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Die Lehre bringt’s Erfolgreich ins Berufsleben starten

Das duale System der österreichischen Lehre ist ein echtes Erfolgsmodell, denn es vereint die praktische Ausbildung direkt in den Betrieben mit dem Erlernen der Theorie in den Berufsschulen. Dank dieser besonderen Form der Wissensvermittlung ist die Lehre die Berufsausbildung der Zukunft.

Alljährlich sind es in etwa 37 Prozent, die sich nach Abschluss der Pfichtschule für eine Ausbildungsform entscheiden, die für beste Aussichten auf dem Arbeitsmarkt steht: die Lehre. Mehr als 230 verschiedene Lehrberufe können aktuell in Österreich in rund 28.700Betrieben erlernt werden. Traditionelle Berufe im Handwerk oder dem Einzelhandel werden ebenso im Rahmen des dualen Systems gelehrt wie moderne, von Temen wie Digitalisierung oder Nachhaltigkeit beeinfusste Berufsbilder, etwa Applikationsentwicklung – Coding oder Mechatronik.

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Fundierte Ausbildung

Rund 80 Prozent der Ausbildung fnden direkt in den Betrieben statt, die restlichen 20 Prozent werden in den Berufsschulen absolviert. Genau dieses duale Modell garantiert eine Ausbildung am Puls der Zeit, bei der handwerkliche Fähigkeiten parallel zu theoretischem Wissen vermittelt werden. „Die Lehre ist eine wunderbare Grundlage für eine lebenslange Erwerbskarriere, weil man dank ihr, unabhängig vom jeweiligen Berufsfeld, eine fundierte Ausbildung auf gutem Niveau erhält“, sagt Mag.Wolfgang Bliem vom ibw – Institut für Bildungsforschung der Wirtschaf. Gegenüber anderen Ausbildungsformen bietet die Lehre den Vorteil, so der Bildungsforscher, dass junge Menschen bereits einen Fuß im Unternehmen haben– und nach der Lehre sehr of einen fxen Arbeitsplatz angeboten bekommen. „Dadurch ist ofmals nach der Lehre keine Arbeitsplatzsuche mehr nötig. Das ist ein deutlicher Vorteil gegenüber anderen Ausbildungsschienen, wie einer höherbildenden Schule oder einer akademischen Ausbildung.“

Teambuilding.

Neben umfassendem fachlichem Wissen erfordern die Berufsbilder der Zukunft weitere Kenntnisse: Soziale, etwa das Arbeiten im Team, gehören ebenso dazu wie digitale Fähigkeiten.

Fortbildung während der Lehre

Doch ein Lehrplatz alleine reicht heutzutage – auch bedingt durch die Corona-Pandemie und die dadurch verursachte Wirtschaftskrise – in den meisten Fällen nicht mehr, um für alle Herausforderungen, welche die berufliche Zukunft mit sich bringen mag, gerüstet zu sein. Deshalb gilt mehr als je zuvor: Lebenslanges Lernen ist auch für jene unabdingbar, die sich für eine Lehrausbildung entscheiden.

Schon während der Lehre kann zum Beispiel die Matura absolviert werden und immer mehr Unternehmen unterstützen ihre Lehrlinge bei diesem Vorhaben. Die abgeschlossene Matura hat viele Vorteile: Unter anderem berechtigt sie in weiterer Folge zu einem Studium an einer Fachhochschule oder Universität. Hinzu kommen Möglichkeiten wie die Meisterprüfung, mit der Selbstständigkeit und die Eröffnung eines eigenen Geschäfts möglich sind. Wolfgang Bliem betont, dass zunehmend auch soziale Kompetenzen wie Teamfähigkeit und das Denken über das eigene Aufgabengebiet hinaus gefragt sind, da berufliche Bereiche immer mehr zusammenwachsen und Abteilungen miteinander kooperieren. Hinzu kommen wichtige Fähigkeiten, in der persönlichen Kommunikation ebenso wie im digitalen Bereich.

