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Neues Kraftwerk verstärkt Strom erzeugung am Hengstpass

WASSERKRAFTWERK UNTERLAUSSA VERSTÄRKT SAUBERE STROMERZEUGUNG AM HENGSTPASS

Ihr bereits 23. Kleinwasserkraftwerk hat die Unternehmensgruppe Gebr. Haider kurz vor dem vergangenen Jahreswechsel im oberösterreichisch-steirischen Grenzgebiet in Betrieb genommen. Das Kraftwerk Unterlaussa nutzt das hydroelektrische Potential des Laussabachs, aus dem von der Wehranlage bis zum Krafthaus über eine Strecke von ca. 3.000 m maximal 3,5 m³/s Triebwasser entnommen werden. Eine wesentliche Herausforderung des Projekts war die Verlegung der GFKDruckrohrleitung, deren Verlauf die Erstellung eines rund 180 m langen Stollens notwendig machte. Zur Stromproduktion kommen im Krafthaus zwei vertikalachsige Francis-Turbinen mit direkt gekoppelten Synchron-Generatoren zum Einsatz. Das jährliche Regelarbeitsvermögen der neuen Ökostromanlage mit 1,7 MW Engpassleistung liegt im Bereich von ca. 7 GWh sauberer Energie.

Der Hengstpass an der Grenze zwischen Oberösterreich und Steiermark war in vergangenen Zeiten eine wichtige Verbindung in der bundesländerübergreifenden Region „Eisenstraße“. Schon im 16. Jahrhundert war die alte Hengstpassstraße von großer Bedeutung für den Transport von Eisen und Lebensmitteln. Auch die Bäche und Wasserläufe in der niederschlagsreichen Gegend dienten schon früh der Wirtschaft, indem Handwerker die Kraft des Wassers durch Wasserräder zum Antrieb mechanischer Transmissionen an Mühlen, Schmieden oder Hammerwerken nutzten. Mit der Einführung der Elektrizität wurden viele Standorte nach und nach schließlich für die Erzeugung von Strom umgerüstet. So auch am Grenzgewässer Laussabach, an dem eine ganze Reihe von Kleinwasserkraftwerken sauberen Strom produzieren. Das jüngste Kraftwerk am Hengstpass wurde von der Unternehmensgruppe Gebr. Haider realisiert und ging im Dezember 2021 erstmals ans Netz

Foto: zek

An der Grenze zwischen Oberösterreich und der Steiermark ging das Kleinwasserkraftwerk Unterlaussa im Dezember 2021 erstmals in Betrieb. Rund 7 Millionen kWh saubere Energie kann die neue Ökostromanlage der Unternehmensgruppe Gebr. Haider im Regeljahr produzieren.

Foto: zek

GRENZÜBERSCHREITENDES PROJEKT

Die von den Gebr. Haider gebündelten Unternehmen betätigen sich primär in den Bereichen Bau, Industrie, Handel, Energie und Forst, hinzu kommen eine Vielzahl zusätzlicher Aktivitäten und Beteiligungen. Im Energiesektor nehmen in der Unternehmensgruppe die Errichtung und der Betrieb von Wasserkraftwerken seit Jahrzehnten eine tragende Rolle ein. Mittlerweile betreiben die Gebr. Haider in Österreich und Rumänien insgesamt 25 Kleinwasserkraftwerke, wovon 18 Anlagen zur Gänze im Eigenbesitz stehen. Beim Kraftwerk Unterlaussa sind die Gebr. Haider mit 95 Prozent die Mehrheitseigentümer, die restlichen Gesellschaftsanteile gehören der steirischen Marktgemeinde St. Gallen. Die für das Kraftwerk namensgebende Streusiedlung Unterlaussa erstreckt sich vom oberösterreichischen Weyer über die Landesgrenze bis in die Steiermark und gehört dort zur Marktgemeinde Sankt Gallen. „Die Aufteilung auf zwei Bundesländer, wobei der Großteil der Anlageninfrastruktur in der Steiermark liegt, war der Grund für das lange Genehmigungsverfahren“, sagt HaiderEnergie Bereichsleiter Christian Mandl: „Die steirischen Behörden stellten die Bewilligungen für das Projekt bereits 2014 aus. In Oberösterreich dauerten die Verhandlungen um einiges länger, dort wurde die ebenso erforderliche naturschutzrechtliche Genehmigung erst im Dezember 2017 erteilt.“ Im Frühjahr 2021 konnte das Projekt schließlich in die Bauphase übergehen, wobei die Gebr. Haider selbstverständlich den Großteil der Hoch und Tiefbauarbeiten sowie die Rohrverlegung in Eigenregie durchführten.

Das Krafthaus direkt neben der Landesstraße grenzt an eine steile Böschung. Den Großteil der Hoch- und Tiefbauarbeiten sowie die Verlegung der ca. 3.000 m langen Druckrohrleitung erledigten die Gebr. Haider in Eigenregie.

