Bergauf #3.2024

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Das Magazin des Österreichischen Alpenvereins seit 1875

Bergauf

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Abbruchstimmung

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Anstehende Großsanierungen bei teils 150 Jahre alten Schutzhütten, exorbitante Baupreise im Hochgebirge und zunehmende Wegeschäden: Der Alpenverein setzt einen Notruf ab.

Österreichische Post AG MZ 02Z030032 M Österreichischer Alpenverein Olympiastr. 37, 6020 Innsbruck Retouren an Postfach 555, 1008 Wien

WOHIN F HRT DEIN WEG?

Harald Herzog aus Windischgarsten (OÖ) möchte etwas bewegen – als Autor bei alpenvereinaktiv.com oder im Kletterzentrum Windischgarsten nach oben. Umweltfreundliche Hüttentechnik hat ihn mehrere Jahre beim Alpenverein Austria beschäftigt, deshalb gibt er auf Seite 22 darüber Auskunft.

Anna Praxmarer lässt für tolle Magazine und Zeitungen alles stehen und liegen. Wenn sie nicht gerade im Alpenverein für den Erhalt der Hütten und Wege kämpft (S. 26), ist sie als mobile Pferdetrainerin in Tirol unterwegs und wird von ihrem Wallach „Fuego“ auf Trab gehalten.

Bergsteigen, Alpinklettern, Skitouren? Welche Disziplin Gerhard Mössmer am liebsten mag, kann er gar nicht sagen. Fakt ist, dass der inzwischen Ü50­alte Bergführer und vierfache Familienvater für den Bergsport (S. 36 ff.) brennt. Fotos:

evelin stark

Chefredakteurin Bergauf

Liebe Leserin, lieber Leser,

ich muss zugeben: Am Ende der Arbeit für diese Bergauf-Ausgabe bin ich ein bisschen „zerdetscht“, wie man bei mir zu Hause zu sagen pflegt – niedergeschlagen, zerknautscht, banane. Bitte nicht falsch verstehen – das soll kein Jammern sein! Wohl aber die Feststellung, dass die redaktionelle Arbeit an einer so vielfältigen und gehaltvollen Ausgabe unseres Mitgliedermagazins sehr intensiv ist und mitunter ein paar Nerven abverlangt. Fast wie ein anspruchsvoller Weitwanderweg im April, bei dem sich alle paar Minuten das Wetter ändert.

Rückblickend ist jede Etappe aber lohnend: Besonders freut mich, dass uns ein sehr umfassender Themenschwerpunkt über die Alpenvereinshütten und -wege in diesem Bergauf gelungen ist. Ebenso, dass der Bergsport mit den Themen Hochtouren und Mountainbike viele Seiten abdeckt, der Naturschutz mit spannenden Persönlichkeiten und nachhaltigen Ideen aus den Bergsteigerdörfern aufwartet, Familien und Kinder Platz für Tage draußen einnehmen und auch unser Archiv nicht zu kurz kommt.

Wenn ich von „wir“ bzw. „uns“ spreche, meine ich alle mitarbeitenden Menschen im Österreichischen Alpenverein, die mit mir gemeinsam jede Ausgabe planen, Ideen und Beiträge liefern. Und vor allem Zeit und Energie investieren, damit Sie, werte Leserin, werter Leser, sich richtig gut informiert fühlen. Danke, ihr Lieben.

Und jetzt ab in den Sommer, genug des Aprilwetters!

Aktuelle Informationen: www.alpenverein.at f facebook.com/alpenverein I instagram.com/alpenverein

#3.2024 — Juni/Juli/August 3
Alpenverein/P. Neuner-Knabl, privat editorial

inhalt

Heft # 3.2024

Juni/Juli/August

t H em A

10 Hütten, Hütten, Hütten

14 Alpine Vereine in Not Dem Alpenverein brennt es unter den Nägeln: Was ist der Status quo der Hütten und Wege in Österreich?

22 Die Hütten des Alpenverein Austria

26 Eine alpine Überlebenskünstlerin Die neue Seethaler-Hütte zeigt, was ganz oben am Dachstein möglich ist.

28 Neue Weganlagen nicht gestattet Von den Anfängen zur Verdichtung des Wegenetzes in den Ostalpen.

32 Team barrierefreie Wege

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36 Zeigt her eure Füße, zeigt her eure Schuh …

40 Tanz auf dem Eis Sicheres Gehen mit Steigeisen.

42 Hochtouren ganz klein

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Das Titelbild ist eine von künstlicher Intelligenz erdachte Schutzhütte mit Illustrationen von Valentina Recheis.

34 Bergspitzen

54 a lpenvereinsshop

64 v ereinsintern

81 k inderW elt

82 aU slese

90 vors C haU / i mpress U m

44 Traut euch hoch hinaus! Das Hochtouren-Ausbildungsprogramm der Alpenverein-Akademie.

46 Hochtour auf die Reichenspitze

48 alpenvereinaktiv-Tipp: Auch offline am richtigen Weg

50 „Nur Jammern bringt nichts“ Mountainbike-Koordinator René Sendlhofer-Schag im Interview.

52 Wie ich in den Wald hineinrufe …

R egi O n A l

56 Menschen und Berge im Steinernen Meer

62 Mit den Öffis ans (Steinerne) Meer Der Alpenverein Saalfelden setzt bei der „Steinernes Meer Traverse“ auf öffentliche Anreise.

R es P e K t VO ll

65 Neuer Präsident

66 Naturschützer auf Augenhöhe Wolfgang Retter im Interview.

70 Bergsteigerdörfer: Vom Engiadina Bassa ins Matscher Tal

74 Schutzgebiete im Alpenbogen

78 Der ökologische Handabdruck Tage draußen in Zeiten der Klimakrise.

K ultu R

84 Einer, der nach Kanada ging Konrad Kain und sein Erbe.

85 Im Schaukasten: Naturschutzabzeichen

86 Bildgeschichten: Der berühmte Fotograf

88 Blick zurück

sChUhWerk Pünktlich zur Hochtourensaison geht es um die zwei elementarsten Ausrüstungsgegenstände: Schuhe und Steigeisen. Foto: Klaus Kranebitter

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Foto: Andreas Lattner

Alles auf einen Blick.

Touren geplant?

Zustiege und Tourenvorschläge bei jeder Hüttenseite.

gecheckt?

Aktuelle Bedingungen und AV-Bergwetter helfen dabei.

Schlafplatz reserviert?

Belegung und Link zur Reservierung bei jeder teilnehmenden Hütte.

Ö entlich angereist?

Infos bei jeder Tourenbeschreibung und im neuen ÖPNV-Layer.

Finde und plane deine Tour mit dem Tourenportal und den Tools von alpenverein aktiv.com

Mitglied werden verbindet.

Je mehr wir sind, desto mehr können wir bewegen. Begeistere deine Freunde von den Vorteilen der Alpenvereinsmitgliedschaft und hole dir dein persönliches Dankeschön!

1 neues Mitglied

Du bekommst eine unserer Alpenvereinskarten* deiner Wahl und zusätzlich einen Alpenvereins-Kuli

3 neue Mitglieder

Du bekommst ein Jahresabo PRO für die App alpenvereinaktiv.com im Wert von € 70,–.

5 neue Mitglieder

Du bekommst einen Gutschein im Wert von € 100,–von SPORTLER**.

* Expeditions- und Sportkletter karten sind von dieser Aktion ausgenommen.

** Der Warengutschein von Sportler kann im Onlineshop www.sportler.com, in allen Sportler-Filialen oder telefonisch unter +39/0471/208202 eingelöst werden.

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Solidarität –für unser höchstes Gut!

Im Hütten- und Wegenetz unserer Alpen bröckelt es an der Substanz.

Mein Weg ins Präsidium des Österreichischen Alpenvereins begann über die Auseinandersetzung mit der 150-jährigen Baugeschichte der alpinen Schutzhütten. Sie führte einiges zutage – beispielsweise, dass die einzigartige Kulturlandschaft mit Hütten und Wegen im Hochgebirge, die uns heute selbstverständlich erscheint, ein immenses innovatives Projekt der Alpenvereinssektionen war, das nicht nur unsere Vorstellung von den Alpen grundlegend prägt, sondern auch die alpine Sport- und Tourismusgeschichte.

Auch, dass Hütten und Wege nie als solitäre Leistungen, sondern von Beginn an als ein die Arbeitsgebiete des Alpenvereins überspannendes Netzwerk auf solidarischem Fundament gedacht und umgesetzt wurden. Dabei waren es nicht die Berge, die das so vorgaben, auch keine vermeintliche Tradition, sondern allein der große und umfassende Gedanke, die Alpen bereisbar zu machen. Nicht minder bemerkenswert ist jedoch auch, dass der Alpenverein für dieses unglaublich erfolgreiche Projekt schon 1923, wenige Jahrzehnte nach seinem Start, selbst sein Ende – also einen Verzicht (!) auf weitere Erschließung – ausgerufen hat.

Heute stehen wir in mehrerlei Hinsicht wieder an einem entscheidenden Punkt. Die Herausforderungen für die ehrenamtlich Tätigen und Sektionen steigen enorm. Die Klimakrise hat zu einer Veränderung des Zusammenlebens von Mensch und Natur geführt. Sie bringt im Umgang mit der Wege- und Hütteninfrastruktur bislang unbekannte, ganz konkrete und einschneidende Erschwernisse.

Unabhängig von dieser katastrophalen klimatischen Situation aber nimmt mit zunehmendem Alter der Infrastruktur und auf vielen Ebenen gestiegenen Anforderungen an diese (die leider nicht allein auf die Frage nach mehr oder weniger Komfort zurückgeführt und damit beiseitegeschoben werden können) die Pflege und Erhaltung offensichtlich neue Dimensionen an. Wir spüren das zuerst in den Arbeitsleistungen und -belastungen unserer Funktionär*innen und Mitglieder, genauso aber auch im technischen und insbesondere im finanziellen Aufwand.

Die vermeintliche Selbstverständlichkeit – der alpine Hütten- und Wegebestand – wird an vielen Stellen zunehmend in Frage gestellt.

Das bedeutet viel weniger einen Verlust für die jeweiligen alpinen Vereine als es ein unwiederbringlicher Verlust für die Gesellschaft und das Selbstverständnis des „wanderbaren Österreichs“ ist.

Bitte helfen Sie mit, die alpinen Wege und Hütten weiterhin zu pflegen und damit unsere alpine Kulturlandschaft als das höchst(gelegen)e Gut in Österreich zu erhalten!

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Foto: norbert-freudenthaler.com
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IDas Foto wurde von Florian Ziereis am Sonnjoch (Karwendel) gemacht: „Um 3:30 Uhr starteten wir unsere Sonnenaufgangstour Richtung Sonnjoch. Wundervolles Licht und eine grandiose Stimmung belohnten die frühe Flucht aus dem Bett“, erzählt er. Florians Bildtitel: Goldene Stunde am Sonnjoch.

Das Bild wurde vor wenigen Wochen auf unserem Instagram-Kanal veröffentlicht. Wir haben einige FollowerKommentare für euch eingefangen: »Das Paradies auf Erden.« I »Be free, be wild, be you!« I »Gipfelglück und Gänsehaut.« I »Dahoam.« I »Glücksmomente für die Augen, das Herz und die Seele.« I »Mensch, Tier und Natur in bester Stimmung.« I »Gipfelgold.« I »In so einem Moment spürt man die Freiheit und das Glück.« I »Der Tag neigt sich dem Ende zu und der Mensch wird melancholisch.« I »Endlose Weite, Ruhe, Sehnsucht.« I »Ein Gipfelmoment, der sich durch alle Sinne direkt ins Herz brennt.« I »Dankbarkeit und Zufriedenheit, auf so einem Stück Erde leben zu dürfen.« I

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Seid ihr mit Öffis unterwegs?

Gletscherweg Pasterze

Heimatleuchten: Bergsteigerdörfer

alpenverein basecamp

Im Zuge des autofreien Tages am 22. September rufen wir erneut zur Einsendung eurer öffentlich erreichbaren Touren inkl. Beschreibung und Fotos bis 30.9.24 auf. Euer Engagement für den Klimaschutz wird mit tollen Preisen belohnt! Alle Infos unter: t1p.de/autofrei24

Der Gletscherweg Pasterze existiert schon seit 1983 als vom Österreichischen Alpenverein initiierter und betreuter Themenwanderweg. Die Neubearbeitung des Führers wird am 15. Juni um 9:45 Uhr im Haus der Steinböcke (Heiligenblut) mit anschließender Wanderung präsentiert und ist bald im Alpenvereinsshop verfügbar.

Vom Alpsenn im Großen Walsertal und in Hüttschlag über Hüttenwirte im Gschnitztal und am Hochlecken bis zum Goldschmied oder dem traditionellen Zwetschkendörren in Steinbach am Attersee: „Heimatleuchten: Österreichs Bergsteigerdörfer“ porträtiert Orte abseits von Hektik und Lärm. Auf Servus TV am 16.6. um 18:10 Uhr.

Wann greift der in der Alpenvereinsmitgliedschaft inkludierte Versicherungsschutz und wann muss ich die Kosten einer Bergung selbst tragen? In dieser Folge des alpenverein basecamp beleuchten wir denVersicherungsschutz für Alpenvereinsmitglieder im unwegsamen Gelände. Mit Unterstützung der Generali Versicherung. alpenverein. at/basecamp

8 Bergauf
Fotos: Florian Ziereis, René Sendlhofer-Schag, Florian Prögler/DMGFilm, Anna Repple Illustration: Valentina Recheis/himmel
Naturkundlicher Führer Gletscherweg Pasterze Glocknergruppe Naturkundlicher Führer rUC ksaC k

3.505

Jugendfunktionär*innen gibt es, die ehrenamtlich mit Kindern, Jugendlichen und Familien im Alpenverein unterwegs sind. Damit diese bestens ausgebildet draußen unterwegs sind, wurde die Jugend- und Familiengruppenleiter*innen Ausbildung der Alpenvereinsjugend erneuert. Die Alpenvereinsjugend Österreich ist die Jugendorganisation des Österreichischen Alpenvereins. Alle Angehörigen des Alpenvereins im Alter bis zu 30 Jahren sind Mitglieder der Alpenvereinsjugend.

Mehr Infos zu den Ausbildungen unter www.alpenvereinsjugend.at/ausbildung

mark U s grosinger Naturschutzreferent Alpenverein Saalfelden

Miteinander

ALPEN

Der 43. Band der ÖAV-Schriftenreihe „Alpine Raumordnung“ (ARO) ist erschienen: Hans Peter Schönlaub, Professor für Geologie und langjähriger Direktor der Geologischen Bundesanstalt, entführt in die faszinierende Welt der Gesteine. Er hat ein reich bebildertes Werk geschaffen, das den aktuellen Wissensstand über die Entstehung der Alpen vermittelt, Fachbegriffe verständlich erklärt und geologische Prozesse veranschaulicht. Eine empfehlenswerte Lektüre für Geologie-Fans und alle, die es werden wollen.

Die Berge lehren uns vieles, auch Zusammenhalt und Miteinander. Die Welt abseits dieser Orte und Momente zeigt uns leider etwas anderes. Schuldzuweisungen, Konkurrenz, Stress und Wut. Wir alle stehen einer ungewissen Zukunft gegenüber und sehen eine Welt, die sich ändert. Was das heißt, wird sich zeigen. Zumindest sind wir nicht allein, sofern wir das nicht wollen. Was aber enden muss, ist der Fingerzeig, was wir brauchen, ist Güte. Statt gegenseitiger Beschuldigungen sollten wir von Verantwortlichen fordern, ein nachhaltiges Leben attraktiv zu machen. Hoffen wir, dass wir uns alle gemeinsam Richtung morgen bewegen, sei es zum Schutz der Natur oder zum Erhalt jener Wege, die uns dorthin bringen, wo wir immer wieder hinwollen. Es ist eine Zeit der Veränderung, aber keine, um den Kopf hängen zu lassen. —

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Das ARO zum Download: t1p.de/aro-43
Hans P. Schönlaub MIT BEITRÄGEN VON RALF SCHUSTER UND MONIKA BRÜGGEMANN-LEDOLTER – EINE SYNTHESE DAS WERDEN DER Alpine Raumordnung Nr. 43
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— Juni/Juli/August

225

So viele Hütten besitzt und betreut der Österreichische Alpenverein. Die Karte zeigt, wo sich diese 225 Objekte in Österreich befinden. Sie zeigt auch die 26.000 Kilometer an alpinen Wegen, die vom Alpenverein und seinen Ehrenamtlichen in tausenden Arbeitsstunden gewartet und instand gehalten werden. Was wäre, wenn diese Zahlen bei Null stünden, die Karte also weiß wäre? Nicht vorstellbar, oder? Probieren wir das Szenario einmal aus.

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Mehr Infos: Weitere Karten, Zahlen und Fakten gibt es hier zu finden.

tH em A 0 25 50 100 km Alpenvereinshütten Alpenvereinswege
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Es ist Freitagmittag, Maria verlässt das Büro und freut sich aufs Wochenende. Das Wetter soll schön werden! Am liebsten möchte sie einfach zu Fuß die Natur erkunden und frische Luft schnappen. Von ihrem Grätzel aus ist es ein Katzensprung in den nächsten Wald, der am Fuß eines Berges liegt. Am nächsten Morgen packt sie also einen Müsliriegel und Wasser in den Rucksack und startet los.

Querfeldein, erst über ein paar Blumenwiesen, dann mitten durch den Wald, wandert die junge Frau fröhlich bergauf und genießt die Gerüche und Gesänge des dichten Waldes. Bleibt sie stehen und lauscht, hört sie neben den Waldgeräuschen: nichts und niemanden. „Wie befreiend!“, denkt sie sich und stapft zu-

frieden weiter. Maria kämpft sich durch Gestrüpp und über Geröll, tritt hie und da einen lockeren Stein los, springt über einen Bach und zwängt sich unter einem umgefallenen Baum durch, wobei sie sich am Arm aufschürft.

Bei einem Blick auf die Uhr merkt sie erst, dass sie schon über drei Stunden unterwegs ist, und das vorwiegend nach oben! Das Marschieren über steiles Gelände hat ihre Beine müde gemacht. Also setzt sie sich auf einen Stein, packt ihren Riegel aus und will trinken. Die Flasche ist leer! Ach ja, sie musste sich vorhin damit das Pech von den Händen waschen und die Wunde reinigen.

Da sitzt sie nun in der Mittagssonne –müde, durstig, allein. Am Handy ist kein Empfang, sie kann also nicht einmal schauen, wo genau sie sich eigentlich befindet. Sie blickt in alle Richtungen in der Hoffnung, irgendeinen Anhaltspunkt zu finden, wo sie sich befindet und wie sie am schnellsten zu Wasser oder – noch besser – anderen Menschen, die ihr helfen können, kommen kann. Nichts. In Marias Welt gibt es keine Wege, Wegweiser oder Schutzhütten. Natürlich: Verdursten oder verunglücken wird sie dennoch nicht und irgendwann findet sie auch wieder heraus aus ihrer Situation. Von Naturgenuss, Erholung und Sicherheit am Berg ist sie dennoch weit entfernt. Da fehlt doch was.

— Juni/Juli/August
Daten:
ePortal, contwise, data.gv.at, ESRI. Stand 03.2024. ÖAV Geoinformation J.H.

Alpine Vereine in Not

Explodierende Preise, steigender Bedarf an Sanierungs- und Adaptierungsmaßnahmen bei Schutzhütten und alpinen Wegen –die alpinen Vereine stöhnen unter enormen Kosten. Nur eine deutliche Erhöhung der öffentlichen Förderungen kann verhindern, dass weitere Hütten geschlossen und Wege aufgelassen werden müssen.

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Das Admonter Haus in den Ennstaler Alpen hat aufgrund der Klimakrise immer wieder mit akutem Wassermangel zu kämpfen.

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Foto: David Kössler; Illustrationen: Valentina Recheis/himmel
14 Bergauf

Die Franz-Senn-Hütte in den Stubaier Alpen trägt nicht nur den Namen jenes Mannes, der als „Gletscherpfarrer“ und Mitbegründer des Deutschen Alpenvereins in die Geschichte einging. Sie ist auch eine „Vorzeige-Schutzhütte“. Erbaut 1885, erfuhr sie mehrere Erweiterungen und entwickelte sich ab den 1960er-Jahren zu einem Stützpunkt für Ausbildungen und Lehrgänge. Von der Franz-Senn-Hütte aus lassen sich anspruchsvolle Bergtouren, Skihochtouren und Überschreitungen zu anderen Hütten durchführen. Zudem liegt das Schutzhaus am Zentralalpenweg, einem von Niederösterreich nach Vorarlberg führenden Weitwanderweg, sowie am viel begangenen Stubaier Höhenweg. Der Alpenverein Innsbruck hat die FranzSenn-Hütte infrastrukturell tiptop gerüstet für Tages- und Übernachtungsgäste und als Pächter fungiert bereits in dritter Generation die Familie Fankhauser. Alles paletti also auf 2.147 m?

Bis vor drei Jahren schon. Nach einem Felssturz 2021 und Hochwasserereignissen 2022 sowie 2023 war nichts mehr wie davor. Die Zufahrt von Neustift im Stubaital ins Oberbergtal blieb gesperrt, der notwendig gewordene Alternativzustieg verlängerte die Gehdauer auf drei Stunden und das Parken am neuen Ausgangspunkt blieb ein Streitthema. Kaum noch Tagesbesucher, Einbruch bei den Ausbildungsgästen, Unsicherheit, wie es weitergeht – kurzum: „Drei große Naturereignisse und jahrzehntelange Aufbauarbeit geht den Bach runter“, wie Hüttenwirt Thomas Fankhauser trocken bemerkt.

Die Franz-Senn-Hütte ist nur eines von zahlreichen Beispielen, wie der Klimawandel den alpinen Infrastrukturen zusetzt. Druck kommt aber auch von anderen Seiten: Viele der in die Jahre gekommenen Schutzhütten müssen dringend generalsaniert, technisch und ökologisch, den Normen und Gesetzen entsprechend, aufgerüstet werden oder, wo nicht anders möglich, einem Ersatzbau weichen. Immer heftigere Naturereignisse führen dazu, dass das Wegenetz eine deutlich intensivere Betreuung und aufwendigere Sicherung benötigt. In stark gefährdeten Regionen müssen gar Alternativrouten geplant werden – mit zeit- und kostenmäßig signifikanten Konsequenzen.

Dabei stehen wir erst am Beginn des Klimawandels. Dieser an sich schon besorgniserregenden Entwicklung stehen seit Jahren gleichbleibende bzw. durch Inflation und Teuerung sinkende Budgets in vielen Sektionen sowie allen alpinen Vereinen Österreichs gegenüber. Was dazu führt, dass dringende Baumaßnahmen in der Warteschleife hängen, einige Schutzhütten und Wege nicht mehr bzw. nicht mehr in bestehender Form erhalten werden können. Nun schlagen die alpinen Vereine Alarm.

Budgetäre Löcher

Um das vielschichtige Problemfeld abzustecken, erst einmal einige Zahlen und Fakten. Insgesamt 429 Schutzhütten, Biwaks und sonstige Unterkünfte betreuen die alpinen Vereine in Österreich. Von Seiten des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) erhält der Verband alpiner Vereine Österreichs (VAVÖ) eine Basisförderung, die auch dem Erhalt dieser Infrastrukturen dient. Wobei die Richtlinien „Schutzhütten in Extremlagen“ als förderungswürdig definieren, worunter 272 der insgesamt 429 Hütten fallen. „Hier öffnet sich eine erste Kluft: Auch die anderen Hütten müssen instand gehalten und zum Teil erneuert werden“, betont Georg Unterberger, Abteilungsleiter Hütten und Wege des Österreichischen Alpenvereins. Dazu kommt, dass die Basisförderung des BMAW seit 2013 nicht mehr an die Inflation angepasst wurde. 2019 reduzierte das Ministerium die Fördermittel sogar

– von 3,6 Mio. Euro auf 2,72 Mio. Euro. Zwar erhöhten sich in Folge die Bundessportmittel (von ca. 2 Mio. auf aktuell 2,97 Mio. Euro), diese sind aber nicht nur für Hütten und Wege reserviert, sondern dienen ebenso der Erhaltung von Sportstätten, Kletteranlagen, der Durchführung von Sonderprojekten und dergleichen.

„Insgesamt stehen dem VAVÖ aktuell 6,5 Mio. Euro an Bundesförderungen inkl. EU-Mittel zur Verfügung. Allein die Instandhaltungskosten für die Hütten belaufen sich nur beim Alpenverein aber auf 11,5 Mio. Euro im Jahr“, ergänzt Unterberger und bricht die Angaben nochmals auf den Alpenverein herunter:

„Wir benötigen im Jahr rund 9,5 Mio. Euro für den Erhalt der 225 Hütten und 26.000 km Wege. Anhand einer aktuellen Umfrage bei den Alpenvereinssektionen sehen wir, dass in den nächsten fünf Jahren 34,5 Mio. Euro zusätzlich benötigt werden.“

Dabei geht es um die gesamte Bandbreite an baulichen Maßnahmen – von Sanierungen bis Ersatzbauten, um die Hütten technisch aufzurüsten etwa mit effizienten und ökologischen Anlagen zur Stromerzeugung oder Wasseraufbereitung. Dazu kommen Adaptierungen, damit die Hütten den Vorschriften in den Bereichen Brandschutz, Arbeitsrecht und gastronomische Ausstattung genügen. Auch im hochalpinen Bereich gelten meist die strengen Normen und Regeln für Beherbergungsund Bewirtschaftungsbetriebe. Werden sie nicht erfüllt, droht die Schließung.

Viele der in die Jahre gekommenen Schutzhütten müssen dringend generalsaniert, technisch und ökologisch, den Normen und Gesetzen entsprechend, aufgerüstet werden oder, wo nicht anders möglich, einem Ersatzbau weichen.
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Helga Pratl ist seit 18 Jahren Wirtin der Salm­Hütte am Fuße des Großglockners.

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Wie im Tal

Ludwig Eichinger, Hütten- und Wegereferent des Alpenvereins Salzburg, weiß, was das bedeutet. Man setze in diesem Bereich derzeit „starke Initiativen“, sagt er. Müsse man, denn nachdem das Arbeitsinspektorat verstärkte Kontrollen auf den Schutzhütten im Bundesland Salzburg angekündigt hatte, kamen nach und nach die Anforderungskataloge, damit die jeweilige Schutzhütte weiter betrieben werden kann. „Eigene Sanitärräume für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, eigene Aufenthaltsbereiche, eigene Schlafräume, keine Stockbetten“, zählt Eichinger einige der baulichen Maßnahmen auf, welche die Behörde einfordert. Hinzu kamen in den letzten Jahren „Besichtigungen“ durch die Lebensmittelpolizei und deren Vorschreibungen. Um es nicht zum Äußersten, der Schließung des Betriebes, kommen zu lassen, „heißt es rasch handeln und ordentlich Geld in die Hand zu nehmen“, ergänzt Eichinger: „Teilweise müssen wir Schutzhütten erweitern, teilweise im Bestand große Umbauten vornehmen. Wo es sich nicht mehr rentiert, muss über Ersatzbauten diskutiert werden.“

Adaptierungen im Sinne des Arbeitsrechts, des Brandschutzes, der Flucht-

wegsicherung und dergleichen gehen zu Lasten von Schlafräumen und Matratzenlagerplätzen. „Fallen Liegeplätze weg, reduzieren sich die Einnahmen der Sektionen. Diesen Ausfall auf die Pacht umzulegen, ist schwierig“, erklärt Eichinger. Zumal ja für die Pächter weniger Übernachtungsmöglichkeiten auch weniger Konsumationen bedeuten: Rechnet man 40 Euro pro Nase, kommt rasch eine spürbare Summe zusammen.

Hohe Anforderungen

Ohnehin gilt für die klassische Schutzhütte, dass sie für die Sektion ein Zuschussbetrieb ist und bleibt. Kurze Saison, starke Wetterabhängigkeit und erschwerte Bedingungen tragen zudem nicht dazu bei, den Beruf des Hüttenwirts, der Hüttenwirtin attraktiv zu machen. Nicht jeder Interessierte zeigt sich so zäh und ausdauernd wie Helga Pratl. Seit 18 Jahren ist sie Chefin der Salm-Hütte am Fuße des Großglockners. Die Versorgung der Hütte erfolgt am Beginn der Saison mittels Hubschrauber. Frischware holt die Pächterin zwei Mal die Woche von der benachbarten Hütte. Das heißt eine Stunde Fußmarsch hin und eineinhalb Stunden zurück – nun aber mit mindestens 20 Ki-

logramm auf dem Buckel. Wer hier arbeitet, muss zupacken können. Auch Handyempfang gibt es keinen.

