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Ein Energiedienstleister auf dem Sprung in eine neue Ära
EWA-ENERGIEURI – EIN ENERGIEDIENSTLEISTER AUF DEM SPRUNG IN EINE NEUE ÄRA
Seit mehr als zehn Jahren sorgt der Energiedienstleister EWA-energieUri mit innovativen Ideen und richtungsweisenden Projekten schweizweit für Aufsehen. Als zentrale Leitlinie verfolgt man die konsequente Transformation des Unternehmens vom klassischen Energieversorger hin zum Energiedienstleister. Wirtschaftlich betrachtet stammen heute bereits 40 Prozent des Gesamtumsatzes aus Energiedienstleistungen. Auf Basis neuer Kooperationen mit Hochschulen und Universitäten sind die findigen Urner nun dabei, ein nachhaltiges Energiekonzept für den Kanton zu entwickeln, das Uri zu einer Energiemodellregion machen soll. Die Ideen spannen sich von unkonventionellen Photovoltaik-Projekten, über innovative Optimierungen des starken Wasserkraftportfolios und über Energiespeicheroptionen bis hin zu Wasserstoffprojekten. Der CEO der EWA-energieUri Werner Jauch erläutert im Interview die Hintergründe, die mittelfristigen Strategien und die Motive dahinter. Ein Blick hinter Kulissen, die permanent in Bewegung sind.
zek: EWA-energieUri möchte den Kanton zu einer Energiemodellregion entwickeln. Dazu hat man sich Partner aus dem Forschungsbereich gesucht. Herr Jauch, wie ist es dazu gekommen? Jauch: Die Kooperationen mit Hochschulen und Universitäten sind für uns jetzt nichts Neues. Zum Beispiel arbeiten wir schon lange mit der ETH Zürich bei Wasserkraftfragen zusammen. Gerade bei unserem aktuellsten Wasserkraftprojekt am Palanggenbach haben wir in Zusammenarbeit mit der ETH das Entsanderkonzept optimiert. Die Kooperation mit der Hochschule Luzern und dem Paul Scherrer Institut (PSI) in Villigen ist aus diesen neuen Ansätzen für eine nachhaltige Energiezukunft in Uri entstanden. zek: Können Sie das konkretisieren? Was sind die neuen Ansätze? Jauch: Vorrangig ist dabei einmal unser „Flagship-Thema“ – die Wasserstoffproduktion zu nennen. Aktuell entwickeln wir ein H2-Produktionsprojekt bei unserem Wasser-
Seit 2017 ist Werner Jauch Vorsitzender der Geschäftsleitung von EWA-energieUri. Er arbeitet aktiv an der laufenden Transformation des traditionsreichen Urner Unternehmens vom klassischen Energieversorger hin zum Energiedienstleister. Speziell um den Ausbau der Wasserkraft im Uri hat sich Werner Jauch in den letzten Jahren verdient gemacht.
Foto: EWA-energieUri
kraftwerk Bürglen. Wir beschäftigen uns dabei mit der Machbarkeit und den damit verbundenen technischen Fragen, Fragen zur Umweltverträglichkeit und zu den Bewilligungen. Natürlich muss man bei dieser Thematik auch den Markt im Auge behalten, woraus sich weitere Fragestellungen ergeben. Wir wollen Anwendungen prüfen – etwa bei Mehrfamilienhäusern oder bei Notstrompumpen und so weiter. Und daher sind wir glücklich über die Kooperation mit der Hochschule Luzern und dem PSI. Es geht bei den Forschungen auch um die Fragen nach bestmöglichen Rahmenbedingungen, um letztlich ein solides Business-Case aufstellen zu können. zek: Welche Themen spielen daneben noch eine Rolle? Jauch: Natürlich geht es auch um den Ausbau der Erneuerbaren und die Korrelation mit dem Ausbau der Elektromobilität. Es geht um Fragen der Netzintegration, Last- und um Flexibilitäts-, aber auch um Asset-Management. Uns ist es wichtig, zusätzliche und neue Ideen gemeinsam mit der Hochschule generieren zu können. Wir verbinden unsere Stärken mit jener der Forschung, um daraus das Beste zu machen. Auf diese Weise möchten wir uns auch challengen. Allein aufgrund der Breite dieser Fragestellungen haben wir beschlossen, diese Zusammenarbeit zu vertiefen.
