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notabene Nr 8 Oktober 2015

Zeitschrift für die Mitarbeitenden der Zürcher Landeskirche

Mehr tun für Flüchtlinge Was die Kirche tut, und was es jetzt noch braucht Seiten 6

Seite 10

Seelsorger statt Banker

So tickten die Reformierten

Ein Finanzspezialist wechselt für eine Woche die Seite: von der Grossbank in die Seelsorge

Eine Zeitreise durch das 100-jährige Archiv des Zürcher «Kirchenboten»

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Editorial / Inhaltsverzeichnis

Liebe Leserin, lieber Leser «Wir helfen!», schrieb der «Blick» und lancierte eigens eine Solidaritätskampagne für die Flüchtlinge, die im Spätsommer erstmals auf der Balkan-Route zu Zehntausenden unterwegs nach Europa waren. «Den Flüchtenden fehlt es an allem», schrieb der Chefredaktor, es gehe darum, Leben zu retten und nicht um politisches Hickhack, was mit den Flüchtlingen passieren soll. Es ist selten, dass sich der «Blick» so vorbehaltlos für Flüchtlinge ins Zeug legt. Ich habe mich darüber gefreut. Das Signal war stark, weil es schlicht darauf

Kirchgemeinden und kirchliche Institutionen seit Jahren und oft auch im politischen Gegenwind wertvolle Integrationsarbeit und Flüchtlingshilfe leisteten, sei in diesem Heft noch einmal erwähnt (Seite 8), ebenso der Aufruf des Kirchenrates, angesichts der grossen Not noch mehr zu tun, Räume bereitzustellen, für eine Willkommenskultur einzustehen. Ich weiss nicht, wie sich die Lage präsentiert, wenn Sie nun diese Zeilen lesen. Es sind dann wieder einige Wochen vergangen. Die Lage der Flüchtlinge, die dann noch auf dem Weg nach Europa sind, die hier notdürftig untergebracht sind oder die nochmals einen Winter in den überfüllten Camps im Nahen Osten verbringen müssen, wird kaum weniger dramatisch sein. Nur kann es gut sein, dass nach einiger Zeit die Betroffenheit über das Flüchtlingselend in der Öffentlichkeit verklungen und das Wohlwollen verhallt ist. Es kann sein, dass es dann auch dem «Blick» wieder vor allem um das «politische Hickhack» geht. Die Flüchtlinge heissen dann wieder Asylanten. Und die Stories kreisen um Missbräuche und all die Schwierigkeiten und Fehlschläge im schwierigen Prozess der Integration. Dann wird es umso wichtiger sein, dass die Kirche ihr Engagement für die Abertausenden Menschen auf der Flucht und die hier Gestrandeten aufrechterhält. Für Unterstützung und nur schon für Verständnis zu sorgen, wird dann wieder ungleich schwieriger.

«Wenn sich der ‹Blick› für Flüchtlinge ins Zeug legt.» hinwies, was es zu tun gilt und was wir zu tun vermögen, wenn Menschen in Not sind. Die breite Betroffenheit in der Bevölkerung sorgte in der Folge für viel Aktionismus, für warme Gesten und für einen schönen Batzen auf dem Glücksketten-Konto. Sich für Flüchtlinge ins Zeug zu legen, war plötzlich so angesagt, dass sich das Engagement der Kirche neben all den spontanen, medial hell beleuchteten Aktionen fast schon bescheiden und bedächtig ausnahm. Dass zu diesem Zeitpunkt viele Zürcher

Aktuell

Nachrichten 3–5

Kolumne «Stadtfuchs & Landei»

Rührei und Kreativität

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Schwerpunkte

Jobtausch: ein Pfarrer bei der Post – ein Banker bei der Kirche 6–7

Mehr tun für Flüchtlinge

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KirchGemeindePlus: Jetzt wirds konkret 9

100 Jahre «Kirchenbote»: Trouvaillen aus dem Zeitungsarchiv 10 – 11

Warum ein Totentanz nicht nur makaber ist 12

Rubriken

Themen und Termine 12 – 14

Stellenmarkt 14

Porträt: Kirche und Küche 15

Impressum / Bischof zeichnet 16

Christian Schenk Redaktor «notabene»

Fehler in der Heftproduktion

Wegen einer Panne in der Druckerei sind einzelne Exemplare der SeptemberAusgabe fehlerhaft ausgeliefert worden. Sollten Sie davon betroffen sein, senden wir Ihnen gern ein komplettes Heft nach (Mail an notabene@zh.ref.ch) oder verweisen Sie auf die digitale Version unter www.zh.ref.ch/notabene.

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Kull-Benz und Esther Straub schaffen den Sprung in den Kirchenrat sch. 63 zu 61: Nur zwei Stimmen betrug der Unterschied im Fotofinish der Kirchenratswahlen vom 15. September. Das Rennen machten mit jeweils 63 Stimmen Katharina Kull-Benz und Esther Straub. Marlies Petrig scheiterte mit 61 Stimmen ganz knapp. Die Co-Präsidentin des Stiftungsrates der Sieber-Werke war als Sprengkandidatin gegen Esther Straub angetreten und durfte auf namhafte Unterstützung in der Kirchensynode zählen. Portiert wurde sie unter anderem von den Präsidenten der Evangelisch-kirchlichen Fraktion, der Liberalen Fraktion und von der Präsidentin des Synodalvereins. Esther Straub, Pfarrerin und offizielle Kandidatin der Religiös-sozialen Fraktion, hielt dem Druck stand und vermochte offensichtlich auch über die Fraktionsgrenzen hinweg Stimmen zu gewinnen. Katharina Kull-Benz, Gemeindepräsidentin von Zollikon und FDP-Kantonsrätin, gelang dies im gleichen Masse – allerdings weniger deutlich, als man im Vorfeld annehmen durfte. Sie war als offizielle Kandidatin der Liberalen und Nachfolgerin des zurücktretenden Fritz Oesch unbestritten ins Rennen gegangen. Mit Esther Straub bekleidet nach Anemone Eglin nun erst zum zweiten Mal seit der Reformation

Fotos: sch

Kirchenratswahlen / Katharina

Erleichterung nach einer nervenaufreibenden Wahl: Die neuen Kirchenrätinnen Esther Straub (l.) und Katharina Kull-Benz, beglückwünscht von den Präsidenten ihrer Fraktion.

und seit Einführung der Frauenordination eine Pfarrerin das Amt einer Kirchenrätin.

Präsident unbestritten Kirchenratspräsident Michel Müller, seit 1. Mai 2011 im Amt, wurde mit 86 von 107 gültigen Stimmen wiedergewählt. Die weiteren Mitglieder des Kirchenrates wurden ebenfalls im Amt bestätigt: Bernhard Egg (109 Stimmen), Andrea Marco Bianca (88), Thomas

Kirchensynode / Gemeindefusionen,

und Finanzpläne

kom. Nach der konstituierenden Sitzung der Kirchensynode am 15. September und der Wahl des Kirchenrates berät das neu formierte Kirchenparlament an den Sitzungen vom 24. November und 1. Dezember (Zusatzdatum) erste und gleichzeitig wegweisende und gewichtige Sachvorlagen. Auf der Traktandenliste steht die Genehmigung der Gemeindefusionen im Flaachtal und im Wehntal. Für die Vereinigung der Kirchgemeinden Flaachnotabene

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Plaz-Lutz (86) sowie Daniel Reuter (83). Ob die beiden Neugewählten die Ressorts der zurückgetretenen Irene Gysel und Fritz Oesch übernehmen, entscheidet der Kirchenrat an seiner konstituierenden Sitzung am 30. September (nach Redaktionsschluss). Ohne Gegenstimme wurde auch Synode-Präsident Kurt Stäheli, Marthalen, in seinem Amt bestätigt. Als Vizepräsidentinnen wurden Ruth Kleiber, Winterthur Seen, und Marianne Meier, Meilen, gewählt.

KirchGemeindePlus

Volken, Berg am Irchel und Buch am Irchel zur Kirchgemeinde Flaachtal und für die Vereinigung der Kirchgemeinden Niederweningen und SchöfflisdorfOberweningen-Schleinikon zur Kirchgemeinde Wehntal braucht es die formelle Zustimmung der Kirchensynode. Im Nachgang berät das Kirchenparlament das weitere Vorgehen im Prozess KirchGemeindePlus anhand des Berichts des Kirchenrates zu den Postulaten von Huldrych Thomann und Han-

nes Aeppli und Mitunterzeichnenden. (Bericht dazu auf Seite 9). Mit dem Budget für die Zentralkasse, dem Beitragssatz und dem Finanzausgleich für das Jahr 2016 und dem nachgeführten Finanzplan für die Folgejahre berät das Kirchenparlament schliesslich auch weitreichende finanzpolitische Leitplanken der Landeskirche. Traktanden und Geschäfte auf: www.zh.ref.ch/kirchensynode

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Sozialdiakoniekonferenz /

Foto: sch

Diakonie mit dem Blick fürs Ganze sch. Wie können die Kirchgemeinden ihren diakonischen Auftrag künftig in grösseren Strukturen wahrnehmen? Welche Schwerpunkte setzt die Diakonie in den Brennpunkten der Gesellschaft? Welche Zielgruppen fasst sie ins Auge und wie gelingt Partizipation? Mit diesen Fragen setzten sich an der diesjährigen Sozialdiakoniekonferenz am 20. August rund 180 Sozialdiakoninnen und Sozialdiakone des Kantons Zürich auseinander. Die Diskussion im Kirchgemeindehaus Zürich Neumünster verlief dabei nicht nur entlang von Theorien der Gemeinwesenarbeit, sondern hauptsächlich an rund einem Dutzend bestehender diakonischer Projekte aus verschiedenen Kirchgemeinden. Vorgestellt und diskutiert wurde unter

«Und wo setzt ihr die Schwerpunkte?» Fachdiskussionen über die Gemeindegrenzen hinaus an der Sozialdiakoniekonferenz in Zürich Neumünster.

