H A R A L D
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Ungeh rsam Unsu
N A E G E L I
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Ungeh rsam
Galerie aKonzept & Raphaël Levy
Ich wolke Du wolkest Sie wolket Wir wolken Ihr wolket Sie wolken
I cloud You cloud She Cloud We cloud You cloud They cloud
Harald Naegeli
HARALD NAEGELI Unsu
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Ungeh rsam Unsu
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Ungeh rsam
30.04.22 - 04.06.22 Galerie aKonzept & Raphaël Levy
Vorwort Wir haben uns sehr über die Idee gefreut, diese Ausstellung zu organisieren, und sind entzückt, sie realisiert zu haben. Freude ist ein Synonym für Utopie und geht der Verzückung voraus. Dieser Katalog belegt dies. Doch ohne die Erlaubnis von Susannah Cremer-Bermbach und Anette Michels, Auszüge aus ihren Texten zu veröffentlichen, die Hilfe von Anna-Barbara Neumann, die Bewunderungsübung von Emmanuelle Rapin, beiden Porträts des Künstlers von Martin Hopfengart, die Fotografien der Kunstwerke von Eric Tschernow und den Text von Johannes Stahl, der für diese Veranstaltung geschrieben wurde, wäre er nicht entstanden. Wir danken ihnen allen, und natürlich auch Nathalie David und Peter Spoerri für ihr Vertrauen, deren Dokumentarfilm “Sprayer von Zürich” während der Ausstellung jeden Samstag im KLICK Kino gezeigt wird. Vor etwa 20 Jahren habe ich Harald Naegeli einige Male in Zürich besucht. Wir wohnten im selben Stadtteil. Ein paar der ausgestellten Werke wurden bei ihm erworben. Der Respekt vor dem Utopisten ist Verzückung. Raphaël Levy
Preface We rejoiced at the idea of organizing this exhibition, and we are delighted to have done so. Rejoicing is a synonym of utopia and precedes ravishment. But without the permission of Susannah Cremer-Bermbach and Anette Michels to publish excerpts from their texts, the help of Anna-Barbara Neumann, the admiration exercise of Emmanuelle Rapin, two portraits of the artist by Martin Hopfengart, the photographs of the artworks by Eric Tschernow, and the text by Johannes Stahl written for this event, it would not have been possible. We thank them all, and of course, are also grateful to Nathalie David and Peter Spoerri for their trust, whose documentary “Sprayer von Zürich” is shown is shown in KLICK Kino cinema every Saturday during the exhibition. About 20 years ago, I visited Harald Naegeli several times in Zurich. We lived in the same neighborhood. Some of the works on show were acquired from him. Respect to the Utopian is a ravishment.
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Inhaltsverzeichnis | Table of contents Raphaël Levy. Vorwort | Preface
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Kunstwerke | Artworks
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Harald Naegeli. Statement eines Zeichners | Statement of a drawer
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Harald Naegelis Porträt von Martin Hopfengart | Portrait of Harald Naegeli by Martin Hopfengart
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Kunstwerke | Artworks
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Susannah Cremer-Bermbach und Harald Naegeli. 1990. Interviewauszug | Excerpt from interview
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Johannes Stahl. Harald Naegeli; Zeichnungen | Harald Naegeli; drawings
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Kunstwerke | Artworks
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Emmanuelle Rapin. Eine Bewunderungsübung, Kurzformen der Welt | An admiration exercice, brief forms of the world
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Kunstwerke | Artworks
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Harald Naegeli. Textauszug | Text excerpt
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Kunstwerke | Artworks
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Harald Naegeli. Textauszug | Text excerpt Harald Naegelis Porträ t von Nathalie David | Portrait of Harald Naegeli by Nathalie David
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Beschreibungen der Werke | Descriptions of the artworks
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Harald Naegelis Biografie | Harald Naegeli’s biography
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Impressum
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Die Reihenfolge der im Katalog abgebildeten Bilder folgt der Ausstellungshängung.
The order of the images reproduced in the catalogue follows the layout of the exhibition.
Die Werke sind in Originalgröße abgebildet, außer auf den Seiten 32, 33, 34.
The works are reproduced in their original size, except for pages 32, 33, 34. 5
Statement eines Zeichners. Seit über 50 Jahren bin ich Zeichner. Habe mit den Graffiti eine „kleine Welt” bewegt, und strebe nun mit den Partikelzeichnungen, Tuschen und Aquarellen die Erschließung eines erweiterten Raumbewußtseins an. Waren die Graffiti die Manifestation von psychisch motivierten neuartigen Bewegungen im öffentlichen, politisch besetzten Raum, so sind die Zeichnungen ein subtiler Hinweis auf einen imaginären utopischen, der sich in meinem Unterbewußten autonom bildet. Die Merkmale dieser Zeichnungen sind Leichtigkeit, Beweglichkeit, Farbigkeit. Die von uns seit Jahrtausenden verinnerlichte Raumordnung scheint aufgehoben. Es gibt kein eigentliches Oben/Unten, Hinten/Vorne, Links und Rechts. Kurz, die Zeichnungen können von zahlreichen Sichten wahrgenommen und erlebt werden. Deswegen signiere ich auch meine Blätter öfters von mehreren Seiten oder gar nicht. Ich möchte Energien, von der Psyche, dem Intellekt provoziert, nicht nur menschlichen Willen sichtbar machen, sondern auch größere Bewegungen in Natur und kosmischem Raum ausdrücken. Die üblichen Gegenstandserwartungen wie Körper, tradierte Zeichen und Figuren, können darum naturgemäß nicht berücksichtigt werden. In meinen Arbeiten gibt es deshalb „nur” Punkte, Striche, Strukturen, tonale Flächen und Farben. Sie alle stehen in einer sehr empfindlichen anarchischen, nichtrationalen Beziehung und Ordnung mit- und zueinander. Ich hoffe, daß sie nicht nur mir selbst, sondern auch einem sensibilisierten Betrachter zu einem neuen Raumbewußtsein verhelfen. Harald Naegeli
Statement of a drawer. I have been a draftsman for over 50 years. I have caused a stir with graffiti, and now strive with the particle drawings, inks, and watercolors to open up an expanded spatial awareness. If the graffiti were the manifestation of psychically motivated novel movements in public, in politically occupied space, the drawings are a subtle reference to an imaginary utopian one autonomously forming in my subconscious. The characteristics of these drawings are lightness, mobility, colorfulness. The spatial order we have internalized for millennia seems to be suspended. There is no actual top/bottom, back/ front, left and right. In short, the drawings can be perceived and experienced from numerous points of view. That is why I sign my sheets more often from several sides or not at all. I would like to uncover energies, provoked by psyche and intellect - not only by the human will - and also express larger movements in nature and cosmic space. The usual object expectations such as bodies, traditional signs, and figures can therefore naturally not be considered. In my works there are therefore “only” points, strokes, structures, tonal surfaces, and colors. They all stand in a very sensitive anarchic, non-rational relationship with and to each other. I hope that they will help not only myself, but also a sensitive viewer to a new awareness of space. Harald Naegeli
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Susannah Cremer-Bermbach: Deinen Zeichnungen fehlen Schwerpunkt, Zentrum, Aufbau. Sie haben in dem Sinn keine Form. Goethe hat einmal über Sternes Erzählungen gesagt, sie seien geprägt von einer, “zur Form erhobenen Formlosigkeit”. Gilt das auch für Dich? Harald Naegeli: Ich denke, mein Anliegen ist die Erzeugung von Bewegung. Nun erscheint jede zeichnerisch festgelegte Form statisch. Das Problem ist, wie kann man im Kopf des Betrachters die Vorstellung oder die Illusion von Bewegung suggerieren. Um dies zu erreichen, vermeide ich geschlossene Forme. Meistens mache ich Linien, die keine geschlossenen Formen bilden, sondern irgendwo verlaufen, anfangen und dann irgendwo aufhören. Wenn eine Formbildung, eine llusionsformbildung entsteht, beispielsweise ein Quadrat, so gibt es immer auch einen Ausgang, damit das Forminnere wieder hinausfließen kann in den Raum. Solche Dinge berücksichtige ich, um Erstarrungen vorzubeugen. Man kann es vielleicht auch noch so sagen, daß die Formlosigkeit deshalb erstrebt ist, weil sie durch ihre chaotische Natur Bewegung provoziert. Ob das jetzt nun ein Prinzip ist bei meinen Arbeiten, kann ich nicht beurteilen. Aber etwas kann ich ganz sicher sagen: Diese chaotischen Prozesse der Zeichnungen sind notwendig für den Gestaltungsprozeß und auch für die Vorstellung von Bewegung. Die Anarchie oder Formlosigkeit, wo keine Gestalt, keine Festlegung ist, ist eines der ganz wesentlichen gestalterischen Elemente meines Zeichnens.