Denn die Digitalisierung prägt längst viele Lebensbereiche – im Privat- wie im Berufsleben. Sie hat in den letzten Jahren nicht nur bestehende Lehrberufe verändert, sondern auch gänzlich neue geschaffen. Gerade die digitale Kommunikation spielt in den meisten Berufen eine Rolle – von Videokonferenzen bis zu SocialMedia-Marketing. „Wenn ich mit Menschen gut zusammenarbeiten und kommunizieren kann, ist es nicht selbstverständlich, dass das auch im Digitalen gut funktioniert. Es ist eine Fähigkeit, die trainiert werden muss“, sagt Bliem. Er ist davon überzeugt: Die digitale Kommunikation hätte in jedem Fall zugenommen, durch die Pandemie wurde das nun beschleunigt.

Die Top-10-Lehrberufe

So groß die Bandbreite der möglichen Lehrberufe, aus denen gewählt werden kann, auch ist, wenn es um die beliebtesten Berufe geht, sind Österreichs Jugendliche Traditionalisten. Das belegt die Jahr für Jahr erscheinende Lehrlingsstatistik der öster-

NEUE LEHRBERUFE 2021

Von der Digitalisierung bis zu neuen beruflichen Anforderungen – die Lehre ist einem ständigen Wandel unterworfen.

Diese fünf Lehrberufe wurden 2021 adaptiert oder neu geschafen: • Betonfertigteiltechnik. Ersetzt Betonfertigungstechnik. Hier werden Betonwaren oder Betonfertigteile hergestellt. Lehrzeit: 3 Jahre. • Chocolatier/Chocolatière. Bei diesem Beruf geht es um die Erzeugung süßer Delikatessen. Lehrzeit: 3 Jahre. • Entsorgungs- & Recyclingfachkraft. Ehemals Entsorgungs- und Recyclingfachmann/-frau im Bereich Abfall. Sie bestimmen, wie Problemstoffe fachgerecht entsorgt und recycelt werden. Lehrzeit: 3 Jahre • Konditorei (Zuckerbäckerei) mit den Schwerpunkten allgemeine Konditorei oder Patisserie. Ersetzt den Lehrberuf Konditor/-in (Zuckerbäcker/-in). Lehrzeit: 3 Jahre. • Mechatronik – Spezialmodul Additive Fertigung. In diesem Lehrberuf ist das Spezialmodul der Additiven Fertigung neu. Lehrzeit: 3,5 bis 4 Jahre.

reichischen Wirtschafskammer (WKO). Bei den Männern arbeiten immerhin (Stand 31.12.2020) mehr als die Hälfe der rund 73.000 Lehrlinge in den „Top 10“. Die Spitzenreiter: Metalltechnik (9.538), Elektrotechnik (8.921) und Kraffahrzeugtechnik (7.199), gefolgt von Einzelhandel (4.843), Installations- und Gebäudetechnik (4.279), Hochbau (2.884), Mechatronik (2.693), Tischlerei (2.544), Koch (2.190) und Zimmerei (1.684).

Schon seit Jahren werden unterschiedlichste Initiativen gesetzt, um deutlich mehr Mädchen und junge Frauen in technische Lehrberufe zu bringen und um sie von den Vorzügen einer Technikerinnen-Laufahn zu überzeugen – nun scheinen diese Maßnahmen Erfolg zu haben. Denn mit Mechatronik hat es ein technischer Lehrberuf in die „Top 10“ bei Mädchen geschaf. Mit 21.400 werden fast zwei Drittel aller rund 35.000 weiblichen Lehrlinge in den „Top 10“ ausgebildet. Nach wie vor die unangefochtene Nummer eins ist der Einzelhandel (7.724). Gleich danach kommen Bürokaufrau (3.472), Friseurin/Stylistin (2.816), Verwaltungsassistentin (1.418), Pharmazeutisch-kaufmännische Assistenz (1.158), Köchin (1.116) und Metalltechnik (1.081). Auf den Plätzen acht bis zehn landen Restaurantfachfrau (907), Hotel- und Gastgewerbeassistentin (904) und Konditorin/Zuckerbäckerin (886).