Internet-Seelorge / Seit

GKD / Schlüssel-

kom. 1995 startete der reformierte Pfarrer Jakob Vetsch das Projekt InternetSeelsorge. Seither haben über 18 000 Menschen beim digital vernetzten Seelsorgeteam Unterstützung erhalten. Vor allem jüngere Menschen getrauen sich im Schutz der Anonymität, ihre Sorgen per E-Mail oder SMS zu formulieren. Oft seien Fragen zu Beziehung und Sexualität oder Hilferufe bei Einsamkeit und Suizidgedanken Themen, die die Menschen den reformierten und katholischen Seelsorgenden anvertrauten, schreibt seelsorge.net in der Pressemitteilung zum Jubiläum. 2014 wurde der Dienst von 952 Personen genutzt, die ein oder mehrere Mails schrieben. Die Seelsorgenden arbeiten ehrenamtlich. Kosten für die kirchlichen Träger entstehen lediglich durch die Koordinationsstelle und für Weiterbildung der Mitarbeitenden. www.seelsorge.net

kom. Frieder Furler betreut ab Oktober den Prozess KirchGemeindePlus. Er übernimmt damit den Aufgabenbereich von Martin Peier, der als Geschäftsleiter zum Zürcher Stadtverband wechselt. Frieder Furler, ehemals Leiter Diakonie sowie Pädagogik und Animation bleibt mit dieser Aufgabe über seine Pensionierung hinaus aktiv in einer Schlüsselrolle in den Gesamtkirchlichen Diensten und bereitet die nächste Phase von KirchGemeindePlus vor (siehe Seite 9). Gerda Zbinden übernimmt die Leitungsfunktionen im Bereich Diakonie und Generationen (mit 80 Stellenprozenten), die Frieder Furler innegehabt hat. Die Leitung des Bereichs «Katechetik und Gemeindebildung» (60 Prozent) übernimmt Katja Lehnert. Beide Bereiche gehören zur Abteilung Kirchenentwicklung.

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meinwesenarbeit zu leisten. Und dies nicht im kirchlichen Alleingang, sondern in Zusammenarbeit mit weiteren lokalen Institutionen und mit Partizipation von Freiwilligen. Neben den fachlichen Aspekten rund um das diakonische Arbeitsfeld und das eigene Berufsbild, bietet die kantonale Sozialdiakoniekonferenz für die Teilnehmenden auch die Möglichkeit, sich über die Gemeindegrenzen auszutauschen und voneinander zu lernen. Präsentationen und Referate auf: www.zh.ref.ch/sozialdiakoniekonferenz

Daniel Lienhard

20 Jahren online

anderem das Engagement in der Flüchtlingshilfe (in Zürich Altstetten und Zürich Neumünster), in der Familien- und Altersarbeit (Zürich Höngg) oder einem «Waste-Food»-Projekt in Thalwil, wo eine Gruppe Freiwilliger Brotwaren und Gourmessa-Produkte an Menschen am Existenzminimum weiterleitet. Urs Woodtli, Leiter der Konferenz und Beauftragter der Landeskirche für die Diakonische Aus- und Weiterbildung, sagte im Nachgang, wichtig sei die Sichtung der Umsetzungsmöglichkeiten der diakonischen Arbeit und insbesondere die Frage, wie es gelinge, in grösseren Sozialräumen sinnvolle Ge-

positionen

ganz kurz / unter

uns

sch. An dieser Stelle war schon einmal die Rede vom Schweizer Psalm und der Krux mit dem Text. Jetzt zeichnet sich Besserung ab. «Weisses Kreuz auf rotem Grund, unser Zeichen für den Bund» ist schon einmal eine eingängige Startzeile des kürzlich gekürten Wettbewerbssiegers für eine Neufassung der Nationalhymne. Weggeschmolzen ist in der Fassung von Werner Widmer der Alpenfirn. Statt Sonnenauf- und untergänge besingt man Werte wie Freiheit, Frieden und den Schutz von Schwachen. Gott kommt in der Version des Zürcher Verfassers nicht mehr vor. Wer das als Frömmigkeitsverlust beklagt, dem zitiert der reformierte und durchaus bibelfeste Autor und Leiter der Stiftung Diakoniewerk Neumünster kurzerhand Matthäus 7,21: «Nicht, wer mich dauernd Herr nennt, wird ins Gottes Reich kommen, sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut.» Nachzulesen auf www.ref.ch und nachzusingen auf www.chymne.ch

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Reformationsjubiläum / Kanton,

Stadt, Kirche und Tourismus spannen zusammen kom. Bei der Gestaltung des 500. Jubiläums der Reformation spannen Stadt und Kanton Zürich, die reformierte Kirche sowie Zürich Tourismus eng zusammen. Dazu wurde am 31. August anstelle der bereits bestehenden Projektplattform ein gemeinsamer Verein «500 Jahre Zürcher Reformation» gegründet. Mit dabei sind Regierungsrätin Jacqueline Fehr, Stadtpräsidentin Corine Mauch, Kirchenratspräsident Michel Müller, Andreas Hurter als Präsident des reformierten Stadtverbandes sowie Tourismusdirektor Martin Sturzenegger. «Das gemeinsame Auftreten von Kanton, Stadt, Kirche und Tourismus macht klar, welch grosse Bedeutung die Reformation für Zürich bis zum heutigen Tag hat», sagte Michel Müller, Präsident des neu gegründeten Vereins. Ziel ist es, die Projekte rund um das Reformationsjubiläum zu koordinieren

und zu bewerben. Dazu sollen Musiktheater, virtuelle Angebote, Spiele, Filme, touristische und Bildungs-Projekte, Bücher und vieles mehr gehören. Schon jetzt entstehen jene Projekte, die wegen ihres Umfangs eine lange Entwicklungszeit haben. Neben diesen überkirchlichen Vernetzungen trägt die Landeskirche die Botschaft der Reformation und des Jubiläums auch mit eigenen Akzenten an die Öffentlichkeit. An vorderster Front agieren dabei die beiden Botschafter für das Reformationsjubiläum, die Dübendorfer Pfarrerin Catherine McMillan und Grossmünster-Pfarrer Christoph Sigrist. Die beiden sind am 15. September im Synodalgottesdienst zu Legislaturbeginn im Grossmünster von Kirchenratspräsident Michel Müller in ihr Amt eingesetzt worden. www.zh.ref.ch/refjubilaeum

Leserbrief / Sühne,

Opfer und Schönwetter-Seelsorge «notabene» 7/15: «Über Brot wird nicht gesprochen» Das Bild der Sühneopfer-Theologie sei aus der Kirche rauszutragen, findet Kirchenrätin Irene Gysel im Interview. Ihre Begründung: «Es ist ein Bild aus der Antike.» Als ob Bilder aus der Antike heute nichts mehr zu sagen hätten! Die Geschichte von Oedipus, der seinen Vater umbringt und seine Mutter heiratet – ein Bild aus der Antike, heute so aktuell wie eh und je. Oder: Gideon, der den Baals-Altar seines Vaters umhaut etc. und anschliessend seinen grossen Gottes-Auftrag erhält. Auch ein Bild aus der Antike, heute bestens brauchbar für eine Trauung. Irene Gysel war verantwortlich für Seelsorge, heisst es im Bericht. Was ergibt sich da für eine Seelsorge ohne die Realität des Sühnopfers von Jenotabene

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sus? Vielleicht eine schmalspurige Schönwetter-Seelsorge. Oder ist das Thema von Schuld und Sühne und Vergebung etwa seit der Aufklärung oder seit den Aufständen der 68er für die Menschen abgeschafft? Wie will man dem Beichtenden mitteilen, dass seine Schuld vergeben ist, wenn nicht auf Grund von Karfreitag und Ostern? Ist nicht genau das Sühnopfer vom Karfreitag mit der Fortsetzung an Ostern Kernaussage des Evangeliums, in den Briefen noch und noch wiederholt? Welches ist die Veranlassung von Irene Gysel, dieses Botschaftszentrum aus der Kirche entfernen zu wollen? Ich denke, die Sühnopfer-Theologie hat in unserer Kirche drin ihren Platz, ganz zuvorderst, beim Abendmahlstisch. Dominique v.Orelli, Pfr.