Zu den gewachsenen Ansprüchen der Gäste gesellten sich im Laufe der Zeit neue Betätigungsfelder. So reinigt und wartet Pratl die Kläranlage der Salm-Hütte, wofür sie „selbstverständlich“ einen Klärwärterkurs absolvierte. Sie betreut die Photovoltaikanlage, denn ohne die kein Strom und kein Warmwasser. Vor sieben Jahren wurde die Salm-Hütte „generalüberholt“, der Um- bzw. Zubau mittels Architekturwettbewerb vergeben. Seither schläft die Hüttenpächterin nicht mehr im Keller, sondern über einer bestens ausgestatteten Küche. Vorbei die Zeiten, als in einem 12 Quadratmeter großen Raum gekocht, gebacken und abgewaschen wurde. Pratl ist froh darum, hält aber fest: „Einen derartigen Umbau könnte sich ein Privater gar nicht leisten.“

Doch auch den alpinen Vereinen geht die Luft aus. Die rasanten Kostensteigerungen der letzten Jahre spiegeln sich besonders im Baugewerbe, die sich am Berg noch viel dramatischer entwickeln: Um 42 Prozent sind die Baukosten im Tal seit 2013 gestiegen. Je extremer die Lage, desto teurer wird alles allein durch die Transportkosten. Dazu kommen ein schmales

16 Bergauf
Foto: Pratl

Zeitfenster und unbeständige Witterung. „In Extremlage kann Material nur via Hubschrauber geliefert werden, aber auch die Anlieferung über Forstwege kostet viel Zeit und Geld“, so Doris Hallama, Vizepräsidentin des Österreichischen Alpenvereins und für den Bereich Hütten und Wege zuständig.

Explosion am Berg

Als eindrückliches Beispiel dafür, wie sich die Situation finanziell entwickelt hat, kann der Ersatzbau der Franz-Fischer-Hütte des Alpenvereins Lungau in den Radstädter Tauern dienen. Das 1923 eröffnete und mehrmals erweiterte Schutzhaus war sichtlich in die Jahre gekommen. Nicht zuletzt sorgte ein großer Wasserschaden dafür, dass die Sektion sich für einen Ersatzbau entschied. Eine Renovierung des Bestands wäre aus wirtschaftlicher Sicht nicht vertretbar gewesen.

2013 errichtet, erfüllt die Franz-FischerHütte das Credo der alpinen Vereine: Reduktion auf das Wesentliche! Das heißt: Erbaut mit architektonischem und ökologischem Anspruch, Einsatz natürlicher Materialien und Bedacht auf technische Nachhaltigkeit – Wiederverwendung von Bauelementen des Altbaus, Strom aus dem

eigenen Kleinkraftwerk, biologische Kläranlage. In Summe kostete der Ersatzbau 700.000 Euro, finanziert u. a. aus Mitteln der Sektion, Fördergeldern des Alpenvereins und des Landes Salzburg. Vor zehn Jahren galt der Betrag noch als Kennzahl, heute ist man bei Planungen für Ersatzbauten weit darüber hinaus. „Mittlerweile reden wir von 2,5 bis 3,5 Millionen Euro bei einem Ersatzbau und das ist noch ein optimistischer Wert. Die meisten Berechnungen liegen bereits darüber“, erläutert Doris Hallama.

Wenn also allen alpinen Vereinen in Österreich zusammen im Jahr öffentliche Fördermittel von rund 6,65 Mio. Euro zur Verfügung stehen, braucht es nicht mehr als das kleine Einmaleins, um zu errechnen, wie viele Ersatzbauten sich ausgehen. Noch nicht gesprochen von den nicht minder drängenden Sanierungen, Adaptierungen und Renovierungen, noch nicht gesprochen von den Maßnahmen für das Umweltgütesiegel, das den alpinen Vereinen als Naturschutzorganisationen besonders am Herzen liegt (und von vielen

Ohnehin

gilt für die klassische Schutzhütte, dass sie für die Sektion ein Zuschussbetrieb ist und bleibt. Kurze Saison, starke Wetterabhängigkeit und erschwerte Bedingungen tragen zudem nicht dazu bei, den Beruf des Hüttenwirts, der Hüttenwirtin attraktiv zu machen. >

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Foto: Wolfgang Warmuth

Gästen mittlerweile auch gefordert wird), noch nicht gesprochen von den durch die Klimakrise notwendig werdenden Maßnahmen, um die Hütten etwa bei Wasserknappheit weiter betreiben zu können.

So musste, um den akuten Wassermangel des Admonter Hauses in den Ennstaler Alpen zu beheben, kurzfristig eine zusätzliche Quellfassung angelegt werden. Ansonsten hätte die Schutzhütte nur noch per Hubschrauber mit Wasser versorgt werden können. Sie steht mit dem Problem nicht alleine da, aktuell leiden unter anderen etwa die Heinrich-Hueter-Hütte (Montafon/Vorarlberg) und die Wangenitzsee-Hütte (Nationalpark Hohe Tauern/Osttirol) an Wassermangel. Immer häufiger müssen neue Quellen erschlossen oder Wasseraufbereitungsanlagen installiert werden.

Die Katastrophenfonds der alpinen Vereine reichen längst nicht mehr aus, um hier sofort die notwendigen Mittel bereitzustellen. Wassermangel gefährdet zudem den Betrieb von Kraftwerken und damit die Stromversorgung der Häuser. Durch das Auftauen des Permafrosts werden Untergründe instabil. Wie sich das auswirkt, konnte live an der SeethalerHütte in Ramsau am Dachstein verfolgt

deren Eis durch Rückgang des Permafrosts schmolz. Dadurch geriet sie so massiv in Schieflage, dass nur noch ein Ersatzbau möglich war (siehe Seite 26). Zudem entstand ein rund 35 Meter tiefes Loch, das mit einer Betondecke verschlossen werden musste.

Vier pro Jahr

Es fehlt mittlerweile an allen Ecken: Projekte hängen in der Warteschleife, da die Mittel für einen Ersatzbau nicht zu stemmen sind. Auf der immer länger werdenden Liste stehen etwa beim Österreichischen Alpenverein das Hinteralm-Haus in den Mürzsteger Alpen, die Eisenerzer Reichenstein-Hütte (Ennstaler Alpen) oder die in den Radstädter Tauern befindliche Südwiener Hütte. Dazu kommen große Sanierungsprojekte, um altehrwürdige Schutzhütten zukunftsfit zu machen. Allein für das 1886 eröffnete Zittel-Haus auf dem Hohen Sonnblick am Ende des Raurisertals, die Glungezer-Hütte in den Tuxer Alpen, die Muttekopf-Hütte (Lechtaler Alpen) oder die Bettelwurf-Hütte im Karwendel bräuchte es jeweils rund eine Million Euro und mehr.

Im Österreichischen Alpenverein mussten in den letzten 16 Jahren 24 Hüt

ten aufgegeben werden. „Durchschnittlich verliert der VAVÖ mittlerweile vier Hütten jährlich“, verweist Georg Unterberger auf die Gesamtstatistik. Diese Entwicklung hat weitreichende Folgen nicht nur für Alpinistinnen und Alpinisten, sondern für alle bergaffinen Menschen und natürlich für den Tourismus. Bestens erschlossene Bergsportgebiete, alpine Erholungsräume, aber auch Weitwanderwege verlieren schlimmstenfalls ihre Verpflegungs- und Stützpunkte, verlieren Notunterkünfte und Meldestellen für alpine Notfälle. Gar nicht zu ermessen, welchen kulturhistorischen Aderlass es bedeutet, wenn Hütten nach und nach von der Landkarte verschwinden. Sie sind Zeugnisse der Erschließung der Alpen, Zeugnisse großer Pionierleistungen in baukultureller, bauhistorischer und technischer Hinsicht.

Dazu kommt: Auch die zu aufgelassenen Schutzhütten gehörigen Wege und Steige werden nicht mehr regelmäßig gewartet und instand gesetzt. Nach nur drei Jahren ohne Betreuung aber erlischt das von den Sektionen ersessene Wegerecht. „Und dieses ist weitaus wertvoller als jeder grundbücherliche Eintrag. Ein Wiedererlangen der Rechte ist nur mit

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> Foto: Anna Praxmarer

möglich und das Interesse der Grundeigentümer daran dürfte, gelinde gesagt, enden wollend sein“, umreißt Georg Unterberger eine weitere folgenreiche Problematik. Neue Vereinbarungen laufen über einen Eintrag ins Grundbuch oder gar nur einen zivilrechtlichen Vertrag, der aber jederzeit gekündigt werden könnte.

Viel mehr kraxeln

Rund 52.000 km Wege erhalten die alpinen Vereine in Österreich, ehrenamtlich betreut von engagierten Funktionärinnen und Funktionären. Diese Wege und Steige sind für alle nutzbar, die in den Bergen unterwegs sind! Das Ausmaß der persönlichen Leistungen ist gewaltig. So betreut die Sektion Salzkammergut insgesamt 203 km Wanderwege. 2023 wurden dafür 775 Arbeitsstunden aufgewendet, wobei Gerhard König den Großteil der Wege betreute und zwölf weitere Freiwillige im Einsatz waren.

Demgegenüber stehen die Kosten professioneller Anbieter. Firmen und Arbeiter verlangen deutlich mehr pro Kilometer Wegeinstandhaltung. So kosteten an einem bekannten Höhenweg 80 Kilometer Wegesanierung 2023 ca. 36.000 Euro, was pro Kilometer 450 Euro ausmacht,

während bei einer Wegesanierung durch Ehrenamtliche nur Material und Verpflegung anfallen und mit rund 40 Euro pro Kilometer zu rechnen sei, wie Unterberger klarstellt.

Bei den jährlich anfallenden Investitionen für die Erhaltung der Wegeinfrastruktur greift das Solidarsystem der alpinen Vereine, sprich die Dachorganisationen unterstützen die Mitgliedsvereine. Doch auch hier steigen die Kosten überproportional. „Im Alpenverein haben sich die Wegekosten in den letzten Jahrzehnten verdoppelt“, so Unterberger. Immer öfter sind darüber hinaus komplexe technische Einbauten notwendig, immer öfter fordern Naturereignisse ein schnelles Handeln mit großem Gerät.

Schlagend werden wie bei den Hütten die Folgen der Erderhitzung mit massiven Auswirkungen auf alpine Wege und Steige. Mit dem Rückgang der Gletscher führen immer mehr hochalpine Pfade über teils abschüssige bis spiegelglatte Felsflanken und unwegsame Schotterhalden. Rund 20 Prozent der Wege seien darüber hinaus vom Tauen des Permafrosts betroffen, weiß Marco Gabl, Ansprechpartner im Alpenverein für die Sektionen in Sachen Wege. Zusätzliche Herausforderungen für die Sektionen als Wegehalter, die ehrenamtlichen Wegewarte und ihre Helfer. Immer öfter entstehen große Kosten, weil bei Naturereignissen professionelle Unternehmen beauftragt, Bagger und andere teure Maschinen eingesetzt werden müssen.

Insgesamt 52.455 km Wege erhalten die alpinen Vereine in Österreich, ehrenamtlich betreut von engagierten Funktionärinnen und Funktionären. Diese Wege und Steige sind für alle nutzbar, die in den Bergen unterwegs sind! Das Ausmaß der persönlichen Leistungen ist gewaltig.
> Foto: Wolfgang Warmuth

Weniger Ehrenamt

Im Gegensatz zu anderen alpinen Vereinen spürt der Alpenverein Salzburg keinen Rückgang bei den ehrenamtlichen Wegewarten und Helfern. Die Gruppe sei stark, gut eingespielt und trotze allen Widrigkeiten, erklärt Ludwig Eichinger stolz. Über die aus Haftungsgründen für alle alpinen Vereine verpflichtende jährliche Überprüfung der Wege samt Protokollierung der Maßnahmen hinaus „machen wir diese Kontrollen fix zwei Mal im Jahr und zusätzlich, wenn es Unwetterereignisse gibt“, ergänzt er. Die Anzahl außertourlicher Einsätze habe aber deutlich zugenommen, so am Untersberg, einem der Hausberge Salzburgs, wo durch Windwurf mittlerweile jährlich große Schäden entstehen und umfangreiche Sanierungs-, Sicherungsund Aufräumarbeiten notwendig werden.

„Im Großvenediger-Gebiet, im Obersulzbachtal zur Kürsinger-Hütte hatten wir in den letzten drei Jahren jeden Sommer ein Katastrophenereignis“, erzählt Eichinger. Hätte der Katastrophenfonds des Landes Salzburg hier finanziell nicht unterstützt, hätte man die akut anfallenden Kosten nicht stemmen können.

Ein Weg musste zudem aufgelassen und neu angelegt werden. Dank dem Knowhow in den eigenen Reihen ging das zwar ohne Fremdunterstützung, dennoch ist das Wegehalter-Team allein hier seit drei Jahren in Etappen am Werken.

„Der Gesamtweg reicht von der Talstation der Materialseilbahn bis zur Kürsinger-Hütte, im ersten Jahr haben wir einen neuen provisorischen Steig errichtet, im zweiten provisorische Leitern und Stufen

an kritischen Stellen und nun im dritten Jahr werden die Leitern durch professionelle Metallleitern ersetzt“, umreißt Eichinger die Maßnahmen. Andernorts mussten derart aufwendige wiederkehrende Arbeiten bereits in professionelle Hände gelegt werden, weil nicht mehr genügend ehrenamtliche Funktionäre ihre Freizeit den immer umfangreicheren Erhaltungsmaßnahmen der alpinen Wegeinfrastruktur opfern wollen.

Ohne massive finanzielle Unterstützung der öffentlichen Hand erhöht sich der Investitionsstau und bestens erschlossene hochalpine Gebiete verlieren touristisch wie kulturhistorisch sukzessive wertvolle Infrastruktur. Der Ruf des Verbands alpiner Vereine Österreichs nach deutlich höherer finanzieller Unterstützung durch die öffentliche Hand ist daher laut und deutlich.

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Foto:
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Heinrich­Hueter­Hütte (Montafon/Vorarlberg)

Beklemmende Aussichten

In Summe zeigt sich ein klares wie beklemmendes Bild: Verstärkter Sanierungsbedarf, Zunahme an Ersatzbauten, explodierende Baukosten, immer massivere Folgen des Klimawandels, immer höhere Ausgaben bei der Instandhaltung und -setzung alpiner Wege, dazu steigende Notwendigkeit, neue Routen zu finden, fordern die alpinen Vereine weit über das gängige Maß hinaus. Ohne massive finanzielle Unterstützung der öffentlichen Hand erhöht sich der Investitionsstau und bestens erschlossene hochalpine Gebiete verlieren touristisch wie kulturhistorisch sukzessive wertvolle Infrastruktur. Der Ruf des Verbands alpiner Vereine Österreichs nach deutlich höherer finanzieller Unterstützung durch die öffentliche Hand ist daher laut und deutlich. Geht es doch darum, ein einzigartiges System an Wegen und Schutzhütten im alpinen Raum, das allen bergaffinen Menschen

»Immer öfter entstehen große Kosten, weil bei Naturereignissen professionelle Unternehmen beauftragt, Bagger und andere teure Maschinen eingesetzt werden müssen. «

offensteht, mit einer langfristigen Perspektive zu versehen.

Nach langem Ringen und Bangen eröffnet sich für Familie Fankhauser auf der Franz-Senn-Hütte eine Perspektive –aber eine „mit Fragezeichen“, wie Thomas Fankhauser anmerkt. Vor kurzem ebnete die Gemeinde Neustift den Weg für eine Zufahrt ins hintere Oberbergtal. Der ehemalige Privatweg der Bringungsgemeinschaft soll zur öffentlichen Privatstraße werden. Ein Etappensieg: Denn gebaut wird noch nicht und die Verhandlungen gestalten sich zäh. „Es gehe nicht mehr um das Ob, sondern um das Wann“, verkündete der Neustifter Bürgermeister diesbezüglich. Bleibt die Frage, ob der Atem der Fankhausers noch so lange reicht. Für Thomas Fankhauser ist „die Zeit des Schönredens“ jedenfalls vorbei.

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Susanne Gurschler ist Journalistin und Buchautorin und lebt in Innsbruck.

Die Hütten des Alpenverein Austria

Der Alpenverein Austria tritt aktiv für den Erhalt von Hütten und Wegen ein und übernimmt die Verantwortung für den Erhalt seiner 20 Schutzhütten in alpiner Lage. Wesentlich ist dabei der umweltfreundliche Betrieb der Hütten gemäß den Kriterien des Umweltgütesiegels für alpine Schutzhütten.

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Die Austria­Hütte am Dachstein
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Foto: Harald Herzog

Seit Ende der 1990er-Jahre wird das Umweltgütesiegel der Alpinen Vereine vom Alpenverein Südtirol, vom Deutschen und vom Österreichischen Alpenverein an Hüttenwirte und Hütten vergeben. Das Gütesiegel dokumentiert das gemeinsame Bemühen um den Umweltschutz durch Zweigvereine als Eigentümer und Hüttenwirte als Bewirtschafter. Wesentliche Pfeiler sind die nahezu ausschließliche Verwendung von erneuerbarer Energie wie Photovoltaik, Kleinwasserkraft, Windkraft, Solarthermie, Pellets- oder Scheitholzheizungen und die Gestaltung des Angebots aus nachhaltigen Quellen. Das Angebot schlicht und einfach zu halten, führt zur Reduzierung von Emissionen und ist gerade in den letzten 20 Jahren als touristische Erfolgsgeschichte zu sehen. Während manche von inszenierten Urlaubserlebnissen und regelmäßiger Neuerfindung predigen, liefern die alpinen Vereine ein solides Grundangebot ohne viel Extras, was beim Gast zu weniger Stress und für die Umwelt zu weniger Emissionen führt. Heute muss man den Schritt weiter gehen: „Der Alpenverein muss die Ambivalenz zwischen Menschen in die Berge bringen und Umwelt schützen bewältigen“, so Friedrich Macher, erster Vorsitzender des Alpenverein Austria.

Umweltgütesiegel als Ziel einer Haltung

2001, also vor über 20 Jahren, startete der Vorstand unter Fritz Macher das strategische Projekt Umweltgütesiegel beim Alpenverein Austria. Ein Ziel, das einte. Vorerst war es aber nur die Neue Porzehütte, deren umweltfreundlicher Betrieb ausgezeichnet wurde. Über zehn Jahre später folgte 2012 im Rahmen der Hauptversammlung des Österreichischen Alpenvereins auf einen Schlag die Verleihung des Umweltgütesiegels an sechs Schutzhütten des Alpenverein Austria.

In den weiteren Jahren folgten alle weiteren Hütten. Bei Kosten für Investitionen in der Höhe von 700.000 Euro pro Hütte, um einen umweltfreundlichen Betrieb zu gewährleisten, kann das kein Zufall sein, es braucht schon Strategie. Die Strategie des Alpenverein Austria hat einen Namen, nämlich „Traum“, und wird >

Die Ybbstaler-Hütte auf dem Dürrenstein

Wer Niederösterreich kennt, der kennt den Dürrenstein. Zwischen Ötscher und Hochkar liegt der Ort, an dem die kälteste Temperatur Österreichs gemessen wurde, und gleich ums Eck steht die Ybbstaler­Hütte, auf der Inge

Wurzer ihre Gäste mit regionalen Schmankerln wie einem Bio­Berglinseneintopf verwöhnt. Vor einigen Jahren schon drehte sich hier auch die Gewohnheit der Gäste zu mehr vegetarischen Speisen, so Hüttenwirtin Inge.

Die Hess-Hütte im Gesäuse

Haindlkar und Hess­Hütte wurden schon vor Jahren umweltgütesiegelfit gemacht. Große Fotovoltaikanlagen mit über 20 kWp Leistung versorgen

die Hütten mit Strom genau dann, wenn die meisten Menschen ins Gebirge strömen, und das Wasser fließt aus Quellen zur Hütte.

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Foto: Harald Herzog Foto: Andreas Hollinger

Das Hochweißstein-Haus in den Karnischen und Gailtaler Alpen

Sieben Hütten besitzt der Alpenverein Austria in den Karnischen Alpen und alle tragen das Umweltgütesiegel. Vor allem kleine Wasserkraftwerke in Hüttennähe liefern hier grünen Strom Tag und Nacht. Wenn der nächste Großmarkt entfernt ist, dann werden zwangsläufig lokale Strukturen bevorzugt. Zu den Handwerkern vor

Ort pflegt man ein freundschaftlich wertschätzendes Verhältnis. Auch das macht Bergsteigerdörfer aus. Die Vereinshütten stehen für eine sanfte Form der Erschließung der Alpen. Sie zeigt sich an diesem Tal, das eine Reihe von Bergsteigerdörfern von Kartitsch bis Kötschach umfasst.

Die Edelraute-Hütte, das Gesäuse, der Hochschwab

Vereinzelte Hütten zeigen den Fortschritt der Geschichte. Die Alpine Gesellschaft Edelraute wurde so wie die Alpine Gesellschaft Voisthaler, die Alpine Gesellschaft Ennstaler und die Alpine Gesellschaft D’Reichensteiner eine Sektion des Alpenvereins und in einem weiteren Schritt Jahre später Ortsgrup­

pe der Sektion Austria. Die Schutzhütten sind und waren zentrale Angelpunkte dieser Gemeinschaften und der Erhalt dieser einte sie mit den Zielen der Sektion Austria. Die Infrastruktur wurde daher im Zeichen des Umweltgütesiegels erneuert und die Hüttenwirte hereingeholt.

jeweils für zehn Jahre festgelegt. Sie ist das grundlegende Dokument, zu dem man sich im Alpenverein Austria immer wieder im Vorstand geeinigt hat.

Bemerkenswert ist bei diesem Unternehmensziel, dass Werte formuliert werden und Zahlen das Produkt sind. Die einzige Zahl nämlich, die der aktuelle Traum enthält, ist das Zieljahr: 2030. Das unterscheidet von mancher kurzfristigen, zahlenbasierten Richtlinie von Maximierungsexperten. In dritter Version verbindet der Traum über zu Papier gebrachte Werte, die Generationen im Vorstand und gerade das Thema Umweltschutz in seinen Facetten erhält zunehmend Gewicht.

Nicht immer einfach

„Vor 20 Jahren war es schwieriger, Hüttenwirte in dieses Thema einzubinden“, so Fritz Macher. Gerade aber auch über das Thema Umweltschutz wurde das Geschäftsverhältnis von Verein und Pächter zu einer Partnerschaft. Maßnahmen zum Umweltschutz waren auch zum Vorteil der Hüttenwirte, denn wer sagt nicht ja zu kostenlosem Sonnenstrom statt teurem Diesel auf Eigenkosten. Und auch die Unmittelbarkeit von Investition und Nutzen macht Umweltschutz sichtbar und greifbar. Hier wird nicht mehr im Aggregathaus vor der eigenen Türe lautstark und stinkend Erdöl verbrannt, sondern Strom bei Bedarf vom Dach geliefert, weil Sonnenschein ist Bergsteigerwetter.

Grundlegend aber fand man in den Hüttenwirten Partner, die von ihrer Werthaltung her am selben Strang ziehen, auch wenn nicht alle Auflagen des Umweltgütesiegels mit einem Nutzen versehen waren und unter Umständen zu Mehrarbeit führten. Im Rahmen von regelmäßigen Pächtertagungen hört man einander zu und begegnet sich auf Augenhöhe. Hier werden Problemfelder systematisch diskutiert und einer Lösung zugeführt. Vom Umgang mit den sozialen Medien über Anforderungen und Wünsche von Erstbesuchern der Alpen bis zu den Erfahrungen mit dem Reservierungssystem werden hier aktuelle Herausforderungen, die alle Berge und Täler betreffen, diskutiert. Von den 225 Schutzhütten des Österreichischen Alpenvereins sind 20 im Be-

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Foto: Alexander Klünsner Foto: Harald Herzog

sitz des Alpenverein Austria, 18 davon sind bewirtschaftet und 17 tragen das Umweltgütesiegel. Bei der Sonnschien-Hütte wurde 2023 eine Wasserstofferzeugungsanlage in Betrieb genommen, um die nachhaltige Energieerzeugung zu gewährleisten. 2024 soll um das Gütesiegel angesucht und im Zuge der Rezertifizierung aller Hütten ein neuerlicher Umweltschwerpunkt für Hütten gesetzt werden.

Das kommt dem Ziel der Klimaneutralität, das sich der gesamte Alpenverein im Rahmen der Klimastrategie gesetzt hat, entgegen. Als größter CO2-Verursacher hat sich in dieser Betrachtungsweise die Mobilität der Gäste herauskristallisiert. Der Tourismusverband für die Bergregionen ist der Alpenverein, der durch sein Anleiten zur Reise zugleich zerstört, was er liebt. Das muss sich ändern und mancher nutzt schon die komfortablere Anreise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Doch gerade hier ist noch sehr viel notwendig, um eine Bewusstseinsänderung zu bewirken.

Wegweisend dabei kann der Blick zum größeren Nachbarn sein. Die Sektion München Oberland bietet seit wenigen Jahren Busse aus den Städten zu den Bergen an, die sukzessive in den Regelverkehr überführt werden. Die Idee ist nicht neu, genauer Mitte des letzten Jahrhunderts startete der Schneebergbus am Wochenende vom Schwedenplatz in Wien.

Wie kann sich das lohnen, ein Rezept?

Aus wirtschaftlicher Sicht auf die Schutzhütten hat sich folgendes Modell für Vereine bewährt: Die Mitglieder drücken durch Zahlung ihres Mitgliedsbeitrags auch ihren Willen aus, die Vereinsziele finanziell zu unterstützen. Der Verein investiert diese Gelder unmittelbar in den Erhalt der Infrastruktur – also Hütten, Wege und Kletteranlagen. Diese Investitionen sind im Moment der Ausgabe abzuschreiben. Von einem Schutzhütten- oder Sportbetrieb in den Sportarten Wandern und Klettern ist bei derzeitiger Auslastung nicht zu erwarten, dass die Investition durch Einnahmen daraus unmittelbar wieder gedeckt wird. Es ist auch keine kalkulatorische Verzinsung oder buchhalterische Abschreibung zu erwarten.

Die Adamek-Hütte am Dachstein

Unberührt ist der Dachstein nicht, eher gut erschlossen mit Wegen und Seilbahnen. Dass es aber am Plateau selbst keine großen Hotels gibt, ist der Erschließungsgeschichte des Alpenvereins zu verdanken. Der Dachstein ist vermutlich das älteste systematisch erschlossene Arbeitsgebiet, das der Alpenverein Austria von 1874 weg bis 1914 mit einem Netz von Wegen und Hütten überzog. In diesem Zuge errichtete Friedrich Simony, der Gletscher­

Die Einnahmen kommen jedoch bei guter Geschäftsführung wieder von zufriedenen Mitgliedern durch deren Mitgliedsbeiträge.

Das ist Mitgliederbindung in einer Zeit, in der materielle Vorteile hinter ideelle Haltungen treten. Die Pachteinnahme einer Hütte ist ebenso zur Erhaltung derselben zu verwenden, wobei die Höhe der Pacht sich auch am Standort orientieren muss. So wurden einige Hütten über die Jahre vergrößert, manche aber, wie die E.-T.-Compton-Hütte oder das GuttenbergHaus, stehen seit 100 Jahren in der wesentlichen Bausubstanz unverändert in den Bergen. Am Ende steht hinter dem Hüttenschatz eine grüne Null und damit ist das Ziel erreicht.

Ein Beispiel aus der kommissionellen Prüfung für das Umweltgütesiegel aus dem Gesäuse sei hier genannt. Reini Reichenfelser, der viele Jahre die Seele der HessHütte war, antwortete auf die Frage der Kommission nach der Verwendung von

forscher, mit dem Randkluftsteig, auch den ersten Klettersteig der Alpen. Der Vorstandsbeschluss, den Dachstein zum „vorzüglichen Exkursionsgebiet“ zu ernennen, jährt sich übrigens 2024 zum 150. Mal. Über Generationen hinweg ermöglichte man damit sanften Tourismus in einer Region, die auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln sehr gut bis zu den Wanderausgangspunkten erreichbar ist.

regionalen Produkten nach den wesentlichen Quellen zu guter Letzt mit dem „frischen Schnittlauch vom Sparafeld“.

Die Mode von der Suche nach der Einfachheit spielt den Alpenvereinshütten gerade in den letzten 20 Jahren in die Hände. Zumindest im Urlaub möchte man wenig verarbeitete Lebensmittel zu sich nehmen und sucht Bewegungsausgleich in der fast unberührten Natur. Umweltfreundliche Hütteninfrastruktur und Betriebsführung passen gut in dieses Bild. Und den Humor sollte man so wie Reini Reichenfelser und Herbert Mader, der langjähriger Hüttenreferent des Alpenverein Austria, nie verlieren, auch wenn das Bemühen um die Erhaltung der Unberührtheit der Bergwelt schwierig scheint.

Harald Herzog ist Bauplaner und Philosoph. Er betreibt eine Boulderhalle in Wolfsberg flaesh.at und betreut das Kletterzentrum in Windischgarsten. Harald gibt Einblick in sein alpines Leben auf alpenvereinaktiv.com und Instagram.

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Foto: Harald Herzog

Entsorgung

Berge? Ja bitte, aber nicht aus Plastik! Um den Müll auf ein Minimum zu reduzieren, setzt man hier akribisch auf verpackungsarme Einkäufe. Ein geringer Aufwand mit großem Nutzen, der sich auch in den eigenen vier Wänden lohnt.