OPTIK NICHT VERNACHLÄSSIGT

Das Kraftwerk wurde als klassische Ausleitungsanlage konzipiert, wobei für das Aufstauen des Laussabachs eine massive Wehrklappe in Fischbauchausführung zum Einsatz kommt. Neben der einseitig angetriebenen Wehrklappe befindet sich der Grundablassschütz mit aufgesetzter Klappe zur Abfuhr von Treibgut. Die Ausleitung des Triebwassers erfolgt mittels Seitenentnahme auf der orographisch linken Bachseite. Danach strömt das Triebwasser direkt in das aus zwei getrennten Kammern bestehende Entsanderbauwerk. Am Ende des Entsanders befindet sich vor dem Beginn der Druckrohrleitung der Feinrechen mit vertikalem Stabprofil inklusive dazugehöriger Rechenreinigungsmaschine. Das von der Putzharke entfernte Geschwemmsel wird über eine Rinne direkt in das Bachbett zurückgespült. Sämtliche Absperr und Regulierorgane der Wasserfassung werden wie der Rechenreiniger von einem Hydraulikaggregat angetrieben. Die dynamisch festgelegte Restwasserdotation beträgt mindestens 20 Prozent des jeweiligen Wasserdargebots und bewegt sich zwischen 600 und 875 l/s. Von der gesamten Restwassermenge werden 250 l/s für die Dotation des naturnah gestalteten Fischaufstiegs verwendet. Im unteren Bereich überwinden die Gewässerbewohner das Querbauwerk durch einen naturnahen Beckenpass, der weiter oben in ein Umgehungsgerinne übergeht. „Der Bau des Kraftwerks Unterlaussa war das letzte größere Projekt eines Gebr. HaiderPoliers vor seiner Pensionierung. Dabei war es ihm ein wichtiges Anliegen, das Kraftwerk und im Speziellen den Fischaufstieg optisch möglichst ansehnlich zu gestalten. Wie man an der fertigen Anlage sieht, ist das Vorhaben sehr gut gelungen“, bekräftigt Christian Mandl.

Technische Daten

• Ausbauwassermenge: 3,5 m³/s • Nettofallhöhe: 55 m • Druckrohrleitung: ca. 3.000 m GFK • Ø: DN1500/1400/1300 • Hersteller: SUPERLIT • Turbinen: 2 x Francis • Ø Laufräder: 520 mm • Drehzahl: 1.000 U/min • Engpassleistung: 2 x 850 kW • Hersteller: Global Hydro Energy • Generatoren: 2 x Synchron • Nennscheinleistung: 2 x 1.030 kVA • E-Technik/Steuerung: MBK Energietechnik • Regelarbeitsvermögen: ca. 7 GWh

Foto: Gebr. Haider

Bis auf den ca. 180 m langen Stollenabschnitt wurde die Druckrohrleitung komplett unterirdisch verlegt. Geliefert wurden die GFK-Rohre der Marke SUPERLIT von der oberösterreichischen Geotrade Tiefbauprodukte GmbH.

AUFWÄNDIGE DRUCKROHRLEITUNG

Wegen der durchwegs anspruchsvollen geologischen Bedingungen war die Verlegung der rund 3.000 m langen Druckrohrleitung, die zu ca. 90 Prozent in der Steiermark verläuft, eine zentrale Herausforderung des Projekts, so Christian Mandl: „An der Sohle der Rohrgräben haben wir hartes Konglomeratgestein vorgefunden, das mit schwerem Gerät ausgeschrämt werden musste, teilweise waren auch Lockerungssprengungen notwendig. Zudem erforderte der Trassenverlauf den Ausbruch eines rund 180 m langen Stollenabschnitts mit ca. 4,2 m Querschnitt. “ Die Topographie entlang der Rohrtrasse resultierte in jeweils zwei Hoch und Tiefpunkten der Druckrohrleitung, die dort mit entsprechenden Be und Entlüftungsventilen sowie Entleerungsmöglichkeiten ausgestattet wurden. Bei der Materialauswahl entschieden sich die Betreiber für glasfaserverstärkte Kunststoffrohre (GFK) der Marke SUPERLIT, die inklusive Sonderformstücken vom oberösterreichischen Vertriebsspezialisten Geotrade Tiefbauprodukte GmbH geliefert wurden. Um die Transportkosten zu reduzieren, wurde der Kraftabstieg jeweils gedrittelt in den Dimensionen DN1500/1400/1300 ausgeführt, wodurch eine „Rohr in Rohr“Anlieferung möglich wurde. Die GFKRohre überzeugen mit einem vergleichsweise geringen Gewicht und dem anwenderfreundlichen Muffensystem sowie mit ihrem hohem Abriebwiderstand und den hervorragenden Fließeigenschaften durch eine extrem glatte Innenfläche. Verlegt wurde die Druckrohrleitung fast zur Gänze unterirdisch. Die Ausnahme bildete der Stollenabschnitt, in dem die Rohre freiliegend auf Sätteln montiert wurden.