Stadtfuchs

& Landei

Rührei und Kreativität Bundesrat Berset outete sich letzthin in Genf als Landei. Städte seien allerdings, gemäss dem Architekten Rem Kohlhaas, auch Eier und zwar eher ausufernde, wie Rühreier (urban sprawl) und die Bewohner somit Stadteier. Das Genfer Rührei habe auch noch einen Speckgürtel entlang des Genfersees. Von der Goldküste sprach er nicht. Er stellte jedoch fest, wer in der Stadt eine Wohnung ergattern wolle, müsse erst Goldene Eier legen. Dagegen lobte er die Städte als Orte der «Kreativität und Diversität, des Überraschenden und der kulturellen Durchmischung». Kreativ und überraschend ist bestimmt auch der Reformprozess, auf den sich die Kirchgemeinden der Stadt Zürich eingelassen haben. Wenn ich von den Bedenken über KirchGemeindePlus höre, dann merke ich: Ja, diese Ängste teilen wir in Stadt und Land. Wir fragen uns alle: Wie können wir vor Ort, «bi de Lüüt», Kirche sein und bleiben? Vielleicht ist in der Rühreistadt der Mut grösser, gemeinsam neue Wege zu gehen. Nach dem Eiertanz im Kirchenratswahlkampf, der manche «geschüttelt» hat, bin ich nun «gerührt», dass mit Esther Straub mutig eine Städterin in den Kirchenrat der Landes (!)-kirche gewählt wurde, die diesen Prozess von Beginn weg mitgegangen ist. Dass sie sich als Frau mit Kindern, Beruf und Politik auch noch ein hohes Kirchenamt zutraut, ist selbstbewusst, stark und städtisch. Für die Kirche ist es wertvoll, wenn eine Kennerin des städtischen Reformprozesses Einsichten einbringen und Risiken benennen kann. Wenn dann durch die neue kulturelle Durchmischung (die Schwamendingerin Straub ist ursprünglich und bis heute hörbar Thurgauerin) noch mehr Kreativität und Überraschendes unter den sieben Gschpänli aufgescheucht wird: tant mieux! Res Peter, Stadtpfarrer in Zürich Neumünster 5


Foto: sch

Seitenwechsel /

Seelsorge statt Banking Ein Banker begleitet eine Seelsorgerin, ein Pfarrer erlebt den Berufsalltag bei der Post. Im Programm «Seitenwechsel» tauschen Kaderleute für eine Woche ihren Arbeitsplatz. Und gewinnen tiefe Einblicke.

sch. Es ist früher Donnerstagabend, und Andreas Rieser kommt eben vom Tanzen zurück. Um diese Zeit sässe der Managing Director und Chief Operating Officer in der Vermögensverwaltung (Global MACS) der Credit Suisse AG vermutlich noch lange an einer der vielen Sitzungen fest, die seinen Arbeitsalltag so oft dominieren. Und er wäre wohl kaum in Jeans und Stoffturnschuhen unterwegs wie heute. Aber an diesem Donnerstag geht es für einmal nicht um die grossen Strate-

«Es sind starke Erlebnisse mit tiefen Dimensionen.» gien im Global Asset Management, sondern um kleine Tanzschritte zusammen mit hochaltrigen und dementen Menschen. Während des zweistündigen Tanznachmittags im Pflegezentrum Riesbach habe er kaum einmal Zeit für einen Schluck Kaffee gefunden, schon hätte man ihn wieder aufs Parkett geholt, erzählt Andreas Rieser. Schöne Begegnungen seien das gewesen, kleine Momente des Glücks, die er aus den Gesichtern der Menschen gelesen habe, mit denen er getanzt habe. Lehrreich und bewegend auch für ihn, der an diesem Tag und in der ganzen Woche seines 6

«Seitenwechsels» von der Bankenwelt in die Spezialseelsorge der Landeskirche Ungewohntes erlebt hat.

Von der Abflughalle ins Pflegheim Jetzt im Gespräch lässt er alles noch einmal Revue passieren, vergisst kaum ein Detail, analysiert genau und wertschätzend: die Tage im Flughafenpfarramt in Begleitung von Pfarrer Walter Meier, die Erlebnisse mit gestrandeten Passagieren oder mit Asylsuchenden, die um eine Schnelltaufe bitten; das Mitwirken am Gottesdienst in der kleinen Flughafenkapelle und all die Begegnungen mit den Mitarbeitenden der Airlines und des Flughafens. Mitte Woche dann der Szenenwechsel zu einem ganz anderen Schauplatz der Seelsorge in den Stadtzürcher Pflegheimen Riesbach und Witikon. Diesen Teil des Seitenwechsel-Programms erlebt der Banker und junge Familienvater in Begleitung von Pfarrerin Elisabeth Jordi. Mit ihr zusammen besucht er Patientinnen und Patienten in ihren Zimmern und Wohnungen, begleitet Menschen in die Therapie oder erlebt beim Spaziergang, wie eine kleine Schwelle für alte Menschen zur Barriere werden kann. Mehr als einmal während seiner kurzen Einsatzzeit steht Andreas Rieser auch an einem Sterbebett.

«Es sind für mich starke Erlebnisse mit ganz vielschichtigen und tiefen Dimensionen», sagt Rieser. Er habe die Kirche und ihre Seelsorge ganz nahe bei den Menschen auf eine neue und für ihn auch schöne und tröstliche Art kennen gelernt. Für ihn habe der Seitenwechsel zur Kirche genau den erhofften Wechsel der Perspektiven mit sich gebracht, die sich nur von ganz neuen und ungewohnten Standpunkten aus eröffnen – in der Flughafenkapelle, in einem Sterbezimmer oder auf dem Tanzparkett an einem gewöhnlichen Donnerstagnachmittag.

«Seitenwechsel» Kaderpersonen aus Unternehmen leisten beim «Seitenwechsel» für eine Woche einen Einsatz in einer sozialen Institution und sammeln Erfahrungen in einem anderen Arbeitsalltag. Mit dabei in diesem Jahr ist auch die Zürcher Landeskirche. Ziel ist es, im Arbeitsleben eine Haltung gesellschaftlicher Verantwortung aufzubauen, die eigene Persönlichkeit und kooperative Führungsstile zu entwickeln. Das Programm, das seit 1993 existiert, wird betreut durch die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft (SGG). Im Rahmen des Modellprojekts durfte die Landeskirche selber fünf Personen entsenden, und drei

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Foto: Reto Schlatter

Andreas Rieser (links) wechselte von der Bank in die Seelsorge, Michel Müller von der Kirche in die Zentrale der Post.

Seitenwechsel /

Post statt Kirche Kirchenratspräsident Michel Müller über gefährdete Filialen bei Post und Kirche und andere Parallelen zum Gelben Riesen. Von Christian Schenk

Ein Kirchenratspräsident und Pfarrer bei Postmail – wie hat man Sie beim Gelben Riesen empfangen?

Die Menschen haben eine gewisse Vorstellung davon, was ein Pfarrer ist. Sie sind dann aber immer auch neugierig zu erfahren, was das genau heisst. Und bei vielen löst es gleich auch das Bedürfnis aus, sich über den eigenen Bezug zum Glauben, zur Kirche zu äussern. Was konnten sich die Berner Post-Mitarbeitenden unter einem Zürcher Kirchenratspräsidenten vorstellen?

Das war sehr erklärungsbedürftig. Da musste ich jeweils genau schildern, welche Leitungsaufgaben, welche öffentlichen Auftritte damit verbunden sind. Das war aber auch eine Chance, etwas von unserer Kirche zu erzählen. Welche Unterschiede in der Firmenkultur sind Ihnen aufgefallen? Weht ein rauherer Wind?

Die Post hat die Genetik eines mitarbeiterfreundlichen Staatsbetriebs. Aber das sinkende Auftragsvolumen und die Forderungen nach höherer Produktivität sorgen für hohen Leistungsdruck. Im Bereich Gesundheitsmanagement und Burnout-Prävention hat die Post aber einiges zu bieten, was die Kirche so nicht hat. Das hat mich auch nachdenklich gemacht.

nehmen hat. Ein Unternehmen, das sich in den letzten Jahrzehnten gewaltig verändert hat, das heute gewinnorientiert arbeiten muss und gleichzeitig die politisch definierten Aufträge eines Staatsbetriebs erfüllen muss. Analogien gibt es auch beim «Verteilnetz». Wie die Kirche muss sich auch die Post seit Jahren mit der Schliessung von Filialen befassen und die Spannung zwischen Service public und Rentabilität aushalten. Der Strukturwandel betrifft uns beide. Gibt es Werkzeuge auf der Leitungsebene, die sich in die Kirche transferieren lassen?

Ein Seitenwechsel könnte für alle kirchlichen Mitarbeitenden sinnvoll sein: eine Katechetin könnte einmal in den Gesamtkirchlichen Diensten arbeiten, ein

«Wer schliesst zuerst – die Post im Dorf oder die Kirche?»

externe Personen hatten die Gelegenheit, die Arbeit der Landeskirche kennenzulernen. Jeannette Behringer, Koordinatorin des Programms in der Landeskirche, schildert die Motivation zur Teilnahme folgendermassen: «Das Modellprojekt soll die Tätigkeiten der Landeskirche in der Gesellschaft bekannter machen. Umgekehrt bieten die Einsätze für Mitarbeitende der Kirche nicht nur die Gelegenheit, andere Institutionen und deren Lösungsansätze kennen zu lernen. Auch bietet sich die Chance, gegenseitige Vorstellungen von ‹der Kirche› oder ‹dem Unternehmen› zu reflektieren und auszutauschen.» www.seitenwechsel.ch

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Gibt es Parallelen zwischen den Herausforderungen, denen sich die Post und die Kirche stellen müssen?