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Da ist neulich bei der größten Kälten so ein Narr mit’n Radl kommen, und der hat da überall so blöde Farbstriche gemacht, sagen’S amol, wer braucht das?“, wurde einst ein Wanderer von einem älteren Angler gefragt, dem er am Weinviertler Grenzlandweg begegnete. Der hatte den Richtigen erwischt und erhielt genaue Auskunft über Charakter, Ausgangs- und Endpunkt des Grenzlandwegs. „Retz, Hainburg“, sinnierte der Alte, „ja, aber da san ja überall Straßen.“ Neuerlich aufgeklärt, meinte er am Ende: „Ah, jetz versteh’ ich, ihr habt’s alle keine Autos!“

Diese von Wilfried Hausmann aufgezeichnete Geschichte stammt aus der ersten Ausgabe der Mitteilungen der Sektion Weitwanderer von 1979. Diese traf den Nerv der Zeit: „Wanderbares Österreich“. Als die Österreichische Fremdenverkehrswerbung im Jahr 1978 diesen Slogan erfand, ärgerten sich die Germanisten, aber der Alpenverein nahm ihn mit Befriedigung zur Kenntnis, gleichsam als öffentliche Anerkennung seiner über ein Jahrhundert lang erbrachten Leistung.

Wanderbares Österreich. Führer der ÖBB für die Kampagne der Österreichischen Fremdenverkehrswerbung, 1978.

Foto: ÖAV-Museum/Archiv, M. Guggenberger

Besucherlenkung: Wo ein Weg existiert, wird er auch benützt. Schafe auf einem Weg nahe der Kürsinger­Hütte, 1935.

Foto: ÖNB/Wien L 57.155-B

Neue Weganlagen nicht gestattet

Von

den Anfängen zur Verdichtung des Wegenetzes in den Ostalpen.

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Erste und letzte Wege

Die Weitwanderwege waren sozusagen Schlusspunkt und Vollendung des Wegenetzes in den Ostalpen. Wenn der Alpenverein bei seiner Gründung die „Erleichterung der Bereisung“ der Alpen als Ziel formulierte, dachte er zunächst nicht an die Muße des Wanderns, sondern daran, den Weg zum Gipfel zu erleichtern. „Im Anfang war man zufrieden, überhaupt einen Weg auf den Gipfel gefunden zu haben, sodann suchte man den besten und bequemsten Weg zu erkunden und heute müht man sich, alle nur möglichen Wege herauszufinden und zu begehen“, resümierte Generalsekretär Johannes Emmer im Jahr 1894 nach einem Vierteljahrhundert intensivster Bautätigkeit.

Rast auf dem Wilde­Bande­Steig gegen den Bettelwurf.

Foto: ÖAV-Museum/Archiv, unbek. Fotogr.

Höhenwege florierten ab der Jahrhundertwende, und so begann man das Werk zu einem Netz zu verdichten.

Die ersten Wege dienten dem Zustieg zu den Hütten, weitere Wege und Stege führten auf Gipfel, und schließlich baute man Übergangswege „von Hütte zu Hütte“. Höhenwege florierten ab der Jahrhundertwende, und so begann man das Werk zu einem Netz zu verdichten. Das Werk war und ist eines der Sektionen: Der Oesterreichische Alpenverein, der nicht in Sektionen gegliedert war, gab vor seiner Vereinigung mit dem Deutschen Alpenverein zum DuOeAV (Deutscher und Oesterreichischer Alpenverein) im Jahr 1874 für Hütten und Wege nicht einmal drei Prozent seiner Finanzmittel aus, das schien ihm Sache von Privatinteressenten und der öffentlichen Hand zu sein.

In seinen Statuten ist die „thunlichste Einflußnahme auf die Organisirung des Führerwesens, der Transport- und Unterkunftsmittel und Förderung aller übrigen dem Vereinszwecke dienender Unternehmungen“ verankert. Der Deutsche Alpenverein, 1869 gegründet, packte das hingegen tatkräftig an, dort wird nicht mehr von der „Einflußnahme“ gesprochen, sondern von der „Organisirung des Führerwesens“, der „Herstellung und Verbesserung der Communications- und Unterkunftsmittel“: Man nahm also die Sache selbst in die Hand, und zwar in Gestalt der „Sectionen, welche sich an jedem Orte mit beliebiger Anzahl von Mitgliedern constituiren können“.

Die aufkommenden Fremdenverkehrsund Verschönerungsvereine übernahmen häufig die Pflege der Talwege und der Spazierwege rund um die Ortschaften bis ins Mittelgebirge, während sich der Alpenverein auf das Hochgebirge konzentrieren konnte. Dort war er nicht allein tätig – der Österreichische Touristenklub, der Österreichische Gebirgsverein und der Touristenverein Naturfreunde als Großvereine hatten und haben ebenso wie zahlreiche kleine Alpine Gesellschaften ihren Anteil daran – aber der Alpenverein war schon stets der Platzhirsch im Gebirge.

Kehrtwende

Ähnlich wie bei der Frage nach dem Komfort in den Hütten zeichnete sich etwa ab 1890 auch bei den Wegen eine sanft ansteigende Veränderung ab, die zu einer regelrechten Kehrtwende führte – jeden- >

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falls auf dem Papier. Sie ist beispielsweise in den vier Auflagen der „Verfassung und Verwaltung des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins“ nachzulesen, die zwischen 1893 und 1928 als praktischer Behelf für die Sektionen herausgegeben wurden. In der ersten Ausgabe wird zunächst festgehalten, dass der Alpenverein für Wege im Tal, an besiedelten Hängen und zu Sehenswürdigkeiten nicht mehr zuständig sei. Neue Wege seien gerechtfertigt, wenn sie zu Schutzhütten, über Jochübergänge, zu vielbesuchten Gipfeln führten, als Verbindungswege zwischen Gipfeln oder Hütten, allenfalls noch Abkürzungswege und Zugänge zu Wasserfällen und Wege durch Klammen. In der dritten Auflage von 1910 wird besonders die Rücksicht auf die vielen „Ungeübten“, die nun in die Berge kämen, hervorgehoben. Auf jene, „die davon gehört haben, dass durch die alpinen Vereine die Bergfahrten bequem gemacht worden sind, und nun meinen, überallhin gehen zu können“ und sich dabei größten Gefahren aussetzten. Als Lösung empfahl Emmer, denn auch dieses Werk stammt von ihm, überall dort, wo das „große Publikum“ hinkäme, für viele, gefahrlose und leicht gangbare Wege zu sorgen. Es sei aber der Wunsch der Hochtouristen, nicht jedes schwierige Gelände dem großen Publikum zu eröffnen und daher neue Wegbauten dort, wo bergsteigerische Erfahrung notwendig war, besser zu unterlassen, wenn man das mindergeübte Publikum anders nicht fernhalten könne.

Tölzer Richtlinien

Die Rücksichtnahme auf das ungeübte Publikum fand nach dem Ersten Weltkrieg ein vorläufiges Ende. Die Diskussionen führten zu den 1923 beschlossenen „Tölzer Richtlinien“. In ihnen spiegelt sich die Sehnsucht der Bergsteiger wider, in den Bergen ihre Ruhe zu haben. Durch spartanische Einfachheit der Hütteneinrichtung ebenso wie durch einen Erschließungsstopp sollte das Massenpublikum zumindest von den weniger leicht erreichbaren Höhen ferngehalten werden.

In der 1928 erschienenen vierten Ausgabe der „Verfassung und Verwaltung“ erläuterte Generalsekretär Josef Moriggl, der Alpenverein stehe heute nicht mehr

Unscheinbar in der Landschaft: Weg bei der Kasseler Hütte.

Foto: ÖAV-Museum/Archiv, unbek. Fotogr.

Durch spartanische Einfachheit der Hütteneinrichtung ebenso wie durch einen Erschließungsstopp sollte das Massenpublikum zumindest von

den weniger leicht erreichbaren Höhen ferngehalten werden.

auf dem früher vertretenen Standpunkt, und führte den neuen Grundsatz etwas grobschlächtig aus: „Entweder kommt dieses Publikum ohne ausgesprochenen Weg dorthin, dann genügt eine Markierung, oder es kommt ohne Weg nicht hin, dann soll es diesem Ziele ferne bleiben oder sich der sicheren Leitung durch Führer anvertrauen.“ Der Grundsatz der Tölzer Richtlinien war deutlich: „Neue Weganlagen im weglosen Hochgebirge und neue Markierungen von Gipfelwegen, insbesondere von Klettersteigen, sind nicht gestattet“, auch die Wegtafeln sollten drastisch reduziert werden.

Die Tölzer Richtlinien wurden recht unterschiedlich ausgelegt. An den Zahlen ist das schwer abzulesen, da in der Buchhaltung Bau und Instandhaltung nicht getrennt wurden. Das Wegenetz in seinem Umfang zu ermessen – wir schätzen heute 40.000 km allein an Alpenvereinswegen, von denen 26.000 von den Sektionen des Österreichischen Alpenvereins erhal-

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ten werden – ist schwierig, die Trennung von gebauten und nur markierten wurde selten vorgenommen. Wenn in den 1930erJahren jährlich rund 2.500 bis 3.000 Wegetafeln ausgegeben wurden, wissen wir nicht, ob sie als Ersatz gebraucht oder neu angebracht wurden.

Sektionsleben

Nicht ermessen kann man auch die volkswirtschaftliche Bedeutung. Für das erste Vierteljahrhundert gibt es genaue Zahlen: Für Wegbauten gaben die Sektionen und der Gesamtverein bis zum Jahr 1893 486.788,88 Mark aus – das wären heute knapp 4 Millionen Euro –, wobei die Eigenleistung der Mitglieder natürlich nicht eingerechnet ist. Später, in einem Vortrag im Jahr 1934, meinte Moriggl nur mehr, „die Kosten der tausenden Kilometer von Wegen sind gar nicht auszurechnen“, was der Alpenverein hier geleistet habe, „weiß heute schon jedes Kind“.

Die häufig geübte Tradition, die Jugend in die Wartungsarbeiten an den Wegen einzubinden und zu beteiligen, trägt nicht nur dazu bei, die pädagogischen Ziele der

Alpenvereinsjugend zu unterstützen, wie sie auch heute bei den Umweltbaustellen und Bergwaldprojekten vertreten werden, sondern auch dazu, sie an die Sektion und den Verein zu binden.

Wer einmal Alpenvereinspräsident*in werden will, beherzige das Resümee, das der damalige Vorsitzende Raimund Klebelsberg 1936 anlässlich seines 50. Geburtstages über seine Tätigkeit im Alpenverein zog: „Schon in frühen Brixner Gymnasialjahren habe ich mich geradezu darum gerissen, markieren gehen zu dürfen, und nicht zur reinen Freude meiner Mutter bin ich mit den Färbtiegeln über die Berge gewandert. [...] Im Laufe der Jahre habe ich in den Bergen um Brixen eigenhändig über 1000 Wegweisertafeln angebracht [...]. Von der Pike rückte ich dann allmählich in den Sektionsausschuß auf, wurde Hüttenbauer, Vortragsmaier,

Sektionshistoriker und tat auch sonst überall eifrig mit. Schließlich trat ich in die Hierarchie des Gesamtvereins ein und über: nahm 1928 den Vorsitz im Verwaltungsausschuß Innsbruck (1929–1933).“ Von da war der Weg ins höchste Amt nicht mehr weit, aber steinig.

Martin Achrainer ist Mitarbeiter im Historischen Archiv des Österreichischen Alpenvereins.

Beschilderung als „Alpenvereins­Weg“, ca. 1920er Jahre.

Foto: ÖAV-Museum/Archiv, Nachlass Theodor Pichler

Literaturt ¡pp Hoch hinaus

Unser Standardwerk „Hoch hinaus. Wege und Hütten in den Alpen“, 2016 erschienen, ist für Mitglieder weiterhin zum Preis von 34,80 Euro im Alpenvereinsshop erhältlich. Von kulturgeschichtlichen Voraussetzungen bis hin zu technischen Herausforderungen der Gegenwart bieten die zwölf Beiträge und Bildstrecken eine umfassende Geschichte der Wege und Hütten in den letzten 150 Jahren. Der zweite Band enthält einen zusammenfassenden Überblick und ein historisches Hüttenverzeichnis mit rund 1.800 Hütten, Biwakschachteln und Aussichtswarten.

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Team barrierefreie Wege

In den Bergen unterwegs sein ohne Hindernisse, ohne Barrieren: Das klingt nach einem hoch gesteckten Ziel.

Ist es auch, aber es ist machbar. Das 15-köpfige Team von „Alpenverein inklusiv“ beweist es mit über 200 barrierefreien Touren.

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Barrierefreie Wege

Hier geht es zu allen barrierefreien Tourentipps: alpenvereinaktiv.com/s/b4BJv Inklusion im Österreichischen Alpenverein: alpenvereinsjugend.at/ueber­uns/inklusion.

Ob zu Fuß, mit Stock, Rollator, Handbike, Kinderwagen oder im Rollstuhl – unser „Alpenverein inklusiv“-Team entdeckt, beschreibt und bewirbt barrierefreie Wanderwege und Hütten in ganz Österreich über das Tourenportal alpenvereinaktiv.com. Ziel des Teams ist es außerdem, mit Interessierten in den Sektionen des Österreichischen Alpenvereins in Kontakt zu treten, sich zu den Themen Inklusion und Barrierefreiheit auszutauschen, gemeinsam zu wandern und Zugänge zur Hütte, zur Kletterhalle, zum Jugendraum usw. in den Sektionen barrierefreier zu machen.

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Fotos: Markus Pösendorfer, Solveig Meier, Johanna Kolousek

> Persönliche Worte eines Teammitgliedes

David Kosche (52 Jahre) arbeitete insgesamt 18 Jahre als Assistent für Menschen mit Behinderungen. Er ist ausgebildeter Alpinpädagoge und Bergwanderführer und gründete 2012 ehrenamtlich den neuen Bereich „inklusives Natursporterleben“ im Alpenverein Klagenfurt. Seit einem Verkehrsunfall im Jahr 2021 benötigt er selbst einen Rollstuhl zur Fortbewegung und engagiert sich beim Österreichischen Alpenverein umso mehr für barrierefreie Wanderwege und Hütten in Kärnten:

Die Tage sind geprägt von alltäglichen Herausforderungen aufgrund unserer Behinderungen – zu Hause, im Beruf, im Verkehr. Überall sind Hindernisse zu bewältigen: beim Einkaufen, in Gebäuden, in Beziehungen mit mobilen Menschen, vor denjenigen, die sich kaum in die Realität der Betroffenen jemals hineinversetzt hatten. Und dies bei jeder eigenen Stimmungslage, mit Schmerzen, bei jedem Wetter und vieles mehr.

Die Natur schenkt jedem von uns Menschen den Wind, das Rauschen des Waldes oder eines Baches, die bunten Blumen am Wegrand und ihren ganz individuellen Geruch. Sie schenkt uns einfach das Wiederrunterkommen, das sich in diesen Momenten als Mensch, so wie wir einfach sind, fühlen – sei es in Gemeinsamkeit oder für sich allein.

Barrierefreie Wege, die uns alle in eine freie Natur führen, sind aber für uns Betroffene, egal ob als Rollstuhlfahrer*in, als Gehbeeinträchtigte*r oder als Blinde*r, eine ganz besondere Möglichkeit, in unseren wichtigsten Lebensraum zu gelangen. Wichtig, weil er jeden von uns einfach so empfängt, wie wir eben sind, und uns mit all der Lebensenergie erfüllen kann, die wir benötigen, um unser Leben anzunehmen, es zu gestalten und es mit allem zu genießen, so wie es einfach ist. Lasst uns diese Idee von barrierefreien Wanderwegen entdecken, beschreiben, bewerben und gemeinsam Realität werden, denn barrierefreie Wanderwege sind Geschenke für jeden von uns, ob im Kinderwagen, zu Fuß, mit Stock, Rollator oder im Rollstuhl!

Autor*innen für barrierefreie Wege

Wir verzeichnen auf alpenvereinaktiv.com bereits über 200 dokumentierte Rollstuhl-, Swisstrack- und Handbiketouren. Laufend werden Wege von unseren geschulten Autor*innen befahren, begangen und dokumentiert. Die Kriterien dafür haben Menschen mit und ohne Beeinträchtigung im Rahmen eines Schulungstermins vom Österreichischen Alpenverein selbst erarbeitet. Seit 2023 nutzt das Team auch die Audiofunktion von Outdooractive. Menschen mit einer Sehbeeinträchtigung haben somit die Möglichkeit, sich die Wegbeschreibungen über eine Audiodatei anzuhören. Auch Hütten sollen über das Projekt „Alpenverein inklusiv“ und mit Unterstützung des Teams zugänglicher werden. Über Fördergelder können beispielsweise kleinere Umbaumaßnahmen in Alpenvereinshütten, wie das Anbringen von Rollstuhlrampen, Blindenleitsysteme oder Handgriffe an der Toilette, umgesetzt werden. Unser Team besteht aus rund 15 Menschen, mit und ohne Beeinträchtigung, aus Österreich und Deutschland. Trotz Beeinträchtigungen Touren in der Natur erleben zu können, das möchten wir mit dieser Tourenauswahl ermöglichen. Wir möchten barrierefreie Wege entdecken, bekannt machen und wo es möglich ist, zugänglicher machen – für alle Menschen.

Solveig Meier ist in der Alpenvereinsjugend Österreich Projektleiterin von „Alpenverein inklusiv“ und Ansprechpartnerin für Inklusion im Alpenverein: solveig.meier@alpenverein.at

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Hütten in Not

Der Alpenraum ohne Hütten und Wege? Undenkbar.

Unsere Hütten gewähren uns Bergsteigern Unterschlupf vor den Unbilden der Natur, sie sind wichtige Stützpunkte auf unseren Touren in den Bergen. Unsere Hütten sind aber viel mehr. Die manchmal über 100 Jahre alten Gebäude sind Teil ihrer Umgebung geworden, in der sie stehen. Sie befinden sich oft an malerischen Plätzen und werden, eingebettet in die Landschaft, dadurch Orte der inneren Einkehr und des Rückzugs. Sie stellen eine symbolische Verbindung zwischen dem Menschen und seiner Umgebung dar und ermöglichen es uns Wanderern, uns zu erden, die Idylle auf uns wirken zu lassen und so Kraft für den herausfordernden Alltag zu tanken.

Hütten fungieren als Herzstücke des sozialen Austauschs, an denen Wanderer aus aller Welt zusammenkommen und ihre Erfahrungen und Erlebnisse teilen und Vorurteile abbauen können. Diese Gespräche unter Gleichgesinnten tragen zur Bildung eines gemeinsamen Bewusstseins bei und fördern das Verständnis und die Wertschätzung für die Natur und ihren Zauber.

Hütten sind wichtige Knotenpunkte. Sie verbinden unsere Wege, sind erreichbare Zwischenziele und ermöglichen erst so manch ausgedehnte Wanderung, indem sie Gelegenheit zur Rast, zur Labung und zur Übernachtung bieten.

Wenn jedoch Hütten aufgelassen werden müssen, so verlieren wir auch Wege, die zu ihnen führen und nicht mehr begangen werden. Es geht nicht nur ein physischer Ort verloren, ein Gebäude. Das Verschwinden dieser Stützpunkte bedeutet eine

Verringerung der Vielfalt an Wanderungen, die wir unternehmen können, das „Wanderbare Österreich“ – das erst durch die alpinen Vereine ermöglicht wird –stirbt. Ihr Verschwinden bedeutet aber auch eine Verarmung unserer Kulturlandschaft, unserer Erholungsmöglichkeiten und wir rücken ein Stück weiter weg von der Natur.

Das Verschwinden dieser Stützpunkte bedeutet eine Verringerung der Vielfalt an Wanderungen, die wir unternehmen können, das „Wanderbare Österreich“ – das erst durch die alpinen Vereine ermöglicht wird – stirbt.

In einer Zeit, in der die Bindung des Menschen zur Natur oft auf die Probe gestellt wird, ist es entscheidend, die Bedeutung von Hütten und Wegen im Gebirge als unverzichtbare Stützpunkte für Wanderer und zur Besucherlenkung zu erkennen und zu bewahren. Denn nur wenn wir den Wert dieser Orte schätzen und pflegen, können wir sicherstellen, dass sie auch zukünftigen Generationen als Quelle der Inspiration, der Naturverbundenheit und der Freundschaft dienen.

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Foto: norbert-freudenthaler.com B ergspitzen

Gemeinsam Hütten und Wege retten!

Deine Unterschrift kann Berge versetzen!

Anstehende Großsanierungen bei teils 150 Jahre alten Schutzhütten, explodierende Baupreise im Hochgebirge und zunehmende Wegeschäden infolge der Klimakrise – diese finanzielle Last können die alpinen Vereine nicht mehr alleine schultern. Darum braucht es ein Notfallpaket der österreichischen Bundesregierung – jetzt unterschreiben!

notruf-aus-den-alpen.at

Jetzt Petition online unterschreiben! Notruf aus den Alpen:

Zeigt her eure Füße, zeigt her eure Schuh …

Die Hochtourensaison steht vor der Tür.

Höchste Zeit, sich einmal fernab von seiltechnischen

Manövern mit den zwei elementarsten Ausrüstungsgegenständen auseinanderzusetzen: den Schuhen und den Steigeisen.

g erhard mössmer

Mal ehrlich: Die Gefahr, in eine Gletscherspalte zu fallen, hält sich bei den meisten Hochtouren im Ostalpenraum in Grenzen. Dagegen ist das Risiko, wegen eines nicht passenden Schuhs in Kombination mit einem unpassenden Steigeisen abzustürzen oder eine Tour abbrechen zu müssen, ungleich höher …

Hatte man vor 30 Jahren noch die bescheidene Qual der Wahl zwischen einem La Sportiva Nepal Top1 und einem Koflach Schalenbergschuh2, ist das Angebot heute an unterschiedlichsten Modellen beinahe unüberschaubar: Für jeden Einsatzbereich gibt es den passenden Schuh und

Der Koflach Schalenbergschuh war einst „der“ Klassiker unter den „extremeren“ Hochtourenschuhen.

schon sind wir beim ersten und wichtigsten Schlagwort angekommen: „passend!“. Der beste, teuerste und leichteste Bergstiefel, wie ihn unsere nördlichen Nachbarn gern bezeichnen, leistet keine guten Dienste, wenn er nicht sitzt, denn dann hat man im wahrsten Sinn des Wortes „den Stiefel“ an. Zum einen muss der Schuh zum Fuß passen und zum anderen zur Aktivität.

Ersteres kann man nur durch Anprobieren und professionelle Beratung im Bergsport-Fachgeschäft herausfinden. Dafür muss man sich Zeit nehmen: am besten abends, da sind die Füße etwas „angeschwollen“ und man läuft nicht Gefahr,

Das dazu passende Steigeisen mit sogenannter „Körbchenbindung“ vorne und hinten.

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Foto: Klaus Kranebitter U nterW egs
Fester, bedingt steigeisentauglicher Wanderbzw. Trekkingschuh der Kategorie B/C. B C

Steigeisenfester Bergschuh der Kategorie C: Diese Schuhe sind für die allermeisten Hochtouren in den Ostalpen sehr gut geeignet. Ausnahme: technisch anspruchsvolle Touren im winterlichen Mixedgelände.

Für diesen Schuhtyp passen Steigeisen mit Körbchen vorne und Kipphebelbindung hinten perfekt. Bei manchen Herstellern kann man das Körbchen auch gegen einen Stahlbügel tauschen, wenn der Schuh vorne eine Nut hat.

den Schuh zu klein zu kaufen. Die meisten Fachgeschäfte bieten heute eine digitale Vermessung (Scanner) des Fußes an. Dieses Service macht Sinn, denn je nach Herkunftsland haben die Schuhe oft unterschiedliche Leisten (schmal, breit, niedrig, hoch) bei gleicher Größe. Mit Hilfe des Scans lässt sich schneller und besser herausfinden, welcher Leisten ideal zum Fuß passt. Vorbei sind auch die Zeiten, wo wir mit Omas selbstgestrickten dicken Wollsocken unterwegs waren. Heute verwenden wir dünne, enganliegende Funktionssocken – oder sogar Kompressionssocken, die Blasenbildung vermeiden.

Abgesehen von der individuellen Passform achten wir bei einem Hochtourenschuh, der ein möglichst breites Einsatzspektrum abdecken soll, ganz allgemein auf ein geringes Gewicht und auf Wasserundurchlässigkeit sowie auf die Steigeisentauglichkeit. Diese letzte Eigenschaft ist elementar wichtig für unsere Sicherheit, denn das Bindungssystem des Steigeisens muss zwingend zur Konstruktion des Schuhs passen.

Kategorisierung

In den 1970er-Jahren erstmals vom Schuhhersteller A. Meindl3 initiiert, hat sich eine Wander- und Bergschuhschuhkategorisierung von A bis D als Standard bei Herstellern, im Handel und bei den Endverbrauchern durchgesetzt. Diese Unterteilung gliedert die unterschiedlichen Typen von Wander- und Bergschuhen je nach Konstruktion und Verwendungszweck. Da die Kategorisierung allerdings nicht genormt ist, gibt es herstellerspezifische Abweichungen und auch Sonderformen. Für Hochtouren kommen Schuhe ab Kategorie B/C in Frage: Fester Wanderschuh (B/C): Diese bedingt steigeisenfesten Schuhe haben eine leicht aufgebogene Sohle, die noch

1 Diesen Klassiker von La Sportiva gibt es heute noch in beinahe unveränderter Form und er erfreut sich immer noch großer Beliebtheit.

2 Im Gegensatz zum Lederbergschuh sind Schuhe mit Schalenkonstruktion aus Plastik komplett von der Bildfläche verschwunden.

3 https://meindl.de/service/ anwendungsgebiete/

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relativ weich, aber deutlich härter und torsionssteifer als bei einem herkömmlichen Wanderschuh ist und somit noch gute Abroll- und Reibungseigenschaften beim Gehen und Klettern bietet. Deshalb eignen sie sich in erster Linie für leichte Hochtouren mit einfachen Firn- und Eispassagen. Zu dieser Schuhbzw. Sohlenkonstruktion passen leichte Steigeisen mit Körbchen vorne und hinten. Für technisch anspruchsvolleres, kombiniertes Gelände sind diese Schuhe auf Grund der fehlenden Torsionssteifigkeit der Sohle allerdings wenig bis gar nicht geeignet.

Steigeisenfester Bergschuh (C): Schuhe dieser Kategorie weisen bereits eine deutlich härtere und verwindungssteifere Sohle auf, die sich fürs Gehen im weglosen Gelände, beim Ansteigen von kleineren Tritten, aber auch für steilere Eispassagen gut eignet. Die zu diesem Schuh passenden Steigeisen haben zumindest hinten einen Kipphebel und vorne – je nach Sohlenkonstruktion mit oder ohne Nut – wahlweise Körbchen oder Bügel.

Steigeisenfester Bergschuh (D): Dieser Typ ist für technisch anspruchsvolle Eistouren und kombinierte Touren gemacht. Hier kommen die Vorzüge von steifen, voll steigeisenfesten Bergschuhen mit ausgeprägtem Sohlenrand vorne und hinten voll zum Tragen. Ihre harte biege- und verwindungssteife Sohle bietet besonders in Eis- und Mixed-Passagen guten Halt. Das ist insofern ein Muss, da sich die Sohle beim Einsatz der Frontalzacken keinesfalls durchbiegen darf,

Diese beiden Modelle haben neben einer steifen Sohle vorne und hinten eine Nut für die Steigeisenaufnahme. Dadurch sind sie komplett steigeisentauglich.

Absolute Pflicht sind Antistollplatten. Besonders bewährt haben sich diese Modelle mit gewölbter „ballonförmiger“ Unterseite, die ein Aufstollen des Schnees zuverläßig verhindern.

Steigeisen für dieses Modell haben vorne und hinten ein sogenanntes Bindungssystem. Damit kommt es zu einer perfekten Kraftübertragung vom Schuh auf das Steigeisen ins Eis. Da es heute so viele unterschiedliche Schuh­

konstruktionen gibt, haben sich auch die Hersteller entsprechend angepasst und unterschiedliche Bügel für den vorderen Bereich des Schuhs entwickelt, um z. B. bei sehr schmalen Schuhen ein Durchrutschen des Schuhs zu vermeiden.

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Foto: Klaus Kranebitter

Zum einen muss der Schuh zum Fuß passen und

zum anderen zur Aktivität .

um jederzeit eine perfekte Kraftübertragung und den festen Sitz des Steigeisens zu gewährleisten.

Zudem sind Schuhe dieser Kategorie für tiefe Temperaturen im Winter oder in den Westalpen gut gefüttert und weisen oftmals eine integrierte Gamasche auf, die zuverlässig vor Schnee- und Feuchtigkeitseintritt schützt. Nachteile? Die steife Sohlenkonstruktion geht selbstverständlich auf Kosten des Tragekomforts und des Abrollverhaltens des Schuhs. Entsprechend zum Einsatzbereich dieses Schuhs passen technische Steigeisen. Diese haben wahlweise vertikale oder horizontale Frontalzacken oder sogar einen Monopoint für MixedRouten mit Stahlbügel vorne und Kipphebel hinten.