Das Kraftwerk Schächen ist eines von 12 Wasserkraftwerken, die EWA-EnergieUri in den letzten Jahren erneuert bzw. neu gebaut hat.
Foto: EWA-energieUri
Seit den 1950er-Jahren nutzt das Kraftwerk Isenthal die Kraft des Isenthaler Baches. Aktuell werden Pläne geprüft, die Anlage mithilfe von Photovoltaik-Strom sowie dem bestehenden Stausee zu einer Pumpspeicher-Anlage zu machen.
Foto: EWA-energieUri
zek: Ist auch die Optimierung der bestehenden Kraftwerke ein Thema? Jauch: Ja, aber das bezieht sich dann doch auf Fragen, die uns als Energieversorger seit jeher antreiben und mit denen wir uns ohnedies beschäftigen. zek: Haben Sie bereits eine thematische Priorisierung vorgenommen? Jauch: Durchaus, prioritär betrachten wir das Wasserstoffthema und den ganzen Themenbereich energetische Speicherung, angefangen von der Netzintegration, über Fragen der elektrischen oder thermischen Speicherung von Energie, oder auch über Druckluft – und das Ganze abgestimmt auf den Kanton Uri. Hier ist ein Evaluierungsprozess vonnöten. Das Thema der Speicherung ist für uns eine der zentralen Herausforderungen der Energiewende. In unserer Fokussierung haben wir uns Zeiträume für die Umsetzung vorgenommen, aber noch keine harten Termine gesetzt. zek: In der Medienmitteilung ist von der „Energie im Raum“ zu lesen: Was ist darunter zu verstehen? Jauch: Energie ist ja nicht nur Strom. „Energie im Raum“ definiert für uns die Gesamtheit der energetischen Aufgabenstellungen für den Kanton. Das ist keine ein- oder zwei-dimensionale Betrachtung, sondern durchaus eine mehrdimensionale. Dahinter steckt der Gedanke: Wie können wir für Uri eine regionale Energieautarkie schaffen? zek: Wie will man dabei regional wirtschaftliche Impulse setzen? Jauch: Nehmen Sie das Thema Wasserstoff: Wenn es uns gelingt, eine lokale Produktion auf die Beine zu stellen, sollte sich im Umfeld auch ein neues wirtschaftliches Ökosystem entwickeln können. Man sieht dies heute schon bei der Elektromobilität, die deutlich mehr lokale Wertschöpfung bringt als die fossile: Der verbrauchte Strom wird ja – im Gegensatz zu Benzin und Diesel – bei uns erzeugt und verkauft. zek: Auch die Photovoltaik soll eine wichtige Rolle einnehmen? Jauch: Ja, wir konzentrieren uns dabei vor allem auf den Photovoltaik-Ausbau an weniger konventionellen Standorten, wie etwa an Bergbahnen, Lawinenverbauungen oder Lärmschutzwänden. Wichtig ist uns, dass wir alpine Anlagen mit einem hohen Produktionsanteil im Winterhalbjahr schaffen, um damit letztlich auch dem Thema der Saisonalität Rechnung zu tragen. zek: Stimmt es, dass es auch Pläne gibt, Wasserkraft und Photovoltaik zu koppeln? Jauch: So ist es. Wir prüfen, ob der Stausee Isenthal mithilfe einer Pumpe als Speicher für überschüssigen Solarstrom dienen könnte, also eine Erweiterung des bestehenden Kraftwerks zum Pumpspeicherkraftwerk möglich ist. Mittels überschüssigem Solarstrom könnte man Wasser hochpumpen und im Fall von Bedarfslücken ablassen und turbinieren. Dies fällt in den Bereich des Flexibilitätsmanagements – ein sehr zentrales Thema für uns. zek: Inwiefern? Jauch: Die