Interessant war beispielsweise der Blick in die Human Resource-Abteilung und deren Bemühungen, Mitarbeitende zu rekrutieren – so wie wir das beim Pfarrberuf derzeit auch tun. Dabei gilt auch bei der Post, Identität zu zeigen und dabei Vorurteile abzubauen, die man gegenüber einem so traditionellen Unter-

Pfarrer den Sigristendienst übernehmen. Das würde neue Perspektiven eröffnen. Im Rahmen von «Seitenwechsel» sind Kaderleute aus der Wirtschaft in der Kirche zu Gast. Was können diese von uns lernen?

Sie sollen möglichst viele Ebenen und Bereiche des Kircheseins erleben. Wir wollen zeigen, dass wir top organisiert sind. Und sie sollen miterleben, wenn rituelle Elemente mitspielen. Wir dürfen zu unserem Stil, unserem Tempo stehen. Wir müssen nicht übertrieben fromm oder weltlich sein wollen. Einfach echt und uns nicht verstecken. 7


Foto: sch

Mehr tun für Flüchtlinge Aktion «Flucht.Punkt» /

Hilfe für Flüchtlinge ist für die Zürcher Kirche nicht nur Gebot der Stunde. Zahlreiche Akteure engagieren sich seit Jahren in diesem Bereich. Weil sich die Lage aber zuspitzt, will der Kirchenrat den Einsatz verstärken. sch. Seit Wochen beschäftigt die Flüchtlingstragödie die Öffentlichkeit. Zehntausende Menschen aus den Kriegs- und Krisengebieten Afrikas und des Nahen Ostens machen sich auf den gefährlichen und beschwerlichen Weg nach Europa. Tausende haben auf der Überfahrt über das Mittelmeer ihr Leben gelassen. Familien mit Kindern leiden Not auf den immer wieder blockierten Reiserouten. In der Politik wird darüber debattiert, wie man den Menschen begegnen will, die in der Schweiz um Schutz und Asyl nachsuchen. Derweil sind die Be-

das damit verknüpfte Engagement zahlreicher Kirchgemeinden zur Unterbringung und Integration von Flüchtlingen (siehe Kasten). Weil sich die Lage seither weiter zugespitzt hat und auch in den nächsten Monaten mit einem markanten Anstieg der Flüchtlingszahlen in der Schweiz zu rechnen ist, will der Kirchenrat das Engagement der Landeskirche verstärken. «Im Bereich Unterbringung kann noch sehr viel mehr getan werden», sagte Kirchenrat Bernhard Egg am 15. September in der Kirchensynode. Der Beitrag der Schweiz sei bislang noch bescheiden. Ziel ist es nun, noch mehr Kirchgemeinden für die Aktion «Flucht.Punkt» zu gewinnen und damit mehr Wohnraum und Angebote zur Integration der Flüchtlinge zu erhalten. Dazu bittet der Kirchenrat die Gemeinden erneut, ihre Möglichkeiten zur Unterstützung zu prüfen. Für fachliche Hilfe und Vernetzung mit anderen Hilfeleistenden sorgen die Gesamtkirchlichen Dienste, namentlich die Beauftragte für den Bereich Migration und Integration, Gabriela Bregenzer. Seit 2012 setzt sie sich für ein respektvolles Zusammenleben von Einheimischen und Fremden ein und fördert Projekte der interkulturellen Diakonie in den Kirchgemeinden – eben auch mit der jetzt breit angelegten Aktion «Flucht.Punkt». Gerade weil die Hilfsbereitschaft hoch

«Die Erwartungshaltung gegenüber den Kirchen ist gross.» hörden damit beschäftigt, die Infrastruktur für die Unterbringung und Betreuung der Flüchtlinge aufzustocken. In dieser Situation sind auch die Kirchen herausgefordert. «Die Erwartungshaltung gegenüber den Kirchen ist gross», sagt Philippe Dätwyler, Koordinator der Aufgaben rund um das Thema Flüchtlingshilfe bei der Landeskirche. Gleichzeitig sei aber auch die Hilfsbereitschaft vieler Kirchgemeinden und vieler Einzelpersonen beeindruckend, sagt Dätwyler und verweist auf das bereits im Frühling von der Landeskirche lancierte Projekt «Flucht.Punkt» und 8

Wo die Kirche hilft Im Zuge der Aktion «Flucht.Punkt» oder auch aus eigenem Antrieb engagieren sich bereits etwa zwanzig Kirchgemeinden. Für viel mediale Aufmerksamkeit sorgten dabei die Stadtzürcher Kirchgemeinden Neumünster und Grossmünster, die Wohnraum für Flüchtlingsfamilien zur Verfügung stellen («notabene» 3/15). Auch die Kirchgemeinde Bubikon vermietet eine leerstehende Pfarrwohnung an das Sozialamt, in der anerkannte Flüchtlinge aus Syrien Platz finden. Zürich Höngg, Zürich Affoltern und Zürich Oberstrass prüfen ihre Optionen für Wohnraum. Diakonische Angebote – wie zum Beispiel Mittagstische, Deutschunterricht, interkulturelle Treffpunkte – finden Asylsuchende und Migranten in Zürich Aussersihl, Zürich Altstetten, Meilen, Stäfa, Gossau, Rüti, Thalwil oder Wetzikon. Weitere Kirchgemeinden helfen über ihre Sozialberatung. Im Bundeszentrum Juch in Zürich-Altstetten ist ein Seelsorger der Landeskirche im Einsatz. Integrationsarbeit leistet auch das Zentrum für Migrationskirchen in Wipkingen. Das HEKS engagiert sich mit dem Projekt «Interkulturelle Gärten», und das Solinetz Zürich sorgt seit Jahren für praktische Unterstützung für Migranten und Sans-Papiers. Infos und Kontakt zum Thema Migration und Flüchtlinge: gabriela.bregenzer@zh.ref.ch, Tel. 044 258 92 39 und philippe.dätwyler@zh.ref.ch, Tel. 044 258 92 65 www.zh.ref.ch/migration

Hilfe hier und dort Neben der Hilfe für Flüchtlinge in der Schweiz engagiert sich die Zürcher Landeskirche seit 2009 auch für die Unterstützung der Flüchtlinge und für verfolgte Christen in Irak, Syrien und der Türkei. www.zh.ref.ch/hilfe

und sich zahlreiche Gemeinden, Institutionen und Hilfswerke am Thema beteiligen, will der Kirchenrat auch die Koordination verstärken. Sie soll durch die Abteilung Kommunikation der Landeskirche in der Person von Philippe Dätwyler gewährleistet werden – und eine ökumenische oder interreligiöse Zusammenarbeit anstreben. notabene

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KirchGemeindePlus /

Dritter Weg zum Ziel

Der Kirchenrat hält das Tempo hoch bei KirchGemeindePlus und zielt auf einen Weg zwischen Dienstleistungs- und Beteiligungskirche: Bis Sommer 2016 sollen die Konturen neuer Kirchgemeinden als regionale Rahmenorganisationen skizziert sein. Dazu braucht es auch die Zustimmung der Kirchensynode. Von Nicolas Mori

mo. Der Prozess «KirchGemeindePlus» zielt darauf, die Landeskirche und ihre Kirchgemeinden fit zu machen für die Zukunft. Er kommt nun in eine dritte Phase, für die der Kirchenrat das Zielbild neu formuliert hat. Welches die Leitmotive und Zielbilder in diesem Prozess sind, und wie dieses Ziel erreicht werden soll, darüber informierten Kirchenratspräsident Michel Müller, Kirchenrat Daniel Reuter und Thomas Schaufelberger, Leiter der Abteilung Kirchenentwicklung, am 22. September an einer Medienkonferenz.

Dritter Weg Dabei wurde einmal mehr an die rückläufige Mitgliederentwicklung erinnert: Aufgrund der Altersstruktur und der Austritte verliert die Landeskirche jährlich rund 5000 Mitglieder. Für den Kirchenrat ist weder das Verharren als institutionelle Volkskirche noch der Rückzug in eine reine Beteiligungskirche die angemessene Antwort auf diese Entwicklung. Stattdessen plädiert er für einen «dritten Weg»: Die Kirchgemeinden sollen zu «Rahmenorganisationen» werden, die zwar ihren institutionellen Charakter behalten, aber offen werden für Bewegungen und Profilbildungen. Das territoriale Prinzip der Kirche als Institution wird damit ergänzt durch sozialräumliche Komponenten der Kirche als Bewegung. Damit soll eine bessere Balance zwischen institutionellen und individuellen Aspekten erreicht werden bzw. zwischen einer «Kirche am Ort» und einer «Kirche am Weg», wie es sie beispielsweise mit der Bahnhofkirche schon gibt. Neue Formen der Vergemeinschaftung, die sich nicht streng an der Territorialität ausrichten, sollen intensiviert werden. Der Kirchenrat ist überzeugt, dass die notabene

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Kirchgemeinden mit einer solchen Positionierung der heutigen «Vielfalt von Lebenswelten, Lebensgeschichten und Lebenslagen» besser gerecht werden. Er gibt diesem qualitativen Zielbild auch den Vorzug vor quantitativen Bestimmungen und verzichtet auf die Festsetzung von fixen Gemeindegrössen. Dies bedeutet allerdings keinen Rückzug vom Trend zur Zusammenlegung von Gemeinden. Im Gegenteil: Der bisherige Prozess hat gezeigt, dass sich am Ende möglicherweise noch 35 bis 40 Kirchgemeinden bilden könnten. Bereits einen Schritt in diese Richtung haben die Stadtzürcher Reformierten mit dem Entscheid gemacht, ihre 33 Kirchgemeinden zu einer einzigen zusammenzufassen.