Fazit

Es gibt keinen guten oder schlechten Hochtourenschuh. Das Allerwichtigste ist, dass der Schuh auf den jeweiligen Fuß UND zum jeweiligen Einsatzbereich passt. Für eine leichte Hochtour mit Wandercharakter wird man mit einem technischen High-End-Hochtou-

Das Ende der Fahnenstange der Kat. D: Schuhe mit integrierten Gamaschen. Sie schützen vor Feuchtigkeit, sind gut isoliert und somit für den Wintereinsatz und den Einsatz in den Westalpen (z. B. Mt. Blanc) perfekt geeignet.

renschuh mit steifer Sohle wenig Freude haben und genauso umgekehrt macht das Eisklettern mit einem bedingt steigeisenfesten Schuh der Kategorie B/C auch nicht wirklich Spaß.

Für die Steigeisen gilt das Gleiche wie für die Schuhe: Leichte Steigeisen mit Körbchen – und womöglich noch aus Alu – können im anspruchsvollen Gelände nie so performen wie ihre Artgenossen mit Kipphebelbindung und vertikalen Frontalzacken. Was alle Steigeisen gemeinsam haben müssen, sind Antistollplatten4 Diese sind – besonders bei pappigem Sommerschnee – „überlebenswichtig“: Stollen die Eisen aufgrund der fehlenden Platte auf, kann dies schnell zum Ausrutschen und infolgedessen zum Absturz führen.

Gerhard Mössmer ist Mitarbeiter der Abteilung Bergsport im Österreichischen Alpenverein, Bergführer und gerichtlich beeidigter Sachverständiger.

4 Steigeisen ohne Antistollplatte gibt es ohnehin nur noch bei alten Modellen, da inzwischen die Norm zwingend Antistollplatten vorschreibt.

Da diese Schuhe gern zum Eis­ und MixedKlettern verwendet werden, bieten sich hier Steigeisen mit vorne und hinten Bindung und vertikalen Frontalzacken an.

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Tanz auf dem Eis

Oder: Wie bewegen wir uns elegant, effizient und vor allem sicher auf spiegelglattem Terrain. Tipps vom Bergsport, Teil 8.

g erhard mössmer

Abbildung 1: Je steiler das Gelände im Aufstieg, desto stärker zeigt der Talfuß bergab und desto mehr Beweglichkeit ist im Sprunggelenk gefragt, um alle Vertikalzackenpaare sicher im Eis zu platzieren.

Wie die Spitzkehre nicht zur Kür, sondern zum Pflichtprogramm für Ski tourengeher*innen gehört, müssen ambitionierte Hochtourengeher*innen das sichere Gehen mit Steigeisen perfekt beherrschen. Die Steilheit des Geländes sowie seine Beschaffenheit (Firn, Eis …) entscheiden, ob wir vorrangig mit den Vertikal- oder Frontalzacken der Steigeisen Halt finden oder eine Mischtechnik anwenden. Bis ca. 30° Hangsteilheit verwenden wir die Vertikalzackentechnik, darüber die Mischtechnik bzw. ab ca. 40° die reine Frontalzackentechnik.

Eckenstein-Technik

Benannt ist die Technik nach dem deutschstämmigen englischen Bergsteiger Oscar

Eckenstein, der um die 1900er-Jahre die Fortbewegung mit Steigeisen revolutionierte. Zu dieser Zeit hatten Steigeisen keine Frontalzacken, sondern nur fünf Paar Vertikalzacken, mit denen man das Auslangen finden musste. Die beiden Frontalzackenpaare, wie wir sie heute kennen, wurden erst viel später entwickelt.

Die Charakteristik der Eckenstein-Technik ist, dass alle vertikalen Zacken sicher im Eis greifen. Sprung-, Knie- und Hüftgelenk sind im Aufstieg leicht, im Abstieg stärker gebeugt. Eine hüftbreite Schrittstellung mit leicht nach außen zeigenden Zehenspitzen verhindert das Verhaken der Steigeisen. Um nicht mit den Vertikalzacken im Eis hängen zu bleiben, müssen wir die Füße bei jedem Schritt etwas höher anheben als gewohnt und dabei in einem leichten Bogen nach vorne bewegen. Eine natürliche

Abbildung 2: Je steiler das Gelände im Abstieg, desto stärker müssen wir Knie­ und Hüftgelenk beugen und den Rücken krümmen.

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Illustrationen: Georg
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Sojer

Schrittlänge gewährt im Gegensatz zu einer zu kurzen oder zu langen jederzeit sicheren Halt und ist zudem ökonomischer. Eine leichte und rhythmische Pendelbewegung des Oberkörpers ermöglicht die Gewichtsübertragung auf das Standbein und das zweite – unbelastete – Bein kann einfacher beigezogen werden.

Im steileren Gelände wählen wir die Schrittlänge tendenziell etwas kürzer, kippen die Füße im Sprunggelenk möglichst 90° zur Eisoberfläche und vergrößern die V-förmige Fußstellung. Dadurch ist gewährleistet, dass weiterhin alle Vertikalzackenpaare guten Halt im Eis finden. Die Grenze dieser Technik stellen Steilheit und die Beweglichkeit im Sprunggelenk dar. Setzen wir die Steigeisen schräg zum Eis bzw. belasten wir nur eine Zackenreihe, besteht die Gefahr, auszurutschen.

Im Abstieg bewegen wir uns in Falllinie nach unten. Dabei befinden sich die Beine hüftbreit in leichter V-Stellung, der Körperschwerpunkt ist über den Füßen. Dies erreichen wir mit nach vorne gekrümmtem Rücken: „Konvex wie der Puckl ‚von der Hex‘ “. Achtung: Lehnen wir uns zu weit nach hinten, haben wir nicht mehr den idealen Druck auf den Vertikalzacken und drohen, auszurutschen.

Mischtechnik

Die Kombination aus Frontal- und Vertikalzackentechnik erlaubt uns über längere Strecken hinweg eine ökonomische

Abbildung 3: Bei der Mischtechnik setzen wir mit dem Bergfuß die Frontal­ und mit dem Talfuß die Vertikalzacken ins Eis.

Abbildung 4: Bei der reinen Frontalzackentechnik können wir ob der Steilheit des Geländes nur mehr die Frontalzacken verwenden. Die Beinstellung ist hüftbreit und die Fersen hängen leicht nach unten, um ein Aushebeln zu verhindern.

Fortbewegung. Dabei wird der Bergfuß in Frontal-, der Talfuß in Vertikalzackentechnik gesetzt. Der Aufstieg erfolgt steil schräg nach oben, beinahe in Falllinie. Die Mischtechnik ist bei griffigem Firn bis ca. 45°, im reinen Eis bis ca. 40° anwendbar. Durch regelmäßigen Wechsel des Fußes in Frontalzackentechnik beugen wir einer vorzeitigen Ermüdung der Wadenmuskulatur vor.

Frontalzackentechnik

Wird das Gelände auch zu steil für die Mischtechnik, können wir nur mehr die beiden Frontalzackenpaare verwenden. Dabei setzen wir diese mit hüftbreiter Fußstellung und leicht hängender Ferse dosiert ins Eis, wobei wir darauf achten, dass die Fußachse nicht seitlich verdreht ist. Durch die Hebelwirkung der Frontalzacken wird die Wadenmuskulatur stark beansprucht, weshalb wir die Steigeisen vorzugsweise in flache Stellen und Dellen im Eis platzieren. Die Knie sind in der Grundstellung leicht gebeugt, die Hüfte befindet sich nahe am Eis, der Oberkörper lehnt etwas nach außen. Im Aufstieg passen wir für mehr Stabilität die Beugung des Oberkörpers an die Steilheit an – je flacher, desto stärker beugen wir ihn nach vorne, den Pickel fassen wir dabei am Pickelkopf. Die Technik ist im Abstieg dieselbe, wobei wir eine etwas kleinere Schrittlänge als im Aufstieg wählen.

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Hochtouren ganz klein

Acht neue Lehrvideos zum Thema Hochtouren sind ab sofort auf unserem YouTube-Kanal verfügbar.

Das vergangene Jahr stand bei den Videoproduktionen des SicherAmBerg-Programms (SAB) des Alpenvereins ganz im Zeichen der Kernsportart Hochtouren. Insgesamt entstanden dabei acht neue Lehrvideos mit über 70 Minuten Spieldauer, die den gesamten Themenbereich des Hochtourensports abdecken. Das Projekt wurde von Simon Platzer und Johannes Hoffmann in enger Abstimmung mit der Abteilung Bergsport umgesetzt.

Thematisch sind die acht Videos klar getrennt und dennoch durch eine Geschichte

¡ nfo SAB Hochtouren

01 Risiko Hochtouren

02 Tourenplanung und Orientierung

03 Ausrüstung und Material

04 Bewegungstechnik im Firn und Eis

05 Gletscherseilschaft

06 Rettungstechnik beim Spaltensturz

07 Sicherungstechnik im Firn und Eis

08 Sicherungstechnik im Fels

Hier geht’s zur YouTubePlaylist.

miteinander verbunden, die dem Ganzen den notwendigen „Witz und Pep“ gibt. Eingebettet in eine liebevoll erstellte Miniaturwelt von Filmemacher Clemens Wirth, geht es um Großvater Peter (Udo Kröll) und dessen Enkelin Crissi (Johanna Daxl), die gemeinsam in einer Berghütte leben. Während Peter unentwegt an seiner Modellwelt bastelt, gibt ihm Crissi Tipps und Ratschläge zur aktuellen Lehrmeinung im Hochtourensport. Immer wieder wechselt der Schnitt von der Miniaturwelt zur realen Gletscherlandschaft: Die Überleitung

Reale Gletscherwelt und nachgebaute Miniaturwelt wechseln einander ab, um komplexe Hochtouren­Themen anschaulich und witzig zugleich in den Lehrvideos zu vermitteln. Foto: Thomas Wanner

wird meist über die kleinen Modellmännchen hergestellt, die im exakt gleichen Outfit angefertigt wurden wie die tatsächlichen Darsteller am Gletscher. Insgesamt wurden mehr als 200 Miniaturfiguren für die Produktion verwendet. Um das klassische „Erklär-Bär“Gefühl etwas abzufedern, werden die Themen anhand eines Kursbetriebs erklärt: Crissi ist dabei Teilnehmerin des Hochtourenkurses und damit reales Bindeglied zwischen Hütten- und Gletscherwelt. „Das Hochtourenprojekt war unser bis dato aufwändigstes Gesamtprojekt, was die Konzeption und Planung betrifft“, erklärt Thomas Wanner (Projektleiter, Abteilung Bergsport). Nach dem Dreh ist vor dem Dreh und so ist auch die Abteilung Bergsport bereits wieder in die Konzeption der nächsten Videos eingetaucht. Der nächste große Themenblock wird sich ums Alpinklettern drehen – so viel sei schon mal verraten. Weitere Infos dann im Frühjahr 2025! t homas Wanner

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UnterW egs

D e t a illierteInform ationen

• www.alpe nverein-akade m i e ta. •

Österreichischer Alpenverein

Alpenverein-Akademie

Olympiastraße 37

6020 Innsbruck

T +43 / 512 / 59 547-45

M akademie@alpenverein.at

W alpenverein-akademie.at

> Mit Wissen bestens unterwegs

Die Alpenverein-Akademie bietet Seminare und Workshops, Aus- und Weiterbildungen bis hin zu zertifizierten Lehrgängen, persönlich und auch digital. Immer mit dabei: Der hohe Qualitätsanspruch und die nachhaltige Freude in, an und mit der Natur.

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Foto_ Franz Walter

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Glücklich am Großglockner –Tourenführerin Sabine Kainzner. Foto: Sabine Kainzner

Gleich vorausgeschickt: Den besten Schliff geben „GetReady“-Kurse. Bestens vorbereitet geht es dann in die Übungsleiter*in-Ausbildung. Hohes Eigenkönnen und Erfahrung in der Sportart sind Kriterien, die für die Teilnahme an allen Alpenvereins-Übungsleiter*inKursen gelten. Weiters zählen dazu: körperliche und geistige Fitness, theoretisches Grundlagenwissen, hohe Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft, pädagogisches Geschick und soziale Kompetenz.

Voraussetzung für die fundierte alpinsportliche Hochtourenausbildung ist vor allem die Abgabe des Tourenbuchs, wie Sabine Kainzner, die zuständige Administratorin in der Alpenverein-Akademie, erklärt: „Sechs Hochtouren sind gefordert, die man in den letzten zwei Jahren selbständig geplant und durchgeführt hat, mit Gletscher und Felspassagen. Anhand dessen können wir beurteilen: Ist die Person schon hochalpin unterwegs gewesen oder nicht.“ Denn eines sei klar: Bergerfahrung ist nötig. Von null kann niemand eine Hochtour gehen. Stichwort akklimatisieren: „Du brauchst eine Anpassung an das andere Klima. Auf 3.000 Meter hat man ja weniger Sauerstoff.“

Körperlich wie menschlich auf der Höhe

Sabine spricht aus eigener Erfahrung. Das kommt ihr und denen, die Kurse belegen wollen, zugute. Seit 12 Jahren zuständig für den Part „Hochtouren“ in der Alpenverein-Akademie, machte sie 2014 ihre erste Hochtour: den Großvenediger. 2015 folgte auf der Rudolfshütte im Nationalpark Hohe Tauern die Ausbildung zur Übungsleiterin. „Die ist sehr komplex, weil man aus vielen Teilbereichen Inhalte lernen muss – Spaltenbergung, Seiltechnik, Klettern, Wetter, Gruppenführung. Die fordern einen sehr in diesen sechs Tagen.“ Körper-

Traut euch hoch hinaus!

Die Übungsleiter*innen Hochtouren führen ehrenamtlich, verantwortungsvoll und risikobewusst Gruppen auf selbst gewählten Hochtouren. Weit hinauf, in imposante Höhen, das hört sich nach Abenteuer an. Wie schaut der Ausbildungsweg dorthin aus?

Nachgefragt bei Tourenführerin Sabine Kainzner.

a strid n ehls

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lich wie mental: Theorie, Praxis und ständig in und auf der Höhe sein.

Danach setzte Sabine das Gelernte praktisch um. Sie ist Tourenführerin im Alpenverein Wattens. Pro Sommer leitete sie zwei bis drei Hochtouren. „Wir haben sehr coole Touren gemacht! Marmolata, Reichenspitze, Piz Buin, Dreiländerspitze. Krönung war sicher die Weißmies-Überschreitung mit dem Lagginhorn in der Schweiz“, schwärmt Sabine. Wie verhält es sich in der Sektion selbst: Werden alle mitgenommen, die sich anmelden? „Als ich begonnen habe, habe ich eine Einführungsrunde gemacht, Richtung Zuckerhütl. Ich habe einfach geschaut, wie die Leute drauf sind. Wie sie über den Grat hinübergehen, wie es mit Anseilen ist, mit der Seildisziplin, und ich habe ein bisschen die Gehtechnik erklärt. Wenn jemand die Fitness hat und die Höhe gut verträgt, dann sind Hochtouren durchaus für jede*n gut machbar.“

Zur Fortbildung wird alle vier Jahre etwas aus dem Akademie-Programm „Führen und Leiten“ empfohlen. Der/die Übungsleiter*in Hochtouren muss dabei nicht zwingend ein Update „Klettern hochalpin“ belegen, sondern kann zum Beispiel auch „Erste Hilfe“ oder „Alpine Kräuter“ auswählen. „Die Vielfalt ist groß in unserem Programm. Jede*r kann schauen, was sie oder ihn im Speziellen interessiert, und dann für sich selbst kombinieren.“

Ansporn für Frauen

Ihre anspruchsvolle Tätigkeit bescherte Sabine intensive Eindrücke – „landschaftlich unglaublich! Ich bin froh, dass ich so eine intensive Phase hatte, in der ich viele Hochtouren gegangen bin. Ich gehe jetzt nicht mehr.“ Warum? Aktuelle Thematiken wie Umwelteinflüsse, Steinschlag und Gletscherrückgang halten sie zurück, vor allem befindet sich Sabine aber aktuell in einer Lebensphase, in der für sie das Biken im Vordergrund steht: „Das ist halt das, was mir jetzt voll taugt.“

Dass sie weiterhin mit Hochtouren in Kontakt ist, zeigt ihr großes Anliegen: mehr Frauen für Hochtouren gewinnen. Sie möchte für die noch immer stark männerlastige Disziplin Frauen animieren, aktiv Hochtouren zu gehen, sich für die Ausbildung anzumelden und sich das auch

zuzutrauen: „Mein Eindruck ist, dass sich die Frauen unterschätzen. Ich finde das so schade.“ Wer hinauf möchte, kann das lernen. Sich von irgendwelchen großen Geschichten einschüchtern zu lassen, findet Sabine falsch. „Auch als Frau ist man in der Lage, einen Spaltensturz zu halten. Auch als Frau ist man in der Lage, eine Gruppe zu führen, wo fünf Männer dabei sind.“ Die Männer, die mit ihr oben am Berg unterwegs waren, haben ihr immer den richtigen Respekt entgegengebracht, das sollte auch selbstverständlich sein: „Schlussendlich zählt das Können und nicht das Geschlecht.“

Astrid Nehls ist Mitarbeiterin der Alpenverein­Akademie im Österreichischen Alpenverein.

»Auch als Frau ist man in der Lage, einen Spaltensturz zu halten. Auch als Frau ist man in der Lage, eine Gruppe zu führen, wo fünf Männer dabei sind.«
Sabine Kainzner
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nfo Ausbildungstermine AlpenvereinAkademie

GetReady Hochtouren

Die 3 Kurstage gelten als perfekte Grundlage für Abenteuer im vergletscherten Hochgebirge und für die Übungsleiter*in­Ausbildung. Der Fokus liegt auf richtigem Gehen mit Steigeisen im Eis und Firn sowie auf Standards am Gletscher.

Übungsleiter*in Hochtouren

Alpinen Gefahren mit Kompetenz, Planung und Wissen begegnen: Die 6­tägige Übungsleiter*inHochtouren­Ausbildung findet in den Monaten Juni/Juli statt und beinhaltet die Schwerpunkte Führungs­, Seil­ und Rettungstechnik.

Update Hochtouren

Führungstechnik Firn, Eis, Fels: 27. – 30.06.2024

Tipps und Tricks im vergletscherten Gelände zum Anwenden und Verfeinern der Sicherungstechnik auf Hochtouren gibt es bei diesem 4­tägigen Update mit Standort Matreier Tauernhaus. Die Kursleitung liegt bei Magdalena Hofinger.

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Foto: Simon Schöpf Foto: Mario Kain

Die Reichenspitze ist mit ihren 3.303  Metern der höchste Gipfel der gleichnamigen Gebirgsgruppe (Reichenspitzgruppe) in den östlichen Zillertaler Alpen zwischen Salzburg und Tirol. Ihre imposante Form mag den einen oder anderen abschrecken, tatsächlich ist die Besteigung über das Kuchelmooskees aber von moderater Schwierigkeit: ein mäßig steiler Gletscher mit einer kurzen Spaltenzone und ein felsiger Gipfelanstieg mit Kraxelei im ersten Schwierigkeitsgrad. Stützpunkt für diese Hochtour ist die Plauener Hütte über dem Speicher Zillergründl. Die Gegend ist ruhig und landschaftlich reizvoll. Wer länger bleiben möchte, findet noch eine ganze Reihe weiterer attraktiver Ziele, seien es Wanderungen, Berg- oder Klettertouren. Ist am Gipfeltag der Reichenspitze noch ein wenig Zeit, lässt sich außerdem mit wenig Aufwand (150 Höhenmeter) der Kuchelmooskopf (3.214 m) zusätzlich besteigen. Er ist einfacher erreichbar als die Reichen-

Hochtour auf die Reichenspitze

Vom Speicher Zillergründl geht es in einer leichten Hochtour über zwei Tage erst zur Plauener Hütte, anschließend durch die eisdurchsetzte Westflanke und über den Grat in leichter Kraxelei (max. I) auf den Gipfel der Reichenspitze.

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Touren ¡ nfos

Die Plauener Hütte dient als idealer Stützpunkt für die Tour zur Reichenspitze.

spitze und gewährt einen schönen Blick zurück über das Gletscherbecken auf den Gipfelaufbau der Reichenspitze.

Wegbeschreibung

Von der Staumauer des Speichers Zillergründl geht’s zu Beginn durch den ca. 400 m langen und beleuchteten Tunnel. Weiter taleinwärts weist eine Beschilderung den Weg Nr. 502 nach links zur Plauener Hütte, der durch einen Zirbenwald in Serpentinen zur gemütlichen Hütte führt (2.364 m), die sich zur Übernachtung anbietet.

Auf markiertem Weg Richtung Gamsscharte/Richterhütte nach Nordosten, im Kuchelmooskar an einer beschilderten Verzweigung links und den Moränenrücken übersteigend unter dem Südwestgrat der Zillerspitze hindurch auf das Kuchelmooskees. Auf ca. 2.700 m betritt man das Eis. Den ersten Hang geht es rechtshaltend steil hinauf, dann einer Spaltenzone ausweichen und links auf das obere Gletscherbecken aufsteigen. Rechts halten zur eisdurchsetzten Westflanke der Reichenspitze und über Eis, zuletzt Felsblöcke, in den Sattel nordwestlich des Gipfels. Über den Grat in leichter Kraxelei (max. I) auf den Gipfel und auf demselben Weg zurück aufs Gletscherbecken und zur Plauener Hütte. Für den Kuchelmooskopf am Gletscher auf 3.040 m nach Westen in den Sattel zwischen Kuchelmooskopf und Wildgerlosspitze und über einfaches Blockgelände zum Gipfel.

Talort/Ausgangspunkt: Brandberg, Haltestelle Staumauer Zillergrund. Mit dem Auto kann man nur bis zum Gasthof Bärenbad fahren, das bedeutet 400 zusätzliche Höhenmeter. Eine öffentliche Anreise macht somit doppelt Sinn.

Tourdaten:

Strecke: 15,8 km

Aufstieg: 1.530 hm Dauer 9:00 h bzw. mit Übernachtung 1,5 Tage

Kartenausschnitt: Outdooractive Kartographie

Tourenbeschreibung auf alpenvereinaktiv.com: www.alpenvereinaktiv.com/ s/JsgHg

Anreise mit Öffis: Ab Jenbach mit der Zillertalbahn (R 129) nach Mayrhofen Bahnhof. Umsteigen in den Bus Linie 8328 bzw. 382800 bis zur Staumauer Zillergrund (Busverkehr von Mitte Juli bis Ende September).

Treibhausgasemissionen in kg CO2e pro Person und Strecke: Jenbach–Zillergrund Staumauer. (Quelle: verkehrsauskunft.at/ co2­applikationen)

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Mit der öffentlichen Anreise gestalten wir gemeinsam eine lebenswerte Welt mit.

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Foto: Andrea und Andreas Strauß Illustration: Valentina Recheis/himmel

Auch offline am richtigen Weg

Gerade bei Hochtouren ist es wichtig, die alpenvereinaktiv-App gut für die Tour vorzubereiten. Das Offline-Speichern ist dabei ein zentrales Element. Serie alpenvereinaktiv-Tipp, Teil 1.

Im Hochgebirge gibt es meistens keinen bzw. nur einen schlechten Empfang mobiler Daten und außerdem wollen wir den Akku unserer Smartphones schonen. Damit die andauernde Herstellung einer Datenverbindung, im Laufe der Tour, nicht zum Stromfresser wird, empfiehlt es sich daher, die mobilen Daten am Smartphone grundsätzlich zu deaktivieren. Will man die alpenvereinaktiv-App am Berg verwenden, ist die logische Konsequenz, dass wir die App im Offlinemodus nutzen und sie dafür vorbereiten müssen. Folgende Punkte helfen dabei:

Karten offline speichern

Es empfiehlt sich immer, für das Tourengebiet mehrere verschiedene Karten in einem großzügigen Ausschnitt offline zu speichern. Warum mehrere Karten? Jede Karte hat ihre Stärken und Schwä-

chen, daher sollte man auch immer die zur jeweiligen Aktivität passenden Karten mit dabeihaben. Für unseren Tourentipp zur Reichenspitze bieten sich einerseits die Alpenvereinskarte und andererseits die Outdooractive-Karte, inkl. den Hangneigungen und dem Wanderwegenetz, an.

Als ersten Schritt wählen wir also in der Kartenfunktion die gewünschte Karte sowie den Ausschnitt aus und tippen rechts oben auf das Speichersymbol  1 . Wollen wir eine Rasterkarte wie die Alpenvereins- oder die Landeskarte speichern, dann erscheint diese Auswahlmaske  2  :

Unter a muss man den Kartenausschnitt noch genauer einstellen. Zoomen und Verschieben sind hier möglich. Unter b lässt sich die Kartengrundlage verändern. Praktisch, wenn man für den gleichen Ausschnitt verschiedene Karten speichern will. Punkt c ist nun die Besonderheit bei Rasterkarten:

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a b c d e f 3 to U ren
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Will man die Karte in der besten Auflösung bzw. im kleinsten Maßstab speichern, dann muss der Schieberegler aktiviert werden. Ganz klar eine Empfehlung für Hochtouren! Hat man alles so eingestellt, wie man die Karte im Gelände braucht, dann einfach auf „herunterladen“ d tippen.

Tourenbeschreibungen und Hütteninfos speichern

Alle Infos zur Tour und genauso auch zur Hütte sollte man sich ebenfalls offline speichern und zusätzlich auf „My Map“ legen  3 . Bei jeder Touren- und Hüttendetailseite finden sich diese beiden Optionen: Mit e speichert man die Tourenbeschreibung ab. Bevor man das tut, ist zu beachten: Mit jeder Tourenbeschreibung wird auch ein Kartenausschnitt rund um den Routenverlauf gespeichert. In der Tourendetailseite sollte man daher zuerst unter „Karte“ die Karte entsprechend einstellen, wenn man nicht sowieso schon einen größeren Kartenausschnitt gespeichert hat, wie wir das anfangs gemacht haben. Tippt man nun auf „Herunterladen“, dann erscheint noch ein Auswahlfenster, wo man entweder mit oder ohne den Bildern speichern kann.

Zusätzlich zum OfflineSpeichern der Touren ist es noch praktisch, die Tour auf „My Map“ f zu legen. Damit lässt sich der Routenverlauf als rote Linie auf jeder Karte anzeigen, auch offline.

Offline-Modus aktivieren

Wo findet man nun die gespeicherten Karten und Inhalte? Ganz einfach in der Kartenfunktion 4 , indem man den Offline-Modus aktiviert g :

Wird der Offline-Modus aktiviert h , dann ist die App von den mobilen Daten getrennt und es werden automatisch die Offline-Karten in der Kartenfunktion angezeigt. In der Auswahlmaske lassen sich darüber hinaus die gespeicherten Touren öffnen sowie verwalten.

DIE NATUR IN DER TASCHE

#3.2024 — Juni/Juli/August CL POCKET
4 h g

»Nur Jammern bringt nichts«

Mountainbiken ist Kernsport im Österreichischen Alpenverein, doch erfahrungsgemäß nicht immer ganz konfliktfrei. Auch deshalb hat der Alpenverein seit 2020 einen eigenen Mountainbike-Koordinator, René Sendlhofer-Schag aus Graz. Ein Interview von s imon sC höpf .

Bergauf: Du kommst aus dem Ennstal, einer ländlichen und bergigen Umgebung. Hat diese ländliche und bergige Umgebung deine Leidenschaft für die Berge und den Alpenverein geweckt? René Sendlhofer-Schag: Ja, gewiss. Schon als Kind war ich mit meinen Eltern auf vielen Bergen. Es gibt sogar die Anekdote, dass ich mit vier Jahren auf dem Großen Knallstein war – was ich persönlich eher für ein charmantes Familienmärchen halte. Während meines Studiums an der TU Graz bin ich über meinen damaligen Mitbewohner zum Alpenverein gekommen. Er kletterte in der Akademischen Sektion Graz, das weckte mein Interesse. Kurz darauf begann ich, mich ehrenamtlich in der Sektion zu engagieren, zuerst als Tourenführer und Jugendleiter. Heute bin ich Alpinteamleiter, Redakteur der Vereinsmitteilungen und Vorstandsmitglied.