Susannah Cremer-Bermbach: Your drawings lack gravity, center, structure. They have no form in that sense. Goethe once said about Sterne’s stories that they are characterized by a “formlessness raised to form”. Does that also apply to you? Harald Naegeli: I think my concern is the creation of movement. Now, any shape defined by drawing appears static. The problem is how to suggest the idea or illusion of movement in the viewer’s mind. To achieve this, I avoid closed forms. Mostly I make lines that do not form closed shapes, but run somewhere, start and then stop somewhere. When a shape, an illusionary shape, is created, for example, a square, there is always an exit, so that the inside of the shape can flow out again into space. I consider such things in order to prevent torpor. One can perhaps also say that formlessness is striven for because it provokes movement by its chaotic nature. Whether this is now a principle in my work, I cannot judge. But something I can say for sure: these chaotic processes of the drawings are necessary for the design process and also for the idea of movement. The anarchy or formlessness, where there is no shape, no definition, is one of the very essential creative elements of my drawing.
Auszug aus dem Interview mit Harald Naegeli von Susannah Cremer-Bermbach. “Die Natur gehört sich selbst- Um das zu erkennen bin ich Künstler”, Ausstellung Katalog “Harald Naegeli Zeichnung” Kunstmuseum Düsseldorf 1990, Seite 98. Excerpts from an interview with Harald Naegeli by Susannah Cremer-Bermbach. “Nature belongs to itself- To realise this I am an artist” in exhibition catalogue “Harald Naegeli Zeichnung” Kunstmuseum Düsseldorf 1990, page 98.
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Harald Naegeli; Zeichnungen Sein Leben lang hat Harald Naegeli gezeichnet, und das in einem umfangreichen Sinne. Sein Oeuvre kennt aufwendige Blä tter, die in wochenlanger Arbeit entstanden sind, ebenso wie auch kleine, kurze Bildnotate, die kaum eine Sekunde benö tigen (wenn man den lebenslangen Vorlauf dazu außer acht lä sst). Bekannt ist der Meister aus Zü rich durch seine Graffiti, aber auch sie sind Zeichnungen im eigentlichen Sinne: Liniengebilde, deren Existenz nicht nur eine Wand als Trä ger voraussetzen, sondern auch einen Dialog mit ihr fü hren. Seine Zeichnungen zielen darauf, essentielle Umstä nde festzuhalten: Umrisslinien geben der physikalischen Begrenzung Kontur, Kernzeichnungen halten innere Strukturen oder Bewegungsformen fest. Selbst die auf Nö tigste reduzierten Linien lassen aufscheinen, was an charakteristischen Elementen wesentlich ist, zielen auf die Essenz. Bereits die Kunst der Steinzeit, aber auch Albrecht Dü rer wusste um die Magie, der Aneignung, die sich durch Zeichnungen vollziehen kann. 1 Mit seinem viele tausend Blä tter und zahllose Skizzenbü cher umfassenden zeichnerischen Werk schafft Naegeli ein Universum aus verschiedenartigen Sujets, von Pflanzen- und Tierskizzen ü ber Landschaften bis hin zu Bewegungsstudien oder den Volumina von Wolken. Die Meisterschaft seiner Zeichnungen besteht dabei nicht nur in der Sicherheit der Linienfü hrung und dem Kalkü l ihrer Freirä ume. Auch die gelegentliche Skepsis des Lineaments, das Vortasten und nicht zuletzt das Spiel der Linie mit bewusst frei bleibenden Flä chen tragen dazu bei. Nur gelegentlich und eher als Kontrast zum Primat der Linie setzt er Farbe ein. Seiner Hand kann der Meister dabei vertrauen; soweit geschult ist sie, dass er mitunter die linke Hand benutzt um diese “Schule der Gelä ufigkeit” 2 zu umgehen. Zeichnungen vollziehen sich in aller Regel mit einem Bezug zu ihrem Untergrund, sowohl physikalisch als auch inhaltlich. 3 Fü r die fragilen Gebilde, die Naegeli dem Papier mitteilt, spielt dessen Konsistenz eine tragende Rolle: saugt ein weiches Bü ttenpapier die Farbe ein wie bei den Tuschezeichnungen oder Radierungen,
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“Denn wahrhaftig steckt die Kunst in der Natur, wer sie heraus kann reißen, der hat sie.” - Albrecht Dürer, Vier Bücher von menschlicher Proportion 1528. Auch die Magie und die zahlreichen Höhlenbildern eigene Verschiebung zwischen Kontur und Farbkörper hat Harald Naegeli eine Zeitlang beschäftigt. Carl Czerny: Die Schule der Geläufigkeit, eine in den 1830er Jahren erschienene Sammlung von Klavieretüden, hat Generationen von Klavierschülern beschäftigt – und nicht zuletzt wegen der Nutzung als technisch ausgerichtete und zu übende Hürde auch in anderen Künsten ein Echo gefunden. “Was für die Graffiti die im Stadtraum vorgefundene Wand, das ist für die Zeichnungen auf Papier, zunächst mit zufälligen Altersspuren und Fehlstellen, dann mit den vorgegeben rauhen Noppen oder den groben Fasern des Naturchina- oder des Baumrindenpapiers.” Hein-Th. Schulze-Altcappenberg: “Wenn man sich bewegt, bewegt man mehr als
ist ein glatter Karton die Grundlage fü r das Liniengebilde, das sich eher auf der Oberflä che ausbreitet? Hä ufig spielen Naegelis Zeichnungen hier mit Elementen, die bereits ihre eigene Geschichte haben: Kartonbö den zeigen Abdrü cke der vorhergehenden Funktion, Ausschnitt-Reste von Passepartouts, eigens eingefä rbtes Papier oder auch die beidseitige Verwendung bieten eigene Vorgaben und Korrespondenzen fü r das, was die Zeichnung auf ihnen vollzieht. Man kann die Wolkenbilder Harald Naegelis als Experiment sehen: Ist es zeichnerisch mö glich, die Natur einer Wolke aus diesem rä tselhaften und wechselvollen Naturphä nomen herauszudestillieren? Wie in seinen Partikelzeichnungen verdichten sich Punkte und Linien zu Flä chen – aber eben anders als es der von ihm verehrte Wassily Kandinsky sich vorgestellt hatte 4, nicht nur als analytischer Akt des Sehens, sondern als praktische Versuchanordnung, die letzten Endes zu einer komplexen Rä umlichkeit tendiert. Der Vergleich mit kunsthistorischen Vorbildern wie Albrecht Altdorfer, Urs Graf und vor allem den kü nstlerischen Helden des zwanzigsten Jahrhundert wie Wassily Kandinsky oder Paul Klee ist fü r Harald Naegeli immer wichtig gewesen. In seltener Intensitä t und Frequenz und mit einer Art kollegialer Neugier hat er deren Arbeiten studiert. Immerhin ist der Vergleich gerade hier eine besondere Herausforderung: nur wenige kü nstlerische Medien sind derart weiträ umig und qualitativ herausragend erschlossen wie die Zeichnung. Es hier zur Augenhö he einer bemerkenswerten Meisterschaft zu bringen: das erfordert mehr als bloß Begabung und Fleiß, konzentriertes Hinsehen und virtuoses Umsetzen. Zeichnen ist auch eine Frage der Ausdauer und Konsequenz 5,und nicht zuletzt der fortwä hrenden Infragestellung des bereits Erreichten. Wahrscheinlich kommt man nur so in den Sphä ren an, die sonst den Wolken vorbehalten sind. Johannes Stahl, April 2022