Kirchensynode stellt Weichen Der Kirchenrat legt seinen Bericht zur neuen Ausrichtung des Prozesses am 24. November der Kirchensynode vor. Stimmt das Parlament zu, werden die weiteren Arbeiten, beispielsweise die Entwicklung von konkreten Gemeindemodellen, umgehend an die Hand genommen. Vorgesehen ist, der Kirchensynode das Konzept zur Neugestaltung der Kirchgemeinden im Juni 2017 vorzulegen. Danach kann in einer vierten Phase bis 2022 die Umsetzung angegangen werden. Damit hält der Kirchenrat aus Gründen der finanzpolitischen Dringlichkeit an seinem ambitionierten Zeitplan fest. Der Prozess «KirchGemeindePlus» läuft seit drei Jahren. Angestossen wurde er durch ein Postulat in der Kirchensynode zur übergemeindlichen Zusammenarbeit. Von Beginn weg standen dabei strukturelle Veränderungen und eine Reduktion der gegenwärtig 177 Kirchgemeinden im Blick. In den ersten beiden Phasen bis Mitte 2015 ging es in

Gesprächen, Tagungen und Konferenzen um die Klärung der Ausgangslage, das Aufnehmen künftiger Entwicklungen und ekklesiologischer Fragen sowie das Ausarbeiten regionaler Modelle. Während sich zu Beginn in vielen Gemeinden noch Skepsis bemerkbar machte, ist der Prozess in der Zwischenzeit in allen Regionen verankert. Nach wie vor gültig ist das Leitmotiv des Prozesses. Kirchenrat Daniel Reuter rief es noch einmal in Erinnerung: «Nahe im Ort, stark in der Region, bedeutsam im Kanton, glaubwürdig in der Gesellschaft, verwurzelt im Auftrag.»

Wie umsetzen? Zurzeit finden in der Abteilung Kirchenentwicklung die Vorbereitungen statt für die Phase III, die nach der Zustimmung der Kirchensynode gestartet werden kann: Im Gespräch mit den Anspruchsgruppen – auch mit dem Stadtverband Zürich – werden Gemeindemodelle entwickelt. Es wird eine Unterstützungsstruktur für Kirchgemeinden in der Phase III aufgebaut. Das Zielbild der neuen Rahmenorganisation wird konkretisiert, so dass die Kirchgemeinden damit arbeiten können. Für die Weiterarbeit am ganzen Prozess wird der Kirchenrat der Kirchensynode eine Budgetposition von 500 000 Franken für 2016 unterbreiten. Die Kirchgemeinden werden über den Start der Phase III von KirchGemeindePlus und über alle weiteren Schritte auf dem Laufenden gehalten. Für die Kirchgemeinden ist die erste Ansprechperson Frieder Furler (frieder.furler@zh.ref.ch, Tel 044 285 92 44). Er ist bis auf Weiteres Projektbeauftragter für KirchGemeindePlus. Projektleiter ist Thomas Schaufelberger, welcher die Abteilung Kirchenentwicklung führt. Ins Projektteam KirchGemeindePlus gehören Peter Wilhelm und Fränzi Dürst.

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Fotos: zVG «reformiert.»

100 Jahre «Kirchenbote» /

Kreuzfahrt durch ein Jahrhundert Theologischer Tiefgang, moralische Überfrachtung und immer wieder mal auf Konfrontationskurs: Der «Kirchenbote» ist seit hundert Jahren unterwegs. Delf Bucher, Redaktor beim Traditionsblatt, hat in alten Ausgaben geblättert und die Kurswechsel nachgezeichnet.

Am Bettag 1915 war es so weit: In 20 000 Briefkästen des Bezirks Winterthur steckte erstmals der «Kirchenbote für den Kanton Zürich». Schon in der ersten Ausgabe verkündete das Blatt seiner Leserschaft das volksmissionarische Programm: Die Presse sei die «Kanzel der Neuzeit». Folglich schrieben Pfarrer die Artikel – und dies im erbaulichen Predigerton. Aber offenbar nicht nur! Im Herbst 1918 warf nämlich die Sektion Papierindustrie des Volkswirtschaftsdepartements in Bern dem Blatt vor, es verschwende kostbaren Platz mit «unterhaltenden Artikeln», statt der «Erbauung des Leserkreises» zu dienen. Stein des Anstosses war eine eher humorig abgefasste Kolumne und der Zeitungskopf, der dem Beamten viel zu gross gesetzt schien. Damit ist schon früh das publizistische Spannungsfeld ausgeleuchtet, das auch die Zeitung «reformiert.», wie der «Kirchenbote» seit 2008 heisst, bis heute begleitet: die Gratwanderung zwischen medialer Unterhaltung und spiritueller Vertiefung, die sich später dann um das Gegensatzpaar des Sakralen und des Aktuell-Politischen erweiterte.

Gegen Schnaps und Spielcasino Die ersten Jahrzehnte waren vor allem der spirituellen Vertiefung gewidmet. 10

Über Jahre hinweg nutzte der Theologe Emil Brunner den Kirchenboten als Lehrkanzel. Vierzig Mal publizierte der renommierte Universitätsprofessor auf der Titelseite Artikel zum Thema «Unser Glaube». Politisch meldete sich der «Kirchenbote» nur zu Wort, wenn es um moralische Fragen ging. So finden sich in den 1920er Jahren Artikel zur Spielcasino-Initiative, zur Schnapssteuer oder zur Sonntagsentheiligung. Fussballspiele, Autorennen und andere Zerstreuungen der modernen Massengesellschaft ernten ebenfalls die Missbilligung der damaligen Redaktion.

wurden. Chefredaktor Maurer sprach radikalen Pazifisten und Kriegsdienstverweigerern im Gegensatz zur landeskirchlichen Mehrheit nicht die Gewissensnot ihrer Überzeugungen ab. Wohl aber findet man in der Ära Maurer (1948 – 1958) im «Kirchenboten» mehr antikommunistische Stellungnahmen als kritische Auseinandersetzungen zur atomaren Bedrohung.

Antikatholischer Reflex Von 1915 bis weit in die 1950er Jahre hinein war der Kirchenbote geprägt von einem antikatholischen Reflex. Ökumene als Thema existierte nicht. Noch 1947 wurde geraten, bei der Wahl zwischen zwei Ferienzielen protestantische Gegenden zu bevorzugen. Mit Hans-Heinrich Brunner an der Spitze erlebte der «Kirchenbote» 1960 eine Zäsur. In der ersten Ausgabe hielt Brunner fest, dass der «Kirchenbote» eine Brücke werden will für eine «wachsende Anzahl von Menschen, für die Kirche und Gottesdienst nicht mehr selbstverständlich zum Leben gehören». Unter seiner Ägide (bis 1983) modernisierte sich das Blatt mit einem leserfreundlichen Layout und mit

«Themen wie Scheidung oder Sex vor der Ehe bestimmten die Leserbriefspalten.» In der Zeit vor und während des Zweiten Weltkriegs fällt auf, dass der «Kirchenbote» unter der Leitung von Pfarrer Adolf Maurer von der vaterländischen Linie der übrigen Presse abweicht. Der Zürcher Flüchtlingspfarrer Paul Vogt appellierte im Blatt an das Gewissen der Christenmenschen und machte auf das Schicksal jüdischer Flüchtlinge aufmerksam, die an der Grenze abgewiesen

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So sanft dümpelte er selten durch das Jahrhundert: Der «Kirchenbote» hatte zahlreiche Stürme zu bestehen.

Nach nur einem halben Jahr wurde der erste Chefredaktor ohne Theolgiestudium, Hans Caprez – später Redaktor des «Beobachters» –, aus der Leitung hinausskomplimentiert. Im Unterschied zu Brunner, der auch in den Stürmen der Kritik auf seine solide theologische Position hinweisen konnte, fehlte Caprez der kirchliche Stallgeruch. Auch in der Folge tobte der Richtungsstreit ums Blatt weiter. Die von namhaften Exponenten rechtspolitischer Kreise ins Leben gerufene Aktion «Kirche wohin» formierte sich. Der «Kirchenbote» unter dem Chefredaktor Christoph Stückelberger stand unter Dauerbeobachtung. 1991 kommt es zum Eklat. Zehn Tage vor den Regierungsratswahlen war es dem SP-Kandidaten Moritz Leuenberger gestattet, sein christliches Weltbild darzulegen, kombiniert mit einer Wahlempfehlung des Chefredakors. Nach der Wahl Leuenbergers zum Zürcher Regierungsrat wurde Klage wegen Wahlmanipulation eingereicht und bis vors Bundesgericht gezogen, dort aber abgelehnt.