Sendlhofer-Schag

Foto: René

Und Mountainbike­Koordinator für den Gesamtverein. Was bedeutet das? Im Idealfall ist man die eierlegende Wollmilchsau und weiß überall

zU r p erson

Sendlhofer-Schag

Geboren und aufgewachsen in Weissenbach bei Liezen, lebt René mit seiner Familie in Graz. Er ist Vorstandsmitglied im Alpenverein Graz, wo er sich ehrenamtlich als Alpinteamleiter und Redakteur der Vereinsmitteilungen engagiert. Außerdem ist er seit 2014 Mountainbike­Referent im Landesverband Steiermark, seit 2020 Mountainbike­Koordinator im Hauptverein und leitet seit 2024 das Bundeslehrteam in diesem Bereich. Kontakt: rene.sendlhofer@alpenverein.at

50 Bergauf
René
im g espräC h

Bescheid. Das geht natürlich nicht. Die Aufgaben sind vielfältig und haben Berührungspunkte mit allen Bereichen des Vereins. Im Bergsport kümmern wir uns um die sichere und risikobewusste Ausübung des Sports. Wenn es um die immer weiter steigende Anzahl an Mountainbiker*innen und die damit einhergehende Belastung für unsere Umwelt und Infrastruktur geht, stehe ich in engem Austausch mit den Kollegen vom Naturschutz. — Schließlich ist Mountainbiken ein Sport, der an Wege gebunden ist, und wer kehrt nach einem anstrengenden Aufstieg nicht gerne auf einer Hütte ein? Die Abteilung Hütten und Wege in der Geschäftsstelle ist also in vielen Bereichen ein unerlässlicher Partner. In meiner Arbeit ist es mir wichtig, gemeinsam Entscheidungen zu treffen, um dem Mountainbiken innerhalb des Vereins – aber auch generell in Österreich – zu mehr Akzeptanz zu verhelfen. Es ist nicht immer das große, harmonische „Gruppenkuscheln“, aber ich denke, dass wir gemeinsam auf dem richtigen Weg sind.

Du sprichst ein wichtiges Thema an –das Miteinander in der Natur und im

Verein. Wie gehst du mit den Herausforderungen um, die sich ergeben, wenn es darum geht, unterschiedliche Interessen unter einen Hut zu bekommen?

Das verständnisvolle Miteinander am Berg, im Wald oder im Verein muss die Basis unseres Handelns sein. Es geht darum, Verständnis und Respekt füreinander zu entwickeln, trotz unterschiedlicher Interessen und Ansichten. Dialog und Kompromissbereitschaft sind der Schlüssel. Es ist entscheidend, einen gemeinsamen Nenner mit allen Lebensraumpartnern zu finden, um etwas bewegen zu können. Dafür setze ich mich sowohl in meiner ehrenamtlichen Arbeit als auch beruflich ein.

Du siehst Meinungsverschiedenheiten nicht unbedingt als Konflikte. Wie trägt diese Einstellung zu deinem Engagement im Alpenverein bei?

Genau, ich sehe Diversität nicht als Konflikt, sondern als Bereicherung. Wenn wir alle dasselbe wollen, denken, fühlen und tun würden, wäre das Leben sehr eintönig. Die Vielfalt der Meinungen und Zugänge zu Themen, die uns alle bewegen, finde ich faszinierend. Im Alpenverein komme ich mit unterschiedlichsten Menschen zusam-

men, und das schätze ich sehr. Ich fühle mich oft wie ein Schwamm, der all diese unterschiedlichen Perspektiven aufsaugt. Das, und meine Liebe für die Berge und das Draußensein, treibt meinen Einsatz im Alpenverein an. Es geht darum, ein Verständnis für die Vielfalt der Menschen und ihrer Zugänge zu fördern und gemeinsam Wege zu finden, die Natur zu genießen und zu schützen.

Dann kommt hier die Frage der Fragen – sollen wir überall mountainbiken dürfen?

(lacht) Haha, eine Fangfrage! Eine direkte Antwort wäre: Nein, nicht überall. Genauso wie wir nicht überall wandern sollten (und dürfen) oder uns beim Skitourengehen von bestimmten Gebieten fernhalten müssen. Ich sehe das nicht als Ausschluss von der Natur, sondern als Schutz derselbigen. Das bestehende Gesetz bezüglich Mountainbiken in Österreich ist zwar überholt und macht es uns nicht leicht, aber ich sehe es als Chance, mit allen Beteiligten ein hochwertiges und vor allem nachhaltiges Netz an Bikestrecken zu entwickeln. — Es ist wichtig, eine Balance zwischen Freiheit und Verantwortung zu finden, nicht nur unter uns Menschen, sondern auch in Bezug auf die Natur. Absolute Verbote sind selten der beste Weg, denn Aufklärung über die Bedürfnisse aller und die Auswirkungen unseres Handelns kann zu einem tieferen Verständnis und nachhaltigem Verhalten führen. Wie T. C. Boyle sagte: „Ohne Natur verlieren wir unsere Seele.“ Wir müssen unsere Umwelt als einen Teil von uns begreifen, den es zu schützen gilt. — Ich fordere also keine uneingeschränkte Öffnung aller Wege, denn das wäre unrealistisch und auch nicht zielführend. Jedoch bin ich überzeugt, dass wir mit Rücksicht, Toleranz und einem gesunden Maß an Verzicht harmonisch zusammenleben und die Natur genießen können, bis wir ein zeitgemäßes Angebot geschaffen haben, das den Bedürfnissen des Sports und der Umwelt gerecht wird. Nur Jammern bringt nichts – mit ein wenig Hausverstand haben wir alle auf unseren Wegen Platz.

#3.2024 — Juni/Juli/August 51
Illustration: Valentina Recheis/himmel

Wie ich in den Wald hineinrufe …

… so klingelt es heraus: Das satte Geläut der Kuhglocken auf den sommerlichen Almen wird ab sofort von einem sanften Bimmeln der „Trailbell“ begleitet. Ein „kuh-les“ Teil für ein besseres Miteinander und Respekt am Berg.

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52 Bergauf
UnterW egs
Fotos:
Rene Sendlhofer-Schag

Ein Mountainbiker trifft im Wald auf eine Jägerin. Eine Kletterin trifft am Fuße einer Felswand auf einen Vogelbeobachter. Ein Wanderer möchte sein Auto parken und trifft auf eine Grundbesitzerin. Eine Hundebesitzerin trifft mit ihrem Hund auf einen Trailrunner … Welche Bilder entstehen bei diesen kurzen Beschreibungen in unseren Köpfen? Wie gehen die Geschichten wohl weiter?

Wenn Personen mit unterschiedlichen Interessen aufeinandertreffen, dann trägt die passende Kommunikation entscheidend dazu bei, dass diese Unterschiede überbrückt werden können. Durch Gespräche kann Verständnis für die Sichtweisen der anderen Person entstehen. Genau hier liegt aber auch die Herausforderung. Es beginnt schon damit, dass es unterschiedliche Definitionen für Kommunikation gibt: „Austausch oder Übertragung von Information“ (Wikipedia) oder „Verständigung untereinander; zwischenmenschlicher Verkehr besonders mithilfe von Sprache, Zeichen“ (Duden), um nur zwei zu nennen.

Der Ton macht jedenfalls die Musik –am Berg wie im Tal, beim Wandern, Klettern sowie beim Mountainbiken (MTB).

Eine Schelle für Biker*innen

Apropos: In Österreich ist Mountainbiken nur auf freigegebenen Strecken erlaubt, die gelebte Realität am Berg sieht bekanntlich anders aus. In den meisten anderen Ländern des Alpenraums ist die gesetzliche Situation umgekehrt – Mountainbiken ist überall erlaubt, wo es nicht explizit verboten ist. Doch unabhängig von der rechtlichen Situation: Unser Verhalten am Berg, der Respekt gegenüber der Natur und anderen Naturnutzer*innen, ist der entscheidende Faktor für ein gelungenes Miteinander.

Ein besseres Miteinander einläuten

Das Geräusch der Trailbell wird schon von weitem wahrgenommen. So kündigen sich Biker*innen sanft und rechtzeitig an und die Aufmerksamkeit bei den Wandernden wird erhöht. Zudem ist die kleine Schelle ein großartiger Icebreaker

in Gesprächen. Ein freundliches Grüßen ist dennoch Pflicht und besonders gut für das Karma.

In Kanada wird eine derartige Schelle zum Vertreiben von Bären eingesetzt und auch beim Rodeln gehört sie schon längst zur Ausrüstung dazu: Unterschiedliche Geschwindigkeiten bei Naturnutzer*innen gibt es schließlich nicht nur beim Biken.

¡ nfo

Trailbell

Mehr Infos zur Trailbell findest du in den Videos auf unserem YouTube­Kanal. Die Trailbell gibt es im Alpenvereinsshop: alpenverein.shop Erfunden wurde sie von Thomas Gassler aus der Schweiz und nachhaltig produziert im Familienbetrieb Venter Glocken in Thüringen: venter­glocken.de.

Hier geht’s zu den Bikecheck-Videos.

Obwohl der Name suggeriert, die Schelle nur bei der Abfahrt auf Trails zu verwenden, ist sie auch auf anderen Wegen ein idealer Begleiter. Auf Forststraßen, besonders jenen zu beliebten Ausflugszielen, ist sie bergauf und bergab nützlich und selbst am Radweg, als Ergänzung zur normalen Klingel, hilfreich. Wer nun denkt, aufgrund der vielen Schellen mit Tinnitus vom Berg zurückzukommen, kann beruhigt sein. Das Konzept der Trailbell ist nicht neu und in der Bike-Community seit zwei Jahrzehnten bekannt. Das Bimmeln der Schaf- und Kuhglocken wird immer noch die überwiegende Geräuschkulisse am Berg bleiben. Das Verständnis für die Bedürfnisse, Wünsche und Sorgen anderer Naturnutzer*innen ist die Basis für ein gelungenes Miteinander am Berg. Unabhängig von der gewählten Sportart, denn das eigene Handeln ist nur vom Menschen selbst und nicht vom verwendeten Sportgerät abhängig. Mit der Trailbell setzen wir im Alpenverein einen weiteren Schritt, um Konflikte zu verhindern. Schnapp auch du dir diese kuh-le Schelle und werde Teil unserer Charmeoffensive!

René Sendlhofer-Schag ist in der Bergsportabteilung des Österreichischen Alpenvereins für das Mountainbiken zuständig.

#3.2024 — Juni/Juli/August 53

Alpenvereinsshop

Hüttenschuhe DOGHAMMER

Leichte Hüttenschuhe aus Verschnittresten von Skifellen. Mit wasser­ und rutschfester Kork­Gummisohle. Hergestellt in Handarbeit in Portugal. Material: Kork, Schafwolle, Wolle aus Merino

44,90 €

Naturkosmetik-Set UNTERWEGER

Bestehend aus: Sport Einreibung 150 ml, Sport Aktiv Balsam 50 ml, Sport Schutzcreme 50 ml. Geliefert im Baumwollsäckchen.

25,90 €

Stirnlampe Bindi PETZL

Ultraleichte Bindi­Stirnlampe von Petzl. Wasserdicht, über Micro­USB aufladbar, mit drei Leuchtmodi und Rotlicht. Leuchtkraft: 200 Lumen

45,90 €

Shorts CHILLAZ

Bequeme Shorts für sportliche Aktivitäten und Alltag. Herren­Short „Jamtal“ Material: 98 % Baumwolle, 2 % Elasthan/Spandex

Damen­Short „Kremstal“ Material: 37 % Lyocell, 22 % Polyester, 21 % Modal, 18 % Baumwolle, 2 % Elasthan 79,90 €

Bestellungen und weitere Artikel online, per Mail oder telefonisch: www.alpenverein.shop shop@alpenverein.at +43/512/59547­18

Alle Preise sind Mitgliederpreise, inkl. UST, zzgl. Porto.

Toilettentasche

DEUTER

Ultraleichter Kulturbeutel mit ausgetüfteltem Innenleben und Spiegel. Maße: 18 × 24 × 7 cm

25,50 €

54 Bergauf
Foto: Simon Beizaee s C hön & g U t

T-Shirts CHILLAZ

Bestens gerüstet für Sport und Freizeit mit den T­Shirts von Chillaz. Material: 47 % Baumwolle, 47 % Modal, 6 % Elasthan

Damen­T­Shirt „Almtal“

Herren­T­Shirt „Laintal“

36,90 €

Schildkappe CHILLAZ

Schicke Schildkappen aus Produktionsresten. Mit großem Schild sind sie perfekt für sonnige Tage. Hergestellt in Europa. Material: 97 % Baumwolle, 3 % Elasthan

Schildkappe „Tauerntal“ Schildkappe „Strahlkogel“

29,90 €

Rucksack Rax 25l SALEWA

Ein leichter, komfortabler und gut belüfteter 25­Liter­Rucksack für Wanderungen, Radtouren und Klettersteige. In Blau oder Grau erhältlich.

135,90 €

Leos Tipp:

Hüttenschlafsack Biobaumwolle

Seit Sommer 2020 haben wir unsere Hüttenschlafsäcke auf Biobaumwolle umgestellt – als leistbarer Beitrag zum Klimaschutz. Wir haben absichtlich auf jegliche Einfärbung verzichtet, weil Textilfarben umweltschädlich sind, deshalb: naturfärbig. Der Schlafsack hat ein kleines Packmaß und passt somit in jeden Rucksack. Ein Must­have für deine Hüttenabenteuer.

Material: 100 % Biobaumwolle

Alpenverein/P. Neuner-Knabl

Foto:

Farbe: weiß

Größe: × 88 cm

19,90 €

ist hauptamtlich im Alpenvereinsshop tätig, seine Freizeit verbringt er gern am Fahrrad und noch lieber am Fels und im Klettergarten. Ehrenamtlich ist er Kletterkursleiter in der Sektion Hall in Tirol.

#3.2024 — Juni/Juli/August 55

Nachdem die Sonne hinter dem Großen Hundstod untergegangen ist, versinkt die Hochfläche des Steinernen Meers im Dunkel der Nacht.

56 Bergauf
regional
Fotos: Joachim Burghardt

Menschen und Berge im Steinernen

Meer

Das größte Bergmassiv der Berchtesgadener Alpen erscheint als ein Paradoxon: Es ist hoch und flach zugleich, Berg und Meer in einem. Damit beschäftigt es die Physis und die Fantasie der Menschen seit Jahrhunderten.

JoaC him B U rghardt

Eine entlegene, nur unter Mühen erreichbare Hochfl ä che, unfruchtbar und ohne Bodensch ä tze, felsig-schroff und stellenweise so zerklüftet, dass man keine fünf Meter geradeaus gehen kann – das Steinerne Meer drängt sich nicht gerade als Ort guten Lebens auf. Dennoch wagte sich der Mensch immer wieder auf jenes größte und dritthöchste unter den neun Bergmassiven der Berchtesgadener Alpen. Er weidete Tiere und erforschte Blumen, schlug Holz und stach Enzianwurzeln, legte Wege an und jagte, bestieg Gipfel und erkundete Höhlen, pilgerte auf Wallfahrtswegen und schmuggelte Waren, baute Hütten, fuhr Ski. Für die surrealen Felslandschaften, die Urwälder, Wasserstellen und Wiesenflecken, die er >

#3.2024 — Juni/Juli/August 57

dort entdeckte, musste er Namen finden. Und er nannte sie B ä renloch, Wunderquelle, Himmelreich, Rosengrüebl, Tanzplatzl, Schönflecken, Saugasse, Toter Hund und Kleiner Hundsschädel. Die öde Hochfläche aber – und mit ihr das ganze Gebirgsmassiv – taufte er in widersprüchlicher und zugleich genialer Weise auf das genaue Gegenteil eines Gebirges. Er nannte sie Steinernes Meer.

Die Ersten, die hinaufstiegen, näherten sich vor über 2.000 Jahren von Süden, aus dem Pinzgau. Sie fanden heraus, dass der leichteste Aufstieg auf die Hochfläche über

Der Fels hat nicht das letzte Wort: Selbst an unwahrscheinlichen Stellen wachsen Blumen.

die Buchauer Scharte führt, trieben ihr Vieh hinauf und wurden zu den ersten Almbauern. Ganz anders auf der heute von Millionen Touristen umspülten Nordseite des Gebirges, wo erst nach der Gründung des Stifts Berchtesgaden im 12.  Jahrhundert Menschen systematisch vom Königssee her in die niedriger gelegenen Regionen des Massivs vordrangen und eine Alm nach der anderen anlegten, ein Dutzend insgesamt.

Bald kam eine zweite Nutzungsform hinzu, die Holzgewinnung, im Zuge derer ganze Berge rund um den Königssee

kahlgeschlagen wurden. Wir können die Bedeutung der alm- und forstwirtschaftlichen Nutzung gar nicht hoch genug einschätzen: Denn die bodenschädigende Beweidung kleinster Grasflächen, die Rodung der Wälder und die sinkenden Temperaturen im Zuge der „Kleinen Eiszeit“ vom 15. bis ins 19. Jahrhundert waren es, die zur Absenkung der Vegetationsgrenze, zu fortschreitender Verkarstung und zum heutigen Aussehen des Steinernen Meers führten, dessen Hochfläche einstmals viel grüner, fruchtbarer und in weiten Teilen bewaldet war.

Die Wildalmkirchl­Biwakschachtel liegt im besonders einsamen Ostteil des Plateaus.

ben der heutigen Bezeichnung „Steinernes Meer“ steht. Ein Meer aus Stein, eine verlorene Weide – diese beiden Gebirgsnamen beschreiben die poetisch-tragische Essenz eines jahrhundertelangen Existenzkampfs in einem Randbereich menschlicher Zivilisation.

Ein weiteres Beispiel für den Versuch, die Kontraste dieses Daseins ins Wort zu bringen, ist die völlig abgeschieden und genau in der äußersten südöstlichen Spitze Bayerns gelegene Wildalm: Sie ist, auch namentlich, „wilde Alm“, Wildnis und Kulturlandschaft zugleich. Wenn

Ringen um die Existenz

Ein Flurname nordöstlich der Schindlkö pfe erz ä hlt von diesem Wandel: „Verlorene Weid“ heißt dort eine Gegend auf 1.950 Metern Höhe, wo einst das Vieh graste, bis irgendwann nichts mehr wuchs. Und weil das kein Einzelfall war, wundert es nicht, dass der Begriff „Verlorene Weid“ sich zum ersten überlieferten Namen für das gesamte Gebirge entwickelte und noch 1734 in einem Vertrag zwischen Berchtesgaden und Salzburg ne-

abends in der engen, rauchigen Almhütte das Feuer im Ofen knisterte, erzählte man sich Sagen und Schauergeschichten –die natürlich auch ihren Weg ins Tal fanden und Eindruck machten: „Plötzlich bricht es los, es wettert und stürmt und heult auf den Höhen der Wildalm, wie wenn alle Mächte der Hölle los wären, Bergraben kreisen um das Wildalmkirchl und das Vieh stürzt mit Brüllen in Schlünde und Abgründe.“ Die bekannteste Sage ist die von der Teufelsmühle, einem unterirdischen Abfluss des Funtensees, dessen sanftes, unheimliches Dröhnen die Alm-

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leute zu einem alpinen Dramolett mit dem Jäger und dem Teufel in den Hauptrollen inspirierte. Es gab aber auch „Heilsgeschichten“: So versprach der Heiratsstein in der Saugasse jeder jungen Frau, die dreimal einen Stein in seine Öffnung warf, binnen einem Jahr vor dem Traualtar zu stehen.

Vieles in dieser Landschaft war und ist rätselhaft und regt bis heute die Fantasie an, etwa der Bergname Hundstod (mit seinen älteren Varianten Hundskopftod, Hundsthet, -töd, -öd, -stätt), zu dem die Literatur ein halbes Dutzend Deutungen vorschlägt:

Literaturt ¡ pp

Dieser Beitrag ist in längerer Form im Jahrbuch BERG 2024 erschienen. Demnächst erscheint ein Buch des Autors über das Steinerne Meer. Info und Vorbestellung unter: www.steinernes-meer.com

Ist eine „Hundsstätte“ gemeint? Liegt unter seinem felsigen Haupt die zu Stein erstarrte Hundemeute des grausamen, ebenfalls versteinerten Königs Watzmann verborgen –als nicht nur geografische, sondern auch mythologische Verlängerung des Watzmannmassivs? Oder heißt der Berg so, weil dort Jagdhunde zu Tode stürzten? Weil die Besteigung von Norden her so hundemüde macht? Hat der Name mit einer Pinzgauer Adelsfamilie namens Hundt zu tun? Oder geht er darauf zurück, dass der Berg aus manchen Perspektiven einfach wie ein riesiger Hundekopf aussieht?

Blick aus der Unterwelt: Vom Eingangsportal der Salzgrabenhöhle kann man bis zum Königssee schauen.

1.000 Meter Kalk

2023

Österreichischer Alpenverein, Deutscher Alpenverein und Alpenverein Südtirol (Hg.): Jahrbuch BERG 2024

Der Obersee am nördlichen Fuß des Steinernen Meers ist ein Naturjuwel ersten Ranges.

Werfen wir nun einen Blick von außen auf die natürlichen Gegebenheiten des Gebirges. Eingefasst von drei bemerkenswert schönen Tälern – Wimbachtal, Königsseetal, Blühnbachtal – sowie dem offenen, sonnigen Pinzgau, beträgt die Fläche des gesamten Gebirgsstocks inklusive der dazugehörigen Tallandschaften rund 190 Quadratkilometer. Die Hochfläche, also das „eigentliche“ Steinerne Meer, umfasst dabei etwa 50 Quadratkilometer. Sie ist sanft nach Norden geneigt und wird an ihrem West-, Südund Ostrand von rund 30 Gipfeln eingerahmt, die nach außen mit Steilwänden abbrechen. Der lange Gratrücken vom Halsköpfl über den Funtenseetauern bis zum Selbhorn teilt das Steinerne Meer in einen größeren westlichen und einen kleineren östlichen Teil; letzterer ist höher gelegen, einsamer und wilder.

Aus bis zu 1.000 Meter hohen Schichten von Dachsteinkalk mit vereinzelten rötlichen Lias-Einlagerungen aufgebaut, wird nahezu das gesamte verkarstete

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Tyrolia
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Grau in grau präsentiert sich die öde Gegend rund um Brandhorn und Wildalmkirchl am Übergang zum Hochkönig.

Plateau unterirdisch nach Norden zum Kö nigssee entw ä ssert. Bedeutendste Seen sind der Funten-, der Gr ü nund der Schwarzensee, dazu kommen eine Handvoll winziger Wasserlöcher wie die Blaue Lacke, die Schwarze Lacke und die Steinige Grube. Das wichtigste „Tal“ der Hochfläche ist der Funtenseekessel, eine große Karstsenke, die mit ihrer Kaltluft-Abflusssperre nicht nur winterliche Rekordtemperaturen bis zu den berühmten, 2001 gemessenen minus 45,9 Grad Celsius ermöglicht, sondern mit ihren Almen sowie den Jagd-, Brenn- und Bergsteigerhütten seit jeher das kulturelle Zentrum des Gebirges bildet.

Wildalmkirchl (2.578 m) – nur ein kleines Gipfelchen, aber mit der verblüffend filigran herausgemeißelten Form einer Kirche, schwierig zu besteigen und mit der Besonderheit, aus der Ferne sowohl von Badgastein als auch von Salzburg und vom Chiemsee her sichtbar zu sein. Als aussichtsreich und leicht erreichbar gilt das Breithorn (2.504 m), der Kletterberg schlechthin ist der einer Eule ähnelnde Sommerstein (2.306 m). Doch im Herzen der Hochfläche gibt es keinen anderen Herrscher als den Funtenseetauern (2.578 m), der im Schrifttum als „ganzes

Der höchste Gipfel ist das Selbhorn (2.655 m), „eine Riesenechse mit einem felsigen Schuppenrücken nach Norden und einem dicken Kopf im Süden“ (Dieter Seibert). Der schönste ist die Schönfeldspitze (2.653 m), die in der einschlägigen Literatur als „kühn und scharfschneidig“, „gebogenes, dünnes Horn, thurmsteil“ und „Königin des Steinernen Meers“ beschrieben wurde. Am dominantesten ist der allseits steile und wuchtige Große Hundstod (2.594 m), am eigentümlichsten wohl das

Gebirge“, „Monte Rosa en miniature“, „wohl der gewaltigste Berg des Steinernen Meers“ und „Aussichtswarte voll reicher Schönheit“ firmiert.

Es pfeift aus allen Klüften

Das fr ü heste Zeugnis alpinistischen Schrifttums stammt von Franz von Paula Schrank, der 1784 über einen Besuch in der Grenzregion zwischen Steinernem Meer und Hochkaltermassiv berichtete; zudem erwähnte er den „schmalen, schauervollen Steig“ durch die Sagereckwand.

Die eigentliche Hochfläche kannte Schrank jedoch nicht – anders als Franz Michael Vierthaler, der um die Jahrhundertwende das Gebirge bereiste und 1816 einen kuriosen Tourenbericht veröffentlichte: „Das hohe Meer ist von keinen Seeungeheuern, wohl aber von Gemsen und Murmelthieren bewohnt. Man hört diese letztern in einem Tone, welcher dem menschlichen nicht unähnlich ist, aus allen Klüften pfeifen.“

Die Gnadenfigur von Maria Alm war über Jahrhunderte das Ziel von Pilgern und Sennerinnen aus dem Steinernen Meer.

Auf ihn folgte Joseph Kyselak, der 1825 mit Hund und Gewehr eine Überquerung unternahm. In seiner pathetischen, an einen Schelmenroman erinnernden Erzählung berichtet er von lebensbedrohlichen Abenteuern aller Art, darunter die Besteigung eines Berges, bei dem es sich aber vermutlich nicht wie verschiedentlich gemutmaßt um den Großen Hundstod handelte. Im selben Jahr wurde der Hundstod von Peter Carl Thurwieser und J. Ebser erstmals historisch gesichert erklommen, und 1828 stieg Thurwieser nochmals hinauf. Der erste Mensch auf dem Gipfel der Schönfeldspitze war 1830 A. Klingler, wenige Minuten später folgten der 21-jährige Friedrich Fürst Schwarzenberg

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(der nur sechs Jahre später Erzbischof von Salzburg wurde), ein Herr Moser sowie wiederum Thurwieser und J. Langegger. 1831 wiederholte Thurwieser auch diese Besteigung.

Kederbacher, Barth, Purtscheller

erlichen Versuchen nach und nach realisiert wurde. Bis heute stellt diese lange hochalpine Unternehmung die Paradetour im Steinernen Meer dar.

Alpine Vereine gründeten sich (1871 in Zell am See, 1875 in Berchtesgaden und Saalfelden, 1889 in Alm) und begannen mit dem Ausbau der Wege. Erster Übergang war 1877 die Verbindung Ramseider Steig–Funtensee–Grünsee–Sagerecksteig–Königssee, 1879 wurde die Funtenseehütte angekauft, als erste reine Bergsteigerhütte genutzt und 1890 an die heutige Stelle des Kärlingerhauses versetzt. Ab 1885 bot

Wenig bekannt ist, dass früh auch Botaniker durchs Steinerne Meer streiften und dabei vielleicht sogar Erstbesteigungen verbuchten: Von August Sendtner ist überliefert, dass er um 1850 „viele Gipfel“ bestieg, der 20-jährige August Progel erreichte 1849 möglicherweise den höchsten Punkt des Funtenseetauern beim Blumensuchen – was für ein Bild! Dann ging es Schlag auf Schlag, ab 1857 kamen immer mehr Bergsteiger – darunter große Namen wie der Kederbacher, von Barth und Purtscheller – und bis 1890 waren nahezu alle Gipfel bestiegen sowie viele neue Routen eröffnet. Eine besondere Herausforderung im einsamen Ostteil der Hochfläche war indes der berüchtigte Übergang zum benachbarten Hochkönig, der zwischen 1868 und 1877 in verschiedenen abenteu-

Mama und Kind gehen spazieren –tierische Begegnung am Trischübelpass.

das Riemannhaus Unterkunft, ab 1926 die Peter-Wiechenthaler-Hütte, ab 1929 das Ingolstädter Haus und die Eckberthütte, ab 1951 die Wasseralm und ab 1958 die Wildalmkirchl-Biwakschachtel.

Und dann der Winteralpinismus! 1890 standen drei Männer auf dem Selbhorn, 1902 erblickten die ersten Skibergsteiger von der Hundstodscharte aus das Wunder der weiß leuchtenden Hochfläche. 1905 gelang die erste Ski-Überschreitung, Paul Preuß bestieg 1909 womöglich erstmals auf Brettln einen Gipfel (das Breithorn). Die erste richtig schwere Wintertour war

Oft übersehen: Das Steinerne Meer hat auch ein „Untergeschoss“, über 700 Höhlen sind bekannt.

1923 der Westgrat der Schönfeldspitze, bevor Josef Aschauer mit wechselnden Gefährten einzigartige Marathon-Skitouren unternahm: 1925 die Große Reibn von Berchtesgaden über Hagengebirge und Steinernes Meer ins Wimbachtal und zurück zum Ausgangspunkt an nur einem Tag, 1930 vom Funtensee zum Hochköniggipfel und zurück in elf Stunden, 1934 von Berchtesgaden über die Röth zum Hochkönig und nach Bischofshofen in 20 Stunden. Schon damals galt – und bis heute gilt – das Steinerne Meer als ein Skitourenparadies mit unerschöpflichen Möglichkeiten und Traumabfahrten, etwa vom Funtenseetauern oder ins Tauchertal.

Die Kletterschwierigkeiten wurden derweil vom IV. Grad (Wildalmkirchl, 1898) über den V. (Sommerstein, 1921) bis auf den VI. Grad gehoben (Sommerstein, Persailhorn, Drei Docken, alle 1947); heute turnen Sportkletterer längst im VIII. (Schönfeldspitze) und IX. Grad (Klettergarten Hohlwegen).