Wieder Vertrauen fassen

Doch die Lehre war auch von der Corona-Pandemie betrofen. Nicht nur, dass viele Sommerpraktika und Schnuppertage ausgefallen sind, in Branchen wie dem Tourismus oder der Gastronomie mussten Lehrstellen ebenso wie Arbeitsplätze reduziert werden. Mittlerweile ist jedoch ein wirtschaflicher Aufschwung bemerkbar – und in vielen Unternehmen werden wieder junge Frauen und Männer gesucht, die den Weg der dualen Ausbildung gehen möchten.

Umso wichtiger ist es, dass gerade jetzt das Vertrauen in die vielen Chancen, die die Lehre bietet, wieder hergestellt wird, wie Wolfgang Bliem sagt. Er betont, dass gerade die praktische Ausbildung eine gute Basis für die berufiche Zukunf liefert – und junge Menschen deshalb Mut fassen und sich bewerben sollen. In jedem Fall gilt: Wer sich für eine Lehre entscheidet, hat damit schon den ersten Schritt in seine berufiche Zukunf getan.

„Derzeit hat man mit jeder Lehre gute Aussichten auf dem Arbeitsmarkt.“

Mag. Wolfgang Bliem, ibw – Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft, im Gespräch über die Vorteile der dualen Berufsausbildung und die Flexibilität bei der Lehrstellensuche.

In welchen Branchen haben junge Frauen und Männer, die eine Lehrausbildung absolvieren möchten, aktuell die besten Aussichten?

Es gibt in Österreich derzeit praktisch keine Branche, in der nicht nach Lehrlingen gesucht wird. Deshalb hat man aktuell mit jeder Lehre gute Aussichten auf dem Arbeitsmarkt. Denn jede Ausbildung, die ich abschließe, liefert mir eine gute Basis für die berufliche Zukunf. Natürlich gibt es aber Bereiche, wo der Bedarf besonders groß ist und die Zukunfschancen besonders gut sind. Dazu gehören unter anderem Berufe in Bereichen wie Mechatronik, Metalltechnik, Elektrotechnik und in der IT.

Wie hat die Corona-Krise die Lehre beeinfusst?

Durch die COVID-19-Pandemie war auch in der Lehre Präsenzausbildung in gewissen Branchen nur eingeschränkt möglich, zum Beispiel im Tourismus und in der Gastronomie. Diese teils sehr langen Ausfälle gilt es jetzt aufzuholen. Auch der Übergang von der Pfichtschule in die Ausbildung wurde erschwert und ist mitunter nach wie vor noch schwierig, da Ferialpraktika, Betriebserkundungen in Unternehmen, aber auch Berufsinformationsmessen nicht möglich waren und es teils nach wie vor immer noch nicht sind.

Welche Bedeutung hat das viel zitierte lebenslange Lernen in der heutigen Berufswelt?

Eine große. Denn auch wenn ich die Lehrabschlussprüfung erfolgreich bestanden habe, bin ich noch nicht fertig – und muss immer weiterlernen. Und die Lehre ist dafür eine wichtige Ausgangsbasis. Das ist generell eine wichtige Botschaf: dass man sein ganzes Leben lang weiterlernen muss – und eine drei- oder vierjährige Ausbildung für das restliche Leben nicht ausreicht. Im Rahmen der Lehre werden die Grundlagen vermittelt, das Verständnis, wie Dinge funktionieren. Und das ist ein wesentlicher Punkt von Ausbildung: Sie schaf ein gutes Fundament, um sich später individuell zu spezialisieren.

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