetzten Superrechner brauchen für das so genannte „Krypto Mining“, oder auch „Kryptowährung Schürfen“, viel Energie – sehr viel sogar. Aktuell liegt der Stromverbrauch weltweit bei 145 TWh, knapp über dem Jahresverbrauch von Norwegen. Um die begehrte Währung möglichst gewinnbringend zu produzieren, steht das Gros der Bitcoin-Rechner heute in Ländern, die billigen Strom bieten: China, USA, Kanada, Russland oder Iran. Der anfänglich häufig eingesetzte Kohlestrom wird bilanziell zwar eindeutig weniger, die Branche ist bemüht um ein grüneres Image. Aber auch am exzessiven Verbrauch von Wasserkraftstrom reißt die allgemeine Kritik nicht ab. Eine Momentaufnahme in der Totalen.
Kryptowährungen basieren auf der Grundidee der so genannten Blockchain-Technologien. Getüftelt wurde daran bereits seit den 1970ern, als man versuchte, durch kryptographische Verschlüsselung manipulationssichere digitale Einträge zu schaffen. Diese kryptographische Qualität, die Errungenschaft, in der digitalen Welt etwas zu generieren, das nicht kopiert oder dupliziert werden kann, macht die Besonderheit dieser Technologie aus. Der zentrale Baustein dieses Systems ist die Blockchain, die für die Sicherheit der Krypto-Währung garantiert. Die Blockchain ist definiert als eine komplette und chronologische Liste aller Transaktionen, die etwa in Bitcoin getätigt worden sind. Durch neue Überweisungen kommen immer neue Blöcke zu der Liste hinzu, wobei jeder Transaktionsblock im Grunde ein Protokoll über die vorangegangenen Blöcke enthält. Dadurch bilden die Blöcke eine Kette – und daher stammt auch der Begriff Blockchain, also auf Deutsch „Blockkette“. Aufgrund dieser Verweise auf frühere Blöcke gilt diese Technik als äußerst fälschungssicher. Die Voraussetzung, um am allgemeinen Krypto-Mining teilnehmen zu können, ist im Grunde nur ein leistungsstarker Rechner, der mit dem Bitcoin-Client – also der entsprechenden Software – ausgestattet ist. Wird nun eine Transaktion mit Bitcoin getätigt, so erfolgt dies ohne einen dritten Intermediär, also zum Beispiel eine Bank. Darum gilt die Technologie heute als innovativ, dezentral organisiert und transparent. Doch es gibt auch einen Haken – und der heißt Energieverbrauch.
Grafik: pixabay Bei der Kryptowährung Ethereum ist eine drastische Reduktion des erforderlichen Energieeinsatzes in Planung. GEFANGEN IN DER AUFWÄRTSSPIRALE Die erforderliche Rechenleistung für das Krypto-Mining ist enorm - und damit verbunden auch der Energieverbrauch. Als Bitcoin 2009 das Licht der Welt erblickte, konnte man noch mit jedem Heimcomputer die dafür erforderliche Rechenarbeit erbringen. Doch mit der wachsenden Popularität der Kryptowährung und mit dem Anstieg der verknüpften Rechner wuchs auch der Aufwand der Rechenleistung. Je mehr Rechner und je mehr Nutzer in dem Netzwerk arbeiten, umso schwieriger werden die Rechenaufgaben, umso größer wird die Kom-
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plexität, neue digitale Münzen zu prägen – und umso größer der Energiebedarf. Eine klassische Aufwärtsspirale. Heute sind es Spezialrechner, wie der so genannte Ant- miner S9, die noch in der Lage sind, die aufwändigen Verschlüsselungsberechnungen durchzuführen. An der britischen Universität Cambridge wurde der sogenannte Bitcoin Electricity Consumption Index, kurz CBECI, entwickelt, um den gesamten Stromverbrauch der Technologie unter die Lupe zu nehmen. Demzufolge frisst das mittlerweile weltweite Bitcoin-Netzwerk, also sämtliche Bitcoin Krypto Miner, 145 TWh im Jahr. Wäre Bitcoin ein Land, würde es mit diesem Verbrauch an der 29. Stelle weltweit rangieren. Oder anders ausgedrückt: Der Stromverbrauch am Krypto-Mining macht heute ungefähr 0,65 Prozent des weltweiten Stromverbrauchs aus. Vergleicht man das mit dem Gesamtstromverbrauch aller Datencenter weltweit, die immer-
In der Blockchain werden die Bitcoin-Transaktionen in chronologischer Reihenfolge hinzugefügt. Gerade Wasserkraft spielt für die Herstellung von Kryptowährungen eine große Rolle. Viele Miner nutzen Regionen, die mit günstigem Wasserkraftstrom aufwarten können: wie Kanada, USA oder Russland. Im Symbolbild: der Hoover Dam unweit von Las Vegas.