«Wahlempfehlung für Moritz Leuenberger sorgte für Eklat.»

neuen Inhalten: Die Pilzkopf-Frisuren der Beatles gaben zu reden, Themen wie Scheidung oder Sex vor der Ehe bestimmten die Leserbriefspalten. Pfarrer und Lebensberater waren aufgefordert, ihre Haltung zur Ehescheidung zu äussern: «Von Christus her gibt es in jedem Fall die Möglichkeit eines Neuanfangs», schrieb damals beispielsweise ein Autor. Brunner nahm auch engagiert für die Zürcher Jugendbewegung 1980/81 Stellung. Dafür hagelte es Kritik aus der Leserschaft. Grundsätzlich wurde die anwaltschaftliche Publizistik vom Sohn des berühmten Theologen Emil Brunner indes nie in Frage gestellt.

Feministisch und links? Nach der Ära Brunner wird das Klima rauer. Zuerst kam es zu Dissonanzen, weil der «Kirchenbote» den feministischen Theologinnen eine Plattform bot.

Lesestoff oder Altpapier? Aus den Wirren entstand das Modell gleichberechtigter Redaktoren, die im Jahresturnus ihre Leitungsfunktion rotierten. Das basisdemokratische Modell bewährte sich indes nicht mehr, als der «Kirchenbote» 2008 zum grossen publizistischen Sprung ansetzte – eine Fusion mit den «Kirchenboten» der Kantone Aargau und Graubünden sowie dem Berner «saemann». Nicht nur mit seinem modernen Zeitungsdesign forderte «reformiert.» – wie das Blatt nun heisst – die Lesegewohnheiten seiner Stammleserschaft heraus. Auch die Organisation

wurde erneuert: Der Pfarrverein, bis dahin der Herausgeber des Blattes, teilt sich heute mit der Zürcher Kirchensynode und dem Kirchenrat diese Aufgabe. Auch bei «reformiert.» zeigte sich die schon zuvor diskutierte Bruchlinie: Welcher Platz wird der christlichen Verkündigung eingeräumt, wie viel Raum nehmen gesellschaftspolitische Themen ein, um eine breitere Leserschaft zu fesseln? Die redaktionelle Gratwanderung mit Blick auf die kirchlich Engagierten und die kirchlich Distanzierten stellt sich bei der Planung jeder neuen Nummer. Oder wie es der jetzige Redaktionsleiter Felix Reich formuliert: «Jede neue Ausgabe ist für uns die Herausforderung, ob unser Blatt gelesen wird oder im Altpapier landet.»

Grosse Leserschaft – unabhängige Redaktion «reformiert.» erscheint monatlich in einer Auflage von 701 829 Exemplaren. Das Themenspektrum reicht von Kirchenpolitik, News und Hintergrundberichten über Religion und Spiritualität bis zu Gesellschaftsthemen, Politik und Kultur. Im Kanton Zürich erscheint das Blatt vierzehntäglich mit einer Auflage von 237 000. «reformiert.» ist in die Verantwortung der reformierten Kirche eingebunden, aber frei von Beeinflussung durch Organe der Landeskirche. So beschreibt der Trägerverein «reformiert.Zürich» das journalistische Credo der Zeitung, das den Machern ermöglicht, «das breite Spektrum der Reformierten zur Geltung zu bringen, Toleranz zu fördern, Diskussionen anzuregen und an der Gestaltung der Kirche eigenständig mitzuwirken». www.reformiert.info

1915 – 2008 – 2015: Der Zeitungskopf spiegelt die Veränderung vom Erbauungsblatt zur reformierten Zeitung.

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Totentanz & Lebenskunst

Kloster Kappel /

Makaber?

Im Kloster Kappel beherrscht mit der Ausstellung «Totentanz & Lebenskunst» derzeit der Tod die Agenda. Wie makaber ist das? Drei Fragen an Ausstellungsmacher Markus Keller.

Markus Keller, Sie bringen den Tod mit einer grossen Ausstellung ins Gespräch und versprechen Hinweise auf die Lebenskunst. Wie geht das?

Leben und Tod gehören untrennbar zusammen. Für jeden eine Selbstverständlichkeit – dennoch drängen wir die Thematik des Sterbens mit grosser Meisterschaft an den Rand unserer Alltagswelt. Die bewusste Auseinandersetzung mit dem Tod ermöglicht aber einen Blick auf das Leben, sie lässt seine Einmaligkeit und Kostbarkeit in seiner ganzen Tiefe erkennen. Wer sich der Konfrontation stellt, kommt an den dunklen, belastenden Aspekten des Todes nicht vorbei. Mit diesen umgehen zu können, vor dem Hintergrund des Unausweichlichen, ist für mich ein Stück Lebenskunst. Was haben uns mittelalterliche Totentänze denn heute noch zu sagen?

Die Botschaft spätmittelalterlicher Totentänze ist allgemein verständlich und zeitlos: In ihrer hierarchischen Ständefolge ruft der Tod vom ranghöchsten Mitglied der Gesellschaft, dem Papst, bis zum Bettler und Krüppel alle zu seinem Tanz. Im Tode sind alle gleich, reich

oder arm, mächtig oder unterdrückt. In Gedanken ist der Tanz rasch ergänzt durch Staatspräsidenten, Pop-Stars, Flüchtlinge und den Betrachter selbst. Ist es Aufgabe der Kirche, den Tod zum Thema zu machen? Und auf welche Weise?

Unbedingt! Die Wissenschaft hat manche Fragen, welche der mittelalterliche Mensch mit Hilfe des Glaubens beantwortet hat, auf rationaler Ebene geklärt. Nur helfen sachliche Feststellungen selten weiter, wenn es um Sinnfragen geht. Eine zukunftsweisende Kirche bringt meines Erachtens den Tod ins Gespräch, indem sie Raum schafft für individuelle Antworten und Fragen! Die Vorstellung ist verlockend, in Fragen um die letzten Dinge eine Instanz zu haben, welche Antworten zu geben weiss. Aber im Grunde wissen wir heute zu viel, um nicht wissen zu können, dass es in dieser Hinsicht nicht viel zu wissen gibt. In dieser Ungewissheit sehe ich die Kirche als Vermittlerin in der enormen Bandbreite der Vorstellungen, vom überzeugten Auferstehungsgedanke bis zur «Nachdemtodkommtgarnichts»-Idee.

Basler Totentanz (um 1440): Bürgersfrau, Bischof oder Bettler – diesen Tanz kann niemand ausschlagen.

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Ausstellung mit künstlerischen Arbeiten aus sieben Jahrhunderten. Neben der Ausstellung präsentiert das Kloster Kappel in Zusammenarbeit mit den Kirchgemeinden der Region eine Reihe von Begleitveranstaltungen. Ausstellung bis 22. November, täglich offen von 8 bis 22 Uhr. Infos und alle Veranstaltungen: www.toten-tanz.ch

Wie ein Dieb in der Nacht… Kunst des Lebens – Kunst des Sterbens. Um einmal vom Tod nicht wie von einem Dieb in der Nacht überrascht zu werden, möchte der Kurs eine vertiefte Auseinandersetzung mit unserem Lebensende anstossen, um daraus eine bereichernde Sicht auf das Leben zu gewinnen. Felix Blum. 30. Oktober bis 1. November

Erinnerungskultur im Umbruch Thementag. «In unseren Herzen lebst du weiter». Immer mehr Menschen wählen das anonyme Gemeinschaftsgrab oder lassen ihre Asche in der Natur verstreuen. Die Bestattungen werden gleichzeitig individueller und gesellschaftlich anonymer. Mit der Fährfrau Sabine Brönnimann und dem Theologen Ralph Kunz. 1. November, 13.30 Uhr

Wie will ich sterben? Thementag. Die Palliativmedizin gewinnt zunehmend an Stellenwert. Gleichzeitig betrachten viele Menschen die Möglichkeit des assistierten Suizids als eine Art «Versicherung». Das Klostergespräch» bietet die Möglichkeit, sich in der Begegnung mit anderen eine eigene Meinung zu bilden. 22. November, 13.30 Uhr

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Themen und Termine

Gedenkfeier für Sebastian Castellio Der 500. Geburtstag des Reformators wird mit einem Gedenkgottesdienst in der Kirche St. Peter und einem anschliessenden Podium begangen. Mit seinen Ideen von Toleranz und Glaubensfreiheit war Castellio seiner Zeit voraus und geriet in Konflikt mit Johannes Calvin. 25. Oktober, 10 bis 13 Uhr. 10 Uhr: Gedenkgottesdienst in der Kirche St. Peter. 11.30 Uhr: Podium im Lavaterhaus: Mit Katharina BretscherSpindler, Historikerin, Maja Ingold (EVP), Pfr. Michel Müller und Pfr. Ueli Greminger

Predigt des Kirchenratspräsidenten Pfr. Michel Müller ist Gastprediger in Bülach und im Fraumünster Zürich. • 1. November, 10 Uhr, Reformierte Kirche, Bülach • 8. November, 10 Uhr, Fraumünster, Zürich