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sich”. Der Zeichner Harald Naegeli. In: Harald Naegeli Zeichnung, Ausstellungskatalog Kunstmuseum Düsseldorf / Graphische Sammlung Staatsgalerie Stuttgart 1990, S. 7. Wassily Kandinsky: Punkt und Linie zu Fläche. Beitrag zur Analyse der malerischen Elemente, München 1926 (Bauhausbücher Nr. 9) Letztere Eigenschaft bescheinigte ihm in der Verurteilung wegen seiner Graffiti sogar ein Schweizer Bundesrichter: “Harald NAEGELI hat es verstanden, über Jahre hinweg und mit beispielloser Härte, Konsequenz und Rücksichtslosigkeit die Einwohner von Zürich zu verunsichern und ihren auf unserer Rechtsordnung beruhenden Glauben an die Unverletzlichkeit des Eigentums zu erschüttern.” Urteilsbegründung des Obergerichts Zürich vom 19.6.1981. Peter Thoss : Muß der Sprayer von Zürich ausgeliefert werden? In: Schweizerische Zeitschrift für Strafrecht 1983, S.215-225. Zitiert nach: Frankfurter Rundschau Nr. 281 vom 3.12.83, S.14 und 15.
Harald Naegeli; drawings Harald Naegeli has drawn all his life, and that in an extensive sense. His oeuvre knows elaborate sheets, which were created in weeks of work, as well as small, short pictorial notations, which take barely a second (if you disregard the lifelong lead-up to it). The master from Zurich is known for his graffiti, but they are also drawings in the true sense of the word: line structures whose existence not only presupposes a wall as a support, but also leads to a dialogue with it. His drawings aim to capture essential circumstances: outlines give contour to the physical boundary, core drawings capture inner structures or forms of movement. Even the lines reduced to the most necessary reveal what is essential in terms of characteristic elements, aiming at the essence. Naegeli’s work mirrors the art of the Stone Age which, as Albrecht Dürer knew too, possesses some magic in its capture of reality through drawing. 1 With his many thousands of sheets and countless sketchbooks of drawings, Naegeli creates a universe of diverse subjects, from sketches of plants and animals to landscapes, motion studies, or the volumes of clouds. The mastery of his drawings consists not only in the certainty of the lines and the calculation of their free spaces. The occasional skepticism of the lineament, the groping, and not least the play of the line with surfaces that deliberately remain free also contribute to this. Only occasionally and rather as a contrast to the primacy of the line does he use color. The master can trust his hand; it is so well trained that he sometimes uses his left hand to circumvent this “school of fluency”. 2 Drawings generally take place with a reference to their substrate, both physically and in terms of content. 3 For the fragile structures that Naegeli communicates to paper, its materiality plays a
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“For truly art is in nature, he who can tear it out has it.” - Albrecht Dürer, Four Books of Human Proportion 1528. Magic and the shift between contour and color body inherent in numerous cave paintings also preoccupied Harald Naegeli for some time. Carl Czerny: Schule der Geläufigkeit (School of fluency), a collection of piano etudes published in the 1830s, has engaged generations of piano students - and has found echoes in other arts, not least because of its use as a technical hurdle to be practised. “What for the graffiti is the wall found in the urban space, that is for the drawings on paper, first with random traces of age and flaws, then with the given rough burls or the coarse fibers of the Naturchina or tree bark paper.” Hein-Th. Schulze-Altcappenberg, “Wenn man sich bewegt, bewegt man mehr als sich.” Der Zeichner Harald Naegeli. In: Harald Naegeli Zeichnung, exhibition catalog Kunstmuseum Düsseldorf / Graphische Sammlung Staatsgalerie Stuttgart 1990, p. 7.
supporting role: does soft handmade paper absorb color as in ink drawings or etchings, is smooth cardboard good basis for the line structure that spreads out on its surface? One can see Harald Naegeli’s cloud paintings as an experiment: is it possible, in terms of drawing, to distill the nature of a cloud out of this enigmatic and changeable natural phenomenon? As in his particle drawings, dots and lines condense into surfaces — but in a different way from Wassily Kandinsky 4, whom he admired. Naegeli imagines this as not only an analytical act of seeing, but as a practical experimental arrangement that ultimately tends towards a complex spatiality. The comparison with art historical models such as Albrecht Altdorfer, Urs Graf and above all the artistic heroes of the twentieth century such as Wassily Kandinsky or Paul Klee has always been important for Harald Naegeli. He has studied their works with a rare intensity and frequency, and with a kind of collegial curiosity. After all, comparison is a particular challenge here: only a few artistic media have been developed as extensively and with such outstanding quality as drawing. To reach the level of a remarkable mastery here requires more than just talent and diligence, concentrated attention and virtuoso implementation. Drawing is also a question of perseverance and consistency 5, and not least of constantly questioning what has already been achieved. This is probably the only way to reach the spheres that are otherwise reserved for the clouds. Johannes Stahl, April 2022
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Wassily Kandinsky: Point and Line to Surface. Contribution to the Analysis of the Painterly Elements, Munich 1926 (Bauhaus Books No. 9). The latter quality was even attested to him by a Swiss federal judge in his conviction for his graffiti: “Harald NAEGELI has known how to unsettle the inhabitants of Zurich for years and with unprecedented harshness, consistency and ruthlessness and to shake their faith in the inviolability of property, which is based on our legal system.” Reasons for the judgment of the Zurich High Court of 19.6.1981. Peter Thoss: Must the Sprayer of Zurich be extradited? In: Swiss Journal of Criminal Law 1983, pp.215-225. Quoted from: Frankfurter Rundschau No. 281 of 3.12.83, pp.14 and 15.