Erhöhung der Flexibilität unserer Anlagen ist insofern extrem wichtig, als wir damit besser auf die stochastische Energielieferung aus Photovoltaik und Wind reagieren können. zek: Wird bereits an der diesbezüglichen Anpassung und Optimierungen gearbeitet? Jauch: Laufend. Nehmen Sie unser Kraftwerk Bürglen. Diese Anlage verfügt über einen Druckstollen. Dieser wird bereits seit geraumer Zeit auch als Speicher genutzt, indem wir ihn je nach Bedarfslage füllen oder wieder absenken. Wir haben dafür eine Sensorik eingebaut, die uns eine Vielzahl an Daten liefert und die Bewirtschaftung dadurch massiv verbessert hat. Wir sind bemüht, jeden Liter noch besser zu nutzen. zek: Das bedeutet, dass auch das Thema Digitalisierung für Sie immer wichtiger wird? Jauch: Unter dem Arbeitstitel Kraftwerk 4.0 werden einige Lösungen für unseren Kraftwerkspark erarbeitet. Uns stehen heute Instrumente etwa für Zuflussprognosen oder Wirkungsgradoptimierungen zur Verfügung. Das bedeutet in weiterer Folge, dass wir auf Basis dieser neuen Erkenntnisse auch unsere Kraftwerke anpassen. Zum Beispiel hat das Einfluss auf das Entsander-Design oder auch auf das Maschinendesign. zek: Sind auch ökologische Optimierungen ein Thema? Jauch: Auf jeden Fall. Gerade wenn man an Re-Konzessionierungen von bestehenden Anlagen denkt: Hier gilt es sinnvolle Lösung im Hinblick auf Restwasserabgaben bzw. auch -nutzung zu finden. Wir möchten unsere Anlagen ja noch länger weiterbetreiben. zek: Sehen Sie technisch oder hydraulisch noch Optimierungsbedarf in ihrem Kraftwerkspark? Jauch: Ich will es nicht ausschließen, aber grundsätzlich sind fast alle unsere Kraftwerke auf einem sehr hohen Standard. zek: Wie sehen Sie die Chancen und die Herausforderungen für die Wasserkraft generell?
Jauch: Mit dem Ausstieg aus der Kernenergie und der Klima-Energiewende hat die Wasserkraft wieder an Bedeutung gewonnen. Sie ist diejenige Form der Erneuerbaren, die am besten zu steuern ist. Aufgrund ihrer Speicherbarkeit ist sie systemrelevant. Und wenn man die CO2-Bilanz beim Kraftwerksbau mit dem Energieertrag über die Jahrzehnte in Verhältnis setzt, ist sie nach wie vor unerreicht. Blickt man auf die Herausforderungen, so muss man feststellen, dass die Anlagen schweizweit einen hohen Erneuerungsbedarf aufweisen. Hinzu kommt, dass immer wieder der Marktpreisdruck die Wirtschaftlichkeit der Kraftwerke in Frage stellt. Das ist ein Auf und Ab. Politisch geht es natürlich um den Spagat zwischen Schutz und Nutzung: Gerade jene Anlagen, deren Konzessionen auslaufen, sehen sich durch neue Restwasservorgaben mit erheblichen Ertragseinbußen konfrontiert. Außerdem spielt natürlich immer wieder die Frage nach dem Heimfall eine Rolle. Die Strategien der öffentlichen Hand diesbezüglich hängen dann auch oft von der jeweiligen Marktsituation ab. zek: Welche innovativen Strategien konnten Sie in den vergangenen Jahren umsetzen? Jauch: Wir haben in den letzten zehn Jahren zwölf Wasserkraftwerke gebaut. Die haben wir nicht für uns realisiert, sondern die meisten als Partner-Werke – gemeinsam mit Kanton, Korporation Uri, Gemeinden und