hin ein Speichervermögen von 2 Billionen Gigabytes an Daten repräsentieren, repräsentiert Bitcoin Mining knapp 40 Prozent davon. Und um welche Steigerungsraten es hier geht, verdeutlicht ein anschaulicher Vergleich, den die Website Digiconomist unlängst publizierte: 2018 entsprach der Energie-Fußabdruck einer Bitcoin-Transaktion etwa 80.000 Transaktionen mit einer Kreditkarte. Jetzt braucht eine Bitcoin-Transaktion bereits 453.000 Kreditkartentransaktionen.
CHINA MACHT SCHLUSS Dass dies zu einem Wettlauf nach den Regionen geführt hat, wo der Strom am günstigsten angeboten wird, ist naheliegend. Bis vor kurzem befanden sich 65 Prozent der Bitcoin-Miner in China, wo man im Sommer von billigem Strom aus Wasserkraft und im Winter von billigem Kohlestrom profitierte. Dank eines erheblichen Überschusses aus dem eigenen, staatlich geförderten Kohlestrom wurde
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Grafik: pixabay der für geraume Zeit den Minern äußerst günstig zur Verfügung gestellt. Doch damit hatte die Szene auch ein „unsauberes“ Energie-Image weg. Es wurden Geschichten von findigen chinesischen Lokalregierungen bekannt, die Krypto-Miner mit bis zu 30-prozentigen Rabatten auf den Strompreis an die Ränder von aufgelassenen Kohlestädten lockten. Sie waren kurzfristig ein willkommener Hoffnungsträger für Regionen, wo die Kohleindustrie dem Untergang geweiht ist. Doch damit ist nun Schluss: China hat beschlossen, dem einen Riegel vorzuschieben. Die modernen Energiefresser werden nach und nach aus dem Land der Mitte gedrängt. Das bedeutet, dass Krypto-Miner mittlerweile andere Standorte suchen. Länder, in denen es günstige und vorzugsweise gleichzeitig auch saubere Energie gibt: Daher sind Länder, wie Kanada, Russland, Island, USA oder Norwegen momentan erste Wahl bei den Krypto-Minern. Hier wird in großen Mengen und zum Teil auch sehr günstig Strom aus Wasserkraft produziert. Mittlerweile ist Wasserkraft bereits die wichtigste Quelle für die Schürfer. Sie liefert laut den britischen Forschern der Universität Cambridge mit rund 60 Prozent den Löwenanteil der Energie.
EXZESSIVE WASSERKRAFTNUTZUNG Doch häufig reichen selbst großen Strommengen aus Wasserkraftwerken nicht aus, wie mehrere Fälle belegen, die die deutsche „Wirtschaftswoche“ kürzlich publizierte: Einer davon ist das Städtchen Plattsburgh im Norden der USA, das dank der großen Wasserkraftreserven im weiteren Umfeld der Niagarafälle jährlich eine bestimmte Menge an Wasserkraftstrom zu einem Vorzugspreis zugeteilt bekommt. Doch dieses Kontingent scheint sich in kurzer Zeit geleert zu haben,
nachdem alleine von zwei Krypto-Minern mit 11,2 MW Bezug rund ein Zehntel der Kapazität ausgeschöpft worden war. Für Privatkunden hätte man, so heißt es, teuren Strom extern zukaufen müssen. Einen anderen Fall schildert die „Wirtschaftswoche“ im Bundesstaat Washington, wo ein Moratorium für Krypto-Miner verhängt worden war, nachdem Bitcoins illegal zu Preisen ab 1,9 $C/kWh geschürft wurden. Selbst Kanadas größter Stromerzeuger aus Wasserkraft Hydro-Québec scheint bei der Nachfrage der Miner an die Grenzen zu stoßen. Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg hätte es beim Stromerzeuger Anfragen für ein Leistungsvolumen von 9 GW gegeben, was dem Viertel der Leistungskapazität des Wasserkraftparks von Hydro-Québec und etwa einem Zehntel der kanadischen Wasserkraftkapazität entspricht. Doch es gibt auch nach wie vor Länder, die Krypto-Miner mit offenen Armen empfangen. So etwa Russland, wo man hofft, mit günstigem Wasserkraftstrom die aus China verdrängten Miner nach Sibirien locken zu können. Angeblich sind schon mehrere dieser Krypto-Industrieparks im hohen russischen Norden geplant.