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Eine Bewunderungsübung, Kurzformen der Welt Auf der Spitze eines Grases, Vor der Unendlichkeit des Himmels, Eine Ameise.1 Ozaki Hōsai (1885-1926) Ein kleines Werk zieht den Blick besonders auf sich (s.Seite 21). Es ist mit Tinte und einem breiten Pinsel auf Japanpapier gemalt, das auf ein größeres Stück Passepartout geklebt wurde. Die ursprüngliche Zeichnung schwebt so auf diesem wiedergewonnenen Raum. Das Werk ist ein winziges Querformat. Die dicke Strichführung erstreckt sich über die gesamte Horizontalität des Papiers. Die Bewegung, die Naegeli beim Zeichnen ausführt, ist sichtbar und lebendig: Der Blick kann leicht die Zeit heraufbeschwören, in der die Hand des Künstlers den Strich zieht. Die Tinte quillt ein wenig über das dünne Papier hinaus, ebenso wie die beiden Signaturen, die der Künstler oben links und unten rechts auf dem Werk angefügt hat. Unabhängig von der Festlegung “oben” oder “unten” in der Zeichnung, steht so eine Signatur immer auf dem Kopf. Offenheit des Raums, Abschaffung der Richtungen, Flüchtigkeit des Zeichens. Oben rechts - je nach gewählter Leserichtung - steht das Wort “Zen”. Die Bewegung des Pinsels hat ein Ideogramm geformt, das an einen Teil des japanischen Ideogramms für Zen erinnert: das Mu. Seit seiner Jugend interessierte sich Harald Naegeli für asiatische Kunst und Kalligraphie, insbesondere für Hokusai (1760-1849), einen japanischen Meister, der für seine Drucke der “schwebenden Welten” bekannt ist. Dieses kleine Werk gehört zu den Meditationszeichnungen über die Leere. In der Kalligraphie ist die Schönheit eines Kunstwerks nicht das Ergebnis einer gestischen oder visuellen Schönheit, sondern das Ergebnis des Gleichgewichts zwischen dem Geist des Autors, seinem Strich und den Elementen, aus denen seine Zeichnung besteht. Der Kalligraph strebt nach der Perfektion seiner Geste, um diese Harmonie zu finden. Sein Geist muss frei von Gedanken sein und die Fülle der Leere erreichen. Die Leere (das Weiß) und die Zeichen (das Schwarz), die durch die Geste entstehen, sind gleich wichtig. Die chinesische und japanische Kalligraphie ist eine Kunst der schwer zu erreichenden Einfachheit, ebenso wie die poetischen Kurzformen der Haikus. Es geht darum, in einer einzigen Pinselbewegung oder in 3 Versen und 17 Silben die Flüchtigkeit der umgebenden Welt in ihrer wesentlichsten Form zu konzentrieren. Das Unsichtbare und das Sichtbare, die Kontingenz und die Dauerhaftigkeit der Welt miteinander zu verbinden. Diese kurzen malerischen oder literarischen Formen kristallisieren das Menschliche, die Natur und den Kosmos. Sie sind wie Katalysatoren. Naegelis Werke besitzen diese katalysierende Kraft. 1.
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Corinne Atlan und Zéno Bianu, Haïku. Anthologie du poème court japonais, S.100, Paris, Gallimard, 2002. Auszug übersetzt aus dem Französischen von E. Rapin
Um diese Dichte in dieser schlichten Verdichtung zu erreichen, muss man viel beobachten: Die Richtungslinien von Landschaften oder Gräsern zu erfassen, die Bewegungskurven eines rennenden Hirsches oder der langsamen Gang der Ameisen zu verstehen, die subtile Bewegung der Wolken in die Hand zu nehmen, erfordert einen großzügigen Blick und ein geschärftes Auge. In Naegelis Zen-Tinte entsteht ein Kreis, der das ursprüngliche Ideogramm in ein Auge verwandelt. Ein Motiv, das in seinem Werk häufig wiederkehrt und an die anthropologische Aufgabe des Blicks des Künstlers erinnert, der in der Lage ist, diese ursprünglichen Formen der Natur, die in der Vorstellung der Menschheit gemeinsam sind, in seinem Strich ans Licht zu bringen. Zeichnen: kognitives Handeln, das tief mit der Materie verbunden ist. Zeichnen: Akt der Gründung der Schriften in ihrer ganzen Vielfalt. Den Raum der hier präsentierten Werke zu betreten, bedeutet, in ein Feld von Zeichen einzutreten. In den Körper eines Textes hineinzugehen, der sich vor dem Blick des Betrachters formt. Die Feder und die Tinte, die Naegeli verwendet, sind das Instrument und die Materie des Schreibens. Schreiben, scribere auf Lateinisch, dessen gemeinsame indoeuropäische Wurzel sker bedeutet, “kratzen, einschneiden”, wie die Feder, die das Blatt einschneidet, um die Tinte aufzunehmen. Die ursprünglichen Zeichen der Menschheit wurden skizziert und dann in den Stein, auf Wachstafeln und später auf PalimpsestPergamente gekratzt, die von kopierenden Mönchen erneut gekratzt wurden, um sie neu zu schreiben. Einige von Naegelis Zeichnungen bilden Palimpseste: Ein Japanpapier überdeckt ein anderes und lässt nur die Andeutung der Linien einer ersten Zeichnung erkennen (s. Seite 12). Das Werk lässt sich ebenso gut lesen wie betrachten. Die Punkte, winzigen Partikel, Linien und manchmal unmerklichen Schraffuren bilden Ideogramme für Landschaften oder Tiere. Diaphane Ideogramme von Insekten und winzigen Spinnen schweben auf dem Papier. Die ganze Welt taucht auf. Die Leere, die um die Zeichnungen herum gelassen wird, ermöglicht es dem Betrachter, aus dem Werk herauszutreiben, in einer anderen Zeichnung weiterzulesen oder in die Urwolken einzutauchen. Naegelis Feld ist frei, die Beständigkeit seines Strichs schränkt den Blick nicht ein, der in einer Kontinuität von einem Werk zum anderen übergeht. Vielleicht bietet er so die Möglichkeit, für einen Moment in eine kurze Form der Unendlichkeit einzutauchen? Die Unendlichkeit, konzentriert in einer Tintenspur, die so fein ist, dass das Auge mit dem Papier eins wird. Und so weiter. Emmanuelle Rapin, April 2022 Aus dem Französischen übersetzt
An admiration exercise, brief forms of the world On the tip of a grass facing the infinite sky an ant. 1 Ozaki Hōsai (1885-1926) A small work of art particularly captivates the eye (see page 21). It is made in ink with a large brush on a Japanese paper glued onto a larger piece of matting. The initial drawing thus floats on this regained space. The work is a tiny landscape size. The thick line extends throughout the horizontality of the paper. The movement made by Naegeli while drawing is visible and alive: the eye can easily summon the time of the artist’s hand drawing. The ink overflows a little from the thin paper, as well as the two signatures affixed by the artist at the top left and bottom right of the work. Thus, whichever side is attributed the meaning of “top” or “bottom” of the drawing, there is always a signature at the opposite end. Opening of the space, abolition of the directions, fugacity of the sign. At the top right — depending on the reading direction chosen — is the word “Zen”. The movement of the brush formed an ideogram that recalls a part of the one meaning Zen in Japanese: the ideogram mu. Since his youth, Harald Naegeli has been interested in Asian art and calligraphy, particularly Hokusai (1760-1849), the Japanese master known for his “floating worlds” prints. This small work belongs to the drawings of meditation on the void. In calligraphy, the beauty of the work is not the result of a gestural or visual beauty but of the balance between the author’s mind, his line, and the elements composing his drawing. The calligrapher aims at the perfection of the gesture to find this harmony. His mind must be free of thoughts, and reach the fullness of emptiness. The emptiness (the white) and the signs (the black) generated by the gesture are of equal importance. Chinese and Japanese calligraphy is an art of simplicity that is difficult to achieve, just like the brief poetic forms of haiku. It is a matter of concentrating in a single brushstroke or in 3 verses and 17 syllables the transience of the surrounding world in its most essential form. In doing so, it links the invisible and the visible, the contingencies and the permanences of the world. These brief pictorial or literary forms crystallize the human, the natural, and the cosmic. They are catalysts. Similarly, the works of Naegeli carry this catalytic force.