Joachim Burghardt ist ist passionierter Fußgänger, hauptberuflich als Redakteur tätig und lebt mit seiner Familie in seiner Geburts­ und Heimatstadt Dachau.

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Als „Anwalt der Alpen“ sorgt der Österreichische Alpenverein dafür, dass die Natur in ihrer Schönheit und Ursprünglichkeit auch für zukünftige Generationen erhalten bleibt. Ein Weg, diesem Auftrag auch in Zukunft gerecht zu werden, ist die Erstellung einer Klimastrategie, um die Klimaneutralität bis 2033 im Verein zu erreichen. Als Pilotsektion begleitet die Sektion Saalfelden diesen Prozess in den verschiedensten Bereichen. Durch ihr Engagement leistet sie einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und geht als Vorbild voran. 2023 hat der Alpenverein Saalfelden bei der Stadtgemeinde Saalfelden eine Verbesserung der Öffi-Anbindung diverser Wanderziele gefordert und einen Netzplan zum Thema öffentlicher Verkehr und Bergsteigen erstellt. Dieser wurde anschließend per Postwurf in Saalfelden veröffentlicht und vom Österreichischen Alpenverein im Rahmen der Prämierung zur klimafreundlichsten Sektion mit dem dritten Platz belohnt. 2024 geht man nun einen Schritt weiter: Die vom Team des Alpenvereins Saalfelden neu erdachte „Steinernes Meer Traverse“ ist eine Viertagestour zwischen Salzburg und Bayern. Der Weg führt von Saalfelden (zwei Startpunkte) ins zweitgrößte Naturschutzgebiet Salzburgs (Kalkhochalpen), über das karge Steinerne Meer (zwei Varianten) in den Nationalpark Berchtesgaden und weiter nach Berchtesgaden. Von dort ist man mit dem Zug schnell wieder in Salzburg Stadt. „Als Naturschutzreferent war mir bei der Erstellung der Tour wichtig, den Wert dieses Lebensraumes zu betonen. Dafür habe ich die Verbindung zur Wildnispotenzialanalyse des WWF hergestellt. Es ist für uns ein Privileg, diesen geschützten Lebensraum in unserer Nähe zu wissen“, sagt Markus Grosinger vom Alpenverein Saalfelden. Neben dem auf der Karte vorgestellten Weg gibt es eine Vielzahl an Wegvarianten durch das Steinerne Meer sowie Übernachtungsmöglichkeiten, die zum Tourenplanen einladen. Die nächste Haltestelle des öffentlichen Verkehrs ist, wie im Plan ersichtlich, nie weit entfernt. „Wir wollen bei dieser Tour unbedingt die öffentliche Anreise in den Mittelpunkt stellen. Auf die Anreise mit Auto wird mit voller Absicht verzichtet: Diese Art der Mobilität mag uns noch eine Zeitlang begleiten, wird aber früher oder später ein Ablaufdatum haben“, ist sich Grosinger sicher.

Mit den Öffis ans (Steinerne) Meer

Der Alpenverein Saalfelden setzt sich für nachhaltigen Bergsport und Klimaschutz ein. Eines seiner Vorzeigeprojekte ist die hier vorgestellte Mehrtageswanderung im Steinernen Meer, ausgehend von öffentlichen Verkehrsmitteln.

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Touren ¡ nfos

Der Große Hundstod vom Ingolstädter Haus aus gesehen.

Anreise

Ausgewählte Haltestellen und Linien:

Österreichische & deutsche Bundesbahnen Regionalbus Salzburg & Bayern

Hinweise zur Tour

¡ nfo Steinernes

Meer Traverse

Stadtbus Saalfelden (Mo. – Sa. mittags) kein Service an Feiertagen Almerlebnisbus

Steinernes Meer Traverse

Alle Infos zur Mehrtagestour und zum Öffi­Netzplan des Alpenvereins Saalfelden gibt es hier: www.alpenverein.at/ saalfelden/naturumwelt/Bergtourenmit­OeNPV.php

Aufgrund seiner Ursprünglichkeit handelt es sich beim Steinernen Meer um ein Gebiet mit Wildnischarakter. Aus diesem Grund sollte die Überquerung des Gebirgsstocks bzw. Gipfelbesteigungen niemals unterschätzt werden. Das gesamte Hochplateau ist den Witterungsbedingungen vollkommen ausgesetzt. Zwischen den einzelnen Schutzhütten gibt es kaum Möglichkeiten, sich vor Sonne, Regen oder Unwettern zu schützen oder Wasser aufzufüllen. Wetterumschwünge sind jederzeit möglich, wobei Stürme und Gewitter im Sommer zumeist am späten Nachmittag erwartet wer­

den. Ausnahmen bestätigen jedoch die Regel. Der Zustieg von der Haltestelle Fohlenhof folgt dem Wasserfallsteig, der teilweise im Bachbett des Buchweißbaches verläuft. Dieser ist nach Unwettern gelegentlich beschädigt. Kurz vor dem Kärlingerhaus wird die Staatsgrenze überquert und der Nationalpark Berchtesgaden betreten. Bitte beachte die dortigen Schutzgebietsbestimmungen. Zum Abschluss der Tour wird der beeindruckende Königssee mit dem Schiff überquert. Eine Wanderung entlang des Sees nach Berchtesgaden ist nicht möglich.

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Foto: Markus Grosinger

Fotos: Thomas Scrhott (links), norbert-freudenthaler.com (rechts)

EPersönliche Worte an die Mitglieder des Österreichischen Alpenvereins

s gibt im Leben Entwicklungen, die nicht vorhersehbar und nicht planbar sind. Ein solches Ereignis in meinem Familienverband erfordert seit Februar sehr viel Aufmerksamkeit und persönliche Ressourcen. Wie ich schon im Bergauf #1.2024 ausführen durfte, steht für mich das WIR im Mittelpunkt. Diesen Anspruch habe ich im Bergauf für unseren Alpenverein formuliert, er gilt aber natürlich zuallererst für die Familie.

Meine zeitlich eingeschränkten Ressourcen stehen im Widerspruch zu meinem eigenen Anspruch an das Präsidentenamt. Für die erforderliche Sorgfalt stehen mir in diesen wichtigen Monaten nicht ausreichend Ressourcen zur Verfügung. Daher habe ich mich in enger Abstimmung mit meinen Kollegen und Kolleginnen schweren Herzens entschlossen, mein Amt als Präsident zurückzulegen.

Ich möchte Sie, geschätzte Mitglieder, auf diesem Weg um Verständnis für meine Entscheidung ersuchen und mich für ihr Vertrauen bedanken. Ein herzliches Dankeschön an Wolfgang Schnabl (sein Engagement in diesen Wochen ist von besonderer Bedeutung), dem gesamten Präsidium und Bundesausschuss, unseren ehrenamtlichen Funktionären und natürlich unserem Generalsekretär und der Geschäftsleitung sowie den hauptamtlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Bedanken möchte ich mich ganz herzlich für die so zahlreichen persönlichen Nachrichten, Anrufe und E-Mails, die mich erreicht haben – es tut gut, Mitglied der Alpenvereinsfamilie zu sein.

Natürlich bleibe ich unserem Verein in verschiedenen ehrenamtlichen Funktionen und Aufgaben verbunden und freue mich auf viele Begegnungen und Tage*draußen in unserer wunderbaren alpinen Bergnatur. gerald dUnkel-sChWarzenBerger

Ehrenamtlich als Präsident einen so großen Verein wie den Österreichischen Alpenverein zu leiten, ist eine wertvolle und bereichernde Tätigkeit. Es bedeutet jedoch gleichzeitig das Jonglieren dieser ehrenamtlichen Aufgabe mit beruflichen, familiären und anderen persönlichen Verpflichtungen. Gerald Dunkel-Schwarzenberger hat seit 2008 die Geschicke des Alpenvereins in verschiedenen Funktionen mitgestaltet.

Seine Tätigkeit als Präsident legte er Mitte April nach etwas mehr als drei Monaten zurück. Mag dies auch überraschend gekommen sein, so möchte ich daran erinnern, dass auch das Präsidentenamt bei uns im Alpenverein ausnahmslos ehrenamtlich ausgeübt wird. Diese Aufgabe erfordert sehr viel Zeit, die für die zahlreichen Tätigkeiten eingeplant werden muss. Bei unvorhergesehenen Ereignissen kann dies schwierig und, ab einer bestimmten zeitlichen und emotionalen Belastung, unmöglich werden.

Wir alle bedanken uns bei Gerald für seinen unermüdlichen und engagierten Einsatz über so viele Jahre hinweg. Neben den Themen Schutzhütten und alpiner Naturschutz ist insbesondere sein Engagement für unsere ambitionierte Klimastrategie hervorzuheben, bei der er als studierter Umweltökonom auch sein umfangreiches Fachwissen einbringen konnte. Mit seinem Motto „Unser Verein steht jedem offen“ war und ist es für ihn selbstverständlich, sich im Bereich Inklusion intensiv und nachhaltig einzubringen.

Bedanken möchte ich mich auch für das Vertrauen, das er jedem Einzelnen von uns im Präsidium entgegenbrachte, und ich wünsche ihm für seinen weiteren Weg alles Gute und weiß, dass ihn seine Verbundenheit mit unseren Werten leiten wird.

Wolfgang sChnaBl

Alpenvereinspräsident

Foto: pixabay

Klimafreundlichste Sektion gesucht

Die Auszeichnung zur klimafreundlichsten Sektion war ein großer Erfolg bei den Jahreshauptversammlungen der letzten zwei Jahre. Deshalb wird auch in diesem Jahr wieder nach Projekten gesucht, die dazu bei-

tragen, den Klima-Fußabdruck des Alpenvereins zu reduzieren. Die besten und kreativsten Beiträge werden wieder von einer Jury vorausgewählt und bei der Jahreshauptversammlung am 19. Oktober 2024 von den Delegierten bewertet. Alle Infos gibt es unter: t1p.de/klimafreundlich24

Erratum

Leider hat sich im Bergauf #2.2024 beim Artikel „Sturztraining? Aber sicher!“ ein Fehler eingeschlichen. In der Bildunterschrift auf Seite 46 oben links muss es richtig heißen, dass die kletternde Person deutlich schwerer ist als die sichernde.

64 Bergauf
vereinsintern

Wie war deine Laufbahn im Alpenverein bis jetzt?

Ich bin in meiner Studienzeit ganz klassisch wegen der Hüttenvergünstigungen zum Alpenverein gegangen und war viel mit Freunden in den Bergen unterwegs. Meine Frau und ich sind dann irgendwann von Wien nach Stockerau gezogen. Wir wollten mit den Kindern gemeinsam Ausflüge in der Natur machen, nur gab es so ein Angebot im Alpenverein Stockerau damals nicht. Umso offener hat man unsere Idee aufgenommen und unterstützt. Bald wurde ich zur Vorstandssitzung eingeladen und ehe ich mich versah, wurde ich 2000 zum Obmann der Sektion gewählt. Aus unseren Familienangeboten sind dann einige neue Funktionäre hervorgegangen, was mich sehr freut. Ich wurde in der Folge immer mehr im Landesverband im Bereich Jugend aktiv, war 9 Jahre lang Vorsitzender des Landesverbandes Niederösterreich und habe dann 2017 alle meine Funktionen zurückgelegt, um 2018 ins Präsidium des Alpenvereins einzuziehen. Nach wie vor gehe ich zu Veranstaltungen, nicht nur in meiner Sektion, weil mir der direkte Austausch mit Mitgliedern und Funktionären sehr wichtig ist und es mir sehr am Herzen liegt, unsere Sektionen zu stärken und zu unterstützen. Ohne unsere Ehrenamtlichen funktioniert der Alpenverein nicht.

Was sind die großen Themen des Alpenvereins derzeit?

Es gibt mehrere große Themen. Unsere Hütten und Wege sind aufgrund der Klimaerwärmung immer extremeren Bedingungen

Fragen an

… hat Biochemie studiert und arbeitet im Bereich IT­Sicherheit und Datenschutz. Seine Frau Eva und er haben drei erwachsene Kinder. Seit April 2024 ist er Präsident des Österreichischen Alpenvereins.

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3 ?

ausgesetzt, die zu existenzbedrohenden Problemen führen. Es ist aber keine Option, Hütten zu schließen, denn damit gehen auch die Wege verloren, die das Wanderbare Österreich ausmachen. Auch für deren Erhalt erarbeiten wir unsere Klimastrategie. Ich sehe hier die große Chance in der hohen Mitgliederzahl des Alpenvereins. Wenn wir es schaffen, unsere Mitglieder und deren näheres Umfeld dazu zu motivieren, für das Klima an einem Strang zu ziehen, können wir Großes erreichen. Viele unserer Sektionen zeigen schon, was möglich ist, indem sie ihre Aktivitäten klimaschonend umsetzen und so eine Vorbildfunktion einnehmen. Das motiviert zum Mitmachen! Ich weiß, dass wir als Alpenverein gemeinsam viel bewirken können.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Digitalisierung. Wir müssen unsere in die Jahre gekommenen Systeme auswechseln, aber auch kundenorientierter werden. Digitale Mitgliedskarte, digitale Zeitschriften und OnlineHüttenreservierungen sind erst der Anfang.

Was liegt dir als Präsident außerdem am Herzen?

Ich versuche schon seit Jahren, eine Geschlechterausgeglichenheit in den Gremien des Alpenvereins zu schaffen. Wenn wir in der Zusammensetzung ausgeglichener sind, sind meiner Erfahrung nach auch die Diskussionen fruchtbarer. Diese Ausgeglichenheit geht aber natürlich nur, wenn man das auf Sektionsebene schafft, denn von dort kommen die Ehrenamtlichen dann in den Landesverband und in die Gremien.

Wir danken für die Antworten!

#3.2024 — Juni/Juli/August 65 Foto: Alpenverein/P. Neuner-Knabl
naC hgefragt

Naturschützer auf Augenhöhe

Wenn Wolfgang Retter über das zentrale Thema seines Lebens spricht, leuchten seine Augen. Auch mit 86 Jahren und nach zahlreichen Kämpfen für den Naturschutz in Osttirol ist er weder müde noch resigniert er. Bergauf blickt mit ihm zurück auf seinen ersten großen Kampf.

e velin s tark

66 Bergauf
Foto: Alpenverein/S. Stark r espektvoll

Mit der ihn auszeichnenden Wachsamkeit und naturwissenschaftlichen Genauigkeit bleibt der pensionierte Biologielehrer Wolfgang Retter ein scharfsinniger Kritiker der mutwilligen Zerstörung unserer Umwelt. Dabei spricht Retter stets Klartext. Pauschale Urteile fällt er nicht, seine Kritik ist stets konkret und gründlich fundiert. Sein nicht enden wollender Durst nach Wissen verleiht seinen Aussagen zusätzliches Gewicht. Missstände aufzeigen, Menschen mobilisieren und auf Augenhöhe diskutieren: Das sind die Steckenpferde seiner Arbeit als Umweltaktivist. Wohl gemerkt als einer der Ersten seiner Art in Tirol. Gehen wir ein bisschen zurück. Der gebürtige Innsbrucker studierte Biologie, Erdkunde, Physik und Chemie auf Lehramt an der Uni Innsbruck. „Während des Studiums habe ich ein paar Salzburger, darunter meine spätere Frau Erika, kennengelernt. Sie waren alle Mitglieder der Österreichischen Naturschutzjugend und haben mich ein paar Mal mitgenommen zu ihren Ausflügen in die Natur. Das hat mir gleich gefallen“, erzählt Wolfgang Retter. 1959 gründeten Erika und er daraufhin die Landesgruppe Tirol der Österreichischen Naturschutzjugend.

Das Hauptanliegen der 1952 von Eberhard Stüber gegründeten Organisation ist übrigens das bewusste Hinführen junger Menschen zu einem fundierten Naturverständnis. Die Aktivitäten der Naturschutzjugend sind ähnlich denen des Österreichischen Alpenvereins und der Alpenvereinsjugend geleitet vom Naturund Ökologiegedanken: sehen, erleben, entdecken, erforschen, verstehen. So sollen Kinder, Jugendliche und Erwachsene zum aktiven Einsatz für den Naturschutz begeistert werden. Eine Idee, die Wolfgang Retter bis heute verfolgt.

Erster Widerstand

1963 folgte der frischgebackene Lehrer dem Ruf ans Gymnasium in Lienz. Untertags wurde unterrichtet, abends bzw. nachts hatte Retter vier Mal pro Woche Heimdienst im Internat. Mit seinen Schülern pflegte der „Professor“ es ähnlich wie in der Naturschutzjugend – ging mit ihnen hinaus in die Natur und erklärte ihnen die Zusammenhänge da, wo sie statt-

»Meinen Titel Osttirol – Energiesklave oder Erholungsland hat er zwar nicht übernommen, dennoch hat mein Beitrag einige Leute zum Nachdenken gebracht. «
Wolfgang Retter

fanden. „Die ersten Jahre in Lienz waren noch etwas ruhiger. Die Arbeit im Gymnasium nahm viel meiner Zeit und Energie in Anspruch. Erika und ich gründeten außerdem eine Familie, haben drei Kinder bekommen und waren viel am Berg unterwegs“, schildert der 86-Jährige seine Anfänge in Osttirol.

1971 beschloss Tirol die Teilnahme an der Errichtung des ersten österreichischen Nationalparks Hohe Tauern. Am 1. März 1973 wurden im Bezirksblatt „Osttiroler Bote“ Pläne für das Speicherkraftwerk Dorfertal/Matrei vorgestellt. Das Planungsmodell sah vor, dass 17 Gletscherbäche in einen Großspeicher abgeleitet werden sollten, aufgestaut von einer 220 Meter hohen Talsperre. Der gefüllte Speicher hätte einen Energiegehalt von 814 Gigawattstunden

aufgewiesen und wäre der größte Speicher Österreichs geworden, der vor allem zur Produktion von Spitzenstrom gedient hätte.

„Das konnten wir nicht geschehen lassen! Durch den Naturschutzbund und meinen Lehrerberuf kannte ich inzwischen einige Leute und die haben auf meine Bitte hin Leserbriefe an den Boten geschickt, erzählt der Biologe. „Ich selbst hatte ein ausführliches Gespräch mit dessen Schriftleiter, der mich daraufhin um eine Art Gegendarstellung oder Kritik an diesen gigantomanischen Plänen ersuchte.“

Nach zwei Wochen akribischer Recherche erschien Retters Beitrag schließlich in der Zeitung. „Meinen Titel ‚Osttirol –Energiesklave oder Erholungsland‘ hat er zwar nicht übernommen, dennoch hat mein Beitrag einige Leute zum Nachden- >

Erstmalige Vorstellung der Pläne für das Speicherkraftwerk Dorfertal/Matrei im Osttiroler Boten.

Das erste Plakat des Vereins zum Schutz der Erholungslandschaft Osttirol 1973.

#3.2024 — Juni/Juli/August 67

ken gebracht. Die Energiewirtschaft hatte das unterschätzt“, so der Naturschützer. Jahrelang sei man es gewohnt gewesen, allein auf weiter Flur den Wohlstand zu predigen und ohne Widerstand alles zu verbauen, was ging. „Nun auf einmal tauchten mit uns Skeptiker des Projektes auf, dabei auch Touristiker und Politiker aus der Region“, sagt er. Das war der Anfang eines jahrelangen heftigen Konflikts zwischen den Interessen der wirtschaftlichen Nutzung und dem Naturschutz. Allen voran Wolfgang Retter.

Erholungslandschaft

1973 gründeten die Retters mit Gleichgesinnten den „Verein zum Schutz der Erholungslandschaft Osttirol“: „Ein umständlicher Titel, ich weiß. Uns war aber wichtig, mit dem Vereinsnamen zu vermitteln, dass uns der Schutz dieser Landschaft am Herzen liegt, weil der Mensch in einer naturnahen Landschaft Erholung findet“, erklärt er. Als Vereinsobmann organisierte Wolfgang Vorträge namhafter Wissenschaftler und versuchte in unzähligen Diskussionen die ansässige Bevölkerung von den Vorteilen eines Nationalparks zu überzeugen. Damit machte er sich einen Namen als mutiger und eloquenter Umweltaktivist, und das zu einer Zeit, als der Umweltschutz noch kaum eine politische Bewegung war.

Immer wieder habe man ihm von verschiedenen Seiten gedroht, ihn zum Aufgeben überreden bzw. mundtot machen wollen: „Als Verein war vieles leichter. Da konnte man nicht als Privatperson verklagt werden, sondern man vertrat die Interessen des gemeinnützigen Vereins, der als eigene Rechtsinstanz dasteht“, erklärt der Lienzer. Er wurde damals zur zentralen Figur im Widerstand gegen die Naturzerstörung durch industrielle Interessen. „Es wurde dann ein paar Jahre wieder ruhig um das Kraftwerksprojekt“, so Retter. Dennoch habe es immer wieder von Seiten der E-Wirtschaft Versuche gegeben, die Pläne durchzusetzen.

In den 1980er-Jahren erreichte der Konflikt dann seinen Höhepunkt: Die Plä-

^ Tafel im Prägrater Dorfertal, als Bundesminister Staribacher 1975 mit den Spitzen der E­Wirtschaft nach Osttirol kam, um die Bevölkerung von den Segnungen des Kraftwerksbaues zu überzeugen.

‹ Der „Wasserschaupfad Umbalfälle“ wurde 1976 eröffnet.

ne für das Kraftwerk wurden konkreter, während gleichzeitig Österreichs Umweltschützer im Dezember 1984 mit ihrem Protest gegen das Kraftwerk Hainburg (NÖ) einen historischen Sieg errangen. In Kals kam es 1987 zu einer Volksbefragung, bei der sich 63,5 Prozent der Kalser Bürgerinnen und Bürger gegen das Kraftwerk aussprachen. Trotz weiterer Forderungen der Energiewirtschaft erklärte der damalige ÖVP-Wirtschaftsminister Robert Graf schließlich am 30. März 1989, dass das Speicherkraftwerk Dorfertal keine Priorität mehr habe. Wenige Monate später erfolgte die Bestätigung durch Bundeskanzler Franz Vranitzky und den Ministerrat. Das Projekt war gestorben, das Dorfertal und seine Bäche „geRettert“.

Missstände aufzeigen, Menschen mobilisieren und auf Augenhöhe diskutieren:

Das sind die Steckenpferde seiner Arbeit als Umweltaktivist. Wohl gemerkt als einer der Ersten seiner Art in Tirol.

68 Bergauf
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r espektvoll

Wolfgang Retter

1943 in Innsbruck geboren

1963 Abschluss des Lehramtsstudiums in Biologie und Umzug nach Lienz

1973 Gründung des Vereins zum Schutz der Erholungslandschaft Osttirols

1973 Staatsmeister für Amateurfotografie

1975 bis 1989 Referent und verantwortlicher Leiter von Sommerkursen des Naturschutzbundes Österreich über Nationalparkfragen

1976 Errichtung

„Wasserschaupfad Umbalfälle“

1983 Konrad­Lorenz­Preis für seinen „hervorragenden Einsatz zum Schutz österreichischer Natur­ und Kulturlandschaften von nationaler Bedeutung“

1992 Österreichischer Naturschutzpreis an seine Frau Erika und ihn

Langjähriges Präsidiumsmitglied des Naturschutzbundes Österreich

Sechs Jahre Mitglied im Hauptund Verwaltungsausschuss des Österreichischen Alpenvereins

Seit 2005 Sprecher von Netzwerk Wasser Osttirol, einer Initiative zum Schutz der Osttiroler Bäche und Flüsse

2021 Eröffnung Iseltrail

‹ Pressekonferenz Innsbruck 2005: TIWAG Cross Boarder Leasing mit Luis Töchterle (Alpenverein), Wolfgang Retter u. a.

Übrigens ist bzw. war Wolfgang Retter nicht nur in dem von ihm gegründeten Verein tätig. Als Alpenvereinsmitglied und Naturschutzreferent (über 40 Jahre!) im Alpenverein Lienz war es geradezu aufgelegt, dass er im Haupt- und Verwaltungsausschuss des Österreichischen Alpenvereins das Ehrenamt des Sachwalters für Naturschutz innehatte. Sechs Jahre lang bekleidete er dieses Amt. Dass Peter Haßlacher, seines Zeichens Kämpfer für die Tiroler Natur- und Kulturlandschaft im Alpenverein und Mitbegründer der Initiative Bergsteigerdörfer, ein enger Vertrauter und Schüler von Retter war, überrascht da nicht.

Erfolgsgeschichte

Bis heute entlarvt Wolfgang Retter mit scharfsinniger Präzision die Argumente verschiedener Lobbys als bloße PR-Gags und ökologischen Betrug. Seine Kritik geht jedoch stets einher mit konstruktiven Vorschlägen und Ideen, wie man es besser machen könnte. Er ist nämlich kein bloßer Verhinderer, wie ihn seine Gegner oft darstellen. Mit der Entwicklung des ersten Wasserschaupfads der Alpen im Umbaltal zum Beispiel schuf er eine innovative Form der touristischen Naturpädagogik.

Durch seine Arbeit wird sichtbar, was sich in den letzten 50 Jahren verändert

hat. Bereits Anfang der 2000er-Jahre, lange vor dem Hype um soziale Medien und Smartphones, etablierte er mit dem Weblog wasser-osttirol.at eine der ersten Umweltplattformen im Bezirk und wurde damit zum ersten Blogger der Region. Im Blog geht es Retter vor allem darum, Wertschätzung für die Isel als letzten großen freifließenden Alpenfluss Österreichs zu schaffen. Schließlich haben er und der Verein Erholungslandschaft Osttirol viele Jahre über Höhen und Tiefen dafür gekämpft, die Isel unter Schutz zu stellen. 2015 war es endlich so weit: Die Tiroler Landesregierung hat die Verordnung abgesegnet, womit die gesamte Isel als europäische Natura-2000-Schutzzone nominiert wurde.

Der von Retter mitinitiierte „Iseltrail“, der 2021 offiziell eröffnet wurde, bleibt der Idee des Entdeckens, Erlebens und Verstehens treu und schafft bestenfalls ein paar weitere motivierte Naturschützerinnen und Naturschützer, die Wolfgang Retters Weg weitergehen. Er hat damit den Wert von Naturlandschaften für den nachhaltigen Tourismus deutlich gemacht und mit seiner Einrichtung und Ausgestaltung auch vielen Einheimischen überzeugend vor Augen geführt, welches Alleinstellungsmerkmal Osttirol mit diesem Angebot hat. So zeigt der Doyen der Osttiroler Umweltbewegung, dass nur tatkräftiger Optimismus zu Lösungen führt.

#3.2024 — Juni/Juli/August 69
ste C k B rief

Vom Engiadina Bassa ins Matscher Tal

Bergsteigerdörfer verbinden: Die Unterengadiner Dörfer Guarda, Ardez & Lavin und das Obervinschgauer Dorf Matsch verbindet vieles – das Rätoromanisch, die ursprüngliche Bergwelt und neu die erste länderübergreifende Mehrtagestour von Bergsteigerdorf zu Bergsteigerdorf.

a nna p iC hler, s ven BerC htold

70 Bergauf
S­charl mit Blick zum einzigen Nationalpark der Schweiz.
r espektvoll
Foto: Dominik Täuber

Ideenschmiede für die sechstägige Weitwanderung war die Jahrestagung der Bergsteigerdörfer in Lungiarü. Dort lernten sich die Vertreter*innen der beiden Bergsteigerdörfer kennen: Karin Thöni, Referentin für Natur und Umwelt in der Ortsstelle Matsch sowie Hüttenwirtin der Oberetteshütte des Alpenvereins Südtirol (AVS), Biobäuerin Ramona Telser-Wille (beide Teil der lokalen, ehrenamtlichen Arbeitsgruppe Bergsteigerdorf Matsch) und Sven Berchtold, Produktmanager Bergsteigerdorf beim Tourismusverband Engadin Samnaun Val Müstair. Gemeinsam diskutierten die drei, wie eine mögliche Wanderung zwischen den zwei Bergsteigerdörfern aussehen könnte.

Ziel der Weitwanderung ist es, die kulturellen und landschaftlichen Gemeinsamkeiten zwischen den Bergsteigerdörfern aufzuzeigen und in Wert zu setzen. Mit Unterstützung der Ferienregionen Obervinschgau und Engadin Samnaun Val Müstair sowie des AVS, des Österreichischen Alpenvereins und des Schweizer AlpenClubs (SAC), die zusammen mit dem Deutschen Alpenverein (DAV), dem Club Alpino Italiano (CAI) und dem slowenischen Pendant Planinska Zveza Slovenije (PZS) Träger der alpenweiten Initiative Bergsteigerdörfer sind, wurde die Mehrtagestour von Bergsteigerdorf zu Bergsteigerdorf konzipiert: sechs Etappen zwischen gepflegten, ruhigen Bergdörfern am Fuße der Bergriesen Piz Buin und Weißkugel, mit Übernachtungen in drei Alpenvereinshütten und Entspannung bei kristallklaren Bergseen.

