4 AUS- UND WEITERBILDUNG
AGV NR. 6 | 15. JUNI 2022
WAS TUT DER AGV FÜR DIE AUSUND WEITERBILDUNG UND GEGEN DEN FACHKRÄFTEMANGEL? Seit seiner Gründung vor über 125 Jahren zählt die Förderung des dualen Berufs bildungssystems, mit Grundund Weiterbildung, zusammen mit der Gewerbepolitik zu den beiden Hauptaufgaben des AGV. Dies zeigt auch ein Blick in die Vergangenheit, wie der Jubiläumsschrift 125 Jahre AGV zu entnehmen ist. Schon 1910 galt die berufliche Ausbildung als Kernaufgabe «Bis zur staatlichen Überwachung der Lehrlingsausbildung war die Her anbildung des gewerblichen Nach wuchses die Hauptaufgabe des Ver bandes und primäre Ursache seiner Gründung.» Aus dem «Handlanger» und «Mädchen für alles» sollte dank einer fundierten Berufsbildung ein Fachmann, eine Fachfrau werden. Die sorgfältig auf den Beruf abgestimmte theoretische Ausbildung vollzog sich nur zögerlich. Der Handwerkerschul unterricht war freiwillig. Der Unter richt fand anfänglich am Sonntag morgen um 7.00 Uhr statt. Weil es aber die Pflicht der Lehrlinge war, am Sonntag die Werkstatt aufzuräumen und zu reinigen, entsandten viele Lehrmeister nicht alle Lehrlinge in die Berufsschule. Gegen den Sonntags unterricht wehrten sich auch kirchli che Kreise, weil diese befürchteten, «die Lehrlinge würden dadurch der
Urs Widmer Geschäftsleiter AGV
Fühlungsaufnahme» zwischen Ge werbe und Lehrern von Abschluss klassen. Heute läuft die Zusammenarbeit im Bereich berufliche Orientierung, wel che aus einem gemeinsamen Projekt von AGV und Aargauischem Lehre rinnen- und Lehrerverband (alv) ent standen ist, unter dem Titel «Schule trifft Wirtschaft». Alle Oberstufenschüler/innen im Be rufswahlalter sollen im Rahmen der schulischen Berufswahlorientierung sowie in Ergänzung zur Berufsschau und Berufsberatung mittels «Schule trifft Wirtschaft»-Projekten über die Wirtschaft und Berufslehre im Allge meinen und im Speziellen über die konkreten Lehrstellenangebote in der Region «aus erster Hand» informiert werden können. Wenn immer mög lich sollten auch die Eltern von einem solchen Angebot profitieren können, da diese zu den einflussreichs ten «Berufsberatenden» zählen. Kirche entfremdet». Als später die Arbeitszeit verkürzt wurde, fand die theoretische Ausbildung an den Wo chenabenden und noch später, nach der Einführung des freien Samstag nachmittags, an diesen Halbtagen statt. Erst das Lehrlingsgesetz von 1921 baute den Unterricht in die Ar beitszeit ein. «Ein wesentlicher Teil der Berufsbildung ist die Volksschul bildung. Deshalb hat unser Verband auch stets sein Interesse an den Schulen bekundet und auch der Be rufsberatung seine grosse Aufmerk samkeit gewidmet. Ein Problem, das der Lösung harrt, ist die Anpassung der Lehrpläne der Sekundar- und der Bezirksschulen an die Bedürfnisse des Handwerks. Schon 1910 wurde festgestellt, dass 50 % der geprüften Lehrlinge die Bezirksschule besucht hatten und die Anforderungen vieler Berufslehren bedingen diese Vorbil dung. Dagegen will man aber mehr und mehr die Bezirksschule nur sol
chen Jünglingen und Töchtern zu gänglich machen, die für ein Weiter studium oder den kaufmännischen Beruf vorgesehen sind.» Die duale Berufsbildung wurde zum Erfolgsre zept der Wirtschaft. Auch heute ist der Grundsatz in den Statuten wie folgt vermerkt: Der AGV fördert die Berufsbildung. Der AGV fördert die Aus- und Weiterbildung seiner Mitglieder. Schon 1956 fehlten Fachkräfte Die Hochkonjunktur und der Mangel an qualifizierten Fachkräften be schäftigen den AGV auch im Jahr 1956. «Neu wird ein Rückgang der Margen bei zunehmenden Umsätzen festgestellt.» 1956 bewertete der AGV die Berufslehre als von hohem wirtschaftlichem Nutzen und für «charakterbildend». Zur Förderung der Berufslehre findet 1959 ein Lehr lingswettbewerb statt, eine «enge
Schon 1972 ging es um die Verteilung der Geldmittel für die Bildung Der Mangel an Räumlichkeiten für die Berufsbildung schafft bei den Branchenverbänden wie auch beim AGV Unmut. Der Regierungsrat zeigt wenig Herzblut für eine Lösung. Nachdem viele Verbandsorgane der Branchenverbände wie auch die Presse über den unerfreulichen Zu stand berichten, lädt der Regierungs rat zu einer Aussprache ein. Kern punkt der Diskussion sind die Bau kosten für Werkstätten und Demons trationsräume, insbesondere für Ein führungskurse, Zwischen- und Lehr abschlussprüfungen. Die Regierung ist der Meinung, die Berufsverbände müssten 25 % der Kosten tragen. Im Finanzplan des Kantons sind 52 Millionen für die Hochschule, 76 Mil lionen für die Mittelschulen und nur gerade 8 Millionen für die Be rufsbildung eingesetzt. «Es ist unrich