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To reach this level of density in this bare condensation, one must observe a great deal: to grasp the lines of direction of landscapes or grasses, to understand the curves of movement of a running deer or those made by ants, and to integrate the subtle movement of clouds in the hand require a generous look and an acuity of the eye. In Naegeli’s Zen ink, a circle emerges that transforms the initial ideogram into an eye. This is a motif that often recurs in his work and reminds us of the anthropological mission of the artist’s gaze. His line is capable of bringing to light those original forms of nature common to the imagination of humanity. Drawing: cognitive action deeply linked to the material. Drawing: founding act of writing in all its multiplicity. To enter the space of the works presented here is to enter a field of signs. It is to enter the body of a text which is formed under the glance of the spectator. The pen and ink that Naegeli uses are the instruments and the materials of the writing. The word “write”, scribere in Latin, whose common Indo-European root sker, means “to scratch, to incise”, is evocative of the pen which incises the sheet to receive the ink. The original signs of humanity were traced and then scratched in stone, on wax tablets, and then on the palimpsest parchments that copyist monks scratched again to rewrite. Some of Naegeli’s drawings form palimpsests: a Japanese paper covers another one, leaving only the suggestion of the lines of a first drawing (see page 12). The work is read as much as it is seen. The points, the tiny particles, the lines, the sometimes imperceptible hatchings, form ideogram landscapes or ideogram animals. Diaphanous ideograms of insects and tiny spiders float on the paper. The whole world emerges. The void, left around the drawings, allows the viewer to drift out of the work, to continue reading in another drawing or to dive into the Original Clouds. Naegeli’s field is free, the permanence of his line does not limit the gaze which passes from one work to another in a continuity. Perhaps he thus offers the possibility, for a moment, to dive into a brief form of the infinite. The infinite, concentrated in an ink line so fine that the eye will end up being one with the paper. And so on. Emmanuelle Rapin, April 2022 Translated from French
Translated from Japanese by Gilles Fabre, www.haikuspirit.org
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Mit hunderttausenden ja Millionen kleiner Punkte und Strichlein arbeite ich seit Jahren an einer “Endlosen Zeichnung”, welche ich die URWOLKE nennen. Das ganze ist niemals sichtbar, nie abgeschlossen und nur in den bislang gegen 300 1 Teilstücken als Konzeption erkennbar, nämlich: als “Utopie einer unendlichen Ausdehnung bei sich ständig intensivierende Dynamik”. Bei der Gestaltung der Urwolke fühle ich mich einem anonymen Baumeister der gotischen Kathedralen durchaus verwandt. Hier wie dort ist Maß, Proportion, Gleichgewicht, Bewegung und Raum oberstes Gesetz. Alles Individuelle muss sich diesen Geboten und Aufgaben unterordnen und fügen. So ist die URWOLKE neben der unaufhörlichen lebenslangen Arbeit für mich immer wieder Gegenstand von Nachdenken, Sinnen und vor allem der Anschauung. Eine Meditation und Action in Einem, die schwebende Verbindung eines psychisch/geistigen Innenraumes mit einem kosmischen Allraum. 2
With hundreds of thousands yes millions of small points and little lines I work for years on an “Endless drawing”, which I call the URWOLKE (primordial cloud). The whole is never visible, never completed and only in the so far about 300 1 pieces recognizable as a conception, namely: as “utopia of an infinite expansion with constantly intensifying dynamics”. In the design of the URWOLKE, I feel quite related to an anonymous master builder of Gothic cathedrals. Here as there, measure, proportion, balance, movement and space are the supreme law. Everything individual must subordinate and submit to these commandments and tasks. Thus, the URWOLKE is, in addition to the incessant lifelong work for me again and again the object of reflection, senses and above all of contemplation. A meditation and action in one, the floating connection of a psychic/spiritual inner space with a cosmic outer space. 2
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Mittlerweile existieren 400-500 Teile der Urwolke. Meanwhile 400-500 parts of the primordial cloud exist. Auszug aus einem Text des Künstlers im Katalog zur Ausstellung “Von Sprayen zur Utopie der Urwolke” in der Galerie Carzaniga + Ueker in Basel, 2000. Excerpt from a text by the artist in the catalog of the exhibition “Von Sprayen zur Utopie der Urwolke” at the Galerie Carzaniga + Ueker in Basel, 2000.
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“Ich glaube, daß es in erster Linie so ist: bei mir ist das entscheidene das Produzieren als solches. Schon das Produkt, wenn es geschehen ist, kann mich nicht mehr so sehr interessieren. Mich interessieren also nur die zeugenden Energien, die mich durchfluten und die dann eben ein Produkt erzeugen. Aber das Produkt selbst und was mit ihm geschieht ist etwas, das mich nicht sehr interessiert. Das Produkt ist da, aber das, was zum Produkt geführt hat, entzieht sich ständig.”
“I think the most important thing for me is to produce as such. The product itself, once it has been made, cannot interest me as much. So I’m only interested in the generative energies that flow through me and generate a product. But the product itself and what happens with it don’t really interest me. The product is there, but what led to the product is constantly slipping away.”