Sechs Etappen

Genusswandern

Die länderüberschreitende, ca. 70 km lange Mehrtagestour spricht geübte Berggänger*innen an und kann sowohl individuell geplant als auch als Angebot gebucht werden. Drei Etappen auf Schweizer Seite führen von Guarda über die Alpenvereinshütte Chamonna Tuoi CAS und den Bergsee Lai Blau zur Fuorcla Sesvenna. Auf Südtiroler Seite gelangen die Weitwandernden von der AVS-Sesvennahütte in weiteren drei Etappen ins Bergsteigerdorf Matsch, entlang dem Matscher Ackerwaal bis zur AVS-Oberetteshütte und zum landschaftlichen Höhepunkt: den Saldurseen.

Die Hüttenterrasse unterhalb des Piz Buin.

ter ausgeläutet und der Frühling begrüßt, ähnlich wie in Matsch beim Scheibenschlagen am ersten Fastensonntag im Jahr die warmen Frühlingsgeister.

Weitwanderung

Schweizer Seite

Geschichtlich gesehen verbindet die Bergsteigerdörfer die Sprache. Denn die bäuerliche Bevölkerung im Unterengadin und im Obervinschgau hat lange Zeit dieselbe Sprache gesprochen: das Rumantsch. Als Erbe sind im Matscher Tal viele rätooder alpenromanische Berg- und Flurnamen erhalten geblieben. Im Engiadina Bassa ist das Rumantsch Muttersprache und allgegenwärtig. Lavin, Guarda & Ardez, an den Sonnenhängen der Silvrettagruppe gelegen, beeindrucken mit den liebevoll restaurierten und mit Sgraffiti verzierten Engadinerhäusern und dem bekanntesten Engadiner Brauch, dem Chalandamarz. An diesem Tag wird der Win- >

Die Weitwanderung startet in Guarda: Hier ließ sich die Kinderbuchautorin Selina Chönz zu einer der bekanntesten Kindergeschichten der Schweiz inspirieren, der Geschichte vom „Schellen-Ursli“. Entlang der bewirtschafteten Wiesen wandert man durch das Val Tuoi zur CAS-Hütte Chamonna Tuoi (2.250 m), welche sich

Alle Etappen zur beschriebenen Tour sind unter alpenvereinaktiv.com/ s/3vtu9g zu finden.

Abbildung: Eurotrek.ch

#3.2024 — Juni/Juli/August 71
Der Piz Buin und die Chamonna Tuoi CAS. Foto: Dominik Täuber
¡ nfo Tour auf alpenvereinaktiv.com
Foto: Dominik Täuber

Zwischenstopp Kloster

Marienberg: ein Muss für Kulturinteressierte.

Foto: Ferienregion Obervinschgau/Tscholl

Harmonisch ins Landschaftsbild eingebettet: die AVS­Oberetteshütte.

Foto: Ferienregion Obervinschgau/Pfitscher

unterhalb des Fußes des Piz Buin befindet. Am nächsten Tag wartet bereits einer der ersten Höhepunkte der Weitwanderung: der Lai Blau. Dieser kleine Bergsee befindet sich einige hundert Höhen-

Bergsteigerdorf Matsch.

Foto: Ferienregion Obervinschgau/Pfitscher

meter oberhalb der Chamonna Tuoi CAS. Entlang der Westflanke wandert man weiter bis zur Alp Sura, wo man sich für den langen Abstieg nach Ardez stärken kann. Den Abschluss des Tages macht ein Spaziergang durch den Ort, der seit hunderten von Jahren von Bränden und Naturkatastrophen verschont geblieben ist und darum mit einem besonders intakten Dorfbild bezaubert.

Nach diesem Auftakt folgt am nächsten Tag bereits eine der anspruchsvollsten Etappen. Mit dem Bus gelangt man via Scuol an die Grenze des einzigen Nationalparks der Schweiz nach S-charl. In dem gleichnamigen Tal wacht ein geschnitzter Bär auf einem Podest über den Brunnen und der Platz erinnert daran, dass in diesem Tal 1904 der letzte Braunbär der Schweiz erlegt worden ist. In S-charl empfiehlt es sich, nochmals die Trinkflaschen zu füllen, da nun einer der längsten Anstiege der Weitwanderung wartet: 1.000 Höhenmeter sind es bis zur Fuorcla

72 Bergauf
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r espektvoll

Durch lichte Lärchenwälder führt der Weg über Serpentinen hinauf zur Oberetteshütte. Seit bald

15 Jahren führen die Hüttenwirte Karin und Edwin Heinisch die Oberetteshütte mustergültig: Die Wirtsleute beziehen eine Großzahl von Produkten von Bauern des Matscher Tals und des Vinschgaus.

Sesvenna (2.800 m), einem der höchsten Übergänge im Schweizer Wanderland und Grenze zu Südtirol. Mitten in dieser schroffen Berglandschaft der Sesvennagruppe liegen der Furkel- und Sesvennasee. Wenige Höhenmeter unterhalb des Passes liegt das Ziel dieser Etappe: die AVS-Sesvennahütte (2.252 m). Optional lohnt die Gipfelbesteigung des Föllakopfes mit einem Panoramablick über das Schliniger Tal und zum nahe gelegenen Ortler, dem höchsten Berg Südtirols.

Weitwanderung

Südtiroler Seite

Auf der AVS-Sesvennahütte, geführt von Familie Hilpold, stärken bodenständige Gerichte für den nächsten Wandertag, das Auge verweilt am nahegelegenen Pforzheimer See, in dem sich die Alte Pforzheimer Hütte spiegelt – sie erinnert an die bewegte Geschichte der Alpenvereinsschutzhütten in Südtirol. Im Juli 2024 wird sie nach Renovierungsarbeiten als erste „KulturSchutzhütte“ Europas mit Schwerpunkt auf soziokulturelle Nutzung und Persönlichkeitsförderung wiedereröffnet.

Die vierte, streckenmäßig längste Etappe der Weitwanderung verlässt nun vorübergehend das Hochgebirge. Vor-

bei am beeindruckenden Wasserfall an der Schwarzen Wand führt der Abstieg durch das Schliniger Tal zur Schliniger Alm (mit Käserei). Vorbei am Bergdorf Schlinig leuchten von Weitem die weißen Zwiebeltürme und Mauern des Klosters Marienberg, der höchstgelegenen Benediktinerabtei Europas oberhalb von Burgeis, nahe dem Etappenziel Mals.

Am zweitletzten Tag gelangt man mit dem Citybus ins rätoromanische Haufendorf Matsch auf 1.580 m, seit 2017 Südtirols erstes Bergsteigerdorf. Umgeben von zahleichen 3.000ern der Südlichen Ötztaler Alpen findet sich eine vielfältige Landschaft von artenreichen Trockenrasen bis zum Gletscher. Entlang des bequemen Waalwegs lässt sich der Ackerwaal erleben, der beispielhaft ist für die traditionellen Bewässerungssysteme im trockenen Vinschgau. Durch lichte Lärchenwälder führt der Weg über Serpentinen hinauf zur AVS-Oberetteshütte auf 2.670 m am Fuße der Weisskugel. Seit bald 15 Jahren führen die Hüttenwirte Karin und Edwin Heinisch die Oberetteshütte mustergültig: Die Wirtsleute beziehen eine Großzahl von Produkten von Bauern des Matscher Tals und des Vinschgaus.

Ein letzter steiler Anstieg führt am sechsten Tag von der Oberetteshütte bis zu den Saldurseen auf über 3.000 m. Die höchstgelegene Seengruppe Südtirols breitet sich malerisch unter der noch vergletscherten Saldurspitze aus. Jeder See leuchtet in einer anderen Farbe, von kristallklar bis grünlich-türkis. Dann führt der Weg steil hinunter zur Inneren Matscher Alm. Hier kann man über den Hearasteig durch den Lärchenwald zum Wanderparkplatz beim Glieshof (Abfahrt Wandertaxi nach Mals) wandern oder den einfacheren Forstweg wählen.

Sven Berchtold ist Produktmanager Bergsteigerdorf beim Tourismusverband Engadin Samnaun Val Müstair.

Anna Pichler ist Projektkoordinatorin der Bergsteigerdörfer Südtirol beim Alpenverein Südtirol.

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#3.2024 — Juni/Juli/August
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Schutzgebiete im Alpenbogen

17 Prozent der Erdoberfläche sind als hochrangige Schutzgebiete ausgewiesen, in den Alpen sogar 28 Prozent. Was bedeutet dies für die Bergbegeisterten?

monika aU inger, m iC hael J U ngmeier

Schutzgebiete sind eine gute Idee. Sämtliche Kennzahlen zeigen, dass immer mehr Arten und Ökosysteme gefährdet sind und zu verschwinden drohen. Da ist es naheliegend, großflächige Schutzgebiete einzurichten. Diese sollen als Rückzugsräume fungieren, wo sich die Biodiversität stabilisieren und erholen kann. Die alpinen Vereine, insbesondere der Österreichische Alpenverein, waren immer eine starke Stimme für den Natur- und Gebietsschutz.

Ideengeschichtlich sind Schutzgebiete Kinder des 19. Jahrhunderts: 1872 wurde der Yellowstone Nationalpark als erster Nationalpark der Welt eingerichtet. Von

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r espektvoll

‹ Das Management von Schutzgebieten ist erlernbar. Internationale Studierende des Masterstudiums Management of Conservation Areas im Naturpark Dobratsch.

diesem ging eine Welle der Inspiration und Innovation aus, die mit dem Kauf von Großglockner und Pasterze durch den Villacher Albert Wirth 1918 auch den Österreichischen Alpenverein erreichte. Heute gibt es in Österreich laut Umweltbundesamt 1.458 Schutzgebiete unterschiedlicher Kategorien.

In der Welt-Datenbank der Schutzgebiete sind für Österreich 1.668 Gebiete verzeichnet. Österreich hat hier 29,5 % seiner Staatsfläche als Schutzgebiete genannt: Diese Zahl ist deutlich übertrieben. Im Alpenbogen sind 28 Prozent der Fläche als Schutzgebiete ausgewiesen, zum überwiegenden Teil in den Hochlagen und Gipfelregionen. Jedenfalls aber ist der Anteil geschützter Flächen erheblich und wird noch weiter zunehmen.

Schutzstatus

Es gibt viele Arten und Kategorien von Schutzgebieten. Bekannt sind Nationalparke, Natur- und Biosphärenparke, Natur- und Landschaftsschutzgebiete, europäische Schutzgebiete (Natura 2000) oder auch Wildnis- und Sonderschutzgebiete. Diese Gebiete sind unterschiedlich „streng“ geschützt und haben oft Zonen mit unterschiedlichem Schutzstatus. Manchmal sind bestimmte Aktivitäten zeitlich und räumlich eingeschränkt (z. B. in einer Winterruhezone). Zudem sind jagdliche und forstliche Sperrgebiete, Wasserschutz- und -schongebiete oder auch geschützte Landschaftsteile zu berücksichtigen. Der österreichische Föderalismus zieht nach sich, dass die gesetzlichen Regelungen von Bundesland zu Bundesland variieren – nicht sehr, aber doch. Schutzgebiete werfen für alle bergaffinen Menschen und damit für die Alpinvereine immer wieder Fragen auf. Selten stehen Bergsport und Naturschutz miteinander direkt in Konflikt. Meistens entstehen Probleme aufgrund fehlender In-

Im

Alpenbogen sind 28 Prozent der Fläche als Schutzgebiete ausgewiesen, zum überwiegenden

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nfo Ausbildungen für Naturschutz im 21. Jahrhundert

Gipfelregionen.

Teil in den Hochlagen und

formationen. Soziale Medien, Apps und die Geschäftsmodelle diverser Influencer verursachen zudem Schwierigkeiten, wie etwa plötzlich hochfrequentierte Routen oder Aussichtspunkte, auf die weder alpine Vereine noch die Verantwortlichen von Schutzgebieten schnell genug reagieren (können).

Es ist also als Alpinist nicht einfach, sich in einem Schutzgebiet ganz korrekt zu verhalten. Aber mit gutem Willen, einer Portion Hausverstand in der Vorbereitung und einer gewissen Naturverbundenheit wird es keine Probleme geben.

Blick in die Zukunft

Natürlich stellt sich auch die Frage nach wichtigen Trends, die zu beobachten sind. Die Schutzgebiete und deren Managements entwickeln sich ja weiter. Man muss kein Zukunftsforscher sein, um die folgenden Prognosen anzustellen:

Geschützte Flächen weiten sich aus.

Nach mehrjährigen Verhandlungen war es im Dezember 2022 so weit: Die 196 Staaten der Biodiversitätskonvention verabschiedeten das so genannte Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework. Hinter diesem sperrigen Namen verbirgt sich eine ambitionierte Naturschutzvereinbarung. Demnach sollen 30 Prozent der Erdoberfläche und 30 Prozent der Weltmeere als Schutzgebiete ausgewiesen werden. Laut Europäischer Biodiversitätsstrategie sollen zehn Prozent der Flächen unter „strengem“ Schutz stehen. Auch wenn in den Alpen diese Größenordnung schon fast erreicht ist, ist davon auszugehen, dass bestehende Schutzgebiete erweitert werden und neue hinzukommen.

Wer Lust hat, sein Wissen aus den bestehenden Ausbildungsmöglichkeiten des Österreichischen Alpenvereins im Bereich Naturschutz und Schutzgebietsmanagement zu vertiefen, findet an der Fachhochschule Kärnten zwei berufsbegleitende Lehrgänge. Diese werden vom Team des UNESCO­Lehrstuhls für Nachhaltiges Management von Schutzgebieten in Kooperation mit E.C.O. Institut für Ökologie angeboten. Der einjährige Zertifikatslehrgang „Naturschutzfachkraft“ beschäftigt sich mit vielfältigen Fragestellungen des praktischen Naturschutzes. Dies reicht von der Anlage eines Amphibienschutzzaunes über Gestaltung von Nisthilfen bis zur Sanierung eines Wanderweges. Die Ausbildung befähigt zur Umsetzung naturschutzpraktischer Methoden im Bereich der Bau­, Land­ und Forstwirtschaft, der öffentlichen Verwaltung oder auch in Naturschutzorganisationen.

Nähere Infos: fh­kaernten.at/nsfk

Das zweijährige internationale Masterprogramm „Management of Conservation Areas“ vermittelt Studierenden die praktischen und theoretischen Grundlagen, um Schutzgebiete effektiv zu planen und zu managen. Es gilt dabei, den Schutz der Biodiversität mit den Interessen der einheimischen Bevölkerung in Einklang zu bringen. Für diese herausfordernde Aufgabe sind großer Sachverstand sowie vielfältige persönliche und technische Kompetenzen erforderlich.

Der nächste Start erfolgt im September 2024, nähere Informationen: fh­kaernten.at/mca

#3.2024 — Juni/Juli/August 75
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Nutzungskonflikte im alpinen Raum nehmen zu. Neben prominenten Diskussionen um Kraftwerke, Windparks oder Erschließungen wird oft übersehen, dass die meisten Konflikte zwar in geringer Intensität, aber dafür großflächig auftreten. Sehr oft sind dies weniger Konflikte zwischen Mensch und Natur als vielmehr zwischen verschiedenen Personengruppen. Diese haben unterschiedliche Ansprüche an die Natur und auch unterschiedliche Vorstellungen über Natur. Bekannte Konfliktlinien sind dabei Einheimische versus Gäste, Stadt- versus Landbevölkerung (jene, die vor Ort leben und wirtschaften), traditionelle versus neue Sportarten, Skitourengeher und Jäger, Erbauer von Forststraßen versus Erhalter alpiner Wege und Steige.

Schutzgebiete werden

Instrumente zur Ordnung „freier“ alpiner Räume und Wegbereiter für einen naturschutzverträglichen Bergtourismus.

Wenn ein neues Schutzgebiet eingerichtet wird, ist die Aufregung oft groß. Bei der Einrichtung von Nationalpark und Co. treten üblicherweise Konflikte auf. Diese sind oft schon lange vorhanden und be-

Forschung für Schutzgebiete:

Bei der expedition.nationalpark erforschen jedes Jahr drei Einheimische und drei Wissenschaftlerinnen beziehungsweise Wissenschaftler drei Tage lang den Nationalpark Hohe Tauern Kärnten.

Foto: Gerald Lesacher

kannt, sie treten aber erst in der Planung zu Tage. Überall im Alpenraum, insbesondere aber in Österreich und in der Schweiz, werden diese Konflikte beziehungsweise die entsprechenden Lösungen in meist langwierigen Prozessen verhandelt. Wenn das Schutzgebiet nicht zustande kommt, bleiben die Konflikte dennoch bestehen. Schutzgebiete sind also vor allem Instrumente, um die Nutzungsansprüche an den alpinen Raum entsprechend zu gliedern und gemeinschaftlich zu ordnen. Schutzgebiete machen Probleme sichtbar, verhandelbar und damit lösbar.

Überall im Alpenraum, insbesondere aber in Österreich und in der Schweiz, werden diese Konflikte beziehungsweise die entsprechenden Lösungen in meist langwierigen Prozessen verhandelt. Wenn das Schutzgebiet nicht zustande kommt, bleiben die Konflikte dennoch bestehen.

Neue Kategorien und Typen von Schutzgebieten kommen hinzu. Wie eingangs beschrieben, gibt es vielfältige Arten von Schutzgebieten. Es kommen laufend neue hinzu. Es gibt sogar Schutzgebiete, die gar keine Schutzgebiete sind: In OECMs (Other Effective Areabased Conservation Measures) soll dem Naturschutz ohne gesetzlichen Rahmen zum Durchbruch verholfen werden. Eine relativ „junge“ Kategorie sind UNESCO Global Geoparks, wo bedeutsame geologische Erscheinungen in ihrer Gesamtheit geschützt sind.

In Dark Sky Parks sollen kosmische Erscheinungen, der Sternenhimmel und die Biodiversität der Nacht erfahrbar gemacht werden, indem künstliche Beleuchtung so weit als möglich hintangehalten wird. Diskutiert werden auch Schutzgebiete, in denen bestimmte Klanglandschaften, Geräusche und Klänge der Natur ohne störenden Lärm erlebt werden können. Natürlich werden sich diese neuen Formen von Gebieten auch im Alpenraum verstärkt etablieren.

Hightech hält Einzug in der Welt des Bergsteigens.

In Bergsteigerkreisen sind Apps für Orientierung, Tourenplanung oder viele

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Die Erhaltung der Biodiversität und der Ökosystemleistungen in den alpinen Räumen ist eine komplexe Aufgabe.

Services bekannt und längst in Verwendung. So hinterlassen Alpinisten, Wanderer oder Mountainbiker digitale Spuren. Aus vielen einzelnen Elementen können so die vielfältigen Bewegungsmuster im alpinen Raum zusammengeführt und sichtbar gemacht werden. Diese ändern sich naturgemäß mit Wetterlage sowie Tages- und Jahreszeit. Gleichzeitig können auch Flora und Fauna zunehmend automatisiert erfasst werden. Es entstehen in und für Schutzgebiete neue Möglichkeiten für die Lenkung von Besucherströmen.

Professionalisierung und Ausbildung sind Gebot der Stunde.

Die Erhaltung der Biodiversität und der Ökosystemleistungen in den alpinen Räumen ist eine komplexe Aufgabe (geworden). Dies erfordert entsprechende Qualifikationen und Kompetenzen der Beteiligten, um den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts effektiv begegnen zu können. Darüber hinaus können Bergsportlerinnen und Bergsportler mit der Teilnahme an Citizen-Science-Projekten einen aktiven Beitrag zur Forschung und dem Monitoring in Schutzgebieten leisten. Einfache Positionen sind meist nicht mehr ausreichend. Vielmehr sind differenzierte Standpunkte erforderlich, die mit Sachverstand entwickelt und vertreten werden müssen. Entsprechende Ausbil-

dungen und weiterführende Forschung gewinnen an Bedeutung.

Fazit

Bereits 2004 bezeichnete der Österreichische Alpenverein Schutzgebiete als „große Herausforderung für unsere Vereinstätigkeit.“ Die Bergsteigerinnen und Bergsteiger haben zwei Seelen in ihrer Brust. Einerseits ist es das bedingungslose Bekenntnis zur Erhaltung und Bewahrung der Natur. Andererseits sind die Bewegungsfreiheit in den Bergen und der freie Zugang zur Natur sehr hohe Güter. Zusätzlich ist der Alpenverein in vielen Fällen auch Grundbesitzer, wie etwa bei alpinen Schutzhütten oder in großen Gebieten wie etwa dem Nationalpark Hohe Tauern. Es gilt, hier eine gute Balance zu finden, zu wahren und auch gegenüber der Öffentlichkeit glaubhaft zu vermitteln. Der Österreichische Alpenverein ist auch in dieser Hinsicht und im doppelten Wortsinn „auf einem guten Weg“. Herausforderungen bleiben.

Monika Auinger und Michael Jungmeier forschen und lehren am UNESCO­Lehrstuhl für das nachhaltige Management von Schutzgebieten an der Fachhochschule Kärnten. Monika ist zudem Naturschutzreferentin des Alpenvereins Radenthein (Kärnten).

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#3.2024 — Juni/Juli/August #citizensofthemountain

Der ökologische Handabdruck

Tage draußen in Zeiten der Klimakrise:

Wir – Enkelin Madita, Sohn Michel und Großmutter Sybille –haben viel über „gutes Klima“ nachgedacht.

Drei Generationen der Alpenvereinsjugend denken über das Klima nach. Warum? Weil uns das wichtig ist. Es hat sicher auch mit unserem Aufwachsen zu tun, dass das so ist. Welche Erfahrungen wir von Anfang an mit der Welt, unserer Mit-Welt, gemacht haben. Wie unsere persönlichen „KinderTage draußen“ waren. Sybille erlebte sie in der Mitte des letzten Jahrhunderts: Wilde Spielplätze, viel draußen unterwegs, Kontakt zu Tieren und aufmerksamen Menschen, denen Natur wichtig war. Michel hatte in den 1980ern und 1990ern gute Tage draußen. Er durfte hinter die Dinge blicken, die ihm begegneten. Prägend waren Erlebnisse, die Emotion und Verstand verbanden. Beispiele wie Hainburg zeigten, dass eine Handvoll mutiger, überzeugter Menschen etwas bewegen können. Madita wächst in einer von Natur umgebenen Heimat auf. Durch Tage draußen, begleitet von liebevollen Menschen, hat sie schon als Kind die Natur und ihre Umwelt als einen Bestandteil ihres Lebens kennengelernt, den es zu schützen gilt. Wir sind sicher, dass diese „Geschichten“ mitverantwortlich sind für unser gemeinsames Engagement in Zeiten der Klimakrise. Sie ermutigen uns zu der Annahme, dass das Interesse an Natur und Naturvertrautheit in der Kindheit entstehen und zu verantwortlichem Handeln und dem Wunsch nach Veränderung, einem Engagement für den Wandel

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alas Fotos: Familie Kalas r espektvoll
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zu Klimagerechtigkeit beitragen kann. Das wiederum lässt uns nachdenken über unsere Möglichkeiten und Verantwortlichkeiten im Alpenverein als Begleiter*innen von Kindern, Jugendlichen, Familien. Wir möchten mit ihnen gemeinsam Natur erleben, Beziehungen, Emotionen und das Erkennen von Funktion verknüpfen und verstehen. Uns mit der „Natur“ vertraut machen und uns in ihr zu Hause fühlen.

Vielfältige, von Zeitwohlstand geprägte, von interessierten Menschen begleitete Tage draußen an kraftvollen Plätzen waren unsere persönlichen Schlüssel, uns zu engagieren und unseren Beitrag

leisten zu wollen. Deshalb wollen wir „draußen“ den Wunsch nach Verstehen anstoßen. Das In-die-Dinge-Hineinblicken eröffnet eine tiefere Schönheit, die Schönheit der Evolution, die Schönheit von Funktion und Komplexität. So entsteht der ökologische Blick. Er fragt nach dem „Warum so und nicht anders?“. Das hat etwas „philosophisch-spirituelles“, er hilft, ein Gefühl der Verantwortlichkeit zu entwickeln.

Dann sind die Erscheinungen der Mitwelt nicht mehr nur „einfach da“, nicht mehr nur schön. Dann werden sie Teil eines Ganzen, erfahren ihre Schönheit, ihre Bedeutung auch durch ihr Teil-Sein

und die Wertigkeit ihres geschehenen oder zu erwartenden Verlustes. Womit fängt es also an? Mit der Schönheit oder dem Verstehen? Mit beidem? Vielleicht erst mal mit Emotionen? „Wie süß“ ist der kleine Grasfrosch. „Darf ich den mal hoppern?“ Emotionale Bindung und Respekt wachsen mit dem Anschauen, schön finden, verstehen. Nur wer verstanden hat, kann (und will) verändern. Das gilt auch für unser Leben in der Klimakrise. Als Mitwelt verstehen wir dann auch das abgelegene Hochtal und solidarisieren uns mit ihm, weil wir Strom aus Wasserkraft nicht bedingungslos als „grün“ bezeichnen. Das Tal und seine Lebens- >

Es beginnt mit dem Sehen von Schönheit. Mit der Emotion des Verbundenseins mit Landschaften, die nicht Substrat und Kulisse sind und in erster Linie Sportgerät, sondern Lebensräume.
#3.2024 — Juni/Juli/August 79

räume sind uns wertvoll, auch wenn wir sie noch nicht persönlich kennen gelernt haben. Verstehen kann Hoffnung geben und vor allem Handlungsmöglichkeiten. Wenn wir im Alpenverein unseren Naturschutzauftrag ernst nehmen, haben wir Handlungsmöglichkeiten.

Es beginnt mit dem Sehen von Schönheit. Mit der Emotion des Verbundenseins mit Landschaften, die nicht Substrat und Kulisse sind und in erster Linie Sportgerät, sondern Lebensräume. Wir wollen in ihnen nicht nur einen möglichst kleinen Fußabdruck hinterlassen, sondern vor allem einen großen ökologischen Handabdruck. Nur wer verstanden hat, kann (und will) verändern. Respekt und emotionale Bindung wachsen mit dem Anschauen, schön finden, verstehen. Das gilt auch für unser Leben in der Klimakrise. Unser Handabdruck wächst,

Unsere Ausbildung ist funkelnagelneu. Werde jetzt Jugendleiter*in oder Familiengruppenleiter*in! r espektvoll

¡ nfo Klimastrategie

Der Alpenverein möchte als relevanter Teil des gesellschaftlichen Systems einen effektiven Beitrag zum Klimaschutz und zur Mobilitäts­ und Energiewende leisten und eine nachhaltige Welt mitgestalten, die auch künftig für Menschen, Tiere und Pflanzen lebenswert sein wird.

www.alpenverein.at/ klimastrategie

wenn wir Menschen jeden Alters dazu ermutigen, in die Dinge hineinzublicken. In eine erstaunliche Blüte genauso wie in die Konsequenzen unseres Handelns. Das gilt besonders in Zeiten der Klimakrise.

Sybille Kalas, Diplombiologin, Zusatzqualifikation Erlebnispädagogik (ÖAV), Referentin im Bundeslehrteam Jugend und für die Alpenverein­Akademie zu den Themen „mit Kindern unterwegs“, Ökologie sowie langjährige Campleiterin der „Hot Spots“. Michel Max Kalas, freiberuflicher Biologe und Outdoortrainer. Referent im Bundeslehrteam Jugend und für die Alpenverein­Akademie zu den Themen „mit Kindern unterwegs“, Ökologie, Natur und Umwelt.

Madita Johanna Kirnbauer (17) besucht eine Waldorfschule und hat mehrmals als Teilnehmerin und Praktikantin an den Sommercamps „Hot Spots“ teilgenommen.

HALLO ROHDIAMANT!

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Freiräume – diffus, wichtig, grundsätzlich notwendig!

Freiraum ist Raum für selbst initiierte und selbstbestimmte Erfahrungen: körperlich, mit Gegenständen oder Material, mit anderen Kindern. Neben günstigen Erfahrungen ist hier auch Raum zum Scheitern, Raum für Ungünstiges: Stürzen, Streit, Langeweile. Der Wald zum Beispiel ist wohl das Heimspiel im Heimspiel, wenn Freiraum den Platz betritt. Baumstämme, Stöcke, Laub, Steine zum Klettern, ein Bach zum Spielen, viel Bewegung und Sinneserfahrungen: Diese wunderbar unstrukturierte Umgebung und

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Spielen, Forschen, Werkeln

die einfache Möglichkeit, Zeit zu geben, um im freien Spiel zu versinken, scheint unmittelbar in Freiraum-Erleben überzugehen. Doch auch der Hof oder ein naturnaher Platz in der Stadt sind Räume für Kinder, in denen sie in Echtzeit auf eigenständige Entdeckungsreise gehen können, in denen viele Möglichkeiten zur selbstständigen Gestaltung vorhanden sind. Auszug aus dem Blogbeitrag von Matthias Pramstaller – „Freiräume – diffus, wichtig, grundsätzlich notwendig!“  Mehr unter: alpenvereinsjugend.blog/freiraeume

Welche Rechte haben Kinder? Kurs Tage draußen –Bergnatur & Familie

Ein Beitrag über die UN-Kinderrechtskonvention und den Alpenverein. Wie viel unsere Arbeit im Jugendteam eigentlich mit dem Einhalten der Kinderrechte zu tun hat, ist uns oft gar nicht bewusst. Im Blogbeitrag von Caroline Rinner erfährst du mehr dazu: alpenvereinsjugend. blog/kinder-haben-ein-rechtauf-zukunft

Das Buch ist der perfekte Begleiter bei deinen Tagen draußen. Auf 56 Seiten gibt es dir Anregungen zum Spielen in der Natur, Inspiration für kreatives Werkeln mit Naturmaterialien und eine ganze Menge ökologisches Wissen, um die Natur zu erforschen. Das Buch gibt es hier: alpenverein.shop

Mit altersgemischten Gruppen neugierig unterwegs. Es geht um: Lebensräume, ihre Potentiale für Erlebnis, Naturverständnis, Naturbeziehung; prozessorientiertes Unterwegssein; Sicherheit – Abenteuer – Risiko.

