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Festspiel der deutschen Sprache

| THEATER |

DER THEATER-HERBST in der Goethestadt Bad Lauchstädt.

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SEHR EINLADEND: das Goethe-Theater am Abend

»Goethe reiste hier einst mit sieben Wagen bzw. Fuhrwerken an. Drei davon waren fürs Ensemble, vier für die Kulissen. Die männlichen Ensemble-Mitglieder mussten aber auch die Wagen anschieben, wenn es bergan ging auf dem Weg von Weimar bis Bad Lauchstädt. Ebenso mussten sie helfen, die Furten der Unstrut zu durchqueren. Denn dem Geheimrat war der Zoll, den man für die Brückenquerung zahlen musste, zu teuer. Er war ein echter Sparfuchs, wie wir heute sagen würden«, erzählt schmunzelnd René Schmidt, der Geschäftsführer der »Historischen Kuranlagen und Goethe-Theater Bad Lauchstädt GmbH«.

Von 1791 bis 1811 gab es jährlich 40 bis 60 Vorstellungen des Weimarer Hoftheaters in Bad Lauchstädt. In Weimar war damals quasi Ende April Schluss mit den TheaterVorstellungen. Die Stadt hatte zu dieser Zeit etwa 4.000 Einwohner und die ›bessere Gesellschaft‹ floh dann aufs Land, auf die Sommersitze, nach Schloss Wilhelmsthal oder Schloss Kochberg. In Weimar verblieben die sogenannten Ackerbürger, die mehr oder weniger die Feld- und andere Arbeit zu erledigen hatten. Goethe musste erkennen, dass er im Sommer in einem anderen Ort Theater spielen musste.

Bad Lauchstädt glänzte mit über 600 Kurgästen pro Saison — bei lediglich 300 Einwohnern. Es gab hier hervorragende Bedingungen; zudem in Halle gerade ein Theaterverbot (aus religiösen Gründen) ausgesprochen ward. Halle war preußisch und Bad Lauchstädt kursächsisch — bis 1809. Quasi eine Bad Lauchstädter Blütezeit. »Die Leute hier waren entspannt, ausgeruht und zumeist gut gebildet und somit offen für Theater. Somit für Goethe ein Rettungsanker. Dem gerade nicht florierenden Theater in Weimar begegnete er mit einer prall gefüllten Kasse in Bad Lauchstädt. Ab 1791 erlebten hier alle Dramen, die im Winter in Weimar ihre Uraufführung hatten, ihre Sommer-Premiere«, erzählt René Schmidt. Und ergänzt mit dem Goethezitat: »Bad Lauchstädt erwirtschaftet an 40 Abenden mehr als das Weimarer Theater an 100!«

EINE WEIMAR GLEICHWERTIGE BÜHNE

Keine geringere als Christiane Vulpius organisierte das Theaterleben im alten Kurtheater in Bad Lauchstädt, sie sorgte sowohl für die Unterkünfte des Ensembles als auch für den Bühnenaufbau und sogar für den Kartenvorverkauf. Heute ist das Goethe Theater in Bad Lauchstädt das einzige noch in der Welt existierende Theatergebäude, das Goethe unmittelbar beeinflusst hat; das Weimarer Hoftheater ist ja bekanntlich abgebrannt.

Besonders die Bühne hier, sie ist genauso erhalten wie zur Goethe-Zeit und außerdem adäquat der Bühne in Weimar. »Wir haben auch jetzt die originale Ausstattung der Goethe-Zeit«, betont René Schmidt. Die Spielzeit geht von Ostern bis Ende Oktober, damit man nicht heizen muss. Aber durchschnittliche 12 Grad Celsius Raumtemperatur müssen erhalten werden, das verlangt der Denkmalschutz. Heutzutage passen 450 Besucher in das Theater, zur Goethe-Zeit waren es 600 (und mehr). »Wer damals kam, der wurde reingelassen, egal wie gefüllt das Haus war. Schließlich gab es ja genügend Stehplätze!«, schmunzelt der heutige Theater-Chef. Und schwenkt sofort über auf den heutigen Markenkern, der aus Schiller, Goethe und Mozart besteht. Goethe und Schiller waren ja nachweislich hier. »Unsere Besucher kommen aus ganz Deutschland, um etwas ganz Besonderes zu erleben: alle Stücke in Originalfassung. Es gibt bei uns keine Verfremdung durch Regie. Deshalb auch oftmals Szenische Lesungen, was dem Publikum sehr gefällt. Wir wollen

RENÉ SCHMIDT

und können uns hier auf das Bewahren des authentischen Materials stützen«, betont Schmidt.

So wird es auch in diesem Herbst wieder sein, zum »Fest der deutschen Sprache«, welches den Oktober bestimmt. Übrigens: Der Heiratsantrag von Friedrich Schiller zu DER einen der Schwestern von Lengefeld hat hier stattgefunden! Und Richard Wagner hat dieser prunklose Bau total begeistert. Er verachtete das überladene höfische Theater seiner Zeit. Er habe, so Schmidt, ganz sicher den Hauch einer Erinnerung an dieses Gebäude gehabt, als Jahrzehnte später das Bayreuther Festspielhaus geplant wurde. Dafür spreche die Wiederholung der eingezogenen Decke aus Zeltleinwand, aber auch die halbkreisförmige Rückfront mit den Logen erinnere »doch sehr stark an dieses Urbild des bürgerlichen Theaters in Deutschland, das wir hier in Lauchstädt haben«. Nicht nur deshalb lohnt ein Besuch. (syo)

Vorstellungen: www.goethe-theater.com Führungen bis 31.10.2022: Mo–So und an allen Feiertagen. Nur auf Voranmeldung: Tel. 034635-905472. Mindestteilnehmerzahl: 5 Personen Historische Kuranlagen und Goethe Theater Bad Lauchstädt, Parkstraße 18, 06426 Goethestadt Bad Lauchstädt

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