MORATORIUM IM IRAN Im Nahen Osten dagegen ist den Minern erst vor einigen Wochen ein sehr rauer Wind entgegengeschlagen. Der Iran hat ein Verbot für Krypto-Mining für vier Monate erlassen. Hintergrund des Verbots: In jüngster Vergangenheit war eine ganze Reihe von Stromausfällen in mehreren iranischen Städten vermeldet worden. Als Hauptgrund wurde die Dürre mit ihren negativen Auswirkungen auf die lokale Wasserkraft genannt. Aber offenbar spielte auch das Krypto-Mining eine Rolle, da laut BBC mehr als 2 GW Leistung für die Währungstechnologie bezogen wurde. Und dies nicht nur legal: Angeblich haben 80 Prozent der Miner dafür keine Lizenz. Iran gilt als eine der wichtigsten Mining-Drehscheiben der Welt mit einem Anteil von immerhin 4,5 Prozent. Damit, so heißt es, suche das Land Möglichkeiten, die internationalen Sanktionen zu umgehen.
Kryptowährungen haben großes Potenzial, eine tragende Säule des globalen Finanzwesens zu werden. Allerdings läuft die Zeit gegen die extrem energieaufwändigen Varianten.
ÖKOBILANZ SOLL VERBESSERT WERDEN Betrachtet man den CO2-Fußabdruck des Krypto-Minings, so wird dieser mit 22 Megatonnen Kohlendioxid angegeben, wie Forscher der TU-München herausgefunden haben wollen. Das ist etwa mit dem CO2-Fußabdruck von Städten wie Wien oder Hamburg vergleichbar. Vom gesamten globalen Internet werden nur um die Hälfte mehr, also 33 Megatonnen CO2 erzeugt. Daher ist es wenig überraschend, dass man in der Branche bestrebt ist, die ökologische Bilanz zu verbessern. Mittlerweile geht die Tendenz des Krypto-Minings daher eindeutig in Richtung erneuerbare Energien. Man versucht Überschussstrom aus Wind- und Photovoltaik-Anlagen bestmöglich zu nutzen und argumentiert, dass man damit auch einen Beitrag zu deren Wirtschaftlichkeit und Ausbau leisten könne. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob in diesem Zusammenhang der Strom aus Wasserkraft auch in Zukunft für das Krypto-Mining attraktiv bleiben wird.
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ALTERNATIVEN IM KOMMEN Grundsätzlich ist die Blockchain-Technologie – und darin sind sich sämtliche Experten einig – gekommen, um zu bleiben. Aber dass der damit verbundene hohe Energieaufwand sakrosankt bleibt, ist stark zu bezweifeln. Gerade weil es mittlerweile alternative Kryptowährungen gibt, die deutlich weniger Strom verbrauchen. Es sind vor allem Technologien, bei denen der Prozess der Blockbildung nicht von der Rechenleistung, sondern vom Vermögen abhängt. Neben Bitcoin existieren heute bereits an die 6.000 alternative Kryptowährungen. Die neuesten davon rücken bereits ab vom exorbitanten Energieverbrauch der bekanntesten Vertreter. Einer dieser jungen Vertreter eines anderen Ansatzes wäre etwa die Kryptowährung Signa aus der Schweiz, die nach eigenen Angaben gerade einmal 0,002 Prozent der Energie von Bitcoin verbraucht, um seine Währung zu betreiben. Auch wenn sie noch in der Unterzahl sind: Währungen wie diese geben wohl die neue Richtung vor.
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