• 10.07. bis 14.07.2024 in Vorarlberg

• 25.09. bis 29.09.2024 in der Steiermark Weitere Infos zu den Kursen: t1p.de/ bergnatur

#3.2024 — Juni/Juli/August 81
Fotos: Alpenvereinsjugend (links), Bundesjugendvertretung (Mitte), Franz Walter (rechts) Fotos:Illustration: Georg Soyer
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Kulturjournalistin und Sachbuchautorin

Jan Haft

Meine Wiese. Entdecke eine wunderbare Welt.

Unter gleichem Titel und im selben Verlag auch als Hörbuch erschienen.

Eine Maus, die durch die Jungentoilette der Schule flitzte und alle in Aufregung versetzte, war es, die über die spätere Berufswahl von Jan Haft entschied. Damals acht Jahre alt, fing er die Maus ein und kümmerte sich fortan um sie – wie um seine Hühner und weitere Tiere. Nach dem Biologiestudium verschrieb sich Haft dem Tier- und Naturfilm.

Parallel zum Film „Die Wiese. Lockruf in eine geheimnisvolle Welt“ legte er 2019 das gleichnamige Buch vor, das zum Bestseller wurde. Nun hat Haft der Wiese, diesem faszinierend lebendigen Kosmos unter unseren Füßen, ein Kindersachbuch gewidmet und, so viel sei vorweg schon verraten, es begeistert auch Erwachsene.

Jede freie Minute verbrachte Jan Haft als junger Bursche in Bodennähe, beobachtete, was dort kreucht und fleucht. Je intensiver die Beschäftigung, desto mehr wuchs die Liebe für diesen Kosmos. Klar wie diese ist die Struktur des Buches. Zunächst geht es um die Etagen, die einzelnen Stockwerke einer Wiese, und darum, welche Tiere sich dort besonders wohlfühlen, welche Teile von Pflanzen sich dort befinden und warum.

So entsteht bildhaft ein Gebäude mit Kellerräumlichkeiten, in denen sich nicht nur Millionen von Kleinstlebewesen wie Milben tummeln, sondern auch Maulwurf und Kaninchen, Fuchs und Wühlmaus Gänge bauen und Wohnungen einrichten. Auf dem Erdboden dann Moose, Kleinpflanzen und im Herbst Pilze, die den Boden feucht halten, Blätter und Blüten, die sich in wertvollen Kompost verwandeln. Hier sind besonders viele Insekten zu finden, drehen Goldlaufkä-

fer, Rosen- oder Ölkäfer ihre Runden. Das sonnendurchflutete oberste Stockwerk nehmen wir Menschen am stärksten wahr. Hier flattern Schmetterlinge, summen Bienen, kosten vom Nektar und bestäuben gleichzeitig die Blüten.

In mitreißend einfacher Sprache erklärt Jan Haft komplexe Abläufe, erläutert versteckte und weniger versteckte Vorgänge in der Natur und geht auf die Gefahren von Monokultur und Überdüngung ein, führt aus, warum Weidehaltung und Artenvielfalt direkt miteinander verbunden sind. Dabei rückt er immer wieder auch jene Lebewesen ins Licht, die gern übersehen, als Unge ziefer oder lästig wahrgenommen werden und in ihren Eigenheiten doch einzigartig sind – und nicht selten Namen tragen wie Breitstirnblasenkopffliege oder Glänzende Faulschlammschwebfliege.

Jan Haft nimmt große und kleine Leser*innen mit auf das Abenteuer Wiese. Begleitet werden sie dabei vom Grashüpfer Joe, wie alle anderen Protagonisten liebevoll gestaltet von der Illustratorin Claire Lenkova. Dazu kommen Fotografien, die manchmal richtig zu Herzen gehen – wie etwa das Bild zweier schlafender Langhornbienen mit einander zugewandten Köpfchen. Für unterwegs empfiehlt sich das Hörbuch mit der ungekürzten Lesung des Autors.

Nicole Gronemeyer Hühner. Ein Porträt. Naturkunden Nr. 103 Herausgegeben von Judith Schalansky

Das Haushuhn hätte seine Freude an einer mit Kleintieren gespickten Wiese, aus der es sich die feinsten Stücke rauspicken kann. Leider steckt der Mensch

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Penguin Junior Verlag 2024 Verlag Matthes & Seitz, 2024

es allerdings in Legebatterien und gönnt ihm auch sonst, Ausnahmen bestätigen die Regel, kaum noch echte Ausflüge ins Grüne. Dabei sind Hühner nicht nur äußerst soziale Wesen, sondern brauchen dieses Picken im Boden, dieses Scharren und Wühlen für ihre, sagen wir es einfach, „Psychohygiene“.

Diesem Jungspund unter den Haustieren – das Huhn kam weit später als Kuh und Schaf ins bäuerliche Portfolio –hat die Kulturwissenschaftlerin Nicole Gronemeyer ein Porträt gewidmet. Erschienen ist Hühner in der Reihe Naturkunden des Verlags Matthes & Seitz.

Die eigene „Unterreihe“ der Tier- und Pflanzenporträts macht ebenso süchtig wie die „Feinen Gourmandisen“ des Mandelbaum Verlags, die Kräuter, Gewürze, Obst- und Gemüsesorten ins Visier nehmen. Wer einmal von diesen Büchlein genascht hat, will immer wieder Nachschub. Die verlässlich hohe Qualität der Porträts lässt einen mit Freude zugreifen – ob bei Wal, Austern, Faultieren oder Fliegen.

So gestaltet sich auch Hühner als spannende Reise durch die gemeinsame Geschichte, die mit einer vorsichtigen Annäherung begann, in Differenzierungen wie Luxus- und Edelhühner, Legeund Masthühner überging und in der Massentierhaltung endete. Selbstverständlich wird im Buch auch die Frage geklärt, ob erst die Henne oder das Ei da war. Ziemlich früh sogar, damit sich die Autorin dann ausführlich der mythologischen, historischen, kulturellen und nicht zuletzt wissenschaftlichen Bedeutung des Huhns rund um den Globus widmen kann.

Der Leserin, dem Leser bietet das Porträt zahlreiche Überraschungen und einige neue Erkenntnisse, so etwa die, dass das „Hühnerfieber“ – die Spekulation mit Hühnern als Statussymbol in Viktorianischer Zeit – heute in den Villen des Silicon Valley grassiert: Halten sich Multimillionäre dort doch gerne „Luxushühner“ als Statussymbol. Die wenigsten von ihnen dürften allerdings wissen, dass das Haushuhn der nächste noch lebende Verwandte des Raubsauriers T. Rex ist. Nachzulesen in diesem –wieder formidablen – Porträt aus der Naturkunden-Reihe.

Zwei Trends greifen in den letzten Jahren verstärkt: Immer mehr Menschen nutzen öffentliche Verkehrsmittel (Klimaticket sei Dank!) und immer mehr Menschen sind mit tierischem Begleiter in den Bergen unterwegs. Verlage haben darauf reagiert und bieten spezielle Wanderführer an. So etabliert der Rother Verlag mit „Wandern mit Hund“ eine eigene Reihe: Der Band „Steiermark. Zwischen Salzkammergut und Weinland“ bietet beispielsweise 45 Touren mit Halbtages- und längeren anspruchsvollen Tageswanderungen für Wandernde mit Hund. Für Freunde mehrtägiger Touren liefert das Hüttentourenbuch „Alpen“ Vorschläge für ausgiebige alpine Strecken. Ergänzt ist es um einen ausführlichen Ratgeberteil für Hundehalter*innen, der diesen besonders ans Herz gelegt sei, damit aus den Touren keine Torturen, sondern echter gemeinsamer Genuss wird.

Sehr begrüßenswert auch, dass immer mehr Wanderführer für die Anreise dezidiert Bus und Bahn ins Auge fassen. Zwei Beispiele seien hier herausgefischt: „Genusswandern mit der Wiener S-Bahn“ von Johanna Stöckl und Rosemarie Pexa und Peter Backés „Wandern mit Öffis: Wiener Hausberge“ (beide bei Rother erschienen).

David Lemmerer, Igor Vukic Rock Climbing Guide Bosnia and Herzegovina

In seiner 2. Auflage präsentiert sich der Kletter- und Reiseführer für Bosnien und Herzegowina mit noch mehr Geheimtipps für entspannte und dennoch anspruchsvolle Kletterabenteuer im wunderschönen Balkanland. 45 Klettergebiete und über 1.900 Seillängen spiegeln auf den insgesamt 610 Seiten die Vielfalt dieses unterschätzten Landes wider. Fototopos mit einem intuitiven Farbkorrektursystem, handgezeichnete Karten und QR-Codes zu Google Maps ergänzen die umfassend beschriebenen Routen. Tipps für Sehenswürdigkeiten nach dem Klettern, Restaurants und Unterkünfte runden das Ganze gemeinsam mit Infos zur Fortbewegung, Geschichte und lokalen Phrasen ab. Achtung: Der Guide ist auf Englisch und Bosnisch verfasst.

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Balkan Colours 2024
René Apfelknab Wandern mit Hund: Steiermark
Rother Wanderbuch 2023 Rother Wanderbuch 2023
Romy Robst Hüttentouren mit Hund: Alpen

Einer, der nach Kanada ging

Der Name Konrad Kain ist hierzulande nur Wenigen ein Begriff. In Übersee wird der gebürtige Österreicher jedoch als Klettertalent und erster professioneller Bergführer des Alpine Club of Canada gefeiert, dem über 50 Erstbesteigungen zugeschrieben werden.

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Konrad Kain wurde 1883 in Naßwald (NÖ) geboren. Seine Kindheit war geprägt von Armut, die Jugend von harter körperlicher Arbeit: Wie sein Vater arbeitete er als Holzknecht, später als Steinbrucharbeiter. Schon in jungen Jahren fiel Kain – durch viel Übung an den Wänden der Rax – als begabter Kletterer auf und konnte unter der Fuchtel des ebenfalls aus Naßwald stammenden Alpinisten Daniel Innthaler zum Bergführer zugelassen werden. So machte er sich von 1904 bis 1908 in den Ost- und Westalpen einen Namen.

1909 verließ Kain 24-jährig seine Heimat und folgte der Einladung des Alpine Club of Canada, als Bergführer in den Rocky Mountains zu arbeiten. In den folgenden Jahren führte er zahlreiche Erstbesteigungen durch, darunter die bekannten Gipfel Mount Robson, Mount Louis und Bugaboo Spire. Kain arbeitete außerdem bei der Landvermessung mit und erwies sich in den kanadischen Wintern als talentierter Fallensteller und Pelztierjäger.

Zum 100. Jahrestag seiner Ankunft in Kanada wurde 2009 mit Unterstützung des Österreichischen Alpenvereins ein Denkmal in Wilmer, British Columbia, enthüllt. Dieses Denkmal würdigt nicht nur Kains Errungenschaften, sondern erinnert auch an seinen nachhaltigen Einfluss auf das Bergsteigen. Die Conrad Kain Centennial Society (www.conradkain.com) hat zahlreiche Projekte ins Leben gerufen, um sein Andenken zu ehren. Neben der Pflege von Denkmälern und der Konrad-Kain-Hütte in den Rockies, die vielen Bergsteigern als Ausgangspunkt für Touren dient, unterstützt die Society auch Bildungsinitiativen. Unter anderem fördert sie das Bugaboo Teens Climbing Program, ein jährlich stattfindendes Camp, das Jugendliche kostenlos in die Welt des Bergsteigens einführt und so auch zukünftige Generationen für alpinen Sport begeistert.

Vor 90 Jahren, im Februar 1934, ist Kain in Cainbrook (Kanada) verstorben. Die treibende Kraft, die heute die Erinnerung an Konrad Kain in Kanada aufrechterhält, ist der Fotograf und Filmemacher Pat Morrow in seiner Eigenschaft als Präsident der Konrad-Kain-Gesellschaft.

Ein zentrales Element von Kains Erbe ist seine Autobiographie „Where The Clouds Can Go“, die erstmals 1935 veröffentlicht wurde und auf seinen Tagebüchern basiert. Die treibende Kraft hinter der Neuauflage der mittlerweile fünften Edition ist Pat Morrow. Die Vorstellung der neuen Auflage findet am 12. Juni statt, organisiert in Zusammenarbeit mit der österreichischen Botschaft in Ottawa und Canadian Geographic. Botschafterin Mag. Meier-Kajbić, selbst eine begeisterte Wanderin, setzt sich besonders für die Würdigung Kains ein und hofft auf eine baldige deutsche Ausgabe des Werks.

Übrigens: Die Loswand auf der Rax auf dem WienerNeustädter-Weg hat beim „Büchlriss“ einen sehr schwierigen Teil – den so genannten „Kainschritt“.

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Konrad Kain am 31. Juli 1913 nach der Erstbesteigung des Mount Robson. . Foto: Whyte Museum/Byron Harmon

Naturschutzabzeichen

Du sollst schauen und behüten!

Im Schaukasten, Teil 43

m iC hael gU ggen B erger  Historisches Archiv des Alpenvereins

Freu Dich der Blumen und Blüten / Du sollst sie schauen und behüten. / Nicht aber brechen und verstreuen. / Auch andre wollen sich erfreuen“, notiert Hans Amon, Augenarzt und Bevollmächtigter des Alpenvereins in Oberösterreich, neben seiner Skizze für ein Abzeichen zur Förderung des alpinen Naturschutzes in seinem Bundesland. Ziel der Initiative, die er 1947/48 maßgeblich mitgestaltet, ist es, die „Alpenblumenpracht“ entlang der Bergwege und um die Schutzhütten „in voller Unberührtheit“ zu erhalten. Amon betont, dass sich der Naturschutz, um erfolgreich zu sein, „restlos außerhalb politischer Einflüsse“ entwickeln müsse.

Um dieses Konzept, das eine gemeinsame Angelegenheit aller alpinen Vereine ist, österreichweit auch in anderen Bundesländern umzusetzen, steht er in

Verbindung mit Martin Busch, der sich gerade mit der Erneuerung des Naturschutzgedankens innerhalb des Alpenvereins befasst. Bald lässt Amon – wohl nach eigenem Entwurf – das skizzierte Abzeichen bei der Gmundner Keramik anfertigen: einen Enzian, „der am Hute zu tragen ist“.

Um 3 Schilling pro Stück soll es verkauft werden und die „Bewegung“ finanzieren. „Tausende von Bergsteigern werden dieses Zeichen in Oberösterreich tragen“, so die in der Salzkammergut-Zeitung ausgedrückte Hoffnung, „und durch gutes Beispiel und kluge Worte mehr erreichen als durch Strafmandate.“ – Wie viel Geld auf diesem Weg tatsächlich gesammelt werden konnte, wissen wir nicht, Amon jedenfalls erhielt für seine Bemühungen um den Naturschutz und den Alpenverein die Ehrenmitgliedschaft der Sektion Linz.

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Foto: WEST.Fotostudio

Der berühmte Fotograf

Was ein Bergbild nach 130 Jahren erzählt. Aus der Sammlung des Alpenverein-Museums, Teil 56

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Heinrich Kühn: ohne Titel (Ortler von Nordosten), späte 1880er oder 1890er Jahre.

Foto: ÖAV­Museum/Archiv, OeAV FOT 96.3

Der Berg ist genau mittig ins Bild gesetzt. Von Nebelschwaden umgeben, ragt er in den Himmel. Der Gebirgsstock im Hintergrund scheint geradezu zu schweben, denn das Grau des Nebels hebt sich kaum vom grauen Himmel ab. Im Vordergrund sind einige Bäume zu erkennen, Zirben wohl, die hier oben den Stürmen und der Witterung ungeschützt ausgesetzt sind und ein wenig zerzaust wirken. Gras, Steine, ein paar Baumstümpfe und am Boden liegende Äste. Wir haben hier ein sorgfältig komponiertes Bergbild vor uns, das auf einen Könner schließen lässt. Stativ und Apparat hat der Fotograf so positioniert, dass der Blick vom Vorder- zum Hintergrund gelenkt wird. Die Aufnahme, die in den späten 1880er oder in den 1890er Jahren entstand, wäre nicht weiter bemerkenswert, stammte sie nicht von einem Fotografen, der bald danach weltberühmt werden sollte.

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Revolutionär der Fotografie

Unser Foto zeigt den Ortler von der nordöstlichen Seite aus. Wo genau der Aufnahmepunkt liegt, könnten Ortler-Kennerinnen und -kenner vermutlich noch heute, rund 130 Jahre später, mit etwas Recherchearbeit herausfinden. Spannender aber ist es, sich dem Fotografen dieser Szene zuzuwenden, denn in seinem späteren fotokünstlerischen Werk, das ihm großen Ruhm einbrachte, spielen Landschaftsbilder eine große Rolle. Das fotografische Frühwerk freilich, zu dem dieses OrtlerBild gehört, ist weitgehend unbekannt geblieben. Die Rede ist von Heinrich Kühn (1866–1944), der von der Jahrhundertwende bis weit hinein in die Zwischenkriegszeit als Vertreter der „Kunstfotografie“ (oft auch „Piktorialismus“ genannt) für Furore sorgte.

In vielen seiner bahnbrechenden Aufnahmen lotete er neue und ungewohnte Aspekte fotografischen Bildermachens aus. Er experimentierte mit Farben und Tonwerten, mit verschiedenen Ausschnitten und Perspektiven, mit Formaten und Abzugstechniken. Insbesondere das Spiel mit der fotografischen Unschärfe wurde zu einem Markenzeichen des Piktorialismus. Kühns Aufstieg in der Kunstwelt erfolgte nach 1900 rasant: Er war mit den Größen der fotografischen Kunstszene nicht nur in Europa, sondern auch in den USA vernetzt und zum Teil befreundet. Seine Bilder waren in zahlreichen internationalen Ausstellungen und Publikationen vertreten.

Ein Künstler in den Bergen

Eigentlich hätte Heinrich Kühn, der aus einem betuchten Dresdner Elternhaus stammte, nicht Künstler, sondern Arzt werden sollen. Nach ruhelosen Studienjahren der Medizin, die ihn nach Leipzig, Freiburg und Berlin führten, kam er im Jahr 1888 schließlich nach Innsbruck –aus gesundheitlichen Gründen. Sein Medizinstudium schloss Kühn freilich nie ab, Arzt wurde er keiner, der technisch versierte Tüftler interessierte sich viel mehr für Forschungen und Erkundungen mit Geräten und Apparaten.

Schon früh erlernte er das mikroskopische Fotografieren. In den Alpen kurierte

er nicht nur sein Asthmaleiden aus, hier kam er, nach rastlosen Jahren des Suchens, zur Ruhe. In Tirol entwickelte Kühn neben dem Fotografieren noch eine zweite Leidenschaft: das Bergsteigen. Bald verband er das eine mit dem anderen und nahm sich vor, Fotograf zu werden. 1894 meldete er in Innsbruck das fotografische Gewerbe an, vier Jahre später gab er das Vorhaben aber wieder auf. Die mühsame Atelierarbeit im Dienst der Kunden war nicht seines.

Haus und Heirat

Heinrich Kühn wollte Künstler werden –und er wurde es. Der Grund dafür war einfach: Er konnte sich das Leben als fotografierender Privatier plötzlich leisten. 1893 war sein Vater gestorben, der üppige Dresdner Familienbesitz ging an den einzigen Sohn, Heinrich Kühn, für den nun ein sorgenfreies Leben gesichert war. Der 28-Jährige kaufte 1894 in Innsbruck ein stattliches Haus, heiratete im Monat darauf und lebte fortan als freischaffender Fotoamateur und Künstler.

Künstler zu sein bedeutete, auch ästhetisch ganz neu zu beginnen. Sein bisheriges fotografisches Schaffen rückte Kühn nun dezent in den Hintergrund. Dazu gehören auch seine frühen, konventionell inszenierten Bergfotos, die er seit den späten 1880er-Jahren gemacht hatte. Der begeisterte Alpinist, der bald auch Mitglied des Alpenvereins wurde, erkundete in seinen ersten Tiroler Jahren nicht nur die nähere Gebirgsumgebung, sondern war – sehr oft mit Bergfreunden – auch in entfernteren Alpengegenden unterwegs, in Frankreich, der Schweiz, aber auch in den Dolomiten. Eine Zeitlang träumte er davon, mit seinen Bergbildern Geld zu verdienen, er publizierte Fachartikel über die Hochgebirgsfotografie, hielt Vorträge und arbeitete 1891 an einer Buchpublikation über das Stubaital mit.

Ein fotografischer Schatz

Als Künstler wandte sich Kühn nicht nur von der Ästhetik seiner frühen Bergfotos radikal ab, sondern auch vom Berg als Motiv. In seinen künstlerischen Arbeiten, in denen er häufig mit der frühen Farbfotografie (dem sogenannten „AutochromeVerfahren“) experimentierte, suchte er sich

sanftere und nahe gelegenere Landschaften als fotografische Schauplätze: Wiesen und Hänge, Gartenanlagen und Obstgärten in der Umgebung, in denen er seine Modelle, die nun mehr und mehr in den Vordergrund rückten, positionierte. Nur hin und wieder finden noch ein paar Wanderer mit Rucksack Platz im Bild. Das zerklüftete Hochgebirge, das den jungen Kühn als Wanderlandschaft und Fotomotiv interessiert hatte, tritt nun vollkommen in den Hintergrund. Um das gesamte Œuvre des Fotografen zu erfassen, ist allerdings auch dieses konventionell gestaltete Frühwerk von großer Bedeutung. Denn erst diese Bergfotos zeigen, welch weiten Weg Kühn als Fotograf in den Folgejahren zurückgelegt hat. Dass einige seiner frühen Bergaufnahmen nun öffentlich zugänglich werden, ist Diether Schönitzer aus Birgitz bei Innsbruck zu verdanken, einem Nachkommen Kühns, der das Konvolut von seinem Großvater Heinrich Kühn (der seit dem Ende des Ersten Weltkriegs in Birgitz gelebt hatte) geerbt und im Frühjahr 2023 dem Archiv des Alpenvereins geschenkt hat.

Dr. Anton Holzer ist Fotohistoriker, Ausstellungskurator und Herausgeber der Zeitschrift „Fotogeschichte“, er lebt in Wien. www.anton­holzer.at

Nachtrag zur letzten Ausgabe (Bergauf #2.2024):

Vorgestellt wurde darin ein von Fritz Benesch aufgenommenes Farbfoto eines Trachtenpaars im Salzkammergut. Zahlreiche Zuschriften und Informationen von Leserinnen und Lesern haben dazu beigetragen, die Identität des Paares zu klären. Es handelt sich um den Volkskundler, Forscher und Sammler Konrad Mautner und seine Frau Anna. Die Aufnahme entstand vermutlich in Gößl am Grundlsee. Die vom Grazer Volkskundemuseum initiierte und zusammengestellte Ausstellung „Das andere Leben. Fotografien von Konrad Mautner“ ist bis 30. Juni 2024 in Graz und ab 18. Juli 2024 in Bad Ischl zu sehen.

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Die Wangenitzsee-Hütte (2.508 m) ist die höchstgelegene Schutzhütte der Schobergruppe und liegt idyllisch am tiefblauen Wangenitzsee im Nationalpark Hohe Tauern. Am Bild sieht man sie in ihrer Entstehungsphase 1926/1927 durch viele Ehrenamtliche des Alpenvereins Moravia (DAV). Leider wurde die Hütte 1947 durch einen Brand zerstört und erst 1964–1966 durch die Sektion Holland vergrößert wiedererrichtet. Seit 2009 befindet sich die Hütte im Besitz des Alpenvereins Lienz. Die Hütte hat trotz der Lage im Urgestein und an Seen maßgebliche Probleme mit dem Rückgang des Wasserdargebots.

Foto: ÖAV-Museum/Archiv Laternbildsammlung, Fotogr. unbek.

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Heft # 4.2024

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Bergauf startet mit einem besonders wichtigen Thema in den Herbst: Die Sicherheit im Bergsport wird von den Expert*innen des Alpenvereins beleuchtet. SicherAmBergExperte gerhard mössmer macht sich erneut ans Schuhwerk – diesmal betreten Bergwanderschuhe den Catwalk , frei nach dem Motto: Welcher Schuh passt für welche Tour? Kletterkenner C hristoph pirC hmoser und mark U s s C h Waiger probieren wiederum zwei neue Sicherungsgeräte aus und Sicherheitsexperte thomas Wanner sinniert über die Urangst Seilriss und darüber, wie man die Angst mit Sicherheit umgehen kann. Außerdem stellen Wegeexperte marCo gaBl und Kartograph Johannes kö C k die Wegedatenbank des Alpenvereins vor, der alpenverein steyr steht im Mittelpunkt als austragende Sektion der Jahreshauptversammlung, Inklusionsbeauftragte solveig meier gibt Einblicke in den neuen Film der Alpenvereinsjugend und miC hael g U ggen B erger stellt eine ganz besondere Schenkung für das Alpenvereins-Museum und Archiv vor. Bergauf #4.2024 erscheint Anfang September 2024.

r ätselhaft  Wo sind wir hier? Welche „einsame“ Route wird hier gesucht? Bergauf verlost fünf Karten unter den richtigen Antworten: Einfach bis 30.06.2024 E-Mail an gewinnspiel@alpenverein.at schicken!  Alle Infos zum Gewinnspiel unter t1p.de/bergauf-raetsel

Bergauf. Mitgliedermagazin des Österreichischen Alpenvereins #3.2024, Jg. 79 (149)

Herausgeber und Medieninhaber: Österreichischer Alpenverein, Olympiastraße 37, 6020 Innsbruck Tel. +43/512/59547

www.alpenverein.at

ZVR­Zahl: 989190235

Chefredaktion: Mag. Evelin Stark, redaktion@alpenverein.at

Redaktionsbeirat: Präsident Dr. Wolfgang Schnabl, Generalsekretär Clemens Matt

Design und Gestaltung: himmel. Studio für Design und Kommunikation, www.himmel.co.at

Korrektorat: Mag. Christoph Slezak

Druck: Walstead Leykam Druck GmbH & Co KG

Anzeigenannahme: Werbeagentur David Schäffler, office@agentur­ds.at Tarife: www.bergauf.biz

Die grundlegende Richtung des ÖAV­Mitgliedermagazins wird durch die Satzung des Österreichischen Alpenvereins bestimmt. Abgedruckte Beiträge geben die Meinung der Verfasser*innen wieder. Für unverlangte Sendungen wird keine Haftung übernommen. Retournierung nur gegen beiliegendes Rückporto. Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Adressänderungen bitte bei Ihrer Sektion bekanntgeben bzw. direkt unter mein.alpenverein.at ändern.

Beiträge in Bergauf sollen nach Möglichkeit geschlechterneutral formuliert oder die Schreibweise mit dem „Gender Star“ (Autor*in) verwendet werden. Bei Texten, deren Urheberschaft klar gekennzeichnet ist, liegt es in der Freiheit der Autor*innen, zu gendern oder nicht.

Gefördert durch die

90 Bergauf
Produziert nach den Richtlinien des Österreichischen Umweltzeichens, Walstead Let’s Print Holding AG, UW 808 impress U m Produziert nach den Richtlinien des Österreichischen Umweltzeichens, Walstead Let’s Print Holding AG, UW Quelle: Alpenvereinskartographie

WANDERPASS

Der Bergwelten Wander(s)pass geht in die nächste Runde! Ab sofort heisst es wieder: Rein in die Wanderschuhe, Wandernadeln sammeln und gewinnen!

1. Lade dir die App von SummitLynx im Google Play Store oder Apple App Store herunter und lege ein Profil an.

2. Sobald du in der Nähe des Gipfels, einer Hütte oder eines Aussichtspunktes bist, erscheint der Vorschlag zum Eintrag im digitalen Tourenbuch.

3. Nach drei Stempeln hast du deine Wandernadel erreicht und erhältst automatisch eine E-Mail mit einer Urkunde und den Infos zu unserem Gewinnspiel, die du bitte bestätigen musst.

So geht’s: Die Preise:

Zu gewinnen gibt es zwei Wanderwochenenden für zwei Personen inklusive Halbpension in einem der 57 besten alpinen Wanderhotels in Österreich, Multifunktionsschuhe von LOWA, Rucksäcke vom Österreichischen Alpenverein und vieles mehr!

Alle Infos zum Wanderpass findst du hier:

bergwelten.com/wanderpass
Illustration: Michael Paukner

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