“Spuren - Zeitschrift für Kunst und Gesellschaft” Magazine, N1, S.14
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Kunstwerke Sofern in der Beschreibung nicht anders erwähnt, sind die Werke auf Papier realisiert, die vom Künstler auf Passepartoutkarton kaschiert sind.
Seite 3 Partikelzeichnung Tinte auf unregelmäßig geschnittenem Arches-Papier, auf der Rückseite signiert und 1995 datiert. 26 x 23,5 Seite 4 (nicht ausgestellt) Tusche und Tinte, unten rechts signiert, oben rechts 2001 8 17, datiert. 15 x 29,5 | 12,5 x 13 Seiten 8 +9 Schwarzer Filzstift auf Fotokopie, rechts signiert und 1983 datiert. 29,7 x 42
Die Maße des Kartons gehen denen des Papiers voraus, die in der Reihenfolge von Höhe und Breite in Zentimetern angegeben werden.
Seite 18 Tinte, unten links signiert, oben rechts 2000.XII.25 datiert. 18,8 x 24,9 | 13,5 x 17,9
Seite 29 Dez. 2002. Aquarell, signiert und datiert auf der Rückseite. 20 x 14,3 | 2,4 x 1,9
Seite 19 Tinte, unten links signiert, oben rechts 2000.Dez.29 datiert. 18,9 x 24,9 | 12 x 15
Seite 30 (nicht ausgestellt) 1990 Aquarell und Kohlezeichnung, unten rechts mit Bleistift signiert und rü ckseitig datiert. 15,7 x 10,5 | 11,3 x 4, 5
Seite 20 Tinte, oben links signiert, oben rechts mit Bleistift 2000,VI,6 datiert. 15,3 x 21,3 | 8,9 x 11,9
Seite 12 Tinte, signiert und 89 datiert in der unteren linken Ecke. 25 x 17,4 | 10,9 x 11,1
Seite 21 Tuschezeichnung mit einer Signatur unten rechts und einer umgekehrten Signatur oben links versehen, neben dem Datum 98 mit ZEN bezeichnet. 13,4 x 19,7 | 9,3 x 15,8.
Seite 13 Gouache, Tinte, Aquarell, signiert und 87 datiert unten in der Mitte. 22,5 x 15,5 | 16,5 x 13,5
Seite 24 Kohlezeichnung, mit Bleistift unten links signiert und rechts 2001 X 14 datiert 22,4 x 19,6 | 14,8 x 10,3
Seite 14 Tinte, mit Bleistift oben links signiert und 2001.II.20 datiert. 25,5 x 29,9 | 19,2 x 22,20.
Seite 25 Gouache und Tinte, unten rechts mit Bleistift signiert und 98 I III datiert. 22,4 x 14,1 | 18 x 9
Seite 15 Tinte und Aquarell auf Karton mit Bleistift signiert und 88 datiert und mit “I” in römischer Ziffer beschriftet. 21,9 x 14,2 | 14,4 x 7,3
Seite 26 Kohlezeichnung, oben links signiert und unten rechts mit Bleistift 99\12\10 datiert. 19,9 x 19,9 | 17 x 15,7
Seite 16 Tinte, unten links signiert, unten rechts 2000,IV,3 datiert. 11,8 x 27,1 | 6,2 x 19,1 Seite 17 Tinte, unten links signiert, oben rechts 2000 IX 2 datiert. 19,6 x 25,1 | 9,3 x 13,4 36
Seite 27 Kohlezeichnung, unten mit Bleistift signiert und 2001,X, datiert. 24,5 x 19,3 | 16,3 x 9,9 Seite 28 Gouache und Tinte, mit Bleistift in der oberen linken Ecke signiert und 98\4\29 datiert. 14,2 x 21,1 | 13,1 x 19
Seite 32, Teil der Urwolke 1999, Federzeichnung auf Arches-Papier mit Wasserzeichen, rückseitig mehrfach mit Bleistift vom Künstler annotiert, entstanden in 10 Sitzungen 108 x 75 Teil der Urwolke 1998, Federzeichnung auf Arches-Papier mit Wasserzeichen, rückseitig mehrfach mit Bleistift vom Künstler annotiert, entstanden in 18 Sitzungen 108 x 75 Seite 33 Teil der Urwolke 1997-1999, Federzeichnung auf ArchesPapier mit Wasserzeichen, rückseitig mehrfach mit Bleistift vom Künstler annotiert, entstanden in 18 Sitzungen 108 x 75 Seite 34 1996. Schwarzer Filzstift auf Offset mit der Darstellung einer Urwolke, signiert und datiert unten links. 100 x 75 3. Umschlag Rückseite des auf Seite 28 abgebildeten Werkes.
Artworks Unless otherwise stated in the description, the works are made on paper, laminated by the artist on passe-partout cardboard.
Page 3 Particle drawing. Ink on irregularly cut Arches paper, signed and dated 1995 on the reverse. 26 x 23,5 Page 4 (Not exhibited) Ink, signed in pencil lower left and dated 2001 8 17 upper right. 15 x 29,5 | 12,5 x 13 Pages 8 and 9 Black felt-tip pen on photocopy, signed and dated 1983 on the right. 29,7 x 42 Page 12 Ink, signed and dated 89 in lower left corner. 25 x 17,4 | 10,9 x 11,1 Page 13 Gouache, ink, and watercolor, signed and dated 87 lower center. 22,5 x 15,5 | 16,5 x 13,5 Page 14 Ink, signed and dated 2001.II.20 in pencil at upper left. 25,5 x 29,9 | 19,2 x 22,2 Page 15 Ink and watercolor, signed and dated 88 in pencil and inscribed “I” in Roman numeral. 21,9 x 14,2 | 14,4 x 7,3 Page 16 Ink, signed lower left, dated lower right 2000, IV, 3. 11,8 x 27,1 | 6,2 x 19,1 Page 17 Ink, signed lower left, dated 2000 IX 2 upper right. 19,6 x 25,1 | 9,3 x 13,4
The dimensions of the cardboard precede the dimensions of the paper, which are given in centimeters in the order of height and width.