EFFIZIENTE FRANCIS-ZWILLINGE

Laut Christian Mandl war auch die Erstellung der Baugrube für das Krafthaus nicht ganz einfach umzusetzen. Die größte Herausforde

Die beiden jeweils für 1,75 m³/s Ausbauwassermenge konstruierten Francis-Turbinen vom Wasserkraftallrounder Global Hydro Energy sorgen im Maschinengebäude für ein Maximum an Effizienz. Bei vollem Durchfluss erreicht jede Turbine 850 kW Engpassleistung.

Foto: zek

Christian Mandl hat als Bereichsleiter Energie bei den Gebr. Haider das Projekt von Beginn an begleitet.

Foto: zek Die steirische MBK Energietechnik lieferte das elektro- und leittechnische Equipment.

rung stellte dabei die beschränkte Fläche des Baufelds zwischen einer steilen Böschung auf der Rückseite des Gebäudes und die an die Krafthausfront angrenzende Landesstraße dar. Die Herzstücke des neuen Kraftwerks bilden zwei identisch konstruierte FrancisTurbinen vom oberösterreichischen Wasserkraftallrounder Global Hydro Energy. Das international renommierte Unternehmen hatte schon zuvor mehrere Anlagen der Gebr. Haider mit ihren bewährten Lösungen ausgestattet und setzte sich beim Kraftwerk Unterlaussa erneut mit einem überzeugenden Konzept gegenüber den Mitbewerbern durch. Wegen der begrenzten Platzverhältnisse im Krafthaus wurden die auf jeweils 1,75 m³/s Ausbauwassermenge und 55 m Nettofallhöhe ausgelegten Maschinen in vertikalachsiger Bauform gefertigt. Damit erreicht jede Turbine bei vollem Wasserdargebot 850 kW Engpassleitung. Die Laufräder mit 520 mm Durchmesser drehen mit exakt 1.000 U/min und treiben zwei direkt gekoppelte SynchronGeneratoren in wassergekühlter Ausführung an. Für die Kühlung der auf 1.030 kVA Nennscheinleistung und 690 V Spannung ausgelegten Generatoren sorgt ein im Unterwasserbereich der Turbinen platzierter Wärmetauscher. Die Rückleitung des abgearbeiteten Triebwassers in den Laussabach erfolgt durch zwei unterhalb der Landesstraße verlegte GFKRohre.

MBK LIEFERTE KOMPLETTPAKET

Das elektro und leittechnische Equipment der Anlage stammt von der steirischen MBK Energietechnik GmbH, die ihre Kompetenz bereits bei einer Vielzahl von Gebr. HaiderWasserkraftwerken unter Beweis stellen konnte, sagt MBKGeschäftsführer Christian Mund: „Unser Lieferumfang für das Kraftwerk Unterlaussa erstreckte sich über die gesamte elektrotechnische Ausrüstung und beinhaltete unter anderem die gasisolierte 30 kVMittelspannungsanlage sowie die Fernanbindung. Aufgrund der zwei Maschinensätze ist bei dem Projekt der Energieteil und die Adaptierung der elektrotechnischen Komponenten an den beschränkten Platz im Krafthaus hervorzuheben.“ Lieferengpässe während des Projekts stellten für MBK im Hinblick auf die Materialbeschaffung eine große Herausforderung dar, so Christian Mund: „Das größte Problem bereitete uns der Lieferverzug des Transformators. Glücklicherweise ist es uns gelungen, einen annähernd passenden Transformator (Baujahr 1981) aufzutreiben, und mit diesem einen provisorischen Betrieb über die Wintermonate zu ermöglichen.“ Christian Mandl lässt die aufwändige Energieableitung des Kraftwerks nicht unerwähnt: „Obwohl direkt vor dem Krafthaus eine 30 kVLeitung der Energie AG Oberösterreich verläuft, durften wir aufgrund der Konzessionsgrenzen dort keinen Einspeisepunkt erstellen. Schließlich musste ein ca. 1,1 km langes Erdkabel talauswärts zu einer Trafostation der Energie Steiermark verlegt werden.“

GELUNGENES PROJEKT

Nach einer Bauzeit von ca. neun Monaten ging das Kraftwerk am 22. Dezember 2021 das erste Mal ans Netz. Die Fertigstellung des Fischaufstiegs und die Umsetzung diverser Rekultivierungsarbeiten erfolgten im heurigen Frühjahr. Beim Lokalaugenschein von zek HYDRO kann Christian Mandl ein durchwegs positives Fazit über das Projekt ziehen: „Die Anlage läuft seit der Inbetriebnahme sehr zufriedenstellend und hat trotz der trockenen Sommermonate das prognostizierte Regelarbeitsvermögen bislang sogar übertroffen. In ökologischer Hinsicht freut es uns, dass der Beckenpass an der Wehranlage von den Fischen gut angenommen wird. Man sieht, dass es sich trotz der langen Verfahrensdauer im Projektvorfeld doch ausgezahlt hat und eine für alle Beteiligten gute Lösung realisiert wurde.“ Abschließend bestätigt Christian Mandl, dass die Gebr. Haider den Ausbau des heimischen Wasserkraftpotentials weiter vorantreiben wollen und dafür aktuell das eine oder andere Projekt ins Auge gefasst haben.

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