Drittinvestoren. In dieser Form dient das auch und vor allem dem Gemeinwesen. Und das Schöne daran: Wir konnten unsere Kernkompetenzen dabei einbringen und diese schweizweit bekannter machen. Von der Projektentwicklung, über die Planung, Behördenverfahren bis hin zu Betriebsführungen bietet EWA-energieUri heute ein komplettes Portfolio an Wasserkraft-Dienstleistungen an. zek: Wie ist es gelungen, die Umweltorganisationen ins Boot zu holen? Jauch: In diesem Zusammenhang ist das SNEE [Anmerkung: Schutz-Nutzungskonzept für Erneuerbare Energien] hervorzuheben, das sich als Erfolgsmodell herausgestellt hat. Und dies obwohl nicht wenige Beteiligte zu Beginn ihr Unbehagen zum Ausdruck brachten. Aber wenn man heute zurückschaut, so hat das SNEE tatsächlich Wirkung erzielt. zek: Inwiefern? Jauch: Wir konnten damit erreichen, dass Projektinitiatoren, Behörden und Umweltverbände näher aufeinander zugegangen sind. Es wurden Einigungen erzielt, von denen alle Parteien profitieren – und woraus sich Behördenverbindlichkeit und somit auch eine Investitionssicherheit ergeben. Mit dem Bau der zwölf Kraftwerke ist es uns auch gelungen, unser Geschäftsmodell als Energiedienstleister weiter auszubauen und zu etablieren. Dies wiederum verstehen wir somit auch als Teil der Transformation des Unternehmens. Somit schließt sich hier auch ein Kreis. zek: Woher kommt dieser Ehrgeiz für immer neue Pionierprojekte? Jauch: Vielleicht daher, dass es unserer Natur entspricht, innovativ zu sein. Wir wollen nicht zuwarten, bis andere etwas vorexerzieren. Wir wollen bei den Ersten sein. Natürlich können wir nicht alles neu erfinden, daher wägen wir sehr genau ab, welche Strategien für uns und unseren Wirtschaftsraum die besten sind. Zugleich ist auch die Verantwortung eine Triebfeder – Verantwortung gegenüber der Gesellschaft, der Natur, dem Klima und den nachfolgenden Generationen. Darüber hinaus wollen wir ein kerngesundes Unternehmen bleiben, das eben auch Pioniercharakter zeigt. Bei uns steht nach wie vor der Kunde im Mittelpunkt. Und der ist ein Garant, dass es zu einer stetigen Weiterentwicklung kommt. zek: Wie sieht es mit dem Rückhalt für Ihre Strategien in der Bevölkerung aus? Jauch: Wir sehen, dass mit der Klima- und Energiewende auch die Zustimmung zum Ausbau der Erneuerbaren leicht steigt. Ölheizungen werden sukzessive bei Neubauten gemieden, dafür Photovoltaik-Anlagen sehr häufig eingebaut. Ich denke, dass dies auch eine natürliche Entwicklung sein muss, die nicht von Verboten und Vorschriften getrieben wird. Es ist besser, die Bevölkerung abzuholen, damit sie dies aus eigenem Antrieb und Überzeugung macht. Die intrinsische Motivation ist immer noch die beste Motivation. So bekommt man auch langfristig Zustimmung, nicht weil es gerade opportun ist. zek: Danke für das Gespräch!
Die Zentrale des KW Bristen mit den beiden Maschinen und dem Showroom. Die Anlage liefert im Regeljahr Strom für rund 3.700 Haushalte.
Foto: zek Foto: EWA-energieUri
Seit über 125 Jahre produziert EWA-energieUri Strom und verteilt diesen beinahe im ganzen Kanton Uri sowie in angrenzenden Regionen.