Page 18 Ink, signed lower left, dated 2000.XII.25 upper right. 18,8 x 24,9 | 13,5 x 17,9
Page 29 Watercolor, signed and dated Dez. 2002 on reverse. 20 x 14,3 | 2,4 x 1,9
Page 19 Ink, signed lower left, dated 2000.Dez.29 upper right. 18,9 x 24,9 | 12 x 15
Page 30 (not exhibited) Watercolor and charcoal drawing, signed and dated 1990, in pencil lower right 15,7 x 10,5 | 11,3 x 4, 5
Page 20 Ink, signed upper left, dated 2000,VI,6 upper right in pencil. 15,3 x 21,3 | 8,9 x 11,9
Page 32 Part of the Urwolke 1999 Pen and ink drawing on Arches paper with watermark, annotated several times on the reverse in pencil by the artist, produced in 10 sessions 108 x 75
Page 21 Ink drawing, signed lower right and upper left, inscribed ZEN next to the date 98. 13,4 x 19,7 | 9,3 x 15,8. Page 24 Charcoal drawing, signed and dated 2001 X 14 in pencil at the bottom. 22,4 x 19,6 | 14,8 x 10,3 Page 25 Gouache and ink, signed and dated 98 I III in pencil lower right. 22,4 x 14,1 | 18 x 9 Page 26 Charcoal drawing, signed upper left and dated 99\12\10 lower right in pencil. 19,9 x 19,9 | 17 x 15,7 Page 27 Charcoal drawing, signed and dated 2001, X, in pencil at the bottom. 24,5 x 19,3 | 16,3 x 9,9 Page 28 Gouache and ink, signed and dated 98\4\29 in pencil on the upper left corner. 14,2 x 21,1 | 13,1 x 19
Part of the Urwolke 1998 Pen and ink drawing on Arches paper with watermark, annotated several times on the reverse in pencil by the artist, produced in 18 sessions 108 x 75 Page 33 Part of the Urwolke 1997-1999, pen and ink drawing on Arches paper with watermark, annotated several times on the reverse in pencil by the artist, produced in 18 sessions. 108 x 75 Page 34 Black felt-tip pen on offset depicting a Urwolke, signed and dated 1996 lower left. 108 x 75 3rd cover Back of the work reproduced on page 28
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Biographie 1939 Geboren am 4. Dezember 1939 in Zürich. 1956-64 Unterricht an der Zü rcher Kunstgewerbeschule und Studium an der École des Beaux-Arts in Paris. Collagen, Holzdrucke und Zeichnungen entstehen. 1977 Erste Graffiti in Zü rich entstehen. Harald Naegeli arbeitet zwei Jahre als Phantom Sprayer. 1979 Ein Kopfgeld von 3000 CHF wird auf den «Sprayer von Zü rich» ausgesetzt. Festnahme im Juni. 1980 Ausdehnung der Sprayaktionen, u.a. auf Köln (Kölner Totentanz), Berlin, Düsseldorf, Frankfurt und Stuttgart. 1981 Nach einem Handgemenge mit der Polizei flüchtet Harald Naegeli aus der Schweiz über Italien nach Deutschland. 1982 Kölnischer Kunstverein zeigt eine Fotodokumentation des «Kölner Totentanz», und ein internationaler Haftbefehl wird ausgerufen. 1984 Naegeli stellt sich im April freiwillig dem Basler Grenzschutz mit Klaus Staeck und Joseph Beuys. Er verbringt vier Monate im Gefängnis Winterthur und zwei Monate im offenen Vollzug in der Justizvollzugsanstalt Wauwilermoos/Luzern. Nach der Freilassung verlässt Naegeli die Schweiz aus politischen Grü nden. 1986 Harald Naegeli reagiert mit dem «Totentanz der Fische» entlang des Rheins auf den Chemieunfall von Sandoz in Schweizerhalle. 1987 Sprayaktionen in Venedig gegen Tierversuche und Umwelt-
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Benefizauktionen verschmutzung durch Kreuzfahrtschiffe. 1990 Ausstellungen im Kunstmuseum Düsseldorf und in der Staatsgalerie Stuttgart. Harald Naegeli widmet sich vermehrt Arbeiten auf Papier. 1991 Beginn der «Urwolke». 1993 Ausstellung im Kunsthaus Zürich mit Sprayperformance. Veröffentlichung der Comic-Biografie «Harald Naegeli – Sprayer von Zürich» von Andreas MüllerWeiss. 2004 Restaurierung von «Undine» (1978) an der Universität Zürich und Beginn der Korrespondenz mit dem Grossmünster bezüglich des Totentanz-Projektvorschlags in den Kirchtürmen. 2010 Benefizaktion zu Gunsten von ProNatura in Zürich sowie eine Ausstellung im Kölner Zoo für den Tierschutz. 2014 Einzelausstellung an der Europäischen Kunstakademie in Trier. 2016 Einzelausstellung «Der Prozess» im Stadtmuseum Düsseldorf. 2017 Schenkungen Harald Naegelis an die Graphische Sammlung Tübingen, Bonn, das Schnü tgen Museum Köln und das Stadtmuseum Düsseldorf. 2018 Harald Naegeli beginnt den Totentanz im Grossmünster zu sprayen, dessen Vollendung wurde jedoch vom Regierungsrat untersagt.
2020 Harald Naegeli verlässt Dü sseldorf nach über 35 Jahren und kehrt nach Zü rich zurü ck. Aktion Wolkegabe: Harald Naegeli verschenkt 50 Original-Zeichnungen an Hauseigentü mer, welche während des Corona-Lockdowns Gewerbemietern den Mietzins erlassen. Der Zü rcher Totentanz entsteht während des Lockdowns von April bis Juni. Verleihung des Kunstpreises der Stadt Zü rich im September. 2021 Einzelausstellung «Der bekannte Unbekannte» im Musée Visionnaire und Veröffentlichung der interaktiven Plattform www. sprayervonzürich.com. Im September feiert der Dok-Film von Nathalie David «Harald Naegeli - Der Sprayer von Zürich» Premiere und zum 50jährigen Jubiläum schenkt Naegeli Greenpeace Schweiz Original-Zeichnungen, welche zugunsten von Umweltschutzkampagnen versteigert werden. Die Unterstützung von Tier- und Naturschutzprojekten ist auch ein zentrales Anliegen der Stiftung von Harald Naegeli, welche er 2021 ins Leben ruft. 2022 «Harald Naegeli in Köln», Einzelausstellung im Museum Schnü tgen ab März und Ausstellung auf der Insel Ufenau auf dem Zürichsee.
2021 «Benefizauktion: Naegeli-Zeichnungen exklusiv für Greenpeace» Anlässlich des 50jährigen Jubiläums von Greenpeace in Zürich. 2020 «Aktion Wolkegabe» Harald Naegeli verschenkt 50 Original-Zeichnungen an Hauseigentü mer, welche während des Corona-Lockdowns Gewerbemietern den Mietzins erlassen. «Benefiz-Aktion Notgeld für Hilfsbedürftige in Köln» Kunstpreis Zürich Harald Naegeli leitet den mit 50’000 CHF dotierten Kunstpreis an Tier- und Naturschutzorganisationen weiter. 2019 «21. Kunstauktion zu Gunsten der Überleben–Stiftung» in Berlin. «Benefiz-Auktion: Galgostiftung» In der Heine-Buchhandlung Müller & Böhm in Düsseldorf. 2018 «Benefiz-Auktion für 10 Jahre Stay! – Flüchlingshilfe Düsseldorf» 2017 «Benefiz-Ausstellung» Mit Zeichnungen von Harald Naegeli und Fotografien von Wolfgang Spiller in der Kulturkirche Ost in Köln. «19. Kunstauktion zu Gunsten der Überleben–Stiftung» in Berlin. 2012 Sprayaktion in der Zürcher Kantonalbank zu Gunsten von Pro Natura 2010 «Benefiz-Auktion: Studien und Werke der 90er Jahre» Zu Gunsten von Pro Natura in der Galerie Kunst im West in Zürich.