Diakonie & Seelsorge Zum Abschluss meiner Lebensreise Ein Weg, mit dem eigenen Sterben bewusst umzugehen. Mitarbeitende und Freiwillige von Kirchgemeinden erhalten die Gelegenheit, sich mit kirchlichen Impulsen zu einer heutigen «ars moriendi» aus der Perspektive des hohen Alters auseinanderzusetzen. Themen: Was bedeutet eine Patientenverfügung für den Betroffenen und welche Herausforderungen stellen sich seinem Umfeld, der Familie, den Ärzten und Pflegenden? Menschenwürdiges Sterben «zwischen Schicksal und Machsal»? Die Schwierignotabene

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keit von letzten Wünschen. Sterben und seine Bedeutung für die Hinterbliebenen. Leitung: Heinz Rüegger. 16. November, 17 bis 20 Uhr. Hirschengraben 50, Zürich. Anmeldung: dorathea.morf@zh.ref.ch, Tel. 044 258 92 66

Aufbau und Gestaltung eines interkulturellen Treffpunkts Erfahrungsaustausch für Kirchgemeinden. Die Teilnehmenden lernen bestehende Angebote kennen und setzen sich mit den Herausforderungen eines kirchlichen Treffpunktes für Migrantinnen und Migranten auseinander. Leitung: Gabriela Bregenzer. 19. November, 13.45 bis 16.45 Uhr. Hirschengraben 50, Zürich. Anmeldung: monika.hein@zh.ref.ch, Tel. 044 258 92 37

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Verkündigung & Gottesdienst

Tagung: Lebenswelten auf Distanz – Wie weit reicht der Blick der Kirche? Weshalb sollte sich die Kirche für diejenigen interessieren, die ihr skeptisch, reserviert oder distanziert gegenüberstehen? Geht es darum, sie alle zu Kirchgängern und zu engagierten Freiwilligen zu machen? Wenn nicht, worum geht es dann? Was hiesse es, als Kirche das eigene Programm aus der Perspektive von Menschen in den «Randbereichen» zu entwickeln – und wie lässt sich dies sowohl theologisch denken wie auch praktisch in Angriff nehmen? Der Studientag, geleitet von der Abteilung Lebenswelten der Landeskirche und dem Zentrum für Kirchenentwicklung der Universität Zürich, nimmt die so genannten Distanzierten und deren Beziehung zur Kirche genauer in den Blick. Die Teilnehmenden fragen nach den theologischen Voraussetzungen eines weiten Blicks auf die Lebenswelten der Distanzierten und stellen Ideen aus der Praxis in Deutschland und der Schweiz zur Diskussion. 20. November, 9 bis 18 Uhr. Hirschengraben 50, Zürich. Anmeldung: brigitte.langhart@zh.ref.ch, Tel: 044 258 92 56

Bildung & Spiritualität Tagung für verwitwete Frauen Trauer ist die Mutter aller Gefühle. Leitung: Heidi Hofer Schweingruber. 22. Oktober, 10 bis 16 Uhr. Brahmsstrasse 32, Zürich. Anmeldung: Tel. 044 405 73 30, www.vefz.ch

Treffpunkt Katechetik Die Katechetinnen und Katecheten erhalten Inputs rund um den Unterricht. Leitung: Katharina Sigel. 29. Oktober, 17.45 bis 21 Uhr. Hirschengraben 50, Zürich. Anmeldung: katechetik@zh.ref.ch, Tel. 044 258 92 76

Woche der Religionen Das Zürcher Forum der Religionen lädt im Rahmen der «Woche der Religionen 2015» zu Begegnungen mit verschiedenen Religionsgemeinschaften ein. Gelebte Interreligiosität steht im Mittelpunkt der Veran-

staltungen: Wie funktioniert das Zusammenleben in einer bireligiösen Familie in Zürich? Wie leben die Menschen in Eritrea, das muslimisch wie auch christlich geprägt ist, und was gibt ihnen hier Halt? Die Veranstalter diskutieren ausserdem in interreligiöser Runde über religiöse Wahrheit und weisen auf Stolpersteine im Dialog hin. Die Woche schliesst mit einem interreligiösen Gebet mit dem Titel «Licht für die Verfolgten». 31. Oktober bis 8. November. Infos zu den Veranstaltungen: www.forum-der-religionen.ch

Andersworte: Die Bibel verstehen Wie waren die Texte der Bibel zu ihrer Zeit gemeint und wie begegnen sie heute? Welche Bedeutung haben sie im eigenen Leben und wie verändern sie sich, wenn wir uns mit ihnen auseinandersetzen? Leitung: Angela Wäffler-Boveland. 5. November, 18 bis 21 Uhr.

Hirschengraben 7, Zürich. Anmeldung: info@lindentor.ch, Tel. 044 258 92 17

Katechetische Ausbildung Informationsveranstaltung. Die Teilnehmenden gewinnen eine Übersicht über Aufbau, Inhalt und Arbeitsweise der Ausbildung zur Katechetin, zum Katecheten. Leitung: Katharina Sigel. 12. November, 17.30 bis 19.30 Uhr. Hirschengraben 50, Zürich. Anmeldung: katechetik@zh.ref.ch, Tel. 044 258 92 76. Infos zur katechetischen Ausbildung: www.rpg-zh.ch/phase-2

Kann der Glaube Berge versetzen? Positives Denken, New Thought & Co. Im Neuen Testament wird versprochen, dass der Glaube Berge versetzen könne. Innerund ausserhalb des Christentums gab es immer wieder Strömungen, die dieses Ver13


sprechen ernst und wörtlich genommen haben. Doch ist der menschliche Geist tatsächlich so mächtig? Kann sich das Positive Denken auf Aussagen Jesu berufen? Diesen Fragen will die Tagung des SEK und der Römisch-katholischen Arbeitsgruppe «Neue religiöse Bewegungen» nachgehen. 13. November, 10 bis 17 Uhr. Haus der Reformierten, Stritengässli 10, Aarau. Infos und Anmeldung: box@kirche-jugend.ch

«Gemeindeaufbau & Leitung Facebook in der Praxis Einen Facebook Account für Ihre Kirchgemeinde einrichten und erste Beiträge publizieren. Leitung: Barbara Roth. 31. Oktober, 9 bis 16 Uhr. Technoparkstrasse 1, Zürich. Anmeldung: annemarie.huber@zh.ref.ch, Tel. 044 258 92 76

Neu in der Kirchenpflege Der zweiteilige Kurs führt neu gewählte Mitglieder der Kirchenpflege in ihr Amt ein und vermittelt nötiges Orientierungswissen. Auseinandersetzung mit Themen wie: Verantwortungsbereich und Gestaltungsmöglichkeiten, Zusammenarbeit in der Behörde und mit dem Gemeindekonvent, Grundaufgaben im Ressort, Klärung von Fragen rund um den Einstieg ins Amt. Leitung: Peter Wilhelm. 5. und 19. November, 18.15 bis 21.15 Uhr. Hirschengraben 50, Zürich. Anmeldung: edwin.blumer@zh.ref.ch, Tel. 044 258 92 36

Mitgliederbeziehung Die Teilnehmenden lernen Möglichkeiten der individuelleren Kommunikation zu ihren Mitgliedern sinnvoll einzusetzen: Systematische Übersicht über die Kontakte eines Mitglieds mit der Kirche im Laufe eines Lebens. Anforderungen an die Kommunikationsformen. Leitung: Frank Worbs. 5. November, 18 bis 21 Uhr. Hirschengraben 50, Zürich. Anmeldung: gemeindedienste@ zh.ref.ch, Tel. 044 258 91 40

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Von & für Gemeinden Musikfest Zürich West Vom 25. Oktober bis zum 1. November findet in der Johanneskirche das Musikfest Zürich West statt. Es markiert den Start der Zusammenarbeit zwischen der Zürcher Hochschule der Künste und der reformierten Kirchgemeinde Industriequartier. Während einer Woche erklingt in der Johanneskirche ein abwechslungsreiches Musikprogramm. Dazu gehören nebst kurzen Lunchkonzerten auch ein Jazzkonzert, Orgelmusik zu Slapstick-Kurzfilmen, zeitgenössische Gottesdienstmusik, ein klassisches Orgelkonzert und ein Chorkonzert. www.kirche-industrie.ch

Elias Oratorium von Felix Mendelssohn Bartholdy. Jubiläumskonzert des Kammerchors Zürcher Unterland. Leitung Beat Raaflaub. • 29. Oktober, 19.30 Uhr. Kirche St. Peter, Zürich. • 31. Oktober, 19 Uhr. Stadthalle, Bülach. Infos und Tickets: www.kammerchor-zu.ch

Kloster Kappel Auskunft / Anmeldung: Tel. 044 764 88 30 www.klosterkappel.ch

Musik und Wort – Trio Gramorimba Regula Baumann, Blockflöte; Rudolf Fritsche, Gramorimba; David Sourlier, Cello, und die Organistin Minako Matsuura spielen Musik aus Barock, Klassik und Romantik – neu arrangiert für ein aussergewöhnliches Stein-Instrument. 25. Oktober, 17.15 Uhr

Spiritualität und Älterwerden Die längste Reise ist die Reise nach innen. Doris Held und Susi Lüssi. 30. Oktober bis 1. November