Benefit auctions
Biography 1939 Born on December 4, 1939, in Zurich. 1956-64 Teaches at the Zurich School of Applied Arts and studies at the École des Beaux-Arts in Paris. Creates collages, woodblock prints and drawings. 1977 First graffiti in Zurich. Harald Naegeli works for two years as a phantom sprayer. 1979 A bounty of 3000 CHF is offered for the “Sprayer of Zurich”. Arrest in June. 1980 Expansion of the spray actions, among others to Cologne (Cologne Dance of Death), Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, and Stuttgart. 1981 After a scuffle with the police, Harald Naegeli flees from Switzerland via Italy to Germany. 1982 Kölnischer Kunstverein shows a photo documentation of the “Cologne Dance of Death”, and an international arrest warrant is issued. 1984 Naegeli voluntarily surrenders to Basel border guards with Klaus Staeck and Joseph Beuys in April. He spends four months in Winterthur prison and two months in open detention at the Wauwilermoos/Lucerne correctional facility. After his release, Naegeli leaves Switzerland for political reasons. 1986 Harald Naegeli reacts to the Sandoz chemical accident in Schweizerhalle with the “Dance of Death of the Fish” along the Rhine.
1987 Spray actions in Venice against animal testing and pollution by cruise ships. 1990 Exhibitions at the Kunstmuseum Düsseldorf and the Staatsgalerie Stuttgart. Harald Naegeli increasingly devotes himself to works on paper. 1991 Start of the “Urwolke”. 1993 Exhibition at the Kunsthaus Zürich with spray performance. Publication of the comic biography “Harald Naegeli Sprayer of Zurich” by Andreas Müller-Weiss. 2004 Restoration of “Undine” (1978) at the University of Zurich and beginning of correspondence with the Grossmünster regarding the Totentanz project proposal in the church towers. 2010 Benefit in favor of ProNatura in Zurich and an exhibition at the Cologne Zoo for animal welfare. 2014 Solo exhibition at the European Academy of Art in Trier. 2016 Solo exhibition “The Trial” at the Stadtmuseum Düsseldorf. 2017 Harald Naegeli’s donations to the Graphische Sammlung Tübingen, the Schnütgen Museum Cologne, the Stadtmuseum Düsseldorf, and the city of Bonn. 2018 Harald Naegeli begins to spray the Dance of Death in the Grossmünster, but its completion was prohibited by the government council.
2020 Harald Naegeli leaves Düsseldorf after more than 35 years and returns to Zurich. Aktion Wolkegabe: Harald Naegeli gives away 50 original drawings to house owners who waive the rent for commercial tenants during the COVID-19 lockdown. The Zurich Dance of Death is created during the lockdown from April to June. Awarding of the Art Prize of the City of Zurich in September. 2021 Solo exhibition “The Known Unknown” at the Musée Visionnaire and release of the interactive platform www. sprayervonzürich.com. In September, the documentary film by Nathalie David “Harald Naegeli - The Sprayer of Zurich” premieres. In December, Naegeli donates original drawings to Greenpeace Switzerland for the organisation’s 50th anniversary. They are auctioned off for the benefit of environmental protection campaigns. The support of animal and nature conservation projects is a central concern of Harald Naegeli’s foundation, which he establishes in 2021. 2022 “Harald Naegeli in Cologne”, solo exhibition at Museum Schnütgen starting in March and exhibition on the island of Ufenau on Lake Zurich.
2021 “Benefit Auction: Naegeli Drawings Exclusively for Greenpeace” in Zurich, on the occasion of the 50th anniversary of Greenpeace. 2020 “Aktion Wolkegabe” Harald Naegeli gives away 50 original drawings to homeowners who waive rent for commercial tenants during the COVID-19 lockdown in Zurich. “Benefit Action Emergency Money for People in Need in Cologne”. Zurich Art Prize Harald Naegeli forwards the CHF 50,000 art prize to animal and nature conservation organizations. 2019 “21st Art Auction in Favor of the Survival Foundation” in Berlin. “Benefit Auction: Galgo Foundation” at the Heine bookstore Müller & Böhm in Düsseldorf. 2018 “Benefit Auction for 10 Years of Stay! - Refugee Aid Düsseldorf”. 2017 “Benefit Exhibition” with drawings by Harald Naegeli and photographs by Wolfgang Spiller at the Kulturkirche Ost in Cologne. “19th Art Auction in Favor of the Survival Foundation” in Berlin. 2012 Spray action in the Zürcher Kantonalbank in favor of Pro Natura. 2010 “Benefit Auction: Studies and Works of the 90s”. In favor of Pro Natura in the gallery Kunst im West in Zurich.
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Harald Naegeli Ungehorsam 30.04 - 04.06.2022
Harald Naegeli Unsubdued 30.04 - 04.06.2022
Idee: Raphaël Levy Organisiert von Emmanuelle Rapin und Raphaël Levy
Idea: Raphaël Levy Organized by Emmanuelle Rapin and Raphaël Levy
Die Bewunderungsübung von Emmanuelle Rapin und der Text von Dr. Johannes Stahl (j-stahl.de) wurden speziell für diese Ausstellung verfasst.
The exercise of admiration by Emmanuelle Rapin as well as the text by Johannes Stahl (j-stahl.de) were written especially for this exhibition.
Dieser Katalog wurde von den Galerien aKonzept und Raphaël Levy veröffentlicht. Layout: Olga Lukyanova, Emmanuelle Rapin, Hermann Braun und Raphaël Levy Auflage 200 Exemplaren. Fotografien der Kunstwerke, außer Seiten 32, 33, 34: Eric Tschernow Druckerei: KATALOGDRUCK-BERLIN.DE
This catalog is published by Galerien aKonzept and Raphaël Levy. Layout: Emmanuelle Rapin, Olga Lukyanova, Hermann Braun and Raphaël Levy Edition of 200 copies. Photographs of artworks, except pages 32, 33, 34: Eric Tschernow Printers: KATALOGDRUCK-BERLIN.DE
Korrekturen auf Deutsch: Joëlle Rapin, Hermann Braun Korrekturen auf Englisch: Alex Yang
German texts editing: Joëlle Rapin, Hermann Braun English texts editing: Alex Yang
Die in diesem Katalog veröffentlichten Werke sind käuflich zu erwerben. © VG Bild-Kunst, Bonn 2022 © Harald Naegeli © Verleger, Autoren und Fotografen
The works published in this catalog are for sale. © VG Bild-Kunst, Bonn 2022 © Harald Naegeli © Editors, authors and photographers
Der Text auf der Rückseite des Umschlags sowie der Name von Raphaël Levy (Seite 2) sind im utopischen Alphabet aus “Utopia”, Thomas More, Erstausgabe Thierry Martens, Louvain 1516, geschrieben.
The back cover text as well as the name of Raphaël Levy (page 2) are written in the Utopian alphabet from “Utopia”, Thomas More, first edition Thierry Martens, Louvain 1516.
ISBN 978-3-00-072063-5
ISBN 978-3-00-072063-5
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& ISBN 978-3-00-072063-5