Musik und Wort – Bach Collegium Zürich Gemischte Werke für Chor,

Orgel und Orchester. Lesungen: Pfr. Markus Sahli 1. November, 17.15 Uhr

«Custodi nos, Domine! — Behüte uns, o Herr!» Die Komplet nach Benedikt von Nursia. Christof N. Schröder. 6. bis 8. November

Wie das Schwere leichter wird Die «Hausapotheke» zum Kurieren vieler Formen von Negativität. Gion Chresta. 14. bis 15. November

Lebenskunst im Alltag Schöpferisch leben. Marianne Lacina und Margret Surdmann. 14. bis 15. November

Lesetipp: Leben und Sterben sch. «Vielleicht ist mein Lebenshunger irgendwann gestillt. Vielleicht habe ich dann keine Angst mehr vor dem Sterben. Doch so weit bin ich noch nicht.» Der ehemalige Fernsehmoderator Patrick Rohr beschliesst mit diesen Worten seine Gedanken zum Thema Sterben und Tod. Mit ihm haben sich im Buch «Deadline» Persönlichkeiten aus Kultur, Politik, Gesellschaft und Kirche an das Thema gewagt. Der Männedorfer Pfarrer und Autor Achim Kuhn hat die Essays in Auftrag gegeben und zusammengetragen. Am berührendsten sind die Aufsätze dann, wenn sie von persönlicher Auseinandersetzung gezeichnet sind. Ganz offen und ungeschminkt erzählen Politikerin Karin Keller-Suter, der Herzchir-

urg Thierry Carrel oder der Konfliktforscher Kurt Spillmann vom plötzlichen Tod nächster Angehöriger und wie sie mit dem Schicksalsschlag und dem Verlust umgegangen sind. Der Theologe Matthias Krieg berichtet derweil vom Moment, als ihm sein Arzt per Telefon seine Krebsdiagnose übermittelt und wie damit eine lange Leidenszeit begonnen hat – mit gutem Ausgang, aber mit der zutiefst bedrohlichen Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod. Achim Kuhn (Hg.): Dead Line. Prominente über Leben und Sterben. TVZ, 2015. 315 Seiten, Fr. 29.80.

Vakante Pfarrstellen Altikon-Thalheim-Ellikon 1.08.13 Bachs, 60% 1.03.15 Bäretswil, 50% 1.04.15 Bülach 1.11.14 Dietikon 1.05.15 Dübendorf 1.09.15 Hinwil 1.04.15 Maur 1.01.15 Neftenbach, 50%, EPS* 1.08.15 Opfikon, 80% 1.11.13 Otelfingen 1.11.14 Rümlang 1.03.12 Rümlang, 30%, EPS 1.07.12 Schlatt, 70% 1.04.15 Wald, 70% 1.02.16 Wetzikon 1.05.15 Winterthur Mattenbach 1.04.16 Winterthur Seen 1.01.15 Winterthur Veltheim 1.10.15 Zürich Affoltern, EPS

1.10.15

Zürich Aussersihl, EPS 1.07.14 Zürich Industriequartier 1.09.11 Zürich Industriequartier, 50%, EPS 1.09.11 Zürich Matthäus, 80% 1.08.13 Zürich Oberstrass 1.05.16 Zürich Wipkingen, 30%, EPS 1.08.12 Zürich Wollishofen, 50%, EPS 15.08.13 *Ergänzungspfarrstelle

Weitere Stellen für kirchliche Berufe im Web Offene Stellen in den Gesamtkirchlichen Diensten und den Kirchgemeinden finden Sie auf: www.zh.ref.ch/stelle

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Kirche geht auch durch den Magen Porträt /

Herta Moxon ist Kinderkrankenschwester und Kirchenpflegerin in der Stadtzürcher Kirchgemeinde Balgrist. Ihre Leidenschaft fürs Kochen kommt der Kirche regelmässig zu Gute. Text und Foto: Viviane Schwizer Willkommen im Kirchenbistro: Herta Moxon sorgt leidenschaftlich gern für Gastlichkeit.

Herta Moxon engagiert sich in der Kirchgemeinde am liebsten handfest und konkret: Die Interimspräsidentin und Leiterin des Jugend- und Familienressorts in Zürich Balgrist betreut unter anderem den Mittagstisch, zu dem die Kirchgemeinde einlädt. Einmal im Monat bindet sich Herta Moxon dann selbst die Kochschürze um und kocht für die rund zwanzig Personen, die das Angebot regelmässig nutzen. Schon zu Hause bereitet sie dann die einzelnen MenüBestandteile vor, die sie später im Bistro auftischt. «Ich bewirte Gäste leidenschaftlich gern», sagt Herta Moxon. Da sie in Südafrika und länger auch in Sardinien gelebt hat, setze sie auch gern auf Fremdländisches: Gerne zaubert sie etwa ein italienisches Carpaccio, ein nordafrikanisches Couscous oder Meze auf den Tisch. Besonders stolz ist die Hobbyköchin auf ihr Straussengeschnetzeltes aus Südafrika, serviert an einer Erdnusssauce mit Kürbispüree. Dazu reicht sie einen afrikanischen Salat. Auch andernorts in der Kirchgemeinde lässt Herta Moxon ihr handwerkliches Talent einfliessen: Für das Krippenspiel bastelte sie vor Weihnachten zu Hause etwa die Römerschilde für notabene

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die Soldaten im Krippenspiel. Mit den Jugendlichen kommt sie dann auch gern ins partnerschaftliche Gespräch. Ganz ohne «Missionseifer», wie sie betont. Selbstbewusst sagt sie: «Ich kann zuhören und wertschätzend diskutieren, diese Kompetenzen brauche ich in meinem Beruf in der Klinik täglich.» Seit vielen Jahren leitet sie die Abteilung Diagnostik in der Universitätsklinik Balgrist.

es anfänglich Überzeugungsarbeit. Zur Begründung für die Annahme des Amtes sagt sie, dass sie etwas zurückgeben wolle. Sie schätze das soziale Engagement der Zürcher Kirche in der Kinder-, Jugend-, Familien- und Altersarbeit. «In Sachen Religion bin ich aber eine Skeptikerin», ergänzt sie. Sie glaube an ihre Kräfte, wobei sie gleich fortfährt: «Und die kommen ja von irgendwoher, nicht wahr!» In der Kirche wünschte sie sich mehr Offenheit und Engagement. Sie kritisiert das Gärtchen- und Machtdenken vieler Kirchenbehördenmitglieder. Die Präsidentin im «Balgrist» ist sich bewusst: «Ich sage, was man nicht gerne hört: Aber Besitzstandswahrung kann nicht der Sinn der ganzen Sache sein.» Gerade in der jetzigen Umbruchsphase der Zürcher Kirche plädiert sie dafür, nicht nur über das Gute und Notwendige zu reden, sondern es auch zu tun. Es ginge darum, Verantwortung für das eigene Leben und auch ein Stück weit für die Gesellschaft zu übernehmen. Und sei es mit dem Kochlöffel.

«In Sachen Religion bin ich eine Skeptikerin.» Im Gespräch präsentiert sich eine Frau, die gerne Neues wagt. Matrosin auf dem Rhein, das sei ihr erster Berufswunsch gewesen. Es sei dann alles anders gekommen. Weitgereist ist die Zürcherin aber gleichwohl.

Plädoyer für eine soziale Kirche Dass sie sich vor drei Jahren in die Kirchenpflege wählen liess, dafür brauchte

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AZB CH-8001 Zürich P. P. / Journal Post CH AG

«notabene» ist die Zeitschrift aller, die beruflich, ehrenamtlich oder regelmässig freiwillig als Mitglieder in der Zürcher Landeskirche mitarbeiten. Herausgeberin Evangelisch-reformierte Landeskirche des Kantons Zürich. Abteilung Kommunikation (kom), Hirschengraben 7, 8001 Zürich Redaktion und Gestaltung Christian Schenk (sch), Tel. 044 258 92 97, notabene@zh.ref.ch Redaktionssekretariat Franziska Schellenberg, Tel. 044 258 92 13 franziska.schellenberg@zh.ref.ch

Autorinnen und Autoren Nicolas Mori (mo), Delf Bucher, Viviane Schwizer Druck Robert Hürlimann AG, Zürich Auflage 7000 Exemplare Erscheint monatlich mit Doppelnummern im Juli / August und Dezember / Januar. Nächste Ausgaben Nr. 9 / 2015 (November, Woche 47) Nr. 10 / 2015 (Dezember/Januar, Woche 50) Redaktionsschluss: am 15. des Vormonats «notabene» im Web www.zh.ref.ch / notabene

Titelbild: Deutschstunden für Migranten schon seit 2012 im Haus der Landeskirche am Hirschengraben 50. Foto: Christian Schenk

Absender: notabene Evang.-ref. Landeskirche des Kantons Zürich Blaufahnenstrasse 10, 8001 Zürich

Impressum

Adressberichtigung melden an: Evang.-ref. Landeskirche, Kommunikation Blaufahnenstrasse 10, 8001 Zürich

Beim Austauschprogramm «Seitenwechsel» tauschen Kaderleute aus Wirtschaft und Kirche den Job – und kommen auf ganz neue Ideen (Seite 6).


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